Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011
(HBeglG 2011)

875. Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober 2010

A

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Familie und Senioren, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der Verkehrsausschuss, der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf allgemein

8. Zur Eingangsformel

Die Eingangsformel ist wie folgt zu fassen:

"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:"

Begründung:

Der Gesetzentwurf ändert eine Vorschrift des Wohngeldgesetzes, die ihrerseits eine Zustimmungspflicht auslösen würde, denn allein die Einführung der Heizkostenkomponente hätte zur Zustimmungspflichtigkeit des betreffenden Gesetzes geführt. Ändert ein Gesetz eine Regelung, die die Zustimmungspflicht auslöst, so bedarf auch dieses Änderungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates.

Zu Artikel 1 (Luftverkehrsteuergesetz)

13. Zu Artikel 1 (§ 5 Nummer 4 LuftVStG)

In Artikel 1 ist § 5 Nummer 4 wie folgt zu fassen:

"4. Abflüge von Fluggästen auf Flugstrecken zu und von einer inländischen Insel bis zu einer Entfernung von 100 km zwischen Start- und Zielort (Luftlinie);"

Begründung:

Für die Daseinsvorsorge der Inselbewohner ist die auf die medizinische Versorgung und die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung beschränkte Steuerbefreiung unzureichend. Zum Beispiel muss auch der Bereich der technischen Versorgung mit berücksichtigt werden.

Denn in diesem Bereich werden Leistungen auch von Personen erbracht, die für diesen Zweck den Flugverkehr nutzen (müssen), aber ihren Hauptwohnsitz nicht auf den Inseln haben. Die Besteuerung auch dieser Flüge muss daher entfallen.

Die Besteuerung der kurzen Inselflüge führt insgesamt zu einer unverhältnismäßigen Verteuerung des Flugpreises. Die Flugzeit beträgt nur fünf Minuten. Das Ticket für die einfache Flugstrecke z.B. die im Inselflugverkehr besonders häufig frequentierte Flugstrecke Norddeich - Juist erhöht sich aber von derzeit 38 Euro um mehr als 25 Prozent auf 47,52 Euro. In der Folge ist mit einem Rückgang der Passagierzahlen zu rechnen. Auch der touristische Flugverkehr ist aber Grundvoraussetzung für eine ausreichende Inselversorgung, da die Gästeflüge der Mitbeförderung von Versorgungsgütern, Dienstleistern, Fachkräften etc. dienen. Im Jahr 2009 fanden durch niedersächsische Unternehmen etwa 120 000 Beförderungen zu und von den inländischen Nordseeinseln statt, mit einem überwiegenden Anteil an Freizeit- und Urlaubsgästen.

Der zu erwartende deutliche Rückgang der Passagierzahlen lässt erhebliche negative Folgen für die betroffenen Unternehmen erwarten, die zwangsläufig zu einer Einschränkung des Flugbetriebs bis hin zur Einstellung einzelner Strecken führen müssen. Der wirtschaftliche Betrieb der erforderlichen Infrastruktur wäre nicht mehr sichergestellt. Damit ist der für die Daseinsvorsorge der Inseln unverzichtbare regelmäßige, ganzjährige Flugbetrieb gefährdet.

Die vorgeschlagene Herausnahme des inländischen Inselflugverkehrs für Entfernungen bis 100 km aus der Steuererhebung hat finanziell nur unbedeutende Auswirkungen, sie liegt bei 120 000 Beförderungen pro Jahr bezogen auf die angestrebten Mehreinnahmen von einer Mrd. Euro im Bereich von einem Promille.

14. Zu Artikel 3 (§ 14 Absatz 1, § 55 Absatz 4, § 96 Absatz 3 InsO)

Bei Annahme entfallen Ziffern 15 bis 20.

Artikel 3 ist zu streichen.

Begründung:

Zu Artikel 3 Nr. 1 ( § 14 Absatz 1 InsO):

Die beabsichtigte Änderung des § 14 InsO ist inhaltsgleich mit Artikel 2 Nummer 1 des Entwurfs eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzordnung; der Bundesrat hatte diese Änderung bereits in seiner Stellungnahme vom 23. September 2005 (vgl. BR-Drucksache 618/05(B) HTML PDF , Ziffer 6) aus folgen dennoch immer zutreffenden - Gründen abgelehnt:

"Durch die Änderung wird die Gefahr eines Missbrauchs des Insolvenzantrages ansteigen. Sie eröffnet die Möglichkeit, Insolvenzanträge zur Verfolgung anderer auch rechtlich nicht geschützter - Interessen zu instrumentalisieren. Die Fortführung und Sanierung nur vorübergehend zahlungsschwacher Betriebe wird erheblich gefährdet. Die angestrebte Gesetzesänderung ist systemwidrig und vermag den vor allem auf Seiten der Sozialversicherungsträger in der geschilderten Konstellation aufgetretenen Missstand nicht praktikabel zu beseitigen. Das Insolvenzverfahren setzt ebenso wie die Klage im Zivilprozessverfahren ein rechtliches Interesse des Klägers bzw. Antragstellers voraus. Dieses muss sich im Insolvenzverfahren dahin gehend verdichtet haben, dass der Antragsteller eine konkrete und fällige Forderung gegen den Gemeinschuldner hat, die er nach § 14 Absatz 1 InsO glaubhaft zu machen hat. Erst das Vorhandensein dieser Forderung legitimiert den Antragsteller als Gläubiger des Schuldners, eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger im Sinne des § 1 InsO zu verlangen. Ein Initiativrecht, welches sich allein aus einer bloßen Rechtsbeziehung zum Schuldner ohne eine konkret bestehende Forderung ergibt, kennt das Insolvenzrecht nicht. Eine Fortführung des Insolvenzverfahrens trotz Wegfalls der dem Antrag zu Grunde liegenden Forderung stellt mithin einen Fremdkörper in der bestehenden gesetzlichen Regelung dar, der sich mit dem Ziel der Insolvenzordnung in § 1 InsO, der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger, nicht in Einklang bringen lässt, da der Antragsteller bereits befriedigt ist. Die Neuregelung gibt den Gläubigern wiederkehrender Leistungen stattdessen noch mehr als bisher die Möglichkeit, unter Missachtung des Verfahrenszwecks (§ 1 InsO) den Eröffnungsantrag als Druckmittel gegen den Schuldner und damit als Fortsetzung der Einzelzwangsvollstreckung mit anderen Mitteln zu missbrauchen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Weiterführung des Insolvenzeröffnungsverfahrens eine erhebliche Belastung und Gefährdung des Betriebes des Schuldners mit sich bringt. Das Gericht wirdohne dass ein Insolvenzgrund endgültig feststehen muss beim Vorhandensein von Vermögenswerten Sicherungsmaßnahmen anordnen müssen. Diese bedeuten immer einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Schuldners und können durch ihre Veröffentlichung allein die möglicherweise gar nicht vorhandene Zahlungsunfähigkeit erst herbeiführen, da die Kreditgeber ihre Kredite kündigen werden.

