Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Intelligente Regulierung in der Europäischen Union KOM (2010) 543 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 100144 = AE-Nr. 113/10 (PDF)

Brüssel, den 8.10.2010
KOM (2010) 543 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Intelligente Regulierung in der Europäischen Union

1. den Kreis schliessen: von der besseren zur intelligenten Regulierung

Aus den Wirtschafts- und Finanzproblemen der letzten beiden Jahre lassen sich wichtige Lehren für die Ordnungspolitik ziehen. Insbesondere haben sie bestätigt, dass die Märkte nicht isoliert existieren. Ihre Aufgabe ist es, einen nachhaltigen Wohlstand für alle zu sichern, was sie nicht immer alleine bewirken können. Der Regulierung fällt hierbei eine positive und notwendige Rolle zu. Die Krise hat die Notwendigkeit verdeutlicht, sich mit unvollständigen, unwirksamen und unzureichenden Regulierungsmaßnahmen zu befassen, und dies in vielen Fällen sofort zu tun.

Unser Regulierungskonzept muss den Interessen der Bürger zugute kommen und die gesamte Bandbreite der politischen Ziele von der Sicherung der Finanzstabilität bis zur Bekämpfung des Klimawandels abdecken. EU-Bestimmungen tragen auch zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei, da sie den Binnenmarkt fördern und die kostspielige Zersplitterung des Binnenmarktes aufgrund unterschiedlicher einzelstaatlicher Vorschriften beseitigen. Da wir von den Unternehmen, insbesondere den KMU, abhängig sind, müssen wir, um zu einem nachhaltigen Wachstum zurückzukehren, gleichzeitig die Belastungen für diese Unternehmen auf das rein Notwendige beschränken und ihnen die Möglichkeit geben, effizient zu arbeiten und in Wettbewerb zu treten.

Kurz, eine vernünftige Rechtsetzung ist notwendig, um die ehrgeizigen Ziele der Strategie Europa 20201 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.

Die Agenda für bessere Rechtsetzung hat bereits zu wesentlichen Veränderungen der Politikgestaltung und der Vorlage von Regulierungsvorschlägen durch die Kommission geführt. Anhörungen von Interessengruppen und Folgenabschätzungen sind mittlerweile wichtige Bestandteile der politischen Entscheidungsfindung. Sie haben die Transparenz und Rechenschaftspflicht verbessert und eine faktengestützte Politikgestaltung gefördert. Dieses System gilt als bewährtes Verfahren innerhalb der EU und unterstützt den politischen Willensbildungsprozess innerhalb der EU-Organe2. Die Kommission hat viele der geltenden Rechtsvorschriften vereinfacht und erhebliche Fortschritte bei der Verringerung der Verwaltungslasten erzielt.

Die Kommission ist der Auffassung, dass es nunmehr an der Zeit ist, die Anstrengungen zu erhöhen. Die bessere Rechtsetzung muss zu einer intelligenten Regulierung und noch fester in der Arbeitskultur der Kommission verwurzelt werden. Der Präsident der Kommission hat die unmittelbare Verantwortung für die intelligente Regulierung übernommen. In dieser Mitteilung wird erläutert, was dies in der Praxis bedeutet. Sie stützt sich auf zahlreiche Beiträge wie die jüngste Entschließung des Europäischen Parlaments über bessere Rechtsetzung3, eine Konsultation der Öffentlichkeit4, den Bericht des Europäischen Rechnungshofes über Folgenabschätzungen in den EU-Organen5 und die Berichte des Ausschusses für Folgenabschätzung (IAB)6. Auf dieser Grundlage hat die Kommission eine Reihe von wichtigen Aussagen getroffen.

Erstens betrifft intelligente Regulierung den gesamten politischen Entscheidungsprozess vom Entwurf eines Rechtsaktes bis zur Umsetzung, Durchsetzung, Bewertung und Überarbeitung. Wir müssen bei neuen Rechtsvorschriften auf die Stärken der Folgenabschätzung bauen. Diesen Bemühungen müssen aber ähnliche Anstrengungen entsprechen, um die bestehenden Rechtsvorschriften so zu verwalten und anzuwenden, dass sie den beabsichtigten Nutzen haben. Alle Akteure müssen sich hierfür stärker der Tatsache bewusst werden, dass die richtige Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften und ihre Änderung entsprechend den Erfahrungen ebenso wichtig sind wie neue Gesetzgebungsvorschläge.

Zweitens muss die intelligente Regulierung nach wie vor eine gemeinsame Aufgabe der europäischen Organe und der Mitgliedstaaten sein. Diese Akteure haben unterschiedliche Fortschritte erzielt. Die Kommission wird gemeinsam mit ihnen dafür sorgen, dass das Programm von allen aktiv weiterverfolgt wird. Damit einhergehen muss die Erkenntnis, dass intelligente Regulierung kein Selbstzweck ist. Sie muss Bestandteil unserer gemeinsamen Bemühungen in allen Politikbereichen sein.

Drittens sind die Meinungen der am meisten von der Regulierung Betroffenen entscheidend für die intelligente Regulierung. Die Kommission hat große Schritte unternommen, um Interessengruppen an ihrer Entscheidungsfindung zu beteiligen. Um auf diesem Weg weiter voranzuschreiten, verlängert die Kommission die Dauer ihrer Konsultationen und führt eine Überprüfung ihrer Anhörungsverfahren durch, um herauszufinden, wie den Bürgern und Interessengruppen ein stärkeres Gewicht zukommen kann. Hierdurch können auch die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon über die partizipative Demokratie in die Praxis umgesetzt werden7.

In den folgenden Abschnitt en werden die im Zusammenhang mit diesen Themen geplanten Maßnahmen beschrieben.

2. Regulierungsqualität während der politischen Willensbildung

Ziel der intelligenten Regulierung ist die Konzipierung und Erarbeitung von Vorschriften, die den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit entsprechen und die höchst mögliche Qualität aufweisen 8. Dies betrifft den gesamten politischen Entscheidungsprozess vom Entwurf eines Rechtsaktes bis zu seiner Überarbeitung. Die Investition der Kommission in Folgenabschätzungen zahlt sich aufgrund der verbesserten Qualität der neuen Rechtsvorschriften aus. Da jedoch die bereits bestehenden Regelungen den größten Nutzen bewirken bzw. die meisten Kosten verursachen, müssen wir entsprechende Anstrengungen unternehmen, um sie systematischer zu verwalten. Eine intelligente Regulierung legt daher immer größeren Wert auf die Evaluierung der Funktionsweise und Effizienz der bestehenden Rechtsvorschriften.

2.1. Verbesserung des Bestands der EU-Rechtsvorschriften

Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften und Verringerung der Verwaltungslasten

Die frühere Kommission hat zwei Maßnahmen zur Verbesserung der bestehenden Rechtsvorschriften durchgeführt. Das Vereinfachungsprogramm hat Bürgern und Unternehmen erheblichen Nutzen gebracht9. 155 Vorschläge wurden verabschiedet. Das aktualisierte Programm für 2010 umfasst 46 neue Initiativen. Das Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten10 dürfte sein Ziel, bis 2012 einen Bürokratieabbau von 25 % zu bewirken, übertreffen. Die Kommission hat Vorschläge unterbreitet, die nach ihrer Verabschiedung den europäischen Unternehmen zu jährlichen Einsparungen in Höhe von 38 Mrd. EUR, d.h. 31 % von einer Gesamtbelastung in Höhe von 124 Mrd. EUR, verhelfen würden. Das Europäische Parlament und der Rat haben kürzlich einen Mehrwertsteuer-Vorschlag gebilligt, der zu Einsparungen von rund 18,4 Mrd. EUR führt, und erörtern einen weiteren Vorschlag, der mehr als fünf Millionen Kleinstunternehmen von den EU-Rechnungslegungsgrundsätzen11 befreien soll.

Diese erfolgreichen Bemühungen müssen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten fortgesetzt werden, um das Programm bis 2012 abzuschließen. Die Kommission ist jedoch überzeugt, dass zusätzlich zu diesem Programm weiterhin Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Verwaltungslasten wo immer möglich zu verringern. Dies erfolgt am besten im Rahmen eines umfassenderen Konzepts, das alle Faktoren berücksichtigt, die die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Rechtsvorschriften bestimmen.

Die Kommission verknüpft daher ihre Bemühungen zur Verringerung der Verwaltungslasten mit denen zur Vereinfachung der Rechtsetzung. Hierdurch wird den Bedenken der Interessengruppen Rechnung getragen, dass die Unternehmen häufig nicht die Vorteile einer Verringerung der Verwaltungslasten erkennen können, auch weil Verpflichtungen zu "Irritationen" führen, selbst wenn sie nur geringe Kosten verursachen. Sie hat das Mandat der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger zur Beratung in diesen Angelegenheiten bis Ende 2012 verlängert. Bis dahin wird die Vereinfachung und Verringerung der Verwaltungslasten in das Konzept der Kommission zur Verwaltung der bestehenden Rechtsvorschriften einbezogen worden sein. Wie in der Vergangenheit sorgt die Kommission dafür, dass die Maßnahmen zur Vereinfachung oder Verringerung der Verwaltungslasten die politischen Ziele der Rechtsvorschriften nicht beeinträchtigen.

Bewertung der Vorteile und Kosten der bestehenden Rechtsvorschriften

Ein wichtiges Instrument dieses neuen Konzepts ist die Expost-Evaluierung von Rechtsvorschriften 12. Die Kommission verfügt über eine lange Tradition bei der Bewertung von Ausgabenprogrammen. Sie hat damit begonnen, Rechtsvorschriften in bestimmten Politikbereichen wie öffentliches Auftragswesen, berufliche Qualifikationen und Arbeitsbedingungen zu bewerten. Dieses Konzept muss ausgeweitet werden. Die Bewertung von Rechtsvorschriften muss Bestandteil der intelligenten Regulierung werden. Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der EU-Rechtsvorschriften verbessert die Qualität der Entscheidungsfindung und schafft neue Möglichkeiten zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften und zur Verringerung der Verwaltungslasten. Die Konsultation der Öffentlichkeit hat ergeben, dass diese Art der Bewertung starke Zustimmung findet. Sie hat auch gezeigt, dass sie nur von wenigen Mitgliedstaaten vorgenommen wird. Da die nationalen Verwaltungen in der Regel jedoch besser wissen, wie die Rechtsvorschriften in der Praxis funktionieren, muss die Kommission mit ihnen eng zusammenarbeiten, um dieses Konzept weiterzuentwickeln.

Die Evaluierung von einzelnen Initiativen ergibt nicht immer ein vollständiges Bild. Häufig ist eine strategischere Sicht notwendig. Umfassende Bewertungen der gemeinsamen Agrar-, Fischerei- und Strukturpolitik haben die Notwendigkeit für ein derartiges Vorgehen 13 bewiesen. Die Kommission stützt sich auf diese Erfahrungen und ergänzt die Bewertung einzelner Rechtsvorschriften durch umfassende Politikbewertungen. Anhand dieser "Eignungstests" soll bewertet werden, ob der ordnungspolitische Rahmen eines Politikbereichs zweckmäßig ist, und falls nicht, was geändert werden sollte. Dabei sollen übermäßiger Verwaltungsaufwand, Unvereinbarkeiten und veraltete oder unwirksame Maßnahmen bzw. die kumulative Wirkung der Rechtsvorschriften festgestellt werden.

Sowohl die Bewertungen als auch die "Eignungstests" müssen eng mit den in Abschnitt 2.3 beschriebenen laufenden Arbeiten in den Bereichen Umsetzung, Durchsetzung und Vertragsverletzungen verbunden sein. Die Zusammenfassung der Informationen aus diesen Tätigkeitsbereichen trägt dazu bei, ein eindeutiges Bild zu gewinnen, wie die bestehenden Rechtsvorschriften funktionieren und was geändert werden muss.

In Anbetracht der obigen Ausführungen will die Kommission im Hinblick auf die Verbesserung der Qualität der bestehenden Rechtsvorschriften:

Damit einhergehend bittet die Kommission das Europäische Parlament und den Rat erneut, zügig den bereits vorgelegten Vorschlägen zur Vereinfachung und zur Verringerung der Verwaltungslasten sowie den entsprechenden neuen Vorschlägen, die sie im Laufe des nächsten Jahres vorlegen wird, zuzustimmen. Sie fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Vorschläge rasch umzusetzen.

