Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Umweltorientiertes Öffentliches Beschaffungswesen KOM (2008) 400 endg.; Ratsdok. 12041/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 25. Juli 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 18. Juli 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 18. Juli 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 250/97 = AE-Nr. 970970,
Drucksache 489/00 = AE-Nr. 002253,
Drucksache 618/03 (PDF) = AE-Nr. 032784,
Drucksache 011/06 (PDF) = AE-Nr. 060098,
Drucksache 704/06 (PDF) = AE-Nr. 061582 und
Drucksache 105/08 (PDF) = AE-Nr. 080097

1. Einleitung

1.1. Potenzieller Nutzen des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens

In Europa geben staatliche Stellen jährlich umgerechnet etwa 16 % des Bruttoinlandsprodukts der EU für die Beschaffung von Gütern, wie Bürogeräte, Bauteile und Transportmittel, und Dienstleistungen, wie Gebäudeinstandhaltung, Transport, Reinigungs- und Cateringdienstleistungen und öffentliche Arbeiten1 aus. Das öffentliche Beschaffungswesen beeinflusst Produktions- und Verbrauchstendenzen, und eine spürbare Nachfrage der Behörden nach "grüneren" Waren wird Märkte für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen schaffen oder ausbauen. Das wiederum gibt den Unternehmen Anreize, Umwelttechnologien zu entwickeln2.

Von einer nachhaltigeren Verwendung der natürlichen Ressourcen und Rohstoffe profitiert die Umwelt genauso wie die gesamte Wirtschaft, wobei den aufkommenden "grünen" Wirtschaftsbranchen Chancen eröffnet werden3. Eine derartige Umorientierung könnte die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie entscheidend fördern, weil dadurch Innovationen in Öko-Technologien stimuliert würden - ein Bereich mit hohem Wachstum, in dem Europa bereits weltweit führend ist. Wie in Studien bestätigt wurde, besteht erheblicher Bedarf an einem kosteneffizienten umweltorientierten Beschaffungswesen ("Green Public Procurement - GPP") - insbesondere in Wirtschaftszweigen, deren umweltfreundliche Erzeugnisse nicht teurer sind als die nicht umweltfreundlichen Alternativen (gemessen anhand der Lebenszykluskosten des Erzeugnisses)4. Da die "grüneren" Produkte ausgehend von den Lebenszykluskosten definiert werden, wirkt sich die umweltorientierte Beschaffung auf die gesamte Lieferkette aus und fördert auch die Einhaltung ökologischer Standards bei der privaten Beschaffung.

1.2. Politischer Hintergrund

Das Potenzial der umweltorientierten Beschaffung als politisches Instrument wird zunehmend anerkannt und in den letzten Jahren hat sich das politische Engagement auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene verstärkt. Im Jahr 2002 nahm die OECD eine Empfehlung zur Verbesserung der Umweltleistung im öffentlichen Beschaffungswesen an.

Nach dem Weltgipfel von Johannesburg über nachhaltige Entwicklung (September 2002) wurde eine Marrakesch-Task Force für nachhaltige Beschaffung mit dem Ziel eingesetzt, die Verfahren der nachhaltigen (umweltorientierten) öffentlichen Beschaffung zu verbreiten. In zahlreichen Ländern der OECD (USA, Japan, Kanada, Australien und Südkorea) wie auch in Ländern mit rascher Entwicklung (u.a. China, Thailand und die Philippinen) wurden Praktiken der nachhaltigen Beschaffung lanciert.

Innerhalb der EU wurde zum ersten Mal in der Mitteilung der Kommission über integrierte Produktpolitik (IPP) von 2003 auf das Potenzial des umweltorientierten Beschaffungswesens (GPP) hingewiesen, wobei den Mitgliedstaten empfohlen wurde, bis Ende 2006 nationale GPP-Aktionspläne anzunehmen. Der neue europäische Rechtsrahmen für das öffentliche Auftragswesen5 enthält klare Vorgaben dafür, wie öffentliche Auftraggeber Umweltbelange in ihre Beschaffungsvorgänge und -verfahren einbinden können. In jüngster Zeit wurde mit der revidierten Strategie für nachhaltige Entwicklung der EU (Juni 2006) das politische Ziel gesetzt bis 2010 das Niveau der umweltorientierten Beschaffung im EU-Durchschnitt auf das höchste 2006 in einem Mitgliedstaat erreichte Niveau zu bringen.

