Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung

A. Problem und Ziel

Mit dem Entwurf werden die gesetzlichen Grundlagen für die Abwicklung von Finanzmarktkontrakten in der Insolvenz einer Vertragspartei klargestellt und präzisiert. Anlass für diese Klarstellungen und Präzisierungen gibt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14), nach dem Vereinbarungen zur Abwicklung von Finanzmarktkontrakten unwirksam sind, soweit sie für den Fall der Insolvenz einer Vertragspartei Rechtsfolgen vorsehen, die von § 104 der Insolvenzordnung (InsO) abweichen. Von dem Urteil sind die im Finanzmarkt üblichen Rahmenvertragsmuster für die Zusammenfassung und Abwicklung von Finanzmarktkontrakten und damit nahezu alle derzeit bestehenden Finanzmarktkontrakte betroffen, auf die im Insolvenzfall deutsches Insolvenzrecht anwendbar wäre. Die Rahmenvertragsmuster sind unter anderem auf die bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen zugeschnitten, denen Vereinbarungen zur Abwicklung von Finanzkontrakten genügen müssen, um in den Genuss geringerer Eigenkapitalanforderungen und geringerer Anrechnungsbeträge auf Großkreditgrenzen zu kommen. Das Urteil hat somit die Frage aufgeworfen, ob die von ihm betroffenen Rahmenverträge diesen bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen genügen. Daher hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch am Tag der Urteilsverkündung eine Allgemeinverfügung nach § 4a des Wertpapierhandelsgesetzes erlassen, aufgrund derer die Parteien von Rahmenverträgen diese ungeachtet des Urteils des Bundesgerichtshofs abzuwickeln haben. Da die Allgemeinverfügung bis zum 31. Dezember 2016 befristet ist, kann sie die Gefahren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Institute und Marktteilnehmer und für die Stabilität des deutschen Finanzsystems nicht dauerhaft abwehren. Es bedarf daher gesetzlicher Regelungen zur Klarstellung der Insolvenzfestigkeit von Liquidationsnettingklauseln.

B. Lösung

Der Entwurf stellt Grund, Trag- und Reichweite der Zulässigkeit des vertraglichen Liquidationsnettings im Einklang mit dem Zweck klar, den bereits der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Schaffung von § 104 InsO verfolgt hat. Hierdurch wird insbesondere sichergestellt, dass die dem deutschen Insolvenzrecht unterfallenden Verträge den Anforderungen gerecht werden können, an deren Erfüllung die bankaufsichtsrechtliche Anerkennung der Vereinbarungen geknüpft ist.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung

Bundesrepublik Deutschland
Die Bundeskanzlerin Berlin, 23. September 2016

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, da die Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, aufgrund derer die Parteien von Rahmenverträgen diese ungeachtet des Urteils des Bundesgerichtshofs abzuwickeln haben, bis zum 31. Dezember 2016 befristet ist.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.11.16
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Insolvenzordnung

§ 104 der Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

" § 104 Fixgeschäfte, Finanzleistungen, vertragliches Liquidationsnetting".

2. Absatz 3 wird wie folgt geändert:

3. Die folgenden Absätze 4 und 5 werden angefügt:

Artikel 2
Weitere Änderung der Insolvenzordnung

§ 104 der Insolvenzordnung, die zuletzt durch Artikel 1 dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Absätze 1 bis 3 werden wie folgt gefasst:

2. Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt geändert

Artikel 3
Änderung weiterer Rechtsvorschriften

Artikel 4
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Mit dem Entwurf werden die gesetzlichen Grundlagen für die Abwicklung von Finanzmarktkontrakten in der Insolvenz einer Vertragspartei klargestellt und präzisiert. Anlass für diese Klarstellungen und Präzisierungen gibt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14), nach dem Vereinbarungen zur Abwicklung von Finanzmarktkontrakten unwirksam sind, soweit sie für den Fall der Insolvenz einer Vertragspartei Rechtsfolgen vorsehen, die von § 104 der Insolvenzordnung (InsO) abweichen. Diese Vorschrift schließt mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens alle Erfüllungsansprüche aus Geschäften über Finanzleistungen, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, aus (§ 104 Absatz 2 Satz 1 InsO). Die Vertragsparteien werden auf einen Nichterfüllungsanspruch verwiesen, der sich nach der Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis der Finanzleistung richtet (§ 104 Absatz 3 Satz 1 InsO). Nach dem genannten Urteil des Bundesgerichtshofs sind Vertragsklauseln unwirksam, die für den Nichterfüllungsanspruch Berechnungsweisen vorsehen, die von § 104 Absatz 3 InsO abweichen. Unklar bleibt zudem, ob die in § 104 Absatz 2 Satz 1 InsO vorgesehenen Rechtsfolgen - namentlich der Ausschluss der Erfüllungsansprüche und die Entstehung eines Nichterfüllungsanspruchs - durch vertragliche Vereinbarung bereits an die Stellung eines Insolvenzantrags oder an einen anderen Zeitpunkt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geknüpft werden können.

Von dem Urteil sind die im Finanzmarkt üblichen Rahmenvertragsmuster für die Zusammenfassung und Abwicklung von Finanzmarktkontrakten und damit nahezu alle derzeit bestehenden Finanzmarktkontrakte betroffen, auf die im Insolvenzfall deutsches Insolvenzrecht anwendbar wäre. Die Rahmenvertragsmuster sehen unter anderem vor, dass die Erfüllungsansprüche der einbezogenen Geschäfte bereits bei Ereignissen vor Verfahrenseröffnung, wie insbesondere der Stellung eines Insolvenzantrags, beendet werden und dass die hieraus resultierenden Nichterfüllungsansprüche zu einer einheitlichen Gesamtforderung zu saldieren sind (sogenanntes Liquidationsnetting, closeout netting). Für die Berechnung der Nichterfüllungsansprüche sehen die Vertragsmuster Methoden und Verfahren vor, die in § 104 Absatz 3 InsO nicht genannt sind. Sie sind daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit unwirksam. Jedoch sind die Rahmenvertragsmuster unter anderem auf die bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen zugeschnitten, denen Vereinbarungen zur Abwicklung von Finanzkontrakten genügen müssen, um in den Genuss geringerer Eigenkapitalanforderungen und geringerer Anrechnungsbeträge auf Großkreditgrenzen zu kommen. Das Urteil wirft somit die Frage auf, ob die von ihm betroffenen Rahmenverträge diesen bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen genügen. Sollte dies nicht der Fall sein, würde das Urteil bei betroffenen Instituten zu einer erheblichen Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen und gegebenenfalls auch zur Überschreitung von Großkreditgrenzen führen. Dies könnte aufsichtsrechtliche Maßnahmen sowie Marktreaktionen nach sich ziehen, in deren Folge einzelne Institute, sonstige Marktteilnehmer und das deutsche Finanzsystem nicht nur im internationalen Wettbewerb erheblich benachteiligt, sondern sogar destabilisiert werden könnten. Daher hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch am Tag der Urteilsverkündung eine Allgemeinverfügung nach § 4a des Wertpapierhandelsgesetzes erlassen, aufgrund derer die Parteien von Rahmenverträgen diese ungeachtet des Urteils des Bundesgerichtshofs abzuwickeln haben (Allgemeinverfügung zu Nettingvereinbarungen im Anwendungsbereich des deutschen Insolvenzrechts, ED WA-Wp 1000-2016/0001). Da die Allgemeinverfügung bis zum 31. Dezember 2016 befristet ist, kann sie die Gefahren für die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Institute und Marktteilnehmer und für die Stabilität des deutschen Finanzsystems nicht dauerhaft abwehren. Es bedarf daher gesetzlicher Regelungen zur Klarstellung der Insolvenzfestigkeit von Liquidationsnettingklauseln.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Der Entwurf stellt Grund sowie Trag- und Reichweite der Zulässigkeit und Insolvenzfestigkeit des vertraglichen Liquidationsnettings im Einklang mit den Zwecken klar, die bereits der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Schaffung von § 104 InsO verfolgt hat. Hierdurch wird insbesondere sichergestellt, dass die dem deutschen Insolvenzrecht unterfallenden Verträge den Anforderungen gerecht werden können, an deren Erfüllung die bankaufsichtsrechtliche Anerkennung der Vereinbarungen geknüpft ist.

§ 104 InsO dient dem Schutz des Vertragsgegners vor den Unsicherheiten, die mit dem Insolvenzverwalterwahlrecht des § 103 InsO verbunden sind (Bundestagsdrucksache 012/2443, S. 145). Da die in den Anwendungsbereich des § 104 InsO einbezogenen Verträge mit Marktpreisrisiken behaftet sind, werden sie vom Verwalterwahlrecht ausgenommen und durch den Ausschluss der Erfüllungsansprüche kraft Gesetzes beendet. Hierdurch erlangt der Vertragsgegner unmittelbar Klarheit darüber, dass er sich bei Bedarf durch den Abschluss eines Ersatzgeschäfts neu eindecken kann und muss (Bundestagsdrucksache 15/1853, S. 15). Spiegelbildlich soll der Verwalter keine Gelegenheit haben, auf Kosten des Vertragsgegners auf eine für die Masse positive Preisentwicklung zu spekulieren (Bundestagsdrucksache 012/2443, S. 145; 012/7302, S. 167 f.; 15/1853, S. 15). Bei für die Masse vorteilhaften Geschäften ist der Insolvenzverwalter auf das durch § 104 InsO ausgeschlossene Wahlrecht des § 103 InsO zur Wahrung des Erfüllungsinteresses nicht angewiesen. Denn auch er kann über den Markt oder die Börse ein Ersatzgeschäft abschließen (Bundestagsdrucksache 012/2443, S. 145). Die Abrechnung des Geschäfts zum Markt- oder Börsenpreis schafft dabei die Voraussetzung dafür, dass sich beide Parteien im Idealfall verlustfrei zu eben dem Preis neu eindecken können, zu dem sie das Geschäft im Verhältnis zueinander abrechnen. Grund und Tragweite sowie Grenzen der Zulässigkeit des vertraglichen Liquidationsnettings werden im Lichte dieses Normzwecks klargestellt und damit auf eine rechtssichere Grundlage gestellt, die es den Parteien insbesondere ermöglicht, Vereinbarungen zu treffen, die den Voraussetzungen für eine bankaufsichtsrechtliche Anerkennung von Liquidationsnetting genügen.