Es ist zu befürchten, dass für die Schuldner eine Entschuldung insbesondere bei vorübergehender Illiquidität unnötig erschwert wird. Ein nicht unerheblicher Teil der Schuldner, der nach Antragstellung durch einen Sozialversicherungsträger die Rückstände ausgleicht, wird später beim Insolvenzgericht nicht wieder aktenkundig. Gerade bei solchen Schuldnern bestünde die Gefahr, dass sie durch die beabsichtigte Verfahrensweise wirtschaftlich ruiniert würden. Zudem wird die Änderung zu einer erheblich größeren Arbeitsbelastung der Insolvenzgerichte führen.

Auf der anderen Seite sind die Sozialversicherungsträger und andere Gläubiger von Dauerschuldverhältnissen bei der derzeit geltenden Regelung ausreichend geschützt durch die Möglichkeit, neu entstandene Forderungen noch nachzuschieben."

Zudem ist der Entwurf für ein Haushaltsbegleitgesetz 2011 nicht der richtige Standort für einen solchen haushaltsneutralen Eingriff in die Insolvenzordnung. Vielmehr bedarf es einer eingehenden Erörterung der Notwendigkeit einer solchen Reform, die sinnvoll und zielführend unter Abwägung der Interessen der Beteiligten Kreise nur im Zusammenhang mit dem Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen erfolgen kann. Die vorgesehene Änderung des § 14 InsO würde insbesondere die erforderliche Einführung eines dem Insolvenzverfahren vorgelagerten Sanierungsverfahrens vereiteln.

Zu Artikel 3 Nummer 2 ( § 55 Absatz 4 InsO):

Die mit dem neu einzufügenden § 55 Absatz 4 InsO verfolgte Änderung des Insolvenzrechts ist abzulehnen. Die Einordnung von Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerverhältnis, die von dem Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, als Masseverbindlichkeit würde zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss aus der Insolvenzmasse führen und damit die mit der Insolvenzordnung angestrebte Wende vom Zerschlagungsprinzip hin zu einer Stärkung des Sanierungsgedankens grundsätzlich in Frage stellen.

Der Bundesrat hatte bereits in seiner 814. Sitzung zum Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung, der ebenfalls eine Regelung zur Aufwertung von bestimmten Verbindlichkeiten aus dem Insolvenzeröffnungsverfahren zu Masseverbindlichkeiten vorsah, wie folgt Stellung genommen (vgl. BR-Drucksache 618/05(B) HTML PDF vom 23. September 2005):

"Die Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Verwaltertypen hat sich in der Praxis auch bewährt und ist mittlerweile etabliert. Durch die vorgeschlagene Neufassung des § 55 Absatz 2 InsO würde diese sachgerechte Differenzierungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Verwaltertypen unterlaufen und entwertet. Eine Aufstufung von Verbindlichkeiten, an deren Entstehung der so genannte schwache Verwalter lediglich durch Zustimmung mitgewirkt hat, zu Masseverbindlichkeiten würde den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gefährden und einen erheblichen Schritt in Richtung einer Gleichschaltung des Eröffnungsverfahrens mit dem eröffneten Insolvenzverfahren mit sich bringen."

Diese Stellungnahme ist weiterhin aktuell. Die durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung zu erwartende Vermehrung von Masseverbindlichkeiten würde die Fortführung von Betrieben bis zur Verfahrenseröffnung akut gefährden. Oftmals verschafft erst der Insolvenzgeldzeitraum dem vorläufigen Verwalter die Möglichkeit, genügend Masse für die Eröffnung des Verfahrens zu erwirtschaften und den Betrieb letztlich ganz oder in Teilen zu erhalten. Auch wenn diese Überlegung sicherlich nicht für jedes Insolvenzeröffnungsverfahren zutrifft, in dem ein so genannter "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wird, könnte die Regelung des § 55 Absatz 4 InsO dazu führen, dass sich dieser dann schon auf Grund seiner Haftung nach § 61 InsO gegen eine Fortführung des Unternehmens entscheiden wird. Bereits jetzt ist die Haftungsfrage nicht selten ein Hindernis für die Fortführung eines Unternehmens. Der vorläufige Insolvenzverwalter trägt das Risiko der Ausfallhaftung für Masseverbindlichkeiten; dieses Risiko wird durch die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Neuregelung verschärft, und der Druck, aus Gründen des Selbstschutzes von einer Betriebsfortführung abzusehen, erhöht. Vermehrte Unternehmensliquidationen mit negativen volkswirtschaftlichen Folgen, die auch die öffentliche Hand träfen, wären die Folge. Aus diesen Gründen ist der vorgeschlagene § 55 Absatz 4 InsO auch mit dem zurzeit in der Diskussion befindlichen Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen nicht in Einklang zu bringen.

