Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Für eine faire, effiziente und wettbewerbsfähige auf dem Urheberrechtsschutz beruhende europäische Wirtschaft im digitalen Binnenmarkt - COM (2016) 592 final; Ratsdok. 12253/16

Der Bundesrat wurde am 19. September 2016 über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 212/15 (PDF) = AE-Nr. 150306,
Drucksache 612/15 (PDF) = AE-Nr. 150878 und
Drucksache 015/16 (PDF) = AE-Nr. 160007 Europäische Kommission

Brüssel, den 14.9.2016
COM (2016) 592 final

1. Einleitung

Die im Mai 2015 von der Kommission angenommene Strategie für einen digitalen Binnenmarkt1 (Digital Single Market Strategy - DSM-Strategie) stellt digitale Inhalte als eine der Hauptwachstumskräfte der digitalen Wirtschaft heraus. Betont wird, wie notwendig es ist, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen den Nutzern ein umfassenderer Online-Zugang zu Inhalten, darunter audiovisuellen Werken, Musik, Büchern sowie anderen Bereichen, ermöglicht und für ein Markt- und Regulierungsumfeld gesorgt wird, das dem kreativen Schaffen und seiner tragfähigen Finanzierung sowie der kulturellen Vielfalt förderlich ist.

Um eine gezielte Modernisierung des EU-Urheberrechts als Schlüsselelement für die Verwirklichung der DSM-Ziele geht es in der von der Kommission im Dezember 2015 vorgelegten Mitteilung "Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht"2, die sowohl gezielte Maßnahmen als auch ein langfristiges Konzept vorstellt. Sie spiegelt die Notwendigkeit wider, den Binnenmarkt in dieser Hinsicht voranzubringen, die Rechtsvorschriften im Einklang mit der digitalen Wirklichkeit zu aktualisieren, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kultur- und Kreativwirtschaft sicherzustellen und das Gleichgewicht zwischen dem Urheberrecht und anderen staatlichen Zielen wie Bildung, Forschung, Innovation und den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen zu wahren.

Nach der im Dezember 2015 vorgeschlagenen Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten 3, die es in der EU ansässigen Personen erlauben soll, auch auf Reisen auf digitale Inhalte zuzugreifen, die sie in ihrem Herkunftsland erworben oder abonniert haben, schlägt die Kommission nunmehr ein Bündel legislativer Maßnahmen mit drei Zielen vor:

Zudem arbeitet die Kommission an Maßnahmen für ein wirksames und ausgewogenes System zur Rechtedurchsetzung. Dies ist besonders wichtig zur Bekämpfung gewerbsmäßiger Urheberrechtsverletzungen.

Wie in der Mitteilung vom Dezember hervorgehoben wird, kann das EU-Urheberrecht nicht losgelöst von einem breiteren Spektrum von Maßnahmen betrachtet werden, insbesondere dem Programm "Kreatives Europa"4, die das reiche kulturelle Schaffen in Europa fördern und das Umfeld für die Kultur- und Kreativwirtschaft, die Innovation und die kulturelle Vielfalt beeinflussen.

In der EU sind u.a. einige der größten Verlage beheimatet, sie besitzt eine dynamische Musikbranche und eine weltweit gelobte Filmbranche. Die EU ist somit wirtschaftlich und kulturell global führend. Einige Teile der Kultur- und Kreativwirtschaft stehen jedoch vor besonderen Herausforderungen in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit, Betriebsorganisation und Finanzierung. Für europäische Filmproduktionen etwa wäre es sehr nützlich, wenn innerhalb und außerhalb der EU neue Publikumsschichten erschlossen werden könnten. Davon wären positive Auswirkungen auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und die Erschließung neuer Einnahmequellen zu erwarten, sofern die wichtigsten Fragen in Bezug auf das Volumen, die Verfügbarkeit und die Sichtbarkeit der Produktionen angegangen werden.

Über die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, die Professionalisierung der Kultur- und Kreativwirtschaft und die Erweiterung des Zugangs zu Kultur- und Kreativinhalten hinaus ist das Programm "Kreatives Europa" auch einigen dieser Probleme der Wettbewerbsfähigkeit gewidmet, nicht zuletzt im Hinblick auf den Zugang zu Finanzmitteln über eine neue Garantiefazilität, die bereits eingerichtet wurde und mit 121 Mio. EUR dotiert ist5.

