Antrag des Landes Hessen
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB)

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, 6. Oktober 2016

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) mit dem Antrag zuzuleiten, die Entschließung zu fassen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 949. Plenarsitzung am 14. Oktober 2016 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Umsetzung der nachstehenden Punkte als Verpflichtungen für die Anbieter zu prüfen:

Begründung:

Verbraucherinnen und Verbraucher werden in vielen Alltagssituationen mit vorformulierten Vertragsklauseln konfrontiert, deren Inhalt sie bei Vertragsschluss aber sehr häufig entweder gar nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis nehmen. Dies betrifft in der Praxis insbesondere online, d.h. außerhalb von Geschäftsräumen, geschlossene Verträge, konkret Kaufverträge, Dienstleistungsverträge sowie Dauerschuldverhältnisse im Bereich der Telekommunikation/Internet sowie im Bereich der Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Fernwärme.

Mit dem "Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013" (BGBl. I S. 3624) wurden zwar beispielsweise mit der Einfügung des § 312j BGB sowie der Änderungen des Einführungsgesetzes zum BGB (Art. 246 und 246a EGBGB) für diese Vertragsgestaltungen grundlegende Informationspflichten des Unternehmers festgeschrieben. Diese Pflichten beschreiben aber nicht Art und Weise sowie den Umfang der Information über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Laut einer Umfrage des Bundesverbandes Verbraucherzentrale vom Oktober 2014 akzeptieren 53 Prozent der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ohne sie gelesen zu haben. Grund sind die oft seitenlangen und komplizierten Darstellungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Vor allem die jüngeren Befragten nennen überdurchschnittlich häufig die Länge und Komplexität der AGB als Hauptgrund für deren Außerachtlassung (18-29 Jahre: 83 %; 30-39 Jahre: 88 %), während die über 60 Jährigen dieser Begründung mit nur 50 % am vergleichsweise wenigsten zustimmen. Laut US-Forschern wäre ein Internetnutzer im Durchschnitt pro Jahr 1.500 Stunden allein mit dem Lesen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschäftigt. Die mangelnde Bereitschaft, sich mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Datenschutzbestimmungen eingehend zu beschäftigen, hat seinen Grund in der Länge und der Unverständlichkeit sowie der Formulierung der meisten Texte. Nachteilige Regelungen für den Verbraucher sind oftmals in komplizierten und für Nichtjuristen unverständlichen Formulierungen versteckt. Ein besseres Verständnis auf Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher könnte die Nutzer veranlassen, eine andere Wahl zu treffen, bei einem anderen Sozialen Netzwerk mitzumachen oder woanders einzukaufen.

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass zukünftig die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verbraucherfreundlicher ausgestaltet werden. Dies kann im Rahmen einer Änderung des BGB oder aber zunächst modellmäßig z.B. Versicherungsvertrags- und Fernabsatzvertragsrecht erfolgen.

Oft verspricht die Werbung etwa bei Dauerschuldverhältnissen, wie bspw. einem Telekommunikations-/Internetvertrag einen Allround-Tarif (Flatrate), aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder Leistungsbeschreibungen finden sich eine Vielzahl einschränkende Details, die viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erkennen und folglich auch nicht in ihre Entscheidung über ein bestimmtes Produkt einbeziehen können.

Eine klar formulierte Auswahl der für den Vertrag relevanten Punkte könnte den Einstieg in die Bedingungswerke erleichtern und sollte diesen vorangestellt werden. Zwischenüberschriften und eine übersichtlichere Bezifferung, auch im Inhaltsverzeichnis, könnten zudem die Orientierung im Bedingungstext erleichtern. Das sprichwörtliche Kleingedruckte sollte eine angemessene Schriftgröße haben. Ebenfalls farblich sollten die Inhalte gut erkennbar sein. Damit eine gute Lesbarkeit erreicht wird. Im Rahmen der Lebensmittelinformation gibt es bereits entsprechende rechtliche Vorgaben zur Lesbarkeit. Grundsätzlich sollten, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Einbußen bei der Verständlichkeit kürzer gefasst werden. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher durch den Umfang abschrecken lassen; dem könnte durch eine Kürzung begegnet werden.

Soweit Branchen abgrenzbar sind, sollten innerhalb einer Branche die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zudem einheitlich gegliedert sein. Auf diese Weise werden die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt, verschiedene Angebote unterschiedlicher Anbieter miteinander zu vergleichen. Es ist davon auszugehen, dass der Anreiz, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu lesen, größer ist, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher weiß, wo ein bestimmter Aspekt zu finden ist. Positive Beispiele wie im Bereich der Versicherungsbranche, wo gemeinsam mit Sprachwissenschaftlern die Versicherungsbedingungen in eine Alltagssprache übersetzt wurden, ohne ihre Rechtssicherheit zu gefährden, können als Vorbild dienen.

In der Beschwerdepraxis der Bundesnetzagentur und der Verbraucherzentralen zeigt sich auch, dass es zwischen Endkunden und Anbietern immer wieder zu Unklarheiten bzgl. des Vertragsbeginns bzw. dem konkreten Vertragsende kommt. Diese erzeugen sodann Folgeprobleme bei der Abwicklung eines möglichen Anbieterwechsels oder Ärger mit unbeabsichtigt weiterlaufenden Verträgen, die durch die regelmäßige und deutlich erkennbare Information über Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelöst werden könnten. Eine gesetzliche Verpflichtung bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Unternehmen verpflichtet, wesentliche Abweichungen, wie die Verlängerung des laufenden Vertrages, Kündigungsfristen und Preisgestaltung, deutlich hervorzuheben bzw. darzustellen und diese durch Verbraucherinnen und Verbrauchern bestätigen zu lassen, wird deshalb ebenfalls für notwendig gehalten.