Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen
(Gendiagnostikgesetz - GenDG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 29. August 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 10.10.08

Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck des Gesetzes

§ 2 Anwendungsbereich

§ 3 Begriffsbestimmungen

§ 4 Benachteiligungsverbot

§ 5 Qualitätssicherung genetischer Analysen

§ 6 Abgabe genetischer Untersuchungsmittel

Abschnitt 2
Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken

§ 7 Arztvorbehalt

§ 8 Einwilligung

§ 9 Aufklärung

§ 10 Genetische Beratung

§ 11 Mitteilung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen

§ 12 Aufbewahrung und Vernichtung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen

§ 13 Verwendung und Vernichtung genetischer Proben

§ 14 Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen

§ 15 Vorgeburtliche genetische Untersuchungen

§ 16 Genetische Reihenuntersuchungen

Abschnitt 3
Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung

§ 17 Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung

Abschnitt 4
Genetische Untersuchungen im Versicherungsbereich

§ 18 Genetische Untersuchungen und Analysen im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages

Abschnitt 5
Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben

§ 19 Genetische Untersuchungen und Analysen vor und nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses

§ 20 Genetische Untersuchungen und Analysen zum Arbeitsschutz

§ 21 Arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot

§ 22 Öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse

Abschnitt 6
Allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft und Technik

§ 23 Richtlinien

§ 24 Gebühren und Auslagen

Abschnitt 7
Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 25 Strafvorschriften

§ 26 Bußgeldvorschriften

Abschnitt 8
Schlussvorschriften

§ 27 Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung, Gegenstand und wesentliche Regelungen

Das menschliche Genom gilt als entschlüsselt, die Erkenntnisse der Humangenomforschung werden zunehmend in der medizinischen Versorgung und insbesondere in der genetischen Diagnostik genutzt. Die Anzahl genetischer Analysen lag im Jahr 2004 bei über 300 000.

Angesichts der schnellen methodischtechnischen Entwicklungen muss von einer steigenden Tendenz ausgegangen werden. Nicht alle der angebotenen Analysen zielen auf genetisch bedingte Erkrankungen ab, sondern es werden auch so genannte komplexe Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen, für die sowohl äußere Faktoren als auch spezifische genetische Faktoren im Sinne einer Disposition ursächlich verantwortlich sind, damit untersucht.

Zukünftig wird es für jede Bürgerin und jeden Bürger möglich sein, sich für einen erschwinglichen Preis das eigene Genom entschlüsseln zu lassen (so genanntes 1000-Dollar-Genom).

Der Gesetzgeber sieht angesichts der Entwicklungen der Humangenomforschung die Notwendigkeit, die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung auszuüben. Ziel des Gesetzes ist es, die mit der Untersuchung menschlicher genetischer Eigenschaften verbundenen möglichen Gefahren von genetischer Diskriminierung zu verhindern und gleichzeitig die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den einzelnen Menschen zu wahren. Mit dem Gesetz sollen Anforderungen an eine gute genetische Untersuchungspraxis verbindlich gemacht werden.

In die Erarbeitung des Gesetzes sind wesentliche Ergebnisse aus der Arbeit nationaler Gremien (z.B. Enquête-Kommission Recht und Ethik in der modernen Medizin des 14. Deutschen Bundestages, Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages, Nationaler Ethikrat) sowie internationaler Organisationen eingeflossen. Zu nennen sind hier insbesondere die Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Qualitätssicherung in der molekulargenetischen Diagnostik und das Zusatzprotokoll Humangenetik des Europarates, das 2008 verabschiedet wurde und mit dem das Übereinkommen für Menschenrechte und Biomedizin vom 4. April 1997 (Biomedizinkonvention) in Bezug auf genetische Untersuchungen für Gesundheitszwecke konkretisiert wird.

