Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2008 zur Zählung der Roma in Italien auf der Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 115580 - vom 5. August 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. Juli 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union eine Wertegemeinschaft ist, die sich auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und Grundfreiheiten, Gleichheit und Nichtdiskriminierung, einschließlich des Schutzes der Angehörigen von Minderheiten, stützt, und in der Erwägung, dass die Europäische Union für die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie von Diskriminierung aus den in den Artikeln 12 und 13 EG-Vertrag genannten Gründen eintritt,

B. in der Erwägung, dass diese Werte in der Europäischen Union durch die genannten Richtlinien zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Freizügigkeit sowie durch die sie unterstützenden politischen Maßnahmen umgesetzt werden und die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, sie uneingeschränkt umzusetzen und alle Handlungen zu unterlassen, die sie verletzen könnten,

C. in der Erwägung, dass es die Mitgliedstaaten in seiner Entschließung vom 31. Januar 2008 aufgefordert hat, das Problem der Barackensiedlungen und der illegalen Lager zu lösen, in denen es keinerlei Hygiene- und Sicherheitsnormen gibt und eine Vielzahl von Roma-Kindern bei Haushaltsunfällen, insbesondere bei Bränden, die durch das Fehlen geeigneter Sicherheitsnormen verursacht werden, ums Leben kommen,

D. in der Erwägung, dass die Roma eine der Hauptzielgruppen von Rassismus und Diskriminierung sind, wie die jüngsten Vorkommnisse in Italien und Ungarn zeigen, bei denen Roma angegriffen und aggressiv behandelt wurden, und was ferner durch die jüngsten Erhebungen von Eurobarometer bekräftigt wird,

E. in der Erwägung, dass die Kommission in ihrem Arbeitspapier hervorhebt, dass den Mitgliedstaaten bereits eine Reihe von Rechts- und Finanzinstrumenten und Maßnahmen der Europäischen Union zur Verfügung steht, um die Diskriminierung der Roma zu bekämpfen sowie ihre Eingliederung und Integration zu fördern, insbesondere durch den Austausch und die Förderung von bewährten Verfahren auf diesem Gebiet,

F. in der Erwägung, dass die Roma-Bevölkerung eine europaweite ethnisch und kulturell geprägte Gemeinschaft ohne Nationalstaat ist und dass die Europäische Union folglich eine besondere Verantwortung trägt, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine europäische Strategie und Politik für die Roma zu konzipieren,

G. in der Erwägung, dass die italienische Regierung am 21. Mai 2008 ein Dekret erlassen hat, mit dem der Ausnahmezustand in Bezug auf die Nomadensiedlungen in den Regionen Kampanien, Latium und Lombardei11 auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 225 vom 24. Februar 1992 zur Schaffung eines nationalen Zivilschutzdienstes verhängt wurde, welches die Regierung ermächtigt, bei Naturkatastrophen, Katastrophen oder anderen Ereignissen, denen aufgrund ihrer Intensität und ihres Ausmaßes mit Sonderbefugnissen und außerordentlichen Mitteln begegnet werden muss, den Ausnahmezustand zu verhängen,

H. in der Erwägung, dass auf dieses Dekret am 30. Mai 2008 weitere Verordnungen ("ordinanze") des Ministerpräsidenten folgten12, mit denen

I. in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand durch das Dekret für einen Zeitraum von einem Jahr bis zum 31. Mai 2009 verhängt wurde,

J. in der Erwägung, dass der italienische Innenminister mehrfach erklärte, dass die Erhebung von Fingerabdrücken einer Zählung der Roma-Bevölkerung in Italien diene und er die Absicht habe, die Abnahme von Fingerabdrücken von Roma, auch von Minderjährigen, die in Lagern leben, abweichend von den allgemeinen Gesetzen zu gestatten, und bekräftigte, dass Italien mit diesen Identifizierungsmaßnahmen, die vor dem 15. Oktober 2008 in Mailand, Rom und Neapel abgeschlossen würden, fortfahren werde,

K. in der Erwägung, dass die Maßnahmen zur Aufnahme von Fingerabdrücken in Italien bereits im Gange sind, vornehmlich in Mailand und Neapel, und in der Erwägung, dass laut Informationen von NRO diese Daten von den Präfekten in einer Datenbank gespeichert werden,

L. in der Erwägung, dass die Kommissionsmitglieder Barrot und Spidla in diesem Zusammenhang unterstrichen haben, wie wichtig die Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung in der Europäischen Union sind, eine neue horizontale Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung vorgeschlagen und bekräftigt haben, dass Diskriminierung aus Gründen der Rasse und der ethnischen Zugehörigkeit nach EU-Recht eindeutig untersagt ist,

M. in der Erwägung, dass UNICEF, der Generaldirektor des Europarates und der Menschenrechtskommissar des Europarates ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht haben und der Menschenrechtskommissar des Europarates der italienischen Regierung ein Memorandum unter anderem zum Rassismus, zur Fremdenfeindlichkeit und zum Schutz der Menschenrechte der Roma übermittelt hat,

N. in der Erwägung, dass die italienische Datenschutzbehörde die zuständigen Behörden, insbesondere die Präfekten von Rom, Mailand und Neapel um Auskünfte in Bezug auf die Möglichkeit, Roma, auch Minderjährigen, Fingerabdrücke abzunehmen, ersucht haben, weil sie besorgt sind, dass dies zu Diskriminierung führen könnte, die auch die persönliche Würde, insbesondere von Minderjährigen, verletzen könnte,