Durch die beabsichtigte Änderung würde das deutsche Insolvenzrecht erheblichen Schaden nehmen. Gerade der für die Insolvenzordnung leitende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ("par conditio creditorum") wird in anderen Staaten immer wieder als Vorbild gesehen. Mit Ausnahme des Sozialplanprivilegs nach § 123 Absatz 2 Satz 1 InsO kennt die Insolvenzordnung keine Begünstigungen bestimmter Gläubigergruppen. Schon der Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung (vgl. BR-Drucksache 001/92 , S. 83) hielt insolvenzspezifische Vorzugsstellungen insbesondere ordnungspolitisch für bedenklich und betonte, dass ein einleuchtender Grundgedanke für Vorrechte einzelner Gläubigergruppen nicht gegeben wäre (a. a. O.). Diese Überlegungen gelten auch heute. Die Verabschiedung des neuen § 55 Absatz 4 InsO würde Forderungen anderer Gläubigergruppen nach weiteren Privilegien nach sich ziehen, die das auf Verteilungsgerechtigkeit angelegte System des geltenden Insolvenzrechts nachhaltig und irreparabel beeinträchtigen würden.

Zu befürchten wäre auf Grund der geringeren Quotenerwartung zudem ein Rückgang beim oftmals ohnehin nicht stark ausgeprägten Interesse der Gläubiger an einer Mitwirkung im Insolvenzverfahren.

Zu Artikel 3 Nummer 3 ( § 96 Absatz 3 InsO):

Die mit § 96 Absatz 3 InsO verfolgte Änderung der Insolvenzrechts ist ebenfalls abzulehnen. Die Aufhebung des Aufrechnungsverbots nach § 95 Absatz 1 Satz 3 InsO für den Fiskus würde zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss aus der Insolvenzmasse führen und damit die mit der Insolvenzordnung angestrebte Wende vom Zerschlagungsprinzip hin zu einer Stärkung des Sanierungsgedankens grundsätzlich in Frage stellen. Die Fortführungschancen von insolventen Unternehmen würden akut gefährdet. Vermehrte Unternehmensliquidationen mit entsprechenden volkswirtschaftlichen Folgen, die auch die öffentliche Hand träfen, wären die Folge. Aus diesem Grund ist der vorgeschlagene § 96 Absatz 3 InsO auch mit dem zurzeit in der Diskussion befindlichen Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen nicht in Einklang zu bringen.

Durch die beabsichtigte Änderung würde das deutsche Insolvenzrecht erheblichen Schaden nehmen. Gerade der für die Insolvenzordnung leitende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ("par conditio creditorum") wird in anderen Staaten immer wieder als Vorbild gesehen. Mit Ausnahme des Sozialplanprivilegs nach § 123 Absatz 2 Satz 1 InsO kennt die Insolvenzordnung keine Begünstigungen bestimmter Gläubigergruppen. Schon der Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung (vgl. BR-Drucksache 001/92 , S. 83) hielt insolvenzspezifische Vorzugsstellungen insbesondere ordnungspolitisch für bedenklich und betonte, dass ein einleuchtender Grundgedanke für Vorrechte einzelner Gläubigergruppen nicht gegeben wäre (a. a. O.). Diese Überlegungen gelten auch heute. Die Verabschiedung des § 96 Absatz 3 InsO würde Forderungen anderer Gläubigergruppen nach weiteren Privilegien nach sich ziehen, die das auf Verteilungsgerechtigkeit angelegte System des geltenden Insolvenzrechts nachhaltig und irreparabel beeinträchtigen würden.

Zu befürchten wäre auf Grund der geringeren Quotenerwartung zudem ein Rückgang beim oftmals ohnehin nicht stark ausgeprägten Interesse der Gläubiger an einer Mitwirkung im Insolvenzverfahren.

15. Zu Artikel 3 Nummer 1 (§ 14 Absatz 1 Satz 2 InsO)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14
Bei Annahme von Ziffer 15 entfällt Ziffer 16.

Artikel 3 Nummer 1 ist zu streichen.

Begründung:

Diese beabsichtigte Ergänzung des § 14 Absatz 1 InsO ist inhaltsgleich mit Artikel 2 Nummer 1 des Entwurfs eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzordnung. Der Bundesrat hatte mit Beschluss vom 23. September 2005 - BR-Drs. 618/05(B) HTML PDF , Ziffer 6 - die Änderung aus folgenden, noch immer zutreffenden Gründen abgelehnt:

"Durch die Änderung wird die Gefahr eines Missbrauchs des Insolvenzantrages ansteigen. Sie eröffnet die Möglichkeit, Insolvenzanträge zur Verfolgung anderer auch rechtlich nicht geschützter - Interessen zu instrumentalisieren.

Die Fortführung und Sanierung nur vorübergehend zahlungsschwacher Betriebe wird erheblich gefährdet. Die angestrebte Gesetzesänderung ist systemwidrig und vermag den vor allem auf Seiten der Sozialversicherungsträger in der geschilderten Konstellation aufgetretenen Missstand nicht praktikabel zu beseitigen.

Das Insolvenzverfahren setzt ebenso wie die Klage im Zivilprozessverfahren ein rechtliches Interesse des Klägers bzw. Antragstellers voraus. Dieses muss sich im Insolvenzverfahren dahin gehend verdichtet haben, dass der Antragsteller eine konkrete und fällige Forderung gegen den Gemeinschuldner hat, die er nach § 14 Absatz 1 InsO glaubhaft zu machen hat. Erst das Vorhandensein dieser Forderung legitimiert den Antragsteller als Gläubiger des Schuldners, eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger im Sinne des § 1 InsO zu verlangen. Ein Initiativrecht, welches sich allein aus einer bloßen Rechtsbeziehung zum Schuldner ohne eine konkret bestehende Forderung ergibt, kennt das Insolvenzrecht nicht. Eine Fortführung des Insolvenzverfahrens trotz Wegfalls der dem Antrag zu Grunde liegenden Forderung stellt mithin einen Fremdkörper in der bestehenden gesetzlichen Regelung dar, der sich mit dem Ziel der Insolvenzordnung in § 1 InsO, der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger, nicht in Einklang bringen lässt, da der Antragsteller bereits befriedigt ist. Die Neuregelung gibt den Gläubigern wiederkehrender Leistungen stattdessen noch mehr als bisher die Möglichkeit, unter Missachtung des Verfahrenszwecks (§ 1 InsO) den Eröffnungsantrag als Druckmittel gegen den Schuldner und damit als Fortsetzung der Einzelzwangsvollstreckung mit anderen Mitteln zu missbrauchen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Weiterführung des Insolvenzeröffnungsverfahrens eine erhebliche Belastung und Gefährdung des Betriebes des Schuldners mit sich bringt. Das Gericht wird ohne dass ein Insolvenzgrund endgültig feststehen muss beim Vorhandensein von Vermögenswerten Sicherungsmaßnahmen anordnen müssen. Diese bedeuten immer einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Schuldners und können durch ihre Veröffentlichung allein die möglicherweise gar nicht vorhandene Zahlungsunfähigkeit erst herbeiführen, da die Kreditgeber ihre Kredite kündigen werden.

Es ist zu befürchten, dass für die Schuldner eine Entschuldung insbesondere bei vorübergehender Illiquidität unnötig erschwert wird. Ein nicht unerheblicher Teil der Schuldner, der nach Antragstellung durch einen Sozialversicherungsträger die Rückstände ausgleicht, wird später beim Insolvenzgericht nicht wieder aktenkundig. Gerade bei solchen Schuldnern bestünde die Gefahr, dass sie durch die beabsichtigte Verfahrensweise wirtschaftlich ruiniert würden. Zudem wird die Änderung zu einer erheblich größeren Arbeitsbelastung der Insolvenzgerichte führen.

Auf der anderen Seite sind die Sozialversicherungsträger und andere Gläubiger von Dauerschuldverhältnissen bei der derzeit geltenden Regelung ausreichend geschützt durch die Möglichkeit, neu entstandene Forderungen noch nachzuschieben."

Zudem ist der Entwurf für ein Haushaltsbegleitgesetz 2011 nicht der richtige

Standort für einen solchen haushaltsneutralen Eingriff in die Insolvenzordnung. Vielmehr bedarf es einer eingehenden Erörterung der Notwendigkeit einer solchen Reform, die sinnvoll und zielführend unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise nur im Zusammenhang mit dem Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen erfolgen kann.

16. Zu Artikel 3 Nummer 1 ( § 14 Absatz 1 InsO)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14 oder 15

In Artikel 3 Nummer 1 ist der dem § 14 Absatz 1 anzufügende Satz wie folgt zu fassen:

"Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass nach Antragstellung die Forderung erfüllt wird."

Begründung:

Durch die bisher gewählte Formulierung, "...dass der Schuldner nach Antragstellung die Forderung erfüllt" wird nur ein einzelner Teilbereich möglicher Erfüllungsarten nach Antragstellung abgedeckt. Es würden sich für den Schuldner Umgehungsmöglichkeiten ergeben, indem die Zahlungen beispielsweise nicht durch den Schuldner selbst, sondern durch einen Dritten erbracht werden. Um diesbezügliche Streitigkeiten zu vermeiden, ist in Anlehnung an die Formulierung zu dem Gesetzesentwurf zur Entschuldung mittelloser Personen (BT-Drucksache 016/7416) die oben genannte Formulierung zu wählen.

17. Zu Artikel 3 Nummer 2 ( § 55 Absatz 4 InsO)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14

Artikel 3 Nummer 2 ist zu streichen.

Begründung:

Die mit § 55 Absatz 4 InsO-E verfolgte Änderung des Insolvenzrechts ist abzulehnen. Die Einordnung von Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerverhältnis, die von dem Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, als Masseverbindlichkeit würde zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss aus der Insolvenzmasse führen und damit die mit der Insolvenzordnung angestrebte Wende vom Zerschlagungsprinzip hin zu einer Stärkung des Sanierungsgedankens grundsätzlich in Frage stellen.

Der Bundesrat hat bereits in seiner 814. Sitzung am 23. September 2005 - vgl. BR-Drs. 618/05(B) HTML PDF , Begründung zu Ziffer 7 - beschlossen, zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung, der ebenfalls eine Regelung zur Aufwertung von bestimmten Verbindlichkeiten aus dem Insolvenzeröffnungsverfahren zu Masseverbindlichkeiten vorsah, wie folgt Stellung zu nehmen:

Diese Stellungnahme ist weiterhin aktuell. Die durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung zu erwartende Vermehrung von Masseverbindlichkeiten würde die Fortführung von Betrieben bis zur Verfahrenseröffnung akut gefährden. Oftmals verschafft erst der Insolvenzgeldzeitraum dem vorläufigen Verwalter die Möglichkeit, genügend Masse für die Eröffnung des Verfahrens zu erwirtschaften und den Betrieb letztlich ganz oder in Teilen zu erhalten. Auch wenn diese Überlegung sicherlich nicht für jedes Insolvenzeröffnungsverfahren zutrifft, in dem ein so genannter "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wird, könnte die Regelung des § 55 Absatz 4 InsO-E dazu führen, dass sich dieser dann schon aufgrund seiner Haftung nach § 61 InsO gegen eine Fortführung des Unternehmens entscheiden wird. Bereits jetzt ist die Haftungsfrage nicht selten ein Hindernis für die Fortführung eines Unternehmens. Der vorläufige Insolvenzverwalter trägt das Risiko der Ausfallhaftung für Masseverbindlichkeiten; dieses Risiko wird durch die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Neuregelung verschärft, und der Druck, aus Gründen des Selbstschutzes von einer Betriebsfortführung abzusehen, erhöht. Vermehrte Unternehmensliquidationen mit negativen volkswirtschaftlichen Folgen, die auch die öffentliche Hand träfen, wären die Folge. Aus diesen Gründen ist § 55 Absatz 4 InsO-E auch mit dem zurzeit in der Diskussion befindlichen Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen nicht in Einklang zu bringen.

Durch die beabsichtigte Änderung würde das deutsche Insolvenzrecht erheblichen Schaden nehmen. Gerade der für die Insolvenzordnung leitende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ("par conditio creditorum") wird in anderen Staaten immer wieder als Vorbild gesehen. Mit Ausnahme des Sozialplanprivilegs nach § 123 Absatz 2 Satz 1 InsO kennt die Insolvenzordnung keine Begünstigungen bestimmter Gläubigergruppen. Schon der Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung (BT-Drs. 012/2443, S. 83) hielt insolvenzspezifische Vorzugsstellungen insbesondere ordnungspolitisch für bedenklich und betonte, dass ein einleuchtender Grundgedanke für Vorrechte einzelner Gläubigergruppen nicht gegeben wäre (a.a. O.). Diese Überlegungen gelten auch heute. Die Verabschiedung des § 55 Absatz 4 InsO-E würde Forderungen anderer Gläubigergruppen nach weiteren Privilegien nach sich ziehen, die das auf Verteilungsgerechtigkeit angelegte System des geltenden Insolvenzrechts nachhaltig und irreparabel beeinträchtigen würden.

Zu befürchten wäre aufgrund der geringeren Quotenerwartung zudem ein Rückgang beim oftmals ohnehin nicht stark ausgeprägten Interesse der Gläubiger an einer Mitwirkung im Insolvenzverfahren.

18. Zu Artikel 3 Nummer 3 ( § 96 Absatz 3 InsO)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14

Artikel 3 Nummer 3 ist zu streichen.

Begründung:

Die mit § 96 Absatz 3 InsO-E verfolgte Änderung der Insolvenzrechts ist abzulehnen. Die Aufhebung des Aufrechnungsverbotes nach § 95 Absatz 1 Satz 3 InsO für den Fiskus würde zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss aus der Insolvenzmasse führen und damit die mit der Insolvenzordnung angestrebte Wende vom Zerschlagungsprinzip hin zu einer Stärkung des Sanierungsgedankens grundsätzlich in Frage stellen. Die Fortführungschancen von insolventen Unternehmen würden akut gefährdet. Vermehrte Unternehmensliquidationen mit entsprechenden volkswirtschaftlichen Folgen, die auch die öffentliche Hand träfen, wären die Folge. Aus diesem Grund ist § 96 Absatz 3 InsO-E auch mit dem zurzeit in der Diskussion befindlichen Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen nicht in Einklang zu bringen.

Durch die beabsichtigte Änderung würde das deutsche Insolvenzrecht erheblichen Schaden nehmen. Gerade der für die Insolvenzordnung leitende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ("par conditio creditorum") wird in anderen Staaten immer wieder als Vorbild gesehen. Mit Ausnahme des Sozialplanprivilegs nach § 123 Absatz 2 Satz 1 InsO kennt die Insolvenzordnung keine Begünstigungen bestimmter Gläubigergruppen. Schon der Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung (BT-Drs. 012/2443, S. 83) hielt insolvenzspezifische Vorzugsstellungen insbesondere ordnungspolitisch für bedenklich und betonte, dass ein einleuchtender Grundgedanke für Vorrechte einzelner Gläubigergruppen nicht gegeben wäre (a.a. O.). Diese Überlegungen gelten auch heute. Die Verabschiedung des § 96 Absatz 3 InsO-E würde Forderungen anderer Gläubigergruppen nach weiteren Privilegien nach sich ziehen, die das auf Verteilungsgerechtigkeit angelegte System des geltenden Insolvenzrechts nachhaltig und irreparabel beeinträchtigen würden.

Zu befürchten wäre aufgrund der geringeren Quotenerwartung zudem ein Rückgang beim oftmals ohnehin nicht stark ausgeprägten Interesse der Gläubiger an einer Mitwirkung im Insolvenzverfahren.

19. Zu Artikel 3 (Insolvenzordnung)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Änderungen der Insolvenzordnung um Maßnahmen zur Erschwerung der insolvenzrechtlichen Anfechtung bereits vereinnahmter Steuerforderungen ergänzt werden können.

Begründung:

Durch die bisher im Entwurf enthaltenen Änderungen der InsO wird eine wirtschaftliche Gleichstellung aller Gläubiger nicht erreicht. Der öffentlichen Hand erwachsen insbesondere auch durch die seit Geltung der InsO eingeführten Anfechtungsmöglichkeiten der Insolvenzverwalter, die die Rückforderung von (Steuer-)Zahlungen bis zu einem Zeitraum von 10 Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglichen, erhebliche Nachteile im Vergleich zu anderen Gläubigern.

