Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011
(HBeglG 2011)

Punkt 5 der 875. Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober 2010

Der Bundesrat möge beschließen:

A. Zur grundsätzlichen Kritik am Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2011

Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung mit dem Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der die Anforderungen an eine sozial ausgewogene und nachhaltige Haushaltskonsolidierung nicht erfüllt.

Während die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise weitestgehend verschont bleiben, entfällt ein wesentlicher Teil der Sparmaßnahmen auf die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Für die Folgen der Finanzkrise müssen nach dem Gesetzentwurf vor allem Alleinerziehende, Rentnerinnen und Rentner, Familien mit niedrigem Einkommen, Kinder und Jugendliche aufkommen, die einen Großteil der Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausmachen.

Durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung wird die Binnennachfrage geschwächt und der Aufschwung gefährdet. Sinnvoll wäre stattdessen, die Finanzierung der Krisenkosten und der Haushaltskonsolidierung nach dem Verursacher- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip auszurichten. Die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer wäre eine Möglichkeit, die Lasten gerechter auszugestalten. Neben dem fiskalischen Effekt bewirkt diese Steuer auch, dass von der Realwirtschaft losgelöste Spekulationen auf den Finanzmärkten eingedämmt werden.

Der Bundesrat lehnt den Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 daher ab. Er fordert die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und eine sozial ausgeglichene Planung zur Haushaltskonsolidierung vorzulegen, die weder bestimmte Bevölkerungsschichten, noch bestimmte Branchen einseitig belastet. Gleichwohl müssen besonders Leistungsfähige, sei es aufgrund ihrer Einkommens- oder Vermögenssituation in besonderem Maße zur Finanzierung der Krisenlasten und der Haushaltskonsolidierung beitragen.

B. Zur Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 2011

Die Eingangsformel ist wie folgt zu fassen:

"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:"

Begründung:

Der Gesetzentwurf ändert eine Vorschrift des Wohngeldgesetzes, die ihrerseits eine Zustimmungspflicht auslösen würde, denn allein die Einführung der Heizkostenkomponente hätte zur Zustimmungspflichtigkeit des betreffenden Gesetzes geführt. Ändert ein Gesetz eine Regelung, die die Zustimmungspflicht auslöst, so bedarf auch dieses Änderungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates.

Gemäß Artikel 104a Absatz 4 des Grundgesetzes (allgemeigg_ges.htm ) bedürfen Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind. Mit dem Wegfall der Heizkostenkomponente wird ein nicht ausreichend genau ermittelbarer Teil der Haushalte, die durch die Leistungskürzungen keinen Wohngeldanspruch mehr haben, künftig Arbeitslosengeld II bzw. Leistungen nach dem SGB XII beziehen. Dadurch werden sich nicht hinreichend genau quantifizierbare Mehrbelastungen für die kommunalen Haushalte ergeben (s. auch Begründung, Abschnitt A. "Allgemeiner Teil" Teil IV. "Finanzielle Auswirkungen" Nummer 2, Seite 35 des Gesetzentwurfs).

Das Grundgesetz behandelt die Kommunen unbeschadet ihrer verfassungsrechtlichen Autonomie als Glieder des betreffenden Landes und rechnet ihre Ausgaben und Aufgaben denen des Landes zu. Kommunen gelten staatsorganisationsrechtlich als Teil der Länder (vgl. Epping-Hillgruber, Kommentar zum Grundgesetz, Artikel 104a Rdnr. 8; Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Artikel 104a Rdnr. 15; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf-Henneke, Artikel 104a Rdnr. 18).

Bei dieser ganzheitlichen Betrachtung des staatorganisatorischen Gefüges ist jedes Bundesgesetz, das Kostenfolgen für die Kommunen auslöst, gleichzeitig Kostenauslöser für die Länder. Durch die Streichung der Heizkostenkomponente mit der Kostenfolge für die kommunalen und damit staatsorganisationsrechtlich (Länder-)Haushalte wird mithin eine Kostenpflicht zur Erbringung von Geldleistungen gegenüber SGB II-Empfängern, die ihren Bedarf mit Wohngeld wegen der Streichung nicht mehr decken können, begründet.

Damit sind die durch die Änderung des Wohngeldgesetzes bzw. das Haushaltsbegleitgesetz 2011 entstehenden Ausgaben von den Ländern zu tragen, so dass die Voraussetzungen des Artikels 104a Absatz 4 GG vorliegen. Das beabsichtigte Gesetz bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates.

