Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben
(Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz - MicroBilG)

902. Sitzung des Bundesrates am 2. November 2012

A

Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 9 Absatz 6 Satz 3 HGB), Nummer 12 (§ 326 Überschrift und Absatz 2 HGB), Artikel 6 Nummer 2 (Nummer 500 Vorbemerkung Satz 1, Anmerkung Absatz 1 Satz 1 und Nummer 504 GV JVKostO)

Artikel 1 Nummer 2 und 12 sowie Artikel 6 Nummer 2 sind zu streichen.

Begründung:

Der Bundesrat lehnt die durch den Gesetzentwurf vorgesehene Umsetzung von Artikel 1a Absatz 2 Buchstabe e der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (Bilanzrichtlinie) in der Fassung der Micro-Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG ab.

Zu billigen ist die in der Begründung des Gesetzentwurfs bekundete Absicht, in Umsetzung des durch die Richtlinie gesteckten Rahmens bürokratische Anforderungen an Kleinstunternehmen maßvoll abzuschwächen, allerdings nur mit der ebenfalls in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Einschränkung, dass berechtigte Informationsinteressen hierdurch nicht zurückgestellt werden dürfen. Artikel 1 Nummer 12 des Gesetzentwurfs genügt diesen Anforderungen nicht. Die in § 326 Absatz 2 HGB-E vorgesehene Regelung stellt es in das Ermessen von Kleinstunternehmen, ob diese sich der Verpflichtung zur Offenlegung von Jahresabschlüssen durch Einreichung der Bilanz und Erteilung eines Hinterlegungsauftrags entziehen dürfen.

Die Möglichkeit der Hinterlegung führt jedoch nur zu einer geringfügigen Entlastung der hierdurch privilegierten Unternehmen durch den im Vergleich zur Offenlegung nur wenig kleineren Kostenaufwand. Auch wird das betroffene Unternehmen nicht von bürokratischem Mehraufwand entlastet. Dagegen schränkt diese Regelung die Interessen der berechtigterweise an den - veröffentlichten - Unterlagen interessierten Dritten [- zu denen auch Behörden gehören -] unverhältnismäßig ein. Insbesondere müssen interessierte Dritte gemäß § 9 Absatz 6 Satz 3 HGB-E nunmehr die Übersendung einer kostenpflichtigen (vgl. Nummer 504 GV JVKostG-E) Abschrift der hinterlegten Unterlagen beantragen, um sich dadurch informieren zu können. Ein sachlicher Grund, der es rechtfertigt, die Informationsbeschaffung von der Überwindung eines solchen Antragserfordernisses und Gebühren in Höhe von 4,50 EUR abhängig zu machen, ist nicht ersichtlich. Es darf nicht übersehen werden, dass die Rechnungslegung und deren Offenlegung für aktuelle und potenzielle Gläubiger - nicht selten gerade bei kleinen und kleinsten Unternehmen - eine ganz erhebliche Bedeutung hat. Die Informationen, die sich der offengelegten Rechnungslegung entnehmen lassen, ermöglichen einem Gläubiger, die mit der Aufnahme geschäftlicher Verbindungen zwingend einhergehenden Risiken auf fundierter Grundlage einzuschätzen und Strategien zur Verhinderung des Risikoeintritts zu entwickeln. Eine Beschränkung der Offenlegungspflicht ist deshalb erst dort gerechtfertigt, wo die damit einhergehenden Lasten außer Verhältnis zu dem bewirkten Gläubigerschutz geraten. Die Gesellschaftsgröße allein bewirkt indes kein Übergewicht der Lasten. Berücksichtigt man die von den Unternehmen zu tragenden Kosten, die die geltenden Rechnungs- und Offenlegungsvorschriften verursachen, bietet Artikel 1 Nummer 12 des Gesetzentwurfs lediglich ein geringfügiges Einsparpotenzial.

Die vorgesehene Streichung hätte gegebenenfalls auch Auswirkungen auf Artikel 1 Nummer 1, 3, 11, 13 Buchstabe b, Nummer 14 Buchstabe b, Artikel 2 Nummer 5, Artikel 5 Nummer 1 bis 3, 5 und 6 sowie Artikel 6 Nummer 1.

2. Zu Artikel 1 Nummer 15 ( § 335 HGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob für Gesellschaften, die - mitunter sogar bereits seit längerer Zeit - nicht mehr aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen, weitergehende Erleichterungen geschaffen werden können.

Begründung:

Von Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB sind häufig "ruhende Gesellschaften" betroffen, die seit langer Zeit nicht mehr aktiv am Wirtschaftsverkehr teilnehmen und nur noch formal bzw. dem äußeren Anschein nach existieren. Naturgemäß werden sich die Verantwortlichen solcher Gesellschaften gerade nicht mehr um das Unternehmen kümmern und dementsprechend auch den Offenlegungspflichten nicht entsprechen. Der Bundesrat regt an, für solche Konstellationen eigene Regelungen zu schaffen, um keine unverhältnismäßigen Anforderungen an solche Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs zu stellen, die nur noch scheinbar an diesem teilnehmen und denen hauptsächlich vorzuwerfen ist, dass sie eine Registerbereinigung bislang versäumt haben. Insbesondere könnte gegebenenfalls das Eingangsordnungsgeld nach § 335 Absatz 1 HGB herabgesetzt werden, wenn es sich beim Normadressaten um eine "ruhende Gesellschaft" handelt. Zwar werden durch die Vorlage ruhende Gesellschaften auch von § 267a Absatz 1 HGB-E erfasst werden. Doch dürften die danach zu erfüllenden Pflichten immer noch außer Verhältnis zur Bedeutung dieser Gesellschaften und deren Risiken für den Gläubigerschutz stehen, so dass sich eine weitere Privilegierung vertreten ließe.

B