Die anfechtungsfreundliche Rechtsprechung des BGH hat die Beweisführung des Insolvenzverwalters im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu Lasten der Finanzämter dergestalt erleichtert, dass dieser neben der Benachteiligung anderer Gläubiger lediglich belegen muss, dass das Finanzamt Umstände kannte, aus denen sich die ernsthafte Besorgnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ergibt. Die Finanzämter haben insoweit eine schwierige Position, da es in der Natur der Sache liegt, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit (insbesondere auch aus der Bearbeitung von Billigkeitsanträgen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften) generell mehr Informationen über die wirtschaftliche Lage des späteren Insolvenzschuldners haben als andere Gläubiger.

Die derzeitigen Regelungen zur Insolvenzanfechtung lassen damit völlig außer acht, dass die Steuerverwaltung anders als andere Gläubiger als gesetzlich gebundene Verwaltung nicht der Privatautonomie und damit allein wirtschaftlich orientiertem Handeln verpflichtet ist. Rein wirtschaftlich motiviertes Handeln der Verwaltung nur im Interesse der Haushalte ist damit ausgeschlossen. Dementsprechend ist die damit verbundene Gläubigerbenachteiligungsabsicht auch nicht Zielkomponente staatlichen Handelns. Die das Anfechtungsrecht tragenden Gründe greifen bei gesetzesgebundener Verwaltung also gerade nicht.

Die Anfechtungsregelungen sollten im Ergebnis die besondere Pflichtensituation des Staates berücksichtigen, damit auch insoweit eine Gleichstellung mit reinen Wirtschaftssubjekten erreicht wird. Eine sachdienliche Neuregelung könnte dabei zum Beispiel darauf abstellen, dass eine Gläubigerbenachteiligung bei Entscheidungen staatlicher Stellen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nach dem Beweis des ersten Anscheins nicht gegeben ist, es sei denn, diese Verhaltensmotivation ließe sich anhand eines konkreten Verwaltungshandelns nachweisen ("Beweislastumkehr").

20. Zu Artikel 3 (Insolvenzordnung)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 14

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Änderungen der Insolvenzordnung um Maßnahmen zur Erschwerung der insolvenzrechtlichen Anfechtung von Lohnsteuerzahlungen in der Insolvenz des Arbeitgebers ergänzt werden können.

Begründung:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der Zahlung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber an das Finanzamt um eine Leistung aus dem eigenen Vermögen des Arbeitgebers, die den allgemeinen insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln unterliegt, obwohl der Arbeitgeber die geschuldete Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und diese gegenüber dem Finanzamt anzumelden und abzuführen hat. Im Falle der Insolvenzanfechtung liegt der Steuerausfall des Fiskus darin, dass die vom Insolvenzverwalter angefochtenen und zur Insolvenzmasse ausgezahlten Lohnsteuern bei den Einkommensteuerveranlagungen der Arbeitnehmer angerechnet werden.

An das Finanzamt gezahlte Lohnsteuern sollten, weil es sich um die Entrichtung von Fremdgeldern durch den Arbeitgeber handelt, von der Möglichkeit der Insolvenzanfechtung ausgenommen werden.

21. Zu Artikel 6 Nummer 1 Buchstaben c und d (§ 54 Absatz 2 und 3 EnergieStG) Nummer 2 Buchstaben b und c (§ 55 Absatz 2 und 3 EnergieStG),
zu Artikel 7 Nummer 2 ( § 9b Absatz 2 StromStG), Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und Buchstabe b (§ 10 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 StromStG)
Zu Artikel 8 (StromStV)

Bei Annahme entfallen Ziffern 22 und 23.

Begründung:

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die im Haushaltsbegleitgesetz 2011 vorgesehenen Maßnahmen im Energie- und Stromsteuergesetz weit über die in den Sparbeschlüssen angekündigte "Beseitigung von Mitnahmeeffekten" hinausgehen. Er bittet daher die Bundesregierung, die Energie- und Stromsteuer bei Erhalt der Missbrauchsregelungen auf das bisherige Niveau zurückzufahren.

Zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes 2011 erwartet der Bund mit der Minderung der Ausgleichsregelungen im Energie- und Stromsteuergesetz ein erhöhtes Steueraufkommen in Höhe von 1,34 Mrd. Euro im Jahr 2011, 1,16 Mrd. Euro im Jahr 2012 und 1,50 Mrd. Euro jährlich ab dem Jahr 2013, die die Unternehmen durch Mehrkosten belasten. Dieses Steueraufkommen stellt für die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes eine Verteuerung der Energie und so eine ernste Gefahr für den langfristigen Fortbestand der noch intakten Industrie-Wertschöpfungsketten in Deutschland dar, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund weiterer Preissteigerungen durch die Erhöhung der EEG-Umlage sowie des EU-Emissionshandels.

Die Energiekosten sind ein wesentlicher Standortfaktor. Eine Verschärfung der Energie- und Stromsteuer bedroht nachhaltig den wirtschaftlichen Aufschwung durch eine verminderte Fähigkeit der Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Sie steht im Übrigen nicht mit der politischen Zusage der Bundesregierung überein, bis zum Jahr 2012 keine Erhöhung der Ökosteuer vorzunehmen. Es muss verhindert werden, dass wichtige Teile der Industrie neue Zusatzlasten aufgebürdet bekommen. Vielmehr muss alles dafür getan werden, dass sich der konjunkturelle Aufschwung verstetigt.