C. Sanierung und Konsolidierung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen

Die Sanierung der öffentlichen Haushalte stellt für alle politischen Ebenen eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Die strukturelle Konsolidierung ist für eine solide Finanzpolitik, für die Handlungsfähigkeit des Staates und mit Blick auf die Generationengerechtigkeit unabdingbar. Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt und die nationale Schuldenbremse verpflichten den Bund zur Reduzierung seines strukturellen Defizits auf 0,35 Prozent des BIP im Jahr 2016. Mit dem Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 legt der Bund ein Maßnahmenpaket vor, das der Konsolidierung dienen soll. Der Bundesrat stellt fest, dass für die Erreichung des von der Bundesregierung angestrebten Konsolidierungsziels noch erhebliche Risiken bestehen.

Seit Ende 2008 wurden die Steuern um dauerhaft 36 Mrd. Euro abgesenkt, 2011 werden sogar Mindereinnahmen von 39 Mrd. Euro erreicht. Die Länder und Kommunen sind hiervon mit rd. 20 Mrd. Euro, der Bund mit rd. 19 Mrd. Euro betroffen. Die vorgenommenen Steuersenkungen haben das zukünftig abzubauende strukturelle Defizit erheblich erhöht. Einen Spielraum für Steuerentlastungen gibt es nicht.

Der Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes sieht neue Steuern ausschließlich zu Gunsten des Bundes vor und erhöht bereits bestehende Bundessteuern. Einschließlich der Kernbrennstoffbesteuerung betragen die Mehreinnahmen des Bundes rd. 5 Mrd. Euro. Die Mehreinnahmen des Bundes werden in den Ländern und Kommunen zu steuerlichen Mindereinnahmen führen. Der Bundesrat stellt fest, dass infolge dieser einseitig ausgerichteten Finanzpolitik sich die einnahmeseitigen Rahmenbedingungen für Länder und Kommunen für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer verfassungsgemäßen Aufgaben und für die Erfüllung der Vorgaben der Schuldenbremse gem. Art. 109 Abs. 3 GG weiter verschlechtern.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass auch die Entlastungsmaßnahmen für den Bund zu negativen Rückwirkungen auf die Haushalte von Ländern, Kommunen und der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme führen. Auch dies erschwert den Ländern den Weg zur Einhaltung des ihnen verfassungsrechtlich vorgegebenen Neuverschuldungsverbots.

Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass das Haushaltbegleitgesetz 2011 für die kommunale Ebene zu einer Haushaltsentlastung in 2011 in Höhe von 45 Mio. Euro, in 2012 und 2013 in Höhe von 47 Mio. Euro und in 2014 in Höhe von 37 Mio. € führen wird. Die Betrachtung der finanziellen Auswirkungen für die kommunalen Haushalte klammert indes wesentliche Aspekte aus. Der in Artikel 18 des Gesetzentwurfs vorgesehene Wegfall der Versicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Rentenversicherung wird zu einer Verschiebung von finanziellen Lasten vom Bund auf die Kommunen durch einen Anstieg der Aufwendungen im Bereich der Grundsicherung im Alter führen. Durch den Wegfall der Heizkostenkomponente im Wohngeldgesetz (Artikel 21 des Gesetzentwurfs) müssen die Kommunen mit zusätzlichen Aufwendungen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende rechnen. Die sich hieraus ergebenden Mehrbelastungen werden im Gesetzentwurf zwar angesprochen, jedoch zahlenmäßig nicht quantifiziert. Die Berechnung der finanziellen Auswirkungen für die kommunalen Haushalte ist damit in wesentlichen Punkten unvollständig. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, im weiteren Gesetzgebungsverfahren vollständige und valide Angaben zu den tatsächlichen finanziellen Auswirkungen auf die kommunale Ebene zu machen.

