Unterrichtung durch die Bundesregierung
Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Biogefahrenabwehr KOM (2007) 399 endg.; Ratsdok 11951/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 23. Juli 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 11. Juli 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 11. Juli 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Grünbuch
über die Biogefahrenabwehr

1. Ziele und Hintergrund

Mit diesem Grünbuch soll eine europaweite Debatte und Konsultation zu der Frage in Gang gesetzt werden, wie biologische Risiken gemindert und die Vorsorge gegen diese Risiken sowie ihre Bekämpfung ("Biogefahrenabwehr") verbessert werden können. Im Anschluss an die Konsultation könnten im Jahr 2008 im Rahmen der Befugnisse der Gemeinschaft und der Union konkrete Maßnahmen zur Biogefahrenabwehr ergriffen werden. Diese konkreten Maßnahmen müssten separat im Rahmen entsprechender Arbeiten nach Maßgabe der geltenden Beschlussfassungsverfahren und, falls vorgesehen, der erforderlichen Folgenabschätzungen konzipiert und angenommen werden.

Um die Fähigkeit der EU zu verbessern, biologischen Unfällen oder Anschlägen vorzubeugen, auf sie zu reagieren und sich von ihnen wieder zu erholen, ist es mit Blick auf die nötige Kohärenz der in unterschiedlichen Politikbereichen ergriffenen Maßnahmen erforderlich, alle Betroffenen und zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene (z.B. die zuständigen Behörden für die Bereiche Risikovorsorge und Reaktionsfähigkeit, Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, Zoll, Katastrophenschutz und Strafverfolgung sowie das Militär, die Bioindustrie, die Gesundheitsverbände, die Hochschulen und die Bioforschungsinstitute) zu Rate zu ziehen.

Die Rückmeldungen zu den in diesem Grünbuch genannten politischen Optionen und Zielvorgaben werden der Kommission wesentlich dabei helfen, die bestehenden Verfahren und Rechtsrahmen sowie ihre Umsetzung zu bewerten, etwaige Mängel aufzudecken und gegebenenfalls nach Maßgabe des in Artikel 5 EG-Vertrag festgeschriebenen Subsidiaritätsgrundsatzes konkrete Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen. Ebenso sollten alle betroffenen Stellen prüfen, in welchen Bereichen Lücken und Defizite bestehen und welche sonstigen Verbesserungen erforderlich sind.

Die Europäer betrachten den Terrorismus als eine der größten Herausforderungen, denen sich die Europäische Union derzeit gegenüber sieht.1 Die Terroranschläge in Madrid, London, New York und andernorts haben deutlich gemacht, dass der Terrorismus eine Bedrohung für alle Staaten und Völker darstellt. Terroristische Angriffe richten sich gegen unsere Sicherheit, die Werte unserer demokratischen Gesellschaftsformen und die Grundrechte und -freiheiten unserer Bürger. Es ist denkbar, dass Terroristen auch auf nicht konventionelle Mittel wie biologische Waffen oder Materialien zurückgreifen. Einige dieser Materialien können Tausende von Menschen infizieren, Erdreich, Gebäude und Transportmittel kontaminieren, die Landwirtschaft zerstören, Tierpopulationen infizieren und so unter Umständen Lebensmittel und Tierfutter in jedem Stadium der Nahrungsmittelversorgungskette betreffen.

Statistisch betrachtet ist die Gefahr eines Bioterroranschlags bisher gering2, doch könnte ein solcher Anschlag verheerende Folgen haben. Falls in der Europäischen Union mit Vorsatz tödliche Erreger freigesetzt würden oder eine natürliche Krankheit ausbrechen oder aus einem Drittland in die EU eingeschleppt würde, könnten sich derartige Erreger bzw. Krankheiten in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig oder über Ländergrenzen hinweg verbreiten, was verheerende wirtschaftliche und soziale Folgen mit sich bringen könnte.

Zwar können die Vorteile des wissenschaftlichen Fortschritts in einigen Bereichen etwaige Sicherheitsbedenken aufwiegen, doch infolge der weltweiten Entwicklung der Biowissenschaften und der Biotechnologie wäre es auch möglich, dass bestimmte Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck in die Hände von kriminellen politischen Vereinigungen und Terroristen gelangen, so dass eine solche Gruppe möglicherweise biologische Angriffe mit hoher zerstörerischer Wirkung durchführen könnte. Zudem stellen natürliche Krankheiten, Laborunfälle und andere Unglücksfälle, bei denen Erreger freigesetzt werden können, eine Bedrohung dar, die ebenfalls eine schwere Störung unseres gesellschaftlichen Lebens und wirtschaftliche Schäden nach sich ziehen kann.

In vielen wichtigen Bereichen (Nahrungsmittelindustrie, Sicherheit am Arbeitsplatz usw.) sind umfangreiche Rechtsvorschriften eingeführt worden, um für angemessene Sicherheit zu sorgen. Nichtsdestotrotz können in einigen Bereichen bei mangelhafter Umsetzung der Sicherheitsvorschriften nach wie vor Risiken entstehen. Europa darf nicht warten, bis es zu Unfällen mit schwer wiegenden Folgen kommt oder die genannten Mängel von Terroristen ausgenutzt werden.

