Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung

A. Problem und Ziel

Nach deutschem Strafrecht ist die eigenverantwortliche Selbsttötung ebenso wie deren Versuch oder die Teilnahme daran straflos, weil sich die Tötung nicht gegen einen anderen Menschen richtet. Dieses Regelungskonzept hat sich grundsätzlich bewährt. Es bedarf jedoch der Korrektur, wo eine kommerzialisierte Suizidhilfe Menschen dazu verleiten kann, sich das Leben zu nehmen.

Auch in Deutschland nehmen die Fälle zu, in denen Personen auftreten, deren Anliegen es ist, einer Vielzahl von Menschen in Form einer entgeltlichen Dienstleistung eine schnelle und effiziente Möglichkeit für einen Suizid anzubieten. Dies geschieht beispielsweise durch das Verschaffen eines tödlich wirkenden Mittels und das Anbieten einer Räumlichkeit, in der das Gift durch die suizidwillige Person eingenommen werden kann.

Zu denken ist aber auch an Fälle, in denen von Deutschland aus die Gelegenheit vermittelt wird, im Ausland die für eine Selbsttötung notwendigen Mittel und Räumlichkeiten zu erhalten. Im Vordergrund solcher Handlungen steht dabei nicht ein Beratungsangebot mit primär lebensbejahenden Perspektiven, sondern die rasche und sichere Abwicklung des Selbsttötungsentschlusses, um damit Geld zu verdienen.

Diese Kommerzialisierung stellt eine qualitative Änderung in der Praxis der Sterbehilfe dar. Sie lässt befürchten, dass die Hilfe zum Suizid als eine normale Dienstleistung angesehen wird und sich Menschen zur Selbsttötung verleiten lassen, die dies ohne ein solches Angebot nicht tun würden.

Das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes an oberster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter. Den beschriebenen Gefahren für das Leben suizidgeneigter Menschen soll daher durch ein strafrechtliches Verbot der gewerbsmäßigen, also auf Gewinnerzielung ausgerichteten Förderung der Selbsttötung entgegengewirkt werden.

Gleichzeitig soll aber sichergestellt werden, dass Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen sich nicht strafbar machen, wenn sie nur Teilnehmer an der Tat sind und selbst nicht gewerbsmäßig handeln.

B. Lösung

Der Entwurf schlägt die Schaffung eines neuen Straftatbestands im Strafgesetzbuch (StGB) vor (§ 217 StGB-E), der in Absatz 1 die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Diese Tätigkeit soll als abstrakt das Leben gefährdende Handlung verboten werden. Nach Absatz 2 sollen Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die sich lediglich als nicht gewerbsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen, von der Strafandrohung ausgenommen werden.

C. Alternativen

Weiter als der hier vorgelegte Entwurf geht der Vorschlag, jede schon geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen (BR-Drucksache 230/06 (PDF) ). Enger als der hier vorgelegte Entwurf ist die Initiative, die sich darauf beschränkt, die Werbung für die Förderung der Selbsttötung zu pönalisieren (BR-Drucksache 149/10 (PDF) ). Eine Modifikation dieser Initiative sieht vor, sowohl die gewerbliche Suizidbeihilfe als auch die Werbung für eine Suizidhilfevereinigung für strafwürdig zu befinden (BR-Drucksache 149/1/10).

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht oder entfällt kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht oder entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch die Einführung des geplanten Straftatbestands kann für die Länder ein derzeit nicht näher bezifferbarer Mehraufwand bei den Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörden im Hinblick auf etwaige Ermittlungen und Vollstreckungen entstehen, der sich jedoch auf Grund der zu erwartenden generalpräventiven Wirkung des Verbots in engen Grenzen halten dürfte und im Übrigen angesichts des zu schützenden Rechtsguts gerechtfertigt ist.

F. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 31. August 2012
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 12.10.12

Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuchs

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel ... des Gesetzes vom ... (BGBl. I S....) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 217 wie folgt gefasst:

" § 217 Gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung".

2. § 217 wird wie folgt gefasst:

" § 217 Gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Die Selbsttötung und die Teilnahme daran sind in Deutschland als solche nicht strafbar. Ebenfalls straffrei sind der gerechtfertigte Behandlungsabbruch (früher als "passive Sterbehilfe" bezeichnet) und die sogenannte indirekte Sterbehilfe. Strafbar ist dagegen die Tötung auf Verlangen ( § 216 des Strafgesetzbuchs - StGB).

In diesem Rahmen wird seit einigen Jahren in Deutschland - wie auch in anderen Staaten - über die sachgerechten Grenzen und näheren Bedingungen der Sterbehilfe diskutiert. Dieses Thema war nicht nur Gegenstand der Beratungen u.a. des Nationalen Ethikrats und des Deutschen Juristentags (beide 2006), sondern hat sich auch in mehreren Gesetzesinitiativen niedergeschlagen. Während die Diskussion über die insbesondere zivilrechtlichen Bedingungen für die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen bei nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten nach langen Erörterungen mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2286) zu einem Abschluss gekommen ist, hält die Diskussion über die strafrechtlichen Grenzen der Suizidhilfe an. Bereits 2006 wurde im Bundesrat ein Gesetzesantrag für ein strafrechtliches Verbot der "geschäftsmäßigen" Förderung der Selbsttötung vorgelegt (BR-Drucksache 230/06 (PDF) ), der dort aber keine Mehrheit fand. Trotz einer ebenfalls auf eine Verbotsregelung abzielenden Entschließung des Bundesrats vom 4. Juli 2008 (BR-Drucksache 436/08 (PDF) - Beschluss) und weiterer intensiver Beratungen im Nachgang dazu konnten sich die Länder bis heute auf kein Regelungskonzept verständigen. So sah eine von Rheinland-Pfalz in den Bundesrat eingebrachte Initiative vor, in Anlehnung an § 219a StGB die Werbung für die Suizidbeihilfe unter Strafe zu stellen (BR-Drucksache 149/10 (PDF) ), während der Rechts- und der Innenausschuss des Bundesrates eine Fassung empfahlen, mit der sowohl die Strafbarkeit der gewerblichen Suizidbeihilfe als auch ein strafrechtliches Werbeverbot für Suizidhilfevereinigungen eingeführt werden sollte (BR-Drucksache 149/1/10); auch keine dieser Fassungen wurde bislang vom Bundesrat als Gesetzentwurf beschlossen. Der Nationale Ethikrat hat sich in seiner Stellungnahme zur "Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende" vom 13. Juli 2006 für ein strafbewehrtes Verbot einer "gewinnorientierten" Beihilfe zum Suizid ausgesprochen (S. 50 und 56). Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich 2004 gegen jede Form der Suizidbeihilfe ausgesprochen (Pressemitteilung vom 10. Juni 2004), der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat 2008 ein Verbot jeder "geschäftsmäßigen" Suizidbeihilfe gefordert (Wenn Menschen sterben wollen - Eine Orientierungshilfe zum Problem der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung, EKD-Text 97, S. 32 f.). Der 66. Deutsche Juristentag in Stuttgart 2006 hat zwar die Pönalisierung einer Teilnahme am straflosen Suizid abgelehnt, andererseits aber den Vorschlägen zugestimmt, ein Handeln "aus Gewinnsucht" oder bei "Ausbeutung einer Zwangslage in Bereicherungsabsicht" zu kriminalisieren (Beschlüsse der Strafrechtsabteilung IV.3 und IV.4).

