Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 984. Sitzung am 20. Dezember 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 - neu - und Absatz 3 Satz 1 und Satz 2 - neu - GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist § 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Mit Blick auf die Erreichung der vom Bund ausgegebenen Klimaschutzziele ist es kontraproduktiv zu fordern, dass die zu fördernden Infrastrukturen in jedem Fall weit überwiegend in Form eines besonderen Bahnkörpers ausgeführt werden müssen. Mit den Änderungen wird klargestellt, dass die Bevorrechtigung der Bahnen entweder durch einen besonderen Bahnkörper oder durch diesbezüglich geeignete Bauformen bzw. Fahrleitsysteme sicherzustellen ist. Das gilt sowohl für Bau- und Ausbauvorhaben nach § 2 Absatz 1 als auch für Maßnahmen der Grunderneuerung nach § 2 Absatz 3.

In zahlreichen Ballungsräumen stellen die vergleichsweise engmaschigen Straßenbahn- bzw. Stadtbahnsysteme das Rückgrat des ÖPNV dar. Zur Erreichung der gemeinsamen verkehrs- und umweltpolitischen Zielstellungen müssen diese Infrastrukturen in den nächsten Jahren grunderneuert, ausgebaut und gezielt ergänzt werden.

Speziell in den letzten Jahren wurde deutlich, dass es in urbanen Räumen vielerorts weder verkehrlich sinnvoll noch praktisch umsetzbar ist, "besondere Bahnkörper" herzustellen. Hier müssen grundsätzlich auch andere Bauformen zulässig sein. Die moderne Leit- und Sicherungstechnik hält genügend Möglichkeiten bereit, um die Bevorrechtigung des ÖPNV anderweitig sicherzustellen und auch in engen Verkehrsräumen intelligent umzusetzen. Gefragt sind moderne und kreative Lösungen, die den Vorrang für die Bahnen im Verkehrsfluss gewährleisten.

Die im Gesetzentwurf enthaltene Forderung nach einem "weit überwiegend besonderen Bahnkörper" wäre hingegen geeignet, viele klima- wie verkehrspolitisch bedeutsame ÖPNV-Projekte in urbanen Stadträumen Deutschlands zu verhindern.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 sind in § 2 Absatz 1 Nummer 2 nach den Wörtern "Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe" die Wörter "sowie die Infrastruktur für Oberleitungsbusse" einzufügen.

Begründung:

Oberleitungsbusse stellen eine bewährte Form eines alternativen Antriebs dar und sind daher bei den Fördertatbeständen zu berücksichtigen. Oberleitungs-Bussysteme gehören zum klimafreundlichen ÖPNV, sind klimafreundlicher als herkömmliche Busse und entsprechen damit den Klimaschutzzielen der Bundesregierung. Sie können zudem Räume bedienen, die durch Schienenverkehrsmittel nicht sinnvoll erschlossen werden können und bilden deshalb eine notwendige Ergänzung zu den Schienenverkehrsmitteln.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 1 Nummer 2, Nummer 3 und Nummer 4 - neu - GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist § 2 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Folgeänderungen:

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung zum Fördertatbestand des § 2 Absatz 1 Nummer 3 GVFG kann unter Investitionen in Schienenstrecken zur Kapazitätserhöhung der Verkehrsinfrastruktur auch Maßnahmen zur Digitalisierung von bundeseigenen Schienenstrecken enthalten. Dies würde dazu führen, dass auf die Länder ohne entsprechende grundgesetzliche Grundlage eine Mitfinanzierung der Erneuerung auch von bundeseigener Schieneninfrastruktur zukommen würde. Die Verkehrsministerkonferenz hat einstimmig festgestellt, dass die Digitalisierung der bundeseigenen Infrastruktur eine alleinige Bundesaufgabe ist. Auf den einstimmigen Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 9. Oktober 2019 wird verwiesen.

Durch Einfügen einer Nummer 4 in § 2 Absatz 1 GVFG wird klargestellt, dass eine Förderung nach dem GVFG nur für Digitalisierungsmaßnahmen an Schienenstrecken nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 GVFG erfolgen kann, nicht aber für bundeseigene Schienenstrecken.