2. Ansatz und Begriffsbestimmungen

Aus den oben genannten Gründen gilt es die von gefährlichen biologischen Materialien und Erregern ausgehenden Gefahren zu mindern und die Biogefahrenabwehr in Europa nach Maßgabe eines allen biologischen Gefahren Rechnung tragenden Ansatzes zu fördern (allgemeine Vorsorge als Teil der Krisenbewältigungsfähigkeit). Ziel eines solchen Konzepts ist die Berücksichtigung aller möglichen Risiken, die durch einen Terroranschlag, durch eine sonstige vorsätzliche Freisetzung von Erregern oder durch natürliche Krankheiten entstehen können, um auf sämtliche im Zusammenhang mit dem Schutz der Nahrungsmittelversorgungskette stehenden Krisensituationen vorbereitet zu sein. Dieser allen biologischen Gefahren Rechnung tragende Ansatz fußt auf dem Grundsatz, dass ohne eine ausgeprägte Sicherheitskultur keine geeigneten Sicherheitspraktiken entwickelt werden können. Hinzu kommt, dass es im Frühstadium eines Krankheitsausbruchs sehr häufig schwierig ist, die Krankheitsursachen und -quellen zu ermitteln. Im Falle einer vorsätzlichen Freisetzung von Erregern kommt den Strafverfolgungsbehörden eine wichtige Rolle zu.

Der Begriff "Biogefahrenabwehr" wird nachfolgend im weiteren Sinne verwendet und schließt sämtliche Aspekte wie die Vorsorge, den Schutz, die Erstmaßnahmen, die Strafverfolgung, die Überwachung, die Forschung, die Reaktion und die Wiederherstellung ein. Des Weiteren fallen darunter alle Maßnahmen zur Minimierung der Gefahr einer vorsätzlichen Kontaminierung von Nahrungsmitteln durch biologische Arbeitsstoffe3 sowie zum Schutz vor biologischer Kriegsführung4.

Der Begriff "Nahrungsmittelsicherheit" hingegen bezieht sich auf die Festlegung von Normen für die Nahrungsmittelsicherheit sowie für die Herstellungspraktiken und die Qualitätskontrolle in sämtlichen Phasen der Verarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Er unterscheidet sich wiederum von dem Begriff "Ernährungssicherheit", der sich nach der von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Definition auf den Zugang zu ausreichender, sicherer und nahrhafter Nahrung bezieht. Die Biogefahrenabwehr umfasst eine breite Palette von Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit. In anderen Kontexten (z.B. Laborumgebungen, Forschung, Gesundheitsschutz sowie Produktionseinrichtungen, Feldstudien und Verkehr) kann unter "biologischer Sicherheit" etwas anderes verstanden werden5. Bei der Biogefahrenabwehr geht es keineswegs darum, den bestehenden rechtlichen Rahmen für die Sicherstellung der Nahrungsmittel- und Produktsicherheit (einschließlich Notfallmaßnahmen bei Unfällen oder bei neuen Informationen über die Sicherheit eines spezifischen Erzeugnisses) zu duplizieren, sondern vielmehr darum, eben diesen Rahmen sinnvoll zu ergänzen, um die Sicherheit und die Vorsorge gegen einschlägige Straftaten und Unglücksfälle sowie die Reaktionsmöglichkeiten bei natürlichen Krankheitsausbrüchen zu verbessern.

Im Jahr 2006 hat die Kommission zwei Seminare zum Thema Biogefahrenabwehr in der EU und einen Workshop zum Thema Transport und Rückverfolgbarkeit von Biomaterialien veranstaltet. Die Ergebnisse und

3. Konsultation

Das Grünbuch wird unter folgender Adresse veröffentlicht: http://ec.europa.eu/justice_home/news/consulting_public/news_consulting_public_de.htm .

Einsendeschluss für alle Antworten ist der 1. Oktober 2007. Die Antworten sollten an die E-Mail-Adresse Biopreparedness@ec.europa.eu oder an folgende Postanschrift übermittelt werden:


Europäische Kommission
Konsultation zur Biogefahrenabwehr
LX-46 3/093
1049 Brüssel, Belgien

Antworten aus dem öffentlichen und aus dem privaten Sektor werden auf der Website der Kommission veröffentlicht, sofern die Absender nicht ausdrücklich erklären, dass bestimmte von ihnen mitgeteilte Angaben oder ihre gesamten Antworten vertraulich behandelt werden sollten.

4. Überblick über die einschlägige EU-Politik

Die Bekämpfung biologischer Risiken erfolgt im Rahmen bereichsübergreifender Verpflichtungen (Zusammenarbeit und Unterstützung auf den Gebieten Abrüstung und Nichtverbreitung). Ein ganzheitlicher Ansatz zur Minderung biologischer Risiken, der das Übereinkommen über biologische Waffen und Toxinwaffen von 1972, die zur Verhinderung der Verbreitung derartiger Waffen gegründete Australische Gruppe (ein informeller Zusammenschluss von Lieferländern) und Unterstützungsinstrumenten für die öffentliche Gesundheit mit einbeziehen würde, hätte folglich den einzigartigen Vorteil, dass Sicherheit und Weiterentwicklung miteinander kombiniert würden. Die außenpolitischen Instrumente der EU weisen in dieser Beziehung einen konkreten Mehrwert auf. Auf multilateraler und regionaler Ebene bezweckt die EU eine Verbesserung der Gesamtreaktionsfähigkeit im Falle biologischer Vorfälle einschließlich Bioterroranschläge.