1. Klarstellung der Reichweite der Gestaltungsspielräume für vertragliche Beendigungs- und Abwicklungsmechanismen (Artikel 1)

Der Entwurf stellt klar, dass die Parteien Vereinbarungen treffen können, die von dem gesetzlichen Beendigungs- und Abrechnungsmechanismus abweichen.

Artikel 1 Nummer 3 des Entwurfs fügt dem geltenden § 104 InsO daher einen neuen Absatz 4 an, wonach die Vertragsparteien abweichende Bestimmungen treffen können, sofern diese mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar sind, von der abgewichen wird (§ 104 Absatz 4 Satz 1 InsO in der Entwurfsfassung - InsO-E). Unzulässig sind damit Vereinbarungen, die dem Zweck des gesetzlichen Beendigungs- und Abrechnungsmechanismus zuwiderlaufen. Dieser besteht darin, den Vertragsgegner von den Unwägbarkeiten zu entlasten, die mit dem Verwalterwahlrecht verbunden wären. Da die Masse ihr Erfüllungsinteresse durch den Abschluss eines Ersatzgeschäfts wahren kann, wird sie durch diesen Schutz des Vertragsgegners nicht mit ungebührlichen Nachteilen belastet. Dieser Normzweck erlaubt es, dass die Parteien die Einzelheiten zur Beendigung der Geschäfte, zur Ermittlung der Nichterfüllungsforderungen und zur Verrechnung vertraglich regeln.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass die gesetzliche Regelung lückenhaft ist und angesichts der Vielfalt der in der Praxis vorkommenden und denkbaren Gestaltungen auch lückenhaft bleiben muss. Insoweit erscheint es zur Erreichung der Normzwecke geradezu geboten, den Parteien Spielräume für die Vereinbarung praktikabler Verfahren zu schaffen, die für Rechts- und Umsetzungssicherheit sorgen. Dass Abweichungen vom gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus in insolvenzfester Weise vereinbart werden können, solange sie dessen (Schutz-)Zwecken gerecht werden, lässt sich bereits unter geltendem Recht begründen. Insoweit hat der Entwurf klarstellenden Charakter.

Die Regelbeispiele des § 104 Absatz 4 Satz 2 InsO-E bilden praxisrelevante Gestaltungen ab, die mit dem Zweck des gesetzlichen Beendigungs- und Abrechnungsmechanismus vereinbar sind. Durch diese Regelbeispiele soll nicht zuletzt auch Klarheit in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fragen geschaffen werden. So wird klargestellt, dass für die Beendigung der Geschäfte und die Berechnung der Nichterfüllungsforderungen Ereignisse und Zeitpunkte gewählt werden können, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen (§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummern 1 und 3 InsO-E). Die Parteien sollen ferner abweichende Methoden zur Berechnung der Nichterfüllungsforderung vorsehen können, wie beispielsweise die Abrechnung anhand konkret vorgenommener Ersatzgeschäfte, die zu einem Markt- oder Börsenpreis zustande kommen (§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a).

Diese Änderungen sind zwingend erforderlich, um zu gewährleisten, dass die Praxis den Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus in einer Weise gestalten kann, der dem Zweck des gesetzlichen Regimes entspricht und zugleich den Anforderungen gerecht wird, die das Bankaufsichtsrecht an die Anerkennungsfähigkeit solcher Vereinbarungen stellt. Die Änderungen werden daher rückwirkend zum 10. Juni 2016, dem Tag nach der Verkündung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) und dem Tag des Inkrafttretens der Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Kraft gesetzt. Gerade wegen der Allgemeinverfügung konnte ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung nicht entstehen.

2. Weitere Änderungen des § 104 InsO (Artikel 2)

Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) sind weitere Änderungen des § 104 InsO veranlasst, um Rechtsunsicherheiten in der Finanzmarkt- und Aufsichtspraxis zu beseitigen. Mit dem genannten Urteil hat der Bundesgerichtshof seine restriktive Rechtsprechung zur Zulässigkeit von vertraglichen Beendigungs- und Abwicklungsregimen fortgesetzt. Bereits mit Urteil vom 15. November 2012 (IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348) hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass insolvenzbezogene Lösungsklauseln, d.h. Klauseln, die für den Insolvenzfall eine Loslösung von Verträgen vorsehen, nach § 119 InsO unwirksam sind. In beiden Fällen hat der Bundesgerichtshof den Schutz der Insolvenzmasse in den Vordergrund gestellt. Gegenläufige Auslegungsargumente aus den Gesetzesmaterialien wurden dabei zurückgestellt. Der von § 104 InsO intendierte Ausgleich zwischen den Schutzbelangen des Vertragsgegners und dem Schutz der Masse fällt in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher einseitig zulasten des Vertragsgegners aus. Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, Zweifelsfragen zur Auslegung des § 104 InsO in einer Weise zu klären, die sowohl dem Masseschutzgedanken als auch den in § 104 InsO verwirklichten Schutzbelangen gerecht wird. Der Entwurf trifft daher zum einen Klarstellungen hinsichtlich der Reichweite des Anwendungsbereichs der Vorschrift, zum anderen präzisiert er die derzeit in § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO verorteten Anforderungen, die an Rahmenvereinbarungen zur Zusammenfassung einzelner Geschäfte zu stellen sind. In diesem Zusammenhang soll auch Struktur und -systematik der Vorschrift vereinfacht werden. Die Regelungen zum gesetzlichen Lösungsmechanismus und die Regelungen, welche die Möglichkeiten abweichender privatautonomer Vereinbarungen abstecken, werden klar getrennt.

Diese Regelungen sollen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten und sind daher in einem separaten Artikel aufgeführt.

a) Vereinfachung der Binnenstruktur und -systematik des § 104 InsO

Der Entwurf sieht eine systematische Trennung zwischen den Regelungen zum gesetzlichen Lösungsmechanismus (§ 104 Absätze 1 und 2 InsO-E) und den Regelungen vor, welche die Spielräume für ergänzende und abweichende vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zum Liquidationsnetting abstecken (§ 104 Absätze 3 und 4 InsO-E). Hierdurch soll das Konkurrenzverhältnis zwischen dem gesetzlichen Mechanismus und entsprechenden vertraglichen Bestimmungen deutlicher als bisher zum Ausdruck gebracht werden. Der Aussagegehalt der geltenden Bestimmungen zu vertraglichen Vereinbarungen ist auch deshalb unklar, weil diese bislang punktuell in die Regelungen zum gesetzlichen Mechanismus eingestreut sind. Die Normstruktur wird weiter dadurch vereinfacht, dass § 104 Absätze 1 und 2 InsO, deren Rechtsfolgen einheitlich auf den Ausschluss der Erfüllungsansprüche und die Entstehung einer Nichterfüllungsforderung gerichtet sind, im neuen § 104 Absatz 1 InsO-E zusammengefasst werden.

b) Modernisierung des Beispielkatalogs für Finanzleistungen (§ 104 Absatz 1 Satz 3 InsO-E)

Der Beispielkatalog für Finanzleistungen wird an den aktuellen Stand der Finanzmarktpraxis und -regulierung angepasst. Sichergestellt wird dabei, dass insbesondere Finanzinstrumente im Sinne der neugefassten Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Abl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349) erfasst werden. Grundlegende inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden. Zwar ist die Definition von Finanzinstrumenten in Anhang I Abschnitt C der Finanzmarktrichtlinie umfassender als der bisherige Beispielkatalog des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO, da sie auch Geschäftstypen wie z.B. die auf Klimavariablen, Frachtsätze, Inflationsraten oder andere makroökonomische Variablen bezogenen Derivate erfasst, die in Absatz 2 Satz 2 nicht aufgeführt werden. Allerdings handelt es sich bei der Aufzählung des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO um einen nicht abschließenden Beispielkatalog (Bundestagsdrucksache 012/7302, S. 168). Die Regelungstechnik des Beispielkatalogs hat der Gesetzgeber bewusst gewählt, da er den Begriff der Finanzleistung für künftige Entwicklungen auf den Finanzmärkten offenhalten wollte (Bundestagsdrucksache 012/7302, S. 168). Mit der Anknüpfung an den Finanzinstrumentebegriff der neugefassten Finanzmarktrichtlinie wird den zwischenzeitlichen Änderungen auf den Finanzmärkten Rechnung getragen, welche der europäische Gesetzgeber durch die Ausweitung des ursprünglich ebenfalls enger gefassten Finanzinstrumentebegriffs bereits nachvollzogen hat. Da der neugefasste Finanzinstrumentebegriff auch Warentermingeschäfte und andere Warenderivate einbezieht, soll durch den § 104 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 InsO sichergestellt werden, dass auch Optionen auf die derzeit von § 104 Absatz 1 InsO erfassten Warentermingeschäfte einbezogen werden.

c) Klarstellungen zur Zusammenfassung von Einzelgeschäften in Rahmenverträgen (§ 104 Absatz 3 InsO-E)

Die derzeit in § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO verortete Regelung zur Zusammenfassung von Finanzleistungsverträgen in einen Rahmenvertrag, wonach die einbezogenen Geschäfte ein einziges Geschäft bilden, wird in § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E übernommen. Sie wird um die Klarstellung ergänzt, dass die Wirkung der Zusammenfassung für die einbezogenen Finanzleistungsverträge auch dann gilt, wenn zugleich andere Verträge einbezogen werden. Diese Klarstellung ist erforderlich, da unklar ist, ob die Wirkungen des Rahmenvertrags entfallen, sobald ein Geschäft einbezogen wird, das die Anforderungen an einen Vertrag über Finanzleistungen im Sinne des § 104 Absatz 2 Satz 1 InsO nicht erfüllt. Zugleich wird klargestellt, dass für die zu Unrecht einbezogenen Geschäfte die allgemeinen Bestimmungen gelten (§ 104 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 2 InsO-E), so dass diese durch die Einbeziehung in den Rahmenvertrag nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift gelangen.

