Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften

982. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019

Der federführende Ausschuss für Umwelt,

Naturschutz und nukleare Sicherheit (U), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Finanzausschuss (Fz), der Verkehrsausschuss (Vk), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Die Bundesregierung hat im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 zahlreiche Maßnahmen vorgesehen. Darunter fallen beispielsweise die Einführung einer CO₂-Bepreisung in den Sektoren Gebäudewärmeversorgung und Verkehr, die Erhöhung der Luftverkehrsteuer sowie einer steuerlichen Förderung der energetischen Wohngebäudesanierung.

Das bisherige System von Steuern und Abgaben im Energiebereich ist äußerst heterogen. Durch die Vielzahl bestehender Fördermechanismen und Regulierungen sind in den verschiedenen Sektoren unterschiedliche, intransparente und sich häufig gegenseitig überlagernde CO₂-Preissignale entstanden. Dieses historisch gewachsene System entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes. Deshalb bedarf es im Sinne eines zukunftsfähigen und effizienten Systems - und im Zuge der Ergänzung um eine neue Komponente CO₂-Bepreisung - einer Reform des bestehenden Steuern- und Abgabesystems im Energiebereich.

Viele der im Rahmen der Diskussionen um eine CO₂-Bepreisung erstellten Studien haben bereits auf den grundsätzlichen Reformbedarf hingewiesen. Auch die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung empfiehlt in ihrem Abschlussbericht, "das bestehende System der Entgelte, Abgaben und Umlagen im Energiesektor umfassend zu überarbeiten". Auch aus Wirtschaft und Verbänden war für diese Forderung breite Unterstützung zu vernehmen.

Zum Gesetzentwurf allgemein

8. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der vorliegende Gesetzentwurf ist Bestandteil der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030. Der Bundesrat weist darauf hin, dass über die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen des Klimapaketes keine Verständigung mit den Ländern und Gemeinden erzielt wurde.

In der Betrachtung aller Maßnahmen werden für den Bund erhebliche Mehreinnahmen prognostiziert, während Länder und Gemeinden ausschließlich finanzielle Mehrbelastungen tragen werden.

Für den Bundesrat stellen die Klimaschutzmaßnahmen ein Paket dar, aus dem nicht einzelne Maßnahmen isoliert betrachtet werden können, zumal Mehrsteuern für den Bund mit geringeren Steuereinnahmen von Ländern und Gemeinden korrespondieren können.

Der Bundesrat erwartet, dass die finanziellen Auswirkungen in einem einheitlichen Verfahren zwischen Bund und Ländern geklärt werden, bevor erste Gesetze verabschiedet werden.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, zeitnah in Gespräche über eine faire, sachgerechte und verhältnismäßige Verteilung der Mehr- und Mindereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 stehen, zu treten.

9. Zum Gesetzentwurf allgemein

Zu den einzelnen Vorschriften

10. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Satz 1a - neu - KSG)

In Artikel 1 § 4 Absatz 1 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Für Anlagen der Energiewirtschaft und Industrie, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. EU (Nr. ) L 275 S. 32) in der jeweils geltenden Fassung fallen, gelten die jährlichen Minderungsziele (Jahresemissionsmengen) nicht."

Begründung:

Der Gesetzentwurf könnte der Energiewirtschaft und den Grundstoffindustrien, soweit deren Anlagen in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, die dringend erforderliche Planungssicherheit entziehen. Vorgesehen sind absinkende nationale Emissionsmengen für alle Sektoren. Jeder Sektor erhielte demnach jährliche Emissionsminderungsbudgets bis 2030. Überschreitungen und Unterschreitungen der Ziele können zwar in die Folgejahre übertragen werden. Diese Flexibilisierung wird jedoch insoweit wieder aufgehoben, als bei Überschreitungen der sektoralen Emissionsbudgets dennoch eine Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms mit neuen Klimaschutzmaßnahmen und gegebenenfalls auch mit Folgegesetzen besteht.

Die jährlichen Emissionsminderungsbudgets und die bei Überschreitungen der Budgets fällig werdenden Sofortmaßnahmen sollen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich auch bei Sektoren, die dem EU-Emissionshandel unterliegen, greifen. Die Bundesregierung hat dabei lediglich zu "berücksichtigen", dass in diesem Rahmen Emissionsminderungen auch im Ausland erbracht werden können. Im Falle der Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien können die jährlichen nationalen Emissionsminderungsbudgets deshalb dazu führen, dass im Sinne eines "Automatismus" permanente Nachsteuerungen des Bundesgesetzgebers durch neue Maßnahmen erfolgen müssen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden.