Für die Abwehrbereitschaft gegen biologische Risiken und Bioterroranschläge sind praktische alle Maßnahmen, die auf den verschiedenen Gebieten ergriffen werden, von Belang. Zu ihrer Stärkung könnten folgende politische Maßnahmen ergriffen werden: Verbesserung der Systeme für die Aufdeckung und Überwachung von Krankheiten6, Ausbau der grenzübergreifenden Zusammenarbeit und Kommunikation, Vereinfachung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Laboratorien und Entwicklung von Verfahren für gemeinsame grenzübergreifende medizinische Gegenmaßnahmen. Die bestehenden Maßnahmen könnten zu diesem Zweck so verstärkt werden, dass sie im Fall eines natürlichen Krankheitsausbruchs oder eines Bioterroranschlags der gesamten EU zugute kämen. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit ist entscheidend für die Wirksamkeit der Abwehrbereitschaft und der Gegenmaßnahmen. Daher bedarf es eines geeigneten Vorgehens auf EU-Ebene und einer Maßnahmenkoordinierung zur Minderung der biologischen Risiken und zur Verbesserung der Abwehrbereitschaft.

Dies sollte auch im Sinne einer breiteren internationalen Zusammenarbeit erfolgen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten, um die Biogefahrenabwehr zu verbessern, ihre Zusammenarbeit in verschiedenen internationalen Gremien (Strukturen der Vereinten Nationen, Übereinkommen über biologische Waffen und Toxinwaffen, Australische Gruppe, G8, NATO usw.) weiter ausbauen. Auf internationaler Ebene könnte besonderes Gewicht auf die globale Verbesserung der Früherkennung und Aufdeckung von Krankheiten sowie auf eine bessere Förderung europäischer Konzepte für die Bekämpfung biologischer Risiken gelegt werden.

Sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten existieren zahlreiche Maßnahmen zur Gewährleistung der biologischen Sicherheit und des Katastrophenschutzes. Diese müssten jedoch angepasst werden, um mit gezielten Anschlägen fertig werden zu können. Daher können etwaige neue Maßnahmen gegen eine vorsätzliche Freisetzung von Erregern auf bestehenden Maßnahmen aufbauen.

Im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen (Entscheidung 2001/792/EG, Euratom des Rates) wurden europaweite Übungen, Schulungen und Austauschmaßnahmen für Sachverständige organisiert, die sich mit der Abwehrbereitschaft gegen Terrorangriffe und entsprechenden Gegenmaßnahmen befassten. Im Jahr 2007 wurde die Rechtsgrundlage für das Verfahren aktualisiert, und es wurde ein Finanzierungsinstrument für den Katastrophenschutz geschaffen (Entscheidung 2007/162/EG, Euratom des Rates). Somit ist ein klarer rechtlicher und finanzieller Rahmen für die Fortführung und Verstärkung der laufenden Maßnahmen gegeben. In diesem Zusammenhang sei auch an die bestehenden Krisenbewältigungs- und europäischen Solidaritätsverfahren7 erinnert.

Die größte Gefahr für die Nahrungsmittelversorgungskette und die Agrarindustrie stellt die Einbringung eines Erregers oder eines Kontaminanten in die Tierfutter- und die Lebensmittelversorgungskette dar. Die Folgenminderungsmaßnahmen sind in diesem Fall dieselben wie bei einem natürlich bedingten Krankheitsausbruch: Früherkennung, zuverlässige Systeme für die Rückverfolgung, rasche Eindämmungs- und Eliminierungsmaßnahmen, Notfallpläne, Gesamtkoordinierung usw. Gleichwohl könnten die bestehenden Abwehrmaßnahmen so weiterentwickelt werden, dass sowohl Bioterroranschläge, bei denen Erreger gleichzeitig an verschiedenen Orten in der EU freigesetzt werden, ebenso bewältigt werden könnten wie Fälle von gleichzeitigen Ausbrüchen unterschiedlicher Krankheiten, in denen die bestehenden Reaktionsmöglichkeiten möglicherweise nicht ausreichen würden und folglich mit schwer wiegenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, den Handel und die Wirtschaft in den Mitgliedstaaten und in der EU als Ganzes zu rechnen wäre.

Bezüglich der Kontaminanten in Lebensmitteln hat die EU bereits Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen. So wurden die Grundprinzipien der EU-Vorschriften für chemische Kontaminanten in Lebensmitteln in der Verordnung (EWG) Nr. 315/93 des Rates festgelegt. Relevant können in diesem Zusammenhang auch andere auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit erlassene Rechtsvorschriften sein: Die Rückverfolgbarkeit wird durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 geregelt, welche vorsieht, dass die Lebensmittelunternehmer in der Lage sein müssen, jede Person festzustellen, von der sie ein Lebensmittel bzw. die betreffenden Rohstoffe erhalten haben. Auch müssen sie jedes Unternehmen feststellen können, das sie beliefern. Dieses Konzept ("Ein Schritt zurück und ein Schritt vor") gilt auch für Einführer. Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 regelt zudem die betreffenden Sofortmaßnahmen und das Krisenmanagement.

Daneben gibt es zur Eindämmung, Beherrschung und Eliminierung von Tierkrankheiten dienende Maßnahmen, die nicht Bestandteil von Folgenbewältigungsmaßnahmen bei Straftaten und Terroranschlägen sind. So werden Tiere entweder einzeln oder gruppenweise mittels Ohrmarken oder elektronischer Identifizierung gekennzeichnet. Zudem werden die meisten Tierhaltungsbetriebe sowie Tiertransporte in und zwischen Mitgliedstaaten erfasst. So ist eine gute Rückverfolgbarkeit sichergestellt (Beispiel: das "Trade Control and Expert System" - TRACES).