§ 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E bestimmt ausdrücklich, dass sowohl Finanzleistungsverträge als auch Fixgeschäfte über Waren durch einen Rahmenvertrag oder das Regelwerk einer zentralen Gegenpartei zu einem einheitlichen Vertrag zusammengefasst werden können.

3. Bezeichnung des Gesetzes

Nach dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) und dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) handelt es sich um die dritte Einzelnovelle zur Änderung der Insolvenzordnung.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (bürgerliches Recht und gerichtliches Verfahren).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und bestehenden Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus völkerrechtlichen Verträgen vereinbar.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Ziel des Entwurfs ist es, die gesetzlichen Grundlagen für das vertragliche Liquidationsnetting nach den im Markt üblichen Musterrahmenverträgen klarzustellen und die durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) entstandenen Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Hierdurch wird insbesondere sichergestellt, dass die dem deutschen Insolvenzrecht unterfallenden Verträge den Anforderungen gerecht werden können, an deren Erfüllung die bankaufsichtsrechtliche Anerkennung der Vereinbarungen geknüpft ist. Zudem wird die Normsystematik des § 104 InsO vereinfacht, indem die Bestimmungen zum gesetzlichen Lösungsmechanismus (§ 104 Absatz 1 und 2 InsO-E) systematisch von den Bestimmungen zu abweichenden vertraglichen Vereinbarungen getrennt werden.

Verwaltungsverfahren werden durch den Entwurf nicht unmittelbar berührt. Der Entwurf stellt - wie zuvor bereits die Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - klar, dass die gängigen Rahmenverträge insoweit wirksam und insolvenzfest sind, wie dies für eine bankaufsichtsrechtliche Anerkennung der vom Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) betroffenen Verträge erforderlich ist.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es sind keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand zu erwarten.

4. Erfüllungsaufwand

Die vorgeschlagenen Regelungen sind klarstellender Natur und verursachen keinen Erfüllungsaufwand bei Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung. Insbesondere wird durch das rückwirkende Inkrafttreten von Artikel 1 des Entwurfs sichergestellt, dass die Vertragspraxis auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) und im Einklang mit der Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht von der aufsichtsrechtlichen Anerkennungsfähigkeit der getroffenen Vereinbarungen ausgehen kann.

Die in Artikel 2 des Entwurfs enthaltenen Regelungen stellen ebenfalls über weite Strecken die Reichweite von § 104 InsO klar und verursachen keinen Erfüllungsaufwand.

5. Weitere Kosten

Durch die Regelungen des Entwurfs entstehen keine weiteren Kosten für die Wirtschaft. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau sind nicht zu erwarten.

Eine größere Anzahl an Gerichtsverfahren ist durch die vorgeschlagenen Regelungen nicht zu besorgen, da sie bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigen.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Der Entwurf hat keine erkennbaren Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Der Entwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Männer und Frauen sind von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

Demografische Auswirkungen sind ebenfalls nicht erkennbar.

VII. Befristung; Evaluierung

Die Regelungen des Entwurfs sind nicht befristet. Eine Evaluierung erscheint nicht erforderlich.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Insolvenzordnung)

Zu Nummer 1 (Änderung der Überschrift zu § 104 InsO)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 1 Nummer 3, mit dem § 104 InsO um einen Absatz 4 ergänzt wird, welcher klarstellt, dass und inwieweit die Parteien durch privatautonome Vereinbarungen von dem gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus abweichen können. Von praktischer Relevanz sind diese Regelungen für marktübliche Rahmenverträge. Diese sehen vor, dass die einbezogenen Geschäfte beim Eintritt bestimmter Ereignisse einheitlich beendet werden und dass die hieraus resultierenden Nichterfüllungsforderungen zu einer Saldoforderung verrechnet werden. Dieser Vorgang wird als Liquidationsnetting (closeout netting) bezeichnet. Die Ergänzung des Begriffs "Liquidationsnetting" in der Überschrift verdeutlicht, dass der Gesetzgeber vertragliche Vereinbarungen zum Liquidationsnetting in Kenntnis der gängigen Finanzmarktpraxis und der bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen an diese Vereinbarungen grundsätzlich anerkennt, solange diese mit dem Zweck des gesetzlichen Lösungs- und Abwicklungsmechanismus vereinbar sind.

Zu Nummer 2 (Änderungen von § 104 Absatz 3 InsO)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 1 Nummer 3, mit dem § 104 InsO um einen Absatz 4 ergänzt wird, welcher klarstellt, dass und inwieweit die Parteien durch privatautonome Vereinbarungen von dem gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus abweichen können. Da der neue Absatz 4 auch vertragliche Vereinbarungen über den Zeitpunkt zulässt, der für die Bestimmung des Markt- oder Börsenpreises des Geschäfts maßgeblich sein soll, sind die entsprechenden Regelungen in Absatz 3 Satz 2 und 3 zu streichen.

Zu Nummer 3 (§ 104 Absatz 4 und 5 InsO-E)

Zu § 104 Absatz 4 InsO-E

§ 104 Absatz 4 InsO-E stellt klar, dass die Parteien durch privatautonome Vereinbarung von dem gesetzlichen Lösungs- und Abrechnungsmechanismus des § 104 InsO-E abweichen können. Im Unterschied zu den §§ 103, 105 ff. InsO schützt § 104 InsO in erster Linie nicht die Insolvenzmasse, sondern den Vertragsgegner. Da die in den Anwendungsbereich des § 104 InsO einbezogenen Verträge mit Marktpreisrisiken behaftet sind, werden sie vom Verwalterwahlrecht ausgenommen und durch den Ausschluss der Erfüllungsansprüche kraft Gesetzes beendet. Hierdurch wird dem Vertragsgegner unmittelbar Klarheit darüber verschafft, dass er sich bei Bedarf durch den Abschluss eines Ersatzgeschäfts neu eindecken kann und muss (Bundestagsdrucksache 15/1853, S. 15). Spiegelbildlich soll der Verwalter keine Gelegenheit haben, auf Kosten des Vertragsgegners auf eine für die Masse positive Preisentwicklung zu spekulieren (Bundestagsdrucksache 012/2443, S. 145; 012/7302, S. 167 f.; 15/1853, S. 15). Auf das durch § 104 InsO ausgeschlossene Wahlrecht des § 103 InsO ist der Insolvenzverwalter zur Wahrung des Erfüllungsinteresses bei für die Masse vorteilhaften Geschäften nicht angewiesen. Auch er kann über den Markt oder die Börse ein Ersatzgeschäft abschließen (Bundestagsdrucksache 012/2443, S. 145). Die Abrechnung des Geschäfts zum Markt- oder Börsenpreis schafft dabei die Voraussetzung dafür, dass sich beide Parteien im Idealfall verlustfrei zu eben dem Preis neu eindecken können, zu dem sie das Geschäft im Verhältnis zueinander abrechnen (Balthasar, in: Nerlich/Römermann, § 104 InsO Rdnr. 7; Bornemann, in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 104 Rdnr. 3, 27).

Steht hiernach nicht der Schutz der Insolvenzmasse im Vordergrund, sondern der Schutz des Vertragsgegners, kann es den Parteien ohne Weiteres überlassen bleiben, zweckentsprechende Vereinbarungen privatautonom zu treffen, um für ein gleichermaßen praktikables wie rechtssicheres Verfahren zur Durchführung des Lösungsmechanismus zu sorgen. Ein praktisches Bedürfnis hierfür resultiert zum einen aus der Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung, etwa zur Bestimmung des maßgeblichen Markt- oder Börsenwerts (Ebenroth/Benzler, ZVglRW 95 (1996), 335, 359; Bornemann, a.a.O. Rdnr. 27). Zum anderen erfüllt der gesetzliche Beendigungs- und Abrechnungsmechanismus nicht alle Voraussetzungen für die bankaufsichtsrechtliche Anerkennung des Liquidationsnettings im Zusammenhang mit der Berechnung der Eigenkapitalanforderungen und der Großkreditgrenzen. Unter anderem verlangt das Aufsichtsrecht, dass das Liquidationsnetting nicht allein durch eine Verfahrenseröffnung, sondern bereits durch jedes andere Ausfallereignis (default) ausgelöst werden können muss (Artikel 296 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1 [Kapitalanforderungsverordnung]). Solche Ausfallereignisse sind bereits dann anzunehmen, wenn die Begleichung fälliger Verbindlichkeiten unwahrscheinlich wird, insbesondere bei Stellung eines Insolvenzantrags (vgl. Artikel 178 Absatz 3 der Kapitalanforderungsverordnung). Dem können die Parteien nur dann gerecht werden, wenn sie entsprechende Vereinbarungen auch in wirksamer und insolvenzfester Weise treffen können.

§ 104 Absatz 4 Satz 1 InsO-E stellt vor diesem Hintergrund klar, dass die Parteien von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen können, soweit dies mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar ist. Für die Prüfung, ob eine von § 104 InsO-E abweichende vertragliche Regelung nach § 119 InsO unwirksam ist, kommt es deshalb allein auf solche Abweichungen an, die dem Zweck des gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus widersprechen. Dieser besteht darin, den Vertragsgegner von den Unwägbarkeiten zu entlasten, die mit dem Verwalterwahlrecht verbunden wären.

Unzulässig sind hiernach in jedem Fall Klauseln, die ein Wahlrecht des Schuldners, eine Kündigungssperre zulasten des Vertragsgegners oder eine andere Regelung vorsehen, die eine Spekulation des Verwalters zulasten des Vertragsgegners ermöglicht. Zulässig sind demgegenüber Vertragsklauseln, die den gesetzlichen Mechanismus konkretisieren und damit von den Unwägbarkeiten befreien, die aus seiner Unbestimmtheit, insbesondere in Bezug auf den maßgeblichen Markt- oder Börsenpreis, resultieren (vgl. Ebenroth/Benzler, ZVglRW 95 (1996), 335, 359; Bornemann, a.a.O. Rdnr. 27). Insoweit erscheint es nachgerade geboten, den Parteien Spielräume für die Vereinbarung praktikabler Verfahren zu belassen, die für die von § 104 InsO bezweckte Rechts- und Umsetzungssicherheit sorgen.