Diese Mitteilung ist Teil des Aktionsplans für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und nachhaltige Industriepolitik (SCP/SIP), der einen Rahmen für die integrierte Durchführung verschiedener Instrumente absteckt, mit denen die Energie- und die Umweltleistung von Produkten verbessert werden sollen.

1.3. Maßnahmen auf europäischer Ebene

Das Grundprinzip des umweltorientierten Beschaffungswesens beruht auf klaren und ehrgeizigen Umweltkriterien für Güter und Dienstleistungen. Auf Ebene der Mitgliedstaaten wurden Kriterien und Konzepte für umweltorientierte Beschaffung (GPP - Green Public Procurement) entwickelt. Allerdings sollten bei steigender Anwendung von GPP-Verfahren die von den Mitgliedstaaten angesetzten Kriterien kompatibel sein, um Verzerrungen des Binnenmarktes und eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit in der EU zu vermeiden.

Einheitliche Kriterien könnten den Verwaltungsaufwand der Wirtschaftsbeteiligten und der öffentlichen Verwaltungen bei der Anwendung von GPP erheblich verringern. Von gemeinsamen GPP-Kriterien würden vor allem Unternehmen profitieren, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, wie auch KMU (die nur begrenzt in der Lage sind, unterschiedliche Beschaffungsverfahren zu beherrschen).

Auf europäischer Ebene gibt es bereits Umweltkriterien - beispielsweise im Rahmen des europäischen Umweltzeichens6, der Energy-Star-Verordnung7 und der umweltgerechten Gestaltung energiebetriebener Produkte8. Kriterien, die der umweltorientierten Beschaffung dienen werden auch in einigen Vorschlägen aus jüngster Zeit aufgestellt, wie dem Vorschlag für eine Revision der Richtlinie zur umweltgerechten Gestaltung energiebetriebener Produkte, der die Festsetzung von Mindestanforderungen und von Referenzwerten für erhöhte Leistungen vorsieht, dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge9 mit harmonisierten Methoden zur Berechnung der Lebenszeitkosten von Schadstoffemissionen und Kraftstoffverbrauch und dem Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen10 mit Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, wozu künftig Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse einschließlich Waldbiomasse kommen können.

Die eingehendere Entwicklung und Aufstellung von Umweltkriterien und ihre Wechselbeziehungen und potenzielle Anwendung im Rahmen der umweltorientierten Beschaffung sind die Kernelemente des Aktionsplans für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und nachhaltige Industriepolitik. Mit dem Aktionsplan soll insbesondere ein dynamischer Rahmen aufgestellt werden, um die Energie- und Umweltleistung von Produkten zu verbessern und ihre Akzeptanz seitens der Verbraucher zu fördern. Dazu gehören ehrgeizige Standards für den gesamten Markt, um sicherzustellen, dass systematisch Anreize und Innovationen zur Produktverbesserung gefördert werden und diese Politik durch die Nachfrage bestätigt wird. Die spezifischen Faktoren, die für die öffentliche Beschaffung von Bedeutung sind, werden nachstehend im Einzelnen erörtert.

1.4. Hindernisse bei der Durchsetzung der umweltorientierten Beschaffung

Bisher wurde das GPP-Potenzial nur zum Teil genutzt. Anfang 2008 hatten nur 14 Mitgliedstaaten nationale Aktionspläne verabschiedet (zwölf weitere Mitgliedstaaten arbeiten an der Annahme eines Plans oder einer Strategie)11. Bisher scheitert eine erweiterte Umsetzung hauptsächlich an folgenden Hürden:

2. Ziele

Diese Mitteilung soll ganz allgemein Orientierungen dazu geben, wie die Auswirkungen des Verbrauchs des öffentlichen Sektors auf die Umwelt reduziert werden können und wie GPP für mehr Innovationen in Umwelttechnologien und in umweltgerechten Produkten und Dienstleistungen genutzt werden kann.