Mit einer Kombination legislativer und nicht legislativer Maßnahmen schlägt die Kommission eine ehrgeizige Agenda vor, die den mit dem Urheberrecht verknüpften Branchen in Europa zur Prosperität im Binnenmarkt verhelfen, europäische Urheber und ausübende Künstler bei der Erschließung neuer Publikumsschichten unterstützen und gleichzeitig den europäischen Bürgerinnen und Bürgern europäische Werke umfassend - auch grenzüberschreitend - zugänglich machen soll. Die vorliegende Mitteilung erläutert den aktuellen Stand der Dinge bzw. die jüngsten Entwicklungen seit der Mitteilung vom Dezember.

2. Massnahmen zur Gewährleistung eines breiteren EU-WEITEN Zugangs zu INHALTEN

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom Dezember angekündigt, die Hindernisse für den grenzüberscheitenden Zugang zu Inhalten und eine vermehrte EU-weite Verbreitung von Werken stufenweise zu beseitigen - insbesondere vor dem Hintergrund der unaufhaltsamen Verbreitung von Internetverbindungen und digitalen Technologien. Ziel ist es, die Verfügbarkeit von Informationen für die Bürgerinnen und Bürger überall in Europa zu erhöhen, neue Verbreitungskanäle für Urheber zu schaffen, das kulturelle Leben der Mitgliedstaaten zu fördern und das gemeinsame Kulturerbe der EU in den Vordergrund zu rücken.

In der Mitteilung vom Dezember wurden gezielte Maßnahmen vorgestellt, mit denen die grenzüberschreitende Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen, die Lizenzierung europäischer audiovisueller Werke auf Plattformen für Videoabruf (videoondemand - VoD) und die Digitalisierung und Verbreitung von vergriffenen Werken erleichtert werden sollen. Wie ebenfalls in der Mitteilung vom Dezember angegeben, sind auch einige Maßnahmen im Rahmen des Teilprogramms MEDIA des Programms "Kreatives Europa"6, das seit 25 Jahren die Schaffung, Bewerbung und Verbreitung europäischer Werke fördert, auf einen breiteren EU-weiten Zugang zu europäischen Filmen ausgerichtet, und zwar sowohl über gewerbliche wie nicht gewerbliche Kanäle. Diese Maßnahmen werden nachstehend erläutert, zusammen mit dem neu vorgeschlagenen Urheberrechtsvorschriften.

Erstens soll eine vorgeschlagene Verordnung 7 für neue Online-Wege der grenzüberschreitenden Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen günstige Bedingungen schaffen, die denen für die herkömmlichen Wege (Übertragung über Satellit und Weiterverbreitung über Kabel) vergleichbar sind. Mit den sich an der3

audiovisuellen Werken verschiedener Produzenten, die den Anbietern von Videoabrufdiensten zur Verfügung gestellt werden können. Weitere Herausforderungen ergeben sich daraus, dass im audiovisuellen Sektor kein universelles Identifikationssystem verwendet wird. Vielmehr kennt der Markt zwei Standardidentifikatoren12, die jedoch nicht interoperabel sind, weswegen die Branche zögert, sie zu verwenden. Dies bedeutet, dass Lizenzierungstätigkeiten aufwendig und nicht leicht zu automatisieren sind. Die Einrichtungen, die die beiden unterschiedlichen Identifikatoren verwalten, arbeiten derzeit zusammen mit der Kommission auf eine uneingeschränkte Interoperabilität ihrer Datenbanken und Identifikatoren hin 13 . Schließlich wird die Kommission prüfen, wie den Rechteinhabern Anreize geboten werden können, Werke, deren Verbreitung durch das Teilprogramm MEDIA des Programms "Kreatives Europa" unterstützt wird, in Hoheitsgebieten verfügbar zu machen, für die keine Vertriebsvereinbarungen abgeschlossen wurden.