2.2. Gewährleistung optimaler neuer Rechtsvorschriften

Die Kommission hat ein Folgenabschätzungs-System eingerichtet, um Grundlagen für den politischen Entscheidungsprozess zu entwickeln und die Vorteile und Kosten politischer Entscheidungen transparenter zu machen 16. Ein entscheidendes Element dieses Systems ist der Ausschuss für Folgenabschätzung (IAB), der für eine unabhängige Qualitätskontrolle der Folgenabschätzungen der Kommission sorgt. Seit seiner Einrichtung im Jahre 2006 hat er mehr als 400 Stellungnahmen abgegeben, die der Öffentlichkeit zugänglich sind17.

Der Europäische Rechnungshof hat bestätigt, dass dieses Folgenabschätzungs-System gegenüber anderen Systemen in der EU günstig abschneidet und bei zahlreichen Themen als bewährtes Verfahren angesehen werden kann. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der IAB für eine wertvolle Qualitätskontrolle sorgt, Folgenabschätzungen integraler Bestandteil der politischen Gestaltungstätigkeit der Kommission geworden sind und sie dem Europäischen Parlament und dem Rat bei der Prüfung der Kommissionsvorschläge Hilfestellung leisten. Der Rechnungshof hat auch das integrierte Konzept der Kommission für sinnvoll erklärt, das sich auf eine Kosten-Nutzen-Analyse stützt und alle relevanten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen berücksichtigt. Dieses Konzept ist ehrgeizig und steht im Gegensatz zu der nicht so umfassenden Ausrichtung auf Kosten oder Verwaltungslasten in einer Reihe von Mitgliedstaaten. Nach Auffassung der Kommission muss gewährleistet sein, dass die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig, wirtschaftlich und von hoher Qualität sind.

Vor diesem Hintergrund wird die Kommission das gegenwärtige System konsolidieren und vorrangig dafür sorgen, dass sein Potenzial vollständig genutzt wird. Auf der Grundlage der vom Rechnungshof festgestellten Verbesserungen, von denen viele den vom IAB oder von den Interessengruppen bei den öffentlichen Konsultationen geäußerten Vorschlägen entsprechen, hat die Kommission die folgenden Schwerpunkte gesetzt.

2.3. Bessere Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften

Die EU-Rechtsvorschriften müssen richtig umgesetzt werden, wenn sie ihre Ziele erreichen wollen. Obwohl hierfür in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig sind, arbeitet die Kommission eng mit ihnen zusammen. Sie hat zahlreiche Hilfsmaßnahmen eingerichtet22. Hierzu gehören "Präventivmaßnahmen", d.h. eine stärkere Berücksichtigung der Anwendung und Durchsetzung bei Folgenabschätzungen, wenn neue Rechtsvorschriften geplant werden23, die Unterstützung der Mitgliedstaaten während der Umsetzung, um potenzielle Probleme schon im Vorfeld zu erkennen und spätere Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden, Umsetzungsworkshops für neue Richtlinien, z.B. für reglementierte Berufe, Versicherungswesen, Bankwesen, Rechnungslegung und Buchprüfung, sowie Leitlinien zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung neuer Rechtsvorschriften, z.B. für REACH. Sie verbessert auch die Durchsetzung, indem sie für Vertragsverletzungsverfahren Prioritäten festlegt und sie schneller bearbeitet. Die Kommission legt Jahresberichte über die Anwendung der EU-Rechtsvorschriften vor, die sich mit diesen Fragen befassen24.

Um die Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften weiter zu verbessern, ergreift die Kommission folgende Maßnahmen:

2.4. Verständlichere und zugänglichere Rechtsvorschriften

Im Interesse der Qualität der Rechtsvorschriften muss auch dafür gesorgt werden, dass sie so verständlich und zugänglich wie möglich sind. Die Kommission prüft alle neuen Rechtsetzungsvorschläge dahingehend, dass die von ihnen geschaffenen Rechte und Pflichten im Hinblick auf eine einfache Umsetzung und Durchsetzung in einfacher Sprache abgefasst sind. Bei den bestehenden Rechtsvorschriften setzt die Kommission die Kodifizierung, Neufassung und Konsolidierung der Rechtstexte fort. Durch Aufhebung veralteter Vorschriften will sie das Volumen der Rechtsvorschriften weiter reduzieren. Um schließlich den elektronischen Zugang zum gesamten EU-Recht zu verbessern, wird mit den anderen EU-Organen ein neues EUR-Lex-Portal entwickelt. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten, das nationale Recht zur Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften zu konsolidieren und auch über das EUR-Lex-Portal elektronisch zur Verfügung zu stellen.

3. eine Gemeinsame Verantwortung

3.1. Das Europäische Parlament, der Rat und beratende Gremien

Das Europäische Parlament und der Rat spielen bei der intelligenten Regulierung eine entscheidende Rolle. Viele Interessengruppen wünschen sich, dass Parlament und Rat die anhängigen Vorschläge zur Verringerung der Verwaltungslasten und zur Vereinfachung, wie in der interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vorgesehen, so schnell wie möglich verabschieden. Obwohl beide Organe zugesagt haben, bei wesentlichen Abänderungen von Kommissionsvorschlägen Folgenabschätzungen vorzunehmen, haben sie dies nur selten getan. Die Kommission fordert Parlament und Rat auf, sich in diesem Bereich verstärkt zu engagieren. Die Kommission wird weiterhin von Fall zu Fall konstruktiv über Aufforderungen von Rat und Parlament entscheiden, bestimmte Aspekte ihrer ursprünglichen Bewertung zu erläutern.

Laut dem Bericht des Rechnungshofes werden Folgenabschätzungen in beiden Organen als nützlich für die Erörterung von Kommissionsvorschlägen angesehen, auch wenn sie bei den Sitzungen selten formell verwendet werden. Dies ist eine vielversprechende Arbeitsgrundlage. Obwohl Parlament und Rat selbst über ihre internen Verfahren bestimmen, ist offenkundig, dass jeder Parlamentsausschuss und jede Ratsformation Folgenabschätzungen in ihre Erörterungen einfließen lassen sollten, damit der Grundsatz der intelligenten Regulierung durchgehend befolgt wird. Diese umfassendere Beteiligung am Prozess der intelligenten Regulierung könnte auch dazu beitragen, dass die Vorschläge zur Vereinfachung und zur Verringerung der Verwaltungslasten sowie die Kodifizierungen und Neufassungen schneller verabschiedet werden.

Das Europäische Parlament hat in dieser Richtung zahlreiche Schritte unternommen: der Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz hat angedeutet, dass er die Folgenabschätzungen der Kommission systematisch überprüfen wird, und der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hat eine Folgenabschätzung zu Änderungen in Auftrag gegeben, die er zu einem Richtlinienentwurf zum Mutterschaftsurlaub 28 vorschlägt. Die Kommission begrüßt diese Entwicklungen.

Schließlich gibt es ein anhaltendes Interesse des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses29 und des Ausschusses der Regionen 30 an der intelligenten Regulierung. Nach Auffassung der Kommission können das Fachwissen und die Netzwerke, die diese Gremien zu mobilisieren in der Lage sind, wichtige Informationsquellen für die Erarbeitung von Folgenabschätzungen darstellen.

3.2. Mitgliedstaaten

Maßnahmen auf EU-Ebene allein reichen nicht aus, um die Ziele der intelligenten Regulierung zu erreichen. Intelligente Regulierung muss auch auf nationaler Ebene umgesetzt werden, weil die meisten Rechtsvorschriften in bestimmten Schlüsselbereichen wie Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und soziale Sicherheit ursprünglich von den Mitgliedstaaten verabschiedet wurden, und weil, wie oben erwähnt, in erster Linie die Mitgliedstaaten für die ordnungsgemäße Anwendung der EU-Rechtsvorschriften zuständig sind. Entsprechend dem Vertrag von Lissabon überprüfen die nationalen Parlamente, ob die Vorschläge der Kommission das Subsidiaritätsprinzip beachten, und können somit einen Beitrag zu einer verbesserten Qualität der EU-Rechtsvorschriften leisten.

Einige Mitgliedstaaten haben erhebliche Fortschritte bei Themen wie der Verringerung der Verwaltungslasten erzielt. Aber nur wenige haben ein so weitreichendes System der besseren Rechtsetzung eingerichtet wie die Kommission. Der Kommission ist bewusst, dass es kein Patentrezept für die intelligente Regulierung gibt, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Prioritäten anhand der zur Verfügung stehenden personellen und institutionellen Kapazitäten zu definieren. Gleichwohl sollten drei Punkte hervorgehoben werden.

Erstens weist der Rechnungshof darauf hin, dass nationale Folgenabschätzungen die Folgenabschätzungen der Kommission sinnvoll ergänzen, die Diskussionen im Rat über Abänderungen von Kommissionsvorschlägen unterstützen und den Mitgliedstaaten bei Umsetzungs- und Durchsetzungsfragen helfen könnten. Sie könnten ebenfalls dazu beitragen, die oben genannten Datenprobleme zu lösen. Die Kommission setzt die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Rahmen der Hochrangigen Gruppe für bessere Rechtsetzung fort, um dieser Frage weiter nachzugehen und Meinungen und bewährte Praktiken zur intelligenten Regulierung im Allgemeinen auszutauschen.

Zweitens erlaubt der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Mitgliedstaaten, im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen unter bestimmten Bedingungen auf eigene Initiative Vorschläge zu unterbreiten31. Nach Auffassung der Kommission sollte diesen Vorschlägen eine Folgenabschätzung beigefügt werden.

Schließlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, Interessengruppen stärker an der Diskussion von Maßnahmen zur Anwendung oder Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften zu beteiligen. Dies würde nicht nur gewährleisten, dass die Anliegen der Interessengruppen berücksichtigt werden, sondern sie auch stärker für die aus dem EU-Recht abgeleiteten Rechte und Pflichten sensibilisieren.

4. Stärkeres Gewichr Bürger und Interessengruppen

Die Konsultation der Bürger und Interessensgruppen sowohl bei der Ausarbeitung politischer Maßnahmen als auch bei der Bewertung, ob sie die beabsichtigten Ergebnisse erreicht haben, ist ein wesentliches Element der intelligenten Regulierung. Die Kommission führt Konsultationen auf unterschiedliche Weise unter Berücksichtigung der 2002 festgelegten Mindeststandards durch 32. Die Reaktionen auf die öffentliche Konsultation zu dieser Mitteilung ergaben, dass die Interessengruppen die Bemühungen der Kommission in diesem Bereich anerkennen, allerdings weitere Verbesserungen für notwendig halten. Viele wünschen eine Verlängerung der Konsultationsphase und eine leichtere Zugänglichkeit der Konsultationen, da nicht alle Bürger und Interessengruppen die gleichen Fähigkeiten haben, ihren Beitrag zu leisten, und nicht alle über einen Online-Zugriff verfügen.

Die Kommission möchte in diesem Zusammenhang auf die vielfältigen Möglichkeiten der Bürger und Interessengruppen hinweisen, sich an den politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Die achtwöchige öffentliche Konsultation ist häufig nur ein Bestandteil eines längerfristigen Prozesses, in dessen Rahmen die Kommissionsdienststellen auf andere Weise mit den Interessengruppen kommunizieren. Die zunehmende Verfügbarkeit von Ablaufplänen (siehe Abschnitt 2.2) und Expost-Bewertungs-Arbeitsplänen ermöglicht es den Bürgern und anderen Interessengruppen viel früher als vorher, ihre Beiträge zu den politischen Entscheidungsprozessen zu planen und ihre Auffassungen mitzuteilen. Angesichts dieser Bedenken wird die Kommission gleichwohl:

Sie untersucht:

In dieser Mitteilung wird dargelegt, welche Maßnahmen die Kommission plant, um die Qualität der Regulierung während des gesamten politischen Willensbildungsprozesses vom Entwurf eines Rechtsaktes bis zu seiner Bewertung und Überarbeitung zu gewährleisten. Indem wir die Anstrengungen erhöhen, kann die intelligente Regulierung dazu beitragen, die ehrgeizigen Ziele für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum der Strategie Europa 2020 zu erreichen. Intelligente Regulierung ist jedoch eine gemeinsame Aufgabe, und ihr Erfolg hängt davon ab, dass alle an der Ausarbeitung und Umsetzung politischer Konzepte für die EU beteiligten Organe und Interessengruppen ihre Aufgaben wahrnehmen. Die Kommission berichtet in der zweiten Hälfte 2012 über die Fortschritte bei der Umsetzung der Agenda für intelligente Regulierung.