Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2010 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem grenzübergreifenden Krisenmanagement im Bankensektor (2010/2006(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 108845 - vom 21. Juli 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 7. Juli 2010 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 797/09(B) HTML PDF

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2010 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem grenzübergreifenden Krisenmanagement im Bankensektor (2010/2006(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass in der Union ein Binnenmarkt für Bankdienstleistungen und nicht eine Anzahl von voneinander unabhängigen Diensten existiert; ferner in der Erwägung, dass dieser Binnenmarkt für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Union unabdingbar ist,

B. in der Erwägung, dass das bestehende internationale Regelwerk des Krisenmanagements im Bankensektor unzureichend ist,

C. in der Erwägung, dass sich die EU-Mechanismen der Aufsicht über den Finanzsektor als unwirksam erwiesen haben, um eine Ausbreitung der Krise zu verhindern bzw. hinreichend einzudämmen,

D. in der Erwägung, dass die Kosten der Krisenbewältigung die Steuerzahler, das Wachstum und den Arbeitsmarkt allzu stark belastet haben,

E. in der Erwägung, dass es, um die Kosten für die Steuerzahler, die sich aus einer Krise der Finanzmärkte oder -institute ergeben, so niedrig wie möglich zu halten, von wesentlicher Bedeutung ist, die Anteilseigner bei der Lastentragung an erster Stelle und anschließend die Schuldner zu beteiligen,

F. in der Erwägung, dass das Fehlen auf Unionsebene von Regelungen und einer Aufsicht unkoordinierten Maßnahmen der einzelstaatlichen Behörden Vorschub geleistet hat, die das Risiko des Protektionismus sowie der Wettbewerbsverzerrung erhöht und die Schaffung eines Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen gefährdet haben,

G. in der Erwägung, dass ein einheitliches Vorgehen zur Verhinderung des Zusammenbruchs einer Bankengruppe dem Binnenmarktkonzept besser entsprechen würde,

H. in der Erwägung, dass ein robuster Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen unabdingbar für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union ist,

I. in der Erwägung, dass die Akteure im Bankensektor Verantwortung übernehmen sollten und dass dies zum Wiederaufbau der Finanzmärkte als übergeordnetes Ziel im Dienste der langfristigen Finanzierung der Wirtschaft beitragen sollte,

J. in der Erwägung, dass die Bürger von den EU-Organen verlangen, in Zusammenarbeit mit den G-20 und anderen internationalen Gremien so rasch wie möglich angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, die im Falle einer Krise die Stabilität der Finanzmärkte bewahren, die Kosten für die Steuerzahler so niedrig wie möglich halten, die grundlegenden Bankdienstleistungen erhalten und die Anleger schützen,

K. in der Erwägung, dass für Finanzstabilität und integrierte Finanzmärkte eine grenzüberschreitende Überwachung grenzüberschreitender und systemrelevanter Finanzinstitute vonnöten ist,

L. in der Erwägung, dass der Zweck eines EU-Rahmens für ein grenzübergreifendes Krisenmanagement darin besteht, die Behörden in die Lage zu versetzen, Maßnahmen anzunehmen, die gegebenenfalls auch Eingriffe in das Management von Bankengruppen beinhalten (und insbesondere - aber nicht ausschließlich - von im Einlagengeschäft tätigen Banken, die möglicherweise ein Systemrisiko aufweisen),

M. in der Erwägung, dass der Zweck eines EU-Rahmens für ein grenzübergreifendes Krisenmanagement außerdem darin besteht, Regulierungen für grenzübergreifend tätige Bankengruppen und einzelne Banken, die ausschließlich über Zweigniederlassungen grenzübergreifend tätig sind, zu schaffen, sowie in der Erwägung, dass es eine einheitliche Regelung in Bezug auf grenzübergreifend tätige Bankengruppen geben sollte,

