Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH (MindestkapG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternative

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH (MindestkapG)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 12. August 2005
Der Bundeskanzler

An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schröder

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH(MindestkapG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel ... des Gesetzes vom ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.

Begründung

I. Allgemeiner Teil

Das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist seit 1980 keiner größeren Revision unterzogen worden. Entsprechend haben am 14. November 2002 die Justizministerinnen und Justizminister der Länder das Bundesministerium der Justiz gebeten zu prüfen, ob und inwieweit das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung reformbedürftig ist.

Aus diesem Anlass ersuchte das Bundesministerium der Justiz die Landesjustizverwaltungen, Experten aus Justiz, Wissenschaft und Praxis sowie mit der Materie vertraute Verbände, entsprechende Stellungnahmen zu erforderlichen Änderungen im GmbH-Recht vorzulegen. Diese sollten insbesondere Lösungsvorschläge zur missbräuchlichen Verwendung der GmbH in der Krise enthalten. Neben Empfehlungen zu insolvenzrechtlichen Fragen war auch die Benennung weiterer reformbedürftiger Punkte gewünscht, wobei darauf geachtet werden sollte, eine Verdrängung des Mittelstandes aus der Rechtsform der GmbH auszuschließen. Die auf den Problemkreis nachhaltig einwirkende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs war zwar nicht Anstoß für die rechtspolitische Initiative, sollte aber bei den Stellungnahmen im Blick behalten werden. Zwischenzeitlich erging am 30. September 2003 das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache "Inspire Art" (Aktenzeichen C-167/01), dessen mögliche Folgen bereits in einigen Stellungnahmen berücksichtigt werden konnten.

In den eingeholten Empfehlungen wurde die Notwendigkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens bezüglich Veränderungen im Recht der GmbH ganz überwiegend bejaht und entsprechendes Tatsachenmaterial übermittelt. Diese Vorschläge betrafen in einem Schwerpunkt Verbesserungsmöglichkeiten für den Bereich der sogenannten "Bestattungsfälle", in denen die GmbH zum Schaden ihrer Gläubiger einer ordentlichen Liquidation oder Insolvenz entzogen wird und die Gesellschafter und Geschäftsführer sich ihrer Verantwortung entziehen. Es zeigte sich bei den Antworten aber auch, dass insbesondere die unterschiedliche Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Systeme in den europäischen Mitgliedstaaten zu einer Umgehung der deutschen Vorschriften zum Gläubigerschutz im GmbH-Recht führen kann.

Im Vergleich zum deutschen Recht werden in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geringere Anforderungen an die Aufbringung eines gezeichneten Kapitals (Mindeststammkapital) bei Gründung einer GmbH gestellt.

Mit den vom Bundeskanzler Ende März 2005 angekündigten 20 Maßnahmen zur Fortsetzung der Agenda 2010 ist beabsichtigt, im Zusammenhang mit den Maßnahmen zum Bürokratieabbau die Gründung einer GmbH erheblich zu erleichtern. So soll die GmbH-Gründung in Zukunft in wenigen Tagen möglich sein. Umgesetzt werden soll dies durch die Einführung des elektronischen Handelsregisters und die substanzielle Absenkung des gesetzlichen Mindeststammkapitals. Beide Maßnahmen zielen darauf, die Rechtsform der GmbH gegen Wettbewerbsdruck europäischer Alternativen zu stärken, ohne das bewährte Haftkapitalsystem aufzugeben und die zum Gläubigerschutz erforderliche Gründungsprüfung abzuschaffen.

Die von Wissenschaft und Praxis angeregten Reformen sollen daher in zwei Schritten gesetzgeberisch umgesetzt werden.

In einem ersten Schritt geht es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf darum, die Vorschriften über die Aufbringung des Mindeststammkapitals an die tatsächlichen Anforderungen der Praxis anzupassen. Dies geschieht auch mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung und den zunehmenden Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsformen in Europa. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung soll auch im europäischen Vergleich erhalten und gestärkt werden. Gleichzeitig sollen jedoch die bestehenden Vorteile des deutschen GmbH-Rechts nicht aufgegeben werden. Der Entwurf sieht daher vor, das Mindeststammkapital von bisher 25.000 Euro auf 10.000 Euro zu senken.

Das bewährte Haftkapitalsystem der GmbH soll durch diese Anpassung insgesamt erhalten bleiben. Dieses System kann somit auch im Rahmen der anstehenden Erörterung des Haftkapitalsystems auf europäischer Ebene überzeugend vertreten werden.

In einem zweiten Gesetz zur umfassenderen Reform des GmbH-Rechts sollen dann die weiteren Ergebnisse der Stellungnahmen aus Wissenschaft und Praxis umgesetzt werden. Dabei wird es, neben einer gewissen Deregulierung des GmbH-Innenrechts, um die in der Praxis und der Rechtsprechung in erheblichem Maße aufgetretene Problematik der missbräuchlichen Verwendung der Rechtsform der GmbH gehen. Der Entwurf wird insbesondere die Vorschläge aufgreifen, die der Bekämpfung dieser Missbräuche dienen. Der Schwerpunkt wird darin liegen, Verbesserungsmöglichkeiten für den Bereich der bereits erwähnten sogenannten "Bestattungsfälle" zu schaffen. In diesem Zusammenhang werden insbesondere Maßnahmen zur Zustellungserleichterung bei Führungslosigkeit und geschlossenem Geschäftslokal getroffen werden. Weiter wird das Gesetz unter Ausschöpfung der Möglichkeiten nach der Zweigniederlassungsrichtlinie der EU Missbräuche bekämpfen, die auf Grund der unterschiedlichen Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Systeme in den europäischen

Mitgliedstaaten zu einer Umgehung der deutschen Vorschriften zum Gläubigerschutz im GmbH-Recht geführt haben. Die Regelungsaufgaben des zweiten Schrittes werden durch den jetzt vollziehbaren ersten Schritt nicht präjudiziert.

