Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht

A. Problem und Ziel

Der Entwurf dient der teilweisen Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (Amtsblatt der Europäischen Union L186/80 vom 11.7.2019) (im Folgenden als "Richtlinie" bezeichnet).

Die Richtlinie, die den Gebrauch digitaler Technologien während des Lebenszyklus eines Unternehmens regelt, ist Teil des Legislativpakets zur Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts, das daneben noch den Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (COM (2018)241 final) enthält.

Bisher umfasste das Gesellschaftsrecht der EU einige Digitalisierungselemente, etwa die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Informationen über Kapitalgesellschaften, die in Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern erfasst sind, online zugänglich zu machen. Gewisse digitale Verfahren, etwa die Online-Eintragung von Gesellschaften, wurden bisher jedoch vom EU-Recht überhaupt nicht und vom nationalen Recht nur in einigen Mitgliedstaaten erfasst. In einigen Mitgliedstaaten sind zur Eintragung von Gesellschaften und zur Einreichung von Änderungen nur Verfahren mit persönlichem Erscheinen zulässig, in anderen sowohl solche als auch Online-Verfahren, wieder in anderen nur Online-Verfahren.

Die Richtlinie verfolgt daher folgende Ziele:

In der Verordnung (EU) Nr. 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors (sog. Single Digital Gateway) sind allgemeine Regeln für die Online-Bereitstellung von Informationen, Verfahren und Hilfsdiensten, die für das Funktionieren des Binnenmarkts maßgeblich sind, festgelegt. Mit der Richtlinie werden spezifische Vorschriften im Zusammenhang mit der Online-Gründung von Kapitalgesellschaften, der Eintragung von Zweigniederlassungen und der Einreichung von Urkunden und Informationen durch Gesellschaften und Zweigniederlassungen eingeführt, die nicht von der genannten Verordnung erfasst werden.

Die Richtlinie sieht daher unter Berücksichtigung der Regelungen zur sicheren elektronischen Identifizierung (Verordnung (EU) Nr. 910/2014 ) die Schaffung eines vollständigen Online-Verfahrens zur Eintragung bei der Gründung von Gesellschaften und ihren Zweigniederlassungen vor. Ebenso soll die Einreichung von Urkunden und Angaben im gesamten Lebenszyklus der Gesellschaft vollständig online erfolgen können. Materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Anforderungen der Mitgliedstaaten bleiben unberührt.

B. Lösung

Die Richtlinie ist nach Maßgabe ihres Artikels 2 Absatz 1 in deutsches Recht umzusetzen.

Der Gesetzentwurf dient der teilweisen Umsetzung der Richtlinie mit Blick auf die Bereitstellung eines Online-Verfahrens betreffend die für die Gründung und Ersteintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie für Beglaubigungen von Anmeldungen zum Handelsregister erforderlichen Erklärungen. Nicht umgesetzt werden in diesem Gesetzentwurf hingegen Fragen des der notariellen Beurkundung und Antragstellung nachgelagerten Registerverfahrens.

Kernstück der Neuregelung ist die Einrichtung eines Videokommunikationssystems für Online-Beurkundungsverhandlungen zur Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie für Online-Beglaubigungen von Anmeldungen zum Handelsregister. Dies eröffnet Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen die Möglichkeit, Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter Einbindung von Notaren vollständig über Fernkommunikation zu gründen und Anmeldungen zum Handelsregister von Notaren öffentlich beglaubigen zu lassen, ohne dass ein persönliches Erscheinen beim Notar erforderlich ist.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Bund

a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

b) Vollzugsaufwand

Im Zusammenhang mit den Regelungen zum Online-Auslesen des Personalausweises und des Aufenthaltstitels sowie der Ergänzung der eID-Karte um ein Lichtbild ist eine entsprechende technische Infrastruktur aufzubauen.

2. Länder

a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

b) Vollzugsaufwand

Keine.

E. Sonstige Kosten

Die Bundesnotarkammer (BNotK) hat auf Grundlage ihrer Haushaltsplanungen und unterschiedlicher Annahmen die nachfolgenden Kostenhöhen ermittelt. Dabei handelt es sich um unverbindliche und auf diversen prognostischen, teilweise spekulativen Annahmen beruhende Zahlen, sodass nicht auszuschließen ist, dass die tatsächlich entstehenden Kosten letztlich deutlich davon abweichen.

F. Bürokratiekosten

Keine über die oben genannten hinausgehenden.

Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht

Der Ministerpräsident Düsseldorf, 12. November 2019

des Landes Nordrhein-Westfalen

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 29. November 2019 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Armin Laschet

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht*

Vom ...

* ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 80

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Dem § 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2446) geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Die für die Gründung und Ersteintragung der Gesellschaft erforderlichen Erklärungen können nach näherer Maßgabe des Beurkundungsgesetzes von einem in Deutschland amtsansässigen Notar als zuständiger Stelle auch über ein Videokommunikationssystem entgegengenommen werden. Dies gilt nur, sofern keine Sacheinlagen vereinbart sind. Absatz 2 bleibt unberührt."

Artikel 2
Änderung des Handelsgesetzbuchs

§ 12 Absatz 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 4 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1002) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sind elektronisch in öffentlich beglaubigter Form oder in der Form des § 40a des Beurkundungsgesetzes vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, einzureichen."

Artikel 3
Änderung des Beurkundungsgesetzes

Das Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 35 wird folgende Überschrift und folgender § 35a eingefügt:

"6. Besonderheiten für die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung

§ 35a Beurkundung mittels Fernkommunikation

(1) Erklärungen gemäß § 2 Absatz 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2446) geändert worden ist, können auch ohne körperliche Anwesenheit der Beteiligten im Wege der audiovisuellen Fernkommunikation mit dem Notar über das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem (§ 78p der Bundesnotarordnung) beurkundet werden.

(2) Über die Verhandlung muss eine elektronische Niederschrift aufgenommen werden. Die Vorschriften der Nummer 2 dieses Abschnitts finden auf die elektronische Niederschrift mit folgenden Maßgaben entsprechend Anwendung:

§ 39a Absatz 1 Satz 4 gilt für die Signatur des Notars entsprechend.

(3) Erfolgt die Beurkundung nur hinsichtlich eines Teils der Beteiligten über ein Videokommunikationssystem nach Absatz 1 (gemischte Beurkundung), so ist zusätzlich zur elektronischen Niederschrift eine inhaltsgleiche Niederschrift nach Nummer 2 dieses Abschnitts aufzunehmen. Dies soll in beiden Niederschriften vermerkt werden. Die elektronische Niederschrift und die Niederschrift sind gemeinsam zu verwahren."

2. Nach § 40 wird folgender § 40a eingefügt:

" § 40a Elektronische Beglaubigungen in Handelsregistersachen

(1) Die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift kann im Falle von Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 12 des Handelsgesetzbuches durch das nachfolgend näher bezeichnete Verfahren ersetzt werden.

(2) Der Notar soll die Beglaubigung nur vornehmen, wenn die Anmeldung in elektronischer Form vorliegt und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Erklärenden versehen ist, die

(3) § 10 Absatz 1, 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend, im Falle von Absatz 2 Nummer 2 jedoch mit der Maßgabe, dass sich der Notar über die Person des Erklärenden im Wege der audiovisuellen Fernkommunikation über das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem Gewissheit verschaffen soll

(4) Der Beglaubigungsvermerk muss die Person bezeichnen, die die qualifizierte elektronische Signatur erzeugt oder anerkannt hat. In dem Vermerk soll angegeben werden, ob die Signatur vor dem Notar erzeugt oder anerkannt worden ist. Der Notar soll das Ergebnis der Signaturprüfung dokumentieren.

(5) § 35a Absatz 2 Nummer 5, § 39a Absatz 1 und 2 sowie § 40 Absatz 2 gelten entsprechend."

Artikel 4
Änderung der Bundesnotarordnung

Die Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. Nach § 10a wird folgender § 10b eingefügt:

" § 10b Urkundstätigkeit nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes

Abweichend von § 10a Absatz 2 soll der Notar seine Urkundstätigkeit für Verfahren nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes nur ausüben, wenn sich der Sitz der betroffenen Gesellschaft oder der Wohnsitz oder Sitz eines handelnden Gesellschafters oder der Wohnsitz eines handelnden Geschäftsführers in seinem Amtsbereich befindet. Dies gilt nicht, wenn sich Sitz oder Wohnsitz mindestens eines Beteiligten im Ausland befinden. Die Landesjustizverwaltung kann nach den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege die Grenzen der Bezirke gemäß Satz 1 allgemein oder im Einzelfall abweichend festlegen. § 10a Absatz 2 Halbsatz 2 und Absatz 3 gilt entsprechend."

3. § 78 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt geändert:

4. Nach § 78o wird folgender § 78p eingefügt:

" § 78p Videokommunikationssystem für Verfahren nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes

(1) Die Bundesnotarkammer betreibt ein Videokommunikationssystem, das den Notaren die Durchführung der Verfahren nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes ermöglicht.

