Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags

Der Bundesrat hat in seiner 901. Sitzung am 12. Oktober 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Länder und Kommunen werden durch den Fiskalvertrag in ihrer Konsolidierungspolitik vor besondere Herausforderungen gestellt. Im Rahmen der Beschlussfassung zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags haben Bund und Länder am 24. Juni 2012 daher Eckpunkte vereinbart, nach denen Bund und Länder unter anderem darin übereinstimmen, dass eine Entscheidung über die Höhe der vom Bund für den Zeitraum 2014-2019 zur Aufgabenerfüllung der Länder zu zahlenden Kompensationen nach Artikel 143c des Grundgesetzes ("Entflechtungsmittel", z.B. zur Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse) im Herbst dieses Jahres erfolgt (siehe BR-Drs. 400/12(B) HTML PDF vom 29. Juni 2012 zum Gesetz zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion).

Die Länder und die betroffenen Kommunen benötigen dringend Planungssicherheit. Die Kompensationsleistungen nach dem Entflechtungsgesetz sind im Lichte weiterhin bestehender und teilweise gestiegener Anforderungen sowie der Kostenentwicklung anzupassen. Der Vorschlag der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Fortführung der Kompensationsleistungen des Bundes nach dem Entflechtungsgesetz nach 2013 vom 10. März 2011 wurde frühzeitig in den Beratungsprozess eingebracht. Grundlage war der Bericht und der daraus abgeleitete Gesetzentwurf der Finanzministerkonferenz vom 27. Januar 2011 auf Basis von Beiträgen der betroffenen Fachministerkonferenzen. Beides wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zustimmend zur Kenntnis genommen und die Auffassung bekräftigt, dass die Kompensationsleistungen für den Ausbau und Neubau der Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken sowie für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden erhöht und die Mittel für die Bildungsplanung und den Bereich der Wohnraumförderung zumindest in unveränderter Höhe fortgeführt werden sollen.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, den berechtigten Interessen der Länder nachzukommen und auf dieser Grundlage konstruktiv zu einer fristgerechten abschließenden Regelung im Zusammenhang mit den Beratungen zur innerstaatlichen Umsetzung der neuen Vorgaben des Fiskalvertrages und des Stabilitäts- und Wachstumspakts beizutragen.

2. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat sieht in der gesetzlichen Verankerung des Mittelfristziels im Haushaltsgrundsätzegesetz, der Überwachung der Einhaltung der für den Gesamtstaat geltenden Obergrenze durch den Stabilitätsrat sowie in der Einrichtung eines unabhängigen Beirats zur Unterstützung der Arbeit des Stabilitätsrates ein geeignetes Instrumentarium zur vollständigen innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben des Fiskalpaktes.

Der Bundesrat bekräftigt, dass die Länder zur Erfüllung der Vorgaben des Fiskalpaktes ausschließlich im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Haushaltsautonomie durch die Einhaltung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d Absatz 1 Satz 4 GG beitragen. Die Länder treffen keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen.

Der Bundesrat begrüßt, dass der Bund für den Zeitraum bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen übernimmt. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vorgelegt hat, mit dem ihre Zusage im Bereich Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umgesetzt werden soll. Er hält verschiedene Änderungen an dem genannten Gesetzentwurf für erforderlich und erwartet, dass der Bund dem Interesse der Länder Rechnung trägt. Der Bundesrat unterstreicht, dass die weiteren Verabredungen im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt ebenfalls zeitgerecht umgesetzt werden müssen.

Der Bund hat den Ländern in den Verhandlungen zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags finanzielle Zusagen beim "Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen" gemacht. Im Hinblick auf die Finanzierung der Betriebskosten für die zusätzlichen Plätze haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass der Bund den Ländern jährlich 75 Millionen Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen überlässt. Der Bundesrat erwartet, dass dieser Betrag bereits ab dem Jahr 2013 in voller Höhe den Ländern zur Verfügung gestellt wird.

Der Bundesrat bekennt sich zum Ziel eines raschen Ausbaus der U3-Kinderbetreuung. Dieses Ziel lässt sich jedoch nur erreichen, wenn die Länder über die nötige zeitliche Flexibilität beim Einsatz der Mittel verfügen und der administrative Aufwand zur Abwicklung der Finanzhilfen so weit wie möglich begrenzt wird. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang vor allem auf die im Entwurf eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder gegenüber den bestehenden Verwaltungsvereinbarungen nach den Vorstellungen der Bundesregierung deutlich ausgeweiteten und verschärften Prüf-, Berichts- und Nachweispflichten hin, die aus Sicht des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren der Korrektur bedürfen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 - neu - (§ 51 Absatz 3 - neu - HGrG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 3 anzufügen:

"3. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Zur Erfüllung dieser Vorgaben tragen die Länder im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Haushaltsautonomie ausschließlich durch die Einhaltung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d des Grundgesetzes bei. Die Länder treffen keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen. Im Übrigen trägt der Bund Sorge für die gesamtstaatliche Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels beziehungsweise des erforderlichen Anpassungspfades." "

Begründung:

Der neue Absatz 3 enthält eine der Kernforderungen von Länderseite im Rahmen des Bundesratsverfahrens bzgl. der Ratifizierung des sog. Fiskalvertrags. Diese hat Eingang gefunden in die Bund-/Länder-Einigung zum Fiskalpakt (vgl. BR-Drs. 400/1/12 vom 29. Juni 2012). Im Hinblick auf die Verantwortung des Bundes für seine Verhandlungsführung im Rahmen des Fiskalvertrags vor dem Hintergrund der soeben im Grundgesetz verankerten Schuldenregel des Artikels 109 Absatz 3 GG sollte klargestellt werden, dass mit dem Fiskalpakt bzw. seiner Umsetzung in innerstaatliches Recht den Ländern keine neuen Verpflichtungen auferlegt werden, die über ihre bestehenden Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 143d GG hinausgehen. Der Bund ist bei den Verhandlungen auf der EU-Ebene - an denen die Länder nicht beteiligt waren - der im Fiskalvertrag für Deutschland vorgesehenen Verschärfung der Kreditaufnahmegrenzen in den Jahren bis 2020 nicht entgegengetreten, so dass der Bund eine sich daraus ggf. ergebende Anpassungslast auch zu tragen hat. Aus Sicht der Länder würde sich andernfalls die Geschäftsgrundlage im Vergleich zu den Vereinbarungen im Rahmen der Föderalismuskommission II verändern.

Daher muss auch auf gesetzlicher Ebene verdeutlicht werden, dass die Länder (nur) in diesem Rahmen zur Erfüllung der Anforderungen des Fiskalpaktes beitragen werden. Zugleich wird durch die vorgeschlagene Formulierung zwischen den Schuldenbegrenzungsregimen des Grundgesetzes auf der einen und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP)/ Fiskalpaktes auf der anderen Seite differenziert.

Nicht ausreichend dafür ist die Aufnahme einer entsprechenden Formulierung in die Gesetzesbegründung (vgl.

Begründung zum Allgemeinen Teil, S. 16 a. E.). Dies wird weder der Bedeutung dieser Regelung noch dem Gewicht der Forderung der Länder gerecht.

Es ist verfassungsrechtlich vollständig klar, dass die Länder - jedenfalls - im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus Artikel 109 Absatz 3 und 143d Absatz 1 Satz 3 und 4 GG zur Einhaltung des Fiskalpakts beitragen. Darüber hinaus wird mit der Aufnahme des vorgeschlagenen Absatzes 3 aber auch eine negative Abgrenzung dahingehend getroffen, dass die Länder eben auch nur in diesem Rahmen verpflichtet sind, sich bei der Einhaltung der Vorgaben aus Absatz 2 einzubringen. Schließlich ist die hier vorgenommene Einschränkung der Wirkungen des Absatzes 2 auf die Länder auch als im Gesetzesrang stehende Auslegungshilfe für die weiteren gesetzlichen Ausgestaltungen im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt erforderlich. Dies betrifft sowohl die Regelungen des Stabilitätsratsgesetzes (hier insbesondere § 6) als auch des Sanktionszahlungsaufteilungsgesetzes (hier insbesondere § 2).

4. Zu Artikel 5 Nummer 2 (§ 4 Absatz 1 Satz 1 und 2 KitaFinHG)

In Artikel 5 Nummer 2 ist § 4 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Ziel des Gesetzentwurfs ist der nahtlose Anschluss des Investitionsprogramms "Kinderbetreuungsfinanzierung" 2013-2014 an das Investitionsprogramm "Kinderbetreuungsfinanzierung" 2008-2013. Dies bedingt auch eine Angleichung des Zeitpunkts, zu dem die Investitionsmaßnahmen abzuschließen sind.

Es ist dringend zu vermeiden, dass Träger bei Investitionen in Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren Finanzierungsrisiken durch Verzögerungen bei den Baumaßnahmen eingehen. Durch die gerade in jüngster Zeit verstärkten Ausbaumaßnahmen kommt es teilweise zu Verzögerungen von Investitionsmaßnahmen wegen Überlastung von Bauunternehmen.

5. Zu Artikel 5 Nummer 2 (§ 4 Absatz 2, Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 4, Absatz 4, § 7 Absatz 3 Satz 1, Satz 2 Nummer 1 und 2, § 9 Absatz 1 und Absatz 2 bis 4 KitaFinHG)

In Artikel 5 ist Nummer 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und cc:

Die Änderung dient der notwendigen Fristverlängerung. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Investitionsprogramm zeigen, dass die durchzuführenden Verwendungsnachweisverfahren aufgrund der erforderlichen Prüfungen zum Teil erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Da die Mittel nicht von den Ländern unmittelbar verwendet werden, sondern an kommunale und freie Maßnahmeträger weitergereicht werden, müssen die Verwendungsnachweise zunächst einzelfallbezogen von den Maßnahmeträgern eingeholt, geprüft und ausgewertet werden, bevor ein zusammenführender Nachweis auf Landesebene erstellt werden kann. Damit dieser den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nachweisführung entsprechend erstellt werden kann, sind die Fristen - wie vorgeschlagen - zu verlängern. Hinzu kommt, dass - zum Teil auch bedingt durch erhebliche Quoten an erforderlichen Nachbesserungen wegen Baumängeln -, insbesondere zum Abschluss des Programms, eine Vielzahl von Verwendungsnachweisprüfungen durchzuführen ist, die nicht in der ursprünglich vorgesehenen Frist von einem halben Jahr zu leisten ist. Dem kommt der Bund in dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf nicht in ausreichendem Maße nach.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:

Die Änderung hat zum Ziel, den Aufbau unnötiger bürokratischer Hürden für den U3-Ausbau zu vermeiden. Die Berichtspflichten zum Investitionsprogramm "Kinderbetreuungsfinanzierung" 2008-2013 sind in der Verwaltungsvereinbarung aus dem Jahr 2007 im Einvernehmen zwischen dem Bund und den Ländern angemessen geregelt. Im Nachhinein für dieses Programm ein erweitertes Monitoring gesetzlich festzulegen, ist in den Ländern nicht umsetzbar, insbesondere, weil ein Teil der geforderten Daten bislang nicht erhoben worden ist und eine nachträgliche Erhebung unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, insbesondere auch auf Ebene der Kommunen und Träger, mit sich bringen würde. Hinzu kommt, dass insbesondere Länder, die ihren Landesanteil nicht im Rahmen eines gesonderten Landesprogramms erbringen, sondern in die allgemeine Kommunalfinanzierung einspeisen, die interne Verteilung der Lasten zwischen Land und Kommunen auch nicht darstellen können.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa:

Bund und Länder haben sich auf eine Gemeinschaftsfinanzierung verständigt. Der Begriff "parallele" ist weder zielführend noch erforderlich.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 7 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 KitaFinHG):

Die Änderung dient der Klarstellung.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 7 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 KitaFinHG):

Die Änderung hat zum Ziel, dass die Gesamtkosten der Umsetzung des Rechtsanspruchs, die in den Ländern neben dem Bundesanteil finanziert worden sind, entsprechend den Vereinbarungen im Krippengipfel 2007 berücksichtigt werden können.

Zu Buchstabe c Doppelbuchstabe aa und bb:

Die Änderungen haben ebenfalls zum Ziel, den Aufbau unnötiger bürokratischer Hürden für den U3-Ausbau zu vermeiden. Die Länder kommen selbstverständlich den erforderlichen Berichtspflichten zu dem neuen Investitionsprogramm "Kinderbetreuungsfinanzierung" 2013-2014 nach. Diese dürfen aber nicht mit einem Monitoring und zusätzlichen erweiterten Berichtspflichten überfrachtet werden, die in keiner Weise dem Förderzweck entsprechen und mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären. Ein derart aufwendiges Berichtsverfahren widerspricht zudem allen Bestrebungen, gerade die örtlichen Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe von bürokratischem Aufwand zu befreien, damit alle Ressourcen in die Schaffung der dringend benötigten U3-Plätze fließen können.

Die vorgeschlagene Reduzierung der Berichte beachtet in ausreichendem Maße das Informationsinteresse des Bundes und der Öffentlichkeit.

Zu Buchstabe c Doppelbuchstabe cc:

Die Aufnahme einer Fristsetzung im Gesetzentwurf für die Ergebnisse der Erhebung nach § 98 Absatz 1 SGB VIII ist weder sachgerecht noch erforderlich. Die bislang geltenden Liefertermine berücksichtigen zudem den nötigen zeitlichen Vorlauf. Sofern eine frühere Vorlage des Berichtes angestrebt wird, müsste damit eine Änderung des Erhebungsstichtags verbunden werden.