Außerdem werden derzeit Maßnahmen eingeführt, mit denen dem Mangel an Sichtbarkeit und den sprachlichen Barrieren, die den Nutzern den Zugang zu europäischen Werken erschweren, abgeholfen werden soll. Untertitelung und Synchronisierung, die für die grenzüberschreitende Verbreitung audiovisueller Werke von zentraler Bedeutung sind14, werden sowohl aus dem Teilprogramm MEDIA des Programms "Kreatives Europa" als auch aus anderen öffentlichen Quellen finanziert. Über laufende Projekte im Rahmen des Teilprogramms MEDIA des Programms "Kreatives Europa" und ein Online-Archiv für den erleichterten Zugang zu in der EU bereits durchgeführten Untertitelungs- und Synchronisierungsarbeiten und deren Wiederverwendung, das bis Ende 2016 an den Start gehen soll, will die Kommission die öffentliche Finanzierung von Untertitelung und Synchronisierung und deren Nutzung effizienter machen. Online-Suchmaschinen sind ebenfalls effiziente Hilfsmittel für Verbraucherinnen und Verbraucher, die legale Online-Filmangebote suchen. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum entwickelt derzeit eine Suchmaschine, die auf europäischer Ebene eingesetzt werden kann, und einen "Baukasten" für nationale Suchmaschinen, der bis 2017 uneingeschränkt funktionsfähig und den Mitgliedstaaten kostenfrei zur Verfügung stehen soll. Um das Publikum für europäische Werke zu konsolidieren und neue Publikumsschichten zu erschließen, wird die Kommission zudem die Nutzung von Daten und automatisierten Instrumenten für Empfehlungen über Inhalte fördern, die an verbreiteten Interessen und Vorlieben orientiert sind. Allgemein stellt die Förderung der Auffindbarkeit europäischer Filme eine große Herausforderung dar, über die die Kommission derzeit mit dem EFAD-Verband (European Film Agency Directors) und der Filmindustrie Gespräche führt. Angesichts des Potenzials von in Koproduktionen produzierten Filmen für eine Verbreitung innerhalb und außerhalb Europas15 wird die Kommission 2017 zusammen mit dem EFAD-Verband die Entwicklung gemeinsamer Strategien zur Förderung europäischer Koproduktionen prüfen. All diese Maßnahmen ergänzen den unlängst angenommenen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste16, mit der die Vorschriften verschärft werden, europäische Werke in Videoabrufdiensten zu fördern, indem ihre Verfügbarkeit und Sichtbarkeit gewährleistet wird.

Zudem prüft die Kommission derzeit alternative Finanzierungs-, Produktions- und Vertriebsmodelle, die von Anfang an den Binnenmarkt und den Weltmarkt im Blick haben. Hierbei legt die Kommission ein besonderes Augenmerk auf den europäischen Animationssektor, in dem die Erzähltechnik von besonderer Bedeutung ist und die Werke leichter Grenzen überwinden. Produzenten im Animationssektor arbeiten häufig gleichzeitig an verschiedenen Projekten für Film und Fernsehen und kooperieren bei Einzelprojekten gegebenenfalls mit anderen Studios. Parallel zur laufenden Unterstützung im Rahmen des Teilprogramms MEDIA des Programms "Kreatives Europa" wird die Kommission noch vor Jahresende einen Dialog mit den großen europäischen Animationsstudios darüber aufnehmen, wie dieser Sektor expandieren kann. Dabei sollten auch die sektorspezifischen Bedürfnisse benannt werden - von der Verringerung der Abwanderung von Fachkräften bis hin zu der Frage, wie Animationsproduktionen für Film und Fernsehen zu noch größerer Verbreitung verholfen werden kann. Ziel des Dialogs soll es sein, sich bis Mitte 2017 auf einen gemeinsamen Aktionsplan für den Sektor zu einigen.

