Antrag des Saarlandes
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Lesbarkeit der Packungsbeilagen von Arzneimitteln

Die Ministerpräsidentin des Saarlandes Saarbrücken, 25. November 2015

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Regierung des Saarlandes hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Lesbarkeit der Packungsbeilagen von Arzneimitteln zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Annegret Kramp-Karrenbauer

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Lesbarkeit der Packungsbeilagen von Arzneimitteln

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass trotz vielfältiger Regelungen zur Lesbarkeit von Packungsbeilagen in Arzneimitteln nach wie vor viele Packungsbeilagen wenig verständlich und nicht patientenfreundlich gestaltet sind. Packungsbeilagen tragen wesentlich zur Akzeptanz der verordneten Therapien und zur Patientensicherheit bei. Ziel muss es sein, die Packungsbeilagen so zu gestalten, dass Patienten die Inhalte verstehen und Sinn und Zweck der Anwendung der Medikamente bei gleichzeitiger Information über mögliche Nebenwirkungen leicht aufgefunden werden können.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung auf nationaler Ebene unter Hinzuziehung der beiden Obersten Zulassungsbehörden für Arzneimittel (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Paul-Ehrlich-Institut (PEI)) zu prüfen, wie die "Bekanntmachung von Empfehlungen zur Gestaltung von Packungsbeilagen" vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 14. April 2015 patientenfreundlich umgesetzt werden kann. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU dafür einzusetzen, dass die Lesbarkeit von Packungsbeilagen von zentral oder dezentral in mehreren Mitgliedstaaten zugelassenen Arzneimitteln für Patientinnen und Patienten verbessert wird.

Begründung:

Die Angaben in Packungsbeilagen von Arzneimitteln müssen gemäß Artikel 59 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel allgemeinverständliche und gut lesbare Informationen enthalten, in der dort angegebenen Reihenfolge und in der jeweiligen Amtssprache. Diese Richtlinie wurde mit § 11 des Arzneimittelgesetzes (AMG) in nationales Recht umgesetzt.

Seit 2005 müssen mit der Einreichung eines nationalen Zulassungsantrages für ein Humanarzneimittel der in Deutschland zuständigen Zulassungsbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder des Paul-Ehrlich-Institut (PEI)) auch die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorgelegt werden, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden (sog. Lesbarkeits-Tests).

Empfehlungen zur Gestaltung und Form der Packungsbeilage sind in der Guideline on the readability of the label and package leaflet of medicinal products for human use der EU-Kommission aus 2009 aufgeführt.

Gemäß der Studie der LangCor Service GmbH und des H&H Communication Lab vom Dezember 2011 sind immer noch erhebliche Verbesserungen bezüglich des Kriterienkataloges wie Lesbarkeit, Verständlichkeit und Gestaltung des Beipackzettels möglich. Die Informationen in vielen Packungsbeilagen sind nach der o.g. Studie immer noch unverständlich. Zudem seien die Texte oft unleserlich und wichtige Inhalte kaum auffindbar. Für die o.g. Studie wurden 20 Packungsbeilagen der im Jahr 2010 meistverkauften freiverkäuflichen Arzneimittel untersucht. Insbesondere bei diesen sind die Patienten auf die Informationen in den Packungsbeilagen angewiesen, da oftmals der Verkauf außerhalb von Apotheken erfolgt und daher auch keine Gespräche mit Ärzten oder Apothekern stattfinden können.

Am 14. April 2015 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Bekanntmachung von Empfehlungen zur Gestaltung von Packungsbeilagen nach § 11 Arzneimittelgesetz (AMG) für Humanarzneimittel (gemäß § 77 Abs. 1 AMG) und zu den Anforderungen von § 22 Abs. 7 Satz 2 AMG (Überprüfung der Verständlichkeit von Packungsbeilagen) veröffentlicht. Für die Umsetzung ist die Bundesregierung mit den nationalen und europaweiten Zulassungsbehörden in Zusammenarbeit mit der EU für die schnellstmögliche, patientenfreundlichere Gestaltung des Beipackzettels zuständig.

Derzeit werden fast ausschließlich Arzneimittelzulassungen erteilt, die entweder über das zentralisierte Verfahren bei der European Medicines Agency (EMA) oder das dezentralisierte Verfahren, unter Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben werden. Für die Zulassung dieser Arzneimittel sind für die Gestaltung der Packungsbeilagen - neben den Vorschriften in § 11 AMG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen

Arzneimittel-Agentur, insbesondere die Productinformation templates der European Medicines Agency's Working Group on Quality Review of Documents (QRD-Gruppe) maßgeblich, die letzte Aktualisierung erfolgte im Juni 2015 mit der Version 9.1.

Trotz all dieser Regelungen muss die Lesbarkeit von Packungsbeilagen weiter verbessert werden. Insbesondere von älteren Patientinnen und Patienten werden z.B. Schriftgröße, Informationsfülle oder Fremdwörter beanstandet.

Die Bedeutung patientenfreundlicher Beipackzettel wird im Gesundheitswesen immer noch unterschätzt. Um eine höhere Therapietreue und damit auch eine Kosteneinsparung zu erzielen, muss insbesondere auf europäischer Ebene eine Verbesserung der Lesbarkeit von Packungsbeilagen erreicht werden.

Daher sollte Deutschland zur Verbesserung der Lesbarkeit von Packungsbeilagen neben der nationalen Ebene auch auf EU-Ebene tätig werden, da wesentliche Änderungen vor allem auf europäischer Ebene erreicht werden können.