N. in der Erwägung, dass es für schlagkräftige Maßnahmen gegen eine Krise einer kohärenten und umfassenden Vorgehensweise bedarf, die eine bessere Aufsicht (Umsetzung der neuen Aufsichtsstruktur der EU), bessere Regelungen (Initiativen wie z.B. solche in Bezug auf Richtlinie 2006/48/EG, Richtlinie 2006/49/EG und Richtlinie 94/19/EG sowie die Vergütung von Topmanagern) und einen wirksamen EU-Rahmen für das Krisenmanagement von Finanzinstituten beinhaltet,

O. in der Erwägung, dass das Verursacherprinzip auf den Finanzsektor ausgeweitet werden sollte da Misswirtschaft in dieser Branche verheerende Auswirkungen über Ländergrenzen hinweg auf Sektoren und ganze Volkswirtschaften hat,

P. in der Erwägung, dass ein frühzeitiges Eingreifen in Bankenkrisen und deren Bewältigung auf der Grundlage klar definierter Kriterien, wie z.B. Unterkapitalisierung, geringe Liquidität oder Wert- oder Qualitätsminderung von Vermögenswerten, erfolgen sollte, sowie in der Erwägung, dass Eingriffe mit Einlagensicherungssystemen verbunden werden sollten,

Q. in der Erwägung, dass ein strenger EU-Verhaltenskodex für Manager und Mechanismen zur Abhaltung von Fehlverhalten erforderlich sind und in Abstimmung mit vergleichbaren internationalen Initiativen entwickelt werden sollten,

R. in der Erwägung, wie wichtig es ist, dass die Kommission bei jeder Prüfung der Frage, ob neue Leitlinien für die Verwaltung von Gesellschaften angezeigt wären, eine vollständige Folgenabschätzung durchführt,

S. in der Erwägung, dass die Kommission innerhalb von drei Jahren nach Schaffung einer Europäischen Bankaufsichtsbehörde, von EU-Regelungen zur Banken-Abwicklung, eines EU-Stabilitätsfonds und einer Stelle zur Banken-Abwicklung prüfen sollte, ob es zweckmäßig ist, den Geltungsbereich des Rahmens zur Krisenbewältigung auf andere Finanzinstitute auszuweiten, wie z.B. Versicherungsunternehmen und Verwalter von Fonds, sowie in der Erwägung, dass die Kommission ferner untersuchen sollte, ob es machbar und sinnvoll ist, einen Rahmen nationaler Stabilitätsfonds für alle Institute zu schaffen, die sich nicht am Finanzstabilitätsfonds der EU beteiligen, wie in Empfehlung 3 im Anhang vorgeschlagen wird,

T. in der Erwägung, dass eine systemisch bedingte exzessive Risikobereitschaft (Moral Hazard) verhindert werden sollte und ein Rahmenwerk geschaffen werden muss, das das System schützt und nicht die "Missetäter" innerhalb dieses Systems, und, dass insbesondere keine Mittel aus Rettungsfonds zur Rettung von Anteilseignern von Banken oder Vergütung des Managements für sein eigenes Versagen verwendet werden sollten, in der Erwägung, dass Institute, die auf einen EU-Rettungsfonds zurückgreifen, Konsequenzen wie Verwaltungs- und Reparationsmaßnahmen zu tragen haben, in der Erwägung, dass die Unterbindung des sogenannten Moral Hazard ein Leitprinzip einer künftigen Finanzaufsicht sein muss,

U. in der Erwägung, dass die gegenwärtigen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialprobleme ebenso wie der große Bedarf an neuen Regelungen für Banken bedeuten, dass man schrittweise und bedächtig vorgehen, sich aber auch nicht scheuen sollte, eine ambitionierte Agenda zu entwerfen, die dringend erforderlich ist,

V. in der Erwägung, dass der Transfer von Aktiva innerhalb einer Bankengruppe auf keinen Fall die Finanz- und Liquiditätsstabilität des Unternehmens, aus dem die Aktiva abgezogen wurden, gefährden darf und sich auf der Grundlage einer fairen Bewertung des Marktes und eines fairen Preises vollziehen muss; in der Erwägung, dass klare Prinzipien zur Bewertung von wertgeminderten Vermögenswerten und zum Umgang mit Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen in den Aufnahmeländern entwickelt werden müssen,