Um diese ordnungspolitisch fragwürdige Überreglementierung zu vermeiden, sollten die Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien, soweit sie in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, generell und dauerhaft von der Systematik der nationalen Emissionsminderungsbudgets und Sofortprogramme ausgenommen werden. Damit könnte auch eine bessere Planungssicherheit für Investitionen in wesentlich CO₂-ärmere Energieerzeugungsanlagen oder Produktionsverfahren der Industrie geschaffen werden.

11. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2, Absatz 5 Satz 1, § 5 Absatz 4 KSG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Durch Änderungen bei der Zuordnung von Emissionsquellen und bei Jahresemissionsmengen der Sektoren werden Länderinteressen berührt. So sind sie zum Beispiel im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr und den allgemeinen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) direkt betroffen. Es besteht das Risiko, dass die Zielvorgaben innerhalb des Verkehrssektors zu Lasten des ÖPNV und damit der Länder festgelegt werden, ohne dass die Finanzierung für erforderliche Maßnahmen (zum Beispiel Umstellung der Fahrzeugflotten) sichergestellt ist.

Zudem wird das Ziel der zunehmenden Reduzierung von Treibhausgasen zur Verbesserung des Klimaschutzes im Gebäudebereich zu erhöhten baulichen Standards und damit Folgekosten führen. Dies bedeutet insbesondere im geförderten Wohnungsbau der Länder, dass die Bereitschaft der Investoren, sich weiter zu engagieren, sinken wird, obwohl bezahlbarer Wohnraum zu einem immer drängenderen Problem der Bürger in ganz Deutschland wird.

Ziele und Finanzierung sollten daher unter Beteiligung der Länder vereinbart werden. Dies gilt im Falle der Finanzierungsverantwortung der Länder auch für die Änderung der Jahresemissionswerte nach § 4 Absatz 5.

Wegen der Auswirkungen auf die Aufgaben der Länder bedürfen die Rechtsverordnungen nach § 4 Absatz 2 und Absatz 5 deshalb der Zustimmung des Bundesrates.

Zu Buchstabe b:

Auch bei der Festlegung, wer für die Ermittlung von Emissionsdaten verantwortlich ist, wer die Daten mitzuteilen hat und welche Anforderungen dabei einzuhalten sind, werden Länderinteressen berührt, zum Beispiel beim Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Deshalb bedarf die Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 5 Absatz 4 der Zustimmung des Bundesrates.

12. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2 KSG)

In Artikel 1 sind in § 4 Absatz 2 die Wörter "die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf" durch die Wörter "die der Zustimmung des Bundesrates bedarf" zu ersetzen.

Begründung:

In der vorliegenden Fassung sieht § 4 Absatz 2 vor, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Veränderungen bei der Zuordnung von Emissionsquellen und zur Abgrenzung der Sektoren zu regeln.

Gemäß § 4 Absatz 3 ist es grundsätzlich möglich, eine Unterschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge ab dem Jahr 2021 auf die verbleibenden Jahresemissionsmengen des Sektors bis zum Zieljahr 2030 gleichmäßig anrechnen zu lassen, so dass die dann noch zu erbringende Jahresemissionsmenge in den Folgejahren sinkt.

Mit der vorgeschlagenen Änderung zu § 4 Absatz 2 bedarf eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die somit regelt, ob Emissionsquellen mit Treibhausgaseinsparungspotenzial zu Gunsten eines Sektors verschoben werden und somit zu Lasten eines anderen Sektors nicht mehr zur Reduzierung der zulässigen Jahresemissionsmenge zur Verfügung stehen, der Zustimmung des Bundesrates und stellt die für diese Entscheidung erforderliche Länderbeteiligung sicher.

13. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 5 Satz 1 KSG)

In Artikel 1 sind in § 4 Absatz 5 Satz 1 die Wörter "ohne Zustimmung des Bundesrates" durch die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrates" zu ersetzen.

Begründung:

In der vorliegenden Fassung sieht § 4 Absatz 5 Satz 1 vor, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die zulässigen Jahresemissionsmengen der Sektoren in Anlage 2 zu ändern.

Da gemäß § 3 Absatz 3 Satz 2 Klimaschutzziele erhöht, aber nicht abgesenkt werden können, ist durch eine solche Rechtsverordnung nur eine Absenkung der zulässigen Jahresemissionsmengen zu erwarten, verbunden mit erheblichen Auswirkungen auf die in Anlage 2 genannten Sektoren.