Gleichzeitig nehmen auch in Deutschland die Fälle zu, in denen Personen auftreten, deren Anliegen es ist, einer Vielzahl von Menschen in Form einer entgeltlichen Dienstleistung eine schnelle und effiziente Möglichkeit für einen Suizid zu ermöglichen. Dies geschieht beispielsweise durch das Verschaffen eines tödlich wirkenden Mittels und das Anbieten einer Räumlichkeit, in der das Gift anschließend durch die suizidwillige Person, eventuell unter Zuhilfenahme einer speziell hierfür erstellten Apparatur, eingenommen werden kann.

Zu denken ist aber auch an Fälle, in denen von Deutschland aus die Gelegenheit vermittelt wird, im Ausland die für eine Selbsttötung notwendigen Mittel und Räumlichkeiten zu erhalten. Im Vordergrund solcher Handlungen steht dabei nicht ein Beratungsangebot mit primär lebensbejahenden Perspektiven, sondern die rasche und sichere Abwicklung des gefassten Selbsttötungsentschlusses, um damit Geld zu verdienen.

Diese Kommerzialisierung stellt eine qualitative Änderung in der Praxis der Sterbehilfe dar. Anstatt den Leidenden und Lebensmüden Hilfe im Leben und im Sterben anzubieten, wird das aktive und vermeintlich "einfache" Beenden des Lebens selbst zum Gegenstand geschäftlicher Tätigkeit gemacht.

Diese Entwicklung lässt befürchten, dass sich Menschen zur Selbsttötung verleiten lassen, die dies ohne ein solches Angebot nicht tun würden. Denn durch die Kommerzialisierung der Suizidhilfe und ihre Teilnahme am allgemeinen Marktgeschehen kann in der Öffentlichkeit nicht nur der Eindruck entstehen, hierbei handele es sich um eine gewöhnliche Dienstleistung, sondern auch für die Selbsttötung selbst kann der fatale Anschein einer Normalität erweckt werden. Ein solches kommerzielles Angebot, zumal wenn es einen vermeintlich "einfachen" Suizid verspricht, kann z.B. Menschen in einer momentanen Verzweiflungssituation veranlassen, sich für ihre Selbsttötung zu entscheiden und aus einer nur vermeintlich ausweglosen Lage unumkehrbar in den Tod zu gehen (vgl. Duttge, ZfmE 2009, S. 257, 266).

Weiter ist zu besorgen, dass durch eine scheinbare Normalität der "unterstützten" Selbsttötung gerade für schwer kranke und alte Menschen ein - wenn auch nur von diesen so empfundener - Erwartungsdruck entsteht, ihren Angehörigen oder der Gemeinschaft durch ihren Pflegebedarf nicht dauerhaft "zur Last zu fallen" (vgl. bereits OLG München vom 31. Juli 1987 - 1 Ws 023/87 = NJW 1987, 2940, 2945; zum ähnlichen Problem bei Zulassung der aktiven Sterbehilfe vgl. Schreiber, DRiZ 2005, 241, 243; Schöch/Verret, Alternativ-Entwurf Sterbebegleitung, GA 2005 S. 553, 583). Unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme einer solchen "Dienstleistung" wäre es bereits nicht hinnehmbar, wenn ein solches Angebot bei diesen Menschen den Eindruck entstehen ließe, sich für ihren Wunsch, weiterleben zu wollen, gegenüber ihrem unmittelbaren Umfeld oder der Gesellschaft insgesamt rechtfertigen zu müssen.

Diese Befürchtungen werden insoweit verstärkt, als es bei einem auf Gewinnerzielung ausgerichteten Angebot naheliegt, dass das konkrete Handeln des "Sterbehelfers" oder der "Sterbehelferin" von diesem Erwerbsstreben auch tatsächlich bestimmt und dominiert wird. Maßgebend ist dann nicht mehr das Bestreben, einem suizidgeneigten Menschen in seiner Verzweiflung beizustehen und nach Alternativen zur Selbsttötung zu suchen, sondern das Ziel, die - womöglich auch noch öffentlich beworbene -"Dienstleistung" möglichst häufig und effektiv zu erbringen, um das dafür geschuldete Entgelt zu erlangen. Auch dadurch kann das Angebot einer kommerziellen Suizidhilfe dazu führen, dass Menschen sich töten, die ohne ein solches Angebot diesen endgültigen Schritt nicht gegangen wären.