Insbesondere geht es darum, wie die in Abschnitt 1.4. aufgeführten Hindernisse bei der Umsetzung von GPP ausgeräumt werden können:

3. Gemeinsamer Ansatz für ein umweltorientiertes Beschaffungswesen

3.1. Beschaffungsprozess

Bei öffentlicher Beschaffung handelt es sich im wesentlichen um einen Prozess, und die umweltorientierte Beschaffung kann im Rahmen dieser Mitteilung aufgefasst werden als:

Die Mitteilung bezieht sich auf sämtliche Verfahren der öffentlichen Beschaffung, wobei die in den EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe enthaltenen Schwellenwerte unter- und überschritten werden können. In jedem Fall sind aber umweltorientierte Spezifikationen, Auswahl- und Zuschlagskriterien und Vertragsklauseln in voller Übereinstimmung mit den EU-Rechtsvorschriften für öffentliche Auftragsvergabe und anderen relevanten EU- oder nationalen Rechtsvorschriften zu formulieren.

3.2. Umweltleistung

Mit einer prozessorientierten Definition von GPP allein können keine objektiven Referenzwerte und Zielvorgaben festgelegt werden. Dafür müssen eindeutige GPP-Kriterien aufgestellt und eingehalten werden. Es wurde bereits ein vorläufiger Satz gemeinsamer GPP-Kriterien für zahlreiche Gruppen von Produkten und Diensten aufgestellt, die z.T. im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen im Anhang dieser Mitteilung aufgeführt sind.

Wie in Abschnitt 4.1 erläutert, schlägt die Kommission jetzt vor, diesen Prozess systematisch vorzuschreiben um die bestehenden gemeinsamen GPP-Kriterien verbindlich festzulegen und in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den betroffenen Interessengruppen weitere GPP-Kriterien für zusätzliche Produktgruppen aufzustellen. Gemeinsame GPP-Kriterien haben den Vorteil, dass damit Marktverzerrungen und Wettbewerbsbeschränkungen vermieden werden können, die sich aufgrund unterschiedlicher nationaler GPP-Kriterien ergeben könnten.

Im Rahmen des umweltorientierten Beschaffungswesens werden die GPP-Kriterien grundsätzlich als technische Mindestspezifikationen definiert, die von allen Angeboten einzuhalten sind. Einige der GPP-Kriterien können auch als umweltorientierte Zuschlagskriterien definiert werden, um zu größerer Umweltleistung anzuregen, ohne zwingend vorgeschrieben zu sein, d.h. ohne dass der Markt gegenüber Produkten abgeschottet wird die das vorgeschlagene Leistungsniveau nicht erreichen. Bei entsprechender "signifikanter" Gewichtung können Zuschlagskriterien aber eine erhebliche Signalwirkung auf den Markt ausüben. Je nach Art des Produkts und der Anzahl und Gewichtung der übrigen - nicht umweltorientierten - Zuschlagskriterien gilt eine Gewichtung von 15 % oder mehr als "signifikant".

4. Gemeinsame GPP-Kriterien

4.1. Aufstellung gemeinsamer GPP-Kriterien

Im Rahmen eines kürzlich entwickelten GPP-Schulungs-Toolkits12 wurde ein Satz vorläufiger gemeinsamer GPP-Kriterien aufgestellt. Es wurden Kriterien für Produkt- und Dienstleistungsgruppen in zehn Branchen ausgearbeitet, die für die Durchführung des umweltorientierten Beschaffungswesens als am geeignetsten betrachtet wurden. Die Kriterien basieren auf bestehenden europäischen und nationalen Kriterien für Umweltzeichen sowie auf Informationen der Interessenvertreter aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Eine Expertengruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten, die auf dem Gebiet der umweltorientierten Beschaffung tätig sind, hat bei der Aufstellung der Kriterien eng mit den Dienststellen der Kommission zusammen gearbeitet.