Knappe Finanzmittel und die Notwendigkeit zur nachhaltigen Konsolidierung der Haushalte erfordern Entscheidungen über Prioritäten. Die eng begrenzten Spielräume für zusätzliche Ausgaben sollten vorrangig investiv, für zukunftsorientierte und auf Dauer wachstumsstärkende Maßnahmen genutzt werden. Dazu zählen auch Ausgaben für Bildung und Forschung. Länder und Kommunen tragen in Deutschland den weitaus größten Anteil an den öffentlichen Bildungsausgaben und leisten trotz vielfach sehr knapper finanzieller Möglichkeiten einen maßgeblichen Beitrag in diesem Bereich. Die Finanzierung von im Rahmen der Qualifizierungsinitiative erforderlichen Mehrausgaben kann durch die Länder bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse mit den vorhandenen Ressourcen nicht sichergestellt werden. Der Bundesrat bekräftigt daher die Erwartung, dass der Bund die Länder neben den von ihm geplanten zusätzlichen Bildungsausgaben im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung mit zusätzlichen Umsatzsteuermitteln unterstützt.

D. Zu den sozial unausgewogenen Einzelmaßnahmen im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2011

Der Bundesrat stellt fest, dass die geplante Konsolidierung des Bundeshaushalts weder ausgewogen noch nachhaltig ist. Besonders kritisch sind vor allem die folgenden geplanten Maßnahmen zu sehen:

1 Zur Aufhebung der Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes bei Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Artikel 13 des Gesetzentwurfs):

Der Bundesrat lehnt die in Artikel 13 des Gesetzentwurfs vorgesehenen Änderungen ab, soweit sie zu Kürzungen beim Elterngeld oder bei anderen Sozialleistungen führen.

Begründung:

Das Elterngeld wurde erst vor drei Jahren mit großem finanziellen (und medialen) Aufwand u.a. mit dem Ziel eingeführt, auch Eltern zu unterstützen, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren. Der Mindestbeitrag von 300 Euro sollte dem Ausgleich für finanzielle Einschränkungen in den ersten Lebensmonaten des Kindes sowie der Anerkennung der Betreuungsleistung auch für die Eltern dienen, die andere, einkommensabhängige Sozialleistungen beziehen. Durch die geplante Aufhebung fällt für Eltern im SGB II-Leistungsbezug ein bislang anrechnungsfreies Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich weg. Das bedeutet für diese Personengruppe eine Schlechterstellung während der Elternzeit im Vergleich zu den Eltern, die sich nicht im SGB II-Leistungsbezug befinden. Effektiv haben die Eltern, die während der Elternzeit Grundsicherungsleistungen beziehen, keine zusätzlichen Geldmittel zur Verfügung, da nunmehr das Elterngeld in voller Höhe als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigt wird.

Das verfügbare Haushaltseinkommen von Familien mit Bezug von Leistungen nach dem SGB II reduziert sich im ersten Jahr nach der Geburt um bis zu 3.600 Euro. Im Vergleich zur aktuellen Rechtslage hätten diese Familien schätzungsweise bis zu 20 Prozent weniger Haushaltseinkommen zur Verfügung, Alleinerziehende sogar bis zu 30 Prozent. Kinderzuschlagsberechtigte Haushalte müssten Verluste von bis zu 140 Euro je Monat verkraften. In der Folge ist mit einem weiteren Anstieg der Armutsrisikoquote zu rechnen.

Zur Begründung, allen Familien, die Leistungen der Grundsicherung beziehen, das Elterngeld in Höhe von 300 Euro vollständig zu streichen, heißt es, das Elterngeld solle Berufstätigen die Entscheidung für ein Kind erleichtern und den Verlust von Arbeitseinkommen zumindest zum Teil ausgleichen. Nach dieser Logik müsste die Bundesregierung allen Müttern und allen Vätern das Elterngeld streichen, die nicht berufstätig waren. Genau das tut sie aber nicht. Hausmänner oder Hausfrauen, die Frau eines Investmentbankers oder Studierende bekommen weiter 300 Euro im Monat. Die Mutter, die von Hartz IV lebt, bekommt nichts. Die Menschen, die keine Arbeit haben, sollen dafür offenbar auch noch bestraft werden.

Damit werden vor allem einkommensschwache Familien bei der Betreuung und Erziehung eines Kindes in der ersten Lebensphase von einer Unterstützung ausgenommen. Das ist ein verheerendes familienpolitisches Signal.

Die Nichtberücksichtigung des Einkommens aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen benachteiligt diejenigen, für die auch ein geringes Einkommen bisher einen Erwerbsanreiz dargestellt hat. Hier sind aus Sicht des Bundesrates Änderungen des Gesetzentwurfes erforderlich, und zwar so zeitnah, dass eine verwaltungstechnische Umsetzung in den Ländern noch möglich ist.