Es fehlt zwar an gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, inwieweit gerade die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung die Suizidrate beeinflussen kann. Statistiken aus den Niederlanden, der Schweiz und Belgien deuten aber zumindest eine Tendenz an, wonach allgemein bei einer Liberalisierung der Sterbehilfe bzw. einem Auftreten entsprechender Anbieter die Zahl der Fälle zunimmt, in denen von einer solchen Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. In den Niederlanden, in denen seit 2001 aktive Sterbehilfe und Hilfe bei der Selbsttötung unter bestimmten Bedingungen nicht mehr strafbar sind, ist die Gesamtzahl der entsprechenden meldepflichtigen Tötungen von 1 815(2003) auf 2 331(2008) gestiegen, wobei sich die Steigerung vor allem auf die Fälle der aktiven Sterbehilfe bezieht (vgl. Jahresberichte der Regionalen Kontrollkommissionen für Sterbehilfe, 2003 bis 2008). In Belgien, das 2002 die generelle Strafbarkeit der aktiven Sterbehilfe aufgehoben hat, sind die entsprechenden Fallzahlen von 24(2002) auf 495(2007) gestiegen (3. Bericht der belgischen Kontroll- und Evaluationskommission an das Parlament betreffend aktive Sterbehilfe, S. 21). In der Schweiz, in der die nicht aus "selbstsüchtigen Beweggründen" gewährte Suizidbeihilfe straffrei ist, ist die Gesamtzahl der Suizide in den letzten Jahren zwar relativ konstant geblieben; die Anzahl der Selbsttötungen, die durch "quasi gewerbsmäßig" auftretende Sterbehilfeorganisationen begleitetet wurden, ist aber von 272(2003) auf ca. 400(2007) gestiegen, wobei sich die Anzahl der Suizidenten ohne Wohnsitz in der Schweiz, mehrheitlich Deutsche, in diesem Zeitraum von 91 auf 132 erhöht hat (Erläuternder Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzbuches betreffend die organisierte Sterbehilfe, Oktober 2009, S. 8, 10 f. und 15).

Der Gesetzgeber ist aber nicht gezwungen, von einer Kriminalisierung abzusehen, weil ein Kausalzusammenhang zwischen einem kommerziellen Angebot der Suizidhilfe und einer Zunahme entsprechender Suizide bislang nicht eindeutig bewiesen werden konnte. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass ein solcher Zusammenhang zumindest plausibel und wahrscheinlich ist. Ob der Gesetzgeber eine solche Gefahr hinnehmen muss, hängt maßgeblich von der Bedeutung des Rechtsguts ab, um dessen Schutz es geht. Je höher sein Wert ist, umso eher ist ein Einschreiten gerechtfertigt. Der Schutz des Lebens nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ist unstreitig ein "Höchstwert der Verfassung" (BVerfG vom 1. August 1978 - u.a. 2 BvR 1013/77 = BVerfGE 49, S. 24, 53; daraus wird von den Fachgerichten auch abgeleitet, dass die Selbsttötung zwar straflos, aber in der Regel rechtswidrig sei, vgl. BGH vom 7. Februar 2001 - 5 StR 474/00 = BGHSt 46, 279, 285; kritisch hierzu Lackner/Kühl, StGB, 27. Auflage, vor § 211 Rn. 9 m. w. N.).

Um den beschriebenen Gefahren entgegenzutreten, zielt der Entwurf daher darauf ab, die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung als abstrakt das Leben gefährdende Handlung unter Strafe zu stellen.

Diese strafbewehrten Verbotsregelungen stehen auch mit den anderen Grundrechten in Einklang.

Für gewerbsmäßige Tätigkeiten ist die Berufsfreiheit, Artikel 12 Absatz 1 GG, zu beachten. Der Schutzbereich des Artikels 12 Absatz 1 GG umfasst auch solche Tätigkeiten, die keinem traditionellen oder rechtlich fixierten Berufsbild entsprechen. Doch erfüllt eine Tätigkeit, die schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen ist, weil sie auf Grund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben kann, nicht die Voraussetzung eines durch Artikel 12 Absatz 1 GG geschützten Berufs (BVerfG vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 = BVerfGE 115, S. 276, 301). Mit entsprechender Begründung hat das Verwaltungsgericht Hamburg im Beschluss vom 6. Februar 2009 (8 E 3301/08) der gewerbsmäßigen Suizidbegleitung den Schutz der Berufsfreiheit von vornherein abgesprochen (MedR 2009, S. 550, 553 f.). Auch wenn man, weil die Beihilfe zur Selbsttötung grundsätzlich keine strafbare Handlung ist, so weit nicht gehen will, würde aber das vorgesehene strafbewehrte Verbot der gewerbsmäßigen Suizidförderung eine zulässige Schrankenbestimmung der Berufsfreiheit darstellen. Zwar handelt es sich um eine objektive Zulassungsbeschränkung (vgl. BVerfG vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 = BVerfGE 7, S. 377, "Apothekenurteil"). Doch geht es um wichtige Gemeinwohlbelange (BVerfG vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/961 = BVerfGE 102, 197, 215), wenn der Gesetzgeber das durch Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf Leben insoweit schützen will, als gewerbsmäßige Angebote der Suizidhilfe den Schritt in den selbst gewählten Tod "normal" erscheinen lassen und Menschen zur Selbsttötung verleiten können, die dies ohne ein solches Angebot nicht tun würden. Auch wenn empirisches Material dazu nur eingeschränkt vorliegt, wie sich ein auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Angebot der Förderung der Selbsttötung auf Menschen auswirkt, die eine Selbsttötung erwägen, ist eine Gefährdung aus den oben genannten Gründen jedenfalls wahrscheinlich. Diese Einschätzung liegt auch dem bereits erwähnten Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Februar 2009 (8 E 3301/08) zugrunde. Darin wurde die polizeiliche Untersagung eines konkreten kommerziellen Angebots zur Suizidhilfe insbesondere mit der Erwägung gerechtfertigt, dieses gefährde "mit erheblicher Wahrscheinlichkeit ( ... ) das Leben von Menschen, die ohne die vom Antragsteller angebotenen Erleichterungen beim Suizid allein auf sich gestellt vor diesem unumkehrbaren Schritt zurückgescheut wären" (MedR 2009, S. 550, 555 f.).

Das in den Artikeln 1 und 2 GG verankerte Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen (vgl. die Ausführungen im Entwurf zum Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, BT-Drucksache 016/8442, S. 2) steht einem Verbot der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung ebenfalls nicht entgegen. Dies gilt schon deshalb, weil die Möglichkeit jedes Einzelnen, frei und eigenverantwortlich über das Ende des eigenen Lebens zu entscheiden, durch die hier vorgeschlagene Regelung nicht berührt wird. Denn weder das Grundgesetz noch die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK) begründen einen Anspruch auf Hilfe zum eigenen Suizid (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 2006 - 13 A 1504/06; vgl. auch Nichtannahmeentscheidung des BVerfG vom 4. November 2008 - 1 BvR 1832/07; zur EMRK vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Pretty ./. Vereinigtes Königreich, Nr. 2346/03; Urteil vom 29. April 2002 = NJW 2002, S. 2851; Haas ./. Schweiz, Nr. 31322/07, Urteil vom 20. Januar 2011 = Human Rights Report 2011, S. 1169; Fischer, ZfmE 2009, S. 243, 252 f.).