Da der Schutz der Insolvenzmasse nicht zu den primären Zwecken des § 104 InsO gehört, widerspricht nicht jede Benachteiligung der Masse den für § 104 Absatz 4 Satz 1 InsO-E maßgeblichen Grundgedanken des gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus. Zwar beruht § 104 InsO auf der Annahme, dass auch das Erfüllungsinteresse des Schuldners durch die Möglichkeit einer Ersatzeindeckung am Markt oder an der Börse grundsätzlich gewahrt bleiben kann. Insoweit sind der Vereinbarung von Klauseln zulasten der Insolvenzmasse Grenzen gesetzt. Unzulässig sind dabei ohne Weiteres sogenannte Ausstiegsklauseln (walk away clauses), welche dem Vertragsgegner ein voraussetzungsloses Leistungsverweigerungsrecht einräumen und damit der Wertung widersprechen, dass ein positiver Marktwert des Geschäfts der Masse zusteht (Reiner, IS-DA Master Agreement, 2013, § 6 Rdnr. 169; Bornemann, a.a. O., Rdnr. 45). Allerdings führt nicht jede Benachteiligung der Masse zwangsläufig zu einem Verstoß gegen die nach § 104 Absatz 4 Satz 1 InsO-E maßgeblichen Grundgedanken des gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus. So ist § 104 InsO z.B. unabhängig davon anwendbar, ob der Schuldner tatsächlich ein Ersatzgeschäft zu einem Markt- oder Börsenpreis abschließen kann oder ob ein Markt- oder Börsenpreis überhaupt feststellbar ist (Bundestagsdrucksache 012/7302, S. 168). Weitere Beeinträchtigungen des Erfüllungsinteresses mutet der gesetzliche Mechanismus der Masse mit Blick auf die praktischen Herausforderungen zu, die mit der Vornahme von Ersatzgeschäften unmittelbar nach Verfahrenseröffnung verbunden sind. Und schließlich beinhaltet die in § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO angelegte Beendigung zu einem Zeitpunkt vor Verfahrenseröffnung die Möglichkeit, dass der Insolvenzmasse etwaige Gewinne vorenthalten bleiben, die infolge der Markt- oder Börsenpreisentwicklung zwischen der vorzeitigen Beendigung und dem nach § 104 Absatz 3 InsO maßgeblichen Zeitpunkt hätten vereinnahmt werden können: Bei einer solchen vorzeitigen Beendigung wäre es kaum mit dem Zweck des gesetzlichen Mechanismus vereinbar, die Nichterfüllungsforderung auf der Grundlage der Markt- oder Börsenpreise nach der Verfahrenseröffnung zu berechnen. Dies setzte den Vertragsgegner den Unwägbarkeiten aus, die durch die sofortige Beendigung und Abrechnung im Zuge des gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus ausgeschlossen werden sollen (Bornemann, a.a. O., Rdnr. 42).

Neben dem Zweck der gesetzlichen Regelungen sind bei der Bestimmung der wesentlichen Grundgedanken auch die Vorgaben europäischen Rechts, insbesondere der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43) (Finanzsicherheitenrichtlinie) zu beachten.

Um Klarheit darüber zu schaffen, welche Vereinbarungen die Parteien in jedem Fall treffen können, enthält § 104 Absatz 4 Satz 2 InsO-E einen Beispielkatalog.

Nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO-E ist es - im Einklang mit dem Wortlaut des bisherigen § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO - möglich, einen vor der Verfahrenseröffnung liegenden Beendigungszeitpunkt zu bestimmen. Neben dem in § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO bereits genannten Vorliegen von Insolvenzgründen nennt § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO-E nun ausdrücklich auch die Stellung eines Eigenantrags durch eine der Vertragsparteien als einen möglichen Anknüpfungspunkt für die Auslösung eines vertraglichen Lösungs- oder Nettingmechanismus. Diese Klarstellung ist erforderlich, weil die Anknüpfung von vertraglichen Lösungsklauseln an insolvenzbezogene Tatbestände wie die Stellung eines Insolvenzantrags oder das Vorliegen von Insolvenzgründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Lösungsklauseln führt (BGH, Urteil vom 15. November 2012, IX ZR 169/11, Tz. 13 ff.). Künftig besteht Klarheit darüber, dass dies im Anwendungsbereich des § 104 InsO nicht gilt. Diese Klarstellung ist unmittelbar durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 veranlasst, das ausdrücklich offengelassen hat, ob solche insolvenzbezogenen Anknüpfungen wirksam vereinbart werden können (BGH, Urteil vom 9. Juni 2016, IX ZR 314/14, Tz. 55). Da eine Anknüpfung vertraglicher Lösungs- und Beendigungsklauseln an wesentliche Pflichtverletzungen oder an eine Verschlechterung der Vermögenslage für sich genommen auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 104 InsO keinen Wirksamkeitshindernissen begegnet (BGH, Urteil vom 15. November 2012, IX ZR 169/2011, BGHZ 195, 348, Tz. 21), werden solche Anknüpfungstatbestände nicht eigens genannt. Die Aufzählung in § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO-E ist gleichwohl nicht abschließend und ermöglicht auch die Vereinbarung anderer insolvenzbezogener Anknüpfungstatbestände wie insbesondere die Verhängung aufsichtsrechtlicher Moratorien, die Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 21 InsO sowie die Stellung eines Insolvenzantrags durch einen Gläubiger oder eine Aufsichtsbehörde. Solche Klauseln finden sich üblicherweise in den gängigen Rahmenverträgen und sollten auch weiterhin zulässig sein.

§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 InsO-E stellt klar, dass das Erfordernis nach § 104 Absatz 1 InsO, wonach eine Leistungszeit oder -frist vereinbart sein muss, die erst nach der Eröffnung des Verfahrens eintritt oder abläuft, bei einer vertraglichen Beendigung vor der Verfahrenseröffnung nicht gilt. Vielmehr tritt hier der vereinbarte Beendigungszeitpunkt an die Stelle der Verfahrenseröffnung. Dem vertraglichen Beendigungsmechanismus unterfallen somit alle Geschäfte, in denen eine Leistungszeit oder -frist vereinbart ist, die nach dem für die vertragliche Beendigung vorgesehenen Zeitpunkt liegt oder abläuft.

§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E gestattet den Parteien ausdrücklich, abweichende Regelungen zur Bestimmung der Nichterfüllungsforderung zu treffen. Diese Änderung ist unmittelbar durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 veranlasst, wonach der gesetzlich festgelegte Berechnungsmodus zwingend ist und abweichenden vertraglichen Bestimmungen vorgeht (BGH, a.a. O., Tz. 56 ff.).

Die Berechnungsweise für den Nichterfüllungsanspruch wird zum einen in zeitlicher Hinsicht flexibilisiert. Es kann für die Bestimmung des maßgeblichen Markt- oder Börsenwerts des Geschäfts ein anderer Zeitpunkt zugrunde gelegt werden als der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung. Ein praktisches Bedürfnis für eine Vorverlegung des maßgeblichen Berechnungszeitpunkts besteht in den Fällen, in denen sich die Parteien nach Maßgabe von § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO-E auf eine Beendigung vor der Verfahrenseröffnung einigen. Unter der geltenden Fassung wird gegen einen von der gesetzlichen Regelung abweichenden Berechnungszeitpunkt eingewandt, dass der Masse im Vergleich zur gesetzlichen Berechnungsweise Gewinne verloren gehen könnten, die auf die Position im Zeitraum zwischen der vorinsolvenzlichen Beendigung und der Verfahrenseröffnung entfallen (Köndgen, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand: Nov. 2015, § 104 Rdnr. 36 ff.; Fuchs, Closeout Netting, Collateral und systemisches Risiko, 2013, S. 117 f.; Kieper, Abwicklungssysteme in der Insolvenz, 2004, S. 91). Allerdings resultieren solche Gewinne aus zufälligen Marktpreisschwankungen, die sich im Vorhinein nicht voraussagen lassen und die sich daher genauso gut in Verlusten für die Masse niederschlagen können (Bornemann, in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 104 Rdnr. 42). Zudem schützt § 104 InsO gerade die Fähigkeit der Parteien, insbesondere des Vertragsgegners, die mit solchen Preisschwankungen verbundenen Risiken effektiv zu steuern (Bornemann, a.a. O., § 104 Rdnr. 42). Damit wäre es nicht vereinbar, den Parteien trotz bereits erfolgter Beendigung zuzumuten, die Berechnung des Ausgleichanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt zu beziehen. Dies gilt umso mehr als sich die Berechnung des Nichterfüllungsanspruchs auf Grundlage des gesetzlichen Lösungsmechanismus nach dem Preis für ein (tatsächliches oder hypothetisches) Ersatzgeschäft zu Markt- oder Börsenpreisen richten soll, das unverzüglich nach der Beendigung des Vertrags abzuschließen ist.

Nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E können die Parteien - wie bisher - einen Zeitpunkt wählen, der im Zeitraum zwischen der Beendigung des Geschäfts und dem fünften darauf folgenden Werktag liegt. Insoweit besteht die Klarstellung allein darin, dass für Zwecke der Bestimmung des Markt- oder Börsenwerts des Geschäfts der vertragliche Beendigungszeitpunkt an die Stelle der Verfahrenseröffnung tritt.

Darüber hinaus enthält § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E auch Klarstellungen zu den Methoden und Verfahren für die Bestimmung des maßgeblichen Markt- oder Börsenwerts.

Nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a InsO-E soll der Markt- oder Börsenpreis eines Ersatzgeschäfts maßgeblich sein können, das unverzüglich abgeschlossen wurde. Die herrschende Meinung in der Literatur hat es zwar bislang für unzulässig erachtet, der Berechnung den Preis für ein konkretes Ersatzgeschäft zugrunde zu legen (vgl. nur Lüer, in: Uhlenbruck, 14. Aufl. 2015, § 104 Rn. 40; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 104 Rn. 63; Wegener, in: FK-InsO, 8. Aufl. 2015, § 104 Rn. 25). Allerdings wird auch vertreten, dass bereits nach der gesetzlichen Regelung in § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO der konkrete Aufwand für eine unverzüglich vorgenommene Ersatzbeschaffung zugrunde gelegt werden kann, sofern das Ersatzgeschäft zu einem Markt- oder Börsenpreis zustande kommt (Bornemann, a.a.O., § 104 Rdnr. 27 f., 40; Ebenroth/Benzler, a.a. O., S. 379 f.). Dabei wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Unverzüglichkeit der Eindeckung und der Umstand, dass das Ersatzgeschäft zu einem Markt- oder Börsenpreis zustande kommt, die Objektivität und Manipulationsfreiheit der Wertbestimmung verbürgen und damit Spekulationen zulasten der anderen Partei ausschließen (Bornemann, a.a. O., Rdnr. 27 f.). Die Möglichkeit, auf den Markt- oder Börsenpreis für das konkret abgeschlossene Ersatzgeschäft abzustellen, ist grundsätzlich geeignet, die Zwecke des gesetzlichen Beendigungsmechanismus zu fördern, und soll daher künftig im Einklang mit der Vertragspraxis ermöglicht werden. Denn sie sichert die von § 104 InsO vorausgesetzte Möglichkeit ab, dass die Parteien sich zu eben dem Preis am Markt oder an der Börse Ersatz beschaffen können, zu dem sie das Geschäft im Verhältnis zueinander abrechnen (Bornemann, a.a. O., Rdnr. 27).

Nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe b InsO-E kann, sofern ein Ersatzgeschäft nicht abgeschlossen wird, der Markt- oder Börsenpreis für ein hypothetisches Ersatzgeschäft zugrunde gelegt werden. Die Zugrundelegung eines solchen abstrakten Ersatzbeschaffungsaufwands entspricht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2016, IX ZR 314/14, Tz. 71) und nach herrschender Auffassung in der Literatur (Lüer, in: Uhlenbruck, 14. Aufl. 2015, § 104 Rn. 40; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 104 Rn. 63; Wegener, in: FK-InsO, 8. Aufl. 2015, § 104 Rn. 25; Ehricke, NZI 2006, 564, 566 f.; Benzler, Nettingvereinbarungen im außerbörslichen Derivatehandel, 1999, S. 259 ff.; Ebenroth/Benzler, ZVglRW 95 (1996), 335, 359; v. Hall, WM 2011, 2161, 2165 f.) der gesetzlichen Regelung in § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO.

Kann aufgrund des Marktgeschehens zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Markt- oder Börsenpreis nicht bestimmt werden, können die Parteien nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe c InsO-E die Maßgeblichkeit von Verfahren und Methoden vereinbaren, die Gewähr für eine angemessene Wertbestimmung bieten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der oder die relevanten Märkte inaktiv sind oder wenn die sich auf ihnen bildenden Preise die unter marktüblichen Bedingungen sich gewöhnlich bildenden Preise nicht angemessen repräsentieren (vgl. Artikel 16 der delegierten Verordnung (EU) Nr. 149/2013 vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister).

Zu den hiernach zulässigen Verfahren und Methoden gehört in erster Linie die Ableitung des Preises aus dem Markt- oder Börsenwert anderer Geschäfte, auf die sich das fragliche Geschäft finanzmathematisch zurückführen lässt (sogenannte "synthetische Marktpreise", vgl. Ehricke, NZI 2006, 564, 567; Jahn/Fried, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 104 Rdnr. 58). Insoweit kann auch vereinbart werden, dass das wegfallende Geschäft im Rahmen einer Ersatzeindeckung nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a InsO-E durch eine Mehrzahl von Geschäften ersetzt wird, durch die sich das wegfallende Geschäft rekonstruieren lässt.

Weiterhin kann die Ermittlung eines Preises im Rahmen einer Auktion für maßgeblich erklärt werden, sofern die Zugangs- und Teilnahmebedingungen ein offenes, transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren gewährleisten und damit Voraussetzungen für die Preisbildung schaffen, die mit dem gewöhnlichen Marktgeschehen vergleichbar sind (Ehricke, ZInsO 2009, 547 ff.).

Schließlich kann auch vereinbart werden, dass der Preis auf der Grundlage von Modellen zur Messung von Marktrisiken bestimmt wird. Erforderlich ist aber, dass die dem Modell zugrunde liegenden Annahmen und Methoden sowie dessen statistische Grundlagen Gewähr für eine angemessene Wertbestimmung bieten. In Anlehnung an die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung von Modellen nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vom 12. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister müssen derartige Modelle insbesondere sämtliche für die Preisbildung relevanten Faktoren einbeziehen und mit den anerkannten ökonomischen Verfahrens- und Berechnungsweisen für die Bewertung von Finanzinstrumenten übereinstimmen. Sie haben sich dabei auf tatsächliche im Marktgeschehen beobachtbare Preise zu stützen oder müssen zumindest anhand solcher Preise kalibriert und regelmäßig überprüft werden. Obgleich dies bei einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung von Modellen grundsätzlich angenommen werden kann (vgl. Kieper, Abwicklungssysteme in der Insolvenz, 2004, S. 63 mit Blick auf aufsichtsrechtliche Marktbewertungen), müssen die von solchen Modellen erzeugten Preise gegebenenfalls um solche Komponenten bereinigt werden, die dem aufsichtsrechtlichen Vorsichtsprinzip geschuldet sind. Dies gilt für Modelle nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, welche bei der Bestimmung der Höhe der aufsichtsrechtlich erforderlichen Margin-Sicherheiten vorsichtige Bewertungen vorzunehmen und daher zur Wahrung dieses Vorsichtsprinzips einen tendenziell höheren Preis auszugeben haben.

Zu § 104 Absatz 5 InsO-E

§ 104 Absatz 5 InsO-E übernimmt die Regelung in § 104 Absatz 3 Satz 3, wonach die Nichterfüllungsforderung durch den anderen Teil nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann.

Zu Artikel 2 (Weitere Änderung der Insolvenzordnung)

Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 2016 (IX ZR 314/14) sind weitere Änderungen des § 104 InsO veranlasst, um Rechtsunsicherheiten in der Finanzmarktund Aufsichtspraxis zu beseitigen. Mit dem genannten Urteil hat der Bundesgerichtshof seine restriktive Rechtsprechung zur Zulässigkeit von vertraglichen Beendigungs- und Abwicklungsregimen fortgesetzt. Bereits mit Urteil vom 15. November 2012 (IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348) hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass insolvenzbezogene Lösungsklauseln, d.h. Klauseln, die für den Insolvenzfall eine Loslösung von Verträgen vorsehen, nach § 119 InsO unwirksam sind. In beiden Fällen hat der Bundesgerichtshof den Schutz der Insolvenzmasse in den Vordergrund gestellt. Gegenläufige Auslegungsargumente aus den Gesetzesmaterialien wurden dabei zurückgestellt. Der von § 104 InsO intendierte Ausgleich zwischen den Schutzbelangen des Vertragsgegners und dem Schutz der Masse fällt in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher einseitig zulasten des Vertragsgegners aus. Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, Zweifelsfragen zur Auslegung des § 104 InsO in einer Weise zu klären, die sowohl dem Masseschutzgedanken als auch den in § 104 InsO verwirklichten Schutzbelangen gerecht wird. Der Entwurf sieht daher Klarstellungen hinsichtlich der Reichweite des Anwendungsbereichs der Vorschrift und zu den Anforderungen vor, die an Rahmenvereinbarungen zur Zusammenfassung einzelner Geschäfte zu stellen sind. In diesem Zusammenhang soll auch Struktur und -systematik der Vorschrift vereinfacht werden, insbesondere durch eine klare Trennung der Regelungen zum gesetzlichen Lösungsmechanismus und der Regelungen, welche die Möglichkeiten abweichender privatautonomer Vereinbarungen abstecken.

Zu Nummer 1 (Neufassung des § 104 Absatz 1 bis 3)

Durch Nummer 1 werden die ersten drei Absätze von § 104 InsO neu gefasst. Dabei werden die bisherigen Absätze 1 und 2 in § 104 Absatz 1 InsO-E zusammengefasst. Dieser regelt künftig, dass die Erfüllungsansprüche aus den bislang von Absatz 1 erfassten Fixgeschäften über Waren und aus den bislang von Absatz 2 erfassten Geschäften über Finanzleistungen mit der Verfahrenseröffnung ausgeschlossen und durch eine Nichterfüllungsforderung ersetzt werden. Der dabei übernommene Beispielkatalog des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO wird überarbeitet.

§ 104 Absatz 2 InsO-E wird künftig für den gesetzlichen Beendigungsmechanismus die Regelungen zur Bestimmung der Nichterfüllungsforderung enthalten.

§ 104 Absatz 3 InsO-E übernimmt die bisherige Regelung des § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO zu den Rahmenverträgen und ergänzt diese durch Klarstellungen zu sogenannten "gemischten Rahmenverträgen", in welche sowohl Geschäfte über Finanzleistungen als auch andere Verträge einbezogen sind, und zu den Regelwerken zentraler Gegenparteien.

In wörtlicher Übernahme des § 104 Absatz 1 InsO schließt § 104 Absatz 1 Satz 1 InsO-E die Erfüllungsansprüche aus Fixgeschäften über Waren aus, sofern die Lieferung der Ware zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht fällig geworden ist. Es kann nur eine Forderung wegen Nichterfüllung verlangt werden.

§ 104 Absatz 2 Satz 2 InsO-E ordnet dieselben Rechtsfolgen für Geschäfte über Finanzleistungen an und übernimmt damit den Regelungsgehalt des § 104 Absatz 2 Satz 1 InsO nach Maßgabe sprachlicher Anpassungen, die der Straffung des Textes dienen und mit denen keine inhaltlichen Änderungen beabsichtigt sind.

