Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank:: Jahreswachstumsbericht 2015 - COM (2014) 902 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 761/13 (PDF) = AE-Nr. 130996 und
Drucksache 762/13 (PDF) = AE-Nr. 130997

Brüssel, den 28.11.2014
COM (2014) 902 final

Einleitung

Nachdem wir die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit Generationen überwunden haben, hat die EU viel getan, um die Grundlagen für solideres und nachhaltiges Wachstum zu schaffen. Doch trotz der Anstrengungen auf nationaler und auf europäischer Ebene verläuft der Aufschwung schleppender als noch vor einem Jahr erwartet; im Frühjahr 2014 begann er an Dynamik zu verlieren. Die Wirtschaftskrise löste eine anhaltende soziale Krise aus, und die nur langsame Erholung erschwert die Anstrengungen zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit.

Die derzeitige wirtschaftliche Abschwächung lässt sich zwar zum Teil mit den globalen Rahmenbedingungen erklären, doch es sind auch konkrete binnenwirtschaftliche Ursachen, die das Wachstum in der EU bremsen. Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen dabei erhebliche Unterschiede. Gehemmt wird das Wachstum nach wie vor durch folgende Faktoren: die Zersplitterung der Finanzmärkte infolge der Finanz- und Staatsschuldenkrise; den erforderlichen Abbau der Schulden der Unternehmen, der privaten Haushalte und der öffentlichen Hand; die unvollständige Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte sowie die allgemein fehlende Zuversicht, die durch die Ungewissheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven und der Inangriffnahme struktureller und institutioneller Reformen bedingt ist. Geringe Produktivitätssteigerungen, ein niedriges Investitionsniveau und hohe strukturelle Arbeitslosigkeit wirken sich negativ auf Europas Wachstumsaussichten aus.

Zugleich müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten eine Reihe langfristiger Veränderungen verkraften, die die Entstehung von Arbeitsplätzen und das Wachstum beeinträchtigen. Dabei handelt es sich vor allem um den gesellschaftlichen und den demografischen Wandel, die Globalisierung, Entwicklungen bei der Produktivität und der Technologie, die Ressourcenknappheit und zunehmende Umweltbedenken und auch um eine allgemeine Abschwächung des Wachstums in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Der Beginn des Mandats der neuen Kommission mit ihrer ambitionierten Agenda für Beschäftigung, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel1 ist der richtige Moment für einen Neustart. Es gilt dringend das Wachstum in der gesamten EU wiederzubeleben und neue Impulse für einen Wandel zu geben. In diesem Jahreswachstumsbericht und seinen Begleitunterlagen wird das Paket zur Förderung von Arbeitsplätzen, Wachstum und Investitionen dargelegt, dem in den politischen Leitlinien dieser Kommission oberste Priorität eingeräumt worden ist.

Kasten 1 - Wesentliche Ergebnisse der Herbstprognose 2014 der Kommission2

In diesem Jahreswachstumsbericht für 2015 legt die Kommission, die am 1. November 2014 ihre Arbeit aufnahm, die wesentlichen Punkte ihrer neuen Agenda für Beschäftigung und Wachstum dar. Das Wachstum kann nur wiederbelebt werden, wenn die EU-Organe und die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die europäische soziale Marktwirtschaft zu stärken. Im Jahreswachstumsbericht wird daher erläutert, wie auf EU-Ebene mehr getan werden kann, um den Mitgliedstaaten wieder zu höherem Wachstum zu verhelfen und Fortschritte im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung zu erzielen. Dafür brauchen wir auf nationaler Ebene Entschlossenheit und den Willen, Dinge zu verändern und anders anzugehen.

1. EIN INTEGRIERTES Konzept

Besonders besorgniserregend ist derzeit, dass dauerhaft das Wachstum niedrig bleiben, die Inflation fast bei null liegen und hohe Arbeitslosigkeit herrschen könnte. Die Auswirkungen der Krise sind nicht nur zyklischer Natur, wie die schwache gesamtwirtschaftliche Nachfrage zeigt; es gibt auch eine bedeutende strukturelle Komponente, die das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaften in der EU sinken lässt.

Struktur-, Fiskal- und Geldpolitik müssen in einem integrierten Konzept auf wachstumsfördernde Weise miteinander verbunden werden, um dieser Herausforderung wirksam zu begegnen, wobei sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite der Wirtschaft angesetzt werden muss. Dazu sind Maßnahmen auf allen Ebenen notwendig: von der globalen Ebene - vor allem im Rahmen der G20 - über die EU-Ebene, die nationale und die regionale bis zur kommunalen Ebene.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird unterdessen im Rahmen ihres Mandats und in voller Unabhängigkeit auch weiterhin eine wichtige Rolle im politischen Gefüge des Euro-Währungsgebiets spielen. Die EZB hat die ausschließliche Zuständigkeit für die Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet. Sie hat eine Reihe wichtiger Maßnahmen getroffen, um die Geldpolitik zu lockern und deren Auswirkungen auf die allgemeinen finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern, insbesondere ist dabei das im vergangenen Oktober gestartete Programm zum Ankauf besicherter Wertpapiere (ABS) zu nennen. Die kombinierte Auswirkung auf die Bilanz der EZB dieser und zwei weiterer Maßnahmen, dem Programm für gedeckte Schuldverschreibungen und dem Programm für gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO), wird beträchtlich ausfallen. Die Bilanzsumme dürfte sich in Richtung einer Summe entwickeln, die Anfang 2012 erreicht wurde. Diese Maßnahmen dürften die Wirtschaftstätigkeit in dem Maße fördern, in dem sie ihre Wirkung in der gesamten Wirtschaft entfalten.

Es ist Zeit für die Behörden auf allen Ebenen, verantwortungsvoll zu handeln. Angesichts der Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten ist dabei natürlich von Land zu Land anders vorzugehen, jedoch im Rahmen eines gemeinsamen integrierten Konzepts. Die Kommission empfiehlt, dass sich die Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU im Jahr 2015 auf drei wesentliche Säulen stützt:

Abbildung 1: Ein integriertes Konzept

In allen drei Bereichen müssen zugleich Maßnahmen ergriffen werden, damit das Vertrauen wiederhergestellt und die Unsicherheit, die Investitionen verhindert, abgebaut wird und damit die weitreichenden, sich wechselseitig verstärkenden Wirkungen aller drei Säulen optimal genutzt werden. Insbesondere steht außer Frage, dass ein erneuertes Engagement für Strukturreformen von entscheidender Bedeutung für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und für die Mobilisierung von Investitionen ist.

Zur Umsetzung des Prinzips des neuen integrierten Konzepts schlägt die Kommission eine Straffung und Aufwertung des Europäischen Semesters der wirtschaftspolitischen Koordinierung vor, wodurch die drei Säulen gestützt werden.

Im Hinblick auf eine stärkere Verknüpfung von Strukturreformen, Investitionen und verantwortungsvoller Fiskalpolitik, wird die Kommission weitere Hilfestellung für die Nutzung der Flexibilität bieten, die der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorsieht.3

2. INVESTITIONSFÖRDERUNG

Schwache Investitionstätigkeit hemmt wirtschaftliche Erholung Europas

Europa braucht dringend einen Investitionsschub. Im Zuge der Krise ist das Investitionsvolumen seit seinem 2007 erreichten Höchststand um etwa 430 Mrd. EUR gesunken, was einem Rückgang von 15 % entspricht. In einigen Mitgliedstaaten sind die Investitionen sogar noch stärker eingebrochen.4 Aus den Herbstprognosen der Kommission geht hervor, dass die schwache Investitionstätigkeit die fragile Erholung der EU-Wirtschaft bremst.