Die Minderung der Ausgleichsregelungen im Energie- und Stromsteuergesetz wirken für viele Unternehmen des Produzierenden Gewerbes Existenz gefährdend. Im Einzelfall können die Mehrkosten für Strom- und Energiesteuer insbesondere für energieintensive Unternehmen bis zum Siebenfachen im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr betragen und sind für viele nicht mehr finanzierbar.

22. Zu Artikel 6 Nummer 1 und 2 (§ 54 Absatz 2 und 3, § 55 Absatz 2 und 3 EnergieStG) Artikel 7 Nummer 2 und 3 (§ 9b Absatz 2, § 10 StromStG)

Entfällt bei Annahme von Ziffer 21
Bei Annahme entfällt Ziffer 23.

Begründung:

Bei einer Einschränkung der Ökosteuer-Ermäßigungen, die die damalige Regierungskoalition im Rahmen der sog. ökologischen Steuerreform aus Wettbewerbsgründen eingeführt hat, muss dargelegt und nachgewiesen werden, dass diese Gründe heute nicht mehr in dem damals für erforderlich gehaltenen Umfang bestehen. Die Hintergründe und Ziele, mit denen die Einführung dieser Steuerbegünstigungen gerechtfertigt wurde, müssen betrachtet und abgewogen werden. Dies ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung - von der Einschränkung der Missbrauchsfälle beim Contracting abgesehen - nicht geschehen. Insbesondere die den vorgesehenen Einschränkungen zugrunde liegende Annahme, dass Unternehmen mit einem geringeren Energiebedarf nicht im internationalen Wettbewerb stünden und somit eine Steuerbelastung in nennenswertem Umfang hinnehmen könnten, ist zu hinterfragen.

Darüber hinaus ist auch eine Bewertung der Maßnahmen, die für die Mehrheit der produzierenden Unternehmen mit einer wesentlichen Erhöhung ihrer Energiekosten verbunden sind, auf ihre konjunkturelle Verträglichkeit hin erforderlich. Deutschland ist, soweit aus den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes ersichtlich, auf gutem Weg aus der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Die zweifellos notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt müssen aber gerade wegen der noch keineswegs stabilen wirtschaftlichen Situation in sich stimmig und konjunkturgerecht sein.

Der Änderungsvorschlag zielt auf eine Beschränkung der Gesetzesänderungen auf die bestehenden Missbrauchsfälle beim Contracting ab. Auf die entsprechenden Missstände hat bereits der Präsident des Bundesrechnungshofes in seiner Eigenschaft als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung in einem Bericht vom 23. November 2009 hingewiesen.

Die geltenden Steuerbegünstigungen, also die Steuersatzermäßigungen mit den geltenden Sockelbeträgen und der Spitzenausgleich, in den übrigen Fällen bleiben demgegenüber unverändert bestehen. Ein Missbrauchsvorwurf kann gegenüber diesen Regelungen nicht erhoben werden. Vielmehr kann nur so den wirtschaftspolitischen Erfordernissen des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der zu einem wesentlichen Teil im internationalen Wettbewerb steht, Rechnung getragen werden. Regelmäßig sind nämlich energieintensive Unternehmen betroffen, die bereits unter den geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen bei der Kostensituation der inländischen Produktion an die wirtschaftlichen Grenzen stoßen. Dieser Bereich der deutschen Wirtschaft darf nicht mit zusätzlichen Kosten belastet werden. Diese Unternehmen brauchen vielmehr ein positives Signal für die Beibehaltung ihrer Produktion im Inland.

23. Zu Artikel 6 (EnergieStG) und zu Artikel 7 (StromStG) allgemein

Entfällt bei Annahme von Ziffer 21 oder 22

24. Zu den Artikeln 6 und 7 (Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes)

26. Zu Artikel 6 (EnergieStG) und zu Artikel 7 (StromStG) allgemein

Die Bundesregierung wird gebeten, im weiteren Verfahren der Umsetzung des HBeglG 2011 zu prüfen, ob es zum Schutz der stark im internationalen Wettbewerb stehenden deutschen Grundstoffindustrie erforderlich ist, eine Verwaltungsanweisung zu erlassen, die den Umfang der begünstigten Verfahren und Prozesse im Sinne des § 51 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b EnergieStG und § 9a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 StromStG dahingehend erweitert, dass sowohl mittelbar als auch unmittelbar zur Wärmeerzeugung verwendete Energieverbräuche in die Entlastung einbezogen werden.

Begründung:

Die bisherige Debatte zum Haushaltsbegleitgesetz 2011, welches zum Ziel hat,

die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und das Wachstum nachhaltig zu fördern, hat erneut deutlich gemacht, dass berechtigte Anstöße zum Abbau von Subventionen, die im Haushaltsbegleitgesetz 2011 unter anderem dadurch umgesetzt werden sollten, dass die Förderung der energieintensiven Industrie durch Änderung des Stromsteuergesetzes abgebaut wird, immer dann in ihr Gegenteil geführt werden, wenn die betroffenen energieintensiven Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen und die betroffenen Unternehmen die durch den Abbau von Förderungen entstehenden Kosten nicht in ihr Produkt einpreisen können.

Das ist insbesondere der Fall bei Produzenten von börsennotierten Metallen wie zum Beispiel Kupfer, Aluminium oder Stahl. Die Metallpreise werden an internationalen Börsenplätzen festgestellt und sind unbeeinflusst von fiskalisch motivierten Aufschlägen auf die Energiepreise. Da die Industriestrompreise in der Bundesrepublik im internationalen Vergleich schon eine hohe Hürde an die Wettbewerbsfähigkeit derartiger Unternehmen der Grundstoffindustrie darstellen, sollte eine Zusatzbelastung durch haushaltspolitisch motivierte Aufschläge verhindert werden.

