Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur Neuregelung der Arzneimittelpreisgestaltung zum 1. Januar 2004

Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung Berlin, den 30. Juni 2005

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,

der Bundesrat hat am 9. Juli 2004 eine

Anbei übersende ich Ihnen den angeforderten Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung des Arzneimittelbereiches im Jahr 2004 und einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2005.

Mit freundlichen Grüßen
Ulla Schmidt


*) Drucksache 208/04 (Beschluss)

Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der arzneimittelrechtlichen Regelungen des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.November 2003 (BGBl. 1 S. 2190) unter besonderer Berücksichtigung der Arzneimittelpreisgestaltung

Berichtsauftrag

Der Bundesrat hat am 9. Juli 2004 eine Entschließung über die Auswirkungen der arzneimittelrechtlichen Regelungen des GMG (BT-Drs. 208/04 (PDF) ) angenommen.

In der Entschließung heißt es:

Berichtsgegenstand

Entsprechend der Entschließung werden im nachfolgenden Bericht schwerpunktmäßig die Auswirkungen der Neuregelung der Arzneimittelpreisverordnung dargestellt. Ergänzend wird zur Auswirkung weiterer arzneimittelrechtlicher Regelungen des GMG berichtet, auf welche in der Begründung zur Entschließung Bezug genommen wird.

Zusammenfassende Bewertung der Bundesregierung

Die Einsparziele des Gesetzes wurden insgesamt erreicht. Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung sind im Jahre 2004 um 2,5 Mrd. Euro bzw. um 11 % gesunken (Ansicht 1 der Anlage).

Die Entwicklung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung seit dem Jahre 1993 zeigt die Ansicht 2. Im Jahre 2004 sank der Umsatz der GKV-Arzneimittel zu Apothekenverkaufspreisen erstmals seit 1997. Gründe hierfür waren die Überführung von rezeptfreien Arzneimitteln in die Selbstmedikation, ein Rückgang von Packungszahlen und die neue Arzneimittelpreisverordnung. Die Einsparungen wären ohne erneute Mehrkosten durch die Strukturkomponente noch deutlich höher gewesen (Ansicht 3 der Anlage).

Die neue Arzneimittelpreisverordnung hat kleinere Apotheken in Flächenstaaten gestärkt, setzt finanzielle Anreize für die Apothekerinnen und Apotheker bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Heilberuf und entlastet die Krankenkassen. Die Preisfreigabe bei rezeptfreien Arzneimitteln stärkt den Wettbewerb zwischen Präsenz- und Versandapotheken um gute Dienstleitungen und günstige Preise. Die neue Festbetragsregelung hat zu deutlichen Preissenkungen geführt.

Die preisbezogenen Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes (Festbeträge, Herstellerabschlag, neue Arzneimittelpreisverordnung) sind geeignet, auch künftig die Preiskomponente im Arzneimittelbereich zu stabilisieren. Auch für die Entwicklung der Verordnungsmengen ist für die nächste Zeit wegen der Zuzahlungsregelungen mit keinen oder allenfalls nur mit geringen Zuwächsen zu rechnen.

Für das Jahr 2005 haben die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in ihrer Rahmenempfehlung eine Zuwachsrate in Höhe von 5,8 % für die Arzneimittelausgaben vereinbart. Im ersten Quartal des Jahres 2005 sind die Arzneimittelausgaben nach vorläufigen Angaben allerdings um rund 20 % gestiegen, jedoch ist ein Vergleich mit dem ersten Quartal des Vorjahres nicht aussagekräftig, weil der Vergleichswert aufgrund von Vorzieheffekten besonders niedrig war.