§ 104 Absatz 1 Satz 3 InsO-E enthält einen Beispielkatalog zur Verdeutlichung des Begriffs der Finanzleistung im Sinne des § 104 Absatz 1 Satz 2 InsO-E. Der Finanzleistungsbegriff wird aus § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO übernommen, aber im Zuge dieser Übernahme vereinfacht, indem er auf den Finanzinstrumentebegriff der neugefassten Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU ausgerichtet und damit auch auf den aktuellen Stand der Finanzmarktpraxis und -regulierung gebracht wird. Inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden. Zwar enthält die Definition des Finanzinstruments in Anhang I Abschnitt C der neugefassten Finanzmarktrichtlinie auch Geschäftstypen, die, wie z.B. die auf Klimavariablen, Frachtsätze, Inflationsraten oder andere makroökonomische Variablen bezogenen Derivate, im geltenden Absatz 2 Satz 2 nicht aufgeführt werden. Allerdings handelt es sich bei der Aufzählung des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO um einen nicht abschließenden Beispielkatalog. Die Regelungstechnik des Beispielkatalogs hat der Gesetzgeber bewusst gewählt, da er den Begriff der Finanzleistung für künftige Entwicklungen auf den Finanzmärkten offenhalten wollte (Bundestagsdrucksache 012/7302, S. 168). Mit der Anknüpfung an den Finanzinstrumentebegriff der neugefassten Finanzmarktrichtlinie wird den zwischenzeitlichen Änderungen auf den Finanzmärkten Rechnung getragen, welche die ursprüngliche Regelung ohnehin antizipieren wollte und welche der europäische Gesetzgeber durch die Ausweitung des zunächst ebenfalls enger gefassten Finanzinstrumentebegriffs bereits nachvollzogen hat. Mit der Ausrichtung auf den EU-rechtlichen Finanzinstrumentebegriff ist allerdings keine Einschränkung der bislang erfassten Instrumente intendiert. Daher wird der bisherige Aufbau des Katalogs beibehalten und um die Finanzleistungen ergänzt, die einen Bezug zu Finanzinstrumenten haben.

Der so modernisierte Regelbeispielkatalog des § 104 Absatz 1 Satz 3 InsO-E ist weiterhin nicht abschließend. Auch künftig soll der Begriff der Finanzleistung gegenüber der gängigen Finanzmarktpraxis und künftigen Entwicklungen im Finanzmarkt anschlussfähig sein.

Nummer 1 des Katalogs übernimmt das bereits bisher in § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 InsO aufgeführte Beispiel der Lieferung von Gold und anderen Edelmetallen.

Nummer 2 übernimmt inhaltlich als weiteres Beispiel die bislang in § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 verortete Lieferung von Wertpapieren und anderen Rechten mit Ausnahme der Fälle, in denen der Aufbau einer Unternehmensbeteiligung beabsichtigt ist. Allerdings bezieht sie sich nicht mehr auf Wertpapiere, sondern auf Finanzinstrumente im Sinne der neugefassten Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, § 104 Absatz 1 Satz 4 InsO-E. Da zu diesen Finanzinstrumenten neben den Wertpapieren auch weitere Instrumente gehören, ist damit eine Erweiterung des Kreises der erfassten Lieferungen verbunden. Die bislang unter § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InsO fallenden Geschäfte werden daher auch weiterhin erfasst sein. Dies gilt insbesondere für Wertpapierpensions- und -darlehensgeschäfte (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1853, S. 15; 18/6091, S. 86). Soweit zuweilen geltend gemacht wird, dass diese Instrumente selbst nicht vollumfänglich vom Finanzinstrumentebegriff erfasst sein mögen, ändert sich hieran nichts. Entscheidend ist nicht, dass die Finanzleistung oder das zugrunde liegende Geschäft, das den Anspruch auf die Finanzleistung vermittelt, als Finanzinstrument zu qualifizieren ist, sondern dass die Finanzleistung auf die Lieferung eines Finanzinstruments gerichtet ist. Dies ist aber bei den genannten Pensions- und Darlehensgeschäften der Fall, sofern sich diese auf ein Wertpapier, ein anderes Finanzinstrument oder ein vergleichbares Recht beziehen.

Nummer 3 übernimmt die bislang von Nummern 3 und 4 erfassten derivativen Instrumente und fasst diese zusammen.

Nummer 4 erfasst Lieferungen oder Geldleistungen aus derivativen Finanzinstrumenten, soweit diese nicht schon von den Nummern 2 und 3 erfasst oder durch Nummer 2 ausgeschlossen sind. Auch hier ist der EU-rechtliche Finanzinstrumentebegriff zugrunde zu legen, § 104 Absatz 1 Satz 4 InsO-E. Von Nummer 4 werden allerdings nur die derivativen Finanzinstrumente erfasst. Dies sind die in Anhang I Abschnitt C Nummern 4 bis 10 der neugefassten Finanzmarktrichtlinie genannten Geschäfte. Lieferungen aus diesen Instrumenten werden von Nummer 4 allerdings dann nicht erfasst, wenn sie Finanzinstrumente oder vergleichbare Rechte zum Inhalt haben, bei denen die Absicht besteht, eine Beteiligung an einem Unternehmen zum Zwecke der dauerhaften Verbindung aufzubauen.

Nummer 5 betrifft die bislang von § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 erfassten Optionen und andere Rechte auf Finanzleistungen. Zwar werden Optionen über weite Strecken bereits von Nummer 4 erfasst (vgl. Anhang I Abschnitt C Nummern 4 bis 7 der neugefassten Finanzmarktrichtlinie). Ihre explizite Nennung erscheint aber erforderlich, um für Rechtssicherheit in der Frage zu sorgen, ob Optionsgeschäfte auch dann in den Anwendungsbereich des § 104 InsO-E fallen, wenn sie einseitig vorerfüllt sind. So wird vertreten, dass § 104 InsO wie auch § 103 InsO voraussetze, dass die beiderseitigen Leistungspflichten noch nicht vollständig erfüllt seien. Folglich bleibe jedenfalls bei einer durch Lieferung zu erfüllenden Option, bei welcher von einer einseitigen vollständigen Erfüllung auszugehen sei, kein Raum für die Anwendung von § 104 InsO (Jacoby, in: Jaeger, InsO, 2014, § 104 Rdnr. 9 ff., 33 ff.; Jahn/Fried, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 104 Rdnr. 75; Wegener, in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 8. Aufl. 2015, § 104 Rdnr. 13; v. Hall, ZinsO 2011, 505, 508). Allerdings hat der Gesetzgeber mit den Differenzgeschäften und den Finanzsicherheiten weitere Geschäfte in den Anwendungsbereich des § 104 InsO einbezogen, bei denen es sich ebenfalls nicht um beiderseitig noch nicht vollständig erfüllte Verträge und teilweise noch nicht einmal um gegenseitige Verträge handelt (Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: 29. EL Jan. 2016, § 104 Rdnr. 31; Bornemann, in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 104 Rdnr. 8; Köndgen, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand: Nov. 2015, § 104 Rdnr. 33; Kieper, Abwicklungssysteme in der Insolvenz, 2004, S. 61 f.; Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, 2002, S. 203 f.). Daher sollte es nicht auf das formale Kriterium des Vorliegens eines Vertrags im Sinne des § 103 InsO ankommen, sondern allein auf die Frage, ob die Marktrisiken, denen das Geschäft unterliegt, unter das von § 104 InsO aufgegriffene Schutzbedürfnis der Parteien und insbesondere des Vertragsgegners fallen. Das mag bei Optionsgeschäften allenfalls in ausgewählten Fallkonstellationen nicht der Fall sein, namentlich dann, wenn der Vertragsgegner bei einer Option mit Barausgleich die Rolle des Stillhalters einnimmt (Piekenbrock/Ludwig, WM 2014, 2197, 2202 f.). Im Übrigen aber und insbesondere dann, wenn der Vertragsgegner die Rolle des Optionsinhabers einnimmt, ist er den Marktpreisrisiken aus dem Geschäft ausgesetzt. In diesen Fällen besteht das von § 104 InsO aufgegriffene Bedürfnis nach einer umgehenden Klärung der Rechtslage, die es dem Geschäftsgegner erlaubt, sein Erfüllungsinteresse durch den Abschluss eines Ersatzgeschäfts zu wahren. In jedem Fall besteht ein Bedürfnis, Optionsgeschäfte zusammen mit anderen Finanzleistungen in einen Rahmenvertrag zusammenzufassen. Dies ist nur möglich, wenn das Optionsgeschäft selbst als ein Geschäft über eine Finanzleistung angesehen werden kann.

Anders als bislang schließt Nummer 5 nicht mehr nur Optionen und andere Rechte auf Finanzleistungen ein, sondern auch Optionen auf Warengeschäfte nach Satz 1. Derartige Optionen werden über weite Strecken bereits von Nummer 4 erfasst (vgl. Anhang I Abschnitt C Nummern 5 bis 7 der neugefassten Finanzmarktrichtlinie). Das von § 104 InsO aufgegriffene Bedürfnis, dem Vertragsgegner möglichst rasch Klarheit über das Schicksal des Geschäfts zu verschaffen, besteht aber nicht nur bei den von Nummer 4 erfassten Geschäften, sondern auch bei anderen markt- und börsengängigen Geschäften über die Lieferung von Waren. Auch hier ist der Vertragsgegner schutzbedürftig, da er Marktpreisrisiken ausgesetzt wird, vor denen § 104 InsO ihn schützen soll. Dies gilt insbesondere und ohne Einschränkungen in den Fällen, in denen aufgrund von regulatorischen Vorgaben außerhalb des Wertpapierhandelsrechts der Warenmarkt Gewähr für eine integre und transparente Preisbildung bietet.

Zu denken ist vor allem an Energiegroßhandelsmärkte, die auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts reguliert werden.