Schließlich enthält die vorgeschlagene Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt 17 Lösungen für eine Erleichterung der Vergabe von Lizenzen zur Digitalisierung und Verbreitung vergriffener Werke mit hohem kulturellen Wert an Einrichtungen des Kulturerbes. Der Zugang zu Werken in nicht gewerblichen Zusammenhängen, etwa in Bildungseinrichtungen, in öffentlichen Bibliotheken, an anderen Filmvorführorten als Kinos, ist für die Förderung der kulturellen Vielfalt, die Bildung und die Teilhabe an der Gesellschaft ebenfalls von großer Bedeutung. Diese Wege des Zugangs können zusammen mit einer verbesserten Medienkompetenz eine zentrale Rolle dafür spielen, die Entstehung und nachhaltige Entwicklung eines Publikums für europäische Werke zu fördern. Zudem prüft die Kommission derzeit gemeinsam mit dem EFAD-Verband und der audiovisuellen Industrie die Erstellung und Finanzierung eines europäischen Filmkatalogs für Bildungszwecke 2017. Dies wäre ein geeignetes Pilotprojekt, um die Vielfalt und Qualität des europäischen Films einem jüngeren Publikum nahezubringen.

3. Massnahmen zur Anpassung von Ausnahmeregelungen an das DIGITALE und grenzüberschreitende Umfeld

Urheberrechtsausnahmeregelungen erlauben es, geschützte Werke für bestimmte Zwecke und unter bestimmten Bedingungen ohne die Zustimmung der Rechteinhaber zu nutzen. Sie stehen im Zusammenhang mit allgemeinen Politikzielen auf EU-Ebene und spielen eine wichtige Rolle im weiteren Rahmen des Urheberrechts. Derzeit sind jedoch die meisten Ausnahmeregelungen im EU-Recht fakultativ und haben keine grenzüberschreitende Wirkung. Hinzu kommt, dass einige Ausnahmeregelungen im Lichte der heutigen technologischen Wirklichkeit einer Neubewertung bedürfen. Hierbei ist gegebenenfalls das Maß an Harmonisierung zu erhöhen, ohne aber gut funktionierende Systeme auf nationaler Ebene zu beeinträchtigen.

Die heute vorgeschlagenen Legislativmaßnahmen bringen den EU-Rahmen für Ausnahmeregelungen auf den Stand der digitalen Nutzung in bestimmten Schlüsselbereichen wie Bildung, Forschung und Wissenszugang; ihr Schwerpunkt liegt auf der grenzüberschreitenden Nutzung, womit sie zur weiteren Vertiefung des Binnenmarkts beitragen. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt 18 werden neue verbindliche Ausnahmeregelungen in den Bereichen Bildung, Forschung und Erhaltung des Kulturerbes eingeführt.

Eine neue Ausnahmeregelung für die Veranschaulichung im Unterricht wird uneingeschränkte Rechtssicherheit für die Nutzung geschützter Inhalte im Bereich des digital unterstützten und des Online-Unterrichts - auch des grenzüberschreitenden Unterrichts - bieten. Dies wird neuen Formen von Bildungsangeboten, insbesondere dem Fernunterricht, und der Mobilität der Lernenden und Lehrenden in der EU zugute kommen.

Der Vorschlag enthält zudem eine neue verbindliche Ausnahmeregelung für Text- und Daten-Mining zu wissenschaftlichen Forschungszwecken, die Forschungseinrichtungen uneingeschränkte Rechtssicherheit für den Einsatz dieser Verfahren bieten wird. Eine verbindliche Ausnahmeregelung in diesem Bereich verhindert, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze im Forschungssektor verfolgen, in dem sowohl grenzüberschreitende Kooperationen in großem Maßstab als auch interdisziplinäres Zusammenwirken immer häufiger werden. Dies wird dem wissenschaftlichen Fortschritt und der Innovation in der EU förderlich sein.

Die vorgeschlagene Richtlinie enthält zudem eine neue verbindliche Ausnahmeregelung für die digitale Erhaltung des Kulturerbes durch entsprechende Einrichtungen, mit der sowohl den Erfordernissen von Inhalten in digitaler Form als auch dem Einsatz digitaler Technologien zu Erhaltungszwecken Rechnung getragen wird. Die Ausnahmeregelung spiegelt die Tatsache wider, dass Digitalisierung einerseits als Erhaltungsverfahren dient und andererseits die Zahl der in digitaler Form geschaffenen Werke in den Sammlungen der Kulturerbeeinrichtungen zunimmt. Höhere Erhaltungsraten sind dem Überdauern des Kulturerbes förderlich und geben den Bürgerinnen und Bürgern mehr Zeit, sich mit ihm zu befassen.