Die Entwicklung der Kosten für die Arzneimittelversorgung im weiteren Verlauf des Jahres 2005 wird im wesentlichen vom Verordnungsverhalten der Ärzte abhängen. Die arztbezogene Steuerung der Arzneimittelversorgung ist Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung der Vertragsärzteschaft und der Krankenkassen. Durch das GKV-Modernisierungsgesetz sind diese Steuerungsinstrumente verbessert worden. Hierfür hat der Gesetzgeber die Vorschläge von Seiten der Ärzteschaft und der Krankenkassen aufgegriffen. Instrumente sind insbesondere Arzneimittelvereinbarungen über die Höhe der Ausgaben pro Jahr, Arzneimittelrichtlinien zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Verordnung, Information und Beratung der Ärztinnen und Ärzte sowie Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Die Selbstverwaltung ist gefordert, ihre gesetzlichen Spielräume zur Förderung einer sicheren und preisgünstigen Arzneimitteltherapie konsequent zu nutzen. Hierzu haben Experten aus verschiedenen Bereichen und Regionen der Selbstverwaltung auf Einladung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung im Dezember eine "Gemeinsame Agenda" für ein Arzneimittel-Ausgabenmanagement erarbeitet. Deren Umsetzung erfolgt derzeit schrittweise durch die Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung begleitet diese Umsetzung in enger Abstimmung mit den zuständigen Ministerien der Länder.

Zur Auswirkung einzelner Regelungen:

Neue Arzneimittelpreisverordnung für rezeptpflichtige Arzneimittel

Die Vergütung der Apotheken für verschreibungspflichtige Arzneimittel wurde umgestellt von einem früher prozentualen Zuschlag auf die Apothekeneinkaufspreise auf

Erhalten bleibt der prozentuale Großhandelszuschlag auf den Herstellerabgabepreis, dabei wurden jedoch die Zuschlagssätze in etwa halbiert und im Volumen insgesamt um die Hälfte abgesenkt.

Ziele der Neuregelung

Die neue Arzneimittelpreisverordnung wurde im Konsens mit den Verbänden der Apotheken und der Krankenkassen umgesetzt. Für die Apotheken bedeutet die Einführung eines Fixhonorars Unabhängigkeit von der Höhe der Arzneimittelpreise. Dies stärkt die Apotheken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als freier Heilberuf im Gesundheitswesen und erleichtert die Einbeziehung der Apotheken in vertragliche Versorgungsformen, insbesondere in die Integrierte Versorgung zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Qualität der Arzneimittelversorgung. Das preisunabhängige Fixhonorar ist ein finanzieller Anreiz für eine qualitätsorientierte, preisunabhängige Beratung der Versicherten und stärkt kleinere, wohnortnahe Apotheken in Flächenstaaten, die viele Patienten versorgen. Für die Krankenkassen ist die Zunahme des Anteils hochpreisiger Arzneimittel an der Versorgung nicht mehr mit entsprechenden Mehrkosten bei den Vergütungen an die Apotheken verbunden.

Bei der Neufestsetzung der Zuschläge des Großhandels wurden die Rationalisierungsfortschritte durch verbesserte Warenbewirtschaftung und Logistik berücksichtigt. Die bis Ende 2003 gültigen Zuschlagssätze waren auf Grundlage von Wirtschaftsdaten Ende der 70'er Jahre festgesetzt worden und inzwischen völlig überholt. Der Großhandel hat zuletzt im Jahre 2003 ungefähr die Hälfte seiner gesetzlichen Handelzuschläge als Rabatte an die Apotheken weitergegeben. Diese Rabatte wurden bei der Neufestsetzung in die Vergütungen für die Apotheken eingerechnet.

Das Finanzvolumen der neuen Zuschläge von Apotheken und Großhandel insgesamt wurde abgesenkt. Zwar wurden die Handelzuschläge für rezeptpflichtige Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 2004 in gleicher Höhe wie die Vergütungen im Vorjahr 2003 festgelegt. Damit wurde aber gleichzeitig die Absenkung dieser Vergütungen durch die Abschlagsregelungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes um effektiv rund 600 Mio. Euro gegenüber dem Jahr 2002 für die Beitragszahler dauerhaft fortgeschrieben.

Preisänderungen aufgrund der neuen Arzneimittelpreisverordnung

Nach dem Inkrafttreten der neuen Arzneimittelpreisverordnung zum 1.1.2004 sank der Preisindex für rezeptpflichtige Arzneimittel im Januar 2004 gegenüber dem Vormonat um 1,7 % (Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK). Dies entspricht einer rechnerischen Entlastung für die gesetzliche Krankenversicherung von rund 250 Mio. Euro pro Jahr auf Basis von Art und Menge der verordneten Arzneimittel im Jahre 2002 (Ansicht 4 der Anlage).