Schließlich erfasst Nummer 5 nun auch Optionen und andere Rechte an Optionen und anderen Rechten im Sinne der Nummern 1 bis 5. Damit werden komplexere Geschäftstypen erfasst, die, wie mehrstufige Optionen (z.B. compound options und andere exotische Optionen), ihrerseits auf Optionen oder andere Finanzleistungen bezogen sind. Damit wird nicht zuletzt zum Ausdruck gebracht, dass auch gleich- und mehrstufige Kombinationen aus Finanzleistungen jedenfalls dann Finanzleistungen darstellen, wenn sie dem Risiko von Markt- oder Börsenpreisschwankungen unterliegen.

§ 104 Absatz 1 Satz 3 Nummer 6 InsO-E übernimmt schließlich das Regelbeispiel zu den Finanzsicherheiten.

§ 104 Absatz 2 InsO-E regelt die Bestimmung des Anspruchs wegen Nichterfüllung im Rahmen des gesetzlichen Beendigungsmechanismus. Er übernimmt und konkretisiert dabei den Regelungsgehalt des § 104 Absatz 3 InsO, nicht aber dessen Wortlaut, der - historisch bedingt - auf die Besonderheiten des in § 104 Absatz 1 InsO geregelten Fixhandelskaufs zugeschnitten ist und daher bei derivativen Instrumenten wie z.B. Optionen und Swaps zu Auslegungsschwierigkeiten und Unklarheiten führt (Kieper, Abwicklungssysteme in der Insolvenz, 2004, S. 67 ff.; Piekenbrock/Ludwig, WM 2014, 2197, 2205; Reiner, Derivative Finanzinstrumente, 2002, S. 187 ff.). Aus diesem Grund stellt § 104 Absatz 2 InsO-E auf den Markt- oder Börsenwert des Geschäfts ab, anstatt wie bisher auf die Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis. In der Sache ändert sich damit nichts, da auch bislang davon auszugehen war, dass es im Ergebnis auf den Preis eines hypothetischen Ersatzgeschäfts und damit auf den Wert der Position ankommt, die durch das in Wegfall geratene Geschäft vermittelt wurde (Kieper, a.a. O., S. 67 ff.). Im Fall eines Terminkaufs richtet sich dieser Wert nach der Differenz zwischen dem Markt- und dem vereinbarten Kaufpreis. Bei derivativen Instrumenten bereitet die Differenzformel hingegen Schwierigkeiten, wenn der "vereinbarte Preis" mit dem Preis des Referenzaktivums verwechselt wird. So kommt es bei einem Optionsgeschäft nicht auf den Preis des Referenzaktivums, sondern auf den Wert der Option selbst an (BGH, Urteil vom 9. Juni 2016, IX ZR 314/14, Tz. 73). Dies wird dadurch klargestellt, dass allein auf den Markt- oder Börsenwert des Geschäfts abgestellt wird.

§ 104 Absatz 2 InsO-E bezieht sich dabei bewusst auf den Markt- oder Börsenwert des Geschäfts und nicht, wie § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO, auf den Markt- oder Börsenpreis. Der Begriff Preis suggeriert, dass ein bestimmter oder eindeutig bestimmbarer Preis gemeint sei. Tatsächlich aber wirft die Bestimmung des Markt- oder Börsenpreises von Geschäften insbesondere dann eine Vielzahl von Fragen auf, wenn mit der überwiegenden Auffassung ein abstrakter Maßstab angelegt werden soll (vgl. Benzler, Nettingvereinbarungen im außerbörslichen Derivatehandel, 1999, S. 259 ff.; Bornemann, in GrafSchlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 104 Rdnr. 26; Ebenroth/Benzler, ZVglRW 95 (1996), 335, 359; Ehricke, NZI 2006, 564, 566 f.; v. Hall, WM 2011, 2161, 2165 f.). Diese Schwierigkeiten lassen sich ohne Rückgriff auf rechtsgeschäftliche Konkretisierungen in den einschlägigen Vertragsdokumentationen kaum verlässlich beseitigen (Bornemann, a.a. O., § 104 Rdnr. 26 f.; Ebenroth/Benzler, ZVglRW 95 (1996), 335, 359; Reiner, ISDA Master Agreement, 2013, § 6 Rdnr. 168 f.). Gerade deshalb erscheint es geboten, dass auch der Preis eines zu einem Markt- oder Börsenpreis abgeschlossenen konkreten Ersatzgeschäfts zugrunde gelegt werden kann (Bornemann, a.a. O., § 104 Rdnr. 27 f.), wie dies § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 InsO-E klarstellt, und dass die Parteien auch privatautonome Regelungen zur näheren Bestimmung des maßgeblichen Markt- oder Börsenwerts treffen können (Bornemann, a.a.O., § 104 Rdnr. 26 ff.; Ebenroth/Benzler, a.a. O., S. 359), wie dies nunmehr in § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E vorgesehen ist.

Nach § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 InsO-E ist der Markt- oder Börsenpreis eines Ersatzgeschäfts maßgeblich, das unverzüglich, spätestens jedoch am fünften Werktag nach der Verfahrenseröffnung zu einem Markt- oder Börsenpreis abgeschlossen wird. In der Sache wird damit die durch Artikel 1 Nummer 3 dieses Gesetzes geschaffene Regelung des § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a InsO übernommen, nach welcher die Parteien die Maßgeblichkeit des Markt- oder Börsenpreises eines Ersatzgeschäfts vereinbaren können. Diese, zunächst für vertragliche Beendigungs- und Abrechnungsmechanismen geschaffene Regelung, soll aus den für ihre Einführung sprechenden Gründen auch im Kontext des gesetzlichen Beendigungs- und Abrechnungsmechanismus gelten. Die Unverzüglichkeit der Eindeckung und der Umstand, dass das Ersatzgeschäft zu einem Markt- oder Börsenpreis zustande kommt, verbürgen die Objektivität und Manipulationsfreiheit der Wertbestimmung und verhindern Spekulationen zulasten der anderen Partei. Die Möglichkeit, auf den Markt- oder Börsenpreis für das konkret abgeschlossene Ersatzgeschäft abzustellen, sichert zudem die von § 104 InsO vorausgesetzte Möglichkeit ab, dass sich die Parteien zu eben dem Markt- oder Börsenpreis Ersatz beschaffen können, zu dem sie das Geschäft im Verhältnis zueinander abwickeln.

Als Ersatzgeschäft ist ein Geschäft anzusehen, das einen Anspruch auf dieselbe Finanzleistung vermittelt, die zum gleichen Ausübungs- oder Terminpreis und zur selben Leistungszeit oder nach Ablauf derselben Leistungsfrist zu erbringen ist. So muss z.B. das Ersatzgeschäft für ein Optionsgeschäft auf denselben Basiswert bezogen sein, denselben Ausübungszeitpunkt oder -zeitraum vorsehen und denselben Ausübungspreis haben.

Wird ein Ersatzgeschäft nicht abgeschlossen, so ist nach § 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 InsO-E der Markt- oder Börsenpreis für ein hypothetisches Ersatzgeschäft zugrunde zu legen, das am zweiten Werktag nach der Verfahrenseröffnung hätte abgeschlossen werden können. In der Sache bildet diese Regelung die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2016, IX ZR 314/14, Tz. 71) und nach herrschender Auffassung in der Literatur (vgl. nur Lüer, in: Uhlenbruck, 14. Aufl. 2015, § 104 Rn. 40; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 104 Rn. 63; Wegener, in: FK-InsO, 8. Aufl. 2015, § 104 Rn. 25) gemäß § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO maßgebliche Berechnungsweise ab, nach der eine abstrakte Schadensberechnung vorzunehmen ist.

Lässt das Marktgeschehen den Abschluss eines Ersatzgeschäfts oder die Bildung von Markt- oder Börsenpreisen nicht zu, ist nach § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO-E eine Wertbestimmung auf der Grundlage von Verfahren und Methoden vorzunehmen, die Gewähr für eine angemessene Wertbestimmung bieten. In der Sache wird damit die durch Artikel 1 Nummer 3 dieses Gesetzes geschaffene Regelung des § 104 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe c InsO übernommen, nach welcher die Parteien diese Methoden und Verfahren vereinbaren können, sofern das Marktgeschehen den Abschluss von Ersatzgeschäften zu Markt- oder Börsenpreisen nicht zulässt. Die Maßgeblichkeit von Methoden und Verfahren, die eine angemessene Wertbestimmung erlauben, ist auch für die Bestimmung des Markt- oder Börsenwerts der Geschäfte angemessen, die dem gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus unterliegen.

§ 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E übernimmt § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO und erkennt damit die vertragliche Fiktion der Einheitlichkeit des Vertrags durch rahmenvertragliche Single Agreement-Klauseln an. Für die Fiktion reicht es wie bislang aus, dass die rahmenvertragliche Bestimmung eine einheitliche Beendigung der einbezogenen Geschäfte im Falle des Eintritts bestimmter Ereignisse wie insbesondere der in § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO-E erwähnten Tatbestände vorsieht; eine vertragliche Einheit im Sinne des § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht unbedingt erforderlich (Köndgen, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Stand: Nov. 2015, § 104 Rdnr. 44).

§ 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E stellt außerdem klar, dass Geschäfte nach § 104 Absatz 1 InsO-E auch durch das Regelwerk einer zentralen Gegenpartei zu einem einheitlichen Vertrag zusammengefasst werden können. Damit ist gewährleistet, dass Vereinbarungen über Liquidationsnetting für die Zwecke der bankaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalunterlegung auch im Rahmen der Abwicklung von Geschäften über zentrale Gegenparteien anerkannt werden können. Zwar wird die Anwendung der Regelwerke zentraler Gegenparteien bereits durch die vorrangig anzuwendenden Bestimmungen des Artikels 102b des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung in Verbindung mit Artikel 48 der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EU) Nr. 648/2012 gewährleistet. Dies gilt allerdings nur in der Insolvenz von Clearingmitgliedern und nicht in der Insolvenz der zentralen Gegenpartei. Die Klarstellung in § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E stellt also sicher, dass die in den Regelwerken der zentralen Gegenparteien vorgesehenen Maßnahmen zum Liquidationsnetting in der Insolvenz der zentralen Gegenpartei von § 104 Absätzen 3 und 4 InsO-E erfasst werden.