Die Kommission schlägt vor, diesen Konsultationsprozess systematisch vorzuschreiben, um umweltorientierte Beschaffung durch gemeinsame GPP-Kriterien und eine gemeinsame Messmethode zu verbessern und zu verstärken und dabei die Grundsätze der offenen Koordinierung einzuhalten. Daher werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die bereits ausgearbeiteten GPP-Kriterien nach ihrer Billigung durch die Kommissionsdienststellen und nach einer abschließenden Konsultationsrunde mit den Mitgliedstaaten und Interessenvertretern der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft entsprechend den Mindestkonsultationsnormen13 förmlich anzunehmen. Die förmliche Annahme durch die Mitgliedstaaten würde bedeuten, dass die gemeinsamen GPP-Kriterien in die nationalen Aktionspläne und die Leitlinien für das umweltorientierte Beschaffungswesen eingebunden würden die die Mitgliedstaaten unter Beachtung der Mitteilung über integrierte Produktpolitik von 2003 aufgestellt haben oder zur Zeit aufstellen.

Dieser Prozess soll künftig wiederholt werden, und die Kommission wird die Arbeiten der nationalen GPP-Expertengruppe lenken und neue Kriterien für weitere Gruppen von Produkten und Dienstleistungen entwerfen und vorlegen. Die Entwürfe der Kriterien werden ebenfalls mit den Vertretern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft erörtert. Die Billigung der Kriterien wird strengen Konsultationsnormen unterliegen. Die Arbeiten konzentrieren sich auf die Branchen mit dem höchsten GPP-Potenzial (Abschnitt 4.2).

Bei diesem Prozess werden die vorliegenden und laufenden Arbeiten über die Aufstellung von Umweltkriterien im Rahmen des Aktionsplans für Nachhaltigkeit von Verbrauch und Produktion berücksichtigt. Die Kriterien basieren auf dem Lebenszyklusansatz. Künftige GPP-Kriterien könnten beispielsweise aus folgenden Vorlagen abgeleitet werden: die Kriterien für das EU-Umweltzeichen; die Energieeffizienzanforderungen "Energy Star" für Bürogeräte; die Referenzwerte für die Umweltleistung, die im Rahmen der Durchführungsmaßnahmen der zu überarbeitenden Richtlinie für umweltgerechte Gestaltung festgelegt werden; die vorgeschlagene Methode für die Internalisierung externer Kosten im Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge sowie die vorgeschlagenen Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoff und flüssige Biobrennstoffe in dem Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Gemeinsame GPP-Kriterien werden nur für solche Produkte und Dienstleistungen aufgestellt für die (noch) keine rechtsverbindlichen GPP-Kriterien14 gelten.

Bei den bestehenden GPP-Kriterien wird unterschieden zwischen "Kernkriterien" und "umfassenden" Kriterien. Die Kernkriterien sollen die leichte Anwendung des umweltorientierten Beschaffungswesens ermöglichen und hauptsächlich auf die Schlüsselbereiche der Umweltleistung eines Produkts abzielen, wobei die Verwaltungskosten der Unternehmen auf ein Minimum beschränkt sein sollten. Die "umfassenden" GPP-Kriterien, bei denen weitere Aspekte bzw. höhere Umweltleistungsniveaus berücksichtigt werden richten sich an Behörden, die noch ehrgeizigere ökologische und innovative Ziele erreichen wollen. Da die "Kernkriterien" die Grundlage der "umfassenden" Kriterien bilden, reflektiert die Unterscheidung zwischen Kernkriterien und umfassenden Kriterien die unterschiedliche Zielsetzung und Verfügbarkeit "grüner" Produkte, während gleichzeitig die Märkte in die gleiche Richtung gelenkt werden sollen.