Für 75 % des Arzneimittelumsatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung sind die neuen Apothekenzuschläge auf Basis des Fixzuschlags von 8,10 Euro niedriger als zuvor. Es handelt sich dabei um alle Arzneimittel mit einem Apothekeneinkaufspreis ab 23,82 Euro. Die Entlastung beträgt bis zu 2.936 Euro je Packung. Nur bei 25 % des Arzneimittelumsatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Fixzuschlag höher als der prozentuale Zuschlag nach altem Recht. Die maximale Belastung beträgt 9,40 Euro je Packung (vergl. die Ansicht 5 der Anlage).

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) weist darauf hin, dass der Fixzuschlag Preisverzerrungen durch die prozentualen Handelsmargen nach altem Recht korrigiert hat. Die frühere Regelung hatte Preisunterschiede bei den Herstellerabgabepreisen durch unterschiedlich hohe Handelszuschläge noch deutlich vergrößert. Der VFA weist auch darauf hin, dass die neue Arzneimittelpreisverordnung kaum Auswirkungen auf die Herstellerabgabepreise hatte. Dies ergibt sich daraus, dass die Arzneimittelpreisverordnung die Vergütungen der Apotheken und des Großhandels regelt, die nur ca. 30 Prozent des Apothekenverkaufspreises ausmachen, nicht jedoch die Herstellerabgabepreise betrifft. Preissenkungen der Hersteller sind aber aufgrund der neuen Festbetragsregelung erfolgt (siehe unten).

Finanzielle Auswirkungen auf die Apotheken

Die Vergütung der Apotheken (Rohertrag = Warenverkauf minus Wareneinkauf) erreichte im Jahre 2004 rund 9,3 Mrd. Euro und sank damit um rund 270 Mio. Euro bzw. um rund 3 % gegenüber dem Vorjahr. Grund hierfür war der Rückgang der Packungszahlen.

Das steuerpflichtige Einkommen der Apotheken sank im Jahre 2004 um 160 Mio. Euro bzw. 6 % auf 2,5 Mrd. Euro. Dennoch haben die kleineren Apotheken im Jahre 2004 Einkommenszuwächse von rund 3.000 Euro erreicht, während die durchschnittliche Apotheke rund 8.000 Euro an Einkommen einbüßte.

Zur Entwicklung von Rohertrag und Einkommen der Apotheken siehe die Ansichten 6 und 7 der Anlage.

Fortschreibung der Vergütungen der Apotheken

Zur Fortschreibung der Vergütungen der Apotheken im Jahre 2005 haben die Vertragspartner den Apothekenrabatt um 15 Centvon 2 Euro auf 1,85 Euro mit Wirkung für das zweite Halbjahr 2005 abgesenkt. Dies entspricht zusätzlichen Einnahmen für die Apotheken von einmalig rund 37 Mio. Euro. Der Rabatt steigt zum 1.1.2006 wieder auf 2 Euro und bleibt bis Ende 2008 unverändert. Dies bedeutet Stabilität der Apothekenvergütungen für die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimittelpackungen bis Ende 2008. Die Bundesregierung hat die von den Vertragsparteien vorgeschlagene Streichung des Auftrags an die Vertragspartner zur jährlichen Anpassung der Apothekenvergütung sowie die gesetzliche Klarstellung zum Herstellerrabatt aufgegriffen. Der Entwurf für eine entsprechende Gesetzes-änderung wurde vorgelegt.

Die Vertragsparteien hatten zuvor durch Meinungsunterschiede über die Berücksichtigung des Rückgangs der Packungszahlen im Jahre 2004 zur Verunsicherung der Öffentlichkeit beigetragen. Die gesetzliche Ausgleichsregelung in § 130 SGB V sieht eine einmalige Berücksichtigung von Änderungen der Packungszahlen im Jahre 2004 gegenüber dem Jahr 2002 vor. Die Änderung der Packungszahlen ist dem Gesetz zu Folge als ein Faktor bei der Anpassung der leistungsgerechten Vergütung zu berücksichtigen. Hierbei hat das Gesetz den Vertragspartnern einen Einschätzungsspielraum belassen.