(2) Das Videokommunikationssystem wird durch Gebühren finanziert. Die Bundesnotarkammer kann Gebühren erheben für den Betrieb des Videokommunikationssystems und die technische Abwicklung der Fernkommunikation zwischen Notaren und Beteiligten in Verfahren nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes nebst technischer Durchführung des elektronischen Identitätsnachweises und Erzeugung und Anbringung einer qualifizierten elektronischen Fernsignatur. Zur Zahlung der Gebühren ist der Notar verpflichtet.

(3) Die Gebühren sind so zu bemessen, dass der mit der Einrichtung, der Inbetriebnahme sowie der dauerhaften Führung und Nutzung des Videokommunikationssystems durchschnittlich verbundene Verwaltungsaufwand einschließlich der Personal- und Sachkosten gedeckt wird.

(4) Die Bundesnotarkammer bestimmt die Gebühren nach Absatz 2 Satz 2 und die Art ihrer Erhebung durch eine Gebührensatzung. Die Satzung bedarf der Genehmigung durch das für Justiz zuständige Bundesministerium. Die Höhe der Gebühren ist regelmäßig zu überprüfen.

(5) Das für Justiz zuständige Bundesministerium hat durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die näheren Bestimmungen zu treffen über

Artikel 5
Änderung des Personalausweisgesetzes

§ 17 des Personalausweisgesetzes vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 6
Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Nach § 78 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 54 Absatz 2 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist, wird folgender Satz eingefügt:

" § 17 Satz 5 des Personalausweisgesetzes gilt entsprechend."

Artikel 7
Änderung des eID-Karte-Gesetzes

Das eID-Karte-Gesetz vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) wird wie folgt geändert:

1. § 4 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

2. § 12 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

"Für die Einzelheiten der Datenübermittlung gelten die §§ 17 Satz 5 und 18 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3, 4 und 5 des Personalausweisgesetzes entsprechend."

Artikel 8
Änderung des Gerichts- und Notarkostengesetzes

Das Gerichts- und Notarkostengesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2573) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 13 wird folgender Satz angefügt:

"Dasselbe gilt für Registersachen, falls mindestens eine der Registeranmeldung konkret zugrundeliegende Beurkundung bzw. Beglaubigung im Verfahren nach § 35a des Beurkundungsgesetzes oder im Verfahren nach § 40a des Beurkundungsgesetzes erfolgt ist."

2. In Anlage 1 (Kostenverzeichnis) wird nach Nummer 32015 folgende Nummer 32016 eingefügt:

Nr. AuslagentatbestandHöhe
32016An die Bundesnotarkammer nach § 78p Absatz 2 Bun- desnotarordnung zu zahlende Gebühren, soweit die Gebühren für den Einzelfall oder ein einzelnes Verfahren berechnet werden.in voller Höhe

Artikel 9
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. August 2021 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Der Entwurf dient der teilweisen Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (Amtsblatt der Europäischen Union L186/80 vom 11.7.2019) (im Folgenden als "Richtlinie" bezeichnet).

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Die Richtlinie, die den Gebrauch digitaler Technologien während des Lebenszyklus eines Unternehmens regelt, ist Teil des Legislativpakets zur Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts, das daneben noch den Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (COM (2018)241 final) enthält.

Bisher umfasste das Gesellschaftsrecht der EU gewisse Digitalisierungselemente, etwa die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Informationen über Kapitalgesellschaften, die in Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern erfasst sind, online zugänglich zu machen. Gewisse digitale Verfahren, etwa die Online-Eintragung von Gesellschaften, wurden jedoch bisher vom EU-Recht überhaupt nicht und vom nationalen Recht nur in einigen Mitgliedstaaten erfasst. In manchen Mitgliedstaaten sind zur Eintragung von Gesellschaften und zur Einreichung von Änderungen nur Verfahren mit persönlichem Erscheinen zulässig, in anderen sowohl solche als auch Online-Verfahren, wieder in anderen nur Online-Verfahren.

Die Richtlinie verfolgt daher folgende Ziele:

In der Verordnung (EU) Nr. 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors (sog. Single Digital Gateway) sind allgemeine Regeln für die Online-Bereitstellung von Informationen, Verfahren und Hilfsdiensten, die für das Funktionieren des Binnenmarkts maßgeblich sind, festgelegt. Mit der Richtlinie werden spezifische Vorschriften im Zusammenhang mit der Online-Gründung von Kapitalgesellschaften, der Eintragung von Zweigniederlassungen und der Einreichung von Urkunden und Informationen durch Gesellschaften und Zweigniederlassungen eingeführt, die nicht von der genannten Verordnung erfasst werden.

Die Richtlinie sieht daher unter Berücksichtigung der Regelungen zur sicheren elektronischen Identifizierung (Verordnung (EU) Nr. 910/2014 ) die Schaffung eines vollständigen Online-Verfahrens zur Eintragung bei der Gründung von Gesellschaften und ihren Zweigniederlassungen vor. Ebenso soll die Einreichung von Urkunden und Angaben im gesamten Lebenszyklus der Gesellschaft vollständig online erfolgen können. Materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Anforderungen der Mitgliedstaaten bleiben unberührt.

Im Einzelnen:

1. Online-Eintragung bei der Gründung von Gesellschaften

Grundsätzlich sollen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Eintragung von Gesellschaften vollständig online durchgeführt werden kann, ohne dass die Antragsteller oder ihre Vertreter persönlich bei einer zuständigen Behörde oder einer sonstigen mit der Bearbeitung der Anträge auf Eintragung betrauten Person oder Stelle erscheinen müssen. Die Mitgliedstaaten können sich jedoch dafür entscheiden, für bestimmte Rechtsformen von Gesellschaften, bei denen es sich nicht um die in Anhang IIA genannten Rechtsformen handelt (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), keine Verfahren für die Online-Gründung anzubieten (Art. 13g Abs. 1 RiLi).

Gem. § 13g Abs. 4 lit.c) RiLi und Erwägungsgründen(19) und (20) bleibt es den Mitgliedstaaten ausdrücklich überlassen, die Beteiligung von Notaren oder Rechtsanwälten im Rahmen des Online-Eintragungsverfahrens vorzuschreiben, soweit hierdurch nicht verhindert wird, dass das Eintragungsverfahren vollständig online durchgeführt werden kann. Um gegen Betrug und die illegale Gründung oder Übernahme von Gesellschaften vorzugehen und um Garantien für die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der in nationalen Registern enthaltenen Dokumente und Informationen bereitzustellen, sollen die Bestimmungen über die Online-Eintragung von Gesellschaften und ihren Zweigniederlassungen auch Kontrollen der Identität sowie der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit der Personen, die eine Gesellschaft oder Zweigniederlassung gründen wollen, enthalten. Dabei soll es jedoch den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, Vorschriften über die Mittel und Methoden dieser Kontrollen zu entwickeln und anzunehmen. Diese Vorschriften könnten unter anderem die Überprüfung per Videokonferenz oder mit sonstigen Online-Mitteln, die eine audiovisuelle Echtzeitverbindung bieten, umfassen.

Die Mitgliedstaaten können Regelungen treffen, unter denen eine Online-Eintragung ausgeschlossen werden kann, wenn die Zahlung des Gesellschaftskapitals einer Gesellschaft in Sachleistungen zu erbringen ist (Art. 13g Abs. 1 lit.d) RiLi).

2. Online-Einreichung durch Gesellschaften

Zudem soll es für Gesellschaften zukünftig möglich sein, während ihres gesamten Lebenszyklus Urkunden und Angaben bei den nationalen Registern vollständig online einzureichen.

3. Eintragung von Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten sollen zudem gewährleisten, dass die Eintragung von Zweigniederlassungen einer Gesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegt, vollständig online durchgeführt werden kann, ohne dass der Antragsteller oder sein Vertreter persönlich erscheinen müssen (Art. 28a RiLi). Gleiches soll für die Online-Einreichung von Urkunden und Angaben für Zweigniederlassungen gelten (Art. 28b RiLi). Die Aufhebung einer Zweigniederlassung ist über das System der Registervernetzung dem Register des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft eingetragen ist, mitzuteilen (Art. 28c RiLi).

4. Anerkennung von Identifizierungsmitteln für die Zwecke von Onlineverfahren

Die Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass folgende elektronische Identifizierungsmittel zur Identifizierung von Bürgerinnen und Bürgern der Union für die Zwecke der Online-Eintragung und der Online-Einreichung verwendet werden können:

Unbeschadet dieser Vorgaben können die Mitgliedstaaten jedoch Maßnahmen ergreifen, die die physische Anwesenheit zum Zwecke der Überprüfung der Identität von Personen vor einer Behörde erfordern, die für die Abwicklung von Online-Eintragungen oder Online-Einreichungen zuständig ist, sofern aus berechtigten Gründen ein konkreter Betrugsverdacht besteht.

