Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 888. Sitzung am 14. Oktober 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 4 Absatz 1a - neu - AEG)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 4 nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

(1a) Öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet,

Begründung:

Sowohl für die Lärmkartierung nach § 47c BImSchG als auch für die Aufstellung von Lärmaktionsplänen nach § 47d BImSchG benötigen die jeweils zuständigen Behörden (EBA und landesrechtlich zuständige Behörden) umfassende Daten und Informationen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen, in der Regel der Deutschen Bahn AG. Nach Anhang V der Umgebungslärmrichtlinie der EU sind in Lärmaktionsplänen umfassende Informationen zu bereits durchgeführten und in Planung befindlichen Maßnahmen vorgesehen und langfristige Strategien zu beschreiben. Über diese Information verfügen vorrangig die Eisenbahninfrastrukturunternehmen.

Eine im AEG festgeschriebene Pflicht zur Datenbereitstellung für die Lärmkartierung würde die Informationsbeschaffung für die zuständigen Behörden wesentlich erleichtern, da die Daten- und Informationsweitergabe durch die Eisenbahninfrastrukturunternehmen in der 1. Stufe der Lärmminderungsplanung nicht ausreicht. Die für die Aufstellung der Lärmaktionspläne zuständigen Behörden sind auf die Mitwirkung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen angewiesen, um alle Belange von Verkehr und Lärmschutz angemessen berücksichtigen zu können. Eine Verpflichtung zur Mitfinanzierung von Lärmschutzmaßnahmen wird durch die Ergänzung nicht bewirkt.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a1 - neu - (§ 5 Absatz 1 e Nummer 4a - neu - AEG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:

'a1) In Absatz 1 e wird nach Nummer 4 folgende Nummer 4a eingefügt:

"4a. die Eisenbahnaufsicht über Halter, deren Fahrzeuge im Fahrzeugeinstellungsregister nach § 25a registriert sind;" '

Begründung:

Dem Bund obliegt gemäß § 5 Absatz 1 e Nummer 7 AEG die Führung eines behördlichen Fahrzeugeinstellungsregisters. Diese Aufgabe wurde dem Eisenbahn-Bundesamt als zuständige Sicherheitsbehörde gemäß Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zugewiesen.

Im Fahrzeugeinstellungsregister werden die sicherheitsrelevanten Daten der Fahrzeuge geführt, die auf dem transeuropäischen Eisenbahnnetz verkehren. Zur Klarstellung sollte daher die Aufsicht über die Halter, deren Fahrzeuge im Fahrzeugeinstellungsregister registriert sind, dem Bund zugewiesen werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe c - neu - (§ 5 Absatz 2 Satz 2 AEG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe c anzufügen:

'c) In Absatz 2 wird Satz 2 wie folgt gefasst:

"Die Landesregierung kann dem Eisenbahn-Bundesamt die Eisenbahnaufsicht einschließlich der Untersuchung von Unfällen und gefährlichen Ereignissen sowie die Befugnis zur Erteilung von Genehmigungen auf der Grundlage einer Vereinbarung ganz oder teilweise übertragen."

Begründung:

Durch die Bestimmung, dass die Eisenbahnaufsicht übertragen werden kann, soll klargestellt werden, dass es nicht im Belieben des Eisenbahn-Bundesamtes liegt, sich mit den Ländern über die Wahrnehmung der Aufgabe zu vereinbaren. Im Übrigen, insbesondere an der Pflicht zur Abgeltung auf der Grundlage einer Vereinbarung, ändert sich dadurch nichts.

Dass die Untersuchung von Unfällen zumindest im Aufsichtsbereich der Länder, der von der europarechtlichen Verpflichtung zur Schaffung einer unabhängigen Unfalluntersuchungsbehörde nicht betroffen ist, zum Aufgabenumfang der Eisenbahnaufsicht gehört, ergibt sich zwar aus § 5a Absatz 1. Allerdings ist das Eisenbahn-Bundesamt nicht mehr bereit, diese Aufgaben für die Länder wahrzunehmen. Die vorgeschlagene Ergänzung stellt klar, dass die Aufgabe zu übernehmen ist, wenn es das Land wünscht. Da die meisten Länder nicht über die erforderlichen fachlichen Ressourcen im Eisenbahnbereich verfügen, ist sonst eine Aufgabenerfüllung im Interesse der Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Die Regelung hatte sich über 90 Jahre lang bewährt und sollte beibehalten werden. Das Eisenbahn-Bundesamt verfügt über die erforderlichen Möglichkeiten, denn sonst wäre auch eine Übertragung der Unfalluntersuchung durch die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes gemäß § 5 Absatz 1f nicht möglich. Das schließt nicht aus, dass in besonderen Fällen die Amtshilfe der Unfalluntersuchungsstelle des Bundes in Anspruch genommen wird.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a und Buchstabe b - neu - (§ 5a Absatz 2 und Absatz 2a - neu - AEG)