Es ist nicht Aufgabe der Länder, die Erneuerung alter Stellwerke mitzufinanzieren. Unter dem Finanzierungsregime des Bundes-GVFG würde allenfalls ein ETCS/DSTW-Flickenteppich entstehen, der entsprechend der Logik eines Bundesgutachtens die Investition des Bundes in ETCS und DSTW wieder unwirtschaftlich machen würde. Damit drohen die im Bundeshaushalt bereits zur Verfügung gestellten Mittel im Bundeshaushaltstitel 891 06 - ERTMS-Ausrüstung - des Kapitels 1202 für das Europäische Zugsicherungssystem (ETCS) und digitale Stellwerke (DSTW) unwirtschaftlich verausgabt zu werden.

Darüber hinaus würde sich der Rollout der Digitalisierung der Schiene erheblich verlangsamen, sollte eine Mitfinanzierung durch die Länder erforderlich werden. Die klimapolitischen Zielstellungen würden kaum mehr zeitgerecht erreicht werden können.

Durch das Hinzufügen der Nummer 4 in § 2 Absatz 1 GVFG resultiert Änderungsbedarf auch in § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 6 Absatz 1 Nummer 2 GVFG.

Zudem ist in § 11 Absatz 1 Satz 4 GVFG der eingefügte § 2 Absatz 1 Nummer 4 GVFG aus sinngemäßer Geltung herauszunehmen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 2 Nummer 2 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist § 2 Absatz 2 Nummer 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Moderne Umsteigeanlagen verfügen auch über Stellplätze für Fahrräder, nicht nur für Pkw. Bei kombinierten Lösungen müssten die Kosten für die vom Bund geförderten Pkw-Stellplätze und die nicht geförderten Fahrrad-Stellplätze aufwendig abgegrenzt werden. Dies erzeugt einen unnötigen Verwaltungsaufwand. Auch aus klimapolitischen Gründen sollten Umsteigeanlagen für Fahrräder ebenfalls mitgefördert werden. Nicht nur in ländlichen Regionen sind Fahrrad und Pedelec auf der sogenannten ersten oder letzten "Meile" eine optimale Ergänzung zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch für mittlere und lange Strecken ist die Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad eine leistungsstarke Alternative zum Auto.

Die einfachste und wichtigste Form dieser Verknüpfung sind Bike & Ride-Anlagen, also sichere, witterungsgeschützte Fahrradabstellmöglichkeiten an Haltestellen und Bahnhöfen. Egal ob einfache Fahrradbügel an Bushaltestellen oder vollautomatische Fahrradparkhäuser und Radstationen an Bahnhöfen, Bike & Ride-Anlagen sind für die nachhaltige Mobilität der Zukunft von zentraler Bedeutung.

Multimodale Knoten sind Einrichtungen, die verschiedene Mobilitätsformen des Umweltverbunds vernetzen. Sie sind für den Ein-, Aus- und Umstieg zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln vorgesehen und sollen somit eine bessere Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes (intermodale Wegeketten) ermöglichen. Diese Einrichtungen müssen sich grundsätzlich in unmittelbarer Nähe zu verkehrswichtigen Anlagen ÖV befinden und sich sinnvoll in das bestehende ÖV-System (insbesondere durch nachweislich hohen Umsteigebedarf, hohes Fahrgastaufkommen etc.) einfügen. Multimodale Knoten sollen Verkehrsteilnehmern eine optimale Umsteigemöglichkeit insbesondere zwischen Öffentlichem Verkehr (insbesondere Eisenbahn, Straßenbahn, Bus), Taxi, Car-Sharing, Fahrrad, Bike-Sharing oder Mietwagen bieten. Die dafür notwendige Infrastruktur wird für alle verknüpften Mobilitätsformen bereitgestellt.

Die Schaffung der nötigen Ladeinfrastruktur für Kraftfahrzeuge ist ein wichtiges Ziel. Allerdings rechnen sich entsprechende Ladepunkte nur dann, wenn sie eine ausreichende Auslastung erreichen. An Umsteigeparkplätzen kommen die Nutzer in der Regel am Morgen und fahren abends zurück. Das heißt: Entweder wird das Fahrzeug wegen einer Höchstparkdauer am Ladepunkt überhaupt nicht während des Parkens geladen oder der Ladepunkt wird den ganzen Tag von einem Fahrzeug belegt. Nicht alle Umsteigeanlagen sind deshalb in gleichem Maße zur Erweiterung der Ladeinfrastruktur geeignet.