Parallel dazu werden heute zwei Legislativvorschläge19 zur Umsetzung des Vertrags von Marrakesch20 in EU-Recht angenommen; die Unterzeichnerstaaten dieses Vertrags sind zur Einführung von Ausnahmeregelungen verpflichtet, die Menschen mit Lesebehinderungen den Zugang zu Büchern und anderem gedruckten Material in ihnen zugänglichen Formaten ermöglichen. Die vorgeschlagene Richtlinie enthält eine verbindliche Ausnahmeregelung für die Erstellung von Kopien in zugänglichen Formaten und deren Austausch im Binnenmarkt und stellt sicher, dass sie funktioniert. Die vorgeschlagene Verordnung erlaubt den grenzüberschreitenden Austausch solcher Kopien zwischen der EU und Drittländern, die Vertragsparteien sind.

Die Kommission wird sich auch in Zukunft mit einer Reihe anderer Fragen im Zusammenhang mit den in der Mitteilung vom Dezember erwähnten Ausnahmeregelungen befassen. Einige dieser Fragen müssen möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt im Lichte der Ergebnisse der derzeit vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssachen überprüft werden. Dazu gehört die Ausnahmeregelung für Bibliotheken und andere Einrichtungen, in ihren Räumlichkeiten die Konsultation von Werken am Bildschirm zu Forschungs- und privaten Studienzwecken zu erlauben.21

Nach Auswertung der öffentlichen Konsultation zur Ausnahmeregelung für das Abbilden und Hochladen von Abbildungen von im öffentlichen Raum befindlichen Werken wie Gebäuden oder Skulpturen ("Panoramafreiheit") 22 bestätigt die Kommission die Bedeutung dieser Ausnahmeregelung. Das EU-Recht lässt den Mitgliedstaaten breiten Ermessensspielraum für die Festlegung entsprechender Regelungen. In fast allen Mitgliedstaaten ist die Panoramafreiheit in den nationalen Rechtsvorschriften verankert. Unlängst ist diese Ausnahmeregelung auch in jenen Mitgliedstaaten, die sie bisher nicht eingeführt hatten, in nationales Recht übertragen worden oder es wird gegenwärtig über die entsprechenden Gesetzentwürfe diskutiert. Die Kommission wird diese Entwicklungen weiter beobachten und empfiehlt allen Mitgliedstaaten nachdrücklich, diese Ausnahmeregelung umzusetzen.

4. Massnahmen zur Schaffung eines FUNKTIONSFÄHIGEN MARKTES für URHEBERRECHTLICH GESCHÜTZTE WERKE

In den letzten Jahren hat sich das Internet zum wichtigsten Markt für den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten und deren Verbreitung entwickelt. Online-Dienste sind mittlerweile eine wichtige Quelle für Einnahmen aus Werken und anderen geschützten Inhalten und werden voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen. Allerdings wächst die Besorgnis darüber, ob der von einigen der neuen Formen der Verbreitung von Online-Inhalten erwirtschaftete Gewinn entlang der Wertschöpfungskette gerecht aufgeteilt w i.d.R. chteinhaber berichten über Schwierigkeiten, wenn sie die Genehmigungspflicht für die Nutzung ihrer Inhalte durch Online-Dienste erwirken und eine faire Vergütung für diese Nutzung erhalten wollen. Diese Situation könnte auch

Diensteanbieter benachteiligen, die ähnliche Vertriebskanäle unterhalten. Damit verknüpft ist die Frage nach der fairen Vergütung von Urhebern und ausübenden Künstlern und der ungleichen Machtverhältnisse in Verhandlungen über die Vergabe von Lizenzen für Urheberrechte oder ihre Übertragung, die im Übrigen auch für Formen der Offline-Verwertung gilt.

Diese Schwierigkeiten untergraben die Zielsetzung, wonach der digitale Binnenmarkt eine faire Investitionsrendite für alle bieten soll. Die aufgeworfenen Fragen sind von grundlegender Bedeutung für die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft, d.h. auch für das Verlagswesen, die Branchen Bild und Ton und die audiovisuellen Medien. Im Anschluss an die Mitteilung vom Dezember wurde in der Mitteilung über Online-Plattformen vom Mai 1623 die Notwendigkeit bekräftigt, diese Fragen anzugehen.