W. in der Erwägung, dass sich die Union darauf verständigen sollte, wer, was wann und wie zu tun hat, wenn Finanzinstitute in eine Krise geraten,

X. in der Erwägung, dass Maßnahmen zur Anwendung im Bankensektor auch die Realwirtschaft bei der Deckung ihres kurz- und langfristigen Kapital- und Investitionsbedarfs fördern sollten,

Y. in der Erwägung, dass die großen Unterschiede in Bezug auf die Regulierungen und Insolvenzregelungen zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten mittels eines harmonisierten Rahmens und eines intensivierten Dialogs zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und Regierungsorganen innerhalb der Gruppen für die länderübergreifende Finanzmarktstabilität eingeebnet werden müssen,

Z. in der Erwägung, dass die zunehmende Größe und Komplexität sowie der steigende Verflechtungsgrad auf regionaler und globaler Ebene gezeigt haben, dass das Versagen einzelner Institute unabhängig von ihrer Größe negative Folgen für das gesamte Finanzsystem haben kann, weshalb für alle Banken die schrittweise Einführung eines wirksamen Rahmens zur Krisenbewältigung gefordert wird und dabei zunächst ein besonderes Augenmerk auf Institute gelegt wird, bei denen die höchste Risikokonzentration vorliegt; sowie in der Erwägung, dass ein solcher Rahmen zur Krisenbewältigung vergleichbare Bemühungen internationaler Gremien weitestgehend berücksichtigt werden,

AA. in der Erwägung, dass einige Banken (systemrelevante Banken, die grenzübergreifend tätig sind) aufgrund ihrer Größe, Komplexität und ihrer unionsweiten Verflechtung eine extrem hohe Gefahr für das Finanzsystem darstellen, weswegen es dringend eines gezielt auf sie abgestimmten Regulierungsrahmens bedarf und dass fairere Rettungsvorkehrungen für andere grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute erforderlich sind,

AB. in der Erwägung, dass ein EU-Rahmen für ein Krisenmanagement, um Interventionen wirksam unterstützen zu können, mit einem gemeinsamen Regelwerk sowie ausreichendem Fachwissen und angemessenen Finanzmitteln ausgestattet werden muss, die deshalb auch die zentralen Stützen des vorgeschlagenen Regulierungsrahmens für grenzüberschreitend tätige systemrelevante Banken sein sollten,

AC. in der Erwägung, dass die Beaufsichtigung, Befugnisse des frühen Eingreifens und Maßnahmen in Zusammenhang mit einer Krisenbewältigung als drei miteinander verzahnte Maßnahmen eines gemeinsamen Rahmens betrachtet werden sollten,

AD. in der Erwägung, dass ein im Schnellverfahren geschaffener besonderer Regulierungsrahmen für grenzüberschreitend tätige systemrelevante Banken mittel- bzw. langfristig zu einen für alle grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute in der Europäischen Union geltenden allgemeinen Regulierungsrahmen einschließlich eines harmonisierten EU-Insolvenzrahmens führen sollte,

AE. in der Erwägung, dass jedweder Stabilitätsfonds auf EU-weiter Grundlage nur zur Bewältigung künftiger Krisen dienen sollte und nicht zu Nachfinanzierungen vergangener Finanzinterventionen oder Problemen, die aus der Finanzkrise von 2007/2008 stammen,

Anlage zur Entschliessung
Ausführliche Empfehlungen zum Inhalt des Verlangten Vorschlags

Empfehlung 1 zu einem gemeinsamen EU-Rahmen für ein Krisenmanagement

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln sollte:

Empfehlung 2 zu grenzübergreifend tätigen Banken mit Systemrelevanz

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln sollte:

Empfehlung 3 zu einem EU-Finanzstabilisierungsfonds

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln sollte:

Empfehlung 4 zur Abwicklungsstelle

Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt Folgendes regeln sollte:

Innerhalb der EBA wird eine unabhängige Abwicklungsstelle eingerichtet, die die Abwicklungs- und Insolvenzverfahren für grenzüberschreitend tätige Banken durchführt. Diese Stelle wird