In Fällen, in denen die europäischen Kriterien zwischen verschiedenen Umweltleistungsniveaus eines Produkts unterscheiden, werden die "Kernkriterien" und die "umfassenden" Kriterien für umweltorientierte Beschaffung entsprechend abgefasst. Gelten beispielsweise für ein bestimmtes Produkt sowohl die Energieeffizienzanforderungen des "Energy Star" als auch die freiwilligen Anforderungen des europäischen Umweltzeichens, so entsprechen die "Kernkriterien" den Energieeffizienzanforderungen des "Energy Star", während die "umfassenden" Kriterien auf den Kriterien für das Umweltzeichen beruhen würden. Mit diesen unterschiedlichen Kriterien können die Mitgliedstaaten und die Vergabebehörden schrittweise das Niveau der umweltorientierten Beschaffung verbessern und dem Markt eindeutige Signale zur stetigen Verbesserung der Umweltleistung von Produkten und Dienstleistungen geben. Bei Produktgruppen, die von keiner der genannten Verordnungen oder Regelungen erfasst werden, sondern nur unter das europäische Umweltzeichen fallen, würde bei der Aufstellung gemeinsamer Kriterien für umweltorientierte Beschaffung analog zwischen Kern- und umfassenden Kriterien unterschieden wobei die Kernkriterien auf den Kriterien für das Umweltzeichen basieren, die sich auf die wichtigsten Umweltauswirkungen beziehen und am ehesten zu erfüllen sind, und die umfassenden Kriterien zusätzlichen Umweltzeichen-Kriterien entsprechen, die für ein bestimmtes Produkt als relevant gelten könnten.

Liegen keine europäischen Kriterien vor, würden die GPP-Kriterien ausgehend von nationalen oder anderen Datenbanken für Umweltkriterien nach Erörterung mit Interessensvertretern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft aufgestellt.

Bisher und künftig werden Kriterien so formuliert, dass sie von (öffentlichen) Käufern und Bietern leicht verstanden und problemlos und in voller Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen in öffentliche Ausschreibungen aufgenommen werden können. Für einzelne Werkstoffe (wie Holz), die verschiedene prioritäre Bereiche betreffen (Bauwesen, Papier- und Druckindustrie, Energie und Möbel), wird ein zusammenhängender Satz von Kriterien entwickelt. Wenn für denselben Zweck unterschiedliche Werkstoffe verwendet werden können, wird bei der Festsetzung der Kriterien gegebenenfalls die Möglichkeit berücksichtigt, mehr erneuerbare Ersatzstoffe zu verwenden.

Die Kernkriterien dienen als Grundlage für die Feststellung von Zielen und Referenzwerten, um ihre europaweite Übernahme zu fördern. Beim Monitoring wird daher die Übereinstimmung mit den Kernkriterien geprüft. Darüber hinaus könnte in den leistungsstärksten Mitgliedstaaten eine Überprüfung der Einhaltung der umfassenden Kriterien durchgeführt werden, um neue Referenzwerte für die Zukunft festzusetzen.

4.2. Schwerpunktbereiche

Die Kommission hat zehn Schwerpunktbereiche für umweltorientierte Beschaffung festgelegt.

Sie wurden ausgehend von ihrem Potenzial für Umweltverbesserungen anhand folgender Aspekte ausgewählt: öffentliche Ausgaben, potenzielle Auswirkungen auf die Lieferseite, Modellcharakter für private oder kommerzielle Verbraucher, politische Sensibilität, Vorliegen relevanter und leicht anzuwendender Kriterien, Marktverfügbarkeit und ökonomische Effizienz.

Die Schwerpunktbereiche sind:

5. GPP-Ziele

5.1. GPP-Ziel in der erneuerten Strategie für nachhaltige Entwicklung

In der erneuerten Strategie für nachhaltige Entwicklung wurde als Ziel der umweltorientierten Beschaffung gefordert, dass bis 2010 das durchschnittliche GPP-Niveau dem 2006 von dem Mitgliedstaat mit der besten Leistung erzielten Niveau entsprechen sollte.

Zahlreiche Vorreiter-Mitgliedstaaten haben sich ehrgeizige Ziele auf dem Gebiet der umweltorientierten Beschaffung gesetzt: Die niederländische Regierung will bis 2010 das Ziel der nachhaltigen Beschaffung zu 100 % erreichen; die österreichische Regierung hat unterschiedliche Ziele für fünf Produktgruppen festgesetzt, die bis 2010 erreicht werden sollen: IT: 95 %, Elektrizität: 80 %, Papier: 30 %, Reinigungsmittel: 95 %, Fahrzeuge: 20 %.