Die vorgeschlagene Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt24 soll Presseverlegern Rechtssicherheit geben und ihre Verhandlungsposition im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu Online-Diensten, die ihre Inhalte verwenden und den Zugang zu ihnen ermöglichen, stärken. Dazu sieht die Richtlinie ein neues verwandtes Schutzrecht vor, das die Schlüsselrolle von Presseverlegern im Hinblick auf Investitionen in hochwertige journalistische Inhalte und ihren generellen Beitrag zur Schaffung solcher Inhalte anerkennt und ihnen den notwendigen Schutz für die effektive Verwertung ihrer Veröffentlichungen im digitalen Umfeld garantiert. Der Vorschlag bietet auch den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Systeme vorzusehen, durch die die Verleger (einschließlich Buch- und Wissenschaftsverlegern) an Ausgleichsmechanismen beteiligt werden, wie dies bereits bei privaten Vervielfältigungen und Kopien der Fall ist.

Der Vorschlag stärkt auch die Position der Rechteinhaber bei Verhandlungen über die Online-Verwertung ihrer Inhalte durch Online-Dienste, die von ihren Nutzern hochgeladene Inhalte speichern und zugänglich machen, und die entsprechende Vergütung. In Anbetracht der Rolle, die diese

Dienste bei der Übermittlung geschützter Inhalte spielen, verpflichtet der Vorschlag

Diensteanbieter, die große Mengen von Werken speichern und zugänglich machen, in Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern geeignete und angemessene Maßnahmen zu treffen, die das Funktionieren von Vereinbarungen mit Rechteinhabern sicherstellen, auch auf der Grundlage von Inhaltserkennungs-Technologien. In diesem Bereich wird auch die aktive Zusammenarbeit der Interessenträger wichtig sein. Für die Verbraucher bedeutet der Vorschlag, dass sie in einem gerechteren und rechtlich besser abgesicherten Umfeld auch in Zukunft ihre Inhalte hochladen und auf ein großes Angebot an Inhalten zugreifen können.

Die Urheber und ausübenden Künstler schließlich werden davon profitieren, dass größere Transparenz hinsichtlich der Verwertung ihrer Werke und Darbietungen herrscht und die Möglichkeiten für den Erhalt einer angemessenen Vergütung verbessert werden. Angestrebt wird ein besser funktionierender Rahmen für alle Interessenträger, der Rechtsklarheit für diejenigen schafft, die Rechte erwerben, und der das Vertrauen der Urheber und ausübenden Künstler stärkt, auch im Online-Umfeld. Im Hinblick auf die effektive Einführung dieser Maßnahmen müssen die Mitgliedstaaten sektorspezifische Beratungen abhalten, um praxisbezogen angemessene, inhalts- und branchenspezifische Transparenzverpflichtungen festzulegen. Die Kommission wird diese Arbeiten der Mitgliedstaaten genau verfolgen, um die Effizienz und Kohärenz der Ergebnisse sicherzustellen. Sie wird auch weiterhin im Rahmen allgemeiner und sektorspezifischer Dialoge mit allen interessierten Kreisen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenarbeiten, um Entwicklungen bei diesem Thema und eventuell erforderliche weitere Maßnahmen zu erörtern.

Insgesamt werden diese Maßnahmen dazu beitragen, dass ein Urheberrechtsmarkt entsteht, der sich für alle Beteiligten als effizient erweist, der die richtigen Anreize für Investitionen in Kreativinhalte und deren Verbreitung im Online-Umfeld bietet und zugleich die Bedeutung der Pressefreiheit und -vielfalt in der EU wahrt.

