Empfehlungen der Ausschüsse
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Verwendung von Biokraftstoffen - Antrag des Freistaates Bayern -

875. Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober 2010

A

1. Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung nach der Überschrift wie folgt zu fassen:

'Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Biokraftstoffen folgendermaßen anzupassen:

Die Bundesregierung wird deshalb gebeten, sich auf europäischer Ebene für anspruchsvollere Nachhaltigkeitsstandards für flüssige Biomasse sowie für die Ausweitung der Standards auf feste und gasförmige Biomasse und Biomasse in anderen Nutzungspfaden einzusetzen. Insbesondere soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass bei der Treibhausgas-Bilanzierung für flüssige Biokraftstoffe auch indirekte Landnutzungsänderungen Berücksichtigung finden, z.B. durch die Einführung eines pauschalen Faktors.

Begründung:

Biokraftstoffe werden im Hinblick auf ihr Treibhausgasvermeidungspotenzial laufend verbessert. Die Optimierungspotenziale sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft (Beispiel: Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums über mögliche Ansätze zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz von Biodiesel aus Raps). Bei Umstellung von einer Gesamtquote (energetisch) auf eine Treibhausgasvermeidungsquote ab dem Jahr 2015 ist schon jetzt abzusehen, dass die Erfüllung der Zielvorgaben mit erheblichen Unsicherheiten belastet ist bzw. diese nicht erreicht werden kann, da zur Erfüllung einer bestimmten Treibhausgasvermeidungsquote energetisch betrachtet immer weniger Biokraftstoffe erforderlich sein werden. Aus diesem Grund soll bis 2014 auf einer belastbaren Grundlage geprüft werden, inwieweit neben der vorgesehenen Treibhausgasquote als "Sicherheitsnetz" auch der energetische Quotenanteil bis 2020 fortgeschrieben werden sollte, um Kontinuität auch über das Jahr 2015 hinaus zu gewährleisten.

Um eine nachhaltige Nutzung flüssiger Biomasse (z.B. Biokraftstoffe oder Pflanzenöle) zu erreichen, wurden mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie Erneuerbare Energien im Dezember 2008 zum ersten Mal Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und Verwendung von flüssiger Biomasse eingeführt. Am 10. Juni 2010 legte die Kommission in zwei Mitteilungen und einem Beschluss fest, wie die Kriterien in der Praxis umgesetzt werden sollen. Die Nachhaltigkeitsstandards umfassen konkrete ökologische Kriterien sowie quantitative bzw. qualitative Indikatoren, mit Hilfe derer sich die Erfüllung der Nachhaltigkeitsanforderungen messen lassen. Zertifizierungssysteme verifizieren, dass die festgelegten Standards über die gesamte Lieferkette eingehalten werden. Wichtigstes Kriterium der Richtlinie ist die positive Treibhausgasbilanz: Gegenüber dem fossilen Referenzsystem (wie Benzin oder Diesel) müssen flüssige Brennstoffe mindestens 35 Prozent der Treibhausgasemissionen einsparen, um auf das EU-Ziel angerechnet werden zu können. Ab 2017 muss flüssige Biomasse, die in bestehenden Anlagen produziert wird, mindestens 50 Prozent und solche aus neuen Anlagen mindestens 60 Prozent der Treibhausgasemissionen einsparen. Dabei müssen Treibhausgasemissionen aus direkten Landnutzungsänderungen bei der Einsparbilanz einberechnet werden. Die Umwandlung von besonders kohlenstoffreichen Böden wie Moore, Wald- und Torfböden in Anbaugebieten für Biokraftstoffe schließt die Richtlinie vollständig aus. In Deutschland wurden die Vorgaben der Richtlinie 2009 durch Erlass der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung und der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung umgesetzt. Die Nachhaltigkeitsstandards sind ein wichtiger Schritt für die Minimierung ökologischer Risiken bei der Biomassenutzung. Jedoch bestehen weiterhin massive Defizite. Insbesondere die indirekten Landnutzungsänderungen bleiben bisher außer Betracht. Eine Einbeziehung wird aber zurzeit durch die Kommission geprüft. Denn die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen führt zur Ausweitung der weltweiten Ackerflächen auch in Schutzgebiete oder Wälder, und die dadurch entstehenden Treibhausgasemissionen (etwa durch Rodung von Wäldern und Umbruch von Grünland) werden bisher nicht in die Bilanzierung nach der EU-Richtlinie einbezogen. Aktuelle Modellrechnungen ergeben, dass die Emissionen aus indirekten Landnutzungsveränderungen, die durch das EU-Biokraftstoffziel ausgelöst werden, 2020 bis zu 70 Mio. Tonnen CO₂ betragen könnten. Ein weiteres grundsätzliches Problem besteht darin, dass die geltenden Nachhaltigkeitsstandards nur für energetisch genutzte flüssige Biomasse gelten. Feste und gasförmige Biomasse sowie flüssige Biomasse, die in anderen Nutzungspfaden eingesetzt wird, sind dagegen keiner Kontrolle unterworfen. Dies kann dazu führen, dass z.B. die nicht nachhaltige Produktion von Palmöl weiter ausgebaut wird, die Produkte aber ausschließlich in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt werden, während die als nachhaltig zertifizierten Mengen in die energetische Nutzung fließen. Schließlich sind ökologische Anforderungen an den Wasser- und Biodiversitätsschutz in den Nachhaltigkeitsstandards der EU nur in sehr allgemeiner Form enthalten. Die Einhaltung von Sozialstandards am Produktionsstandort wird ebenfalls nicht überprüft.'

[Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Neufassung betont die Notwendigkeit der nachhaltigen Erzeugung der Grundstoffe für Biomasse.]

B

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung nach Maßgabe folgender Änderungen zu fassen:

2. Zu Ziffer 2 und Ziffer 4a - neu -

Folgeänderung:

Absatz 1 Satz 4 der Begründung ist wie folgt zu fassen:

'Aus diesem Grund soll bis 2014 auf einer belastbaren Grundlage geprüft werden, inwieweit neben der vorgesehenen Treibhausgasquote als "Sicherheitsnetz" auch der energetische Quotenanteil bis 2020 fortgeschrieben werden sollte, um Kontinuität auch über das Jahr 2015 hinaus zu gewährleisten.'

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Diskussion um die Höhe des Anteils an erneuerbaren Energien im Verkehrsbereich wurde vor zwei Jahren sehr kritisch und intensiv geführt. Das Europäische Parlament hat sich bewusst dafür entschieden, das Zehn-Prozent-Ziel im Verkehrsbereich nicht alleine auf Biokraftstoffe zu beschränken, sondern alle erneuerbaren Energieträger einzuschließen. Diesem Umstand sollte in der Formulierung Rechnung getragen werden.

3. Zu Ziffer 3 Satz 3

In Ziffer 3 ist Satz 3 zu streichen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Eine Differenzierung zwischen Klein- und Großanlagen ist nicht zielführend, da damit ein zu hoher bürokratischer Aufwand verbunden wäre.

Die ökonomische Effizienz der Anlagen sollte alleiniges Kriterium zur Beuteilung der Steuervergünstigung bleiben.

C

4. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung zu fassen.

D

Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung nicht zu fassen.