In Frankreich sollten 20 % der von der Regierung erworbenen Fahrzeuge, die jährlich ausgetauscht werden, aus "sauberen" Fahrzeugen bestehen, 20 % der Neubauten sollten den "HQE"-Standards16 oder vergleichbaren Anforderungen entsprechen, und 50 % aller Holzwaren sollten bis 2010 aus legalen nachhaltigen Quellen stammen. Im Vereinigten Königreich ist der Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung eng mit einer Reihe von Nachhaltigkeitszielen für die Bürogebäude im Besitz der Regierung verknüpft, u.a. mit der Verpflichtung, bis zum Jahr 2012 kohlenstoffneutral zu werden und die CO₂-Emissionen bis 2020 um 30 % zu kappen.

Eine Studie über den Stand der umweltorientierten Beschaffung in den EU-Mitgliedstaaten aus jüngster Zeit hat der Kommission klare Erkenntnisse über die auf diesem Gebiet erzielten Ergebnisse in den dabei leistungsstärksten Mitgliedstaaten vermittelt, die die Basis für die in der Strategie für nachhaltige Entwicklung gesetzte Zielvorgabe sind. Auf dieser Grundlage schlägt die Kommission vor, dass 50 % aller Ausschreibungsverfahren bis 2010 umweltorientiert sein sollten, wobei "umweltorientiert" gemäß Abschnitt 4.1. definiert wird als übereinstimmend mit förmlich angenommenen gemeinsamen GPP-"Kernkriterien". Dabei würde der Prozentsatz als zahlen- und wertmäßiger Anteil der umweltorientierten Verträge gegenüber der Gesamtzahl und dem Gesamtwert aller Verträge in den Bereichen, für die gemeinsame GPP-Kernkriterien aufgestellt wurden, angegeben.

Nur bei Produkt- und Dienstleistungsgruppen, für die solche gemeinsamen Kriterien aufgestellt wurden, ist es möglich, die Situation zwischen den Mitgliedstaaten objektiv zu vergleichen und weitergehende Ziele zu setzen. Die Kommission arbeitet zur Zeit eine Methode aus, mit der das bei der umweltorientierten Beschaffung erreichte Niveau exakt berechnet werden kann, und zwar ausgehend von einer repräsentativen Auswahl der Ausschreibungsverfahren. Diese Methode soll in den auf diesem Gebiet leistungsstärksten Mitgliedstaaten angewendet werden. Im Jahr 2010 soll dann die Erhebung in allen EUMitgliedstaaten wiederholt werden. Daher ist es von größter Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten die derzeit ausgearbeiteten gemeinsamen Kriterien in ihre nationalen GPPAktionspläne und -Leitlinien übernehmen. Dabei soll auch die Einhaltung der umfassenden Kriterien überprüft werden, allerdings nur in den leistungsstärksten Mitgliedstaaten, um den dort erzielten Fortschritt zu messen und das Potenzial neuer Zielvorgaben für die Zukunft zu testen: Ausweitung des Ziels für Verfahren, die die Kernkriterien einhalten, und/oder Zielvorgabe für die Einhaltung der umfassenden Kriterien.

5.2. Spezifische GPP-Ziele bei der Durchführung der Finanzierungsmechanismen der EU

5.2.1. Beschaffung unter Verwendung von EU-Mitteln durch Behörden der Mitgliedstaaten

Jedes Jahr werden in allen europäischen Staaten im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU Milliarden von Euro für regionale Entwicklung und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt ausgegeben. Für den Planungszeitraum 2007-2013 (Gesamthaushalt 308 Mrd. EUR) wurde die nachhaltige Entwicklung als wichtigstes Prinzip der Kohäsionspolitik bestätigt17 .