Daher soll mit der vorgeschlagenen Änderung zu § 4 Absatz 5 Satz 1 sichergestellt werden, dass eine solche Rechtsverordnung der Bundesregierung zur Absenkung zulässiger Jahresemissionsmengen der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

14. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 5 Satz 2, Absatz 6 Satz 2 KSG)

Artikel 1 § 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Ergänzungen sollen sicherstellen, dass der in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" (KWSB) zur Beendigung der Kohleverstromung gefundene Kompromiss uneingeschränkte Gültigkeit behält. Die jeweils offenen, alle Sektoren umfassenden Formulierungen zu möglichen Veränderungen von Emissionsbudgets tragen diesem Erfordernis nicht ausreichend Rechnung. Die Ergebnisse der KWSB sind das Resultat einer breiten und tiefgründigen gesellschaftlichen Debatte. Der auf dieser Basis erzielte Kompromiss ist eine unverzichtbare Vertrauensgrundlage sowohl für die Energiewirtschaft als auch für die Bevölkerung in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Jedwede Relativierung ist zu vermeiden.

15. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 3 Satz 1 KSG)

In Artikel 1 § 5 Absatz 3 Satz 1 sind die Wörter "diesem Gesetz" durch die Wörter "Absatz 1 und 2" zu ersetzen.

Begründung:

§ 5 Absatz 3 gibt dem Umweltbundesamt weitreichende Befugnisse zur Datenerhebung, insbesondere gegenüber Privatpersonen. Diese sind bußgeldbewehrt. Nach dem Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung ist der Zweck der Datenerhebung möglichst genau zu bezeichnen. Der Verweis allein auf den Zweck des vorliegenden Gesetzes genügt diesem Bestimmtheitsgebot nicht. Der Zweck der Datenerfassung wird mit der vorgeschlagenen Änderung konkretisiert.

16. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 3 Satz 5 - neu - KSG)

In Artikel 1 ist dem § 5 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Die weitergehende Verarbeitung von Daten natürlicher Personen außerhalb einer gewerblichen Betätigung erfolgt anonymisiert."

Begründung:

Der Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung erfordert eine weitestmögliche Anonymisierung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Die vorgeschlagene Ergänzung verfolgt dieses verfassungsrechtliche Gebot im Sinne der Datensparsamkeit. Die der Erfassung nachgelagerten Verarbeitungsschritte, wie etwa die vom technischen Zweck der Erhebung nicht mehr gedeckte Speicherung, bedürfen nicht für alle Daten notwendig einer Zuordenbarkeit zu Personen. Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Einschränkung der Datenverarbeitung nur auf die nichtgewerbliche Betätigung natürlicher Personen bezogen. Die Tätigkeit juristischer Personen und gewerbliche Betätigung natürlicher Personen wird wegen des immanenten Außenbezugs nicht erfasst.

17. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 4 KSG)

In Artikel 1 ist in § 5 Absatz 4 das Wort "nicht" zu streichen.

Begründung:

Bei der Festlegung, wer für die Ermittlung von Emissionsdaten verantwortlich ist, wer die Daten mitzuteilen hat und welche Anforderungen dabei einzuhalten sind, werden Länderinteressen berührt, zum Beispiel beim Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Auch im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr und den allgemeinen Öffentlichen Personennahverkehr sind die Länder betroffen.

Deshalb bedarf die Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 5 Absatz 4 KSG der Zustimmung des Bundesrates.

18. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 KSG)****

In Artikel 1 § 8 Absatz 1 sind die Wörter "für den jeweiligen Sektor" zu streichen.

Begründung:

Mit der derzeitigen Formulierung ist fest vorgegeben, dass die Maßnahmen des Sofortprogramms ausschließlich aus dem betroffenen Sektor stammen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass zum Beispiel aufgrund der zunehmenden Sektorkopplung auch Maßnahmen in anderen Sektoren Auswirkungen auf den betroffenen Sektor haben können. Die Möglichkeit, auch solche Maßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen, soll durch die Streichung eröffnet werden. Unbenommen bleibt der Bundesregierung nach Absatz 2 die abschließende Entscheidung über die vorgeschlagenen Maßnahmen wie auch die Option, flexibel und aus Effektivitätsgründen auch Maßnahmen in anderen Sektoren zu beschließen.

19. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 Satz 2 - neu - KSG)

In Artikel 1 ist dem § 8 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Hierbei sind die nach den Regelungen des Europäischen Emissionshandels zwischen den betroffenen Sektoren und teilnehmenden Staaten gegebenen Flexibilitäten vorrangig zu berücksichtigen."