Das Gesetz geht von der Besonderheit genetischer Daten aus. Die mittels genetischer Untersuchungen gewonnenen genetischen Informationen zeichnen sich unter anderem dadurch aus dass sie ihre Bedeutung über lange Zeiträume behalten. Sie können daher als persönliche identitätsrelevante Gesundheitsdaten mit hohem prädiktiven Potential verbunden sein und gegebenenfalls auch Informationen über Dritte (Verwandte) offenbaren. Sie können von der betroffenen Person nicht beeinflusst werden und sind hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer möglichen Bedeutung für sie nicht abschätzbar. Genetische Daten bergen prinzipiell Risiken sozialer ethnischer und eugenischer Diskriminierung. Für die Bereiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen werden spezifische Regelungen getroffen. Angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik ist ein besonderer Schutzstandard erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger adäquat zu schützen. Darüber hinaus besteht in diesen Bereichen ein erhöhtes Risiko des Missbrauchs zu Lasten der betroffenen Personen, da die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Untersuchungen geeignet sein können, Informationen über die genetische Disposition der Betroffenen zu deren Nachteil zu verwenden. Die Regelungen zur Aufklärung, Einwilligung, genetischen Beratung und zum Arztvorbehalt sollen dazu dienen, dass die betroffenen Personen nicht unvorbereitet in eine Untersuchungssituation geraten, sondern in die Lage versetzt werden, ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht auszuüben, eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Durchführung einer genetischen Untersuchung zu treffen und mit den Untersuchungsergebnissen angemessen umzugehen.

Dies gilt insbesondere für vorgeburtliche genetische Untersuchungen sowie für prädiktive genetische Untersuchungen, aufgrund derer Krankheiten unter Umständen lange, bevor sie symptomatisch manifest werden, zu erkennen sind.

Das Gesetz bestimmt darüber hinaus, dass genetische Proben grundsätzlich nur für die Zwecke verwendet werden dürfen, für die sie gewonnen worden sind. Außerdem enthält das Gesetz bereichsspezifische Erhebungs- und Verwendungsverbote, Bestimmungen zum Schutz der betroffenen Personen vor der unbefugten Weitergabe ihrer Daten an Dritte sowie bereichsspezifische Löschungs- und Vernichtungsregelungen. Ergänzend zu diesen bereichsspezifischen Regelungen findet das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder das jeweilige Landesdatenschutzgesetz insoweit Anwendung, als dieses Gesetz keine oder keine abschließende Regelung trifft (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG). Neben diesem Gesetz bleiben daher zum Beispiel die Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts über datenschutzrechtliche Meldepflichten, die Verpflichtung zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, Schadensersatz-, Auskunfts- und Berichtigungsansprüche der betroffenen Personen sowie die Vorschriften über die Datenschutzkontrolle anwendbar. Darüber hinaus sind gegebenenfalls weitere einschlägige bereichsspezifische Datenschutzvorschriften (z.B. in den Krankenhausgesetzen der Länder) zu beachten.

Das Gesetz unterscheidet genetische Untersuchungen bei Menschen zu medizinischen Zwecken (diagnostische und prädiktive Untersuchungen) und zur Klärung der Abstammung. Die Zulässigkeit genetischer Untersuchungen wird in besonderen Fällen eingeschränkt, in denen ein Schutz der Betroffenen erforderlich ist (genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen, vorgeburtliche genetische Untersuchungen, genetische Reihenuntersuchungen).

Daneben trifft das Gesetz auch Regelungen über die Zulässigkeit genetischer Untersuchungen im Arbeitsleben und im privaten Versicherungsbereich. Zu den Rahmenbedingungen der Anwendung genetischer Untersuchungen gehört nach dem Gesetz ein umfassender Arztvorbehalt, der für alle genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken gilt. Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung können außer von Ärzten auch von auf dem Gebiet der Abstammungsbegutachtung erfahrenen nichtärztlichen Sachverständigen mit naturwissenschaftlicher Hochschulausbildung vorgenommen werden, insbesondere von Molekularbiologen.