5. Massnahmen zur Schaffung eines WIRKSAMEN und AUSGEWOGENEN SYSTEMS der RECHTEDURCHSETZUNG

Gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzungen, bei denen die Rechteverletzer die Werke und Investitionen anderer unentgeltlich ausnutzen, stellen mittlerweile eine ernsthafte Bedrohung für europäische Urheber dar, denen der rechtmäßige Gewinn aus ihrem Schaffen vorenthalten wird, was letztlich der Kreativität und Innovation schadet. Ohne wirksames und ausgewogenes System der Rechtedurchsetzung sind Urheberrechte und sonstige Rechte des geistigen Eigentums nur schlecht geschützt und Investitionen in Kreativität und Innovation werden gedrosselt. Wie in der Mitteilung vom Dezember angekündigt, evaluiert die Kommission derzeit das allgemeine Funktionieren des bestehenden Rechtsrahmens für die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums; diese Evaluierung ist Teil einer umfassenderen Initiative zur Verbesserung des Schutzes sämtlicher Rechte des geistigen Eigentums, bei der der Schwerpunkt auf gewerbsmäßigen Schutzrechtsverletzungen liegt.

Im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur Frage der Evaluierung und Modernisierung des Rechtsrahmens für die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums25, die zur Unterstützung der Evaluierung eingeleitet wurde, bestätigte sich, dass Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich des Urheberrechts, ein großes Problem darstellen. Mehr als drei Viertel der an der Konsultation teilnehmenden Rechteinhaber und Behörden haben festgestellt, dass Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums in den letzten zehn Jahren zugenommen haben. Während die Mehrheit der Antwortenden der Ansicht war, dass die bestehenden Vorschriften wirksam dazu beigetragen haben, die Rechte des geistigen Eigentums zu schützen und Schutzrechtsverletzungen zu verhüten, waren zahlreiche Rechteinhaber und insbesondere zahlreiche Vermittler der Auffassung, dass die in der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums 26 vorgesehenen Verfahren je nach Mitgliedstaat unterschiedlich angewandt werden. Dies könnte zu unterschiedlichen Schutzniveaus in den Mitgliedstaaten führen und legt nahe, dass die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums die Unterschiede bei den Instrumenten zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums auf nationaler Ebene nicht vollständig beseitigt hat. In zahlreichen Antworten wurde zudem darauf hingewiesen, dass einige dieser Maßnahmen angepasst werden müssen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Genannt wurden hier u.a. der Erlass von einstweiligen Maßnahmen, Sicherungsmaßnahmen und Unterlassungsverfügungen gegen Anbieter von Vermittlungsdiensten oder die Berechnung einer angemessenen Entschädigung. Besonders bemängelt wurde von den Urheberrechtsinhabern zudem das schwerfällige Verfahren für den Erlass von einstweiligen Maßnahmen, Sicherungsmaßnahmen und Unterlassungsverfügungen bei identischen Rechtsverletzungen gegenüber ähnlichen Adressaten in unterschiedlichen Rechtsordnungen innerhalb der EU.

Nach Abschluss der Evaluierung wird die Kommission gegebenenfalls Vorschläge für erforderliche Änderungen des Rechtsrahmens zur Verbesserung der Vorschriften für die Ahndung von Schutzrechtsverletzungen im Bereich sämtlicher Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich Urheberrechtsverletzungen, unterbreiten. Die Vorschläge werden auch darauf abzielen, den Geltungsbereich und die Anwendung von einstweiligen Maßnahmen, Sicherungsmaßnahmen und Unterlassungsverfügungen und die Regeln zur Be- und Zurechnung von Entschädigungsansprüchen klarer zu fassen. Die Kommission wird außerdem prüfen, wie bei identischen Rechtsverletzungen der Erlass von einstweiligen Maßnahmen, Sicherungsmaßnahmen und Unterlassungsverfügungen gegenüber ähnlichen Adressaten in unterschiedlichen Rechtsordnungen innerhalb der EU erleichtert werden könnte.

Die rasante Entwicklung des digitalen Umfelds und der digitalen Technologien erfordert jedoch auch, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe von den zuständigen nationalen Gerichten unverzüglich angewandt und erlassen werden können. Dies ist besonders wichtig für den Schutz von Werken und sonstigen Schutzgegenständen. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ihre Justizsysteme über die nötigen Kapazitäten verfügen, um vor allem im Hinblick auf das Internet den raschen und wirksamen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums gewährleisten zu können. Die Kommission wird außerdem prüfen, welche Anreize geboten werden könnten, um die fachliche Spezialisierung nationaler Richter auf Fragen der Verletzung und der Gültigkeit von Rechten des geistigen Eigentums zu fördern, da Mitgliedstaaten, die bereits über solche Fachrichter verfügen, über positive Erfahrungen berichten.