Was die mögliche illegale Einfuhr von Tieren und Tierprodukten anbelangt, so sehen die einschlägigen Kontrollbestimmungen gemäß dem geltenden rechtlichen Rahmen für zugelassene Drittländer und Einrichtungen in Drittländern eine offizielle Einfuhrzertifizierung sowie obligatorische Grenzkontrollen vor. Für nicht tierische Erzeugnisse ist die Kennzeichnung der Einrichtungen, die Angabe des Ursprungslandes und die Rückverfolgbarkeit von Tiersendungen vorgeschrieben. Zoll- und Betrugsbekämpfungsmaßnahmen sind ebenso wichtig für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit, insbesondere aufgrund ihrer Rolle bei der Eindämmung von Schmuggel und Fälschung.

Auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit wurden ebenfalls verschiedene Maßnahmen ergriffen. So wurde beispielsweise im Jahr 2002 der Gesundheitssicherheitsausschuss eingesetzt, der sich aus hochrangigen Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzt; außerdem wurde eine Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitslaboratorien aller Mitgliedstaaten geschaffen, ein System für den Austausch von Informationen über Pockennotfallpläne zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission eingeführt und ein Verzeichnis von Beratern für die Untersuchung von Fällen, in denen Schadstoffe und Erreger freigesetzt werden, erstellt. Daneben werden Listen von biologischen und chemischen Arbeitsstoffen und Erregern, die von Terroristen freigesetzt werden könnten (Pocken, Milzbrand, Botulintoxin usw.), geführt, und die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) hat einen Leitfaden für die Behandlung von Patienten, die Erregern ausgesetzt wurden, erstellt.

In diesem Zusammenhang sei auch an die Richtlinie 2000/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit erinnert. Diese bezieht sich auf genetisch veränderte Arbeitsstoffe8, worunter sie Mikroorganismen einschließlich genetisch veränderter Mikroorganismen, Zellkulturen und Humanendoparasiten, die Infektionen, Allergien oder toxische Wirkungen hervorrufen könnten, definiert. Wenngleich die toxische Wirkung und die Fähigkeit zur Auslösung einer Allergie Bestandteil dieser Definition biologischer Arbeitsstoffe sind, erfolgt die Einteilung in Risikogruppen nach Maßgabe des Infektionsrisikos.

Zur Verbesserung der Sicherheit hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Ermittlung und Ausweisung kritischer europäischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern9 vorgelegt. Darin wird der Gesundheitssektor als ein "Sektor mit kritischen Infrastrukturen" bezeichnet. Obschon sich dieses Grünbuch im Vergleich zu dem Richtlinienvorschlag mit einer breiter gefassten Thematik und anderen Fragen befasst, gibt es durchaus eine Reihe von Berührungspunkten wie beispielsweise den Schutz von Biolaboratorien und Biowirkstoffen. Daher werden diese beiden Initiative in geeigneter Weise miteinander koordiniert werden.

Ergänzt werden all diese Maßnahmen durch die Kontrollen des Lebensmittel- und Veterinäramts (FVO), das zur Generaldirektion "Gesundheit und Verbraucherschutz" der Europäischen Kommission gehört, durch das System "TRACES" und durch 11 rund um die Uhr verfügbare sektorspezifische Frühwarnsysteme wie das Frühwarnsystem für Lebensmittel und Tierfutter, das Warnsystem für biologische oder chemische Terroranschläge, das Überwachungs- und Informationszentrum des Gemeinschaftsmechanismus für den Katastrophenschutz und das sichere allgemeine Frühwarnsystem ARGUS.

Hervorzuheben ist auch die Zusammenarbeit im Privatsektor und mit dem Privatsektor. Gefördert wird u.a. der Austausch bewährter Praktiken zwischen Arznei- und Nahrungsmittelfirmen sowie zwischen großen Cateringunternehmen und zwischen den an der Nahrungsmittelversorgungskette beteiligten Verbänden und KMU. Diese Organisationen müssen sich auf wirksame Systeme für die Folgenminderung und -bewältigung verlassen können, falls Informationssammlung und -auswertung sowie Präventivmaßnahmen nicht ausreichen.

5. Politische Optionen und Zielvorgaben für das weitere Vorgehen

5.1. Die wichtigsten Grundsätze der Biogefahrenabwehr

Da in vielen Fällen bereits ein umfassender rechtlicher Rahmen auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene vorhanden ist, sollten nicht in erster Linie neue Rechtsvorschriften erlassen, sondern vielmehr bereits bestehende Möglichkeiten wie die gegenseitige Begutachtung, Aufklärungskampagnen und Finanzhilfeprogramme genutzt werden. Auch in Bezug auf die Umsetzung der Maßnahmen sollte auf bestehende Strukturen und Sachverständigengruppen zurückgegriffen werden. Die Maßnahmen müssen angemessen, finanzierbar, nachhaltig und in Bezug auf die angestrebte Bedrohungsminderung und -bekämpfung zuverlässig sein. Auch müssen sie den Auswirkungen der aus Entwicklungsländern und insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern stammenden Einfuhren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen Rechnung tragen.

Der private Sektor und die Forschungsinstitute müssten im Rahmen eines intensiven Sicherheitsdialogs zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor an diesen Arbeiten beteiligt werden. In Bezug auf die Forschung wird dieser Dialog zurzeit mit dem Europäischen Forum für Sicherheitsforschung und Innovation (ESRIF) eingerichtet. Er soll sich mit Fragen der Sicherheitsforschung und der Innovation befassen. Die biotechnologische Industrie und die Bioforschungsgemeinschaft Europas müssten in die Lösung der von biologischen Risiken ausgehenden Probleme eingebunden werden.10 Es ist deutlich geworden, dass die Maßnahmen auf dem Gebiet der Biowissenschaften und der Biotechnologie sehr unterschiedlichen Umfangs sind11 und dass in Bezug auf die Biogefahrenabwehr nicht alle Handlungen eine Bedrohung darstellen. Der Rückgriff auf biotechnologische Verfahren zwecks Herstellung biologisch abbaubarer Kunststoffe beispielsweise ist nicht mit denselben Risiken behaftet wie die Arbeit mit Erregern. Die Kommission möchte die Weiterentwicklung der Biowissenschaften und der Biotechnologie in der EU fördern, da diese ein großes Entwicklungspotenzial besitzen. Mit diesem Grünbuch soll ein Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit geleistet werden, der zum einen der Sicherheitskultur förderlich ist und zum anderen auf Sicherheitsbestimmungen und bewährten Praktiken aufbaut.

Die Mitgliedstaaten hätten dabei auf nationaler Ebene die Leitung und die Koordinierung bei der Ausarbeitung und Umsetzung eines kohärenten, sich auf ihr nationales Hoheitsgebiet beziehenden Ansatzes inne, der der Biogefahrenabwehr in der gesamten EU dienlich wäre.

Die auf den Ergebnissen und Empfehlungen der Konsultation aufbauenden Maßnahmen könnten durch ein Europäisches Bionetz (EBN) unterstützt werden, das als ein aus europäischen Sachverständigen für die Biogefahrenabwehr in unterschiedlichen Bereichen (Forschung, öffentlicher und privater Sektor einschließlich Nachrichtendienste, Sicherheits- und Katastrophenschutzbehörden und Ersthelfer) zuständiges beratendes Gremium mit der Aufgabe befasst werden könnte, Empfehlungen für für Forscher gedachte Leitlinien und Verhaltenskodexe in Bezug auf geeignetes Lehrmaterial und entsprechende Ressourcen für Schulungsmaßnahmen über bewährte Praktiken und zur Erreichung wirksamer und sicherer biologischer Standards auszuarbeiten.12 Das Netz könnte zudem die Entwicklung von biologischen Standards auf EU-Ebene fördern und unterstützen.

Die Europäische Gemeinschaft verfügt auf diesem Gebiet bereits über eine Reihe von Instrumenten und Verfahren, die ursprünglich zur Sicherstellung der Lebensmittelsicherheit und zur Betrugsbekämpfung eingeführt wurden. Diese Instrumente könnten als Grundlage für weitere Arbeiten zur Minderung biologischer Risiken einschließlich der Gefahr von Bioterroranschlägen dienen. In den Bereichen, in denen es erforderlich ist, könnten die bestehenden Instrumente durch neue Konzepte ergänzt werden, um Bioterroranschlägen oder auch natürlichen Krankheitsausbrüchen vorzubeugen.

Fragen

5.2. Vorsorge und Schutz

Aufklärungsmaßnahmen Für Forschungsinstitute, Forscher und kleine Biounternehmen mit begrenzten Ressourcen kann es mitunter schwierig sein, über Änderungen, die in Bezug auf die für bestimmte Tätigkeiten auf dem Gebiet der Biowissenschaften geltenden Beschränkungen und Vorschriften (beispielsweise die Bestimmungen für die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, für den Transport von biologischen Arbeitsstoffen oder für Sicherheitsvorkehrungen) erfolgen, auf dem Laufenden zu bleiben.13 Die Einhaltung dieser Bestimmungen kann daher in den einzelnen Mitgliedstaaten wie auch bei den einzelnen Beteiligten unterschiedlich sein. Aus diesem Grund könnten die Mitgliedstaaten mit der Unterstützung der Kommission Überlegungen über etwaige nationale Aufklärungskampagnen über bewährte Praktiken der Mitgliedstaaten anstellen.

Fragen

Mindeststandards und Verfahrensvorschriften Die physische Sicherheit von Einrichtungen, in denen nicht militärische Erreger aufbewahrt werden, könnte verbessert werden. In Bezug auf die in der Forschung, in der Industrie und in den mit gefährlichen Erregern arbeitenden öffentlichen Biolaboratorien angewandten Biostandards könnten anhand einer für alle Mitgliedstaaten geltenden Methode für die gegenseitige Begutachtung der Stand der Anwendung und die verwendeten Praktiken evaluiert werden. Des Weiteren könnten internationale Biostandards durch Regelungen über die Akkreditierung und Zertifizierung von Laboratorien ergänzt werden. Auch hierfür gilt jedoch, dass Doppelarbeiten in Bereichen, in denen solche Regelungen bereits bestehen, vermieden werden sollten. Relevante Teile der von der OECD zum Bereich biologische Ressourcenzentren durchgeführten Arbeiten könnten zu diesem Zweck genutzt werden.

Diese Standards müssten auf den bereits erfolgten Arbeiten14 aufbauen und könnten folgendes beinhalten:

Fragen

5.3. Verbesserung von Analysen und Sicherheitsaspekten im Zusammenhang mit der Bioforschung

Entwicklung einer europäischen Analysefähigkeit zwecks Minderung biologischer Risiken18

Die Kommission könnte Finanzmittel bereitstellen, damit neue Fachkenntnisse auf EU-Ebene gewonnen werden könnten, indem eine europäische Fähigkeit für die Analyse und die Modellerstellung geschaffen würde, die dazu beitragen könnte, die mit künftigen biologischen Bedrohungen einhergehenden biologischen Risiken (u.a. mittels Analyse und Klassifizierung von Risiken) zu mindern. Gegebenenfalls könnte auch die Einführung von Mindeststandards in Erwägung gezogen werden. Die so gewonnenen neuen Erkenntnisse und Kompetenzen könnten zur Entwicklung und Verbesserung neuer Gegenmaßnahmen sowie zu einem besseren Schutz der Nahrungsmittelversorgungskette beitragen. Auch würde so die Zahl der technischen Sachverständigen erhöht, was wiederum die Entwicklung angemessener und wirksamer Krisenbewältigungsmechanismen ermöglichen würde, die sich auf eine sektorübergreifende Zusammenarbeit beispielsweise zwischen Lebensmittel-, Militär-, Strafverfolgungs-, Zoll-, Gesundheits-, Umwelt- und Agrarbehörden stützen könnte. Beispielsweise könnten Finanzmittel der EU für gemeinsame Schulungs- und Aufklärungsmaßnahmen bereitgestellt werden.

Es sind bereits einige Listen gefährlicher biologischer Arbeitsstoffe und von Erregern erstellt worden (beispielsweise in den Verhandlungen über ein "Verifizierungsprotokoll" zum Übereinkommen über biologische Waffen und Toxinwaffen von 1972). In einigen dieser Listen erfolgt eine Kategorisierung nach der Infektionsgefahr, in anderen eine Unterscheidung nach dem Kriterium einer etwaigen doppelten Verwendbarkeit oder einer etwaigen Eignung für die Waffenproduktion. Um geeignete Diskussionen über die diesbezügliche Vorgehensweise führen und die Mitgliedstaaten in geeigneter Weise unterstützen zu können, müsste im Rahmen vertraulicher Gespräche zwischen nationalen Sachverständigen eine Liste der betreffenden Organismen erstellt werden. Biologische Arbeitsstoffe und Erreger, die ein Sicherheitsproblem darstellen und die Krisenreaktions- und -bewältigungsfähigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten vor eine besondere Herausforderung stellen können, sollten weiter ermittelt und in Listen erfasst werden.

Fragen

Sicherheitsaspekte im Zusammenhang mit der Bioforschung

Der wissenschaftliche Fortschritt wird durch den freien Austausch von Forschungsergebnissen und die Möglichkeit, diese zu überprüfen, sichergestellt. Die von befugtem Personal durchgeführten Forschungsarbeiten und der Zugang dieser Personen zu biologischem Material (beispielsweise in Laboratorien oder in der wissenschaftlichen Gemeinschaft) sind ebenso wichtig wie notwendig und sollten nicht behindert werden. Heute gibt es in erster Linie nationale Vorschriften für den Austausch von biologischem Material und den Zugang zu diesem. Die Übermittlung innerhalb der Gemeinschaft und der grenzübergreifende Austausch werden durch diese Vorschriften nur teilweise erfasst. Das angestrebte Ziel einer sicheren Verbreitung und Verwendung gefährlicher Erreger darf dem wissenschaftlichen Fortschritt nicht im Wege stehen. Es könnten Verfahren für eine bessere Überwachung der Bioforschung und der Verbreitung von für wissenschaftliche Zwecke bestimmten Erregern effizienter und ohne Beeinträchtigung der Privatsphäre des Bürgers entwickelt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Forschungsgemeinschaft und der Bioindustrie darf nicht durch Sicherheitsanliegen beeinträchtigt werden. Es wird eine enge Zusammenarbeit mit dem ESRIF aufgebaut werden müssen, das einen Strategieplan für die Sicherheitsforschung und die Innovation aufstellen wird.

Es könnten Leitlinien für die Biosicherheit19 aufgestellt werden, um sicherzustellen, dass bei mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungsarbeiten die allgemeinen Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Das Europäische Bionetz könnte zur Ausarbeitung dieser Leitlinien beitragen. Für mit EU-Mitteln finanzierte Forschungsvorhaben gibt es bereits klare ethische Prüfverfahren, die auf den in den Forschungsrahmenprogrammen festgelegten Grundsätze fußen. Spezifische Biosicherheitsleitlinien könnten diese Prüfverfahren ergänzen, jedoch nicht ersetzen.20

Organisationen wie Einrichtungen ohne Erwerbszweck, Stiftungen und Treuhandunternehmen, die Mittel für die biowissenschaftliche Forschung zur Verfügung stellen, könnten eine wichtige Rolle spielen. Forschungsstipendien sollten nicht nur von der Qualität des betreffenden Vorschlags, sondern auch von der Fähigkeit des Antragstellers zur Einhaltung der Biostandards und möglicher künftiger Sicherheitsleitlinien abhängig gemacht werden. Dies könnte zu einer Grundbedingung für die Vergabe von Forschungsstipendien gemacht werden. Wissenschaftliche Fachzeitschriften, in denen Forschungsarbeiten veröffentlicht werden, könnten auf aus einem etwaigen Missbrauch der betreffenden Forschungsergebnisse resultierende Sicherheitsrisiken hingewiesen werden.

Die geltenden Sicherheitsvorschriften der Mitgliedstaten und der Kommission für die Übermittlung und Speicherung vertraulicher Informationen und für vertrauliche Zusammenkünfte mit den zuständigen Stellen des öffentlichen und des privaten Sektors müssen eingehalten werden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission könnten in Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft ein spezifisches neues Verfahren anwenden, bei dem von "sensiblen" Ergebnissen mit doppeltem Verwendungszweck jeweils zwei Fassungen veröffentlicht würden: 1.) eine für die Öffentlichkeit bestimmte, keinen Einschränkungen in Bezug auf die Veröffentlichung unterliegende Fassung ohne "sensiblen" Inhalt und 2.) eine eingeschränkte Fassung, die die "sensiblen" Teile enthält und nur den zuständigen und als sicher geltenden Stellen auf biologischem Gebiet zugängig gemacht wird. Das EU-Bionetz beispielsweise könnte die Vorbereitung dieser Maßnahmen unterstützen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen keineswegs auf eine Zensur der Biowissenschaft ab. Die Freiheit des wissenschaftlichen Denkens und Forschens ist ein Grundsatz, der stets gewahrt bleiben sollte, und die Wissenschaft verfügt über große Möglichkeiten, um zur Erreichung der Ziele der Biogefahrenabwehr beizutragen.

Fragen

Beruflicher Verhaltenskodex

Es geht darum, auf dem Gebiet der Biowissenschaften und der Biotechnologien bereits bei Hochschulstudenten des ersten und zweiten Studienjahres ein starkes Bewusstsein für die Existenz biologischer Standards zu schaffen und deren konsequente Einhaltung zu bewirken. Obligatorische Hochschulkurse auf dem Gebiet der Biowissenschaften könnten sich schwerpunktmäßig mit den Folgen, die ein möglicher doppelter Verwendungszweck für die biologische Forschungsarbeit mit sich bringt, sowie mit der Berufsethik des Bioforschers befassen. Neben der beruflichen Verantwortung und Haftung könnte dabei beispielsweise die Frage angesprochen werden, welche Risiken in punkto Bioterrorismus und biologische Kriegsführung durch den Missbrauch von Forschungsergebnissen entstehen können.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die im Rahmen des Übereinkommens über biologische und Toxinwaffen eingesetzten Sachverständigengruppen empfohlen haben, entsprechende Verhaltenskodexe einzuführen, die sämtliche mit biologischen Fragen befassten Akteure sowie auch unvorhergesehene Forschungsarbeiten und -ergebnisse sowie neue technologische Entwicklungen und Situationen erfassen. Derzeit gibt es keinen beruflichen Verhaltenskodex für Forscher auf dem Gebiet der Biowissenschaften. Hochschulabsolventen, die eine "sensible" biologische Forschungstätigkeit aufnehmen, könnten verpflichtet werden, einen beruflichen Verhaltenskodex zu unterzeichnen.

Das EU-Bionetz könnte bei der Ausarbeitung eines beruflichen Verhaltenskodex auf EU-Ebene behilflich sein. Die genannten Aspekte könnten zu einem festen Bestandteil sämtlicher von der EU finanzierten Bedrohungsminderungsprogramme gemacht werden, die die Umschulung ehemaliger Waffenforscher (beispielsweise am Internationalen Zentrum für Wissenschaft und Technologie) einschließen.

Fragen

5.4. Verbesserung der Überwachungsmöglichkeiten

Im einheitlichen Binnenmarkt besteht ein relativ freier Kapital-, Waren- und Personenverkehr. Im Hinblick auf die Sicherheit und Gesundheit kommt es darauf an, geeignete Verfahren und Vorkehrungen einzuführen, die:

Die Überwachung der Gesundheit von Mensch und Tier könnte weiter verbessert werden, um eine wirksame Überwachung ungewöhnlicher Ausbrüche von menschlichen und tierischen Krankheiten zu gewährleisten und praktische Verfahren für die Koordinierung europäischer und internationaler Gegenmaßnahmen bei schweren, möglicherweise durch biologische Waffen ausgelösten Zwischenfällen zu entwickeln.

Ferner könnten die Mitgliedstaaten und die Kommission ihre Überwachungs-, Frühwarn- und Aufdeckungsmöglichkeiten weiter verbessern, beispielsweise durch

Die Mitgliedstaaten könnten mit Unterstützung der Kommission und des Europäischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -überwachung (ECDC) eine europäische Analyse der in den Laboratorien der Mitgliedstaaten bestehenden Krisenbewältigungsmöglichkeiten vornehmen, die sich besonders mit den europäischen Referenzlaboratorien befassen könnte, die in Krisensituationen eine zentrale Rolle bei der Identifizierung von Krankheiten und Erregern spielen. Mobile Biolaboratorien oder vor Ort von Fachpersonal durchgeführte Tests nach Maßgabe der von der Australischen Gruppe vorgegebenen Normen und der Verordnung Nr. 1334/2000 über die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck können für Erst- und Erkennungsmaßnahmen überall in der Europäischen Union und auch auf internationaler Ebene erforderlich sein. Mobilität, Vielseitigkeit und Flexibilität spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Katastrophen biologischer Art zu verhindern. Vor diesem Hintergrund sollte die EU ein Konzept entwickeln, dass die Nichtverbreitung und die internationale Zusammenarbeit und Unterstützung miteinander verbindet.

Etwaige neue Prioritäten könnten die technische und fachmännische Unterstützung (beispielsweise beim Austausch von Erregern, bei der Bestandsaufnahme von Kulturen und bei deren Schutz) oder den Ausbau der Laborkapazitäten zwecks Krankheitserkennung und Verbesserung der Krankheitsüberwachungssysteme einschließen.

Die Aufdeckung und die Aufdeckungsinstrumente sind von wesentlicher Bedeutung für die Frühwarnung. Dies gilt besonders für die Identifizierung gefährlicher Erreger durch Ersthelfer. Den Mitgliedstaaten mangelt es derzeit an geeigneten Aufdeckungsinstrumenten für Tests mit lebenden und gefährlichen biologischen Substanzen und Erregern. Die EU könnte in Erwägung ziehen, die Entwicklung derartiger Aufdeckungsinstrumente und den Ausbau ihrer eigenen Möglichkeiten weiter zu fördern, um einerseits ihre Abwehrbereitschaft zu verbessern und andererseits ihre Wettbewerbsfähigkeit auf biologischem Gebiet zu steigern. Zudem könnten weitere Möglichkeiten für neue Informations- und Kommunikationstechniken für die Bereiche Aufdeckung und Überwachung ausgelotet werden.

Im Januar 2007 hat die Kommission die Konsultation der Öffentlichkeit zum Grünbuch über Detektionstechnologien und ihre Anwendung durch Strafverfolgungs-, Zoll- und andere Sicherheitsbehörden21 abgeschlossen. Künftige Maßnahmen auf diesem Gebiet könnten wichtig für die Verbesserung der Biogefahrenabwehr in der EU sein.

Fragen

5.5. Reaktion und Wiederherstellung

Die Zusammenarbeit zwischen Gesundheits-, Katastrophenschutz- und Strafverfolgungsbehörden, zwischen den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene sollte ausgebaut werden. Medizinische Maßnahmen und Strafverfolgungsmaßnahmen sind nötig, um eine gute Koordinierung und Kommunikation zwischen den Gesundheitsbehörden, den Strafverfolgungsbehörden, den Rettungsdiensten und dem Militär der Mitgliedstaaten sicherzustellen, damit die erforderlichen Notfallpläne für die Biogefahrenabwehr aufgestellt werden können. Die Mitgliedstaaten könnten die epidemiologische Kooperation und die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden noch enger in ihre Notfallplanung einbeziehen. Die Kommission könnte sich an dieser Zusammenarbeit aktiv beteiligen und sie unterstützen.

Es könnten mehr grenzübergreifende Schulungen und Workshops auf EU-Ebene oder auf Ebene der Mitgliedstaaten veranstaltet werden. Sie könnten sich mit der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Epidemiologisten bei gemeinsamen ersten Bewertungen von Bedrohungen, vermuteten Krankheiten und Erregern und Vorfällen unbekannten Ursprungs befassen. Die EU und die Kommission könnten an derartigen Schulungen und Workshops teilnehmen.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission könnten regelmäßige grenz- und sektorübergreifende Schulungskurse ein- und durchführen, die sich mit der Vorsorge, der Abwehrbereitschaft, der Eindämmung und der Reaktion in Bezug auf den Bioterrorismus und/oder natürliche Krankheitsausbrüche befassen könnten.

Daneben könnten auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten weitere Übungen eingeführt werden, um (wie bereits bei den Notfallplänen zur Prüfung der tierischen Gesundheit der Fall) zu ermitteln, ob die bestehenden Maßnahmen angemessen und geeignet sind. Auf diese Weise können erkannte Mängel beseitigt werden. Dabei geht es um folgende Ziele:

Fragen

Erhaltung und Weiterentwicklung der europäischen Möglichkeiten zur Bewältigung biologischer Risiken und Bedrohungen

Die Entwicklung und Erprobung eines neuen Impfstoffes ist ein teures und langwieriges Unterfangen. Die dafür nötigten Voraussetzungen lassen sich nicht binnen weniger Wochen oder Monate schaffen. Hinzu kommt, dass die Schaffung diesbezüglicher Möglichkeiten wie auch die förmliche Zulassung medizinischer Erzeugnisse nicht nur Sache des Staates ist: Der private Sektor spielt eine wesentliche Rolle in der Bioforschung. Wenn es keinen Markt für einen Impfstoff gibt, wird die private Wirtschaft weder einen solchen entwickeln, noch in Erwartung einer biologischen Krisensituation entsprechende Einrichtungen vorhalten. Daher könnte der Versuch unternommen werden, Antigen- oder Impfstoffbanken und/oder Antivirenvorräte zur Bekämpfung bekannter, hochgradig ansteckender und gefährlicher Erreger anzulegen. Die MKS-Antigenbank der EU oder die Impfstoffbank zur Bekämpfung der Schweinepest und der Blauzungenkrankheit könnten als Vorbilder dienen.

Die heutigen biologischen Bedrohungen machen eine Vorausplanung und einen Langzeitansatz erforderlich. Die Mitgliedstaaten und die Kommission könnten ergänzend zu den bereits von den Mitgliedstaaten (auch auf militärischem Gebiet) ergriffenen Maßnahmen die Entwicklung eines öffentlichprivaten Geschäftsmodells für medizinische Gegenmaßnahmen, für die es in Europa keinen natürlichen Markt gibt, unterstützen. Die Angemessenheit von Konzepten anderer Länder könnte geprüft werden.

Die Diskussionen über die Vorratshaltung von Impfstoffen halten noch an. Unter anderem ist vorgeschlagen worden, das Anlegen vollständiger Solidaritätsvorräte finanziell zu unterstützen. Denkbar wäre auch eine Begrenzung auf eine bestimmte Mindestmenge von Solidaritätsvorräten auf EU-Ebene. Die Mitgliedstaaten und die Kommission könnten finanzielle Unterstützung zur Deckung der Kosten für den Erwerb und die Lagerung derartiger Vorräte leisten, wie sie es bereits nach Maßgabe der Entscheidung 90/424/EWG des Rates auf dem Gebiet der Tiergesundheit tun. Somit würde der Schutz der Bürger verbessert, ohne dass neue Lagerkapazitäten nötig würden. Diese Solidaritätsvorräte würden im Krisenfalle freigegeben und unter Einhaltung der geltenden Fristen an den oder die betroffenen Mitgliedstaat(en) geliefert.

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