Das Gesetz erfasst genetische Untersuchungen, die entweder der sicheren Feststellung menschlicher genetischer Eigenschaften mittels genetischer Analyse oder einer vorgeburtlichen Risikoabklärung dienen. Die genetische Untersuchung zielt dabei auf genetische Eigenschaften ab die ererbt oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworben, also bei der betroffenen Person in der Embryonalentwicklung neu entstanden sind. Auch die Klärung der Abstammung beruht auf der Feststellung genetischer Eigenschaften und stellt daher eine genetische Untersuchung im Sinne des Gesetzes dar. Die Feststellung genetischer Eigenschaften mittels genetischer Analyse erfolgt durch unterschiedliche labortechnische Untersuchungsmethoden, wodurch Phänotyp-Untersuchungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen werden. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass das eigentliche Missbrauchspotential bei der Gendiagnostik darin besteht, dass es mittlerweile mittels labortechnischer Untersuchungen immer einfacher wird, aus der kleinsten Probe genetische Daten zu ermitteln, dass diese Proben auch ohne das Wissen der untersuchten Person gewonnen werden (Haare, Speichel, Kaugummi o.a.) und weitergegeben werden können. Dieses Gefährdungspotenzial ist bei nachgeburtlichen Phänotyp-Untersuchungen nicht gegeben. Im Hinblick auf den Schutz des Ungeborenen werden dagegen bei der vorgeburtlichen Risikoabklärung auch die mittels bildgebender Verfahren durchgeführten Untersuchungen dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterstellt, also auch die vorgeburtlichen Phänotyp-Untersuchungen. Jede Frau wird heute im Rahmen der ärztlichen Schwangerschaftsvorsorge mit einem breiten Spektrum von Untersuchungsmethoden konfrontiert, die - neben der Kontrolle des allgemeinen Schwangerschaftsverlaufs - auch die gezielte Suche nach Fehlbildungen bzw. chromosomalen Auffälligkeiten des Ungeborenen beinhalten. Im Hinblick auf die Auswirkungen solcher Untersuchungen sowohl für die Schwangere als auch für das Ungeborene bedarf es einer einheitlichen Regelung insbesondere im Hinblick auf die genetische Beratung unabhängig davon, auf welche Weise die genetische Untersuchung vorgenommen wird.

Bei den genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken wird zwischen diagnostischen und prädiktiven (vorhersagenden) genetischen Untersuchungen differenziert. In dieser Differenzierung werden auch unterschiedliche Anforderungen an die Beratungsnotwendigkeit geknüpft. Den prädiktiven genetischen Untersuchungen wird danach das höchste Schutzniveau zugesprochen da die Schere zwischen Chancen und Risiken für diese Untersuchungen am größten ist. Durch den Einsatz prädiktiver genetischer Untersuchungen besteht für einen großen Teil der Erkrankungen die Möglichkeit, durch frühzeitige Diagnose schon vor dem Auftreten klinischer Krankheitssymptome die entsprechenden genetischen Eigenschaften festzustellen und durch vorbeugende Maßnahmen (z.B. Änderung der Lebensweise, der Ernährung oder die Einnahme von Medikamenten) die Schwere des Krankheitsverlaufs oder das Risiko des Ausbruchs zu vermindern oder den Ausbruch der Krankheit überhaupt zu verhindern. In anderen Fällen stehen dem Wissen um Erkrankungsrisiken jedoch keine wissenschaftlich erwiesenermaßen wirksamen medizinischen Präventionsmöglichkeiten oder die Hoffnung auf solche gegenüber (Beispiele: Chorea Huntington oder andere neurologische Erkrankungen). Dennoch kann auch in diesen Fällen das Wissen um ein Erkrankungsrisiko bei der Lebens- und Familienplanung unter Umständen hilfreich sein. Je größer jedoch die Differenz zwischen wachsendem Wissen und begrenzten Handlungsmöglichkeiten wird, desto dringlicher stellt sich die Frage nach den Risiken insbesondere von prädiktiven genetischen Untersuchungen und der Notwendigkeit einer genetischen Beratung der betroffenen Personen.

Im Hinblick auf genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken gehört die genetische Beratung an zentraler Stelle zu den wesentlichen Rahmenbedingungen dieses Gesetzes.