Daneben gibt es zahlreiche weitere Finanzierungsprogramme der EU, wie beispielsweise das Siebte Rahmenprogramm (FP7) zur Finanzierung von Forschungsinitiativen der EU. Darin wurde für den Zeitraum 2007-2013 ein Höchstbetrag von insgesamt 50 521 Mio. EUR bereitgestellt. Während der größte Teil dieser Mittel zur Finanzierung von Kerntätigkeiten der Forschung bestimmt ist, die für umweltorientierte Beschaffung nicht relevant sind, können die Gemeinkosten dieser Vorhaben (maximal 7 % der Beihilfen) nach den Kriterien der Umweltorientierung eingestuft werden.

Werden diese Mittel direkt von den öffentlichen Behörden über Ausschreibungen zur Durchführung der finanzierten Projekte eingesetzt, kann nach Auffassung der Kommission leicht das Verfahren der umweltorientierten Beschaffung angewendet werden. Eine gezielte Aktion, bei der Behörden und andere Empfänger von EU-Mitteln dazu aufgefordert würden, bei der Durchführung von aus EU-Mitteln finanzierten Projekten nach dem Verfahren der umweltorientierten Beschaffung vorzugehen, könnte einen bedeutenden Anstoß dazu geben, Prinzipien der umweltorientierten Beschaffung in breitem Maße durchzusetzen, da solche Projekte einen Großteil der Gesamtausgaben der öffentlichen Beschaffung ausmachen. Damit könnten insbesondere die Mitgliedstaaten mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an der umweltorientierten Beschaffung dazu gebracht werden, das Ziel einer 50 %igen Umsetzung von GPP-Verfahren bei ihren Ausschreibungsverfahren zu erreichen.

5.2.2. Beschaffung in der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission wird GPP schrittweise in ihre Schulungsmaßnahmen über allgemeine öffentliche Beschaffung übernehmen und dazu die empfohlenen Kriterien, die im Rahmen des GPP-Schulungs-Toolkits (Abschnitt 7) entwickelt wurden, wann immer dies zweckmäßig erscheint, in ihre Ausschreibungsverfahren einbauen.

6. Verbindlich vorgeschriebene Massnahmen

Im Aktionsplan für Nachhaltigkeit von Verbrauch und Produktion und nachhaltige Industriepolitik wird gefordert, Impulse für die Verwendung von Produkten mit hoher Umweltleistung zu geben, dabei aber Verzerrungen des Binnenmarktes zu vermeiden, die sich aus einer rein nationalen Förderung von GPP ergeben könnten. Daher schlägt der Plan in Abschnitt 2.3 bindende Maßnahmen für umweltorientierte Beschaffung vor.

7. Leitlinien

Die Kommission wird auf die bereits vorhandene rechtlichen und operativen GPP-Leitlinien aufmerksam machen und sie falls erforderlich ergänzen. Auch wenn sich diese vor allem an Vergabebehörden richten, die innerhalb ihrer Organisation eine umweltorientierte Politik verfolgen möchten, sollten die Mitgliedstaaten die Leitlinien in ihre nationale Beschaffungspolitik einbeziehen, da damit deren Durchführung erleichtert wird. Dazu gehören:

Die Details der Leitlinien werden in einem gesonderten Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen beschrieben, das dieser Mitteilung beigefügt ist.

8. Umweltorientierte Beschaffung und Innovation

Die umweltorientierte Beschaffung ist ein wirksames Instrument, mit dem Unternehmen zu Innovationen und zur Entwicklung neuer Produkte mit verbesserter Umweltleistung stimuliert werden. Die Kommission wird versuchen, dieses Potential mit verschiedenen Maßnahmen voll zu nutzen:

9. Verankerung von GPP-Kriterien in der privaten Beschaffung

Die Definition und die Kriterien zur Festlegung und Förderung "grünerer" Produkte berücksichtigen den gesamten Lebenszyklus sowie Faktoren, die die gesamte Lieferkette betreffen von Rohstoffen und Produktionsmethoden bis zu Verpackungsmaterialien und zur Einhaltung bestimmter Rücknahmebedingungen. Diese Kriterien können ebenfalls im Rahmen der privaten Beschaffung berücksichtigt werden. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane sind aufgerufen, diese Beziehung zwischen umweltorientierten öffentlichen und privaten Beschaffungsverfahren22 zu stärken.