Der Bundesrat hält es zudem für dringlich, dass das Inkrafttreten der Änderungen zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz im Interesse der Eltern und der mit dem Vollzug befassten Länder mit einer Stichtagsregelung für Neufälle verbunden wird. Sollte ein unmittelbares Inkrafttreten zum 1. Januar 2011 erfolgen, müssten dementsprechend die betroffenen Fälle mit hohem Aufwand ermittelt und Änderungsbescheide erlassen werden. Außerdem ist mit einer großen Anzahl von Widerspruchsfällen und mit erheblichem Unverständnis für die komplexe Konstellation in der Öffentlichkeit zu rechnen.

Der Bundesrat fordert im weiteren Gesetzgebungsverfahren, eine Übergangsregelung durch die Aufnahme einer Stichtagsregelung zu schaffen, die den Eingriff in laufende Fälle vermeidet. Dadurch würden den Belangen der Vollzugsstellen und der Akzeptanz der anstehenden Rechtsänderungen bei den betroffenen Eltern Rechnung getragen und gewährleistet, dass das Elterngeld weiterhin als eine erfolgreiche, bürgernahe Familienleistung in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Begründung:

Sollte ein unmittelbares Inkrafttreten zum 1. Januar 2011 erfolgen, müssten dementsprechend die betroffenen Fälle mit hohem Aufwand ermittelt und Änderungsbescheide erlassen werden. In einer Vielzahl von Fällen wird es zu Überzahlungen und entsprechenden Rückforderungen kommen. Mit einer großen Anzahl von Widerspruchsfällen, ggf. anschließenden Klageverfahren sowie mit erheblichem Unverständnis für die komplexe Konstellation in der Öffentlichkeit ist zu rechnen.

Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung ist u.a. die Streichung der Versicherungspflicht von ALG II-Beziehern vorgesehen. Die Versicherungspflicht bei Bezug von ALG II ist mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eingeführt worden (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - Hartz IV). Mit der Rücknahme der Versicherungspflicht für ALG II-Bezieher werden nicht nur für ehemalige erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, sondern darüber hinaus auch für ehemalige

Arbeitslosenhilfebezieher keine Pflichtbeiträge mehr entrichtet. Für den letztgenannten Personenkreis ergibt sich somit eine weitere Schlechterstellung gegenüber der bis Ende 2004 geltenden Rechtsposition.

Durch den Wegfall der Versicherungspflicht werden ALG II-Bezieher künftig auch ihren Anspruch auf die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge ("Riester"-Rente) verlieren. Versicherte, die möglicherweise auf Grund der aktuellen Rechtslage und im Vertrauen auf die staatliche Förderung in den vergangenen Jahren einen privaten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen haben, müssen ihren Vorsorgevertrag ab 2011 ruhend stellen, soweit sie keinen anderen Fördertatbestand erfüllen.

In dem Maß, in dem die Alterssicherung durch Leistungseinschränkungen im Alter ausreichende Renten nicht mehr gewährleisten kann, werden die Kommunen mit steigenden Sozialhilfeleistungen belastet.

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, dass der Bund künftig bestimmte Aufwendungen der Rentenversicherungsträger für einigungsbedingte Leistungen nicht mehr erstattet. Die bisherige Regelung entlastet die Rentenversicherung von nicht beitragsgedeckten Leistungen, die in Zusammenhang mit der Einigung Deutschlands entstanden sind (z.B. Auffüllbeträge, Rentenzuschläge und Rentenübergangszuschläge). Die Übernahme durch den Bund stellt sicher, dass die gesamtgesellschaftliche Aufgabe einigungsbedingter Leistungen von allen Steuerzahlern finanziert wird, nunmehr werden die Kosten allein der Versichertengemeinschaft übertragen.

Für die Rentenversicherung bedeutet die Streichung der Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für Arbeitslosengeld II-Bezieher zusammen mit dem Wegfall der Erstattung vereinigungsbedingter Leistungen eine beitragsrelevante Mindereinnahme von rund 2,1 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Mindereinnahme trägt mit dazu bei, dass eine Verminderung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung in immer weitere Ferne rückt. Anstatt die Beitragszahlung zur Vermeidung drohender Altersarmut zu erhöhen, soll sie durch dieses Gesetz gänzlich entfallen.