In Artikel 1 ist Nummer 4 wie folgt zu fassen:

'4. § 5a wird wie folgt geändert:

Begründung:

Der Bundesrat hatte in seiner 882. Sitzung am 15. April 2011 eine Entschließung zur Verminderung des Bahnlärms gefasst, die unter anderem eine Eingriffsbefugnis des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zum Schutz der Umwelt einschließlich des Schutzes der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Lärm und Erschütterungen vorschlug (siehe BR-Drucksache 151/11(B) HTML PDF ).

Die Regelungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) sind gegenwärtig im Wesentlichen auf Verkehrs-, Wettbewerbs- und Sicherheitsaspekte beschränkt. Im Unterschied zum übrigen Verkehrsrecht enthält das AEG keine Anforderungen zum Lärm- und Erschütterungsschutz oder zu anderen Umweltbereichen. Die Geltung anderer Rechtsvorschriften, etwa des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, heilt dies nicht, so dass bei dem bestehenden hohen Sanierungsbedarf unter anderem im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Lärmaktionsplanung die Schaffung entsprechender Befugnisse des EBA und der Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder notwendig ist.

5. Zu Artikel 1 Nummer 7a - neu - (§ 14 Absatz 4 Satz 3a - neu - AEG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 7 folgende Nummer 7a einzufügen:

'7a. In § 14 Absatz 4 wird nach Satz 3 folgender Satz eingefügt:

"Grundsätze für Entgeltbestandteile, die den Kosten umweltbezogener Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung tragen, werden in einer Rechtsverordnung nach § 26 Absatz 1 Nummer 6 und 7 geregelt." '

Begründung:

Die bisher in § 21 Absatz 2 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) enthaltene Regelung, dass das vom Betreiber eines Schienenweges festzulegende Wegeentgelt einen Entgeltbestandteil umfassen kann, der den Kosten umweltbezogener Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung trägt, wobei nach der Größenordnung der verursachten Auswirkungen zu differenzieren ist, ist gerade angesichts der auch grundgesetzlich verankerten Rechte des Bundesrates bei diesem wichtigen verkehrs- und umweltpolitischen Thema eine zu weit gefasste Ermächtigung für den unternehmerisch agierenden Betreiber eines Schienenweges. Da der Betreiber eines Schienenweges zudem grundsätzlich kein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hat, wirksame Regelungen zum Schutz der Umwelt einzuführen, ist insgesamt eine verordnungsrechtliche Regelung angezeigt. Es ist daher im Allgemeinen Eisenbahngesetz klarzustellen, dass mindestens die maßgeblichen Grundsätze eines lärmabhängigen Trassenpreissystems durch den Verordnungsgeber selbst zu regeln sind.

In Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes ist ausdrücklich festgelegt, dass "Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers .... über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes und über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen" vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Dies ist bei Grundsätzen für Entgeltbestandteile, die den Kosten umweltbezogener Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung tragen, zweifellos der Fall.

Entsprechend hat der Bundesrat am 24. September 2010 einen Verordnungsentwurf zur Einführung lärmabhängiger Trassenpreise durch Änderung der EIBV beschlossen (siehe BR-Drucksache 553/10(B) HTML PDF ). Der Bund hat jedoch auf diesen Beschluss nicht reagiert und stattdessen am 5. Juli 2011 mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB AG eine Eckpunktevereinbarung abgeschlossen, die Grundsätze für die Einführung lärmabhängiger Trassenpreise festlegt, deren Wirksamkeit und Rechtssicherheit zweifelhaft ist. Damit werden die Mitwirkungsrechte des Bundesrates umgangen. Eine Diskussion mit den Ländern hat dazu bislang nicht stattgefunden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe d (§ 26 Absatz 8 Satz 1 AEG)

In Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe d ist in § 26 Absatz 8 Satz 1 nach dem Wort "Konstruktion" das Wort "ausschließlich" einzufügen.

Begründung:

Es ist klarzustellen, dass die Ermächtigung des Eisenbahn-Bundesamtes, ohne Zustimmung des Bundesrates technische Einzelheiten für Betriebsanlagen festzulegen, nur dann zulässig sein soll, wenn nur Eisenbahnen des Bundes betroffen sind.