Zuzahlungen

Nach dem GKV-Modernisierungsgesetz beträgt die Zuzahlung 10 % des Abgabepreises, jedoch mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro und nicht mehr als der Abgabepreis des Arzneimittels. Damit wurde bei Arzneimitteln die bisherige packungsbezogene Zuzahlung abgelöst. Die finanzielle Entlastung der Krankenkassen stieg hierdurch um 650 Mio. Euro auf 2,3 Mrd. Euro. Damit wurde das Einsparziel erreicht.

Die gesetzliche Regelung zur Belastungsgrenze von 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen und von 1 % bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen haben sich überwiegend bewährt. Allerdings war die Umsetzung dieser Regelung für die Heimbewohner in der Praxis unbefriedigend. Daher wurden die Träger der Sozialhilfe gesetzlich verpflichtet, ein Darlehen an alle Sozialhilfeempfänger in Heimen zur Vorfinanzierung der jährlichen Zuzahlungsbeträge bis zur Belastungsgrenze zu gewähren, sodass die Heimbewohner entsprechend nur geringe monatliche Beträge zu leisten haben. Gleichzeitig wurden die Krankenkassen verpflichtet, jeweils zum 1. Januar des Kalenderjahres oder bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung eine Bescheinigung über die Befreiung von den Zuzahlungen auszustellen.

Zur Entwicklung der Zuzahlungsbeträge im Verlauf des Jahres 2004 vergleiche die Ansicht 8 der Anlage.

Herstellerabschlag

Der Herstellerabschlag gilt seit dem 1.1.2003 für Arzneimittel ohne Festbeträge. Der Rabattsatz wurde im Jahre 2004 als vorgezogene Einsparung zur neuen Festbetragsregelung für rezeptpflichtige Arzneimittel ohne Festbetrag von 6 auf 16 % als Einsparbeitrag der Industrie erhöht mit einem Einsparvolumen von 1 Mrd. Euro. Der Rabatt ist zum 1.1.2005 wieder auf 6 % abgesenkt worden. Zum Stand der Umsetzung der neuen Festbetragsregelungen siehe unten.

Rabattvereinbarungen mit Herstellern, vertragliche Versorgungsformen

Krankenkassen haben die gesetzliche Möglichkeit genutzt, Rabattvereinbarungen mit Arzneimittelherstellern abzuschließen. Dies ist insbesondere für die vertraglichen Versorgungsformen von Bedeutung, bei denen sowohl für die Versicherten, als auch die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte Anreize zur Unterstützung für entsprechende Vereinbarungen geschaffen werden können. Krankenkassen haben Apotheken an Vereinbarungen über vertragliche Versorgungsformen beteiligt. Da die Apotheken nicht mehr abhängig von hohen Arzneimittelpreisen sind, wird ihnen die Beteiligung an solchen Vereinbarungen erleichtert. Ein Überblick über entsprechende Vertragsmodelle und Konditionen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist derzeit nicht zu erhalten, weil die Krankenkassen vermutlich aus Wettbewerbsgründen sehr zurückhaltend sind mit entsprechenden Informationen. Eine Veröffentlichungspflicht für entsprechende Vereinbarungen besteht nicht.

Festbeträge

Durch das GKV-Modernisierungsgesetz wurde die Einbeziehung patentgeschützter Arzneimittel in die Festbeträge unter bestimmten Voraussetzungen wie bereits bis 1995 wieder möglich, soweit diese Arzneimittel keine therapeutische Verbesserung gegenüber Arzneimitteln der gleichen Wirkstoffklasse sind. Ob eine therapeutische Verbesserung vorliegt, hat der Gemeinsame Bundesausschuss in jedem Einzelfall durch Aufbereitung des anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnis zu prüfen.