Begründung:

Die europäischen Minderungsvorgaben erfassen jeweils getrennt den durch den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) und den durch die europäische Klimaschutzverordnung geregelten Bereich. Die Vorgaben lassen innerhalb dieser Bereiche umfassende Flexibilitäten zu. Die Flexibilität zwischen den erfassten Sektoren und sogar über die Staatengrenzen hinaus ist sogar Leitgedanke des EU-ETS. Der durch den EU-ETS geschaffene europäische Markt für Emissionen kann ohne entsprechende Flexibilität nicht funktionieren. Um diese Flexibilitäten zu nutzen, sollte gesetzlich vorgegeben werden, dass sie im Falle von Abweichungen von den einschlägigen Sektorzielen vorrangig zu berücksichtigen sind. Nur auf dieser Basis können die mit dem EU-ETS verbundenen Effizienzpotenziale ausreichend genutzt werden. Eine bloße Aussage in der Begründung genügt nicht der Bedeutung der Flexibilität. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Priorität marktwirtschaftlicher Steuerung im EU-ETS und der Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung der Emissionen der verschiedenen Sektoren unter anderem im Zusammenhang mit der zunehmenden Elektrifizierung und Sektorkopplung.

20. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 Satz 2 - neu - KSG)*****

In Artikel 1 ist dem § 8 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Bei Anlagen der Energiewirtschaft und Industrie, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. EU (Nr. ) L 275 S. 32) in der jeweils geltenden Fassung fallen, entfällt die Pflicht zur Vorlage eines Sofortprogramms."

Begründung:

Der Gesetzentwurf könnte der Energiewirtschaft und den Grundstoffindustrien, soweit deren Anlagen in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, die dringend erforderliche Planungssicherheit entziehen. Vorgesehen sind absinkende nationale Emissionsmengen für alle Sektoren. Jeder Sektor erhielte demnach jährliche Emissionsminderungsbudgets bis 2030. Überschreitungen und Unterschreitungen der Ziele können zwar in die Folgejahre übertragen werden. Diese Flexibilisierung wird jedoch insoweit wieder aufgehoben, als bei Überschreitungen der sektoralen Emissionsbudgets dennoch eine Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms mit neuen Klimaschutzmaßnahmen und gegebenenfalls auch mit Folgegesetzen besteht.

Die jährlichen Emissionsminderungsbudgets und die bei Überschreitungen der Budgets fällig werdenden Sofortmaßnahmen sollen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich auch bei Sektoren, die dem EU-Emissionshandel unterliegen, greifen. Die Bundesregierung hat dabei lediglich zu "berücksichtigen", dass in diesem Rahmen Emissionsminderungen auch im Ausland erbracht werden können. Im Falle der Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien können die jährlichen nationalen Emissionsminderungsbudgets deshalb dazu führen, dass im Sinne eines "Automatismus" permanente Nachsteuerungen des Bundesgesetzgebers durch neue Maßnahmen erfolgen müssen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden.

Um diese ordnungspolitisch fragwürdige Überreglementierung zu vermeiden, sollten die Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien, soweit sie in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, generell und dauerhaft von der Systematik der nationalen Emissionsminderungsbudgets und Sofortprogramme ausgenommen werden. Damit könnte auch eine bessere Planungssicherheit für Investitionen in wesentlich CO₂-ärmere Energieerzeugungsanlagen oder Produktionsverfahren der Industrie geschaffen werden.

21. Hauptempfehlung zu Ziffer 22

Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 4 KSG)

Artikel 1 § 8 Absatz 4 ist zu streichen.

Begründung:

Für den Sektor Energiewirtschaft sind auf Basis der Empfehlungen des Abschlussberichtes der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" des Bundes längere Überprüfungszeiträume für die Minderung der Jahresemissionsmengen vorgesehen, so dass eine Bewertung der umgesetzten Maßnahmen nur in den Jahren 2023, 2026 und 2029 erfolgen soll. Damit wird zwar Rücksicht auf die kurz- und mittelfristig einzuleitenden Schritte zur Beendigung der nationalen Kohleverstromung genommen. Es besteht jedoch keine Veranlassung, bei Anlagen der Energiewirtschaft, die in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, bereits heute Pflichten zur Vorlage eines nationalen Sofortprogramms zu normieren - weder in jährlichen Abständen noch im dreijährigen Turnus. Maßnahmen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden, sind zu vermeiden.