Ziel ist nicht, wieder den Höchststand von 2007 mit denselben Arten von Investitionen zu erreichen, denn einige vor der Krise getätigte Investitionen waren nicht nachhaltig. Es ist jedoch besorgniserregend, dass die Investitionen in Europa nicht wie in den USA wieder zugelegt haben. 2013 beliefen sich die Investitionen immer noch auf 19,3 % des BIP und lagen damit etwa 2 Prozentpunkte unter ihrem historischen Durchschnitt, bei dessen Berechnung die Boom- und Krisenjahre nicht einbezogen wurden. In Europa ist also eine Investitionslücke von 230 bis 370 Mrd. EUR gegenüber den langfristigen Trends entstanden.

Abbildung 2: Jüngste Trends bei den Investitionen in der EU (Reale Bruttoanlageinvestitionen, EU-28, in Preisen von 2013, in Mrd. EUR)

Gleichzeitig besteht großer Investitionsbedarf, der nicht gedeckt wird. Beispielsweise müssen und möchten Haushalte und Unternehmen die neuesten Technologien nutzen, um ihre Energie- und Ressourceneffizienz zu steigern. Bildungs- und Innovationssysteme sind weniger gut ausgestattet und haben weniger Finanzmittel zur Verfügung als dies bei unseren wichtigsten Mitbewerbern der Fall ist. Wir müssen unsere Sozialsysteme modernisieren, um die Herausforderungen durch die rasch voranschreitende Alterung unserer Bevölkerung zu bewältigen. Wir müssen in unserem Energiesektor die Netze auf den neuesten technologischen Stand aufrüsten, erneuerbare Energieträger integrieren und unsere Versorgungsquellen diversifizieren. Wir müssen im Verkehrswesen die Infrastruktur modernisieren, die Überbelastung der Verkehrswege verringern und die Handelsverbindungen ausbauen. Wir müssen im Umweltbereich die Abfallentsorgungs-, Recycling- und Wasseraufbereitungsanlagen verbessern. Und wir müssen überall in Europa ein weitverzweigtes und schnelleres Breitbandnetz sowie "smarte" Datenzentren einrichten.

Dieser Bedarf ist nach so vielen Jahren mit geringem Wachstum oder mit Nullwachstum deutlich zu spüren, und es besteht die Gefahr, dass Europas produktiver Kapitalstock schrumpft und veraltet. Dadurch würden unsere Wettbewerbsfähigkeit und unser Wachstumspotenzial weiter geschwächt und unsere Produktivität und Kapazität zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Mitleidenschaft gezogen.

Für dieses Problem gibt es keine einfache oder einzig gültige Lösung. Die Investitionsflaute hat mehrere Ursachen: geringes Vertrauen der Investoren, gedämpfte Nachfrageerwartungen und hohe Verschuldung der Haushalte, Unternehmen und der öffentlichen Hand. In vielen

Regionen versperrten die ungewissen Perspektiven und Kreditrisikobedenken KMU den Zugang zu Finanzierungen für aussichtsreiche Projekte.

Der private Sektor verfügt über beträchtliche Ersparnisse und ist nun sogar äußerst liquide, aber diese Gelder kommen nicht in der europäischen Realwirtschaft an. Hier sollten die Behörden aller Ebenen aktiv werden.

Auf nationaler und regionaler Ebene kann viel getan werden

Nationalen und regionalen Behörden kommt eine Schlüsselrolle zu, indem sie erforderliche Strukturmaßnahmen vorantreiben, eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik betreiben und Investitionen zur Steigerung der Beschäftigung und des Wachstums ankurbeln. Mitgliedstaaten mit größerem fiskalpolitischem Spielraum müssen mehr investieren. Alle Mitgliedstaaten, aber insbesondere diejenigen mit begrenztem fiskalpolitischen Spielraum, sollten sicherstellen, dass Ressourcen effizient eingesetzt werden, sollten Ausgaben im Zusammenhang mit Investitionen und Wachstumsförderung in ihren Haushalten Vorrang einräumen, mehr der ihnen zur Verfügung stehenden EU-Mittel für Investitionen nutzen und ein Umfeld schaffen, das privaten Investitionen zuträglicher ist.

Nationalen und regionalen Behörden bietet sich in den kommenden Monaten eine einmalige Gelegenheit, den EU-Haushalt des Zeitraums 2014-2020 auf bestmögliche Weise zu nutzen, da neue Mechanismen und Instrumente verfügbar werden. Das Gesamtvolumen des EU-Haushalts für diesen Siebenjahreszeitraum beläuft sich auf 960 Mrd. EUR, also 140 Mrd. EUR pro Jahr, was 1 % des BIP der EU entspricht. Wichtige EU-Programme wie Horizont 2020 (Innovation und Forschung), die Fazilität "Connecting Europe" (Infrastruktur) und COSME (Finanzierungen für KMU) laufen jetzt an.

Dies gilt ebenso für die neue Generation der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, aus denen 350 Mrd. EUR für neue Investitionen im Zeitraum 2014-2020 zur Verfügung gestellt werden. Bezieht man die nationale Kofinanzierung ein, werden dadurch Investitionen in Höhe von mehr als 600 Mrd. EUR erzielt. Die Bedeutung dieser Fonds ist zwar von Land zu Land unterschiedlich, sie können jedoch überall eine sehr strategische Rolle spielen, da sie im Durchschnitt 10 % der gesamten öffentlichen Investitionen in der EU ausmachen.

Ein Investitionsprogramm für Europa

Das Investitionsprogramm für Europa, das die Kommission gemeinsam mit diesem Jahreswachstumsbericht vorlegt, wird die bisherigen Anstrengungen ergänzen und verstärken. In dessen Rahmen werden im Zeitraum bis Ende 2017 mindestens 315 Mrd. EUR an zusätzlichen öffentlichen und privaten Investitionen mobilisiert. In erster Linie kann das über eine gemeinsame Initiative der EU-Organe und der Europäischen Investitionsbank (EIB) erreicht werden, die den neuen Europäischen Fonds für strategische Investitionen einrichten. Die Wirkung des Programms wird sich jedoch vielfach über diesen Betrag von 315 Mrd. EUR hinaus verstärken, wenn sich mehr Interessenträger mit zusätzlichen freiwilligen Beiträgen engagieren: Mitgliedstaaten, nationalen Förderbanken, regionalen Behörden und privaten Investoren kommt dabei jeweils eine Schlüsselrolle zu. Herauszuheben ist, dass die Kommission Kapitalbeiträge zu diesem neuen Fonds bei der Bewertung der öffentlichen Finanzen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts wohlwollend berücksichtigt.

Diese zusätzlichen Mittel sollten in die Infrastruktur fließen, insbesondere in die Strom- und Breitbandnetze sowie in die Verkehrsinfrastruktur, insbesondere von Industriezentren, in Bildung, Forschung und Innovation sowie in erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Das sind Bereiche, in denen eindeutig Bedarf besteht und in denen Fortschritte einen großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen mit sich bringen dürften.

Bei der Umsetzung des Investitionsprogramms werden drei miteinander verbundene politische Ziele verfolgt: die jüngsten rückläufigen Trends bei den Investitionen umzukehren und die Beschäftigung und die wirtschaftliche Erholung der EU zusätzlich anzukurbeln; der Erfüllung des langfristigen Bedarfs unserer Wirtschaft einen entscheidenden Schritt näher zu kommen, indem die Wettbewerbsfähigkeit in strategischen Bereichen gesteigert wird; die europäische Dimension unseres Humankapitals und der physischen Infrastruktur zu stärken, wobei die Verbindungen im Mittelpunkt stehen, die für unseren Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung sind.