Die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom lässt dies in seiner Begründung ausdrücklich zu:

(28): Bestimmte Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen könnten sich vor allem wegen der unzureichenden Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene, wegen der Gefahr einer niedrigeren Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene oder aus sozialen oder umweltpolitischen Erwägungen als erforderlich erweisen."

Der Erlass einer dieser Zielsetzung Rechnung tragenden Verwaltungsanweisung könnte ein Weg sein, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie nicht neuen Schwierigkeiten mit ungewünschten Folgen auszusetzen.

27. Zu den Artikeln 6 und 7 (Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes) *)

Der Bundesrat stellt mit Sorge fest, dass die steuerliche Begünstigung von Energie-Contracting stark eingeschränkt wird.

Das Ziel der Bundesregierung, Mitnahmeeffekte durch Schein-Contracting zu unterbinden, wird vom Bundesrat ausdrücklich unterstützt. Bei der weiteren Ausgestaltung des Energiesteuergesetzes und des Stromsteuergesetzes ist jedoch auf eine sachgerechte Ausgestaltung der entsprechenden Regelungen hinzuwirken, um ein sowohl ökonomisch als auch ökologisch erfolgreiches Energie-Contracting zur Erschließung von Energieeffizienzpotenzialen weiter zu entwickeln.

Das Energie-Contracting ist ein wirksames und marktkonformes Instrument zur Steigerung der Energieeffizienz. Es leistet einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der nationalen und internationalen Energie- und Klimaschutzziele.

Die Bekämpfung des unbestrittenen Missbrauchs der bisherigen Regelungen durch Schein-Contracting, bei dem marktfremde Anbieter durch reine Vertragsgestaltung dem begünstigten Unternehmerkreis beitreten, ohne selbst energetische Umwandlungen von Primär- in Nutzenergie zu betreiben, darf nicht dazu führen, das Energie-Contracting durch Einschränkung der steuerlichen Begünstigungen grundsätzlich zu gefährden.

28. Zu Artikel 6 (EnergieStG) und zu Artikel 7 (StromStG) allgemein *)

Darüber hinaus bittet der Bundesrat, die beabsichtigte Einschränkung der Steuerermäßigungen für das Energie-Contracting noch einmal zu überprüfen. Die steuerliche Begünstigung sollte weiterhin möglich sein, wenn Energiedienstleistungen zu signifikanten Verbesserungen der Energieeffizienz führen und Energiedienstleistungsunternehmen bestimmte Kriterien hinsichtlich Investition, Erhöhung der Energieeffizienz und Übernahme von Risiken erfüllen.

29. Zu Artikel 7 (StromStG) und Artikel 8 (StromStV)

Der Bundesrat fordert im Interesse der betroffenen Unternehmen die Bundesregierung auf, zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Steuervergütung zeitnah die Stromsteuer-Durchführungsverordnung anzupassen.

Begründung:

Mit Aufhebung von § 9 Absatz 3 des Stromsteuergesetzes geht eine Vielzahl von Verweisen in der Stromsteuer-Durchführungsverordnung ins Leere. Dies beschränkt sich nicht allein auf § 17. Damit es nicht zu Nachteilen für die betroffenen Unternehmen kommt, ist eine zeitnahe Anpassung unabdingbar.

30. Zu Artikel 13 Nummer 1 und 2 (§ 2 Absatz 1 Satz 2,

Absatz 2 Satz 2, Absatz 7 Satz 1 und 2 und § 10 Absatz 5 BEEG)

Der Bundesrat hält es für besonders dringlich, dass das Inkrafttreten der Änderungen zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz im Interesse der Eltern und der mit dem Vollzug befassten Länder mit einer Stichtagsregelung für Neufälle verbunden wird.

Der Bundesrat fordert, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eine Übergangsregelung durch die Aufnahme einer Stichtagsregelung, abhängig von dem Geburtstag des Kindes, zu schaffen, die den Eingriff in laufende Fälle vermeidet. Dadurch würde den Belangen der Vollzugsstellen und der Akzeptanz der anstehenden Rechtsänderungen bei den betroffenen Eltern Rechnung getragen und gewährleistet, dass das Elterngeld weiterhin als eine erfolgreiche, bürgernahe Familienleistung in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Begründung:

Sollte ein unmittelbares Inkrafttreten zum 1. Januar 2011 erfolgen, müssten dementsprechend die betroffenen Fälle mit hohem Aufwand ermittelt und Änderungsbescheide erlassen werden. In einer Vielzahl von Fällen wird es zu Überzahlungen und entsprechenden Rückforderungen kommen. Mit einer großen Anzahl von Widerspruchsfällen, ggf. anschließenden Klageverfahren sowie mit erheblichem Unverständnis für die komplexe Konstellation in der Öffentlichkeit ist zu rechnen.

31. Zu Artikel 13 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 2 Absatz 7 Satz 2 BEEG)

In Artikel 13 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb sind in § 2 Absatz 7 Satz 2 die Wörter "oder pauschal besteuerte" zu streichen.

Begründung:

Die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigten Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes werden dem Grundsatz sozialer Ausgewogenheit nicht gerecht.

Die Nichtberücksichtigung von pauschal besteuerten Einnahmen bei der Berechnung des Elterngeldes benachteiligt Erwerbstätige mit geringen Einkommen. Dies ist nicht nur sozialpolitisch verfehlt, sondern zugleich gleichstellungspolitisch bedenklich. Betroffen wären von dieser Regelung vor allem Frauen, da sie überproportional häufig geringfügig beschäftigt sind.

Aus der Begründung des Gesetzentwurfes erschließt sich nicht, aus welchen Gründen den im Niedriglohnbereich Beschäftigten die "Anerkennung der Erziehungsleistung" zukünftig verwehrt werden soll.

B