Genetische Beratung soll einem Einzelnen oder einer Familie helfen, medizinischgenetische Fakten zu verstehen, Entscheidungsalternativen zu bedenken und individuell angemessene Verhaltensweisen zu wählen. In den spezifischen Anforderungen orientiert sich das Gesetz an den Leitlinien zur genetischen Beratung der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik.

Entsprechend der Bedeutung der genetischen Untersuchung und deren zu erwartender Ergebnisse sollen die Voraussetzungen für eine genetische Beratung unterschiedlich ausgestaltet sein. Da die genetische Beratung in erster Linie darauf gerichtet ist, Hilfe bei der individuellen Entscheidungsfindung und Hilfe bei der Bewältigung gegebenenfalls bestehender bzw. durch die genetische Untersuchung neu entstandener Probleme, die auf der Kenntnis oder Nichtkenntnis über eine genetische Disposition beruhen, zu leisten, kommt ihr bei vorgeburtlichen sowie bei prädiktiven genetischen Untersuchungen eine besondere Bedeutung zu. Prädiktive genetische Untersuchungen sowie alle pränatalen genetischen Untersuchungen sollen von einem verpflichtenden Angebot vor und nach der genetischen Untersuchung begleitet sein. Mit der Trias "Beratung - Diagnostik - Beratung" soll die freie Entscheidung der informierten Patientin oder des informierten Patienten für oder gegen eine genetische Untersuchung ermöglicht werden.

Auch an die Durchführung genetischer Untersuchungen und Analysen stellt das Gesetz spezifische Anforderungen. Entsprechend bereits existierender nationaler und internationaler Leitlinien und Empfehlungen werden Regelungen zur Qualitätssicherung von genetischen Analysen und eine Akkreditierungspflicht festgelegt.

Ferner wird einer beim Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelten Gendiagnostik-Kommission gesetzlich die Aufgabe zugewiesen, den allgemein anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik in Richtlinien für die in diesem Gesetz relevanten Bereiche festzulegen. Durch eine interdisziplinäre Zusammensetzung sollen die neuesten wissenschaftlich vertretbaren Erkenntnisse im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen gesichert werden.

Die Gendiagnostik-Kommission hat weiter die Aufgabe, kontinuierlich die Entwicklungen im Bereich der genetischen Diagnostik zu beobachten und zu bewerten. Damit wird auch sichergestellt, dass Tendenzen rechtzeitig erkannt werden, die ein gesetzgeberisches Handeln erfordern. Straf- und Bußgeldbestimmungen sollen die Einhaltung der wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes insbesondere zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechtes der betroffenen Personen sichern.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich vorrangig aus der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet der Untersuchung von Erbinformationen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG). Die Kompetenz des Bundes zur Schaffung von Vorschriften im Bereich des privatrechtlichen Versicherungswesens ergibt sich aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG und zur Schaffung arbeitsrechtlicher Regelungen aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Neben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind auch Beamtinnen und Beamte und Richterinnen und Richter sowie Soldatinnen und Soldaten des Bundes (zusätzliche Kompetenz: Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG) in den Schutzbereich des Gesetzes einbezogen.

Eine bundesgesetzliche Regelung ist im Sinne des Artikels 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich. Bei unterschiedlichen Regelungen in den Ländern bestünde die konkrete Gefahr, dass die für den oben dargestellten sensiblen medizinisch, psychisch und sozial risikobehafteten Bereich der genetischen Untersuchungen zu fordernden Anforderungen insgesamt oder teilweise nicht erreicht werden. Dies gilt insbesondere für den einheitlichen Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sowie für die Regelungen zur Vermeidung von Benachteiligungen von Menschen mit erblichen Krankheitsdispositionen durch private Versicherer und durch Arbeitgeber. Auch die Voraussetzungen für die Durchführung von Abstammungsuntersuchungen müssen zur Wahrung der Rechtssicherheit bundeseinheitlich festgelegt werden. Weiterhin wäre der Umgang mit genetischen Proben und Daten bei einer Rechtszersplitterung mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit verbunden, die zu einer unzumutbaren Behinderung für die betroffenen Verkehrskreise führen würden.

Es liegt daher im gesamtstaatlichen Interesse, die Gefahr von Diskrepanzen im Bereich der genetischen Untersuchungen durch bundeseinheitliche Regelungen zu vermeiden.

III. Finanzielle Auswirkungen

1. Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Dem Bund entsteht zusätzlicher Aufwand für die Tätigkeit der Gendiagnostik-Kommission, deren Geschäftsstelle am Robert Koch-Institut vorgesehen ist. Durch die Einrichtung einer Geschäftsstelle beim Robert-Koch-Institut, die die Gendiagnostik-Kommission fachlich und organisatorisch unterstützen soll, entstehen begrenzte Personal- und Sachausgaben. Über den ggf. nicht durch Umschichtungen zu kompensierenden personellen und sachlichen Mehrbedarf wird im Rahmen der parlamentarischen Haushaltsberatungen für den Bundeshaushalt 2009 entschieden.

Den Ländern und Kommunen entstehen keine Mehrkosten.

2. Sonstige Kosten

Für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, entstehen zusätzliche Kosten durch das nunmehr gesetzlich vorgeschriebene Akkreditierungsverfahren für die Personen und Einrichtungen, die genetische Analysen durchführen. Da sich die Qualitätsanforderungen an Labore und Untersuchungen nach den bereits bestehenden DIN EN ISO 15189: 2007 und DIN EN ISO/IEC 17025 sowie nach der Richtlinie der Bundesärztekammer für laboratoriumsmedizinische Untersuchungen richten, kann davon ausgegangen werden dass - soweit die Labore nicht bereits akkreditiert sind - diese zumindest größtenteils die Anforderungen erfüllen. Insoweit entstünden für das Verfahren zum Nachweis der Qualifikation für die Akkreditierung einmalige Mehrkosten in Höhe von ca. 5 000 bis 7 000 €. Für die laufende Überwachung im Rahmen der Akkreditierung sind jährlich etwa 1500 € zu veranschlagen.

Insoweit sind geringfügige Auswirkungen auf die Einzelpreise für genetische Analysen nicht auszuschließen Auswirkungen auf das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind jedoch nicht zu erwarten.

IV. Bürokratiekosten

Die vorliegenden Regelungen führen lediglich zu einer geringfügigen Mehrbelastung.

1. Bürokratiekosten der Wirtschaft

Nach § 9 Abs. 3 und nach § 10 Abs. 4 sind die Ärzte, die genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken vornehmen oder genetische Beratungen durchführen, verpflichtet, die Inhalte der Aufklärung sowie die Inhalte der genetischen Beratung vor und nach der genetischen Untersuchung zu dokumentieren. Hierbei handelt es sich nicht um neue Informationspflichten, denn bereits jetzt sehen sowohl das allgemeine Berufsrecht wie auch das Sozialrecht vor dass ärztliche Leistungen und insbesondere die Aufklärung zu dokumentieren sind. Von einer erheblichen Mehrbelastung gegenüber der gegenwärtigen Praxis in diesem Bereich ist daher nicht auszugehen.

Der ex ante Schätzung der Bürokratiekosten wurde eine Zahl von geschätzten 300 000 durchgeführten genetischen Untersuchungen pro Jahr zugrunde gelegt. Zur ex ante Schätzung des Zeitaufwandes für die Dokumentation von Aufklärung bzw. genetischer Beratung wurden Kalkulationszeiten Gebührenordnungspositionen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) herangezogen, mit deren Hilfe die vertragsärztlichen Leistungen zur humangenetischen Beurteilung, in der auch jeweils eine schriftliche Zusammenfassung beinhaltet ist, bewertet wurden. Für die Berechnung des Bürokratiekostenanteils der Dokumentationspflicht wird darüber hinaus von einem standardisierten Verfahren unter Zuhilfenahme z.B. von Vordrucken ausgegangen.

Der Zeitaufwand für die Dokumentation der Aufklärung ist grundsätzlich abhängig vom Untersuchungsanlass und dem Umfang der Aufklärungspflicht für die vorgesehenen genetischen Untersuchungen. Der Zeitaufwand wird im Mittelwert auf eine Minute mit Arbeitskosten in Höhe von 46,20 €/Stunde für Arbeit mit hohem Qualifikationsniveau und zwei Minuten mit Arbeitskosten in Höhe von 18,70 €/Stunde für Arbeiten mit niedrigem Qualifikationsniveau geschätzt.

Der Zeitaufwand für die Dokumentation der genetischen Beratung ist ebenfalls abhängig vom Untersuchungs- bzw. Beratungsanlass. Das Gesetz sieht ein abgestuftes Beratungskonzept vor durch das entsprechend der Bedeutung der genetischen Untersuchung und deren zu erwartenden Ergebnisse die Voraussetzungen für die genetische Beratung unterschiedlich ausgestaltet sind. Die Ermittlung des Zeitaufwandes für den Bürokratiekostenanteil der Dokumentationspflicht erfasst nicht den Zeitaufwand für die genetische Beratung selbst, die von unterschiedlicher Dauer sein kann. Ebenfalls nicht erfasst ist der Zeitaufwand, der der verantwortlichen ärztlichen Person für die Erstellung eines Beratungsgutachtens entsteht, das dem Patienten übermittelt wird. Bei der Schätzung wird davon ausgegangen, dass für den Großteil der genetischen Untersuchungen ebenso wie bei der Aufklärung ein standardisiertes Verfahren zur Verfügung steht, mit dem der Inhalt der genetischen Beratung dokumentiert wird. Daher wird der reine Bürokratiekostenanteil der Dokumentationspflicht bei der genetischen Beratung im Mittelwert auf einen Zeitaufwand von jeweils fünf Minuten mit Arbeitskosten in Höhe von ebenfalls 46,20 €/Stunde für Arbeiten mit hohem Qualifikationsniveau und zwei Minuten mit Arbeitskosten in Höhe von 18,70 €/Stunde für Arbeiten mit niedrigem Qualifikationsniveau geschätzt. Daraus resultieren Kosten in Höhe von rund 1,76 Mill. Euro. Von einer erheblichen Mehrbelastung gegenüber der gegenwärtigen Praxis ist nicht auszugehen, da diese Dokumentationspflichten im Wesentlichen bereits nach allgemeinem Berufsrecht bestehen und im Rahmen der geltenden Gebührenordnungen für Ärzte grundsätzlich berücksichtigt sind.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 sind die für Abstammungsuntersuchungen verantwortlichen Personen ebenfalls verpflichtet, die Inhalte der Aufklärung zu dokumentieren.

Eine ex ante Schätzung der Bürokratiekosten ist vor dem Hintergrund, dass sich die Anzahl der durchgeführten Abstammungsuntersuchungen gegenwärtig nicht abschätzen lässt nicht möglich. Der Zeitaufwand für die Dokumentation der Aufklärung beträgt geschätzt im Mittelwert eine Minute mit Arbeitskosten in Höhe von 46,20 €/Stunde für Arbeit mit hohem Qualifikationsniveau und zwei Minuten mit Arbeitskosten in Höhe von 18,70 €/Stunde für Arbeiten mit niedrigem Qualifikationsniveau.

Nach § 12 hat der verantwortliche Arzt die Ergebnisse genetischer Untersuchungen mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Der Zeitaufwand beläuft sich geschätzt auf zwei Minuten mit Arbeitskosten in Höhe von 18,70 €/Stunde für Arbeiten mit niedrigem Qualifikationsniveau.

Bei 300 000 genetischen Untersuchungen pro Jahr liegen die Bürokratiekosten bei rund 180 000 € pro Jahr Für die Durchführung von Reihenuntersuchungen wird eine Unterrichtungspflicht gegenüber der Gendiagnostik-Kommission nach § 16 Abs. 2 für diejenigen, die die Reihenuntersuchung vornehmen wollen, verankert. Diese Regelung gilt nur für die Reihenuntersuchungen, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes eingeführt und damit erst begonnen werden. Nach bisherigen Erfahrungen ist von einer nur sehr geringen Anzahl von Fällen auszugehen. Die daraus resultierenden Kosten sind daher äußerst gering und damit zu vernachlässigen.