§ 8 Absatz 4 sollte daher ersatzlos gestrichen werden.

22. Hilfsempfehlung zu Ziffer 21

Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 4 Satz 2 - neu - KSG)

In Artikel 1 § 8 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen:,Dabei sind die in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" erzielten Ergebnisse zur Beendigung der Kohleverstromung maßgebend."

Begründung:

Die Ergänzung soll sicherstellen, dass der in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" (KWSB) zur Beendigung der Kohleverstromung gefundene Kompromiss uneingeschränkte Gültigkeit behält. Die Regelung für die Energiewirtschaft mag zwar formal an den dreijährigen Überprüfungsrhythmus im KWSB-Abschlussbericht angelehnt sein. Inhaltlich verweist die Regelung jedoch auf die Bestimmungen zu den Sofortprogrammen, die auch für die übrigen Sektoren gelten. Dies bildet das KWSB-Ergebnis für die Energiewirtschaft nicht ab, das Resultat einer breiten und tiefgründigen gesellschaftlichen Debatte war. Der auf dieser Basis erzielte Kompromiss ist eine unverzichtbare Vertrauensgrundlage sowohl für die Energiewirtschaft als auch für die Bevölkerung in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Jedwede Relativierung ist zu vermeiden.

23. Zu Artikel 1 (§ 11 Absatz 1 Satz 1, Satz 3 KSG)

In Artikel 1 ist § 11 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

In § 11 Absatz 1 ist vorgesehen, dass ein Expertenrat für Klimafragen aus fünf sachverständigen Personen eingerichtet wird. Davon soll mindestens ein Mitglied den Bereich Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften oder soziale Fragen abdecken. Somit können die verbleibenden vier Mitglieder des Expertenrates die in § 11 Absatz 1 Satz 3 geforderte übergreifende Expertise zu den Sektoren nach § 4 Absatz 1 nicht vollständig abbilden.

Um die Erarbeitung wissenschaftlich fundierter Sofortprogramme durch den Expertenrat bei drohender Zielverfehlung in den jeweiligen Sektoren nach § 4 Absatz 1 sicherzustellen, sollten die Mitglieder jeweils eine entsprechende fachliche Expertise aus den in § 4 Absatz 1 genannten sechs Sektoren nachweisen. Da darüber hinaus zusätzlich ein Experte aus dem Bereich Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften oder soziale Fragen vertreten sein soll, muss ein Expertenrat aus mindestens sieben sachverständigen Personen eingerichtet werden.

24. Zu Artikel 1 (§ 11 Absatz 1 Satz 2 KSG)

In Artikel 1 § 11 Absatz 1 Satz 2 sind die Wörter "Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften sowie soziale Fragen" durch die Wörter "Klima, Umwelt, Wirtschaft, Verkehr und Soziales" zu ersetzen.

Begründung:

Der Verkehrssektor ist bislang einer der größten Emittenten von CO₂ und daher kommt ihm eine große Bedeutung bei der Erreichung der Klimaschutzziele zu. Gleichzeitig bildet er eine elementare Grundlage für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, die Mobilität der Menschen und für die gesellschaftliche Teilhabe. Der Verkehrssektor ist durch die im Gesetz in Anlage 2 spezifizierten Emissionsziele und die daraus folgenden Emissionsreduktionsziele stark betroffen. Um eine effektive CO₂-Reduktion zu erreichen, die allen an den Verkehrssektor gestellten Aufgaben Rechnung trägt, ist es wichtig, dass ein Experte aus diesem Bereich als Teil des Expertenrates die Umsetzung des Gesetzes wissenschaftlich begleitet.

25. Zu Artikel 1 (§ 12 Absatz 4 Satz 2 KSG)

In Artikel 1 § 12 Absatz 4 Satz 2 sind nach dem Wort "Dritter" die Wörter "sowie personenbezogener Daten" einzufügen.

Begründung:

Schutzwürdig bei der Weitergabe von Daten sind nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter, sondern in besonderem Maße auch personenbezogene Daten, wie auch bereits die Begründung ausführt. Dies sollte auch in den Gesetzestext einfließen.

* vgl. hierzu auch Ziffern 11 bis 13 und 17

** vgl. hierzu auch Ziffer 18

*** Ziffer 4 umfasst die Buchstaben b bis d Doppelbuchstabe aa bis Doppelbuchstabe kk.

**** vgl. hierzu auch Ziffer 1 Buchstabe e

***** ist bei Annahme mit Ziffer 19 redaktionell anzupassen