Durch das GKV-Modernisierungsgesetz wurde außerdem die Festbetragshöhe in der Festbetragsstufe 1 (gleicher Wirkstoff; Generika) auf das untere Preisdrittel abgesenkt. Für Festbeträge der Stufen zwei und drei (vergleichbare Wirkstoffe, vergleichbare Wirkung) gilt weiterhin der durchschnittliche Preis, gewichtet mit der Zahl der Packungen und Verordnungen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat für die Bildung von Festbetragsgruppen der Stufe 2 (vergleichbare Wirkstoffe) allgemeine Grundsätze für die Prüfung der therapeutischen Verbesserung beschlossen. Diese tragen den gesetzlichen Vorgaben zum Schutz von Innovationen Rechnung. Bisher hat der Gemeinsame Bundesausschuss insgesamt drei Wirkstoffe aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht in eine Festbetragsgruppe aufgenommen, sodass diese Arzneimittel festbetragsfrei bleiben.

Zum 1. Januar 2005 sind vier Festbetragsgruppen der Stufe 2 (vergleichbare Wirkstoffe) nach neuem Recht in Kraft getreten. Hiervon sind zwei gemischte Gruppen, die sowohl Generika, als auch patentgeschützte Arzneimittel mit vergleichbaren Wirkstoffen enthalten.

Zwei weitere Gruppen enthalten nur patentgeschützte Arzneimittel ohne Generika. Zum 1. Juli treten 27 weitere Festbetragsgruppen in Kraft, davon 20 Gruppen der Stufe 1 (gleicher Wirkstoff) jeweils nur mit patentfreien Arzneimitteln und 7 Gruppen der Stufe 2 (vergleichbare Wirkstoffe), davon 3 gemischte Gruppen.

Insgesamt wird zum Stichtag 1.7.2005 durch die geänderte Festbetragsregelung ein jährliches Einsparvolumen von 440 Mio. Euro erreicht. Nach Angaben des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen wird die neue Festbetragsregelung mit einem Einsparvolumen von insgesamt 1 Mrd. Euro erst im Jahre 2007 vollständig umgesetzt sein. Weitere rund 400 Mio. Euro Einsparungen sind bereits durch die Anpassung bestehender Festbeträge zum 1.1.2004 erreicht worden.

Zum Stand der Umsetzung vgl. die Übersichten 9 und 10 der Anlage.

Die Festbeträge sichern stabile Preise im Gesamtmarkt und führen zu Preissenkungen in großen Segmenten des Festbetragsmarkts. Preissteigerungen im Festbetragsmarkt gab es nicht.

Preisfreigabe für rezeptfreie Arzneimittel in der Selbstmedikation, Versandapotheken

Der "Runde Tisch" im Gesundheitswesen hatte bereits im Januar 2002 eine Reform der Arzneimittelpreisverordnung gefordert um Wettbewerb zu ermöglichen "wo es möglich und gesundheitspolitisch vertretbar ist".

Mit der neuen Arzneimittelpreisverordnung ist die Preisbindung für rezeptfreie apothekenpflichtige Arzneimittel, die sich jeder ohne ärztliche Verordnung selbst kaufen kann, zum 1.1.2004 aufgehoben worden. Jede Apotheke kann seitdem die Preise für ihre rezeptfreien Arzneimittel frei kalkulieren. Betroffen hiervon sind Arzneimittel überwiegend im unteren Preisbereich. Bei diesen Arzneimitteln hat der Endverbraucher nunmehr die Möglichkeit, Preise zu vergleichen sowie sich für preisgünstige Arzneimittel und Apotheken zu entscheiden.

Für rezeptfreie Arzneimittel, die weiterhin von den Krankenkassen bezahlt werden, gilt bei Abrechnung mit den Apotheken die alte Arzneimittelpreisverordnung mit prozentualen Zuschlagssätzen fort. Von einer Vertragslösung für dieses vergleichsweise breite Produktsortiment mit überwiegend niedrigen Preisen, geringem Krankenkassen-Umsatz und geringen Einsparpotentialen wurde zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand für Apotheken und Krankenkassen abgesehen.

Nach der Freistellung der rezeptfreien Arzneimittel von der Preisbindung ist es zu keinen Störungen der Arzneimittelversorgung oder des Arzneimittelmarkts gekommen. Dies zeigt, dass keine Notwendigkeit für die Fortführung der Preisbindung der rezeptfreien Arzneimittel bestand.

Die Preisfreigabe für diese Arzneimittel hat bisher nicht in größerem Umfang zu Preissenkungen in den öffentlichen Apotheken geführt. Viele Verbraucher scheinen bei rezeptfreien Arzneimitteln bekannte Handelsmarken zu bevorzugen und sind möglicherweise weniger preissensibel.

Die Preisfreigabe hat jedoch zu lebhaftem Preiswettbewerb bei rezeptfreien Arzneimitteln durch Versandapotheken geführt. Nach einer Erhebung der Stiftung Warentest, veröffentlicht am 24. Februar 2005, sind rezeptfreie Arzneimittel bei Versandapotheken zwischen 10% und 30 % preisgünstiger, in Einzelfällen sogar bis zu 50 %. Dieser intensive Preiswettbewerb besteht insbesondere auch bei Arzneimitteln für geringfügige Erkrankungen, die nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können. Insoweit verstärkt der leistungsrechtliche Ausschluss dieser Arzneimittel den Wettbewerb zwischen Präsenz- und Versandapotheken und ermöglicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern, insbesondere Arzneimittel für den regelmäßigen Bedarf preisgünstig zu beziehen.

Insgesamt haben sich die öffentlichen Apotheken im Wettbewerb mit den Versandapotheken gut behauptet. Die öffentlichen Apotheken haben ihre Wettbewerbschancen durch ihre wohnortnahe Lage und den persönlichen Service genutzt. Befürchtungen, dass die Zulassung der Versandapotheken die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährden könnte, haben sich nicht bestätigt.

Ebenfalls bewährt hat sich die Möglichkeit, im regionalen Einzugsbereich einer Apotheke bis zu drei Filialen zu eröffnen. Seit Einführung dieser Regelung ist die Zahl der Apotheken um rund 90 gestiegen, während die Kosten der Apotheken insgesamt gesunken sind.

Es gibt keine Belege dafür, dass die freie Preisbildung für Arzneimittel zu einem übermäßigen Arzneimittelkonsum führt.

Weiterer Handlungsbedarf

Die Ziele der Neuregelungen zur Arzneimittelpreisgestaltung des GKV-Modernisierungsgesetzes sind erreicht worden sind. Unbefriedigend sind bisher die Ergebnisse der gemeinsamen Selbstverwaltung bei der Anwendung der arztbezogenen Instrumente zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneiverordnungen. Experten aus verschiedenen Bereichen und Regionen der Selbstverwaltung haben auf Einladung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung im Dezember 2004 eine Gemeinsame Agenda für ein Arzneimittel-Ausgabenmanagement erarbeitet, in dem Vorschläge für eine konsequente Anwendung der gesetzlichen Steuerungsinstrumente durch die Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene erarbeitet sind. Bisher erfolgt die Anwendung der neuen gesetzlichen arztbezogenen Steuerungsinstrumente durch die Selbstverwaltung jedoch nur schleppend. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung erwartet von der gemeinsamen Selbstverwaltung eine Verstärkung ihres Engagements. Das Ministerin begleitet die weitere Umsetzung in Abstimmung mit den zuständigen Ministerien der Ländern.

Zu prüfen ist zudem, ob weiterer gesetzlicher Handlungsbedarf besteht insbesondere zur Stärkung des Vertragswettbewerbs durch mehr direkte Rabattverträge zwischen den Krankenkassen den pharmazeutischen Unternehmen sowie zur Stärkung arztindividueller Anreize für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit bei der Arzneiverordnung

Anlage: Übersichten und Tabellen

Ansicht 1 Veränderung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung

Veränderung der Arzneimittelausgaben

Ansicht 2 Entwicklung des GKV-Arzneimittelmarkts seit 1993

Ansicht 3 Rezeptpflichtige Arzneimittel: Umsatzentwicklung in der GKV im Jahre 2004


Quelle: Spitzenverbände der Krankenkassen

Ansicht 4 Preisentwicklung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln

Entlastung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln durch Preissenkungen im Jahre 2004: 1,1 Mrd. Euro (Spitzenverbände der Krankenkassen)

Preisindex bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln (gesetzliche Krankenversicherung)


Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK

Ansicht 5 Veränderung der Apothekenzuschläge nach der neuen Arzneimittelpreisverordnung gegenüber dem alten Recht

Ansicht 6 Rohertrag der Apotheken nach alter und neuer Arzneimittelpreisverordnung

Rohertrag = Warenverkauf minus Wareneinkauf

Apotheken-Vergütungen (Rohertrag) in Mrd. Euro Jahre 2002 bis 2004 (Warenverkauf minus Wareneinkauf) in Mrd. Euro Quelle: ABDA

Ansicht 7 Einkommen der Apotheken vor Steuern in den Jahren 2002 bis 2004

Jahres-Einkommen je Apotheke in Euro vor Steuern


Quelle: ABDA

Ansicht 8 Zuzahlungen im Jahresverlauf 2004

Umsetzung der Festbetragsregelung in den Jahren 2004 und 2005

Maßnahme Einsparung in Mio. Euro
01.04.2004 Anpassung der Höhe bestehender Festbeträge 400
4 neue Festbetragsgruppen Stufe 2 (vergleichbare
01.01.2005 Wirkstoffe), davon 2 gemischte Gruppen (Generika und
patentgeschützte Analog-Arzneimittel) 340
01.07.2005 20 neu Festbetragsgruppen Stufe 1 (gleicher Wirkstoff)
90
7 neue Festbetrags-Gruppen Stufe 2 (vergleichbare
Wirkstoffe), davon 3 gemischte Gruppen
Summe 830


Quelle: BKK-BV

Ansicht 10 Stand der Umsetzung der Festbeträge am 1.1. 2005

Rechtsgrundlage nach § 35 SGB V Identische Wirkstoffe Pharmakologisch- therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe Therapeutisch vergleichbare Wirkung Summe
(Stufe 1) (Stufe 2) (Stufe 3)
Festsetzung für... 312 Gruppen 60 Gruppen 59 Gruppen 431 Gruppen
mit... 188 Wirkstoffen 198 Wirkstoffen 28 Wirkstoff- kombinationen 414 Wirkstoffe/ Kombinationen
GKV-Markt
Umsatz (FB-AM) 4,4 Mrd. € 4,2 Mrd. € 1,2 Mrd. € 9,8 Mrd. Euro
Verordnungen 281,3 Mio. 114,3 Mio. 69,9 Mio. 465,5 Mio.
Quelle: Spitzenverb ände der Krankenkassen    


Quelle: Spitzenverbände der Krankenkassen

Am 1. Januar 2005 betrug das Umsatzvolumen der Festbetragsarzneimittel insgesamt 9,8 Mrd. Euro vor Abzug von Zuzahlungen und Apothekenrabatt (1. Juli 2004: 8,2 Mrd. Euro). Das entspricht einem Anteil von rund 43 % am GKV-Gesamtmarkt (1. Juli 2004: 35,8 %). Gemessen an der Zahl der rund 465 Millionen Arzneimittel-Verordnungen im Festbetragsmarkt ergibt sich ein Marktanteil von 63,1 % (1. Juli 2004: 60,2 %). Von den am Stichtag verfügbaren insgesamt 24.696 Fertigarzneimittelpackungen mit Festbetrag müssen die Versicherten bei lediglich 1.805 Packungen die Differenz zwischen dem höheren Apothekenverkaufspreis und dem Festbetrag selbst tragen. Damit erhalten die Versicherten in dem versorgungsrelevanten Marktsegment der verschreibungspflichtigen Arzneimittel 96,0 % aller Verordnungen ohne eine über die gesetzliche Zuzahlung hinausgehende finanzielle Belastung.