Bei der Ausarbeitung dieses Programms wurde angesichts des begrenzen haushaltspolitischen Spielraums der nationalen Regierungen Wert darauf gelegt, die nationalen öffentlichen Finanzen nicht zu belasten. Eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik trägt dazu bei, das Vertrauen wiederherzustellen, das Europa in der Krise verspielt hat. Daher baut das Programm auf Lösungen auf, die auf EU-Ebene verfügbar sind, und damit auch auf bereits bestehende Behörden und Verfahren, wodurch eine schnellere Umsetzung sowie eine rigorose Ausführung und Rechenschaftspflicht begünstigt werden.

Kasten 2 - Wichtigste Merkmale des Investitionsprogramms für Europa

Das Investitionsprogramm für Europa basiert auf drei sich gegenseitig ergänzenden Ansätzen:

Mobilisierung von mindestens 315 Mrd. EUR zusätzlicher Finanzmittel für Investitionen auf EU-Ebene

3. ERNEUTES ENGAGEMENT für STRUKTURREFORMEN

Entscheidende Faktoren für Wachstum sind die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und die Sicherstellung eines förderlichen Regulierungsumfelds für langfristige Investitionen. Strukturreformen können dazu beitragen, private produktive Investitionen anzuziehen, insbesondere in den netzgebundenen Branchen und in der intelligenten Fertigung, wo hoher Investitionsbedarf besteht. Auf EU-Ebene erfordert dies eine weitere Vertiefung des Binnenmarktes sowie die Vermeidung übermäßig belastender Regelungen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, einen verbesserten Zugang zu Finanzierung und die Sicherung Qualität bei Investitionen im Bereich Forschung und Innovation. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten müssen diese Bemühungen durch eine ehrgeizige Umsetzung struktureller Reformen der Waren-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte ergänzt werden.

BESEITIGUNG Wesentlicher Hindernisse auf Ebene

Ein vorrangiges Ziel ist die Verwirklichung des Binnenmarktes für Waren und Dienstleistungen. Der EU-Binnenmarkt ist mit seinen über 500 Millionen Verbrauchern weiterhin der stärkste Wachstumsmotor auf EU-Ebene. Dies wird eine starke Ausrichtung auf eine weitere Integration der Waren- und Dienstleistungsmärkte erfordern, die sowohl im Online- als auch im Offline-Bereich ein hohes Potenzial für Arbeitsplätze, Wachstum und Innovation aufweisen. Dabei kommt der Ausschöpfung von Synergien zwischen einem gut funktionierenden Binnenmarkt und der Industrie eine große Bedeutung zu. Die Verbraucher sollten in die Lage versetzt werden, von einem integrierten Binnenmarkt zu profitieren, der ihnen die gleichen Möglichkeiten bietet wie ihre Heimatmärkte. Ein vertiefter Binnenmarkt schafft auch auf internationaler Ebene Vorteile. Die Position europäischer Unternehmen in globalen Wertschöpfungsketten wird gestärkt, Investitionen werden angezogen und die Union wird besser in die Lage versetzt, mittels Handelsabkommen, die die Konvergenz der Rechtsvorschriften mit unseren wichtigsten Handelspartnern ausbauen, engere Bindungen zu neuen Zentren des globalen Wachstums einzugehen.

Der digitale Binnenmarkt ist von entscheidender Bedeutung für Arbeitsplätze, Wachstum und Innovation. Die Weltwirtschaft befindet sich im Wandel hin zu einer digitalen Wirtschaft. Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist mehr als eine Branche von vielen, denn sie bildet die Grundlage einer modernen, innovativen Wirtschaft. Mit einem integrierten digitalen Binnenmarkt könnten bis zu 260 Mrd. EUR an Effizienzgewinnen jährlich erzielt werden.5 Mit der digitalen Technologie werden neue Methoden für die Herstellung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen eingeführt, die unsere Arbeits- und Lernweise neu gestalten: das betrifft beispielsweise die Herstellung von Fahrzeugen und Chemikalien ebenso wie die Bereiche Einzelhandel und Energie. Mit einer guten Positionierung in der digitalen Wirtschaft werden die Weichen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der EU gestellt und Voraussetzungen für erneutes Wachstum geschaffen. Digitale Dienstleistungen sind von entscheidender Bedeutung für die Effizienz und Sicherheit europäischer strategischer Schlüsselinfrastrukturen, wie Energie und Bahnverkehr. Vor allem aber bieten sie der Gesellschaft enorme Vorteile: Zugang zu Waren, Dienstleistungen und Informationen, freie Meinungsäußerung, Kreativität, bessere Gesundheitsversorgung und Behördendienste. Doch der digitale Binnenmarkt ist noch nicht verwirklicht. Nur 14 % der KMU nutzen das Internet für den Online-Verkauf ihrer Produkte. Nur 12 % der Verbraucher tätigen ihre Käufe im Ausland. Für die Verbraucher ist es frustrierend, wenn sie die digitalen Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund von restriktiven Geschäftspraktiken oder rechtlichen Hürden nicht in Anspruch nehmen können. Nur wenn gemeinsame europäische Datenschutzbestimmungen gelten, die hohen Standards entsprechen, und das Vertrauen der Verbraucher wiederherstellt wird, werden Unternehmen in der Lage sein, das volle Potenzial des digitalen Sektors auszuschöpfen.

Weitere Strukturreformen auf den Energiemärkten sind zur Schaffung einer robusten Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik erforderlich, im Einklang mit den Zielsetzungen der Strategie Europa 2020 sowie mit dem vom Europäischen Rat im Oktober 2014 vereinbarten Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030, zudem dienen sie der Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und der Vollendung des Energie-Binnenmarktes. Dies erfordert ein verbessertes Konzept des Energiemarktes, eine Stärkung der vorhandenen marktwirtschaftlichen Instrumente sowie eine Modernisierung und den Ausbau der Energieinfrastruktur. Damit sollten der uneingeschränkte Energiefluss innerhalb der EU gewährleistet, Energieinseln gut angebunden und erneuerbare Energien in das Netzwerk integriert werden können. Die Finanzierung der erforderlichen Investitionen wird eine große Herausforderung sein. Zwar werden Mittel in beträchtlichem Umfang aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds bereitgestellt, doch sind innovative Finanzmechanismen erforderlich, mit denen Investitionen in energetische Modernisierung stimuliert und deren Wirkung verstärkt werden sowie Anreize für Investitionen der privaten Haushalte in Energieeffizienz geschaffen werden.

Für die Gewährleistung eines EU-Regelungsrahmens, mit dem Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen gefördert werden, sind ehrgeizige Maßnahmen erforderlich. Die Kommission wird den im Dezember 2012 mit der Einleitung des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) - eine allgemeine Überarbeitung geltender Rechtsvorschriften - begonnenen Arbeiten Vorrang einräumen. Mit dem Programm sollen schlankere, einfachere und kostensparendere EU-Rechtsvorschriften zum Vorteil für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen geschaffen werden. Die Kommission wird ihr Regulierungsinstrumentarium (Folgenabschätzung, Evaluierung) in enger Zusammenarbeit mit den anderen europäischen Organen, den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern weiter ausbauen.

Die Beseitigung der obengenannten regulatorischen Hindernisse sollte mit der Einrichtung des neuen Europäischen Fonds für strategische Investitionen einhergehen, der im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Kommission und der EIB gestaltet wird.

STRUKTURREFORMEN auf der Ebene der Mitgliedstaaten

Letztlich sind die Reformierung und Modernisierung unserer Wirtschaft notwendig, um unser europäisches soziales Modell zu stützen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass sich alle Mitglieder der Gesellschaft, insbesondere die Sozialpartner, hier einbringen und proaktiv Veränderungen unterstützen können.