Bei allen Änderungen wurde und wird im Blick behalten, dass die Rechtsform der GmbH für den deutschen Mittelstand attraktiv bleiben muss. Die Auswirkungen auf die redlichen mittelständischen Betriebe, die sich der Rechtsform der GmbH aus lauteren Motiven - insbesondere auch aufgrund der grundsätzlich positiv zu beurteilenden bestehenden Haftungsbeschränkung - bedienen, wurden im Einzelnen geprüft. Dabei wurde dafür Sorge getragen, dass der Mittelstand keinen weiteren Belastungen unterworfen wird.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("das bürgerliche Recht", "das gerichtliche Verfahren") und Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ("das Recht der Wirtschaft"). Die Regelung ist gemäß Artikel 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet erforderlich. Die Änderungen betreffen das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dieser Bereich ist bereits bundesrechtlich geregelt und es besteht auch weiterhin das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung, da die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung für die GmbH angesichts der herausragenden Bedeutung dieser Gesellschaftsform auf dem Kapitalmarkt nach wie vor gegeben ist. Die Kapitalmärkte und der allgemeine Rechtsverkehr erwarten die GmbH als standardisierte und gleichmäßig ausgestaltete Gesellschaftsform für den Mittelstand. Es handelt sich mit ca. 900.000 Gesellschaften um die gängigste Rechtsform. Unterschiedliche Regelungen zu dem Mindeststammkapital je nach dem Bundesland des Gesellschaftssitzes würden die Wirtschaftseinheit Deutschlands und damit die Funktionsfähigkeit und das Ansehen des deutschen Wirtschaftsstandortes schwer beeinträchtigen. Da das Wirtschaften heute nicht mehr überwiegend regional, sondern bundesweit und international stattfindet, würden unterschiedliche Regelungen zur Verwirrung des Rechtsverkehrs führen und die gesamtwirtschaftlichen Transaktionskosten erhöhen. Sie würden zudem zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen in unterschiedlichen Bundesländern und damit zu erheblichen Nachteilen für die Gesamtwirtschaft führen. Insofern ist eine bundesweit einheitliche Regelung des Mindeststammkapitals weiterhin zwingend geboten.

Der Gesetzentwurf hat keine messbaren finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Für die Wirtschaft werden bei GmbH-Neugründungen, die die Aufbringung von 25.000 Euro als Stammkapital nicht erfordern, Kostenersparnisse eintreten.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Zu Nummer 1

Dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird in der Überschrift die bereits geläufige Abkürzung "GmbHG" hinzugefügt.

Zu Nummer 2

Durch die Änderung des § 5 Abs. 1 wird die Höhe des Mindeststammkapitals der Gesellschaft von bisher 25.000 Euro auf 10.000 Euro abgesenkt. Damit wird einer zunehmenden Kritik in Praxis und Wissenschaft an der Höhe des bisherigen Mindeststammkapitals Rechnung getragen. Einerseits wird durch die Beibehaltung eines nennenswerten Mindeststammkapitals berücksichtigt, dass diesem die Funktion einer Seriositätsschwelle zukommt. Es verhindert, ohne einen umfassenden Gläubigerschutz und namentlich Insolvenzschutz zu gewährleisten, dass Geschäftsrisiken in der Gründungsphase sofort zur Gläubigerschädigung führen müssten.

Andererseits wird mit der Absenkung gerade Kleinunternehmen und Existenzgründern ermöglicht, bei geringem Kapitalbedarf leichter eine Gesellschaft zu gründen als bisher. Dabei ist der Wandel des Wirtschaftslebens seit der Schaffung des GmbH-Gesetzes in Rechnung zu stellen: Heute sind die Mehrzahl der Neugründungen nicht mehr Produktionsunternehmen, sondern Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor (über 85%). Dienstleistungsbetriebe können aber unter Umständen mit relativ geringem Startkapital gegründet werden. Für manche dieser Gesellschaften war das bisherige Mindeststammkapital überhöht.

Eine Mindestkapitalgrenze von 10.000 € kennzeichnet die Größe, bei der namentlich für kleine Dienstleistungsgesellschaften, für die ein berechtigtes Bedürfnis nach Haftungsbeschränkung noch gerechtfertigt erscheinen kann, eine ausreichende Startkapitalausstattung erreicht wird, ohne dass die Gesellschaft damit typischerweise unterkapitalisiert wäre. Der Entwurf befindet sich mit 10.000 Euro auch im europäischen Vergleich in angemessenem Rahmen.

Unternehmen mit höherem Kapitalbedarf sind freilich auch in Zukunft gut beraten, schon bei Gründung ein höheres Kapital zu zeichnen. Für viele solche Unternehmen waren auch 25.000,- € von Anfang an zu niedrig. So wird beispielsweise eine mit Eigenkapital besser ausgestattete GmbH wesentlich einfacher einen Bankkredit ohne zusätzliche persönliche Sicherheiten erhalten. Aus diesem Grund ist auch nicht zu erwarten, dass sich durch die Neuregelung des § 5 Abs. 1 die Zahl der unterkapitalisierten Gesellschaften merklich erhöhen wird.

Zu Artikel 2 Inkrafttreten

Dieses Gesetz soll am 1. Januar 2006 in Kraft treten, um möglichst rasch ein Signal zur Erleichterung der Unternehmensgründung zu setzen.