Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Hamburg, Baden-Württemberg
Jahressteuergesetz 2013

Punkt 8 der 903. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2012

Der Bundesrat möge beschließen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 25. Oktober 2012 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen.

Der Vermittlungsausschuss soll sich insbesondere mit folgenden Begehren befassen:

1. Ablehnung der Verkürzung der Aufbewahrungsfristen

Der Vermittlungsausschuss soll vorschlagen, die beabsichtigte Verkürzung der derzeit 10jährigen Aufbewahrungsfristen um 2 bzw. 3 Jahre zu streichen.

Begründung:

Der Bundesrat greift mit diesem Begehren Nr. 50 aus seiner Stellungnahme (Drs. BR 302/12-Beschluss) wieder auf.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben (§ 85 der Abgabenordnung). Zudem sind sie aufgrund des im Strafrecht geltenden Legalitätsprinzips und des gesetzlichen Auftrags (§ 386 Absatz 1 und 2, § 399 Absatz 1 der Abgabenordnung) verpflichtet, Steuerstraftaten zu erforschen und einer strafrechtlichen Ahndung zuzuführen. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, hat der Gesetzgeber für das Besteuerungsverfahren in Fällen der leichtfertigen Steuerverkürzung oder vorsätzlichen Steuerhinterziehung mit der Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 5 bzw. 10 Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung) der Steuerverwaltung eine zeitlich umfangreichere Überprüfungsmöglichkeit zugestanden.

Die beabsichtigte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen widerspricht dieser Zielsetzung, da die erforderlichen Beweismittel mangels gesetzlicher Aufbewahrungspflicht vielfach nicht mehr vorhanden wären. Der Abschluss von Steuerstrafverfahren wäre häufig nur noch mit Hilfe von Schätzungen möglich, die von der Steuerverwaltung regelmäßig nicht gerichtsfest mit Nachweisen unterlegt werden könnten. Steuer- und strafrechtliche Ermittlungen würden erschwert.

Die beabsichtigte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen würde nach dem Gesetzentwurf zu Mindereinnahmen von 200 Mio. € ab 2013 und sogar 1.000 Mio. € ab 2015 führen, die aus den vorgenannten Gründen weder steuerpolitisch noch aus haushalterischer Sicht hinnehmbar sind. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die grundgesetzlich geforderte Verpflichtung zur Einhaltung der Schuldenbremse.

2. "Cash-GmbHs"

Der Vermittlungsausschuss soll eine Regelung zur Lösung des Problems der so genannten "Cash-GmbHs" vorschlagen.

Begründung:

Im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden sogenannte "CashGmbHs" dazu genutzt, die Besteuerung von zum Teil hohen Vermögen ganz zu vermeiden. Besteht das Vermögen einer GmbH ausschließlich aus nicht dem Verwaltungsvermögen zuzurechnenden Forderungen, kann der Gesellschaftsanteil von Todes wegen oder durch Schenkung vollumfänglich steuerfrei erworben werden. Der Bundesrat hat eine Regelung des Problems in Nr. 58 seiner Stellungnahme vorgeschlagen (Drs. BR 302/12-Beschluss). Die Bundesregierung sieht ausweislich ihrer Gegenäußerung (Drs. BT 17/10604) ebenfalls einen Regelungsbedarf bei den "Cash-GmbHs", hat in ihren Gesetzentwurf aber keine Maßnahme aufgenommen. Dies ist nicht zuletzt auch deswegen nicht hinnehmbar, weil der Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss vom 27.09.2012 (Az. II R 9/11) an das Bundesverfassungsgericht beim erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsinstrumentarium einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang ausmacht und in diesem Kontext ausdrücklich auch die "Cash-GmbH" thematisiert.

3. Steuerliche Gleichstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften

Der Vermittlungsausschuss soll Regelungen vorschlagen, die eine steuerliche Gleichstellung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe bewirken.

Begründung:

Der Bundesrat verfolgt mit dieser Anrufung des Vermittlungsausschusses das Begehren aus Nr. 65 seiner Stellungnahme (Drs. BR 302/12-Beschluss) weiter.

Das am 01.08.2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG, BGBl. I S. 266) schuf für gleichgeschlechtliche Paare das neue familienrechtliche Institut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft begründet die gleichen Unterhaltsverpflichtungen wie in einer Ehe und ist auch im Übrigen zivilrechtlich als Erwerbsgemeinschaft ausgestaltet. Das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der in Art. 3 GG normierte Grundsatz der Gleichbehandlung gebieten deshalb die gleiche steuerliche Berücksichtigung der Belastungen, die sich aufgrund der Eingetragenen Lebenspartnerschaft analog zur Ehe ergeben.

Trotzdem bleibt die Eingetragene Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe insbesondere im geltenden Einkommensteuerrecht bis heute benachteiligt. Lebenspartnerinnen und Lebenspartner werden bislang bei der Einkommensteuerveranlagung nicht wie Ehegatten sondern wie Ledige behandelt, so dass sie vor allem das Ehegattensplitting nicht in Anspruch nehmen können. Infolgedessen kommt es außerdem zu einer Benachteiligung bei den Steuerklassen. Auch auf dem Gebiet der kapitalgedeckten Altersvorsorge existieren für die Eingetragene Lebenspartnerschaft noch erhebliche Nachteile, die aus Gründen der Steuergerechtigkeit und im Hinblick auf eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Besteuerung zu beseitigen sind.

4. Streubesitzdividenden

Der Vermittlungsausschuss soll vorschlagen, die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG für so genannte Streubesitzdividenden aufzuheben.

Begründung:

Anlass für die Aufhebung der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG gibt das EuGH-Verfahren C 284-09. Die EU-Kommission hatte Deutschland verklagt, weil bislang auf Streubesitzdividenden Kapitalertragsteuer einzubehalten war, die bei inländischen Anteilseignern erstattet, bei ausländischen Anteilseignern hingegen definitiv wurde. Der EuGH hat im zitierten Verfahren entschieden, dass diese unterschiedliche Behandlung von inländischen und ausländischen Anteilseignern gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Deutschland ist verpflichtet, den festgestellten Vertragsverstoß zu beseitigen.

Mit einer Aufhebung der Steuerbefreiung nach § 8b Absatz 1 KStG für die betreffenden Streubesitzdividenden (Beteiligungen von weniger als 10 %), die von inländischen Körperschaften und ausländischen Körperschaften mit einer inländischen Betriebsstätte bezogen werden, würde die Dividendenbesteuerung für inländische und ausländische Kapitalgesellschaften angeglichen und damit der vom EuGH beanstandete europarechtswidrige Rechtszustand beseitigt; gleichzeitig würden erhebliche Steuerausfälle für die öffentliche Hand vermieden.