Die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur für Kraftfahrzeuge mit alternativen Antrieben sollte deshalb an geeigneten Anlagen erfolgen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 2 Nummer 2 und Nummer 3 bis 8 - neu - GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist § 2 Absatz 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Im Rahmen der seit der Abschaffung der "Versteinerungsklausel" geführten Diskussion zum Inhalt des novellierten GVFG war einer der zentralen Punkte die Aufnahme der genannten zusätzlichen Fördertatbestände. Diese sind für den Abfluss der Mittel in Richtung des kommunalen ÖPNV von entscheidender Bedeutung. Die Erhöhung der Mittel auf 2 Milliarden Euro muss mit einer Ausweitung der Tatbestände einhergehen. Die Mittelabflussschwierigkeiten der letzten Jahre zeigen, dass im gemeindlichen Bereich derzeit nur bedingt Neu- und Ausbauprojekte vorhanden sind, so dass unter den derzeitigen Voraussetzungen die Gefahr besteht, dass entgegen dem Sinn und Zweck des Gesetzes ein überwiegender Abfluss in Richtung Deutsche Bahn vorgezeichnet ist.

Die in dem von der Bundesregierung verabschiedeten Klimaschutzprogramm 2030 enthaltenen Ziele im Verkehrsbereich sind nur mit umfangreichen strukturellen Veränderungen in allen Bereichen des ÖPNV und des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) zu erreichen. Weiter bestehen gesetzliche Anforderungen an den ÖPNV, die ebenfalls nur durch Anpassungen und Erweiterungen der ÖPNV-Infrastruktur erfüllt werden können. Diese Veränderungen sind nur mit hohem finanziellen Mitteleinsatz zu erreichen, den die Länder und die Kommunen als Aufgabenträger und Infrastrukturbetreiber ohne weitere finanzielle Unterstützung des Bundes nicht aufbringen können.

Ohne die vorgeschlagene Erweiterung der Fördertatbestände könnten nur wenige Teilbereiche des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gefördert werden, mit deren Hilfe alleine die angestrebte Mobilitätswende zwecks Erreichung der Ziele des Klimaschutzpakets nicht erreicht werden kann. Die in dem vorliegenden Antrag aufgeführten Änderungen betreffen deshalb überwiegend eine Erweiterung der förderfähigen Vorhaben. Nur dadurch entsteht eine umfassende Förderkulisse, die gesamthaft im Einklang mit den von der Bundesregierung verabschiedeten Zielen des Klimaschutzprogramms 2030 steht und diese unterstützt.

Im Einzelnen:

Zu Nummer 3:

Ein entscheidender Faktor für den Umstieg der Bürgerinnen und Bürger auf den ÖPNV ist insbesondere im städtischen Verkehr die gegenüber dem Individualverkehr kürzeren Fahrzeiten des ÖPNV. Nicht nur durch Vorrangschaltungen an Kreuzungen, sondern zusätzlich durch besondere Busspuren für den ÖPNV werden zusätzliche Fahrzeitgewinne erzielt.

Zu Nummer 4:

Zentrale Omnibusbahnhöfe sind im Zusammenhang mit zunehmenden Entfernungen der Mobilitätbedürfnisse wichtige ÖPNV-Bestandteile, um Mobilitätsketten mit möglichst geringer Umsteigezeit zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für die ländlichen Räume, in denen oftmals keine Schienenanbindung besteht und die Versorgung des ÖPNV durch eine Vielzahl von Buslinien sichergestellt wird.

Zu Nummer 5:

Beschleunigungsmaßnahmen sind ein wichtiges Instrument im ÖPNV, um Reisezeiten im ÖPNV kurz zu halten und damit eine Attraktivitätssteigerung des ÖPNV zu erzielen. Diesen Vorteil des ÖPNV gegenüber dem Individualverkehr, insbesondere in den Ballungsräumen gilt es auszubauen oder zu optimieren.

Zu Nummer 6:

Mit der Förderung kann dazu beigetragen werden, auch in Bereichen, in denen künftig noch kommunale Kostenanteile nach dem EKrG anfallen, einen Impuls dazu zu setzen, Bahnübergänge mit erhöhtem Gefährdungspotenzial oder mit hoher Verkehrsbelastung auf Straße und Schiene zügiger zu beseitigen. Das gilt insbesondere hinsichtlich Strecken der Nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Ohne den Finanzierungsanteil der Kommunen werden sich die Planungen derartiger Maßnahmen voraussichtlich erheblich beschleunigen, da kommunale Entscheidungsprozesse entfallen oder vereinfacht werden. Hierdurch werden notwendige Investitionen in das Schienennetz früher wirksam und die Leistungsfähigkeit des Straßen- und Schienennetzes verbessert. Denn die Beseitigung von Bahnübergängen dient nicht nur der Erhöhung der Verkehrssicherheit, sondern auch der Pünktlichkeit im Schienenverkehr durch weniger störanfällige Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik. Dies hat Kapazitätssteigerungen beim Betrieb, Geschwindigkeitserhöhungen im Personenverkehr und hierdurch bewirkte Verkehrsverlagerungen auf die Schiene zur Folge.