Durch eine ehrgeizige Umsetzung struktureller Reformen auf den Waren-, Dienstleistungsund Arbeitsmärkten kann ein Beitrag zu höherer Produktivität, einer Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit und zu einem verbesserten Unternehmensumfeld geleistet werden, womit gleichzeitig Investitionen gefördert werden. Damit können der dauerhafte Abbau von Ungleichgewichten in unserem Wachstumsmodell gefördert, die negativen Auswirkungen des notwendigen Schuldenabbaus im privaten Sektor gemildert und die Vermeidung schädlicher makroökonomischer Ungleichgewichte unterstützt werden. Darüber hinaus kann damit durch die Auswirkungen auf das Wachstum, die Produktivität und die Beschäftigung, wenn entsprechende Kanäle geschaffen wurden, ein Beitrag zur Verbesserung der allgemeinen sozialen Lage und Armutsminderung sowie zur Tragfähigkeit der Verschuldung des privaten und des öffentlichen Sektors geleistet werden.

Trotz der Erfolge einiger Mitgliedstaaten - insbesondere der wirtschaftlich anfälligeren - sind zusätzliche Reformanstrengungen in allen Mitgliedstaaten nötig. Die jüngsten Erfahrungen bieten zahlreiche Belege dafür, dass mit ehrgeizigen Maßnahmen handfeste Ergebnisse erzielt werden können (siehe Kasten 3).

Kasten 3 - Beispiele für wirksame Strukturreformen in den Mitgliedstaaten

Für das Jahr 2015 empfiehlt die Kommission, sich auf eine Reihe von Schlüsselreformen zu konzentrieren. Die ausgewählten Bereiche sind für alle Mitgliedstaaten relevant, wenngleich die konkreten Maßnahmen je nach Land unterschiedlich ausfallen werden. Innerhalb des Euro-Währungsgebiets sollte ein besonderes Augenmerk auf einer besseren Koordination einiger dieser Reformen liegen, damit positive Synergien verstärkt und negative Auswirkungen vermieden werden. Die Reformen sollten in folgenden Bereichen eingeleitet werden:

1. Stärkung der Dynamik auf den Arbeitsmärkten und Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit.

Die Wettbewerbs- und die Widerstandsfähigkeit sind in den Ländern am stärksten, in denen Unternehmen und Unternehmer dem Aspekt des ständigen Kompetenzausbaus den höchsten Wert beimessen und in diesen Bereich investieren, in denen Innovation gefördert wird und die Arbeitnehmer problemlos zwischen Berufen, Branchen und/oder Regionen wechseln können.

Regelungen und Einrichtungen im Bereich Beschäftigungsschutz sollten als geeigneter Rahmen zur Förderung der Beschäftigung sowohl den bereits beschäftigten Personen als auch den Arbeitssuchenden Beschäftigungsschutz auf einem modernen Niveau bieten. Die Mitgliedstaaten müssen mehr Anstrengungen unternehmen, um Hindernisse für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu beseitigen. Dabei sollten die Sozialpartner beteiligt sowie erforderlichenfalls bestehende Verfahren zur Schlichtung von Arbeitskonflikten reformiert werden. Es gilt, Reformanstrengungen zur Verringerung der Steuerbelastung der Arbeit im Hinblick auf eine Wiederherstellung der Beschäftigung zu intensivieren. Durch den Abbau der Segmentierung des Arbeitsmarktes sollten Beschäftigungshindernisse für Personen beseitigt werden, die gegenwärtig arbeitslos, unterbeschäftigt oder auf Zeitvertragsbasis beschäftigt sind, und die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten sollten gefördert werden.

Die EU braucht gut ausgebildete Arbeitskräfte in Wachstumsbranchen, wie der digitalen und der grünen Wirtschaft sowie dem Gesundheitswesen. Bei der Anpassung der Qualifikationen an die Signale des Arbeitsmarktes fällt dem Bildungssektor eine Schlüsselrolle zu. Berufliche Bildung und duale Bildungssysteme sollten aufgewertet werden, damit jungen Menschen die erforderlichen Qualifikationen vermittelt werden können. Lebenslanges Lernen sollte einen zentralen Schwerpunkt bilden und allen Altersgruppen sowie den Bedürftigsten zugänglich sein; dafür sollten sowohl öffentliche als auch private Akteure gewonnen werden. Darüber hinaus ist eine bessere Evaluierung des Qualifikationsbedarfs der einzelnen Regionen und Branchen erforderlich.

Die Lage der jungen Menschen, und insbesondere der von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen, erfordert entschlossene Maßnahmen. Die Sozialleistungssysteme sollten einen angemessenen Einkommensersatz mit Aktivierungs- und Qualifizierungsdienstleistungen kombinieren, die auf den individuellen Bedarf zugeschnitten und über zentrale Anlaufstellen bereitgestellt werden. Fiskalische Fehlanreize, die von der Beschäftigungssuche abhalten, müssen beseitigt werden. Die Jugendgarantie ist ein ehrgeiziger Versuch, bei dem verschiedene Instrumente für eine wirksame Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit kombiniert werden. Die verfügbaren Finanzmittel, darunter die im Rahmen der Beschäftigungsinitiative für Jugendliche bereitgestellten 6,4 Mrd. EUR, sollten allerdings rascher und effizienter von den Mitgliedstaaten ausgeschöpft werden und durch nationale Mittel ergänzt werden. Für Frankreich, Italien und Litauen wurden lediglich drei einschlägige operationelle Programme mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Mrd. EUR angenommen, für die Vorfinanzierungen an diese Länder geleistet werden können. Damit die Mehrzahl der einschlägigen operationellen Programme bis Ende des Jahres angenommen werden können, müssen die Mitgliedstaaten so rasch wie möglich den Bemerkungen der Kommission Rechnung tragen.

Durchschnittlich gibt es in der EU rund 2 Millionen offene Stellen. Trotz der naturgegebenen Grenzen für eine geografische Mobilität hat es den Anschein, als würden die Arbeitnehmer nicht in vollem Umfang von der Möglichkeit der Freizügigkeit Gebrauch machen. Die Beseitigung von Hindernissen wird eine Ausweitung der Übertragung von Rentenansprüchen in der EU und die Unterstützung der Arbeitnehmer dabei, eine fundierte Mobilitätsentscheidung (beispielsweise über das EURES-Netzwerk) zu treffen, erforderlich machen. Gleichzeitig gilt es, Maßnahmen dagegen zu treffen, dass bestehende Regelungen missbraucht werden und die Abwanderung von Fachkräften aus bestimmten Regionen dauerhaft anhält. Eine entscheidende Rolle kommt hierbei der verstärkten EU-Kooperation beim Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zu.

Die hohe Arbeitslosigkeit macht eine Anpassung der Reallöhne an die Entwicklung der Produktivität, auch auf Branchen- und Unternehmensebene, erforderlich. Einige Mitgliedstaaten müssen immer noch eine Korrektur der vor der Krise festzustellenden Trends umsetzen, bei denen das Lohnwachstum stärker als die Produktivitätssteigerungen ausfiel. Dabei fällt den Sozialpartnern die entscheidende Rolle zu. Tarifverträge sollten ein bestimmtes Maß an Flexibilität für differenzierte branchenübergreifende und brancheninterne Lohnerhöhungen einräumen, in Abhängigkeit von den spezifischen Produktivitätsentwicklungen.

2. Rentenreform.

In der gesamten EU ist es erforderlich, die Nachhaltigkeit und Angemessenheit der Rentensysteme sicherzustellen. In den meisten Mitgliedstaaten wurde in den letzten Jahren eine Reform der öffentlichen Rentensysteme durchgeführt, damit sie angesichts des fortschreitenden Alterns der europäischen Bevölkerung auf einer solideren Grundlage stehen. Wie jedoch aus den länderspezifischen Empfehlungen aus dem Jahr 2014 hervorgeht, sind in vielen Fällen weitere Reformen erforderlich, damit die Effizienz und finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme erhöht werden können. Gleichzeitig gilt es, die Angemessenheit der Rentensysteme aufrechtzuerhalten, so dass ein angemessenes Einkommensniveau nach der Pensionierung gewährleistet bleibt. Angesichts des Trends der steigenden Lebenserwartung muss in vielen Ländern eine dynamischere Haltung zum Renteneintrittsalter an den Tag gelegt werden. Dies schließt eine systematischere Kopplung des gesetzlichen Rentenalters an die Lebenserwartung ein, damit ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Berufsleben und dem Leben nach der Pensionierung sichergestellt werden kann.

3. Modernisierung der Sozialschutzsysteme.

Die Mechanismen des Sozialschutzes sollten in allen Lebensabschnitten effizient und angemessen in Anspruch genommen werden können. Es besteht Bedarf an vereinfachteren und zielgerichteteren sozialpolitischen Konzepten, die durch erschwingliche Kinderbetreuung und Bildung von guter Qualität, Vermeidung von frühem Schulabbruch, Unterstützung bei Ausbildung und Beruf, Wohnkostenzuschüsse und Zugang zu Gesundheitsleistungen ergänzt werden. Die Gesundheitssysteme müssen reformiert werden, damit hochwertige Gesundheitsleistungen innerhalb effizienter Strukturen, wie elektronischer Gesundheitsdienste, erbracht werden.

4. Höhere Flexibilität der Waren- und Dienstleistungsmärkte.

Eine Modernisierung der Funktionsweise der netzgebundenen Branchen, ein Ausbau der Infrastrukturkapazität und eine weitere Öffnung des Dienstleistungssektors stellen für die meisten Mitgliedstaaten weiterhin eine Herausforderung dar. Dies geht aus den 2014 veröffentlichten länderspezifischen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten hervor, in denen schwerpunktmäßig Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsweise ihrer netzgebundenen Branchen sowie zur Stärkung des Wettbewerbs im Waren- und Dienstleistungssektor, insbesondere in Bezug auf reglementierte Berufe, herausgehoben wurden. Eine wirksame Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften kann zudem das Vertrauen und die Nachfrage auf dem Binnenmarkt stärken.

Die EU-Rechtsvorschriften bieten einen Rahmen für die Modernisierung auf nationaler Ebene, womit Europa insgesamt zu einem attraktiveren und wettbewerbsfähigeren Standort gemacht werden kann. Im Anschluss an das Inkrafttreten der Dienstleistungsrichtlinie im Jahr 2006 haben die Mitgliedstaaten zahlreiche Reformen im Dienstleistungssektor durchgeführt. Trotzdem waren die Fortschritte in jüngster Zeit uneinheitlich. Die vollständige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie würde die Funktionsweise des Binnenmarktes für Dienstleistungen in beträchtlichem Maße verbessern und könnte langfristig einen wirtschaftlichen Gewinn von bis zu 1,6 % des BIP der EU generieren, zusätzlich zu den 0,8 % des BIP der EU nach dem derzeitigem Stand der Umsetzung.6 Die vielen Ausnahmen von den allgemeinen Grundsätzen der Richtlinie und der langwierige Reformprozess in einer Reihe von Mitgliedstaaten verhindern nach wie vor die vollständige Umsetzung der Richtlinie und lassen es nicht zu, den vollen Nutzen aus ihr zu ziehen. Bei der Verstärkung nationaler Reformen sollte der Schwerpunkt auf der Beseitigung der nachfolgend aufgeführten Hindernisse liegen:

5. Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensinvestitionen.

Die Anstrengungen, ein besseres und damit investitionsfreundlicheres Unternehmensumfeld zu schaffen, tragen entscheidend dazu bei, dass private Investitionen, insbesondere in Mitgliedstaaten mit begrenztem fiskalpolitischem Spielraum für öffentliche Investitionen, getätigt werden. Bei der Gestaltung öffentlichprivater Partnerschaften und der Führung staatseigener Unternehmen muss umsichtig vorgegangen werden, damit öffentliche Ausgaben und private Investitionen effizienter getätigt werden. Öffentliche Vergabeverfahren sollten weiter geöffnet werden, besonders mit Hilfe von EU-Rechtsvorschriften. Das bedeutet auch, die administrativen Kapazitäten öffentlicher Auftraggeber bei der Planung und Umsetzung auszubauen, vor allem durch die Nutzung der elektronischen Auftragsvergabe. In vielen Fällen sind außerdem effizientere Verfahren und mehr Transparenz nötig. Darüber hinaus ist ein gut funktionierendes Insolvenzrecht für eine effiziente Ressourcenverteilung ausschlaggebend.

6. Verbesserung der Investitionen in Forschung und Innovation (FuI).

Investitionen in Forschung und Innovation auf nationaler und regionaler Ebene spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, nachhaltiges Wachstum anzuschieben. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin öffentlichen Investitionen in FuI Vorrang einräumen und sicherstellen, dass diese effizient getätigt werden und eine Multiplikatorwirkung auf private Investitionen ausüben. Sie sollten sich auf die Qualität der FuI-Einrichtungen, die Entwicklung ihrer Strategien, die Politikgestaltungsprozesse und auf Programme konzentrieren. Zugleich müssen sie das Reformtempo aufrechterhalten, damit ein gutes Investitionsklima herrscht, das Voraussetzung für Unternehmensinvestitionen in FuI und für schnell wachsende, innovative KMU ist.

7. Eine effizientere öffentliche Verwaltung.

Die öffentlichen Verwaltungen in der gesamten EU stehen nach wie vor der Herausforderung gegenüber, mit weniger mehr leisten zu müssen. Das bedeutet, dass die öffentlichen Aufgaben auch in Zeiten knapper Kassen erfüllt werden müssen, dass das Unternehmensumfeld durch den Abbau des Verwaltungs- und Regulierungsaufwands für Unternehmen und Bürger verbessert werden muss und dass die Anpassung an die Erfordernisse der digitalen Wirtschaft vollzogen wird. Für fast alle Mitgliedstaaten ist dies immer noch schwierig. Einige von ihnen haben institutionelle Reformen oder Gebietsreformen in Angriff genommen mit dem Ziel, erstens durch Reorganisation und Rationalisierung Einsparungen zu erzielen sowie zweitens durch eine Klärung der Zuständigkeiten der verschiedenen institutionellen oder staatlichen Ebenen für eine reibungslose Entscheidungsfindung und Umsetzung von Reformen zu sorgen.

Außerdem müssen die meisten Mitgliedstaaten - ähnlich wie bei dem auf EU-Ebene durchgeführten Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) - Vereinfachungsinitiativen umsetzen und in der öffentlichen Verwaltung die digitalen Möglichkeiten stärker nutzen. Wenn überbordende Bürokratie und regulatorische Hindernisse beseitigt werden, dürfte dies zu besseren, einfacheren und verständlicheren Vorschriften führen und die Voraussetzung für mehr Unternehmensfreundlichkeit und Bürgernähe schaffen, was wiederum Investitionen begünstigt. In dieser Hinsicht sind auch Maßnahmen für effizientere und wirklich faire, unabhängige Rechtssysteme unbedingt notwendig. Es ist eindeutig erforderlich, Fragen wie die Verfahrensdauer, die Zahl anhängiger Verfahren, die stärkere Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, die Förderung alternativer Streitbeilegungsmechanismen sowie die Unabhängigkeit der Justiz anzugehen.

4. VERANTWORTUNGSVOLLE FISKALPOLITIK

Angesichts des EU-weiten drastischen Anstiegs der Defizite und Schuldenstände während der Finanzkrise war eine Haushaltskonsolidierung von beträchtlichem Ausmaß erforderlich, um das Vertrauen in die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten wiederherzustellen und um den Teufelskreis zwischen der Entwicklung der Staatsverschuldung und der allgemeinen finanziellen Instabilität zu durchbrechen. Durch die erheblichen Anpassungen, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, konnten in der EU die Defizite reduziert und die Schuldenstände stabilisiert werden. Die starke Verringerung der Zahl der Länder, die sich in einem Defizitverfahren befinden, von 24 im Jahr 2011 auf 11 im Jahr 2014 ist Ausdruck dieser Verbesserungen der Haushaltslage. Der jüngsten Prognose zufolge dürfte der haushaltspolitische Kurs in der EU in den kommenden Jahren neutral bleiben, was bedeutet, dass die Fiskalpolitik nicht weiter auf dem Wachstum lasten wird.

Dennoch ist der öffentliche Schuldenstand weiterhin sehr hoch; zusammen mit einer hohen Auslandsverschuldung macht dies die Volkswirtschaften anfälliger für Erschütterungen und kann das Wachstum hemmen. Solche Ungleichgewichte können auch das reibungslose Funktionieren des gesamten Euro-Währungsgebiets gefährden. Entsprechend den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aufgrund des Stabilitäts- und Wachstumspaktes muss in den kommenden Jahren noch die Umkehrung der ansteigenden Tendenz bei der Staatsverschuldung erreicht werden. Dies kann durch eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik kombiniert mit wirtschaftlichem Wachstum erreicht werden. Dazu sollte erstens das Tempo der Haushaltsanpassungen entsprechend den fiskalischen Herausforderungen, vor denen die verschiedenen Mitgliedstaaten stehen, differenziert werden. Während Mitgliedstaaten mit Problemen bei der Tragfähigkeit des Haushaltes die Konsolidierung fortsetzen sollten, sollten Mitgliedstaaten mit Haushaltsspielraum diesen zur Stützung des Wachstums nutzen. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem die unlängst gestärkten nationalen Haushaltsrahmen voll ausnutzen, um den richtigen fiskalischen Kurs festzulegen und beizubehalten. Zweitens müssen die Fiskalstrategien durch ihre Zusammensetzung das Wachstum fördern. In mehreren Ländern kann eine schwerpunktmäßig betriebene Beschränkung der Ausgaben, möglicherweise kombiniert mit Senkungen der Steuern mit der stärksten wachstumsverzerrenden Wirkung, zu einer Steigerung des Wachstums und der Investitionen beitragen, sofern dies im Einklang mit den Erfordernissen der Haushaltskonsolidierung steht.

Kasten 4 - Verantwortliche wachstumsfördernde Haushaltskonsolidierung

Die Mitgliedstaaten sind bei der Haushaltskonsolidierung nicht sehr wachstumsfördernd vorgegangen. Sie setzten dabei zu stark auf Steuererhöhungen, was in den meisten Mitgliedstaaten, in denen die Steuerlast ohnehin schon hoch ist, keine optimale Lösung darstellt. Auf der Ausgabenseite der nationalen Haushalte wurden vor allem die öffentlichen Investitionen gekürzt, obwohl diese verglichen mit anderen Haushaltsausgaben wachstumsförderndes Potenzial aufweisen. Gleichzeitig erforderten in einigen Mitgliedstaaten sowohl das Ausmaß der notwendigen Haushaltsanpassung als auch die Dynamik der Finanzkrise rasche Lösungen.

Mit dem Abebben der Finanzkrise und einem mäßigeren Tempo bei der Haushaltskonsolidierung begann sich die Zusammensetzung der haushaltspolitischen Maßnahmen zu verbessern. Dies machte sich bereits im Jahr 2014 bemerkbar und schlägt sich auch in den Haushaltsentwürfen für 2015 nieder. Der Rückgang bei den Investitionsausgaben wurde gestoppt, während die Zusammensetzung der Einnahmen wachstumsfördernder wurde. Insbesondere weisen die Haushaltsentwürfe für 2015 einige positive Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung der Arbeit auf, welche freilich, gemessen an den sich stellenden Herausforderungen, noch nicht ehrgeizig genug sind.

Auf der Einnahmenseite kommt es darauf an, die Effizienz und die Wachstumsfreundlichkeit des Steuersystems sicherzustellen. Eine Verlagerung des Schwerpunktes von der Besteuerung der Arbeit auf weniger wachstumshemmende Steuerarten wie periodische Immobilien-, Umwelt- und Verbrauchssteuern, bei der jedoch die mögliche Verteilungswirkung zu bedenken ist, kann Beschäftigung und Wachstum ankurbeln. Die hohe steuerliche Belastung der Arbeit stellt in Europa seit langem ein Problem dar. Dabei bestehen zwischen den Mitgliedstaaten Unterschiede von 40 % hinsichtlich der Kosten für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers zum durchschnittlichem Lohn und Nettoverdienst. Durch Verbreiterung der Besteuerungsgrundlage sowie durch eine Vereinfachung und transparentere Gestaltung des Steuersystems können auch dessen Effizienz erhöht, die Steuerdisziplin verbessert und der Kampf gegen aggressive Steuerplanung erleichtert werden.

Auf der Ausgabenseite sollten produktive öffentliche Investitionen sowie die wachstumsfördernden Posten der derzeitigen Ausgaben Vorrang genießen, wobei rasche Entscheidungen über das von der Kommission vorgeschlagene Investitionsprogramm für Europa hierfür hilfreich sind. Die Sozialsysteme sollten dafür eingesetzt werden, Armut zu bekämpfen und soziale Inklusion zu fördern. Die Wirksamkeit bestehender Ausgabenprogramme bei der Erreichung ihrer Ziele sollte erhöht werden, indem Reformen und sonstige Maßnahmen, etwa Ausgabenüberprüfungen, eingeführt werden. In mindestens acht Mitgliedstaaten, nämlich im Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Frankreich, Italien, Irland, Dänemark, Spanien und Schweden, werden die Ausgaben derzeit in irgendeiner Form überprüft oder eine solche Überprüfung wurde vor kurzem vorgenommen. Ein breiterer Austausch der dabei gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen sollte Teil des Gesamtsystems zur wirtschaftspolitischen Steuerung sein.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt stellt den richtigen Rahmen für langfristiges Wachstum in Verbindung mit tragfähigen öffentlichen Finanzen bereit, der da, wo sie nötig ist, auch Flexibilität vorsieht. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der Haushaltsstruktur und nicht lediglich auf dem nominalen Defizit. Dadurch ist es möglich, Entwicklungen negativer (z.B. asymmetrische Schocks) oder positiver Art (z.B. unerwartete Mehreinnahmen), die sich der Kontrolle der Regierung entziehen, herauszufiltern. Auf diese Weise können wir uns ein besseres Bild von der zugrundeliegenden Haushaltslage verschaffen. Jeder Mitgliedstaat wird individuell bewertet, wobei seine besondere wirtschaftliche Lage sowie die spezifischen Herausforderungen durch die Alterung der Bevölkerung, auch bei der Renten- und Gesundheitspolitik, und durch den öffentlichen Schuldenstand berücksichtigt werden.

5. STRAFFUNG UNSERES WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN STEUERUNGSSYSTEMS zur ERHÖHUNG seiner WIRKSAMKEIT und zur STÄRKUNG der IDENTIFIKATION

Mit diesem Jahreswachstumsbericht wird der jährliche Zyklus der als Europäisches Semester bekannten wirtschaftspolitischen Steuerung eingeleitet. Dabei erfolgt vor der Erstellung der nationalen Haushalte und Beschlüsse für das Folgejahr eine Überwachung der Haushaltspolitik, der makroökonomischen Politik und der Strukturpolitik auf EU-Ebene. Seit 2011 dient das Europäische Semester dazu, wichtige fiskal- und strukturpolitische Reformen in den Mitgliedstaaten anzustoßen und anzuleiten. Begleitend zu diesem Jahreswachstumsbericht führte die Kommission eine Bewertung der als Sechserpaket und Zweierpaket bezeichneten Bündel von Verordnungen zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung durch die EU durch.8

Das Europäische Semester ist zu einem wichtigen Instrument für Reformen auf nationaler und auf EU-Ebene geworden, welches dafür sorgt, dass die EU und die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik und ihre Bemühungen zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum und Investitionen koordinieren. Die Überwachung durch die Kommission9 hat jedoch gezeigt, dass es nach wie vor an Identifikation mit dem Verfahren mangelt und dass deshalb die länderspezifischen Empfehlungen nicht in zufrieden stellendem Maße umgesetzt werden, besonders was Strukturreformen betrifft. In Anbetracht der wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen Europa steht, ist die Kommission der Ansicht, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, das Europäische Semester zu straffen und aufzuwerten und es somit effektiver zu gestalten, indem ihm für die Zukunft entsprechend dem in diesem Jahreswachstumsbericht vorgestellten integrierten Konzept ein deutlicherer Schwerpunkt sowie mehr Klarheit und eine größere politische Rolle verliehen werden. Ein reformiertes Europäisches Semester sollte darauf abzielen, die Wirksamkeit der wirtschaftspolitischen Koordinierung auf EU-Ebene durch eine Verstärkung der Rechenschaftspflicht und der Identifikation aller Akteure zu erhöhen (siehe Anhang).

Mit einem gestrafften Europäischen Semester werden eine stärkere Identifikation mit dem Verfahren sowie eine höhere Rechenschaftspflicht und Akzeptanz angestrebt. Ferner gilt es, einen Beitrag dazu zu leisten, dass das Verfahren an Glaubwürdigkeit gewinnt, die Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten zunimmt und die länderspezifischen Empfehlungen besser umgesetzt werden.

Die Erörterung des Europäischen Semesters ist auch im Zusammenhang mit der Halbzeitbilanz der Strategie Europa 2020 von Bedeutung, welche rechtzeitig zur Besprechung auf der Tagung des Europäischen Rats im Frühjahr 2015 vorgelegt wird. Im Anschluss an die Mitteilung über die Bestandsaufnahme der Durchführung der Strategie Europa 2020 vom März dieses Jahres10 und auf der Grundlage der Ergebnisse der öffentlichen Konsultation, der Zusammenfassung der Debatten im Rat sowie der Beiträge interessierter Parteien erstellt die Kommission zurzeit die Halbzeitbilanz der Strategie Europa 2020 und wird ihre Gedanken dazu Anfang 2015 vorlegen.

Damit die EU den Herausforderungen begegnen kann, die sich ihr bei der Beschäftigung und beim Wachstum stellen, sind ein breiter Konsens über die richtige Richtung der Politik und eine starke Unterstützung der Reformbemühungen seitens der Interessenträger notwendig. Dies bedeutet, dass die nationalen Parlamente ebenso wie die Sozialpartner und allgemein die Zivilgesellschaft stärker an der Durchführung der auf EU- und nationaler Ebene beschlossenen Politik beteiligt werden müssen. Zur engeren Einbeziehung der nationalen Parlamente in das Verfahren treffen diese und das Europäische Parlament jedes Jahr in der parlamentarischen Woche zusammen, um unter Beteiligung der Kommission über das Europäische Semester zu debattieren.

Es besteht außerdem eine klare Notwendigkeit, den sozialen Fortschritt und die Auswirkungen von Reformen im Zeitverlauf zu überwachen. Die Arbeiten zur Stärkung der sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion haben bereits begonnen. Insbesondere werden im Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten beschäftigungsspezifische und soziale Indikatoren eingeführt und sollten uneingeschränkt genutzt werden, um ein besseres Verständnis des Arbeitsmarkts und der sozialen Entwicklungen und der im Zusammenhang damit bestehenden Risiken zu erlangen. Die Kommission wird ferner sicherstellen, dass die europäischen Sozialpartner enger in das Verfahren des Europäischen Semesters einbezogen werden.

Erste Ideen werden für das Europäische Semester 2015 geprüft und durchgeführt, während in den kommenden Monaten im Rahmen der Arbeiten zur Vertiefung der wirtschaftspolitischen Steuerung weitere Vorschläge ausgearbeitet werden. Die Koordinierung erfolgt durch den Präsidenten der Kommission zusammen mit den Präsidenten des Europäischen Rates, der Europäischen Zentralbank und der Euro-Gruppe.11

6. Schlussfolgerung

Ein Neubeginn bei der wirtschaftspolitischen Willensbildung auf EU-Ebene ist dringend notwendig. In ihrem Jahreswachstumsbericht für 2015 schlägt die Kommission vor, dass die EU in der Wirtschaftspolitik einem integrierten Konzept folgen sollte, dessen drei Hauptsäulen, nämlich die Steigerung der Investitionen, die Beschleunigung der Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung, zusammenwirken müssen.

Priorität hat dabei das Investitionsprogramm über 315 Mrd. EUR, das als Teil dieses Jahreswachstumsberichts vorgeschlagen wird und das die Mitgliedstaaten billigen sollten. Sie sollten sich verpflichten, bis Ende Juni 2015 die legislativen Änderungen verabschieden, die für die Einrichtung des vorgeschlagenen neuen Fonds notwendig sind. Sie sollten zudem zusagen, den Einsatz innovativer Finanzinstrumente zur Durchführung von Projekten im Rahmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds in den kommenden drei Jahren insgesamt mindestens zu verdoppeln.

Abhängig von der Lage der einzelnen Mitgliedstaaten sollte das vorgeschlagene integrierte Konzept auf nationaler Ebene umgesetzt werden, indem gegen Verkrustungen auf dem Arbeitsmarkt vorgegangen wird, um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sowie Rentenreformen durchgeführt werden, Sozialschutzsysteme modernisiert werden, die Flexibilität der Waren- und Dienstleistungsmärkte erhöht wird, bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensinvestitionen geschaffen werden, die Qualität der Investitionen in Forschung, Innovation sowie Aus- und Weiterbildung verbessert wird und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung gesteigert wird. Die Sozialpartner sind aufgefordert, aktiv zu den nationalen Reformagenden beizutragen.

Zwecks Stärkung der Identifikation und Rechenschaftspflicht der Mitgliedstaaten sind die nationalen Parlamente, die Sozialpartner und die Interessenträger enger in das Europäische Semester einzubeziehen. Die Straffung des Europäischen Semesters im Jahr 2015 stellt hier einen ersten Schritt dar.

Das vorgeschlagene integrierte Konzept erfordert politische Führung seitens der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats. Die Kommission wird mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, damit Europa wieder den Weg der nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung einschlägt.

Anhang
Straffung und Aufwertung des Europäischen Semesters

Unter dem Europäischen Semester versteht man den jährlichen Zyklus der wirtschafts- und haushaltspolitischen Koordinierung, der den Mitgliedstaaten Hilfestellung bietet, bevor sie Entscheidungen auf nationaler Ebene treffen. Diese Hilfestellung erfolgt im Kontext des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht. Das Europäische Semester spielt auch bei der Umsetzung der Strategie "Europa 2020" eine Rolle.

Die Veröffentlichung des Jahreswachstumsberichts der Kommission, in dem die allgemeinen wirtschaftlichen Prioritäten für die EU dargelegt sind, bildet jedes Jahr den Auftakt zum Europäischen Semester. Der Jahreswachstumsbericht wird von den anderen Organen erörtert und fließt in die im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates geführten Gespräche ein. Die Mitgliedstaaten präsentieren ihre nationalen Programme jedes Jahr im Frühling. Die Kommission schlägt danach für jeden Mitgliedstaat länderspezifische wirtschaftspolitische Empfehlungen vor, die auf der von ihr vorgenommenen Bewertung der jeweiligen Wirtschaftslage und nationalen Programme beruhen. Dabei werden alle relevanten Politikfelder - Fiskalpolitik, makroökonomische Politik und Strukturreformen - berücksichtigt. Die Empfehlungen werden im Rat diskutiert und auf der Juni-Tagung des Europäischen Rates bestätigt, bevor sie vom Rat endgültig verabschiedet werden. Die Mitgliedstaaten sollen die Empfehlungen in ihren haushalts- und wirtschaftspolitischen Plänen für das Folgejahr berücksichtigen und in den kommenden 12 Monaten umsetzen.

Mit dem Europäischen Semester wurde zwar die wirtschaftspolitische Koordinierung auf EU-Ebene verbessert, aber seine Wirksamkeit wird durch die begrenzte und teilweise ausbleibende Umsetzung wesentlicher länderspezifischer Empfehlungen in Frage gestellt. Mit einem gestrafften, aufgewerteten Europäischen Semester sollten unter Ausnutzung der Vorteile des Verfahrens die Schwachpunkte beseitigt werden: Dafür gilt es, die einzelnen Phasen und die jeweiligen Ergebnisse einfacher zu gestalten, die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Mitgliedstaaten zu verbessern, die Berichtspflichten zu beschränken, den multilateralen Charakter des Verfahrens herauszustellen und die Identifikation mit ihm auf allen Ebenen zu fördern.

Vereinfachungen bei den von der Kommission vorgelegten Ergebnissen und mehr Möglichkeiten für Rückmeldungen zu den Analysen der Kommission. Die Praxis, den Jahreswachstumsbericht und den Warnmechanismus-Bericht im Herbst zusammen vorzulegen, hat sich bewährt, da beide Dokumente einander ergänzen und in ihnen die Vorgehensweise auf EU-Ebene für das kommende Jahr festgelegt wird. Allerdings werden die beiden wichtigsten, im weiteren Verfahrensverlauf erstellten länderspezifischen Dokumente, nämlich die den länderspezifischen Empfehlungen beigefügten Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen und die an den Warnmechanismus-Bericht anknüpfenden eingehenden Überprüfungen, derzeit zu zwei unterschiedlichen Terminen im Frühjahr präsentiert. Durch eine umfassende und einheitliche wirtschaftliche Bewertung für jeden Mitgliedstaat, die als Grundlage für die an die Mitgliedstaaten zu richtenden Empfehlungen dient, würde das Verfahren an Kohärenz gewinnen und der damit verbundene administrative Aufwand sinken. Eine Veröffentlichung dieser Dokumente zu einem früheren Zeitpunkt - beispielsweise im März - würde das Verfahren auch transparenter machen und Möglichkeiten für Rückmeldungen auf die Analysen der Kommission schaffen.

Straffung der Berichtspflichten für die Mitgliedstaaten: Die den Mitgliedstaaten auferlegten Berichtspflichten sollten verhältnismäßig sein und einen eindeutigen Mehrwert bringen. Für sie sollte der Grundsatz der einmaligen Meldung ("tell only once") gelten, wonach die aus Unterlagen und bei Besuchen vor Ort gewonnenen Informationen tatsächlich weitergegeben und wiederverwendet werden, während man sich auf europäischer Ebene auf die Analyse und Aktualisierung dieser Informationen konzentriert. Die nationalen Reformprogramme können für die Kommunikation und Identifikation in den Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle spielen, wenn sie neu ausgerichtet werden, so dass auf nationaler Ebene noch gezielter und zu einem früheren Zeitpunkt Informationen für die Analysen der Kommission bereitgestellt werden, und wenn die nationalen Parlamente und die Sozialpartner in ihre Ausarbeitung einbezogen werden.

Verstärkung des multilateralen Charakters des Verfahrens: Die Identifikation der Mitgliedstaaten mit dem europäischen Semester lässt auf nationaler, aber auch auf europäischer Ebene nach wie vor zu wünschen übrig, was der Qualität des Diskussionsprozesses und der daran anschließenden Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen schadet. In den Bereichen, in denen die Überwachungsinstrumente, etwa Rahmenvorgaben für die öffentlichen Finanzen und die Fiskalpolitik, wirksamer sind, ist der Umsetzungsgrad deutlich höher. Durch das gestraffte Verfahren bleibt künftig mehr Zeit dafür, die von der EU angebotene Hilfestellung zu prüfen und zu erörtern. In dieser Hinsicht wäre auch die frühzeitige Vorlage der länderspezifischen Analyse der Kommission hilfreich. Überdies sollte es möglich sein, zusammen mit dem Ratsvorsitz das Leistungsniveau und die jeweiligen Maßnahmen das ganze Jahr über besser einander gegenüberzustellen. Wenn die Maßnahmen der Politik und deren Ergebnisse zwischen den Mitgliedstaaten leichter vergleichbar sind, könnte dies auch den Gruppendruck erhöhen und weitere Anregungen für einschlägige multilaterale Gespräche liefern. Der Meinungsaustausch über die von der Kommission übernommene Überwachung der Umsetzung der Reformen ist im Kontext der Vorbereitung auf die im Rat stattfindende Erörterung der Empfehlungsentwürfe sowie im Hinblick auf die Aussprache auf der Juni-Tagung des Europäischen Rates von besonderer Bedeutung.

Öffnung des Verfahrens und verstärkte Einbindung anderer Akteure: Die demokratische Legitimität des Europäischen Semesters wurde zuweilen in Frage gestellt. In den vergangenen Jahren hat die Kommission den Dialog mit den Mitgliedstaaten durch bilaterale Treffen, gezielter ausgerichtete Gespräche in den Ratsausschüssen und breiter angelegte Fachbesuche schrittweise intensiviert und kontinuierlicher gestaltet. Auch bei der Einbeziehung der Parlamente wurden Verbesserungen erzielt. Was das Europäische Parlament betrifft, so konnte es durch den mit dem "Sechserpaket" eingeführten wirtschaftspolitischen Dialog eng eingebunden werden, der Gespräche zwischen dem Europäischen Parlament einerseits und den Mitgliedstaaten, dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Rat und der Eurogruppe andererseits vorsieht. Darüber hinaus finden im Europäischen Parlament wichtige politische Debatten in entscheidenden Abschnitten des Europäischen Semesters statt. Die nationalen Parlamente wurden im Laufe der Jahre stärker für das Europäische Semester sensibilisiert, was auf die Umsetzung des "Zweierpakets" und die direktere Einbindung seitens der Kommission durch Präsentationen und Debatten zurückzuführen ist. Trotz derartiger positiver Entwicklungen besteht durchaus noch Spielraum für einen breiteren Dialog nicht nur mit den Parlamenten, sondern auch mit den Sozialpartnern. Beispielsweise könnte sich die Kommission künftig mit dem Europäischen Parlament und den Sozialpartnern auf europäischer Ebene austauschen, noch bevor der Jahreswachstumsbericht vorgestellt wird, und die Gespräche nach dessen Annahme fortsetzen. Die Kommission könnte auf der Grundlage ihrer länderspezifischen Analysen auch an das Europäische Parlament herantreten, um neue bereichsübergreifende Aspekte zu erörtern, sowie gegebenenfalls an die Sozialpartner, um Rückmeldungen über aktuelle länderspezifische Fragen zu erhalten.