In der Mitteilung vom Dezember heißt es zudem:

"Die Kommission wird sich unverzüglich mit allen Betroffenen gemeinsam um einen Mechanismus zur Nachverfolgung der Geldflüsse auf Selbstregulierungsbasis bemühen ..."27. Angesichts der positiven Erfahrungen mit der bestehenden, kürzlich aktualisierten Vereinbarung über den Internethandel mit gefälschten Waren 28 befürwortet die Kommission den Abschluss freiwilliger Kooperationsvereinbarungen29, die weitere Arten von Anbietern von Vermittlungsdiensten - darunter Anbieter von Online-Werbung, Zahlungsdienstleister und Versanddienstleister - zur Mitwirkung am Schutz der Rechte des geistigen Eigentums anhalten. Online-Werbung ist eine wichtige Einnahmequelle für Websites, die Urheberrechte verletzen. In Bezug auf Werbung soll die Initiative davor abschrecken, Werbung auf Websites zu platzieren, die gewerbsmäßig Rechte des geistigen Eigentums verletzen. Dies soll verhindern, dass Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums aus Werbeeinnahmen finanziert werden. Wenn Urheberrechte verletzende Websites so genannte Premium-Dienstleistungen oder Abo-Modelle anbieten, durch die der Nutzer gegen Bezahlung schnelleren Zugang zu Inhalten erhält, können Zahlungsdienstleister eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des Grundsatzes "Follow the money" (Nachverfolgung der Geldflüsse) übernehmen, indem sie Finanztransaktionen blockieren und letztlich ihre Dienstleistungen für diese Websites einstellen, sodass deren Geschäfte unrentabel werden. Die Kommission ist fest entschlossen, bei diesen Prozessen, die für die Bekämpfung der Piraterie von entscheidender Bedeutung sind, konkrete Ergebnisse zu erzielen. Sie erwartet daher, dass sich ein möglichst breites Spektrum von Interessenträgern diesen Kooperationsvereinbarungen anschließt, gestützt auf ähnliche bereits auf nationaler Ebene getroffene Vereinbarungen. Nach Maßgabe der Fortschritte bei diesen Initiativen wird die Kommission weitere Optionen für die verstärkte Mitwirkung der Anbieter von Vermittlungsdiensten am Schutz von Rechten des geistigen Eigentums prüfen, wie etwa die Haftung von Vermittlern, wenn diesen bekannt ist, dass ihre Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums genutzt werden, die Vermittler aber nicht darauf reagieren.

6. Schlussfolgerung

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist in verschiedener Hinsicht für Europa wichtig. Sie ist nicht nur ein bedeutender Wirtschaftszweig, sondern auch eine grundlegende Quelle für Bildung und Unterhaltung und von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung und Förderung der kulturellen Vielfalt Europas. Die mit dem Urheberrecht verknüpften Branchen in Europa können nur dann erfolgreich sein und im globalen Wettbewerb bestehen, wenn sie zu Innovationen im digitalen Umfeld fähig sind.

Ein passend konzipiertes Urheberrecht und entsprechende Unterstützungsmaßnahmen sind daher entscheidend dafür, dass Urheber, ausübende Künstler und die Kultur- und Kreativwirtschaft ein breiteres Publikum erreichen und den Bürgern letztlich mehr Wahlmöglichkeiten bieten können. Die Kommission setzt eine ehrgeizige Agenda um, mit der sie das EU-Urheberrecht zum Nutzen aller Beteiligten modernisieren und zugleich die Verfügbarkeit und die Sichtbarkeit europäischer kultureller und kreativer Inhalte auch über Grenzen hinweg fördern will. Die Gesetzgebungsinitiativen und die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen sollen sich wechselseitig ergänzen und verstärken. Die Kommission wird die Auswirkungen dieser Maßnahmen überwachen und verfolgen, inwieweit sich die Unternehmen darum bemühen, die oben dargelegten Ziele in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren.