Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011
(HBeglG 2011)

Der Bundesrat hat in seiner 875. Sitzung am 15. Oktober 2010 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zu Artikel 1 (§ 5 Nummer 4 LuftVStG)

In Artikel 1 ist § 5 Nummer 4 wie folgt zu fassen:

"4. Abflüge von Fluggästen auf Flugstrecken zu und von einer inländischen Insel bis zu einer Entfernung von 100 km zwischen Start- und Zielort (Luftlinie);"

Begründung:

Für die Daseinsvorsorge der Inselbewohner ist die auf die medizinische Versorgung und die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung beschränkte Steuerbefreiung unzureichend. Zum Beispiel muss auch der Bereich der technischen Versorgung mit berücksichtigt werden.

Denn in diesem Bereich werden Leistungen auch von Personen erbracht, die für diesen Zweck den Flugverkehr nutzen (müssen), aber ihren Hauptwohnsitz nicht auf den Inseln haben. Die Besteuerung auch dieser Flüge muss daher entfallen.

Die Besteuerung der kurzen Inselflüge führt insgesamt zu einer unverhältnismäßigen Verteuerung des Flugpreises. Die Flugzeit beträgt nur fünf Minuten. Das Ticket für die einfache Flugstrecke z.B. die im Inselflugverkehr besonders häufig frequentierte Flugstrecke Norddeich - Juist erhöht sich aber von derzeit 38 Euro um mehr als 25 Prozent auf 47,52 Euro. In der Folge ist mit einem Rückgang der Passagierzahlen zu rechnen. Auch der touristische Flugverkehr ist aber Grundvoraussetzung für eine ausreichende Inselversorgung, da die Gästeflüge der Mitbeförderung von Versorgungsgütern, Dienstleistern, Fachkräften etc. dienen. Im Jahr 2009 fanden durch niedersächsische Unternehmen etwa 120 000 Beförderungen zu und von den inländischen Nordseeinseln statt, mit einem überwiegenden Anteil an Freizeit- und Urlaubsgästen.

Der zu erwartende deutliche Rückgang der Passagierzahlen lässt erhebliche negative Folgen für die betroffenen Unternehmen erwarten, die zwangsläufig zu einer Einschränkung des Flugbetriebs bis hin zur Einstellung einzelner Strecken führen müssen. Der wirtschaftliche Betrieb der erforderlichen Infrastruktur wäre nicht mehr sichergestellt. Damit ist der für die Daseinsvorsorge der Inseln unverzichtbare regelmäßige, ganzjährige Flugbetrieb gefährdet.

Die vorgeschlagene Herausnahme des inländischen Inselflugverkehrs für Entfernungen bis 100 km aus der Steuererhebung hat finanziell nur unbedeutende Auswirkungen, sie liegt bei 120 000 Beförderungen pro Jahr bezogen auf die angestrebten Mehreinnahmen von einer Mrd. Euro im Bereich von einem Promille.

3. Zu Artikel 6 (EnergieStG) und zu Artikel 7 (StromStG) allgemein

4. Zu Artikel 7 (StromStG) und Artikel 8 (StromStV)

Der Bundesrat fordert im Interesse der betroffenen Unternehmen die Bundesregierung auf, zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Steuervergütung zeitnah die Stromsteuer-Durchführungsverordnung anzupassen.

Begründung:

Mit Aufhebung von § 9 Absatz 3 des Stromsteuergesetzes geht eine Vielzahl von Verweisen in der Stromsteuer-Durchführungsverordnung ins Leere. Dies beschränkt sich nicht allein auf § 17. Damit es nicht zu Nachteilen für die betroffenen Unternehmen kommt, ist eine zeitnahe Anpassung unabdingbar.

5. Zu Artikel 13 Nummer 1 und 2 (§ 2 Absatz 1 Satz 2,

Absatz 2 Satz 2, Absatz 7 Satz 1 und 2 und § 10 Absatz 5 BEEG)

Der Bundesrat hält es für besonders dringlich, dass das Inkrafttreten der Änderungen zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz im Interesse der Eltern und der mit dem Vollzug befassten Länder mit einer Stichtagsregelung für Neufälle verbunden wird.

Der Bundesrat fordert, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eine Übergangsregelung durch die Aufnahme einer Stichtagsregelung, abhängig von dem Geburtstag des Kindes, zu schaffen, die den Eingriff in laufende Fälle vermeidet. Dadurch würde den Belangen der Vollzugsstellen und der Akzeptanz der anstehenden Rechtsänderungen bei den betroffenen Eltern Rechnung getragen und gewährleistet, dass das Elterngeld weiterhin als eine erfolgreiche, bürgernahe Familienleistung in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Begründung:

Sollte ein unmittelbares Inkrafttreten zum 1. Januar 2011 erfolgen, müssten dementsprechend die betroffenen Fälle mit hohem Aufwand ermittelt und Änderungsbescheide erlassen werden. In einer Vielzahl von Fällen wird es zu Überzahlungen und entsprechenden Rückforderungen kommen. Mit einer großen Anzahl von Widerspruchsfällen, ggf. anschließenden Klageverfahren sowie mit erheblichem Unverständnis für die komplexe Konstellation in der Öffentlichkeit ist zu rechnen.

6. Zu Artikel 13 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 2 Absatz 7 Satz 2 BEEG)

In Artikel 13 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb sind in § 2 Absatz 7 Satz 2 die Wörter "oder pauschal besteuerte" zu streichen.

Begründung:

Die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigten Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes werden dem Grundsatz sozialer Ausgewogenheit nicht gerecht.

Die Nichtberücksichtigung von pauschal besteuerten Einnahmen bei der Berechnung des Elterngeldes benachteiligt Erwerbstätige mit geringen Einkommen. Dies ist nicht nur sozialpolitisch verfehlt, sondern zugleich gleichstellungspolitisch bedenklich. Betroffen wären von dieser Regelung vor allem Frauen, da sie überproportional häufig geringfügig beschäftigt sind.

Aus der Begründung des Gesetzentwurfes erschließt sich nicht, aus welchen Gründen den im Niedriglohnbereich Beschäftigten die "Anerkennung der Erziehungsleistung" zukünftig verwehrt werden soll.