II. Ziele und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf dient der teilweisen Umsetzung der Richtlinie, nämlich zum einen mit Blick auf die Bereitstellung eines Online-Verfahrens betreffend die für die Gründung und Ersteintragung einer Gesellschaft erforderlichen Erklärungen. Weiter dient der Gesetzentwurf der Umsetzung der Richtlinie auch mit Blick auf die Ermöglichung von Handelsregisteranmeldungen im Wege der Fernkommunikation.

Kernstück der Neuregelungen ist die Einrichtung eines Videokommunikationssystems für Online-Beurkundungsverhandlungen zur Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie für Online-Beglaubigungen von Anmeldungen zum Handelsregister. Dies eröffnet Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen die Möglichkeit, Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter Einbindung von Notaren vollständig über Fernkommunikation online zu gründen und Anmeldungen zum Handelsregister vollständig online von Notaren öffentlich beglaubigen zu lassen, ohne dass ein persönliches Erscheinen beim Notar erforderlich ist.

Die Richtlinie sieht in Art. 13b Abs. 1 vor, dass die Verwendung elektronischer Identifizierungsmittel des Ursprungsmitgliedstaats (lit.a) und elektronischer Identifizierungsmittel anderer Mitgliedstaaten, die nach Art. 6 eIDAS-VO anerkannt werden (lit.b), im Rahmen des Online-Verfahrens vorgesehen werden muss. Diese Vorgaben werden durch § 35a Abs. 2 Nr. 3a und in § 40a Abs. 3 Nr. 1 BeurkG-E umgesetzt.

Die vorgenannten Bestimmungen des BeurkG-E machen zudem von der Möglichkeit des Art. 13b Abs. 2 der Richtlinie Gebrauch, wonach die Mitgliedstaaten die Anerkennung elektronischer Identifizierungsmittel ablehnen können, wenn das Sicherheitsniveau dieser elektronischen Identifizierungsmittel nicht den in Art. 6 Absatz 1 eIDAS-VO festgelegten Anforderungen entspricht. Dies spiegelt sich darin wider, dass das entsprechende Identifizierungsmittel dem Sicherheitsniveau "hoch" im Sinne von Art. 6 Absatz 1 eIDAS-VO entsprechen muss.

Art. 13b Abs. 4 der Richtlinie sieht vor, dass, wenn dies aufgrund des öffentlichen Interesses an der Verhinderung eines Identitätsmissbrauchs oder auch einer Identitätsänderung gerechtfertigt ist, Maßnahmen ergriffen werden können, die die physische Anwesenheit des jeweiligen Antragsstellers erfordern. Dasselbe sieht Art. 13g Abs. 8 der Richtlinie für die Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit und die Vertretungsbefugnis vor. Diese Anforderung wird durch § 35a Abs. 2 Nr. 5 BeurkG-E und durch die Verweisung in § 40a Abs. 5 BeurkG-E ausdrücklich umgesetzt. Weiter wird dort jeweils klargestellt, dass ein derartiger Verweis auch erfolgen kann, wenn die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens dies gebietet. Dies bedeutet insbesondere, dass auch eine Ablehnung des Fernbeurkundungsverfahrens aus sonstigen Gründen möglich bleibt, etwa wenn die Verbindungsqualität so schlecht ist, dass der Notar seine in § 17 BeurkG niedergelegte Betreuungsfunktion nicht mehr hinreichend erfüllen kann. Insgesamt ist klar, dass der Präsenzverweis den Notar nicht von seinen sonstigen Betreuungspflichten befreit. Vielmehr werden aufgrund der generellen Einbindung des Notars die vorstehend genannten Richtlinienbestimmungen bereits flankierend durch § 40a Abs. 3 Hs. 1 BeurkG-E in Verbindung mit den bereits bestehenden beurkundungsrechtlichen Regelungen verwirklicht. Denn der Notar ist nach § 10 BeurkG im Rahmen der Beurkundung von Willenserklärungen gehalten, sich Gewissheit über die Person der Beteiligten zu verschaffen; hierauf verweist für den Fall der elektronischen Beglaubigungen in Handelsregistersachen auch § 40a Abs. 3 Hs. 1 BeurkG-E. Im Rahmen der Beurkundung bzw. Beglaubigung im Wege der Fernkommunikation muss der Notar außerdem auf näher bestimmte Identifizierungsmittel zurückgreifen (s.o.) und einen Abgleich mit dem auf dem Identifizierungsmittel gespeicherten Lichtbild vornehmen. Eine solche, über die eID hinausgehende Identifizierung lässt die Richtlinie ausdrücklich zu (vgl. Erwägungsgrund 22 der Richtlinie). Kann er sich auf diese Weise nicht Gewissheit über die Person der Beteiligten verschaffen, ist der Notar - abgesehen von der Möglichkeit eines Zweifelsvermerks bei der Beurkundung von Willenserklärungen gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 BeurkG - gehalten, die Beurkundung bzw. Beglaubigung abzulehnen, §§ 4 BeurkG, 14 Abs. 2 BNotO. Alternativ kann der Notar in Zweifelsfällen zur Durchführung einer Identifizierung aber auch auf das Präsenzverfahren verweisen. Dasselbe gilt für die Pflicht des Notars, die Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie die Vertretungsbefugnis zu überprüfen, §§ 11, 12, 17 BeurkG, 24 BNotO.

Art. 13c Abs. 1 der Richtlinie stellt klar, dass nationale Rechtsvorschriften unberührt bleiben, in deren Rahmen gemäß den Rechtsordnungen und Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten Behörden, Personen oder Stellen benannt werden, die mit der Bearbeitung von Online-Verfahren betraut sind. Die bewährte und zuverlässige Führung des Handelsregisters bei den Registergerichten bleibt also ebenso unberührt wie die zentrale Einbindung von Notaren als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes. Dies ist insbesondere notwendig, um auch im Falle des Online-Verfahrens das bisher in Deutschland bestehende hohe Niveau der Registerwahrheit und Registerverlässlichkeit beizubehalten, welches maßgeblich auf der materiellen Richtigkeitskontrolle durch Notare, auf dem System der vorsorgenden Rechtspflege insgesamt und auf dem Prinzip der Vier-Augen-Kontrolle durch Notar und Registergericht beruht.

Art. 13c Abs. 2 der Richtlinie lässt außerdem Verfahren und Anforderungen des nationalen Rechts, einschließlich jener betreffend die rechtlichen Verfahren zur Erstellung des Errichtungsakts, unberührt, soweit die von der Richtlinie in Bezug genommenen Online-Verfahren ohne physische Präsenz der Beteiligten möglich sind. Dementsprechend passt der Gesetzentwurf die bisherigen Verfahren und Anforderungen behutsam an die Erfordernisse der in der Richtlinie angesprochenen Online-Verfahren an. So ermöglicht § 35a BeurkG-E die Beurkundung von Willenserklärungen im Rahmen der Online-Gründung, und § 40a BeurkG-E ermöglicht die Vornahme von Beglaubigungen zum Zwecke der Handelsregistereintragung.

Schließlich wird durch Art. 13c Abs. 3 der Richtlinie deutlich gemacht, dass auch die Anforderungen des nationalen Rechts in Bezug auf die Echtheit, Korrektheit, Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und vorgeschriebene Form eingereichter Urkunden und Informationen von der Richtlinie grundsätzlich unberührt bleiben. Auch insoweit sind also keine Änderungen veranlasst.

Nach Art. 13d Abs. 1 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die für die Online-Verfahren geltenden Gebührenregelungen transparent und diskriminierungsfrei angewandt werden. Dies stellt § 78p Abs. 3 und 4 BNotO-E sicher, wonach die Gebühren für das Videokommunikationssystem so zu bemessen sind, dass der damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand einschließlich der Personal- und Sachkosten gedeckt ist. Die konkrete Höhe der Gebühren wird durch Gebührensatzung festgelegt, die der Genehmigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bedarf. Die Höhe der Gebühren ist regelmäßig zu überprüfen. Durch die Festlegung der Gebühren in einer Satzung, die im Verkündungsblatt der Bundesnotarkammer veröffentlicht wird, sowie durch die Orientierung an den für den Betrieb des Videokommunikationssystems entstehenden Kosten ist eine hinreichende Transparenz der Gebühren sichergestellt. In der Satzung selbst wird sodann die diskriminierungsfreie Anwendung sichergestellt.

Art. 13g Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass die Gründung von Gesellschaften vollständig online ohne persönliches Erscheinen des Antragstellers durchgeführt werden können muss. Dies wird durch § 35a BeurkG-E sichergestellt, der die Beurkundung der Errichtungsurkunde ohne physische Präsenz ermöglicht. Hinzu kommt § 40a BeurkG-E, der auch die Beglaubigung der entsprechenden Handelsregisteranmeldung ohne körperliche Anwesenheit des Beteiligten ermöglicht.

Nach Art. 13g Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie können andere als die in Anhang IIA genannten Gesellschaftsrechtsformen vom Anwendungsbereich der Online-Gründung ausgenommen werden. In Anhang IIA der Richtlinie ist für Deutschland lediglich die GmbH genannt. Daher beschränkt sich der Gesetzentwurf auch auf die Online-Gründung von GmbHs. Die Online-Gründung von anderen juristischen Personen, insbesondere Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien, ist nicht ratsam, da diese Gesellschaften eine weitaus höhere Komplexität und einen höheren Grad an Regelungsbedürftigkeit aufweisen, wie auch Erwägungsgrund 15 der Richtlinie herausstellt. Dies gilt ganz besonders für die Kommanditgesellschaft auf Aktien wegen der eigentümlichen Haftungsspezifika (Kommanditaktionäre und Komplementär) und wegen der ganz speziellen Anforderungen an die Gesellschaftsstruktur (Komplementär als Vertretungsorgan, verpflichtender Aufsichtsrat, Kommanditaktionäre). Insoweit ist es angezeigt, als Errichtungsform auch weiterhin einzig die Präsenzbeurkundung zuzulassen.

Schließlich ist es auch angezeigt, eine Fernbeurkundung lediglich für die Gründung der Gesellschaft anzubieten und diese nicht auf sonstige Beurkundungen im Rahmen des Lebenszyklus der Gesellschaft auszudehnen. Eine derartige Ausdehnung ist von der Richtlinie nicht verlangt und wäre daher eine überschießende Umsetzung. Eine solche überschießende Umsetzung ist hier schon deshalb nicht veranlasst, weil weiterhin das Präsenzverfahren der Normalfall des Beurkundungsverfahrens bleiben sollte. Dies gilt schon mit Blick auf das mit einem Online-Verfahren verbundene erhöhte Missbrauchs- und Umgehungsrisiko, welches auch die Erwägungsgründe 21 und 23 der Richtlinie selbst in Bezug nehmen. Auch rechtspolitisch ist eine Beschränkung auf die Gründung der Gesellschaft angezeigt. Bei anderen Maßnahmen - wie etwa einer Satzungsänderung, einer Geschäftsanteilsabtretung oder einer Umwandlung - ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die Beurkundungsverhandlung, die sinnvollerweise nur in einem Präsenzverfahren sachgerecht gelöst werden können. Dies betrifft insbesondere die Ermittlung des Sachverhalts:

Bei Maßnahmen im weiteren Verlauf des Lebenszyklus einer Gesellschaft muss der zugrundeliegende Sachverhalt in Bezug auf die Vergangenheit ermittelt werden, während die Gründung einer Gesellschaft keine derartige Ermittlung voraussetzt. Weiter sind Maßnahmen im weiteren Verlauf des Lebenszyklus einer Gesellschaft, etwa Gesellschafterbeschlüsse, Umwandlungsverträge oder Geschäftsanteilsabtretungen, oftmals stärker von widerstreitenden Interessen Beteiligter und von einer kontroversen Verhandlungslage geprägt als die regelmäßig mit einem Interessengleichlauf einhergehende Gesellschaftsgründung. Gerade bei konfrontativeren Verhandlungssituationen ist aber die Präsenz der Beteiligten beim Notar notwendig, damit er seiner Beratungs- und Betreuungspflicht im Wege der unmittelbaren Kommunikation umfassend nachkommen kann.

Art. 13g Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, detaillierte Regelungen zur Verfahrensausgestaltung festzulegen. Die Überprüfung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie von Vertretungsbefugnissen (Art. 13g Abs. 3 lit. a der Richtlinie) ist bereits durch die Einbindung des Notars auf Grundlage des allgemeinen Berufs- und Beurkundungsrechts sichergestellt und bedarf insoweit keiner ergänzenden Kodifizierung. Denn der Notar hat nach § 11 BeurkG die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu überprüfen. Weiter hat er nach der allgemeinen Betreuungspflicht des § 17 BeurkG und nach § 12 BeurkG das Vorliegen hinreichender Vertretungsmacht zu überprüfen und Vertretungsnachweise der Urkunde beizufügen. Die Wirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht ist insbesondere dann über die Gutglaubensregelung des § 172 BGB besonders sichergestellt, wenn eine Vollmachtsurkunde, also die Urschrift oder eine Ausfertigung der Vollmacht, vorgelegt wird, was der Notar in aller Regel zu verlangen hat. Um nicht hinter dem Niveau einer Präsenzbeurkundung zurückzufallen, stellt § 35a Abs. 2 Nr. 4 BeurkG-E klar, dass ein Erfordernis, dem Notar den Besitz der Urschrift oder einer Ausfertigung einer Urkunde nachzuweisen, unberührt bleibt. Dies ist von Art. 13g Abs. 3 lit. a und Art. 13c Abs. 3 der Richtlinie ausdrücklich gedeckt und verstößt auch nicht gegen Art. 13g Abs. 1 der Richtlinie, da die Vorlage einer Urkunde nicht mit gleichzeitiger physischer Anwesenheit des Beteiligten verbunden sein muss. Für Beglaubigungen ergibt sich die notarielle Prüfpflicht aus §§ 40 Abs. 2 i.V.m. § 40a Abs. 5 BeurkG-E sowie aus § 24 BNotO. Ausdrücklich sieht § 35a Abs. 2 Nr. 4 BeurkG-E auch die Möglichkeit vor, bei rechtsgeschäftlichen Vollmachten eine Beurkundung im Wege der Fernkommunikation durchzuführen. Zwar dürfte die Richtlinie lediglich die Beurkundung bei Auftreten organschaftlicher Vertreter für juristische Personen zwingend vorschreiben (vgl. etwa Art. 13g Abs. 8 und Erwägungsgrund 21 der Richtlinie). Es erscheint jedoch angezeigt, auch rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten die Beurkundung mittels Fernkommunikation zu ermöglichen. Eine Differenzierung zwischen organschaftlicher und rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht würde den Erfordernissen der Praxis nicht gerecht werden. Zwar ist nach gegenwärtiger Rechtslage zum Nachweis der Vollmacht eine Vollmachtsurkunde in Papier vorzulegen, wovon auch § 35a Abs. 2 Nr. 4 BeurkG-E bewusst nicht entbindet. Jedoch sind zukünftige technische wie rechtliche Weiterentwicklungen nicht ausgeschlossen, die unter Wahrung des Gutglaubensschutzes eine Vorlage der physischen Urkunde entbehrlich machen könnten. Der Gesetzentwurf ist insoweit bewusst entwicklungs- und technikoffen.

Die in Art. 13g Abs. 3 lit. b und lit. c der Richtlinie geforderten Identitätsüberprüfungsmittel sowie die Verpflichtung, Vertrauensdienste nach der eIDAS-VO zu nutzen, sind in § 35a Abs. 2 Nr. 3 lit. a und lit. b und in § 40a Abs. 3 Nr. 1 und 2 BeurkG-E geregelt. Um das bisher bei der Präsenzbeurkundung gewährleistete hohe Identifikationsniveau aufrechtzuerhalten, wurde bewusst die Möglichkeit vorgesehen, im Rahmen der Identifikation auch das auf dem Identifikationsmittel gespeicherte Lichtbild auszulesen und mit dem Erscheinungsbild des Beteiligten in der Videokommunikation abzugleichen, § 35a Abs. 2 Nr. 3 lit. b und § 40a Abs. 3 Nr. 2 BeurkG-E. Die Einführung von weiteren, die eID ergänzenden Identifikationsmitteln wie die Videokonferenz und das Auslesen des Lichtbilds ist von der Richtlinie gedeckt. So überlässt Art. 13g Abs. 2 der Richtlinie die Ausgestaltung des Verfahrens weitestgehend den Mitgliedstaaten, was, wie der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie klarstellt, auch die Einführung ergänzender elektronischer Kontrollen der Identität umfasst. Dementsprechend werden in § 17 PersAuswG-E, in § 78 AufenthG-E sowie in § 4 und § 12 eID-Karte-Gesetz-E die rechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen.

Die in Art. 13g Abs. 3 lit. d und lit. e der Richtlinie angesprochenen Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Unternehmensgegenstands und des Gesellschaftsnamens sind bereits in den allgemeinen firmen-, gesellschafts- und handelsrechtlichen Normen, insbesondere in §§ 18, 30 HGB, §§ 3, 4 GmbHG, geregelt, sodass es insoweit keiner weiteren Richtlinienumsetzung bedarf.

Schließlich muss nach Art. 13g Abs. 3 lit. f der Richtlinie auch ein Verfahren zur Überprüfung der Bestellung von Geschäftsführern geregelt werden. Auch insoweit bedarf es angesichts der schon bestehenden Regelung des § 8 GmbHG keiner weiteren Umsetzung. Das bewährte deutsche System der Geschäftsführerversicherung über das Nichtvorliegen von Bestellungshindernissen kann nach Art. 13i Abs. 2 UAbs. 1 der Richtlinie ausdrücklich beibehalten bleiben.

Von den fakultativen Verfahrensregelungen nach Art. 13g Abs. 4 der Richtlinie nimmt der Gesetzentwurf ausdrücklich Art. 13g Abs. 4 lit. c der Richtlinie in Bezug, indem §§ 2 Abs. 3 GmbHG-E und § 35a Abs. 1 BeurkG-E ausdrücklich bestimmen, dass die Online-Gründung vor einem Notar erfolgen muss. Dies ist rechtspolitisch zwingend geboten, um das bereits oben erwähnte hohe Niveau der Registerwahrheit und Registerverlässlichkeit und die besondere Betreuungs-, Beratungs- und Gewährungsfunktion der vorsorgenden Rechtspflege auch bei einem Online-Verfahren beizubehalten.

Schließlich nimmt der Gesetzentwurf, wie durch Art. 13g Abs. 4 lit. d der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen, die Sachgründung vom Anwendungsbereich des Online-Verfahrens aus, § 2 Abs. 3 Satz 2 GmbHG-E. Dies ist sachgerecht, weil Sachgründungen eine höhere Komplexität aufweisen und damit regelmäßig für ein Online-Verfahren nicht geeignet sind.

Art. 13h der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Muster für die Gründung von Gesellschaften bereitstellen. Insoweit ist kein gesetzgeberisches Tätigwerden veranlasst, da bereits de lege lata in § 2 Abs. 1a GmbHG eine Gründung der GmbH auf Grundlage des in der Anlage zum GmbHG befindlichen Musterprotokolls vorgesehen ist. Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene generelle Einbindung des Notars - welche also auch die Mustergründung umfasst - ist von der Richtlinie gestattet, insbesondere ergibt sich aus Art. 13h Abs. 2 UAbs. 1 der Richtlinie nichts anderes. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich bereits dem Wortlaut und auch der Gesetzgebungsgeschichte nach auf diejenigen Staaten, in welchen nach Art. 10 der Richtlinie Nr. 2017/1132 die Gesellschaftsgründung keiner vorbeugenden Verwaltungs- oder gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist. Dies ist aber in Deutschland durch die notarielle wie registergerichtliche Vorprüfung gerade nicht der Fall. Zudem stellt Art. 13h Abs. 2 UAbs. 2 der Richtlinie nochmals ausdrücklich klar, dass Anforderungen des nationalen Rechts an die öffentliche Beurkundung nicht berührt werden, solange eine Online-Gründung nach Art. 13g der Richtlinie möglich ist. Art. 13g Abs. 4 lit. a der Richtlinie ermöglicht aber gerade die Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung von Mustern und ein Verfahren zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit des Errichtungsaktes. Dieses Verfahren stellt der Gesetzentwurf durch die Einbindung der Notare sicher. Ferner sieht Erwägungsgrund 18 der Richtlinie ausdrücklich vor, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, den rechtlichen Stellenwert der Muster zu bestimmen, und ermöglicht Art. 13g Abs. 4 lit. c der Richtlinie ausdrücklich die Einbindung des Notars. Abgesehen von der Richtlinienkonformität ist eine Überprüfung der Verwendung von Mustern durch den Notar auch rechtspolitisch sinnvoll. Denn gerade bei Mustern besteht die Gefahr, dass ein Beteiligter nur aus Kostengründen solche Muster verwendet, die nicht auf seinen individuellen Einzelfall zugeschnitten sind. Das System der vorsorgenden Rechtspflege will genau diesen Fall durch Einbindung der Notare verhindern.

Art. 13j Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass auch die Einreichung von Urkunden und Informationen von Gesellschaften online erfolgen können soll. Desgleichen bestimmen dies Art. 28a Abs. 1 der Richtlinie für die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen und Art. 28b Abs. 1 der Richtlinie für die Online-Einreichung von Urkunden und Informationen für Zweigniederlassungen. Diese Vorgaben werden durch § 40a BeurkG-E umgesetzt, wonach auch die Beglaubigung zur Eintragung ins Handelsregister im Wege der Fernkommunikation ermöglicht wird. Soweit die Einreichung weiterer unbeglaubigter Unterlagen erforderlich ist, kann dies im Wege der elektronischen Kommunikation mit dem Notar ebenfalls ohne physische Präsenz erfolgen. Mit Blick auf die Eintragung bzw. Unterlageneinreichung bei der Zweigniederlassung sind demgegenüber keine weiteren Sondervorschriften veranlasst, da auch die Eintragung der Zweigniederlassung in den allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften der §§ 13d ff. HGB geregelt ist und die Richtlinie insoweit nur eine Überführung des bisherigen Präsenzverfahren in ein Fernkommunikationsverfahren erfordert.

Die Verfahrensvorschriften des Art. 28a Abs. 2, Abs. 3 der Richtlinie werden ebenfalls umgesetzt; insoweit kann auf die Erläuterungen zu Art. 13g Abs. 2, Abs. 3 der Richtlinie Bezug genommen werden.

III. Auswirkungen des Gesetzentwurfs

1. Finanzielle Auswirkungen

Im Zusammenhang mit den Regelungen zum Online-Auslesen des Personalausweises und des Aufenthaltstitels sowie der Ergänzung der eID-Karte um ein Lichtbild ist eine entsprechende technische Infrastruktur aufzubauen.

Für die Bundesnotarkammer ergeben sich ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von ca. 10 Mio. Euro und ein jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von ca. 1,8 Mio. Euro. Diese Kosten werden in Form von Gebühren auf Basis einer Gebührensatzung auf die Bürgerinnen und Bürgern umgelegt.

2. Gesellschaftspolitischer Art

Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet voran. Dies hat auch der europäische Gesetzgeber erkannt und schreibt daher den Mitgliedstaaten vor, im Bereich des Gesellschaftsrechts die Errichtung von Gesellschaften und Handelsregisteranmeldungen im Lebenszyklus von Gesellschaften auch im Wege eines Online-Verfahrens zu ermöglichen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden derartige Online-Verfahren eingeführt. Folge ist, dass im teilweise schnelllebig geprägten Gesellschaftsrecht die Gründung von GmbHs nunmehr vom Erfordernis einer körperlichen Präsenz in einer Notarstelle und damit von örtlichlogistischen Gebundenheiten entkoppelt wird. Dies führt zu einer gewissen Flexibilisierung der Möglichkeiten individuellen Wirtschaftens.

Gleichwohl betont auch die Richtlinie an vielen Stellen, dass eine Absenkung des im jeweiligen Mitgliedstaat herrschenden Gewährleistungs-, Sicherheits- und Identifikationsniveaus nicht gewünscht ist. Daher sieht der Gesetzentwurf - wie in Art. 13g Abs. 4 lit. c und Art. 28a Abs. 4 lit. d der Richtlinie ausdrücklich enthalten - die Einbindung des Notars als Organ der vorsorgenden Rechtspflege und unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes vor. Weiter beschränkt sich der Gesetzentwurf auf die Gesellschaftsform der GmbH und dort auf Bargründungen. Sonstige Gesellschaftsformen, insbesondere AG und KGaA, sowie die Sachgründung weisen eine besonders hohe Komplexität auf, welcher aus technischen wie rechtlichen Gründen nur ein notarielles Präsenzverfahren gerecht werden kann, wie es auch aus Art. 13b Abs. 4 und Art. 13g Abs. 8 der Richtlinie deutlich wird. Es ist daher angezeigt, das Online-Verfahren auf die Errichtung von GmbHs (bzw. auf Handelsregisteranmeldungen) zu beschränken, weil insoweit ein gewisses wirtschaftliches Bedürfnis besteht. Im Übrigen wird am bewährten Verfahren der Präsenzbeurkundung festgehalten.

3. Gleichstellungspolitischer Art

Das Gesetz enthält keine besonderen Wirkungen gleichstellungspolitischer Art. Die Gesetzesänderungen wirken sich auf Angehörige beider Geschlechter in gleicher Weise aus.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 3 (Ausweiswesen), Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 (bürgerliches Recht, gerichtliches Verfahren, Notariat) und Nummer 11 (Recht der Wirtschaft) des Grundgesetzes. Die Notwendigkeit einer bundesgesetzlichen Regelung nach Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz ergibt sich hinsichtlich der auf Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 Grundgesetz gestützten Änderungen daraus, dass die Änderungen insbesondere das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) betreffen. Dieser Bereich ist bereits bislang bundesrechtlich einheitlich geregelt. Angesichts der herausragenden Bedeutung der GmbH für die deutsche Wirtschaft ist das Erfordernis einer bundeseinheitlichen Regelung dieser Gesellschaftsform auch weiterhin gegeben. Da heute nicht mehr überwiegend regional, sondern bundesweit und international gewirtschaftet wird, würden unterschiedliche Regelungen zu einer Verwirrung des Rechtsverkehrs führen und die gesamtwirtschaftlichen Transaktionskosten erhöhen. Auch wären Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Bundesländern und damit Nachteile für die Gesamtwirtschaft zu befürchten. Eine bundesweit einheitliche Regelung für die Gesellschaftsform der GmbH ist daher weiterhin zwingend geboten.

V. Zustimmungsbedürftigkeit

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des GmbHG)

Absatz 3 Satz 1 eröffnet für Erklärungen, die für die Gründung der GmbH erforderlich sind, den Anwendungsbereich der Online-Beurkundung. Nicht erforderlich in diesem Sinne und damit nicht vom Anwendungsbereich erfasst s i.d.R. chtsgeschäfte, die im Zusammenhang mit der Gründung abgeschlossen werden sollen (z.B. Einbringungsverträge). Für diese bleibt es beim Präsenzverfahren. Die Online-Beurkundung ist nur vor einem in Deutschland amtsansässigen Notar und nur über das von der Bundesnotarkammer betriebene Videokommunikationssystem möglich; Online-Beurkundungen durch im Ausland niedergelassene Notare sowie Online-Beurkundungen über sonstige kommerzielle Videokommunikationssysteme sind unzulässig.

Die Beschränkung auf inländische Notare ist europarechtlich zulässig. Denn die Richtlinie lässt - im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung i.S. Piringer (Urteil vom 09.03.2017; C-342/15) - eine Beschränkung auf den inländischen Notar ausdrücklich zu. Dies kommt in Art. 13c Abs. 1 der Richtlinie zum Ausdruck, wonach die Kompetenz der Mitgliedstaaten zur Bestimmung der für die Durchführung der Online-Gründung zuständigen Stellen unberührt bleibt. Ebenso unberührt bleiben Verfahren und Anforderungen des nationalen Rechts, einschließlich jener betreffend die rechtlichen Verfahren zur Erstellung des Errichtungsakts, Art. 13c Abs. 2 der Richtlinie. Daraus folgt, dass Mitgliedstaaten die Zuständigkeit inländischer Notare für das Beurkundungsverfahren ebenso regeln können wie die Zuständigkeit bestimmter Registergerichte für das nachgelagerte Registerverfahren. Über die Europarechts- und Richtlinienkonformität hinaus ist eine Beschränkung auf inländische Notare auch rechtspolitisch sinnvoll und wünschenswert. Nach dem Regelungsziel der Richtlinie soll die Eintragung in das Register möglichst beschleunigt erfolgen (vgl. Erwägungsgrund 16 der Richtlinie) und insbesondere ausländischen Beteiligten die Gründung sowie Eintragung in ein inländisches Register erleichtert werden (vgl. Erwägungsgründe 10 und 32). Nur die Einschaltung eines inländischen Notars, der mit der Rechtstradition und den Verfahrensbestimmungen vertraut ist, führt in signifikanter Weise zu der von der Richtlinie angestrebten Beschleunigung und Erleichterung. Nur ein inländischer Notar kann auch als "Gatekeeper" fungieren und zuverlässig im Rahmen seiner Filterfunktion die Registergerichte entlasten. Eine - europarechtlich nicht zwingende - Einschaltung ausländischer Notare liefe hingegen den Zielen der Richtlinie entgegen. Gerade im Rahmen eines Fernkommunikationsverfahrens ist auch ein praktisches Bedürfnis zur Einschaltung ausländischer Notare nicht ersichtlich, da die Beurkundung losgelöst von Fragen des örtlichen Aufenthalts Beteiligter stattfinden kann. Weiter sprechen für die ausschließliche Einbindung inländischer Notare auch die Formzwecke der Beurkundung, die neben einer verlässlichen Identifizierung der Beteiligten auch die materielle Richtigkeitsgewähr, die Beratungs- und Warnfunktion sowie die Filter- und Kontrollfunktion umfassen. Diese Gesichtspunkte sind bei der Online-Gründung noch wichtiger als bei einer Präsenzbeurkundung, erfordert die Beurkundung im Wege der Fernkommunikation doch eine viel stärkere Konzentration auf die Beurkundungssituation, die Beteiligten, die Verbindungsqualität und die Gesprächsführung. Insoweit ist gerade im Rahmen einer Online-Gründung die Beschränkung auf inländische Notare interessengerecht, da nur inländische Notare die besonderen Herausforderungen, die mit diesem Verfahren zusammenhängen, bewältigen können. Etwas Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Gedanken der Substitution von Beurkundungserfordernissen. Denn zum einen ist die Frage der Substitution von Beurkundungserfordernissen bei statusrelevanten Maßnahmen wie der Online-Gründung nicht höchstrichterlich entschieden. Zum anderen ist der Gesetzgeber, wenn eine Substitution auch bei Statusmaßnahmen möglich sein sollte, nicht gezwungen, die Einbindung ausländischer Notare ausdrücklich vorzusehen. Aufgrund der vorstehend genannten Gesichtspunkte ist der Gesetzgeber vielmehr gehalten, das Verfahren der Fernkommunikation sach- und funktionsgerecht auf inländische Notare zu beschränken.

Gemäß Satz 2 sind Sachgründungen ausgeschlossen, was im Umkehrschluss den Anwendungsbereich der Online-Gründung auf Bargründungen beschränkt.

Der Verweis in Satz 3 auf Absatz 2 stellt klar, dass die Formerfordernisse an die Gründungsvollmacht erhalten bleiben. Die Gründung ist weiterhin ausschließlich auf Grund notariell errichteter oder beglaubigter Vollmacht zulässig. Aus § 35a Abs. 2 Nr. 4 S. 2 BeurkG-E ergibt sich, dass auch die Vorlage der Vollmacht beim Notar weiterhin in Urschrift oder Ausfertigung erfolgen muss. Ein bloßes Übersenden einer (auch beglaubigten) elektronischen Abschrift genügt zum Nachweis ordnungsgemäßer Vertretungsmacht nicht.

Zu Artikel 2 (Änderung des HGB)

Durch die Änderung in § 12 HGB wird für Anmeldungen zum Handelsregister neben der öffentlich beglaubigten Form gem. § 129 BGB die Form des § 40a BeurkG zugelassen.

Zu Artikel 3 (Änderung des BeurkG)

Zu Nummer 1:

Die Einordnung des § 35a im zweiten Abschnitt des BeurkG stellt klar, dass es sich bei der Beurkundung mittels audiovisueller Fernkommunikation, wie bei der Präsenzgründung auch, um eine Beurkundung von Willenserklärungen handelt, auf die die Vorschriften des zweiten Abschnitts über die Niederschrift grundsätzlich entsprechende Anwendung finden.

Absatz 1 eröffnet den Anwendungsbereich der Beurkundung mittels Videokommunikation ausschließlich in Bezug auf die zur Gründung und Eintragung einer GmbH erforderlichen Erklärungen (§ 2 Abs. 3 GmbHG). Die audiovisuelle Fernbeurkundung kann nur über das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer vorgenommen werden. Dadurch soll insbesondere die Datensicherheit gewährleistet werden. Eine Fernbeurkundung über sonstige, kommerzielle Videokommunikationssysteme ist weder berufsrechtlich noch gesellschaftsrechtlich (vgl. § 2 Abs. 3 GmbHG) zulässig.

Absatz 2 ordnet an, dass parallel zur Vorschrift des § 8 BeurkG im Beurkundungsverfahren mittels audiovisueller Fernkommunikation eine elektronische Niederschrift aufzunehmen ist, auf die grundsätzlich die für die Niederschrift im Präsenzverfahren geltenden Vorschriften der §§ 8 ff. BeurkG Anwendung finden. Dies bedeutet insbesondere, dass den Notar im Fernbeurkundungsverfahren grundsätzlich dieselben Pflichten treffen wie im Präsenzverfahren, einschließlich der Verfahrensleitung, der Identifizierung der Beteiligten, der Feststellung der Geschäftsfähigkeit sowie der Prüfung der Vertretungsmacht in Vertretungsfällen.

Die für die elektronische Niederschrift geltenden Besonderheiten werden durch die nachfolgende Aufzählung abschließend geregelt.

So bestimmt sich nach Nr. 1 der Ort der Verhandlung gemäß § 9 Abs. 2 BeurkG nicht mehr anhand des Orts der physischen Anwesenheit aller Beteiligten, sondern anhand des Orts, an dem die elektronische Niederschrift aufgenommen wird, regelmäßig am Dienstsitz des Notars.

Nr. 2 schreibt dem Notar vor, den Umstand, dass die Verhandlung im Wege der audiovisuellen Fernkommunikation durchgeführt wurde, in die elektronische Niederschrift aufzunehmen.

In Ergänzung zu § 10 Abs. 1 BeurkG wird dem Notar in Nr. 3 die Verwendung der sogenannten elektronischen Identifikation (eID) anhand des Personalausweises, des elektronischen Aufenthaltstitels oder einer eID eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, sofern diese nach Art. 6 der eIDAS-VO notifiziert wurde und dem Notar Zugriff auf ein biometrisches Lichtbild ermöglicht, vorgeschrieben. Im Gegensatz zum Präsenzverfahren werden dem Notar damit verbindliche gesetzliche Vorgaben zur Identifizierung gemacht. Der Notar hat das übermittelte biometrische Lichtbild mit dem anhand des im Rahmen der Videokommunikation übertragenen Erscheinungsbildes der Beteiligten abzugleichen.

Nr. 4 ordnet als Parallelnorm zu § 12 S. 1 BeurkG an, dass auch der elektronischen Niederschrift Vollmachten und Berechtigungsausweise beizufügen sind, freilich in der Form des § 39a BeurkG. Durch Satz 2 wird klargestellt, dass durch das Fernbeurkundungsverfahren die geltende Rechtslage hinsichtlich des Nachweises einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertretungsmacht nicht geändert wird. So sind insbesondere rechtsgeschäftliche Vollmachten weiterhin in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen. Gleichzeitig dürfte ein derartiger Nachweis auch die Existenz einer juristischen Person betreffen. Für ausländische öffentliche Urkunden, z.B. eine Vertretungsbescheinigung durch eine ausländische öffentliche Stelle, gilt weiterhin § 438 ZPO und damit die Pflicht zur Vorlage einer Apostille oder Legalisation.

Nr. 5 regelt den Präsenzvorbehalt bei Zweifeln hinsichtlich der Verlässlichkeit der Identifikation, der Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie der Vertretungsbefugnis.

Nach Nr. 6 wird die eigenhändige Unterschrift im Fernbeurkundungsverfahren durch die qualifizierte elektronische Signatur gemäß Art. 3 Nr. 12 der eIDAS-VO ersetzt. Aus Satz 2, der für den Notar anordnet, dass dieser die Signatur selbst erzeugen und die elektronischen Signaturerstellungsdaten selbst verwalten muss, ergibt sich im Umkehrschluss, dass für die Beteiligten auch eine Fernsignatur zur Anwendung kommen kann. Die zusätzliche Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur ist auch unter Berücksichtigung der Vorgaben von Art. 13b Abs. 1 der Richtlinie statthaft. Denn die im Gesetzentwurf vorgesehene qualifizierte elektronische Signatur dient nicht der Identifikation der Beteiligten, sondern der Ersetzung von deren Unterschrift. Die qualifizierte elektronische Signatur ist also Ausdruck der Genehmigung des Vertragstextes und der Zuordnung dieser Genehmigung zum einzelnen Beteiligten, nicht aber Mittel zur Identifikation.

Nr. 7 ordnet an, dass die elektronische Niederschrift den Beteiligten vor dem Signieren elektronisch zur Durchsicht übermittelt werden soll. Die Art und Weise der Übermittlung lässt die Vorschrift dabei offen; es ist lediglich erforderlich, dass die Signierenden vor Anbringung ihrer Signatur klar erkennen können, welches Dokument nunmehr von ihnen signiert wird.

Absatz 3 ermöglicht die sogenannte gemischte Beurkundung, also eine Mischung aus Präsenzverfahren und Online-Verfahren per Videokommunikationssystem, bei dem die Beteiligten teilweise am Ort des Notars präsent und teilweise mit dem Notar per Videokommunikationssystem verbunden sind. Der Notar hat in diesem Fall zwei inhaltsgleiche Niederschriften aufzunehmen: Eine elektronische Niederschrift, die von allen per Videokommunikationssystem zugeschalteten Beteiligten und dem Notar qualifiziert elektronisch signiert wird, und eine herkömmliche Niederschrift, die von allen präsenten Beteiligten und dem Notar unterschrieben wird. Dieser Umstand ist in beiden Niederschriften zu vermerken. Beide Niederschriften sind gemeinsam und damit unter derselben Nummer zu verwahren.

Zu Nummer 2:

§ 40a BeurkG-E ist systematisch im dritten Abschnitt des BeurkG (Sonstige Beurkundungen) angesiedelt und regelt die öffentliche elektronische Beglaubigung in Handelsregistersachen.

Absatz 1 eröffnet den Anwendungsbereich der öffentlichen elektronischen Beglaubigung ausschließlich für Handelsregisteranmeldungen nach § 12 HGB. Zwar fordert die Richtlinie 2017/1132 keine Online-Beglaubigung von Handelsregistereintragungen für Kaufleute. Allerdings wird dies durch Art. 6 der Verordnung Nr. 2018/1724 vorgegeben. Hier erscheint es sachgerecht, den Anwendungsbereich auf Handelsregisteranmeldungen gem. § 12 HGB allgemein auszudehnen.

Nach Absatz 2 kann die öffentliche elektronische Beglaubigung auf zwei Arten erfolgen. Entweder im Präsenzverfahren derart, dass der Beteiligte dem Notar das zu beglaubigende elektronische Dokument vorlegt, welches entweder bereits qualifiziert elektronisch signiert ist und vom Beteiligten anerkannt oder in Gegenwart des Notars qualifiziert elektronisch signiert wird. Alternativ kann die öffentliche elektronische Beglaubigung auch im Fernverfahren per audiovisueller Kommunikation erfolgen, wobei in diesem Fall nur die Anerkennung eines bereits qualifiziert elektronisch signierten Dokuments durch den Beteiligten zulässig ist. Die Erstellung einer Signatur in Gegenwart des Notars scheidet im Fernverfahren aus, da die Erstellung der Signatur im Einflussbereich des Beteiligten stattfindet und sich somit der Wahrnehmung des Notars entzieht.

Absatz 3 regelt die Identifikation im Falle des Fernverfahrens derart, dass diese durch den Notar analog zum Verfahren in § 35a Abs. 2 Nr. 3 BeurkG-E erfolgen muss. Demnach fragt der Notar die eID des Beteiligten ab und hat zusätzlich das übermittelte biometrische Lichtbild mit dem anhand des im Rahmen der Videokommunikation übertragenen Erscheinungsbilds des Beteiligten abzugleichen.

Absatz 4 enthält Einzelheiten zum Beglaubigungsvermerk bei Verfahren nach § 40a BeurkG-E. So ist die Person zu nennen, die durch den Notar identifiziert wurde und die qualifizierte elektronische Signatur anerkannt oder erzeugt hat. Der Notar soll weiterhin das Ergebnis der Signaturprüfung dokumentieren. Ergibt das Ergebnis der Signaturprüfung, dass der Beteiligte nicht Inhaber des Zertifikats ist, mit dem die Signatur erstellt wurde, so hat er die Beglaubigung zu verweigern.

Absatz 5 verweist auf § 35a Abs. 2 Nr. 5 BeurkG-E und ermöglicht daher die Verweisung auf das Präsenzverfahren auch bei einer Beglaubigung. Weiter verweist dieser Absatz auf die allgemeinen Vorschriften zum einfachen elektronischen Zeugnis gem. § 39a Abs. 1 und 2 BeurkG und auf § 40 Abs. 2 BeurkG, wonach der Notar das Dokument nur darauf zu prüfen braucht, ob Gründe bestehen, seine Amtstätigkeit zu versagen.

Zu Artikel 4 (Änderung der BNotO)

Zu Nummer 1:

Es wird die Anpassung der Inhaltsübersicht geregelt.

Zu Nummer 2:

Satz 1 regelt die notarielle Zuständigkeit für Verfahren nach §§ 35a und 40a BeurkG-E. Zuständig ist demnach der Notar, in dessen Amtsbereich sich entweder der Sitz der Gesellschaft oder der Wohnsitz oder Sitz (z.B. Sitz einer Gesellschaft) eines handelnden Gesellschafters oder Geschäftsführers befindet. Bei ausländischen Gesellschaftern oder Geschäftsführern sind - wie Satz 2 nochmals klarstellt - alle deutschen Notare zuständig. Diese Zuständigkeitsvorschrift ist zur Sicherstellung einer dauerhaften Funktionsfähigkeit des Systems der vorsorgenden Rechtspflege unabdingbar. Denn nach § 4 BNotO werden so viele Notare bestellt, wie es den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht; dabei ist insbesondere auch das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen zu berücksichtigen. Die in diesem Bedürfnisgrundsatz verankerte gesetzgeberische Wertung, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Leistungen sicherzustellen, ist nur dann gewährleistet, wenn auch im Rahmen einer Fernbeurkundung, die technischfaktisch nicht mehr an ein spezielles Ortskriterium gebunden ist, gewisse örtliche Beschränkungen bestehen. Nur dies verhindert eine allzu starke Konzentration von Fernbeurkundungen bei einzelnen Notaren, welche unweigerlich zu einer Verzerrung der flächendeckenden Zuweisung von Notarstellen führte. Die im Entwurf herangezogenen unterschiedlichen Anknüpfungspunkte ermöglichen auf der anderen Seite eine hinreichende Flexibilität und schränken das Recht auf freie Notarwahl nicht über Gebühr ein. Eine darin ggf. zu erblickende Einschränkung der notariellen Berufsfreiheit ist schließlich bereits durch das in § 4 BNotO niedergelegte Bedürfnisprinzip und die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt. Bei § 10b BNotO-E handelt es sich um eine berufsrechtliche Norm, so dass Verstöße keinen Einfluss auf die rechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts haben, sondern disziplinarisch zu ahnden sind. Folglich trifft die Registergerichte keine zusätzliche Prüfpflicht.

Satz 3 verweist auf § 10a Abs. 2 HS 2 BNotO, so dass ein Tätigwerden des Notars bei besonderen berechtigten Interessen der Rechtsuchenden auch hinsichtlich Gesellschaften mit Sitz oder Gesellschaftern mit Wohnsitz außerhalb des Amtsbereichs zulässig ist. Durch den Verweis auf § 10a Abs. 3 BNotO hat der Notar die Aufsichtsbehörde oder nach deren Bestimmung die Notarkammer, der er angehört, unverzüglich und unter Angabe der Gründe über die zuständigkeitsabweichende Tätigkeit zu informieren.

Zu Nummer 3:

Die neu einzufügende Nr. 10 erweitert den Aufgabenbereich der Bundesnotarkammer um die Pflicht, ein Videokommunikationssystem für die Online-Verfahren nach §§ 35a und 40a BeurkG zu betreiben.

Zu Nummer 4:

§ 78p BNotO-E konkretisiert § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 BNotO-E.

Absatz 1 legt im Zusammenspiel mit § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 BNotO-E der Bundesnotarkammer die Pflicht auf, ein Videokommunikationssystem zu schaffen und zu betreiben, das den Notaren die Durchführung von Online-Verfahren nach §§ 35a und 40a BeurkG-E ermöglicht. Durch den Verweis auf §§ 35a und 40a BeurkG-E ist klargestellt, dass das System sämtliche dort genannten Anforderungen erfüllen, also insbesondere die Identifizierung per eID und Lichtbildabgleich sowie die Anbringung einer (Fern-)Signatur an das zu beurkundende Dokument beherrschen muss. Es ist sachgerecht, Aufbau und Betrieb der Bundesnotarkammer zu überantworten. Die Bundesnotarkammer ist als unter der Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz stehende Körperschaft des öffentlichen Rechts besonders geeignet, Sicherheit, Manipulationsresistenz und Zuverlässigkeit des geplanten Videokommunikationssystems zu gewährleisten. Angesichts der Komplexität von Softwarelösungen ist es in einem derart sicherheitsrelevanten Bereich wie der Online-Gründung nicht gangbar, die Organisation des elektronischen Fernbeurkundungssystems einem privaten Dritten zu überlassen, der nur einer eingeschränkten Überprüfung zugänglich ist. Die Gründung von GmbHs muss als staatliche Kernfunktion in den Händen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bleiben. Die Bundesnotarkammer bietet sich hierfür auch deshalb an, weil sie - etwa im Rahmen des Zentralen Vorsorge- und Testamentsregisters oder über ihre Softwarelösungen im Zusammenhang mit dem elektronischen Handelsregisterverkehr - bereits einschlägige Expertise bei der Entwicklung und dem Unterhalt notarnaher Softwarelösungen vorweisen kann. Weiter hat der Gesetzgeber der Bundesnotarkammer bereits in der Vergangenheit ausschließliche Kompetenzen im Bereich von EDV-Lösungen zuerkannt, so etwa in §§ 78a ff. BNotO, jüngst auch beim elektronischen Urkundenarchiv gem. § 78h BNotO.

Absätze 2 bis 4 regeln die Finanzierung des Videokommunikationssystems. Der mit erheblichem finanziellen Aufwand verbundene Aufbau und Betrieb eines sicheren Videokommunikationssystems soll durch Gebühren finanziert werden. Die Gebühren können für die den Notaren angebotenen Leistungen der Bundesnotarkammer erhoben werden, im Einzelnen für den Betrieb des Videokommunikationssystems im Allgemeinen und für die technische Abwicklung der Fernkommunikation zwischen Notaren und Beteiligten in Verfahren nach § 35a und § 40a des Beurkundungsgesetzes nebst technischer Durchführung des elektronischen Identitätsnachweises und Erzeugung und Anbringung einer qualifizierten elektronischen Fernsignatur im Speziellen. Die Gebühren sind von den Notaren zu tragen. Da die Notare nach § 35a Abs. 1 und § 40a Abs. 2 BeurkG-E zwingend das von der Bundesnotarkammer vorgehaltene System nutzen müssen, scheidet ein privatrechtliches Vergütungssystem aus. Durch Absatz 3 ist klargestellt, dass die Gebühren für das Videokommunikationssystem nur kostendeckend sein dürfen. Eine Gewinnerzielung durch die Bundesnotarkammer ist unzulässig. Die Gebühren werden von der Bundesnotarkammer durch Satzung festgelegt, die der Genehmigung durch das BMJV bedarf. Die Gestaltung der Gebührensatzung ist im Detail nicht weiter geregelt, so dass die Festlegung der Gebührenarten (Festgebühren, Zeitgebühren, Rahmengebühren) im Ermessen des Satzungsgebers steht.

Absatz 5 verlagert die technischen Einzelheiten des Online-Beurkundungsverfahrens in eine Rechtsverordnung. Wegen der Nähe zum Beurkundungsverfahren ist die Zustimmung des Bundesrats vorzusehen. Zur Gewährleistung der IT-Sicherheit ist Benehmen mit dem BSI herzustellen. In der Rechtsverordnung sind zwingend die unter

Nr. 1 bis 3 aufgezählten Aspekte zu regeln, darunter fallen auch die Sicherheitsstandards der Kommunikation sowie die technische Ausgestaltung der Signaturerstellung.

Zu Artikel 5 (Änderung des PAuswG)

Durch die Änderungen in § 17 PAuswG wird der Notar befähigt, im Zuge des eID-Verfahrens auch das biometrische Lichtbild aus dem Chip des Personalausweises aus der Ferne auszulesen, um den von § 35a und § 40a BeurkG-E geforderten Abgleich des im Wege der audiovisuellen Fernkommunikation übermittelten Erscheinungsbildes der Beteiligten mit dem jeweiligen im Rahmen des elektronischen Identitätsnachweises übermittelten Lichtbild vornehmen zu können.

Zu Artikel 6 (Änderung des AufenthG)

Die Änderung im AufenthG gibt dem Notar die für den Personalausweis eingeräumten Rechte auch für den elektronischen Aufenthaltstitel.

Zu Artikel 7 (Änderung des eID-Karte-Gesetzes)

§ 4 Abs. 4 Nr. 10 ergänzt die Liste der auf den Chip der eID-Karte aufzunehmenden Daten um ein Lichtbild des Inhabers. Es gleicht die eID-Karte insoweit an den Personalausweis und den elektronischen Aufenthaltstitel an. Das Lichtbild kann durch den Verweis in § 12 Abs. 3 S. 2 auf § 17 S. 5 n.F. PAuswG in notariellen Online-Verfahren durch den Notar ausgelesen werden.

§ 12 Abs. 3 S. 2 wird um den Verweis auf § 17 S. 5 n.F. PAuswG ergänzt, um sämtliche Möglichkeiten der Datenübermittlung abzubilden und gibt dem Notar die für den Personalausweis eingeräumten Rechte zur Fernauslese.

Zu Artikel 8 (Änderung des GNotKG)

Zu Nummer 1:

Die Regelung des § 13 S. 2 GNotKG - Absehen von der Einzahlung eines Vorschusses - wird auch auf Registerverfahren ausgedehnt, denen eine Beurkundung bzw. Beglaubigung im Wege der Fernkommunikation zugrunde liegt. Diese Privilegierung erscheint angesichts des etwa in Erwägungsgrund 16 der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Beschleunigungsgrundsatzes angezeigt.

Zu Nummer 2:

Nummer 32016 des Kostenverzeichnisses führt einen neuen Auslagentatbestand ein, der die dem Notar nach § 78p BNotO-E für die Nutzung des Videokommunikationssystems auferlegten Gebühren, soweit sie dem Einzelfall oder dem einzelnen Verfahren zugeordnet werden können, umfasst.

Zu Artikel 9 (Inkrafttreten)

Das Gesetz tritt unter Beachtung der Umsetzungsfrist in Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie am 1. August 2021 in Kraft und belässt damit allen Beteiligten eine angemessene Vorlaufzeit, um sich auf ihre entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen technisch, organisatorisch und personell einzustellen.