§ 104 Absatz 3 Satz 2 InsO-E stellt klar, dass die Fiktionswirkungen nur eintreten, soweit die einbezogenen Geschäfte solche nach § 104 Absatz 1 InsO-E sind. Andere Geschäfte mögen zwar zivilrechtlich in den Rahmenvertrag einbezogen werden können, ihre Einbeziehung führt aber nicht dazu, dass sie dem gesetzlichen Lösungsmechanismus oder dessen zulässigen vertragsrechtlichen Modifikationen unterfallen. Andererseits schadet die Einbeziehung solcher Verträge nicht der Fiktionswirkung in Bezug auf die Geschäfte, die sich unter den neuen Absatz 1 fassen lassen, d.h. Warentermingeschäfte und Geschäfte über Finanzleistungen.

In der Einbeziehung der Warentermingeschäfte des § 104 Absatz 1 InsO liegt nur vordergründig eine Neuerung gegenüber der bisherigen, auf Finanzleistungsverträge beschränkten Regelung in § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO. Warentermingeschäfte sind mittlerweile auch in den Finanzinstrumentebegriff der neugefassten Finanzmarktrichtlinie einbezogen worden, sodass sie nach den zur Begründung der Neufassung des § 104 Absatz 1 InsO-E angestellten Überlegungen über weite Strecken bereits als Finanzleistungsverträge gelten. Soweit dies nicht der Fall ist, konnten Nichterfüllungsforderungen aus Warentermingeschäften nach § 104 Absatz 1 InsO, wenn sie nicht bereits in einen Rahmenvertrag nach § 104 Absatz 2 Satz 3 InsO einbezogen werden (dafür Jacoby, in: Jaeger, InsO, 2014, § 104 Rdnr. 55; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. 2011, Rdnr. 8.402 ff.; Bosch, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2000, S. 1009, 1036, Rdnr. 105 ff.; v. Wilmowsky, WM 2002, 2264, 2275), so doch jedenfalls mit Nichterfüllungsforderungen aus Rahmenverträgen verrechnet und aufgerechnet werden (Benzler, ZinsO 2000, 1, 7; Bornemann, in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 104 Rdnr. 44, 46; Marotzke, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 8. Aufl. 2016, § 104 Rdnr. 10; Fuchs, Closeout Netting, Collateral und systemisches Risiko, 2013, S. 104 ff.). Zweifel an dieser Verrechnungsmöglichkeit bestehen nicht, da sämtliche Nichterfüllungsforderungen aus den nach § 104 InsO beendeten Geschäften mit der Eröffnung entstehen, sodass ihrer Aufrechnung keine insolvenzrechtlichen Aufrechnungshindernisse entgegenstehen (Kieper, Abwicklungssysteme in der Insolvenz, 2004, S. 71 ff.; Fuchs, Closeout Netting, Collateral und systemisches Risiko, 2013, S. 104 ff.).

Zu Nummer 2 (Änderung von § 104 Absatz 4 InsO-E in der Fassung von Artikel 1)

Die Änderungen in Absatz 4 verstehen sich als Folgeänderungen, die infolge der Neufassung der Absätze 1 und 2 erforderlich werden. Mit ihnen sind keine Änderungen, insbesondere keine Einschränkungen der durch § 104 Absatz 4 InsO abgesteckten Spielräume für privatautonom vereinbarte Abweichungen vom gesetzlichen Beendigungs- und Abwicklungsmechanismus verbunden.

Zu Buchstabe a

Die Streichung des Verweises in § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 und 2 auf § 104 Absatz 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass § 104 Absätze 1 und 2 InsO-E in der Fassung von Artikel 1 durch Artikel 2 Nummer 1 in § 104 Absatz 1 InsO-E zusammengefasst werden. Eines Verweises auf Absatz 2 bedarf es daher nicht mehr.

Zu Buchstabe b

Die Neufassung von § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 durch Buchstabe b trägt dem Umstand Rechnung, dass die in dieser Vorschrift jeweils angesprochenen Verfahren und Methoden zur Bestimmung des Markt- oder Börsenpreises des Geschäfts künftig in dem durch Artikel 2 Nummer 1 neu gefassten Absatz 2 geregelt sein werden. Daher bedarf es in Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 nicht mehr der Klarstellung, dass die Parteien solche Methoden und Verfahren vereinbaren können. Es bleibt allerdings dabei, dass die Parteien im Rahmen der ihnen durch § 104 Absatz 4 Satz 1 InsO gewährten Ermächtigung auch weiterhin Vereinbarungen zur Bestimmung der Nichterfüllungsforderung treffen können, solange diese mit dem Grundgedanken des § 104 Absatz 2 InsO-E vereinbar sind.

§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E ist insoweit nicht abschließend, sondern erlaubt im Rahmen der Grundgedanken der gesetzlichen Regelung weitere Modifikationen und vor allem Konkretisierungen der in § 104 Absatz 2 InsO-E angesprochenen Berechnungsweisen, Verfahren und Methoden. Der Vorrang der konkreten oder hypothetischen Ersatzbeschaffung bei aktiven Märkten, auf denen sich Markt- oder Börsenpreise bilden (§ 104 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und 2 InsO), gehört allerdings zu diesen Grundgedanken.

§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 InsO-E trifft Klarstellungen hinsichtlich der zeitlichen Aspekte der Ermittlung des Markt- oder Börsenwerts.

Insoweit beschränkt sich § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a InsO-E auf die Klarstellung, dass im Falle einer vertraglichen Beendigung des Geschäfts nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 InsO der für den Abschluss eines Ersatzgeschäfts maßgebliche Zeitraum nicht an die Verfahrenseröffnung, sondern an den Zeitpunkt der vertraglichen Beendigung anknüpft.

Nach § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe b InsO-E können die Parteien den für die Vornahme eines Ersatzgeschäfts maßgeblichen Zeitraum bis zum zwanzigsten Werktag nach der Verfahrenseröffnung erweitern, sofern dies für eine wertschonende Abwicklung des Geschäfts erforderlich ist. Darin liegt gegenüber § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a InsO eine Verlängerung des maßgeblichen Zeitraums um fünfzehn Werktage. Der verlängerte Zeitraum für die Vornahme der Ersatzeindeckung wird oftmals im Zusammenhang mit komplexen oder umfangreichen Portfolien erforderlich sein, die über einen Rahmenvertrag nach § 104 Absatz 3 Satz 1 InsO-E zusammengefasst sind. Diese lassen sich nicht ohne Weiteres binnen kurzer Zeiträume in werterhaltender Weise reproduzieren. Derartigen Schwierigkeiten wird aufsichtsrechtlich durch die Vorgabe von Mindestzeiträumen für die Absicherung von Preisänderungsrisiken Rechnung getragen, die sich innerhalb des für die Ersetzung des Portfolios benötigten Zeitraums verwirklichen können. Nach Artikel 285 Absatz 3 der Kapitalanforderungsverordnung beträgt dieser Mindestzeitraum zwanzig Handelstage bei Portfolien von über 5 000 Geschäften oder mit illiquiden Geschäften oder Sicherheiten. Daher sollen die Parteien die Möglichkeit erhalten, den Zeitraum auf bis zu zwanzig Werktage nach der vertraglichen Beendigung zu erweitern. In jedem Fall bleibt es beim Erfordernis, das die Ersatzeindeckung unverzüglich zu erfolgen hat. Der Zeitraum darf daher nur insoweit in Anspruch genommen werden, als dies für eine unverzügliche Ersatzbeschaffung erforderlich ist. Verzögert der Vertragsgegner die Vornahme des Ersatzgeschäfts, trägt er das Risiko, dass er den aufgewendeten Markt- oder Börsenpreis nicht vollständig der Berechnung der Nichterfüllungsforderung zugrunde legen kann.

§ 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe c InsO-E führt die bisherigen Regelung in § 104 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe b InsO-E in der Fassung von Artikel 1 fort, wonach der Zeitpunkt für das hypothetische Ersatzgeschäft, dessen Preis der Bestimmung des Markt- oder Börsenwerts zugrunde gelegt werden soll, innerhalb des Zeitraums zwischen der vertraglichen Beendigung und dem fünften darauf folgenden Werktag festgelegt werden kann.

Zu Artikel 3 (Änderung weiterer Rechtsvorschriften)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift stellt klar, dass auf Verfahren, die vor dem Inkrafttreten der jeweiligen Änderung des Gesetzes beantragt worden sind, jeweils die bis dahin geltende Fassung des § 104 InsO anzuwenden ist.

Zu Absatz 2

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung. Die Finanzleistungen und Rahmenverträge, auf welche die Vorschrift verweist, sind statt bisher in § 104 Absatz 2 InsO nunmehr in § 104 Absatz 1 und 3 InsO-E geregelt.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Für Artikel 1 ist ein rückwirkendes Inkrafttreten zum 10. Juni 2016 vorgesehen. Dieser Zeitpunkt entspricht dem Tag, an dem die Allgemeinverfügung der BaFin in Kraft getreten ist, wonach die vertraglichen Nettingvereinbarungen von den Vertragspartnern vereinbarungsgemäß abzuwickeln sind. Durch das rückwirkende Inkrafttreten wird die Allgemeinverfügung der BaFin gesetzlich nachvollzogen. Diese Rückwirkung ist ausnahmsweise zulässig, da aufgrund der Allgemeinverfügung kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung entstehen konnte. Noch am Tag der Urteilsverkündung haben außerdem das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz umgehend in einer gemeinsamen Stellungnahme angekündigt, dass die Bundesregierung unmittelbar gesetzgeberische Maßnahmen auf den Weg bringen wird, um zu gewährleisten, dass die gängigen Rahmenverträge auch weiterhin im Markt und von Aufsichtsbehörden anerkannt werden.