Das hier vorgeschlagene strafbewehrte Verbot ist auch erforderlich. Mildere Maßnahmen, etwa eine Zulassungs- oder Kontrollpflicht, sind nicht ausreichend. Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen, dass die dort zur Kontrolle der Sterbehilfe vorgesehene Anzeigepflicht in der Praxis auch nach mehreren Jahren des Gesetzesvollzugs immer noch in 20 Prozent der Fälle nicht eingehalten wird (vgl. Jahresbericht der Regionalen Kontrollkommissionen für Sterbehilfe 2008, S. 3). Bei einer bloßen staatlichen Kontrolle gewerbsmäßig betriebener Sterbehilfe könnte daher diese Kontrolle nicht selten ins Leere laufen. Vor allem aber kann den beschriebenen Gefahren, die daraus drohen, dass eine gewerbsmäßig angebotene Suizidhilfe als normale Dienstleistung angesehen wird, nicht dadurch begegnet werden, dass ein solches Angebot auch noch mit dem "Gütesiegel" staatlicher Kontrolle versehen wird.

Als Alternative könnte die Einführung eines strafbewehrten Verbots allein der Werbung für die Förderung der Selbsttötung erwogen werden. Eine solche Regelung, wie sie der von Rheinland-Pfalz in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf vorsieht (BR-Drucksache 149/10 (PDF) ), würde zwar an dem Umstand ansetzen, dass Werbung den Eindruck der Normalität des Angebots verstärken kann und ihrer Natur nach darauf ausgerichtet ist, Menschen von der Inanspruchnahme eines bestimmten Angebots zu überzeugen. Auch eine solche Regelung würde jedoch die gewerbsmäßige Suizidhilfe selbst jedenfalls als nicht strafbar anerkennen und würde damit dem Eindruck einer gewissen Normalität dieser Dienstleistung und den mit deren kommerziellem Anbieten verbundenen Gefahren nur in beschränktem Umfang entgegenwirken. Daher erscheint auch ein solches Werbeverbot nicht ausreichend.

Es kann auch nicht darauf vertraut werden, dass das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht einen hinreichend sicheren Rechtsrahmen bietet, um gegen die angesprochenen Formen der Suizidförderung vorzugehen. Zwar hat das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem bereits erwähnten Beschluss vom 6. Februar 2009 (8 E 3301/08 = MedR 2009, S. 550, 555 f.) ein polizeiliches Verbot der "kommerziellen" Suizidhilfe wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bestätigt und dabei u.a. darauf abgestellt, dass im konkreten Fall mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sei, dass ohne dieses Verbot das Leben von Menschen gefährdet sei, die ohne die angebotenen Erleichterungen vor diesem unumkehrbaren Schritt zurückscheuen würden. Jedoch ist bei Maßnahmen gegen neue Erscheinungsformen menschlicher Betätigung, die auf die Generalklausel der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abstellen, nur eingeschränkt gewährleistet, dass die damit zwangsläufig verbundenen Wertungen einheitlich, hier im Sinne der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg, ausfallen. Dies gilt auch deshalb, weil diese Entscheidung nur im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes getroffen wurde und zum Beispiel die Besonderheit aufwies, dass die polizeiliche Untersagungsverfügung auch auf den Verdacht eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz gestützt wurde (für das Verwaltungsgericht scheint dieser Gesichtspunkt zwar letztlich nicht ausschlaggebend gewesen zu sein, es hat aber ebenfalls betont, dass das Verbot auch eine Hilfe bei der Beschaffung sonst nicht zugänglicher verschreibungspflichtiger Medikamente verhindere). Eine strafrechtliche Verbotsnorm kann insoweit deutlich genauer den Inhalt und auch die Grenzen des Verbotenen bestimmen.

Umgekehrt sind aber auch keine weiterreichenden Verbotsregelungen angezeigt. Der 2006 in den Bundesrat eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Verbot der "geschäftsmäßigen" Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung (BR-Drucksache 230/06 (PDF) ) hätte - wie bereits dargelegt - bedeutet, dass allein die Absicht, gleichartige Taten zu wiederholen und sie so zum Gegenstand der eigenen Beschäftigung zu machen, zur Tatbestandsverwirklichung ausgereicht hätte, ohne dass eine Erwerbs- oder sonstige Absicht hätte hinzukommen müssen, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Unabhängig von der wichtigen und grundlegenden Frage, ob allein die Absicht einer Wiederholung überhaupt ein hinreichender Grund sein kann, aus einer straffreien Handlung eine Straftat zu machen, würde eine solche Regelung voraussichtlich auch Abgrenzungsschwierigkeiten im Hinblick auf die weiterhin als grundsätzlich zulässig anzusehenden Formen der Sterbehilfe begründen, etwa wenn eine Ärztin einer Intensiv- oder Schwerstkrankenstation oder ein Hausarzt ausnahmsweise und mehr als einmal eine solche Hilfe anbietet.

Ebenfalls abzulehnen ist der Versuch, allein einer Vereinigung die Gewährung von Suizidhilfe zu versagen. Denn was dem Einzelnen erlaubt ist, kann dem Verein nicht verboten werden (BVerfG vom 24. Februar 1971 - u.a. 1 BvR 438/68 = BVerfGE 30, S. 227, 243; BVerfG vom 9. Oktober 1991 - 1 BvR 397/87 = BVerfGE 84, S. 372, 378 f.; Scholz in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Artikel 9 Rn. 38 f.). Das Gleiche gilt für ein auf eine solche Vereinigung bezogenes Werbeverbot (vgl. dazu BR-Drucksache 230/1/06).

Der hier vorgelegte Entwurf will auch nicht die Suizidhilfe kriminalisieren, die z.B. im engsten Familienkreis in einer schwierigen Konfliktsituation oder womöglich auch durch einen Dritten aus rein altruistischen Gründen gewährt wird. Erst recht erscheint daher in Deutschland kein vollständiges strafbewehrtes Verbot der Beihilfe zum Suizid sachgerecht, wie es etwa in Österreich, Italien, England und Wales, Irland, Portugal, Spanien und Polen besteht.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (Strafrecht).

III. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen Artikel 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Zwar sind danach Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, grundsätzlich verboten. Allerdings kann eine solche Beschränkung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Hier ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Regelungen zum Suizid beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Dies zeigt sich bereits daran, dass in einigen Mitgliedstaaten die Beihilfe zum Suizid insgesamt verboten ist (siehe vorstehend), während in anderen Mitgliedstaaten sogar die aktive Sterbehilfe nicht generell unter Strafe gestellt ist (Niederlande, Belgien). In diesen Fällen, in denen eine Harmonisierung der Materie durch die Gemeinschaft nicht vorliegt, ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2009, C-42/07, Rn. 57 = NJW 2009, 3221, 3223). Den Mitgliedstaaten steht es demnach frei, ihre Politik auf dem Gebiet der Suizidhilfe festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genauer zu bestimmen; Beschränkungen müssen dabei aber die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden allgemeinen Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit erfüllen. Das Verbot der gewerbsmäßigen Suizidhilfe ist insofern geeignet, die Erreichung des Schutzes der betroffenen Allgemeininteressen zu gewährleisten. Es geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, und wird nicht diskriminierend angewandt.

Dem Gesetz stehen völkerrechtliche Verträge, die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen worden sind, nicht entgegen.

IV. Gesetzesfolgen

1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es werden keine nennenswerten Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand erwartet.

2. Erfüllungsaufwand

Durch die Einführung des geplanten Straftatbestands kann für die Länder ein derzeit nicht näher bezifferbarer Mehraufwand bei den Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörden im Hinblick auf etwaige Ermittlungen und Vollstreckungen entstehen, der sich jedoch auf Grund der zu erwartenden generalpräventiven Wirkung des Verbots in engen Grenzen halten dürfte und im Übrigen angesichts des zu schützenden Rechtsguts gerechtfertigt ist.

Für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

3. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

4. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Er verfolgt das Ziel, den mit einer Kommerzialisierung der Suizidhilfe verbundenen Gefahren entgegenzuwirken. Die damit verbundene Vorgabe, womöglich suizidgeneigte Personen, insbesondere schwer kranke und sehr alte Menschen, nicht einem solchen Angebot zu überantworten, kann gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern fördern.

V. Gleichstellungspolitische Auswirkungen

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Die Änderung der Inhaltsübersicht ist infolge der Neufassung des § 217 StGB-E erforderlich.

Zu Nummer 2 (§ 217 StGB-E)

Die vorgeschlagene Regelung soll als neuer § 217 StGB in den Sechzehnten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs eingefügt werden. Für eine Regelung an dieser Stelle spricht die enge inhaltliche Verknüpfung mit der bestehenden Vorschrift über die Tötung auf Verlangen in § 216 StGB. Dogmatisch handelt es sich bei § 217 StGB-E um ein abstraktes Gefährdungsdelikt und eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfehandlung, die allerdings bereits im Vorfeld des Versuchs der "Haupttat" (Selbsttötung) greift.

Zu Absatz 1:

Unter Strafe gestellt wird die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung. Konkret werden Handlungen pönalisiert, mit denen anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung gewerbsmäßig vermittelt, gewährt oder verschafft wird, und dies in der Absicht geschieht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern.

Im Aufbau orientiert sich die Regelung überwiegend an der bereits erwähnten Länderinitiative aus dem Jahr 2006 (BR-Drucksache 230/06 (PDF) ), sie enthält allerdings vor allem den Unterschied, dass statt eines nur "geschäftsmäßigen" hier ein "gewerbsmäßiges" Handeln vorliegen muss (s. bereits oben Allgemeiner Teil).

Gewerbsmäßig handelt nach der Rechtsprechung, wer in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. nur BGH vom 13. Dezember 1995 - 2 StR 575/95 = NJW 1996, S. 1069, 1070), wobei die Tätigkeit von der Absicht getragen sein muss, Gewinn zu erzielen (vgl. BGH vom 11. Oktober 1994 - 1 StR 522/94; BGH vom 29. Januar 1980 - 1 StR 348/79 = BGHSt 29, 187, 189; dies schließt die Absicht ein, eigene Aufwendungen zu ersparen, vgl. Fischer, StGB, 59. Auflage, Vor § 52 Rn. 62). Dabei ist die Gewerbsmäßigkeit nicht darauf beschränkt, dass der Täter unmittelbar vom Suizidwilligen einen Vermögensvorteil erhält, so dass auch Konstellationen erfasst werden, bei denen der Täter versucht, die Gewerbsmäßigkeit seines Handelns zu verschleiern. Denn es reicht aus, wenn sich der Täter lediglich mittelbare Vermögensvorteile verspricht (vgl. Fischer, a. a. O., Rn. 62), etwa wenn die für die Suizidhilfe erstrebten Mittel in eine Gesellschaft oder einen Verein fließen oder fließen sollen und der Täter entweder direkten Zugriff auf diese Mittel hat (vgl. BGH vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11, bei juris Rn. 6, m. w. N.) oder ihm aus diesen Mitteln ein Gehalt oder Honorar gezahlt wird oder werden soll (vgl. BGH vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, bei juris Rn. 5, m. w. N.). Danach kann das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit insbesondere auch dann erfüllt sein, wenn die durch die Suizidhilfe erstrebten Einnahmen als Mitgliedsbeiträge an einen Verein fließen und dem oder den "Suizidhelfern" aus diesen Mitteln ein Gehalt oder Honorar gezahlt wird oder werden soll. Das Gleiche kann gelten, wenn Einnahmen über testamentarische Verfügungen der Suizidwilligen erlangt werden sollen, die dem oder den "Suizidhelfern" entweder unmittelbar als Begünstigten oder - wie skizziert - mittelbar über eine bedachte juristische Person zufließen sollen. Nicht maßgeblich ist in allen diesen Fällen, ob die juristische Person selbst durch die für die Suizidhilfe gewährten Zuwendungen einen Überschuss erzielen soll, da diese weder Adressat der Strafandrohung noch des Merkmals der Gewerbsmäßigkeit ist. Maßgeblich und ausreichend ist vielmehr, dass der oder den die Suizidhilfe gewährenden natürlichen Personen unmittelbar oder mittelbar Vermögensvorteile zufließen sollen. Erforderlich ist aber immer, dass die Vermögensvorteile zumindest auch durch die Suizidhilfe erstrebt werden, nicht allein auf Grund anderer Dienstleistungen.

Gewähren oder Verschaffen einer Gelegenheit setzt voraus, dass der Täter äußere Umstände herbeiführt, die geeignet sind, die Selbsttötung zu ermöglichen oder wesentlich zu erleichtern (vgl. Fischer, a. a. O., § 180 Rn. 5; Perron/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, § 180 Rn. 9; LK-Hörnle, StGB, 12. Auflage, § 180 Rn. 19). Beim Gewähren stehen die äußeren Umstände dem Täter schon zur Verfügung, beim Verschaffen besorgt er diese. Die Gelegenheit gewährt ist z.B. durch das Überlassen einer Räumlichkeit oder von zur Selbsttötung geeigneten Mitteln. Verschaffen umfasst das Besorgen einer solchen Räumlichkeit oder solcher Mittel. Vermitteln einer Gelegenheit setzt voraus, dass der Täter den konkreten Kontakt zwischen einer suizidwilligen Person und der Person, die die Gelegenheit zur Selbsttötung gewährt oder verschafft, ermöglicht, wobei allein der Hinweis auf eine ohnedies allgemein bekannte Stelle nicht ausreicht (vgl. MK-Renzikowski, StGB, § 180 Rn. 29 m. w. N.). Der Täter wird dabei mit beiden Personen in Verbindung stehen und deren zumindest grundsätzliche Bereitschaft für eine solche "Hilfe" abgeklärt haben müssen; da es hier - anders als bei § 180 Absatz 1 Nummer 1 StGB - nur um die Vermittlung einer Gelegenheit geht, müssen allerdings für die Vollendung der Tat diese beiden Personen noch nicht selbst miteinander in Kontakt getreten sein. Beim Gewähren oder Verschaffen der Gelegenheit ist die Tat vollendet, wenn die äußeren Bedingungen für die Selbsttötung günstiger gestaltet worden sind (vgl. wiederum Fischer, a. a. O. Rn. 22).

Die Norm stellt die Straflosigkeit der Selbsttötung und der Beihilfe dazu, die nicht gewerbsmäßig erfolgt, nicht in Frage. Wer - z.B. um einem oder einer todkranken Angehörigen Hilfestellung zu geben - allein aus Mitleid Hilfe zur Selbsttötung leistet, wird nicht erfasst. Derartige Fälle unter Strafe zu stellen ist weiterhin nicht wünschenswert (siehe bereits Allgemeiner Teil). Dass derartige Verhaltensweisen auch dann nicht nach dem neuen Tatbestand bestraft werden, wenn sie sich als Teilnahmehandlung zu einer gewerbsmäßigen Suizidhilfe darstellen, wird durch Absatz 2 sichergestellt (siehe unten). Ebenfalls nicht erfasst ist der bloße Gedankenaustausch über eine Selbsttötung, beispielsweise in Internetforen, da es hier schon an einem "gewerbsmäßigen" Handeln fehlt. Nicht erfasst ist auch die Veröffentlichung von zur Unterstützung der Selbsttötung geeigneten Informationen ohne konkreten Adressaten, wie sie beispielsweise in Büchern oder Presseerzeugnissen erfolgen kann, da es sich dabei in der Regel noch nicht um das Verschaffen oder Vermitteln einer konkreten Gelegenheit handelt. In den beiden letztgenannten Fällen wird es zudem auch an der Absicht fehlen, mit diesen Meinungen und Informationen die Selbsttötung einer konkreten Person zu fördern (dazu näher im Folgenden).

Die Hilfe beim Sterben, die durch Angehörige von Heilberufen im Rahmen medizinischer Behandlung, z.B. in Krankenhäusern, Hospizen und anderen palliativmedizinischen Einrichtungen geleistet wird, fällt grundsätzlich ebenfalls nicht unter § 217 StGB-E. Die Hilfe zum Suizid entspricht, anders als der gerechtfertige Behandlungsabbruch (früher als "passive Sterbehilfe" bezeichnet) oder die sogenannte indirekte Sterbehilfe, nicht dem Selbstverständnis dieser Berufe und Einrichtungen und wird daher von diesen grundsätzlich auch nicht gewährt (vgl. Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung vom 21. Januar 2011, Deutsches Ärzteblatt 2011, A 346 ff.:

"Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung ist keine ärztliche Aufgabe"; § 16 Satz 3 der (Muster-) Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011 bestimmt nun sogar ausdrücklich:

"Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten"). Sollte im Einzelfall aber gleichwohl von diesem Personenkreis Suizidhilfe gewährt werden, geschieht dies typischerweise gerade nicht "gewerbsmäßig", also in der Absicht, sich durch wiederholte Suizidhilfehandlungen eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Denn die Ärztinnen und Ärzte erhalten ihr Gehalt oder Honorar gerade nicht als Gegenleistung für Suizidhilfeleistungen, sondern für die Durchführung medizinischer Behandlungen entsprechend ihrer jeweiligen Fachrichtung. Gegen das Vorliegen von Gewerbsmäßigkeit spricht dementsprechend auch, dass nur medizinisch notwendige Leistungen liquidiert werden können, die der ärztlichen Kunst entsprechen (vgl. § 28 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 1 Absatz 2 der Gebührenordnung für Ärzte). Die Hilfe zum Suizid gehört nicht zu diesen Leistungen. Einer besonderen Ausschlussregelung bedarf es daher nicht. Unberührt bleiben die bereits erwähnten und von der Suizidhilfe zu unterscheidenden Formen des zulässigen Behandlungsabbruchs und der indirekten Sterbehilfe. Beim gerechtfertigten Behandlungsabbruch wird entsprechend dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten eine medizinische Behandlung unterlassen, begrenzt oder beendet, um einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen (vgl. grundlegend BGH vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 = BGHSt 55, 191 ff.; vgl. auch BGH vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94 = BGHSt 40, 257; Verrel, Gutachten zum 66. Deutschen Juristentag 2006, C 43 ff. sowie die Nachweise in BT-Drucksache 016/8442, S. 16). Indirekte Sterbehilfe liegt vor, wenn eine ärztlich gebotene schmerzlindernde oder bewusstseinsdämpfende Medikation bei einem oder einer tödlich Kranken oder Sterbenden als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigt (vgl. BGH vom 15. November 1996 - 3 StR 79/96 = BGHSt 42, 301, 305; Fischer, StGB, 59. Auflage, Vor § 211 - 216 Rn. 56 m. w. N.).

Auf subjektiver Seite ist - neben dem Merkmal der Gewerbsmäßigkeit - erforderlich, dass die gewährte Hilfestellung zur Selbsttötung absichtlich, also zielgerichtet erfolgt (vgl. insoweit auch die o.g. Länderinitiative in BR-Drucksache 230/06 (PDF) ). Damit ist, wie bereits angedeutet, ausgeschlossen, dass auch solche Personen der Strafbarkeit unterfallen, die lediglich allgemeine Hinweise für eine mögliche Selbsttötung geben, ohne damit in einem konkreten Einzelfall Suizidhilfe gewähren zu wollen. Das Erfordernis der Absicht sichert außerdem zusätzlich die Abgrenzung zu den soeben skizzierten Formen des zulässigen Behandlungsabbruchs und der zulässigen indirekten Sterbehilfe und vermeidet Wertungswidersprüche dazu. Denn diese Handlungen erfolgen nicht in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, sondern zielen - wie erläutert - darauf ab, in den natürlichen Krankheitsverlauf nicht mehr durch eine Behandlung einzugreifen bzw. die Schmerzen und Leiden der betroffenen Person durch die Verabreichung schmerzstillender Medikamente zu lindern, auch wenn dies als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigt. So bleibt etwa der Palliativmediziner weiterhin straffrei, der einem unheilbar kranken Patienten ein Schmerzmittel zur Bekämpfung sogenannter Vernichtungsschmerzen bereitstellt, obwohl er und der Patient wissen, dass dessen Einnahme unbeabsichtigt, aber notwendig den Todeseintritt beschleunigen wird. Denn es wäre höchst widersprüchlich, in solchen Fällen zwar eine unmittelbare Medikamentenverabreichung durch den Arzt zu gestatten, ihm aber das bloße Bereitstellen des Medikaments zur eigenverantwortlichen Einnahme durch den Patienten bei Strafe zu verbieten. Damit kann auch dahinstehen, ob der Palliativmediziner in einem solchen Fall gewerbsmäßig handeln würde, weil er - anders als Ärztinnen und Ärzte anderer Fachrichtungen - sein Honorar gerade auch für das Abmildern von Vernichtungsschmerzen durch das Verabreichen oder Bereitstellen von Schmerzmitteln erhält.

Die Absicht des Täters muss sich im Übrigen lediglich auf die Hilfestellung zur Selbsttötung beziehen, nicht auch auf die tatsächliche Durchführung dieser Selbsttötung. Hierfür genügt, wie etwa auch beim Gehilfenvorsatz bezüglich der Durchführung der Haupttat, bedingter Vorsatz (vgl. zum Gehilfenvorsatz Lackner/Kühl, StGB, 27. Auflage, § 27 Rn. 7). Ein "Suizidhelfer" kann sich also nicht etwa darauf berufen, dem Suizidwilligen das tödlich wirkende Mittel zwar übergeben zu haben, um dessen etwaige Selbsttötung zu erleichtern, diese Selbsttötung aber letztlich nicht gewollt oder gar missbilligt zu haben (vgl. wiederum zum Gehilfenvorsatz BGH vom 25. April 2001 - 3 StR 7/01; Lackner/Kühl a. a. O.). Unschädlich ist auch, wenn es dem Täter letztlich allein um die Erlangung der durch die Suizidhilfe erstrebten Einnahmen gehen sollte. Denn für absichtliches Handeln genügt, dass der angestrebte Erfolg - hier: Gewähren von Suizidhilfe - nur Zwischenziel ist, um ein anderes Ziel - hier: Einnahmenerzielung - zu erreichen (vgl. Fischer, StGB, 59. Auflage, § 15 Rn. 6).

Einer gesonderten Versuchsstrafbarkeit bedarf es nicht, da über die Merkmale des Vermittelns, Verschaffens und Gewährens einer Gelegenheit auch Tathandlungen im zeitlichen Vorfeld des Suizids erfasst sind. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zu einer Selbsttötung gekommen oder diese auch nur versucht worden ist. Vielmehr ist die Tat mit der Förderungshandlung vollendet (s. o.).

Auch eine Teilnahme in Form einer Anstiftung oder Beihilfe zu einer Förderung der Selbsttötung ist gemäß den §§ 26, 27 StGB nach allgemeinen Grundsätzen strafbar. Die Beihilfe zur Förderung der Selbsttötung kann dabei im Einzelfall auch dann in Betracht kommen, wenn jemand für die gewerbsmäßige Suizidhilfe eines anderen geworben und dies die Begehung der Haupttat konkret ermöglicht oder erleichtert, also tatsächlich gefördert hat (vgl. Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, § 27 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen zur aktuellen Rechtsprechung). Im Übrigen handelt es sich bei der Gewerbsmäßigkeit um ein strafbegründendes Merkmal im Sinne von § 28 Absatz 1 StGB (vgl. zur Gewerbsmäßigkeit bei § 180a StGB: BGH vom 15. Juli 1986 - 4 StR 301/86 = NJW 1987, S. 199; LK-Laufhütte/Roggenbuck, StGB, 12. Auflage, § 180a Rn. 8; Perron/Eisele in Schönke/Schröder, a. a. O., § 180a Rn. 20). Eine Teilnahmehandlung ist daher grundsätzlich auch dann strafbar, wenn die Teilnahmehandlung selbst nicht gewerbsmäßig erfolgt; dies gilt über § 9 Absatz 2 Satz 2 StGB sogar dann, wenn die Haupttat (hier die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung) im Ausland begangen wird und dort nicht mit Strafe bedroht ist. Wird danach die im Ausland betriebene und dort straffreie gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung im Inland beworben, macht sich der im Inland werbende Gehilfe strafbar, soweit er mit seiner Tätigkeit die Haupttat fördert.

Wirbt eine Person für die von ihr selbst durchzuführende gewerbsmäßige Suizidförderung, richtet sich ihre Strafbarkeit nicht nach der Gehilfen-, sondern nach der Täterstrafbarkeit. Denn als Gehilfe müsste sie einem anderen zu dessen Tat Hilfe leisten. Wer also etwa zunächst Werbeflugblätter verteilt, und dann dem Suizidwilligen, der diese Dienste daraufhin in Anspruch nehmen möchte, selbst gewerbsmäßig Suizidhilfe leistet, macht sich nach § 217 Absatz 1 StGB-E strafbar.

Dem bloßen Werben für die eigene oder fremde gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung kann grundsätzlich auch mit dem außerhalb des Strafrechts vorhandenen gesetzlichen Instrumentarium begegnet werden. Dies gilt selbst dann, wenn es zu der im Inland oder Ausland vorgesehenen Begehung der Haupttat (der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung) gar nicht kommt. So kann gegebenenfalls etwa bei einem als gewerbliche Tätigkeit ausgeübtem Werben eine Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung (GewO) in Betracht kommen. Bei einer Bewertung der gewerblichen Förderung der Selbsttötung als sozial unwürdig, mit der Begründung, dass sie den allgemein anerkannten moralischen und sittlichen Wertvorstellungen widerspricht (so VG Hamburg in dem bereits zitierten Beschluss vom 6. Februar 2009), liegt es sogar nahe, dass zwar nicht auch das bloße Werben an sich sozial unwürdig ist, es aber gegen die guten Sitten verstoßen dürfte, für die gemäß § 217 Absatz 1 StGB-E verbotene Suizidhilfe zu werben. Von dieser Prämisse ausgehend, dürfte die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit vor den Auswirkungen der Kommerzialisierung durch die Werbung abhängig vom Einzelfall auch erforderlich sein. Daneben kann auch ein Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch nach § 8 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Betracht kommen, soweit die Werbung eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Absatz 1 UWG darstellt. Mit diesem Instrumentarium lässt sich die Werbung damit auch dann unterbinden, wenn der Betreffende die im Ausland straflose gewerbsmäßige Sterbehilfe betreibt und diese im Inland bewirbt. Ergänzend lässt sich darüber hinaus jedenfalls dann auf die polizeirechtlichen Regelungen der Länder zurückgreifen, wenn sich die Werbung als strafbare Beihilfehandlung darstellt und somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt.

Zu den Ausnahmen von der Strafbarkeit der Beihilfe für Angehörige und andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen siehe Absatz 2.

Der vorgesehene Strafrahmen berücksichtigt mit einem gegenüber § 216 StGB herabgesetzten Höchstmaß, dass § 217 StGB-E lediglich eine Unterstützungshandlung zu einer straflosen Selbsttötung unter Strafe stellt, während bei § 216 StGB der Täter eine Fremdtötung begeht. Auf der anderen Seite lässt die Ausgestaltung des Strafrahmens ohne Anordnung einer erhöhten Mindeststrafe (wie in § 216 StGB) hinreichend Raum, um im Einzelfall auch bei weniger gravierenden Sachverhalten strafrechtlich angemessen reagieren zu können.

Zu Absatz 2

Absatz 2 enthält einen persönlichen Strafausschließungsgrund für Angehörige und andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen, die sich als nicht gewerbsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat nach Absatz 1 beteiligen. Diese explizite Straffreistellung ist notwendig, weil das Fehlen der Gewerbsmäßigkeit auf Seiten des Teilnehmers nach § 28 Absatz 1 StGB nichts an dessen grundsätzlicher Strafbarkeit ändert (siehe bereits vorstehend zu Absatz 1). Die Regelung berücksichtigt, dass kein Strafbedürfnis gegenüber Personen besteht, die ihren Angehörigen oder anderen engen Bezugspersonen in einer in der Regel emotional sehr belastenden und schwierigen Ausnahmesituation beistehen wollen. Der Ehemann, der seine todkranke Ehefrau ihrem eigenverantwortlich gefassten Entschluss entsprechend zu einem gewerbsmäßig handelnden "Suizidhelfer" fährt, um sie mit in den Tod zu begleiten, fördert damit zwar dessen Haupttat als Gehilfe. Er legt damit jedoch kein strafwürdiges, sondern in der Regel ein von tiefem Mitleid und Mitgefühl geprägtes Verhalten an den Tag.

Der Begriff des Angehörigen bestimmt sich nach § 11 Absatz 1 Nummer 1 StGB. Der Begriff der (anderen) nahestehenden Person wird im StGB bereits in § 35 Absatz 1, § 238 Absatz 1 Nummer 4, Absatz 2 und 3 sowie in § 241 Absatz 1 StGB verwendet, so dass auf die hierzu entwickelte Auslegung zurückgegriffen werden kann. Erforderlich ist also ein auf eine gewisse Dauer angelegtes zwischenmenschliches Verhältnis, das ähnliche Solidaritätsgefühle wie - in der Regel - unter Angehörigen hervorruft und deshalb beim Suizidwunsch des anderen zu einer vergleichbaren emotionalen Zwangslage führt (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, § 35 Rn. 15 m. w. N.). Mit der Berücksichtigung nahestehender Personen neben den Angehörigen in § 35 Absatz 1, § 238 Absatz 1 Nummer 4, Absatz 2 und 3 sowie in § 241 Absatz 1 StGB hat der Gesetzgeber bereits zuvor anerkannt, dass es Fälle gibt, bei denen die Bindung des tatbestandlich Handelnden an die nahestehende Person vergleichbar eng ist, wie dies unter Angehörigen gemeinhin der Fall ist (vgl. LK-Zieschang, StGB, 12. Auflage, § 35 Rn. 33).

Einer entsprechenden expliziten Straffreistellung für den Suizidwilligen selbst, der durch seine Mitwirkung letztlich ebenfalls die Tat des gewerbsmäßig handelnden "Suizidhelfers" unterstützen kann, bedarf es hingegen nicht, da solche Handlungen bereits nach den Grundsätzen der sogenannten notwendigen Teilnahme nicht strafbar sind (vgl. Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, vor §§ 25 ff. Rn. 46 ff., insbes. Rn. 47).

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2100:
Gesetz zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den oben genannten Gesetzentwurf geprüft.

Mit dem Gesetz wird ein neuer Straftatbestand in das Strafgesetzbuch eingeführt, der die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt.

Das Gesetz führt zu keinem zusätzlichen Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie bei der Wirtschaft. Mit dem neuen Straftatbestand entsteht bei den Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörden zusätzlicher Vollzugsaufwand. Dieser dürfte aber überschaubar sein.

Der Nationale Normenkontrollrat hat gegen das Regelungsvorhaben keine Bedenken.

Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter