Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 12. August 2005
Der Bundeskanzler An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schröder

Entwurf eines Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Änderung der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837), wird wie folgt geändert:

Artikel 3 Änderung des Einkommensteuergesetzes

Nach § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, 2003 I S. 179), das zuletzt durch Artikel ... des Gesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird folgender Satz eingefügt:

Artikel 4 Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag

Das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7692-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 5 Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch

Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845), das zuletzt durch .... geändert worden ist, wird folgender Satz eingefügt:

Artikel 6 Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Pfändungsschutz der Altersvorsorge

Nach geltender Rechtslage sind Vermögenswerte, die der Sicherung der Altersvorsorge dienen, sowohl in der Einzelzwangsvollstreckung als auch in der Insolvenz des Schuldners häufig dem Gläubigerzugriff ausgesetzt. Damit kann sich für Selbständige das Problem stellen, am Ende ihrer Verdienstfähigkeit auf von der Allgemeinheit über Steuern finanzierte Transferleistungen angewiesen zu sein, auch wenn sie für ihr Alter vorgesorgt hatten. Bei Selbständigen ist das Altersvorsorgevermögen zwangsläufig dem Gläubigerzugriff in der Einzel- oder Gesamtvollstreckung ausgesetzt, weil diese Personengruppe regelmäßig auf pfändbare Finanzprodukte zurückgreift. Ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren, möglichst vielen Vermögenswerten, die dem Aufbau einer Altersvorsorge dienen, einen Pfändungsschutz zu gewähren, verfolgen die Regelungen dieses Gesetzentwurfs zum Pfändungsschutz für Altersrenten den Zweck, in einem ersten Schritt insbesondere die am weitesten verbreiteten Formen der Alterssicherung Selbständiger, die Lebensversicherung und die private Rentenversicherung, gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abzusichern, ohne dabei die Zugriffsrechte der Gläubiger über das erforderliche Maß hinaus zu beschneiden.

1. Ziel der Erweiterung des Pfändungsschutzes auf Altersrenten

Der Schutz des Vorsorgevermögens von Personen, die am Ende ihrer Verdienstfähigkeit keine oder keine ausreichenden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, ist insbesondere bei Selbständigen erforderlich und insofern auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Zweck des Pfändungsschutzes von Alters- oder Berufsunfähigkeitsrenten ist der Erhalt existenzsichernder Einkünfte, da der Schuldner seinen Lebensunterhalt in aller Regel aus solchen Einkünften zu bestreiten hat. Ein an Artikel 1 Absatz 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG) ausgerichtetes Vollstreckungsrecht gebietet es, dem Schuldner zumindest so viel zu belassen, wie er zur Absicherung seines Existenzminimums benötigt. Dem Einzelnen soll eine selbstverantwortete Gestaltung seiner Lebensverhältnisse ermöglicht werden. Dies würde jedoch vereitelt, wenn er durch eine extensive Anwendung der Vollstreckungsgewalt von öffentlicher Fürsorge abhängig würde. Durch einen wirksamen Pfändungsschutz wird der Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit infolge Zwangsvollstreckung verhindert und dadurch der Staat dauerhaft von Sozialleistungen entlastet.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit Empfängern öffentlichrechtlicher Rentenleistungen, deren Renten wie Arbeitseinkommen dem Pfändungszugriff der Gläubiger entzogen sind, empfiehlt sich eine Erweiterung des Pfändungsschutzes auf Altersrenten aus Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen. Der zum Zeitpunkt der Schaffung von Pfändungsschutzvorschriften genannte Grund für eine ungleiche Behandlung von Arbeitnehmern und Selbständigen, dass dem Selbständigen aufgrund seiner gehobenen sozialen Stellung eine höhere Verantwortlichkeit und Mündigkeit zukomme und er deshalb nicht in gleicher Weise schutzbedürftig sei wie die Angehörigen der sozialen Unterschichten, besitzt heute keine Überzeugungskraft mehr.

Die Einführung eines Pfändungsschutzes soll darüber hinaus einen Anreiz für eine private Altersvorsorge schaffen, da diese nicht nur für die Alterssicherung von Selbständigen von existenzieller Bedeutung ist, sondern als "dritte Säule" der Altersvorsorge für Bezieher von gesetzlichen Renten zukünftig immer wichtiger wird. Auch in einer Zeit, in der vermehrt Menschen aus einer abhängigen Beschäftigung in die berufliche Selbtständigkeit wechseln, kann ein Pfändungsschutz für Altersvorsorgevermögen bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründungen schaffen und die Kultur der Selbtständigkeit fördern.

2. Grundkonzeption des Pfändungsschutzes

Um die Ziele des Pfändungsschutzes für Altersrenten zu erreichen, muss dieser so ausgestaltet sein, dass dem Versicherungsnehmer im Versorgungsfall aus dem im Rahmen seiner Lebensversicherung oder privaten Rentenversicherung angesparten Kapital in etwa die gleiche Rente zufließt wie einem Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies setzt einen zweifachen Pfändungsschutz voraus. Zum einen sind die nach Eintritt des Versicherungsfalles von dem Versicherungsgeber zu zahlenden Renten in gleicher Weise zu schützen wie Renten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung. Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden (§ 54 Abs. 4 SGB I). Renten, die auf Grund von Verträgen gewährt werden, die der Altersvorsorge dienen, sollen daher künftig ebenfalls nur wie Arbeitseinkommen der Zwangsvollstreckung unterliegen.

Der Versicherungsnehmer muss, um eine Rente zu erhalten, anders als im Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung das Vorsorgekapital ansparen, aus dem die Rentenleistungen zur Verfügung gestellt werden. Da ein Gläubiger nicht nur die im Versicherungsfall fälligen Renten, sondern vor dem Eintritt des Versicherungsfalles das Recht auf Rückvergütung des Vorsorgekapitals zusammen mit dem Recht auf Kündigung des Versicherungsvertrages pfänden kann, muss auch dieses Kündigungsrecht in dem Umfang unpfändbar sein, in dem eine Pfändung im Versicherungsfalle die Zahlung der unpfändbaren Rente vereiteln würde. Um überhaupt in den Genuss von Rentenzahlungen zu kommen, ist daher das angesparte Vorsorgevermögen auch zu schützen.

Bei der Ausgestaltung des Schutzes des Vorsorgekapitals ist darauf zu achten, dass der Pfändungsschutz nicht dazu genutzt werden kann, diese Vermögenswerte missbräuchlich dem Gläubigerzugriff zu entziehen. Somit ist sicherzustellen, dass der Versicherungsnehmer das Vorsorgekapital nicht zu einem anderen Zweck als dem der Altersvorsorge nutzt. Ferner darf im berechtigten Interesse der Gläubiger das Vorsorgekapital nur in einer Höhe vor dem Gläubigerzugriff geschützt werden, die notwendig ist, um dem Versicherungsnehmer den für die Existenzsicherung im Alter notwendigen Bedarf zu garantieren. Die Regelungen müssen überdies praktikabel sein.

Um Missbrauch zu verhindern, muss der Pfändungsschutz auf solches Vorsorgekapital beschränkt werden, das von dem Berechtigten unwiderruflich seiner Altersvorsorge gewidmet ist. Insbesondere Kapitallebensversicherungen dienen nicht nur der Altersvorsorge, sondern allgemein dem Zweck der Vermögensbildung und stellen bei Kreditgeschäften ein wichtiges Sicherungsmittel dar. Wegen ihrer freien Verfügbarkeit können diese Versicherungen allerdings keinen Pfändungsschutz genießen. Weiter muss für das vor dem Gläubigerzugriff geschützte Vorsorgevermögen die Vorsorgefunktion unveränderlich feststehen. Diese Endgültigkeit der Vorsorgefunktion braucht aber erst zum Zeitpunkt der Pfändung zu bestehen. Daher ist dem Schuldner das Recht einzuräumen, von dem Versicherungsgeber jederzeit eine Umwandlung seiner Versicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung verlangen zu können.

Das Vorsorgekapital kann dann nicht missbräuchlich anderen Zwecken zugeführt werden, wenn gewährleistet ist, dass die Leistungen aus dem angesparten Kapital erst mit dem Eintritt des Rentenfalls, also nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei Eintritt der Berufsunfähigkeit, und ausschließlich als lebenslange Rente erbracht werden. Zwar gibt es zur Zeit keine Versicherungsprodukte, die die Zahlung einer lebenslangen Rente bei Eintritt der Berufsunfähigkeit vorsehen. Gleichwohl ist es das Ziel des Gesetzes, den Pfändungsschutz für Altersvorsorgevermögen nicht auf bestimmte, bestehende Versicherungsprodukte zu beschränken, sondern ihn für neue Formen der Altersvorsorge offen zu halten. Der Pfändungsschutz des § 850b Nr. 1 ZPO wird von dieser Regelung nicht berührt. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer unwiderruflich darauf zu verzichten, über seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, z.B. durch Abtretung oder Kündigung, zu verfügen. Es darf kein Kapitalwahlrecht, außer für den Todesfall, vereinbart sein. Die Bestimmung eines Dritten als Berechtigten muss ausgeschlossen sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Vorsorgefunktion des angesparten Vorsorgevermögens endgültig und die Beschränkung des Gläubigerzugriffs gerechtfertigt.

Im Hinblick auf die Zielsetzung des Pfändungsschutzes muss dieser auf den für die Existenzsicherung im Alter notwendigen Bedarf begrenzt sein. Unpfändbar kann daher nur das Vorsorgekapital sein, das notwendig ist, um im Versicherungsfall eine zur Existenzsicherung erforderliche Rente zu erlangen, d.h. eine Rente in Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenze. Ein darüber hinaus schießender Betrag kann von den Gläubigern abgeschöpft werden. Das Vorsorge- oder Deckungskapital kann von den Versicherungsunternehmen ohne großen Aufwand ermittelt werden. In welcher Höhe das Deckungskapital unpfändbar ist, lässt sich versicherungsmathematisch ermitteln. Hierbei sind die im Zeitpunkt der Pfändung maßgebenden Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, da die Festlegung von fiktiven Pfändungsgrenzen mit zu großen Unwägbarkeiten verbunden sind.

Grundsätzlich kann in den Pfändungsschutz keine Hinterbliebenenversorgung einbezogen werden, da dies eine weitere Beschränkung des Haftungszugriffs von Gläubigern wäre, der sich in Einzelfällen nicht rechtfertigen ließe. Der unterhaltsberechtigte Hinterbliebene kann diese Lücke durch eine eigene private Altersvorsorge ausgleichen.

Praktikabel ist nur eine Regelung, die es den Beteiligten, Schuldnern, Drittschuldnern und Gläubigern ermöglicht, einfach festzustellen, in welcher Höhe das Vorsorgevermögen geschützt ist. Da der Wert des unpfändbaren Vorsorgekapitals, das notwendig ist, um im Versicherungsfall eine zur Existenzsicherung erforderliche Rente zu erlangen, von veränderlichen Faktoren beeinflusst wird, z.B. der Kapitalmarktsituation, des Sterblichkeitsrisikos, der Höhe der Pfändungsfreigrenzen, ist es gerechtfertigt, das geschützte Vorsorgevermögen zu pauschalieren. Es handelt sich um Annäherungswerte, zu deren Ermittlung auf die entsprechenden Rückkaufswerte abgestellt wurde, wobei eine Kapitalverzinsung von 2,75 % zugrundegelegt wurde. Diese pauschalierten Werte bedürfen entsprechend der Regelung zu den Pfändungsfreigrenzen regelmäßig einer Anpassung durch den Gesetzgeber.

II. Anpassung der Insolvenzanfechtung

Eines der zentralen Anliegen der Bundesregierung auf sozial- und wirtschaftspolitischem Gebiet ist es, die langfristige finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten. Nur wenn es gelingt, die Finanzierung von Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeitsförderung auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen, kann das Vertrauen der Bevölkerung in den Sozialstaat auch in Zukunft bewahrt werden. Eine solche Akzeptanz ist eine wesentliche Vorbedingung für den sozialen Frieden und damit für stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Diesem wirtschafts- und sozialpolitisch notwendigen Bestreben läuft es zuwider, wenn den Sozialkassen jährlich mehrere 100 Mio. Euro an Beitragsaufkommen im Wege der Insolvenzanfechtung durch Insolvenzverwalter entzogen werden und dies, wie die Praxis zeigt, mit zunehmender Tendenz.

Insbesondere mit Blick auf die Sozialversicherungsträger ist es deshalb gerechtfertigt, das Anfechtungsrecht einzuschränken. Sie müssen jeden Schuldner akzeptieren, der Arbeitgeber sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter ist. Eine Auswahl nach der Bonität oder etwa nach langjährigen Geschäftsbeziehungen ist für sie gesetzlich ausgeschlossen. Die Beitragsforderung der Sozialversicherungsträger entsteht nach § 22 Abs. 1 SGB IV unabhängig von jeder tatsächlichen Lohn- und Gehaltszahlung fortlaufend mit der Beschäftigung von pflichtversicherten Arbeitnehmern gegen Arbeitsentgelt. Sie haben keine Möglichkeit, das Sozialversicherungsverhältnis zu beenden, da dieses kraft Gesetzes entsteht und nur unter den gesetzlich fixierten Voraussetzungen beendet wird. Die Forderungen der Sozialversicherung fallen regelmäßig (monatlich) an, ohne dass der Träger eine Möglichkeit hätte, bei nicht voller Befriedigung das Verhältnis zu lösen. Schuldner und Gläubiger sind damit ohne Rücksicht auf die finanzielle Situation des Schuldners und damit auf die Höhe der Rückstände bis zur Entlassung aller Beschäftigten untrennbar verbunden.

Selbst wenn die Sozialversicherungsträger keine Beiträge haben vereinnahmen können, bleiben sie gleichwohl gegenüber den Arbeitnehmern zur Leistung verpflichtet. Die Leistungspflicht beginnt, ehe überhaupt ein Beitrag gezahlt worden ist, da es keine Wartezeit wie in der Privatversicherung gibt. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass die Einzugsstellen eine Haftung für verspätet oder nicht geltend gemachte Forderungen (vgl. § 28r Abs. 1 SGB IV) gegen den Arbeitgeber trifft, da sie Kraft gesetzlichen Auftrags die Beitragsforderungen auch für die gesetzliche Rentenversicherung, die Pflegeversicherung und die Bundesagentur für Arbeit geltend machen müssen. Diese Ausführungen belegen, dass die Sozialversicherungsträger ein nachhaltiges Interesse daran haben, dass über zahlungsunfähige Arbeitgeber zügig ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Denn nur über die Verfahrenseröffnung können sie verhindern, dass weitere Forderungen, bei denen in der Regel keine Hoffnung auf Erfüllung besteht, und damit einhergehende Leistungspflichten entstehen. Kommen die Einzugsstellen dem nach und stellen im eigenen Interesse rechtzeitig einen Insolvenzantrag, wird auch die Gefahr einer Insolvenzanfechtung ihnen gegenüber reduziert.

Eine Regelung für die Sozialversicherungsträger und auch den Fiskus, die diese nahezu vollständig von einer Insolvenzanfechtung freistellen würde, hätte indessen einen erheblichen Eingriff in eine wesentliche Errungenschaft der Insolvenzrechtsreform, den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, zur Folge. Der Gesetzentwurf sieht deshalb allgemeine Regelungen vor, die allen Insolvenzgläubigern zugute kommen. Durch aufeinander abgestimmte Änderungen der Insolvenzordnung wird ein vorsichtiges Zurückschneiden des Anfechtungsrechts angestrebt, wie es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seinen Niederschlag gefunden hat. Eine solche behutsame Anpassung des Anfechtungsrechts erscheint im Zusammenwirken mit den im Einkommensteuerrecht und Sozialgesetzbuch vorgesehenen Ergänzungen ausreichend, zumal sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein gewisser Wandel abzeichnet. So hat das Gericht mit Urteil vom 10.02.2005 (IX ZR 211/02) entschieden, dass Zwangsvollstreckungshandlungen eines Gläubigers ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

Eine Befristung der in dem Entwurf vorgeschlagenen Gesetze scheidet aus, weil die Regelungen als Dauerregelungen angelegt sind, bis der Gesetzgeber eine Änderung für angezeigt hält.

Der Entwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Grundsätzlich sind Frauen und Männer von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weise betroffen.

III. Auswirkung des Gesetzentwurfs auf die Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Haushalte, Kosten für die Wirtschaftsunternehmen und Auswirkungen auf die Preise

Zusätzliche Belastungen für die öffentlichen Haushalte sind von dem Gesetzentwurf nicht zu erwarten. Zwar kann es durch die Regelungen, die den Pfändungsschutz auf Ansprüche aus Altersrentenverträgen erweitern, zu gewissen Vollstreckungsausfällen der öffentlichen Hand kommen, dies wird jedoch durch eine dauerhafte und deutliche, wenn auch rechnerisch nicht bezifferbare Entlastung der Sozialhilfeträger kompensiert. Durch Maßnahmen der Insolvenzanfechtung werden den Trägern der Sozialversicherung jährlich im dreistelligen Millionenbereich Beiträge entzogen. Durch die Einschränkung des Anfechtungsrechts ist insofern mit einer Entlastung zu rechnen, die zu einer Konsolidierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen wird.

Kosten für die Wirtschaftsunternehmen werden durch den Entwurf nicht verursacht. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, dass die beabsichtigte Entlastung der Sozialversicherungsträger zu einer weiteren Beitragsstabilität führen wird. Geringfügige, kostenreduzierte Einzelpreisänderungen lassen sich nicht ausschließen. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere Verbraucherpreisniveau, sind jedoch nicht zu erwarten. Die Maßnahme entfaltet be- und entlastende Wirkungen für die öffentlichen Haushalte, die aber per Saldo zu gering ausfallen, um mittelbare Preiswirkungen zu indizieren.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes (das bürgerliche Recht, das gerichtliche Verfahren, die Rechtsanwaltschaft) sowie Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft) und Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 des Grundgesetzes (Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung). Der Bund kann diese Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes in Anspruch nehmen, da für das Insolvenzverfahren bundeseinheitliche Regelungen bestehen müssen. Nur durch ein einheitliches Verfahrensrecht kann gewährleistet werden, dass das Vermögen des Schuldners im Interesse der Insolvenzgläubiger möglichst optimal verwertet oder Sanierungschancen für das schuldnerische Unternehmen genutzt werden können. Die Einheitlichkeit des Versicherungsvertragsrechts, das Teil des Schuldrechts ist, ist die Grundlage der rechtlichen Gestaltung des Wirtschaftslebens im Bereich des Versicherungswesens und daher für den Wirtschaftsstandort Deutschland unverzichtbar. Eine einheitliche Regelung dieser Rechtsmaterie durch den Bund ist deshalb zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse zwingend erforderlich (Artikel 72 Abs. 2 GG).

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 2

Zu § 851c

Absatz 1 regelt die Voraussetzungen, die ein Vertrag, der der finanziellen Absicherung des Schuldners im Alter dienen soll, erfüllen muss, damit die Leistungen aus diesem Vertrag vor einem unbeschränkten Gläubigerzugriff geschützt sind. Damit die Renten nur wie Arbeitseinkommen gemäß den §§ 850 - 850g ZPO gepfändet werden können, muss das Vertragsverhältnis so ausgestaltet sein, dass die Leistung aus dem angesammelten Deckungskapital erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles erfolgt. Falls eine Berufsunfähigkeit nicht vorliegt, darf die Rente nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt werden. Die Altersvorsorgefunktion ist weiterhin nur gewahrt, wenn über Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden kann, die Bestimmung eines Dritten ausgeschlossen ist und außer für den Todesfall kein Kapitalwahlrecht vereinbart wurde. Diese Kriterien für die Zweckbindung des Vertrages an eine Altersvorsorge sind notwendig aber auch ausreichend, um einen Missbrauch des Pfändungsschutzes zu Lasten von Gläubigern zu verhindern. Eine Einschränkung der Gläubigerrechte, wie sie § 851c ZPO-E vorsieht, lässt sich nur mit der Altersvorsorgefunktion für den Schuldner legitimieren. Kann dieser Zweck etwa durch den vorzeitigen Tod des Schuldners nicht mehr erreicht werden, so ist es geboten, den Gläubigern den Zugriff auf das ursprünglich der Altersicherung dienende Kapital wieder zu ermöglichen. Da kein Bezugsberechtigter bestimmt werden darf, fällt die Kapitalleistung, soweit die Vererblichkeit nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, in den Nachlass und damit den Erben zu, die auch für die Schulden des Erblassers einzustehen haben.

Der Pfändungsschutz des Vorsorgevermögens wird in Absatz 2 geregelt. Diese Regelung will das angesammelte Deckungskapital schützen, das erforderlich ist, um im Versicherungsfall eine in Höhe der Pfändungsfreigrenzen unpfändbare Rente zu erhalten. Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist progressiv ausgestaltet. Mit zunehmendem Alter erhöhen sich nicht nur der absolute Betrag, der unpfändbar ist, sondern auch die Annuitäten, die pfändungssicher akkumuliert werden können. Der Deckungsstock wird so abgesichert, dass im Falle einer regelmäßigen Beitragszahlung mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente erwirtschaftet werden kann, deren Höhe in etwa der Pfändungsfreigrenze entspricht. Die progressive Ausgestaltung des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals verhindert, dass z.B. bereits ein 20-jähriger durch eine hohe Einmalzahlung Vermögen vollständig dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht. Ausschlaggebend ist dabei der Gedanke, dass bei einem wirtschaftlichen Scheitern in jungen Jahren der Schuldner noch ausreichend Zeit hat, eine ergänzende Altersvorsorge aufzubauen. Andererseits kann ein älterer Versicherungsnehmer, der einen Versicherungsvertrag später geschlossen hat, oder der die zur Abdeckung der Altersvorsorge notwendigen Prämien nicht geleistet hat oder leisten konnte, durch Einmalzahlungen das fehlende Deckungskapital ausgleichen.

Da eine langfristige Prognose über die Entwicklung von Kapitalmarktzinsen, Sterblichkeitsrisiko und Pfändungsfreigrenzen nicht möglich ist, sind der Berechnung des Deckungskapitals von 194.000 Euro, das zur Absicherung einer dem unpfändbaren Einkommen entsprechenden Altersrente erforderlich ist, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes maßgeblichen Berechnungswerte (Garantiezins in Höhe von 2,75 %, die aktuelle Sterbetafel (DAV 94 R), die aktuelle Pfändungstabelle, die üblichen Abschluss-, Inkasso- und Verwaltungskosten) zugrundegelegt worden.

Das in Absatz 2 aufgeführte pfändungsfreie Deckungskapital ist, da die Berechnungswerte einer ständigen Veränderung unterliegen, regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.

Entsprechend § 850c Abs. 2 Satz 1 ZPO wird auch ein über den Grundfreibetrag hinausgehender Anteil des Vorsorgekapitals vor einer Pfändung geschützt, um dem Versicherten einen Anreiz zu geben, für eine finanzielle Absicherung im Alter zu sorgen.

Zu § 851d

Renten aus steuerlich gefördertem Altersvorsorgevermögen unterfallen in der Regel nicht dem Pfändungsschutz aus § 851c, da die steuerliche Förderung an andere Voraussetzungen anknüpft. Für den überwiegenden Teil dieser steuerlich geförderten Verträge ergibt sich ein Pfändungsschutz aus § 850 Abs. 3b. Danach können Renten, die auf Grund von Versicherungsverträgen gewährt werden, die zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind, nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Diesen Pfändungsschutz können Selbständige, Freiberufliche und Nichterwerbstätige nicht in Anspruch nehmen, da § 850 nur den abhängig Beschäftigten schützen will. § 851d will diese Lücke für freiberuflich Tätige oder überhaupt nicht berufstätige Personen schließen.

Laufende Leistungen aus steuerlich gefördertem Altersvorsorgevermögen (einschließlich eventueller Zulagen und seiner Erträge) dienen der finanziellen Absicherung des Schuldners im Alter. Dies gilt für Rentenzahlungen aus einer Basisrentenversicherung, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG erfüllt, genauso wie für Leistungen soweit sie auf einem nach § 10a EStG und Abschnitt XI EStG geförderten Altersvorsorgevermögen beruhen. In diesen Fällen dient das Vorsorgekapital der Altersversorgung. Die Verwendung des Vorsorgekapitals für eine lebenslange Altersvorsorge wird durch die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben im Einkommensteuerrecht und im Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz sichergestellt. Der Vermögensaufbau wird insoweit staatlich gefördert.

Der Pfändungsschutz von laufenden Leistungen, die auf einem nach § 10a EStG/Abschnitt XI EStG geförderten Altersvorsorgevermögen beruhen, gilt unabhängig davon, ob es sich um laufende Leistungen aus zertifizierten Rentenversicherungen, Bank- oder Fondssparplänen handelt. Entscheidend ist insoweit, dass die Leistungen auf steuerlich gefördertem Kapital beruhen.

Dem Pfändungsschutz unterliegen nur laufende Leistungen. Hierzu gehören auch monatliche Leistungen, wenn bis zwölf Monatsleistungen zu einer Auszahlung zusammengefasst werden. Nicht erfasst wird damit insbesondere eine in gewissem Umfang zu Beginn der Auszahlungsphase nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz mögliche Einmalkapitalauszahlung. Kein Pfändungsschutz besteht außerdem, wenn der Berechtigte von der steuerlich zulässigen Möglichkeit der Abfindung einer Kleinbetragsrente Gebrauch macht, da es sich insoweit nicht um laufende Leistungen handelt.

Das nach § 10a EStG/Abschnitt XI EStG geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge, die geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und der Anspruch auf die Zulage sind gemäß § 97 EStG nicht übertragbar und damit auch nicht pfändbar. Ein entsprechender Pfändungsschutz ist für das gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen (Rürup-Rente) selbst nicht vorgesehen. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wird, insbesondere unter Beachtung der steuerlichen Aspekte geprüft werden, wie ein Pfändungsschutz auch auf dieses angesparte Altersvorsorgevermögen, soweit es nicht die Voraussetzungen des § 850c Abs. 1 erfüllt, erweitert werden kann.

Zu Artikel 2 (Änderung der Insolvenzordnung)

Zu Nummer 1

Die Regelung soll die Möglichkeit schaffen, die wirtschaftliche Tätigkeit insolventer Unternehmen einzuschränken und die Zahlungsfähigkeit des Schuldners möglichst frühzeitig abzuklären. Erfüllt der Schuldner vor der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen oder mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters alle fälligen Forderungen einschließlich der Kosten und Zinsen, so ist der Gläubiger gezwungen, den Antrag zurückzunehmen oder für erledigt zu erklären. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger zuverlässige Kenntnis über das Vorliegen eines Insolvenzgrundes besitzt. Wird die Zahlung angenommen, wozu etwa die Sozialversicherungsträger verpflichtet sind, so ist einerseits der Insolvenzantrag unzulässig, andererseits besteht die Gefahr der Insolvenzanfechtung seitens des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Zwar wird eine Auswechslung der dem Antrag zugrunde liegenden Forderung für zulässig gehalten, wenn durch den Schuldner nicht alle Forderungen gegenüber dem Gläubiger beglichen wurden. Dies kommt insbesondere bei Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis in Frage. Ein solches Vorgehen hilft jedoch dann nicht weiter, wenn der Schuldner gegenüber dem Sozialversicherungsträger alle fälligen Verbindlichkeiten bezahlt, gleichwohl aber absehbar ist, dass künftige Beiträge nicht entrichtet werden. Um in diesem Fall den Sozialversicherungsträgern eine Möglichkeit zu eröffnen, das Entstehen neuer Verbindlichkeiten zu verhindern, soll ein Insolvenzantrag nach dem neuen § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO-E nicht allein dadurch unzulässig werden, dass der Schuldner die dem Antrag zugrunde liegende Forderung begleicht. Diese Forderung, die vom Gläubiger glaubhaft zu machen ist, bildet zwar die wesentliche Grundlage seiner Antragsbefugnis. Das Initiativrecht wird dem Gläubiger jedoch nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Gesamtgläubigerschaft zugebilligt. Wird die Forderung des antragstellenden Gläubigers erfüllt, so bleibt immer noch sein Initiativrecht im Interesse der Gläubigergesamtheit. Allerdings sind in diesem Fall besonders strenge Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse und die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes zu stellen. Zahlt ein Schuldner die dem Antrag zugrunde liegende Forderung einschließlich der Zinsen und der Kosten, um die Eröffnung des Verfahrens abzuwenden, so entfällt grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers. Da damit eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Verfahrenseröffnung nicht mehr gegeben ist, müsste an sich der Eröffnungsantrag vom Insolvenzgericht als unzulässig zurückgewiesen werden. Eine andere Wertung kann jedoch insbesondere bei Sozialversicherungsträgern gerechtfertigt sein. Bei ihnen besteht aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Dauerschuldverhältnis in der Sozialversicherung nicht die Möglichkeit, die Verbindung zum Schuldner einseitig zu beenden. Sie haben deshalb ein gravierendes Interesse daran, einen insolventen Arbeitgeber an einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit zu hindern und Klarheit über seine Zahlungsfähigkeit zu erlangen. Nur so können sie erreichen, dass sie nicht Leistungen zugunsten der versicherten Arbeitnehmer des Schuldners erbringen müssen, ohne die geschuldeten Beiträge zu erhalten. Nur durch das Aufrechterhalten des Insolvenzantrags können sie verhindern, dass weitere Beitragsforderungen aufgrund des fortdauernden Schuldverhältnisses entstehen.

In einem solchen Fall wird das Insolvenzgericht besonders sorgfältig zu prüfen haben, ob trotz Erfüllung der Forderung der Insolvenzgrund noch glaubhaft gemacht ist. Dies hat auch dann zu gelten, wenn der Schuldner erst nach Zulassung des Insolvenzantrags zahlt. Zwar greift nach allgemeiner Auffassung nach diesem Zeitpunkt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts nach § 5 Abs. 1 InsO ein, doch besteht in diesem Fall die Pflicht des Gläubigers zur Glaubhaftmachung neben der Amtsermittlungspflicht fort. Wird die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit etwa im Wesentlichen auf die bereits erfüllte Forderung gestützt, so ist der antragstellende Gläubiger verpflichtet, das Vorliegen eines Insolvenzgrundes erneut glaubhaft zu machen. Angesichts dieser Schwierigkeiten dürften die Sozialversicherungsträger die einzige größere Gläubigergruppe sein, bei der trotz vollständiger Erfüllung der den Antrag stützenden Forderung ein rechtliches Interesse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegeben sein kann.

Zu Nummer 2

Durch die Erweiterung des Pfändungsschutzes auf Renten, die auf Grund von Verträgen im Sinne von § 851c Abs. 1 und § 851d ZPO gewährt werden, und die Ausdehnung des Pfändungsschutzes in § 851c Abs. 2 ZPO auf das Vorsorgevermögen war § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO entsprechend anzupassen. Damit soll klargestellt werden, dass die Vorschrift, die den Umfang der Pfändbarkeit einer Altersrente und des zur Erzielung der Altersrente angesparten Vorsorgekapitals bestimmt, im Insolvenzverfahren und in der Treuhandperiode Anwendung findet. Gleichzeitig wird damit auch klargestellt, dass für die hierfür erforderlichen Entscheidungen die Insolvenzgerichte zuständig sind.

Zu Nummer 3

In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 55 InsO (vgl. BT-Drs. 012/2443 S. 126) klingt die Erwartung an, dass Personen, die Geschäfte mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter abschließen oder ihm gegenüber ein Dauerschuldverhältnis erfüllen, das sie mit dem Schuldner vereinbart hatten, besonders geschützt sind, also ihnen regelmäßig nach Verfahrenseröffnung eine Masseverbindlichkeit zusteht. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt, da die Gerichte regelmäßig vorläufige Verwalter bestellen, auf die die Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen nicht übergegangen ist (sogenannte schwache Verwalter). Dies führt dazu, dass die im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des Verwalters begründeten Verbindlichkeiten ganz überwiegend Insolvenzforderungen darstellen, obwohl insbesondere für die Umsatzsteuerforderung in der Gesetzesbegründung die gegenteilige Erwartung geäußert wurde. Eine Ausnahme ist nach der Rechtsprechung nur für die Forderungen vorgesehen, bei denen das Gericht dem schwachen vorläufigen Verwalter erlaubt, bei bestimmten Geschäften dem Gläubiger die vollständige Befriedigung zu versprechen. Nicht geklärt ist dabei jedoch, ob diese Ermächtigung an den Verwalter mit bestimmten Verfügungsverboten gegenüber dem Schuldner gekoppelt sein muss.

Für die Gläubiger ist diese Rechtslage nur schwer zu durchschauen. Sie werden regelmäßig nur Kenntnis davon haben, dass ein Insolvenzverfahren beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde. Zumindest die Geschäftspartner des Schuldners werden diese

Kenntnis unabhängig davon haben, ob eine öffentliche Bekanntmachung nach § 23 Abs. 1 InsO erfolgt ist. Soll das schuldnerische Unternehmen fortgeführt werden, so wäre es hilfreich, wenn die Möglichkeit eröffnet würde, in diesem Verfahrensstadium Masseverbindlichkeiten zu begründen. Für die Gläubiger ist es dabei sekundär, ob ein starker Insolvenzverwalter für den Schuldner handelt oder der Schuldner mit Zustimmung eines Insolvenzverwalters. Häufig wird sich gerade in Fällen, in denen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zwingend die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen für den Schuldner geboten ist, eine Sanierung des schuldnerischen Unternehmens anbieten. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass unabhängig von jeglichen Verfügungsbeschränkungen der vorläufige Insolvenzverwalter der Begründung von Verbindlichkeiten zustimmen kann, die im eröffneten Verfahren dann zu Masseverbindlichkeiten aufgewertet werden. Hat ein Geschäftspartner insofern Zweifel, so kann er sich beim vorläufigen Verwalter rückversichern. Die Regelung über Dauerschuldverhältnisse in § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO wird entsprechend angepasst.

Zu Nummer 4

Nach einer über 120 Jahre alten ständigen Rechtsprechung soll eine in der Krise durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung inkongruent sein (vgl. RGZ 10, 33 ff.). Ob diese Auslegung tatsächlich auf die Entstehungsgeschichte der Konkursordnung gestützt werden kann, wie häufig behauptet wird, wird in jüngerer Zeit mit beachtlichen Argumenten in Zweifel gezogen. So wird etwa in den Materialien zur Konkursordnung darauf hingewiesen, dem wachsamen (also vollstreckenden) Gläubiger dürfe der Lohn für seine Sorgfalt nicht entrissen werden (Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung, 1881, S. 129). Für die Rechtslage unter der Preußischen Konkursordnung wird in diesem Zusammenhang angeführt, die Anfechtung einer Zwangsvollstreckung sei ausgeschlossen, da nicht eine Rechtshandlung des Gemeinschuldners, sondern nur eine Vollstreckungshandlung des Richters gegeben sei (Hahn a.a.O.). Insgesamt lassen sich den Materialien zur Konkursordnung gewichtige Anhaltspunkte entnehmen, dass der historische Gesetzgeber bei einer an sich kongruenten Leistung nicht danach differenzieren wollte, auf welchem Wege diese erbracht wurde, ob also der Schuldner freiwillig erfüllte oder unter dem Druck einer Zwangsvollstreckung.

Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur sieht heute demgegenüber jede Zwangsvollstreckung als inkongruent an, weil der Gläubiger seine Leistung in einer Weise erhält, die er "nicht in der Art" zu beanspruchen hat. Der Gesetzentwurf will demgegenüber eine deutlichere Trennung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung fördern. Insofern soll bei der Bewertung der Inkongruenz wieder auf die gewährte Deckung und nicht auf die Art und Weise ihre Herbeiführung abgestellt werden. Eine zwangsweise Befriedigung durch Zwangsvollstreckung oder die Leistung unter dem Druck einer drohenden Zwangsvollstreckung soll künftig nicht mehr allein wegen der Art ihrer Erlangung als inkongruente Deckung gewertet werden können. Die Zwangsvollstreckung stellt nicht lediglich ein Erfüllungssurrogat dar, sondern ist echte Erfüllung. Zudem zeigt § 141 InsO, dass eine mittels Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung nicht zwingend auf eine inkongruente Deckung reduziert werden kann. Wie soll sich etwa der Gläubiger einer titulierten Forderung verhalten, der mit ansehen muss, wie der Schuldner die Forderungen anderer Gläubiger bedient, ihn aber unberücksichtigt lässt? Ob eine Leistung kongruent oder inkongruent ist, wird sich künftig allein danach zu bestimmen haben, ob der Gläubiger das erhält, auf was er nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis einen Anspruch hat. In welcher Art die Leistungsbewirkung erreicht wird, ob durch Zwangsvollstreckung oder Drohung mit Zwangsvollstreckung oder etwa durch rüde Inkassomethoden, wird insofern irrelevant sein. Erhält der Gläubiger nur die geschuldete Leistung, so hat der Insolvenzverwalter im Rahmen einer Anfechtung die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer kongruenten Deckung nachzuweisen.

Zu Nummer 5

Ausgangspunkt der Änderung ist die rechtspolitische Überlegung, dass bei einem Anfechtungszeitraum von 10 Jahren, wie ihn § 133 InsO kennt, klar umrissene Anfechtungstatbestände gegeben sein müssen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass zahlreiche Geschäftsbeziehungen durch kaum prognostizierbare Anfechtungsrisiken belastet werden. Sowohl für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch für die Kenntnis des anderen Teils sollten eindeutig definierte Kriterien vorliegen. Von § 133 InsO werden alle Rechtshandlungen des Schuldners abgedeckt, wobei der Begriff der Rechtshandlung in dem weiten Sinn zu verstehen ist, wie ihn § 129 InsO vorgibt. Ein Teil dieser Rechtshandlungen wird dabei auch zu den kongruenten oder inkongruenten im Sinne der §§ 130, 131 InsO gehören, wobei für die Letzteren nach der Rechtsprechung des BGH im Anwendungsbereich des § 133 InsO gewisse Beweiserleichterungen gelten. Es ist deshalb ein weiteres Anliegen der vorgeschlagenen Änderungen, der weitgehenden Vermischung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung entgegenzuwirken. Während es bei einer inkongruenten Rechtshandlung durchaus gerechtfertigt ist, allein aus der Tatsache, dass der Schuldner eine Sicherung oder Befriedigung gewährt, auf die der Gläubiger keinen Anspruch hat, auf einen Benachteiligungsvorsatz zu schließen, ist bei einer kongruenten Deckung zu berücksichtigen, dass eine geschuldete Leistung erbracht und somit lediglich das vermögensrechtliche Gewollte realisiert wird. Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO soll künftig nicht mehr bei einer Rechtshandlung des Schuldners eingreifen, die zu einer kongruenten Deckung - einer Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (§ 130 Abs. 1, 1. Halbsatz) - führt. Liegt eine solche Deckung vor, so wird nach dem Gesetzentwurf die genannte Beweiserleichterung zurückgenommen, so dass dem Insolvenzverwalter insofern die volle Beweislast obliegt. Er hat künftig ohne Erleichterungen den Beweis zu erbringen, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelt und dies dem anderen Teil bekannt ist.

Grundvoraussetzung für eine vorsätzliche Benachteiligung ist zunächst, dass der Schuldner weiß oder es zumindest für möglich hält, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen. Die masseschädigende Wirkung seines Handelns muss er dabei bewusst in Kauf nehmen. Der Wille des Schuldners darf sich jedoch nicht darin erschöpfen, lediglich seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Gläubiger erfüllen zu wollen, vielmehr muss die zusätzliche, darüber hinausgehende Motivation des Schuldners erkennbar sein, seine anderen Gläubiger zu benachteiligen. Bereits unter dem geltenden Recht geht die Rechtsprechung davon aus, dass außerhalb des Zeitraums der Krise weder einer Zwangsvollstreckung noch einer Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung eine inkriminierende Bedeutung zukommt. Der Gläubiger bedient sich in beiden Fällen lediglich eines zulässigen Mittels, das ihm die Rechtsordnung gerade zur zwangsweisen Befriedigung seiner Forderung zur Verfügung stellt. Gewährt der Schuldner dem Gläubiger lediglich das, wozu er verpflichtet ist, so steht bei ihm der Wille im Vordergrund, diese Verbindlichkeit zu erfüllen. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1991 hat der Bundesgerichtshof diesen Gedanken deutlich zum Ausdruck gebracht: "Das Bewusstsein, infolge der Erfüllung dieser Verpflichtung nicht alle Gläubiger befriedigen zu können, reicht deshalb regelmäßig nicht aus, um die Annahme einer Benachteiligungsabsicht zu rechtfertigen. Dieses Merkmal erfordert ein unlauteres Handeln. Selbst der Gemeinschuldner, der die Überschuldung kennt, dem es aber mehr auf die Erfüllung seiner Vertragspflicht als die Schädigung der übrigen Gläubiger ankommt, erfüllt folglich die subjektiven Voraussetzungen der Norm ... nicht" (ZIP 1991, 807, 809). Will man unter diesen Voraussetzungen eine Rechtshandlung, die dem Gläubiger lediglich das gewährt, worauf er einen Anspruch hat, als vorsätzliche Benachteiligung werten, so muss, um dieses Unwerturteil zu rechtfertigen, ein unlauteres Verhalten des Schuldners hinzutreten. Dies gilt in besonderem Maße bei öffentlichrechtlichen Gläubigern, die lediglich ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen. Ein solches unlauteres Verhalten wird man regelmäßig nur dann annehmen können, wenn ein kollusives Zusammenwirken mit dem Schuldner feststellbar ist. Bei einer kongruenten Deckung wird ein unlauteres Verhalten etwa zu bejahen sein, wenn der spätere Gemeinschuldner bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten in einer mit Treu und Glauben nicht vereinbaren, unlauteren Weise einen Gläubiger bevorzugt (BAG NJW 1967, 2425), wenn es dem Schuldner bei der Rechtshandlung ausschließlich darauf ankommt, andere Gläubiger zu benachteiligen, wenn der Schuldner die Befriedigung eines Gläubigers mit dem Ziel behindert, anderen Gläubigern zu einem Vorsprung zu verhelfen, wenn der Schuldner wissentlich seine Vermögensunzulänglichkeit verheimlicht, um einen bereits bevorstehenden oder vermuteten Zugriff anderer Gläubiger zu erschweren oder unmöglich zu machen. Umgekehrt liegt bei einer kongruenten Deckung keine vorsätzliche Benachteiligung vor, wenn die Möglichkeit besteht, der Schuldner habe sich von einer "sei es auch noch so schwach begründeten" Sanierungserwartung leiten lassen (BGH ZIP 1984, 572, 580). Unlauter handelt auch nicht, wer sich durch Unterlassen der Zahlung dem Risiko aussetzen würde, wegen einer Straftat (z.B. § 266a StGB) verfolgt zu werden.

Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten, dass bei einer kongruenten Deckung sich der Wille des Schuldners regelmäßig darin erschöpft, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. In Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung reicht es für die Begründung eines Benachteiligungsvorsatzes nicht aus, wenn der Schuldner in dem Bewusstsein handelt, nicht alle Gläubiger befriedigen zu können. Mit dem neuen § 133 Abs. 1 Satz 3 InsO-E wird ausdrücklich klargestellt, dass bei einer kongruenten Deckung - einer Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (§ 130 Abs. 1, 1. Halbsatz) - stets ein unlauteres Handeln des Schuldners hinzukommen muss, um den Benachteiligungsvorsatz zu begründen. Beschränken sich beispielsweise der Fiskus und die Sozialkassen lediglich darauf, durch Zwangsvollstreckung oder durch Drohung mit einer Zwangsvollstreckung Steuerforderungen oder ausstehende Beiträge einzuziehen, so käme eine Insolvenzanfechtung nur dann infrage, wenn gravierende zusätzliche Umstände vorlägen, die es rechtfertigten, von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Einkommensteuergesetzes)

Schuldner der Lohnsteuer ist nach geltendem Recht der Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG). § 38 Abs.3 Satz 1 EStG regelt, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten hat. Der neue Satz 2 stellt klar, dass mit der Einbehaltung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn bereits eine Vermögensverschiebung bezüglich des Lohnsteuerbetrages aus der Vermögenssphäre des Arbeitgebers in die Vermögenssphäre des Arbeitnehmers stattfindet. Der Arbeitgeber ist anschließend verpflichtet, die einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen. Er tut dies aus dem Vermögen des Arbeitnehmers als dessen Zahlungsmittler. Insofern besteht hier eine seit Jahrzehnten gültige verwaltungseffiziente Regelung, denn es liegt nahe, die Lohnsteuer - wie auch die Sozialversicherungsbeiträge - direkt an der Quelle, also der zur Lohnzahlung verpflichteten Stelle, dem Arbeitgeber, abziehen zu lassen. Da der Arbeitnehmer der Schuldner der Lohnsteuer ist, kann dieses Verfahren aber nur bedeuten, dass die Zahlung aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erfolgt und der Arbeitgeber die Zahlung nur für den Arbeitnehmer vornimmt.

Die in § 38 Abs. 3 EStG mit dem neuen Satz 2 bezweckte Klarstellung entspricht dem für die Sozialversicherungsbeiträge neu aufgenommenen Satz 2 in § 28e Abs. 1 SGB IV. In beiden Rechtsgebieten ist die Rechtlage vergleichbar, die deshalb einheitlich geregelt werden soll.

Die Klarstellung hat gem. § 51a Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 2 SolZG auch für die Zuschlagsteuern (Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) Gültigkeit, d.h. die Abführung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Zuschlagsteuern gilt ebenfalls als aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht.

Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag)

Zu Nummer 1

§ 165 Abs. 1 VVG sieht für den Lebensversicherungsvertrag ein Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode vor. Grundsätzlich kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Versicherungsnehmers von dem Kündigungsrecht abweicht, nicht berufen (§ 178 Abs. 1 Satz 1 VVG). § 165 Abs. 3 enthält eine dieser Regelung vorgehende Sonderregelung. Der Schutz des Versicherungsnehmers vor einer Bindung an überlange Verträge kann nicht in den Fällen gelten, in denen die langfristige Bindung eine zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Vorteilen ist. Bestimmte Lebensversicherungsverträge, die der Altersvorsorge dienen, werden entweder steuerlich gefördert oder finden keine Anrechnung bei der Leistungsgewährung nach SGB II oder unterliegen einem Pfändungsschutz. Wegen der Gewährung dieser Vorteile soll der Versicherungsnehmer durch ein Verwertungs- oder Verfügungsverbot an den Vertrag gebunden werden. § 165 Abs. 3 VVG sieht daher vor, dass die Absätze 1 und 2 auf die der Altersvorsorge dienenden Versicherungsverträge keine Anwendung finden, soweit die vertraglichen Ansprüche nach § 12 Abs. 2 SGB II nicht verwertet oder nach § 851c ZPO nicht gepfändet werden dürfen. Der Wert der vom Ausschluss der Verwertbarkeit betroffenen Ansprüche ist hierbei zu beachten; maßgeblich sind dabei die Vorgaben in den genannten Regelungen.

Unberührt von diesem Ausschluss der ordentlichen Kündigung bleibt die in engen Grenzen auch für die Lebensversicherung bestehende Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung gemäß den § 313 Abs. 3, § 314 BGB oder ausnahmsweise infolge sonstiger Unzumutbarkeit. Eine Fortsetzung des Versicherungsvertrages könnte etwa für den Versicherungsnehmer unzumutbar sein, wenn eine Kündigung erforderlich ist, weil dem Versicherungsnehmer wegen der bestehenden geldwerten Ansprüche aus dem Vertrag Leistungen nach dem SGB II versagt werden.

Auch eine Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung gemäß § 174 VVG bleibt möglich, sofern die Voraussetzungen des § 174 Abs. 1 VVG gegeben sind, also insbesondere die dafür vereinbarte Mindestversicherungssumme oder Mindestrente erreicht wird. Die Möglichkeit der Umwandlung berücksichtigt, dass sich die wirtschaftliche Situation eines Versicherungsnehmers deutlich verschlechtern kann. Diese Möglichkeit muss und kann beibehalten werden; es bleibt dabei, dass eine Altersvorsorge getroffen ist; die Rentenzahlungen fallen allerdings niedriger aus. Es bleibt auch bei der Anwendbarkeit von § 174 Abs. 1 Satz 2 VVG. Diese Regelung hat den Zweck, eine kostenintensive Verwaltung geringer Beträge zu vermeiden. Dieser Gesichtspunkt hat auch vor dem Hintergrund der vorgeschlagenen Regelung zum Pfändungsschutz Geltung. Es geht regelmäßig auch nur um geringe Beträge, die nach § 174 Abs. 1 Satz 2 VVG zur Auszahlung kommen könnten; dies kann hingenommen werden. Im Regelfall wird der Versicherungsvertrag wegen Erreichens dieser Beträge bestehen bleiben.

Zu Nummer 2

Viele bestehende Lebensversicherungen sind zum Zweck einer Altersvorsorge abgeschlossen. Sie erfüllen jedoch die Kriterien nicht, die erforderlich sind, um vor einem unbeschränkten Gläubigerzugriff geschützt zu sein, weil etwa ein Kapitalwahlrecht vereinbart, ein Dritter als Bezugsberechtigter eingesetzt worden oder der Eintritt des Versicherungsfalls anders geregelt ist. In zahlreichen Fällen wurden auf diese Versicherungsverhältnisse bereits mehrere Jahrzehnte Leistungen durch den Versicherungsnehmer erbracht. Sie stellen sein wesentliches Kapital zur Absicherung seines Alters dar. Die Regelung in § 173 VVG bietet daher dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, vom Versicherer eine Umwandlung dieser Versicherung in eine Altersrentenversicherung zu verlangen. Eine solche Umgestaltung des Vertragsverhältnisses kann für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode verlangt werden, wenn Rechte Dritter nicht entgegenstehen, insbesondere wenn die Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis nicht abgetreten oder gepfändet sind. Die durch diese Umwandlung entstehenden Kosten sind vom Versicherungsnehmer zu tragen, da sie ausschließlich in seinem Interesse erfolgt.

Zu Artikel 5 (Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch)

Die gesetzliche Regelung stellt klar, dass der vom Beschäftigten zu tragende und vom Arbeitgeber einbehaltene Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag dem Vermögen des Beschäftigten zugehörig ist. Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Bruttoentgelt; der Abzug und die Abführung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen berühren nur die Frage, wie der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ( § 28e Abs. 1 SGB IV) gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt (vgl. BAG GrS 001/00 vom 7. März 2001 unter III. 1.b., 3 m.w.N.). Insoweit nimmt der Arbeitgeber eine Aufgabe der Sozialversicherungsträger (Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags) wahr. Seit Jahrzehnten ist eine verwaltungseffiziente und - ökonomische Regelung in Kraft, da es naheliegt, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag - wie auch in anderen Bereichen - direkt an der Quelle, also bei der zur Lohn- und Gehaltzahlung verpflichteten Stelle, dem Arbeitgeber, abziehen zu lassen und nicht das Bruttoentgelt auszuzahlen und dann den Beschäftigten selbst zur Beitragszahlung zu verpflichten. Auf diesem Wege ist zugleich sichergestellt, dass der Beschäftigte Teile des Entgeltes in der sozialversicherungsrechtlich vorgeschriebenen Weise verwendet (BAG GrS a.a.O. unter III.2.b.). Die Zahlungspflicht des Arbeitgebers mit entsprechenden Verrechnungsregelungen ( § 28e SGB IV) ist also aus sozialversicherungsrechtlichen und technischen Gründen zum Schutze des Versicherten statuiert und ändert nichts daran, dass der Anteil des Beschäftigten aus dessen Verdienst und damit Vermögen stammt und ihm allein zugute kommen soll (BAG GrS a.a.O. unter III.2.b., 3.a., c.).

Im Übrigen ist nach § 14 SGB IV unumstritten, dass das Arbeitsentgelt den Bruttobetrag umfasst (Ausnahme § 14 Abs. 2 SGB IV). Da der Arbeitgeber gegen den Beschäftigten einen grundsätzlich nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend zu machenden Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat (§ 28e Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 28g SGB IV), schuldet der Arbeitgeber dem Beschäftigten auch diesen (also im Bruttolohn enthaltenen) Antei1. Diese Verfahrensregelung wäre ansonsten auch nicht verständlich, da ein Abzug vom Nettoentgelt nicht sinnvollerweise gewollt sein kann. Außerdem ist nach geltendem Recht derjenige Beitragsschuldner, der die Beiträge zu tragen hat ( § 173 Satz 1 SGB VI); hier also der Beschäftigte für seinen Beitragsanteil (vgl. § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Der Arbeitgeber ist nur der technisch zur Auszahlung des gesamten Beitrags Verpflichtete. Zu tragen haben der Arbeitgeber und der Beschäftigte den Beitrag je zur Hälfte (vgl. z.B. § 168 SGB VI). Wirtschaftlich trägt der Beschäftigte seinen Anteil aus seinem Bruttoentgelt. Der einbehaltene Beitragsanteil ist demnach ein dem Beschäftigten verschaffter Vermögenswert; denn die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers umfasst die Verpflichtung zur Verschaffung des in Geld verkörperten abstrakten Vermögenswertes und durch die Beiträge erwirbt der Beschäftigte Rechte in der Sozialversicherung (BAG GrS a.a.O. unter III.1.a., d., 2.b.). Dies bestätigt die Regelung zur Beitragserstattung. Wer den Beitrag getragen und damit aus eigenem Vermögen finanziert hat, erhält den Beitrag zurück (§ 210 SGB VI), also beim Sozialversicherungsbeitrag zur Hälfte der Beschäftigte.

Aus diesen Gründen ist in der Insolvenz des Arbeitgebers der von ihm gezahlte Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach den §§ 129ff. InsO nicht anfechtbar, soweit es den Anteil des Beschäftigten betrifft. Ist ein Anfechtungsprozess noch anhängig, so ist nach allgemeinem Zivilprozessrecht für die Entscheidung die geänderte Rechtslage maßgebend.

Mit dieser Regelung wird auch das nicht widerspruchsfreie Ergebnis relativiert, dass sich einerseits ein Arbeitgeber nach § 266a StGB wegen Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung strafbar macht, andererseits nach Verfahrenseröffnung diese Beiträge aber im Wege der Insolvenzanfechtung zur Masse zurückgefordert werden und nicht der Versichertengemeinschaft zugute kommen.