10. GPP-Indikatoren - Überwachung und Referenzwerte - Zeitplan

Zur Bestimmung des "GPP-Niveaus" können zwei Arten von Indikatoren herangezogen werden.

Quantitative Indikatoren können benutzt werden, um die Durchsetzung und den Fortschritt der Politik durch Vergleich des GPP-Niveaus (ausgedrückt in Anzahl und Wert der umweltorientierten Ausschreibungen) mit dem Gesamtniveau der öffentlichen Beschaffung zu bewerten. Um die Auswirkung auf der Lieferseite zu ermitteln, schlägt die Kommission vor, auch den Wert der umweltorientierten Aufträge gegenüber dem Gesamtwert der Aufträge im öffentlichen Beschaffungswesen zu berechnen.

Auswirkungsorientierte Indikatoren ermöglichen die Ermittlung der ökologischen und finanziellen Gewinne aufgrund umweltorientierter Beschaffungsverfahren.

Die Kommission entwickelt zurzeit eine Methode zur Anrechnung derartiger Indikatoren ausgehend von einer Analyse einer repräsentativen Auswahl von Ausschreibungsverfahren in den Mitgliedstaaten. Um einheitliche Überwachungs- und Referenzwertverfahren zu gewährleisten wird vorgeschlagen, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, für die gemeinsame GPP-Kriterien gemäß Abschnitt 4 aufgestellt wurden.

Für das Jahr 2010 hat sich die Kommission vorgenommen, die Situation in allen Mitgliedstaaten anhand der beschriebenen Methoden zu überprüfen. Ein Ausschreibungsverfahren gilt als umweltorientiert, wenn es mit einem Vertrag abgeschlossen wird der mit den Kernkriterien übereinstimmt. Die Ergebnisse der Überwachung in den Mitgliedstaaten mit den besten Ergebnissen auf diesem Gebiet bilden die Grundlage für künftige Zielvorgaben. In solchen leistungsstarken Mitgliedstaaten wird auch die Übereinstimmung mit den "umfassenden" GPP-Kriterien überprüft, um zusätzliche Zielvorgaben für die Zukunft festzusetzen und zu Innovationen anzuregen. Das soll in Abständen von fünf Jahren wiederholt werden.

Mit den Monitoring- und Referenzwertverfahren soll ein Anreiz für die Einbeziehung der GPP-Kriterien in nationale Ausschreibungsverfahren gegeben werden. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten vor Ende des Jahres 2008 um förmliche Annahme der bereits aufgestellten Kriterien ersuchen. Die förmliche Annahme umfasst auch ihre Übernahme in nationale GPP-Leitlinien und in nationale Aktionspläne, die die Mitgliedstaaten auf Ersuchen der Kommission annehmen sollen (Mitteilung von 2003 über integrierte Produktpolitik). Bisher wurden diese Aktionspläne von 14 Mitgliedstaaten angenommen, und in zehn weiteren Mitgliedstaaten steht diese Annahme bevor. Selbst wenn keine Aktionspläne vorliegen, drängt die Kommission die Mitgliedstaaten, gemeinsame GPP-Kriterien in ihre nationalen Ausschreibungen aufzunehmen. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, darüber auf von der Kommission veranstalteten regelmäßigen Koordinierungssitzungen zu berichten. Sie sollen außerdem jeden neuen Satz von Kriterien förmlich annehmen und ihre tatsächliche Umsetzung auf nationaler Ebene gewährleisten.

11. Schluss und künftiges Vorgehen

Die Kommission setzt sich dafür ein, GPP-Prinzipien durchzusetzen, weil dadurch der Markteinstieg möglichst umweltschonender Produkte und Dienstleistungen gefördert wird.

Das führt zu nachhaltigerem Verbrauch, fördert aber auch Öko-Innovationen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU.

Die Kommission schlägt den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und dem Rat vor: