Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe KOM (2010) 473 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen und der Europäische Datenschutzbeauftragte werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 151/89 = AE-Nr. 890575,
Drucksache 062/04 (PDF) = AE-Nr. 040237,
Drucksache 616/09 (PDF) = AE-Nr. 090467,
Drucksache 246/10 (PDF) = AE-Nr. 100286 und AE-Nr. 053241

Brüssel, den 20.9.2010
KOM (2010) 473 endgültig 2010/0246 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe (Text von Bedeutung für den EWR)

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags Gründe und Ziele des Vorschlags

Der Vorschlag wendet sich gegen den Missbrauch bestimmter, einer breiten Allgemeinheit auf dem Markt zugänglicher chemischer Stoffe als Ausgangsstoffe für selbst hergestellte Explosivstoffe. Letztere sind das von Terroristen und anderen Kriminellen am häufigsten für Anschläge verwendete Tatwerkzeug. Der Vorschlag stellt daher, um dieses Risiko zu mindern, in erster Linie darauf ab, den Zugang der Allgemeinheit zu bestimmten hoch konzentrierten chemischen Stoffen zu verhindern.

o Allgemeiner Hintergrund

o Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)1 befasst sich mit der Sicherheit von chemischen Stoffen, aber - abgesehen von einer Ausnahme - nicht mit der Sicherheit von chemischen Ausgangsstoffen für Explosivstoffe.

Gemäß Anhang XVII der REACH-Verordnung 2 ist der Verkauf von Ammoniumnitrat (einer dieser gefährlichen Ausgangsstoffe) mit einem Nitrogengehalt von mehr als 16 % an die breite Allgemeinheit verboten. Allerdings sieht dieses Instrument weder Genehmigungssysteme noch eine Meldepflicht für verdächtige Transaktionen vor, und es erfasst zudem nur einen einzigen der im Aktionsplan der EU zur Verbesserung der Sicherheit von Explosivstoffen als hochgradig gefährlich eingestuften Ausgangsstoffe.

Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates 3 stellt auf eine schrittweise Einstellung des Verkaufs von chlorathaltigen Unkrautvernichtungsmitteln ab, gilt jedoch nur für eine bestimmte Verwendung derartiger chemischer Stoffe und deckt auch nur eine bestimmte Gruppe der relevanten chemischen Ausgangsstoffe für Explosivstoffe ab.

Übereinstimmung mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Europäischen Union

Der Vorschlag steht im Einklang mit den politischen Zielen der Terrorismusbekämpfungsstrategie der EU4, des Aktionsplans der EU zur Verbesserung der Sicherheit von Explosivstoffen 5 und des Stockholmer Programms für ein offenes6und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger

2. Anhörung von interessierten Kreisen Folgenabschätzung

- Anhörung von interessierten Kreisen

Anhörungsmethoden, angesprochene Sektoren und allgemeines Profil der Befragten

Der Vorschlag baut auf den Arbeiten und Empfehlungen des Ständigen Ausschusses für Ausgangsstoffe (SCP) auf. Der SCP ist ein Adhoc-Ausschuss beratender Art, der sich aus Sachverständigen der Behörden der EU-Mitgliedstaaten und Vertretern des privaten Sektors zusammensetzt und von der Kommission geleitet wird. Bisher ist der Ausschuss zehn Mal zusammengetreten, um die Kommission bezüglich der unter diese Verordnung fallenden Stoffe und anderer sich auf die Ausgangsstoffe von Explosivstoffen beziehender Maßnahmen zu beraten. Der vom SCP am 13. Februar 2009 angenommene Jahresbericht 2008 enthielt konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit von Ausgangsstoffen.

Diese Empfehlungen dienten als Grundlage für eine Folgenabschätzung, an deren Konzipierung der SCP insofern eng beteiligt war, als seine (aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor stammenden) Mitglieder regelmäßig zu Rate gezogen wurden. Außerdem wurden eine Online-Umfrage und zwei Workshops für Betroffene durchgeführt, um die Bewertung der in dem betreffenden Entwurf vorgeschlagenen politischen Optionen zu validieren. Ferner wurden in dieser Vorbereitungsphase auch einige KMU (vor allem Hersteller von Hexaminen) konsultiert, die von etwaigen Maßnahmen auf dem Gebiet der Ausgangsstoffe am stärksten betroffen wären.

Zusammenfassung der Antworten und Art ihrer Berücksichtigung

Bei der Anhörung externer und interner Betroffener stellte sich heraus, dass in Bezug auf die bevorzugte politische Option mit ihrer ausgewogenen praktischen und realistischen Berücksichtigung von Sicherheitsanliegen einerseits und den Interessen von Industrie, Einzelhandel und Verbrauchern andererseits große Einigkeit herrschte. Den Bedenken der Industrie und der am stärksten betroffenen KMU (vor allem Hersteller von Hexamin-Brennstofftabletten) ist in der endgültigen Fassung des Vorschlags Rechnung getragen worden.

o Einholung und Nutzung von Expertenwissen Relevante wissenschaftliche bzw. fachliche Bereiche

Methodik

Die Ergebnisse der Sicherheitsstudien und -tests flossen sowohl in die Empfehlungen des Ständigen Ausschusses für Ausgangsstoffe an die Europäische Kommission als auch in die von einem externen Auftragnehmer durchgeführte Folgenabschätzung nebst Bewertung der verschiedenen politischen Optionen ein.

Wichtigste konsultierte Organisationen und Sachverständige CEFIC, FECC, Sachverständige der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie Beratungsunternehmen (GHK, Rand Europe und Comstratos).

Zusammenfassung der Stellungnahmen und ihre Berücksichtigung

Das Risiko eines möglichen Missbrauchs bestimmter chemischer Ausgangsstoffe für selbst hergestellte Explosivstoffe kann zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, lässt sich jedoch erheblich reduzieren, wenn man ihre Verfügbarkeit für die breite Allgemeinheit auf bestimmte Schwellenmengen begrenzt. Die vorgeschlagenen Schwellenmengen sind das Ergebnis der Sicherheitsstudien und -tests sowie einer Analyse der Verwendung derartiger chemischer Stoffe durch die breite Allgemeinheit.

Veröffentlichung der Stellungnahmen und Gutachten

Die vorbereitende Studie für die Folgenabschätzung möglicher legislativer und nichtlegislativer Beschränkungen für chemische Ausgangsstoffe von Explosivstoffen wurde den Mitgliedern des Ständigen Ausschusses für Ausgangsstoffe vorgelegt (und von diesen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und den betroffenen Industriebranchen übermittelt) und ist auf Anfrage bei der Kommission erhältlich.

o Folgenabschätzung

Es wurden folgende Optionen geprüft: freiwillige Maßnahmen des Privatsektors (Industrie und Einzelhandel), individuelle Regelungen einzelner Mitgliedstaaten, Legislativmaßnahmen auf EU-Ebene und eine Kombination dieser Optionen.

Freiwillige Maßnahmen der Industrie und des Einzelhandels würden die Meldung verdächtiger Transaktionen, Sensibilisierungskampagnen für betroffene Arbeitnehmer über die bei den betreffenden chemischen Stoffen bestehenden Sicherheitsrisiken sowie Maßnahmen zur Verbesserung der gesamten Versorgungskette für derartige chemische Stoffe umfassen. Die Anstrengungen, die die Europäische Kommission im Jahr 2008 in Zusammenarbeit mit verschiedenen europaweiten Verbänden unternommen hat, haben zu dem Ergebnis geführt, dass derartige Maßnahmen zwar wünschenswert sind, aber für sich allein das angestrebte Ziel einer verbesserten Sicherheit nicht verwirklichen könnten, da weder eine einheitliche Durchsetzung derartiger Maßnahmen sichergestellt noch gewährleistet wäre, dass sich alle maßgeblichen Akteure beteiligen würden.

Einige Mitgliedstaaten haben bereits freiwillige und/oder legislative Maßnahmen zur Verringerung der Verfügbarkeit chemischer Ausgangsstoffe von Explosivstoffen angenommen. Andere Mitgliedstaaten ziehen derartige Maßnahmen in Erwägung, möchten sich dabei aber von der EU leiten lassen. Diese unterschiedlichen Ansätze zeigen, dass ein einheitliches Vorgehen auf EU-Ebene wünschenswert ist, damit vermieden wird, dass durch unterschiedliche Regelungsniveaus Sicherheitslücken im Binnenmarkt mit seinem freien Waren- und Personenverkehr entstehen.

Für die verschiedenen politischen Optionen für Legislativmaßnahmen auf EU-Ebene wurde eine gründliche Folgenabschätzung und Konsultation durchgeführt. Die bevorzugte politische Option brächte keine bekannten negativen Folgen für die Umwelt mit sich und würde sich positiv auf die Sicherheit auswirken, hätte in Form von Umsetzungskosten gleichwohl gewisse negative wirtschaftliche Folgen für den Einzelhandelssektor und die Behörden der Mitgliedstaaten. Diese wirtschaftlichen Auswirkungen und negativen Folgen für die Verbraucher wären allerdings vergleichsweise gering, da bei derartigen Ausgangsstoffen der nichtgewerbliche Verbrauch lediglich 1,5 % des gesamten EU-weiten Verbrauchs solcher Stoffe ausmacht und zumeist auch Ersatzstoffe zur Verfügung stehen. Der Erwerb von oberhalb der Konzentrationsschwellen liegenden chemischen Stoffen wäre zwar weiterhin möglich, würde jedoch die Vorlage einer entsprechenden Genehmigung erfordern. Kosten für die Befolgung der neuen Vorschriften würden somit sowohl den an die breite Allgemeinheit verkaufenden Industrie- und Einzelhandelsorganisationen als auch den für das Genehmigungsverfahren zuständigen Behörden entstehen.

Die Kommission hat die im Arbeitsprogramm vorgesehene Folgenabschätzung durchgeführt. Der entsprechende Bericht ist abrufbar unter http://ec.europa.eu/governance/impact/ia_carried_out/cia_2010_en.htm#homaf .

3. Rechtliche Aspekte Zusammenfassung des Vorschlags

Der Vorschlag stellt hauptsächlich darauf ab, den Zugang der breiten Allgemeinheit zu mit hohen Risiken verbundenen chemischen Stoffen in Konzentrationen, die eine missbräuchliche Verwendung dieser Stoffe für die Eigenherstellung von Explosivstoffen ermöglichen, zu beschränken. Erreicht werden soll dies durch ein Verbot des Verkaufs bestimmter chemischer Stoffe in bestimmte Schwellenwerte überschreitenden Konzentrationen an die breite Allgemeinheit. Höhere Konzentrationen aufweisende Stoffe dieser Art sollen nur an Personen verkauft werden dürfen, die einen legitimen Bedarf nachweisen können; derartige Personen sollen eine betreffende Erwerbsgenehmigung erhalten können. Der Verkauf dieser chemischen Stoffe und ihrer Gemische wie auch der Verkauf von Erzeugnissen, die chemische Stoffe dieser Art enthalten, für die sich keine Konzentrationsschwellen festlegen lassen, soll zudem einer Meldepflicht für verdächtige Transaktionen unterliegen. Die vorgeschlagene Legislativmaßnahme würde mit freiwilligen Maßnahmen der Industrie und des Einzelhandels einhergehen, die darauf abstellen, die Sicherheit zu erhöhen und in der gesamten Versorgungskette das Risikobewusstsein zu schärfen.

Rechtsgrundlage

o Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip findet Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fällt.

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten aus folgenden Gründen nicht ausreichend verwirklicht werden:

Auf internationaler, nationaler und EU-Ebene bestehen zwar verschiedene Maßnahmen legislativer oder nicht legislativer Art, doch zielen diese entweder nicht konkret auf die mit bestimmten chemischen Stoffen verbundenen Sicherheitsrisiken ab oder aber sie gelten nicht für die gesamte EU. Dies hat zur Folge, dass bestimmte Ausgangsstoffe in einem Mitgliedstaat Einschränkungen oder Kontrollen unterliegen, in einem anderen Mitgliedstaat jedoch ohne Weiteres erhältlich sind. Ganz abgesehen von den Folgen, die dies für die Sicherheit hat, können hierdurch auch Marktverzerrungen entstehen, die ungleiche Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich des EU-Binnenmarkts zur Folge haben können.

Es gibt Anzeichen dafür, dass terroristische Vereinigungen der unterschiedlichen Vorgehensweise der einzelnen Mitgliedstaaten in dieser Frage Rechnung tragen. Das bisher deutlichste Beispiel hierfür ist die ETA, die große Mengen von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe außerhalb Spaniens (vor allem in Frankreich und Portugal) in Verstecken gelagert hat. Es gibt aber bisher keinen klaren Beweis dafür, dass Terroristen jemals ihr Kaufverhalten nach den unterschiedlichen Regelungen der verschiedenen Mitgliedstaaten ausgerichtet haben. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass derartige chemische Stoffe in den meisten Mitgliedstaaten noch immer ohne Weiteres erhältlich sind.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen besser durch Maßnahmen der Europäischen Union erreicht werden:

Die bestehenden Unterschiede zwischen den geltenden Vorschriften für chemische Ausgangsstoffe von Explosivstoffen schaden nicht nur der Sicherheit, sondern führen auch zu Verzerrungen des Binnenmarkts. Sie beeinträchtigen den grenzüberschreitenden Handel und sonstige wirtschaftliche Tätigkeiten der Hersteller und anderer in mehr als einem Land tätiger Beteiligter der Versorgungskette. Ein Vorgehen auf EU-Ebene würde dazu beitragen, diese negativen Auswirkungen zu beseitigen.

Die jüngsten Anschläge wie auch fehlgeschlagene oder verhinderte Anschläge der Vergangenheit haben deutlich gemacht, dass der Terrorismus inzwischen nicht mehr nur die seit jeher betroffenen EU-Länder (wie Spanien, das Vereinigte Königreich und Frankreich) betrifft, sondern neuerdings auch zunehmend andere Mitgliedstaaten. Die Art und Weise, wie diese Anschläge verübt werden, zeigt zudem, dass Terroristen ihre Anschläge bisweilen in einem anderen Land vorbereiten. Die Sicherheit in der EU kann jeweils nur so groß sein, wie es das schwächste Glied dieser Kette zulässt. Daher bedarf es eines Vorgehens auf EU-Ebene und eines koordinierten EU-Ansatzes. Hiervon würden alle Beteiligten profitieren.

Die Mitgliedstaaten haben über ihre Vertreter im Ständigen Ausschuss für Ausgangsstoffe zu verstehen gegeben, dass sie, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, in dieser Frage ein EU-weites Konzept vorziehen würden. Gleiches gilt für die die chemische Industrie auf EU-Ebene vertretenden Verbände, die im Rahmen der Arbeiten des Ständigen Ausschusses und der Folgenabschätzung umfassend zu Rate gezogen wurden. Einige Mitgliedstaaten haben mitgeteilt, dass sie noch nicht tätig geworden sind, weil sie auf eine einschlägige Initiative der EU warten.

Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen würde eine einheitlichere Sicherheitsumgebung für zur Eigenherstellung von Explosivstoffen geeigneten chemischen Stoffen geschaffen.

Der sachliche Anwendungsbereich des Vorschlags ist auf eine kurze Liste von chemischen Stoffen und ihren Gemischen sowie auf deren Verkauf an die breite Allgemeinheit (d.h. nicht an gewerbliche Verbraucher oder im Rahmen von Geschäften zwischen Unternehmen) begrenzt. Bei einigen Stoffen soll die Verfügbarkeit für die breite Allgemeinheit lediglich oberhalb bestimmter Konzentrationsschwellen begrenzt werden und von der Vorlage einer entsprechenden amtlichen Genehmigung (aus der hervorgeht, dass der Erwerb für eine rechtmäßige Verwendung erfolgt) abhängig gemacht werden. Die für die einzelnen Stoffe und Konzentrationen geltenden Schwellenwerte sollen im Anhang der Verordnung festgelegt werden. Die derzeitige Lage zeigt, dass einzelstaatliche Regelungen in diesem Bereich nicht zu Konvergenz, sondern eher zu Diversität führen - was der Sicherheit auf diesem Gebiet abträglich ist. So ist es wegen der unterschiedlichen nationalen Vorschriften derzeit möglich, derartige chemische Stoffe in einem Mitgliedstaat zu erwerben und sie ohne Weiteres in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen und sie dort möglicherweise für selbst hergestellte Explosivstoffe zu verwenden.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang. o Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Der vorgeschlagene Rechtsakt hat einen klar begrenzten Anwendungsbereich. Er lässt den Mitgliedstaaten großen Freiraum sowohl bei der Gestaltung des vorgesehenen Genehmigungsverfahrens auf der Grundlage ihrer vorhandenen Strukturen als auch bei der Einführung angemessener Sanktionen. Ziel ist, dass für alle Wirtschaftsteilnehmer dieselben Regeln gelten. Der vorgeschlagene Rechtsakt lässt sich flexibel an die Weiterentwicklung der Bedrohungen und des Wissens über die betreffenden chemischen Stoffe (z.B. neue wissenschaftliche Erkenntnisse) anpassen, indem im Wege der Delegation Stoffe in den Anhängen hinzugefügt oder gelöscht werden. Damit nicht bei jeder etwaigen Änderung der Anhänge in den 27 Mitgliedstaaten nationale Durchführungsbestimmungen erlassen werden müssen, wurde als Instrument die Verordnung ausgewählt.

Die der Europäischen Union und den einzelnen Mitgliedstaaten entstehenden Kosten sollen so gering wie möglich gehalten werden, indem zur Durchführung der Verordnung auf bereits bestehende Strukturen zurückgegriffen wird. Zudem ist der Anwendungsbereich der Verordnung auf bestimmte, mit den größten Risiken behaftete chemische Ausgangsstoffe beschränkt, zu denen in den meisten Fällen Alternativen bestehen, die den Bedürfnissen der Kunden gerecht werden. Dadurch dürfte die Zahl der Genehmigungsanträge gering ausfallen. Um ein Gleichgewicht zwischen den Sicherheitsanliegen einerseits und den in Bezug auf die Meldung verdächtiger Transaktionen bestehenden Möglichkeiten der Industrie, des Einzelhandels und der Strafverfolgungsbehörden andererseits zu schaffen, sollen unter Einbeziehung dieser Akteure einschlägige Leitlinien ausgearbeitet werden. Die negativen Folgen für die Industrie und den Einzelhandel wären nur minimal, da der Verbrauch an derartigen chemischen Stoffen mit einer über den Schwellenwerten liegenden Konzentration insgesamt nur sehr gering ist (lediglich 1,5 % des gesamten EU-weiten Verbrauchs an derartigen Stoffen), die Möglichkeit bestehen würde, derartige chemische Stoffe auf Vorlage einer entsprechenden Genehmigung zu erwerben, und es wahrscheinlich ist, dass die breite Allgemeinheit verstärkt auf Ersatzstoffe zurückgreifen würde. Damit es in der Anfangsphase nicht zu einer übermäßigen Belastung der Behörden und der Versorgungskette für derartige chemische Stoffe kommt, ist in der Verordnung eine Übergangsphase vorgesehen. Dadurch soll auch zum einen den Unternehmen und den Verbrauchern ermöglicht werden, ihre bestehenden Vorräte an derartigen chemischen Stoffen aufzubrauchen, um etwaige wirtschaftliche Einbußen so gering wie möglich zu halten, und zum anderen sollen die zuständigen Behörden in die Lage versetzt werden, das in der bevorzugten Option vorgesehene Genehmigungsverfahren einzuführen.

o Auswirkungen auf die Grundrechte

Dieser Vorschlag wurde einer gründlichen Prüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass seine Bestimmungen vollständig im Einklang mit den insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschriebenen Grundrechten und Prinzipien und insbesondere den Grundsätzen des Schutzes personenbezogener Daten, der unternehmerischen Freiheit, des Rechts auf Eigentum und der Nichtdiskriminierung stehen. Die Meldepflicht für verdächtige Transaktionen und das in der Verordnung vorgesehene Genehmigungsverfahren bringen eine Verarbeitung personenbezogener Daten mit sich. Dabei entstehen konkrete Beeinträchtigungen des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten. Diese Beeinträchtigungen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie den einschlägigen Kriterien des EU-Rechts genügen, d.h. sie müssen im Einklang mit den einschlägigen

Vorschriften stehen, einem legitimen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen Ziel dienen, zur Erreichung des Ziels notwendig und im Vergleich zum Ziel verhältnismäßig sein (d.h. das Ziel lässt sich mit weniger einschneidenden Maßnahmen nicht erreichen). Im Vorschlag ist ausdrücklich vorgesehen, dass jede im Rahmen der Verordnung erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten nach Maßgabe der einschlägigen Datenschutzvorschriften der EU (die Richtlinie 95/46/EG 7 und die zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Datenschutzvorschriften) zu erfolgen hat.

Bezüglich der unternehmerischen Freiheit und des Rechts auf Eigentum stellt der Vorschlag einen angemessenen Ansatz zur Erreichung seiner Ziele dar; dies gilt insbesondere im Vergleich zu den anderen politischen Optionen, die im Rahmen der Folgenabschätzung geprüft wurden (u.a. ein absolutes, konzentrationsunabhängiges Verkaufsverbot an die breite Allgemeinheit). Andere, möglicherweise weniger Beeinträchtigungen mit sich bringende politische Optionen wurde für weniger effizient befunden. Der Anwendungsbereich der Genehmigungsverfahren wird in der Verordnung durch Auflisten der betreffenden chemischen Stoffe im Anhang I und durch die genaue Angabe der Konzentrationen, oberhalb deren für den Erwerb eine Genehmigung erforderlich sein soll, festgelegt. Die vorgesehene Meldepflicht für verdächtige Transaktionen gilt nur für die in den Anhängen aufgeführten chemischen Stoffe und soll sich auf eine von den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern durchzuführende Risikobewertung gründen. Der Vorschlag sieht vor, dass konkrete und klare Leitlinien ausgearbeitet werden, um den Wirtschaftsteilnehmern bei der Prüfung der Frage, ob eine bestimmte Transaktion verdächtig ist, zu helfen. Durch die Leitlinien soll zudem sichergestellt werden, dass dieses Konzept nicht zu weit ausgelegt wird, damit möglichst wenig personenbezogene Daten an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt und willkürliche oder diskriminierende Praktiken verhindert werden. Gleichzeitig soll das Genehmigungsverfahren im Zusammenspiel mit der Meldepflicht für verdächtige Transaktionen den Wirtschaftsteilnehmern ermöglichen, auch künftig mit sämtlichen Ausgangsstoffen Handel zu treiben, so dass nur in begrenztem Umfang Auswirkungen auf die unternehmerische Freiheit entstehen würden. Das Recht auf Eigentum wird nicht berührt, denn sowohl die Unternehmen als auch die breite Allgemeinheit werden weiterhin ihre rechtmäßig erworbenen Besitztümer nutzen können. Ferner sind angemessen lange Übergangsfristen vorgesehen, damit sich die breite Allgemeinheit und die Wirtschaftsteilnehmer auf die neuen Anforderungen umstellen können; die Auswirkungen auf das Recht auf Eigentum und die unternehmerische Freiheit werden hierdurch weiter begrenzt.

o Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Verordnung.

Andere Instrumente wären aus folgenden Gründen nicht angemessen:

Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die am beste geeignete Rechtsgrundlage für den sachlichen Geltungsbereich der Maßnahme, lässt die Wahl zwischen einer Verordnung und einer Richtlinie. Für eine optimale rechtliche

Angleichung in Bezug auf die erfassten chemischen Stoffe (und gegebenenfalls ihre Konzentrationen) ist eine Verordnung besser geeignet. Ein harmonisiertes Vorgehen ist nicht nur aus Perspektive der Sicherheit, sondern auch mit Blick auf einheitliche Regeln für die Wirtschaftsteilnehmer wünschenswert. Bei einer Verordnung entfällt zudem die Notwendigkeit, bei jeder (nach Maßgabe der Risikoentwicklung erfolgenden) Änderung der in den Anhängen beigefügten Liste chemischer Stoffe entsprechende nationale Umsetzungsvorschriften zu erlassen.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.

5. weitere Angaben

Simulation, Pilotphase und Übergangszeit

Für den vorgeschlagenen Rechtsakt wird es eine Übergangszeit geben.

o Überprüfungs-, Revisions-, Verfallsklausel

o Europäischer Wirtschaftsraum

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe
(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Vorschlags an die nationalen Parlamente8,nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses9nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen nach Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten 10 gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand

Diese Verordnung enthält einheitliche Vorschriften für das Inverkehrbringen von für die widerrechtliche Herstellung von Explosivstoffen geeigneten Stoffen oder Gemischen und stellt darauf ab, deren Verfügbarkeit für die breite Allgemeinheit einzuschränken.

Artikel 2
Anwendungsbereich

Artikel 3
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

Artikel 4
Einfuhr, Inverkehrbringen, Besitz und Verwendung

Artikel 5
Genehmigung

Artikel 6
Meldung von verdächtigen Transaktionen und Diebstahl

Artikel 7
Datenschutz

Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass jede in Anwendung dieser Verordnung erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG 18 steht. Insbesondere stellt jeder Mitgliedstaat sicher, dass bei der für die Genehmigungserteilung nach Artikel 4 und 5 dieser Verordnung erforderlichen Verarbeitung personenbezogener Daten sowie bei der Meldung verdächtiger Transaktionen nach Artikel 6 dieser Verordnung die Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG eingehalten werden.

Artikel 8
Sanktionen

Jeder Mitgliedstaat erlässt Vorschriften für Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um für deren Umsetzung zu sorgen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen ausreichend, angemessen und abschreckend sein.

Artikel 9
Änderung der Anhänge

Um der Entwicklung auf dem Gebiet des Missbrauchs von chemischen Stoffen als Ausgangsstoffe für Explosivstoffe Rechnung zu tragen, sowie auf der Grundlage einschlägiger Forschungs- und Testergebnisse kann die Kommission im Wege delegierter Rechtsakte nach Artikel 10, 11 und 12 Änderungen der Anlagen erlassen. Wenn es aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist, insbesondere bei einer plötzlichen Änderung der Risikobewertung in Bezug auf den Missbrauch chemischer Stoffe für selbst hergestellte Explosivstoffe, gelangt Artikel 13 zur Anwendung.

Artikel 10
Ausübung der Befugnisübertragung

Artikel 11
Widerruf der Befugnisübertragung

Artikel 12
Einwände gegen delegierte Rechtsakte

Artikel 13
Dringlichkeitsverfahren

Artikel 14
Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006

In Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/0619 werden in der Tabelle mit der Bezeichnung der Stoffe, der Stoffgruppen und der Gemische und mit den Beschränkungsbedingungen bei Eintrag 58 in der zweiten Spalte die Absätze 2 und 3 gestrichen.

Artikel 15
Übergangsbestimmung

Für Angehörige der breiten Allgemeinheit bleiben der Besitz und die Verwendung der in Anhang I aufgeführten Stoffe und ihrer Gemische in einer über den in Anhang I aufgeführten Grenzwerten liegenden Konzentration noch bis zum [3 6 Monate nach der Annahme] erlaubt.

Artikel 16
Überprüfung

Diese Verordnung wird [5 Jahre nach der Annahme] einer Überprüfung unterzogen.

Artikel 17
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am [ 18 Monate nach der Annahme] in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu [ ... ] am [...]

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
[ ... ]
Im Namen des Rates
Der Präsident
[ ... ]

Anhang 1
Stoffe und ihre Gemische, die Angehörigen der Allgemeinheit nur zur Verfügung gestellt werden dürfen, wenn ihre Konzentration die nachfolgend angegebenen Grenzwerte nicht übersteigt

Stoffname und
Registrierungsnummer des Chemical Abstracts Service (CAS-Nr. )

Mindestmassenanteil

KN-Code für
isolierte chemisch
einheitliche
Verbindungen, die
die Anforderungen
von Anmerkung 1 zu
Kapitel 28 bzw. 29
der KN erfüllen
{siehe Verordnung
(EG) Nr. 948/2009
vom 30. September
2009, ABl. L 287
vom 31.10.2009}

KN-Code für
Gemische oder
Zubereitungen ohne
Zutaten (z. B.
Quecksilber, Edel- oder Seltenerdmetalle
oder radioaktive
Stoffe), die unter einem anderen KN-Code einzureihen sind {siehe Verordnung (EG) Nr.
948/2009 vom
30. September 2009,
ABl. L 287 vom
31.10.2009}
Wasserstoffperoxid (CAS-
Nr. 7722-84-1)
12 Gew.-%2847 00 003824 90 97
Nitromethan (CAS-Nr. 75-
52-5)
30 Gew.-%2904 20 003824 90 97
Salpetersäure (CAS-Nr.
7697-37-2)
3 Gew.-%2808 00 003824 90 97
Kaliumchlorat (CAS-Nr.
3811-04-9)
40 Gew.-%2829 19 003824 90 97
Kaliumperchlorat (CAS-Nr.
7778-74-7)
40 Gew.-%2829 90 103824 90 97
Natriumchlorat (CAS-Nr.
7775-09-9)
40 Gew.-%2829 11 003824 90 97
Natriumperchlorat (CAS-Nr. 7601-89-0)40 Gew.-%2829 90 103824 90 97

Anhang 2
Der Meldepflicht für verdächtige Transaktionen unterliegende Stoffe und ihre Gemische

Stoffname und
Registrierungsnummer des Chemical Abstracts
Service
(CAS-Nr. )

Chemische Bezeichnung

KN-Code für
isolierte chemisch
einheitliche Ver-
bindungen, die die Anforderungen
von Anmerkung 1 zu Kapitel 28, Anmerkung 1 zu Kapitel 29 bzw. Anmerkung 1 (b) zu Kapitel 31 der KN erfüllen {siehe Verordnung (EG) Nr. 948/2009 vom 30. September
2009, ABl. L 287 vom 31.10.2009}

KN-Code für
Gemische oder
Zubereitungen ohne
Zutaten (z. B.
Quecksilber, Edel- oder
Seltenerdmetalle
oder radioaktive
Stoffe), die unter
einem anderen KN-
Code einzureihen
sind {siehe
Verordnung (EG)
Nr. 948/2009 vom 30. September 2009, ABl. L 287 vom 31.10.2009}
Hexamin (CAS-Nr. 100-
97-0)
3,6,9,12-tetraAzatetradecamethylenediamin2921 29 003824 90 97
Schwefelsäure (CAS-Nr.
7664-93-9)
Schwefelsäure2807 00 103824 90 97
Aceton (CAS-Nr. 67-64-1)2914 11 003824 90 97
Salpeter (CAS-Nr. 7757-
79-1)
2834 21 003824 90 97
Natriumnitrat (CAS-Nr.
7631-99-4)
3102 50 10
(natürlich)
3102 50 90
(anderes)
3824 90 97
3824 90 97
Calciumnitrat
(Kalksalpeter) (CAS-Nr.
10124-37-5)
2834 29 803824 90 97
Kalkammonsalpeter (CAS-Nr. 15245-12-2)3102 60 003824 90 97
Ammoniumnitrat (CAS-Nr. 6484-52-2)3102 30 10 (in
wässriger Lösung)
3102 30 90
(anderes)
3824 90 97