Zu Nummer 7:

Eine große Herausforderung stellt die in § 8 Absatz 3 Satz 2 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) enthaltene grundsätzliche Verpflichtung für ÖPNV-Infrastruktureigentümer dar, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Mit dieser bundesgesetzlichen Vorgabe, die ohne Zweifel zu einer spürbaren Verbesserung des ÖPNV beiträgt, sind bundesweit umfangreiche Veränderungen an einer Vielzahl von Infrastruktureinrichtungen verbunden, die ein hohes Investitionsvolumen erfordert. Insbesondere aufgrund der Mehrzahl dieser Infrastrukturen im Eigentum der Kommunen übersteigen die erforderlichen Umbauten die finanzielle Leistungskraft der Vorhabenträger. Eine zeitnahe finanzielle Unterstützung ist deshalb unabdingbar, um die gesetzliche Auflage hinsichtlich der Barrierefreiheit fristgemäß zu erfüllen.

Zu Nummer 8:

Um das im Zusammenhang mit der Mobilitätswende, insbesondere im Schienenpersonenverkehr avisierte Ziel einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 zu erreichen, sind nicht nur Strecken- und Stationsausbauten und Reaktivierungen erforderlich, sondern auch zusätzlich erhebliche Investitionen im Fahrzeugbereich notwendig. Neben der ortsfesten Infrastruktur müssen auch in diesem Bereich zwingend eine Unterstützung der Verkehrsunternehmen und der Aufgabenträger aufgebaut werden. Gleiches gilt für den schienengebundenen Straßenverkehr. Auch hier sind in den kommenden Jahren hohe Investitionen erforderlich, um nicht nur den Fahrzeugbestand für die Aufnahme zusätzlicher Fahrgäste zu erhöhen, sondern auch Altfahrzeuge durch moderne Neufahrzeuge auszutauschen.

6. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 2 Nummer 9 - neu - GVFG)

In Artikel 1 Nummer 1 ist in § 2 Absatz 2 folgende Nummer 9 anzufügen:

"9. Beschaffung von emissionsfreien- und -armen Fahrzeugen im Bereich des straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs."

Begründung:

Die Clean-Vehicle-Richtlinie zwingt kurz und mittelfristig auf nationaler Ebene zu Flottenumstellungsprozessen auf emissionsfreie und -arme Fahrzeuge in einem bisher nie dagewesenen Umfang. Dies erfordert im Bereich des straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs Investitionen außerhalb der Straßenbahnverkehre im Milliardenbereich. Die Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene kann nur bei einer grundlegend veränderten Förderkulisse erfolgen. Denn die Investitionen liegen allein im Bereich der Elektromobilität bei den gegenwärtig verfügbaren Angeboten beim zwei- bis dreistelligen Beschaffungspreis im Vergleich zu Dieselbussen. Weder die Verkehrsunternehmen noch die Aufgabenträger und auch die Länder verfügen über die notwendige Finanzausstattung, um diesen Prozess in erforderlichem Umfang finanziell zu begleiten. Es ist daher auch zur Erreichung der Klimaziele 2030 unabweisbar erforderlich, die Neufassung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes zur Umstellung der ÖPNV-Flotten zu öffnen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 3 einleitender Satzteil und Nummer 1 GVFG)

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

"2. § 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Förderentscheidung muss im Zeitpunkt der Förderzusage bei Einhaltung der Fördervoraussetzungen beständig sein. Das heißt, vor allem wenn die durchgeführte Standardisierte Bewertung einen Wert ergeben hat, der zur Förderfähigkeit führt, muss dieser als verbindlich für den Fördervollzug in den Folgejahren akzeptiert werden. Kostensteigerungen im Projekt können nachträglich zum Absinken des Nutzen-Kosten-Indikators unter den notwendigen Wert führen. Dies darf die einmal getroffene Förderzusage nicht nachträglich in Frage stellen. Andernfalls droht für die betroffenen Kommunen ein unkalkulierbares und nicht beherrschbares Risiko.

Die Bindung entsteht selbstverständlich nur dann, wenn die Angaben, auf denen die Förderentscheidung beruht, nicht unrichtig waren. Andernfalls kann bereits nach § 48 Absatz 2 VwVfG eine Rücknahme erfolgen.

Für die Förderung von etwaigen Mehrkosten bedarf es in der Regel der Stellung eines weiteren Förderantrags. Die vorgeschlagene Regelung führt somit auch nicht zu Unsicherheiten zu Lasten des Bundes als Fördergeber.

Der bisherige Wortlaut der Vorschrift ist zumindest nicht eindeutig. Hier bedarf es im Sinne der Rechts- und Finanzierungssicherheit einer Klarstellung im Gesetz.

8. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 3 Nummer 1 Buchstabe c Satz 2 - neu - GVFG)

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist in § 3 Nummer 1 Buchstabe c folgender Satz 2 anzufügen:

"Für Vorhaben nach § 2 Absatz 2 und 3 ist ein gesamtwirtschaftlicher Nachweis entbehrlich."

Begründung:

Der gesamtwirtschaftliche Nachweis wird im Rahmen von GVFG-Maßnahmen durch das positive Ergebnis einer standardisierten Bewertung geführt. Für die positive Bewertung der Wirtschaftlichkeit ist unter anderem ein erwarteter Zuwachs im Rahmen der Fahrgastzahlen erforderlich. Bei Maßnahmen, die die Zugänglichkeit zu Einrichtungen des ÖPNV und SPNV oder dessen Qualität verbessern, wie sie in § 2 Absatz 2 befristet bis 2030 als neue förderfähige Tatbestände aufgenommen werden (zum Beispiel der Ausbau von Bahnhöfen oder der Bau von Umsteigeanlagen) stehen die Verbesserung der Zugänglichkeit des ÖPNV und der Qualität für die Menschen im Vordergrund. Hier soll deshalb im Sinne der angestrebten Klimaziele auf einen Nachweis der Wirtschaftlichkeit verzichtet werden. Vielmehr wird bei diesen Tatbeständen die Wirtschaftlichkeit durch das Gesetz unterstellt und indiziert. Dies dient auch der Beschleunigung bei der Umsetzung im Interesse des Klimaschutzes. Auch eine Erneuerungsmaßnahme, die den Status quo ante lediglich wiederherstellt, kann einen Zuwachs nur in Ausnahmefällen erreichen. Im Rahmen des Neubaus der zu fördernden Strecke wurde die Wirtschaftlichkeit bereits einmal nachgewiesen. Auf einen erneuten Nachweis im Rahmen der Erneuerung kann daher verzichtet werden.

9. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 4 Absatz 1 Satz 1a, 1b und 5 - neu - und Absatz 4 Satz 1 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 4 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:

Die eingefügte Änderung betrifft die Förderung von Vorhaben, die bezogen auf alle nutzenden Verkehrsträger wirtschaftlich sind, jedoch allein bezogen auf den ÖPNV keine Wirtschaftlichkeit aufweisen und deshalb gesamthaft nicht nach dem GVFG gefördert werden können. Bei derartigen Vorhaben, überwiegend im Schienenverkehr, die neben dem SPNV auch vom Fernverkehr und /oder Güterverkehr genutzt werden, ist durch die vorgeschlagene Änderung eine anteilige Förderung des ÖPNV-/SPNV-Anteils möglich. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll die in der Gesetzesbegründung für generell zulässig erklärte Teilförderungsmöglichkeit von Projekten bis zur jeweiligen Höhe des Anteils, für den der gesamtwirtschaftliche Nachweis erbracht werden kann, ausdrücklich im Gesetzestext verankert werden.

Erheblicher Vorteil der gesetzlichen Klarstellung ist im Übrigen auch, dass damit gleichzeitig Vorsorge getroffen würde für den Fall, dass ein ursprünglich als gesamtwirtschaftlich sinnvoll bewertetes Projekt im Zuge der weiteren Planung und Umsetzung einmal aufgrund von Kostensteigerungen einen Finanzrahmen erreichen würde, der vom Wirtschaftlichkeitsnachweis nicht mehr gedeckt ist. Durch die vorgeschlagene ausdrückliche gesetzliche Normierung würde auch für diese Fälle dann eine anteilige Förderung in Höhe des Nachweises der Wirtschaftlichkeit gesichert sein.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:

Da die Standardisierte Bewertung in der aktuellen Version Umwelt und Klimaaspekte nicht hinreichend berücksichtigt, ist zu erwarten, dass insbesondere die Elektrifizierungsprojekte regelmäßig unter die Regelung des § 4 Absatz 1 Nummer 4 fallen werden. Damit würde der Regelsatz von 90 Prozent für Elektrifizierungsmaßnahmen faktisch auf 60 Prozent abgesenkt. Dies widerspricht dem hohen Stellenwert, den Elektrifizierungsmaßnahmen im ÖPNV für den Klima- und Umweltschutz haben. Die Herausnahme der Maßnahmen nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 aus dem Anwendungsbereich des § 4 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit § 3 Nummer 1 Buchstabe c zweiter Halbsatz, würde zur Beibehaltung des Fördersatzes von 90 Prozent für Elektrifizierungsmaßnahmen führen. Dies ist auch gerechtfertigt, weil diese Bereiche, in der originären Zuständigkeit des Bundes liegen. Damit würde der Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern besser Rechnung tragen.

Zu Buchstabe b:

Durch die Änderung wird ermöglicht, dass künftig die Planungskosten in Höhe von 10 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten auch für Vorhaben nach § 2 Absatz 2 und 3 und damit für alle förderfähigen Vorhaben einheitlich zuwendungsfähig sind. Dies erscheint auch aus Gleichbehandlungsgründen angebracht.

10. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a (§ 4 Absatz 1 Satz 2 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a ist § 4 Absatz 1 Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Durch die Änderung in § 4 Absatz 1 wird mit dem letzten Satz die Förderquote auf 60 Prozent für Vorhaben, die sich über die standardisierte Bewertung nur teilweise darstellen können (§ 3 Nummer 1 Buchstabe c) reduziert. Der pauschale Abzug von 15 Prozent ist nicht sachgerecht, da er die Finanzierung wichtiger Infrastrukturvorhaben wesentlich erschwert. Diese Regelung ist auch nicht notwendig, da bereits in den vorhergehenden Regelungen in § 4 Absatz 1 GVFG die Förderquoten mit der Einschränkung "bis zu" Spielraum zulassen, die Förderquoten im Einzelfall zu reduzieren. Vielmehr sind vom Bund die angekündigten Erleichterungen und Änderungen der standardisierten Bewertung zeitnah umzusetzen. Eine Erleichterung der wirtschaftlichen Bewertung ist für die anstehenden Vorhaben im ÖPNV dringend erforderlich.

11. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b (§ 4 Absatz 4 Satz 1 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b ist § 4 Absatz 4 Satz 1 wie folgt zu fassen:

"Abweichend von Absatz 3 Nummer 2 werden bei Vorhaben nach § 2 Absatz 1 bis Absatz 3 und nach § 11 Planungskosten in Höhe von 10 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten nach Absatz 2 übernommen."

Begründung:

Gemäß den Absprachen zwischen dem Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Ländern auf der Verkehrsministerkonferenz vom 09./10. Oktober 2019 ist die Übernahme von 10 Prozent Planungskosten durch den Bund zugesagt worden. Daher wird eine Erstattung von einheitlich 10 Prozent bezogen auf die Bau- und Grunderwerbskosten des jeweiligen Vorhabens zu 100 Prozent erwartet.

12. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 und 2 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a sind in § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 2 jeweils die Wörter "gleichartiger Fördertatbestände" durch die Wörter "von Vorhaben, die den gleichen Fördertatbestand erfüllen" zu ersetzen.

Begründung:

Die bisher gewählte Formulierung ist sprachlich ungenau und damit auslegungsbedürftig. Auch wiederholt die Gesetzesbegründung diese Wortwahl und trägt deshalb nicht zu einer Aufklärung bei. Eine Zusammenfassung von gleichartigen und damit mehreren Fördertatbeständen ist nicht gemeint. Vielmehr soll eine Zusammenfassung von mehreren Vorhaben eines Fördertatbestandes möglich sein, um die im Gesetzestext genannten Euro-Betragsgrenzen zu erreichen. Die vorgeschlagene Formulierung ist demgegenüber eindeutig.

13. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a (§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GVFG)

In Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a ist in § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 die Angabe "2 000 Millionen Euro" durch die Angabe "3 000 Millionen Euro" zu ersetzen.

Begründung:

Die Erhöhung des Gesamtvolumens im Jahr 2025 von 2 000 Millionen Euro auf 3 000 Millionen Euro ist notwendig, weil die Fördertatbestände ausgeweitet werden und es zukünftig einen großen Finanzmittelbedarf gibt.