Des Weiteren bedürfen genetische Untersuchungseinrichtungen nach § 5 einer Akkreditierung für die Durchführung im Einzelnen benannter genetischer Analysen durch eine hierfür allgemein anerkannte Stelle. In den einmaligen Mehrkosten für die Labore sind auch Bürokratiekosten enthalten. Der Zeitaufwand für den Bürokratiekostenanteil bei der Akkreditierung wird auf insgesamt zwei Stunden mit Arbeitskosten in Höhe von 46,20 €/Stunde geschätzt.

Die Akkreditierung ist auf längstens fünf Jahre befristet, so dass im Rahmen einer Reakkreditierung mit einem weiteren Zeitaufwand von insgesamt höchstens zwei Stunden mit Arbeitskosten in Höhe von 46,20 €/Stunde ausgegangen werden muss. Eine ex ante Schätzung der mit der Akkreditierungspflicht verbundenen Bürokratiekosten insgesamt ist vor dem Hintergrund, dass sich die Anzahl der durchführenden Untersuchungseinrichtungen gegenwärtig nicht abschätzen lässt, nicht möglich.

2. Bürokratiekosten für Bürgerinnen und Bürger

Es wird eine Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger neu eingeführt. Nach § 8 müssen die Betroffenen vor einer genetischen Analyse oder Untersuchung schriftlich einwilligen.

3. Bürokratiekosten für die Verwaltung

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält in § 23 Abs. 3 und 4 zwei Veröffentlichungspflichten für das Robert Koch-Institut. Die Veröffentlichungspflicht nach § 23 Abs. 3 bezieht sich auf die nach § 23 Abs. 2 zu erstellenden Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission sowie auf die Stellungnahmen der Gendiagnostik-Kommission zu genetischen Reihenuntersuchungen nach § 16 Abs. 2. Die Anzahl der Veröffentlichungen jährlich ist nicht abschätzbar, aber es kann von einer Zahl unter zehn Veröffentlichungen ausgegangen werden. Die Veröffentlichungspflicht nach § 23 Abs. 4 erstreckt sich auf die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts der Gendiagnostik-Kommission, die im Abstand von drei Jahren erfolgt. Der Bürokratiekostenanteil ist als gering anzusehen.

V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Abschnitt 1 - Allgemeine Vorschriften:

Zu § 1 - Zweck des Gesetzes:

Mit der gesetzlichen Regelung genetischer Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführter genetischer Analysen kommt der Staat seiner sich aus der staatlichen Schutzpflicht hinsichtlich der Grundrechte ergebenden Verpflichtung zum Schutz der Würde des Menschen und der informationellen Selbstbestimmung sowie der Wahrung des Gleichheitssatzes durch die Verhinderung genetischer Benachteiligung nach. Es gilt, die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen bei Menschen zu nutzen und gleichzeitig den Missbrauchsgefahren und Risiken zu begegnen.

Zu § 2 - Anwendungsbereich:

Zu Absatz 1:

Das Gesetz regelt genetische Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführte genetische Analysen bei Menschen, also bei Lebenden. Die genetische Analyse, die als labortechnisches Untersuchungsverfahren unter Verwendung genetischer Untersuchungsmittel vorgenommen wird, ist integraler Bestandteil der genetischen Untersuchung.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes beschränkt sich auf die abschließend aufgezählten Bereiche genetischer Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben. In den Anwendungsbereich einbezogen sind lebende Embryonen und Föten während der Schwangerschaft. Genetische Untersuchungen und Analysen an extrakorporal erzeugten und sich außerhalb des Mutterleibes befindenden Embryonen, d.h. also die Präimplantationsdiagnostik und die präkonzeptionelle Polkörperdiagnostik werden nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst wird darüber hinaus sowohl der Umgang mit genetischen Proben, die für die genetische Untersuchungen gewonnen werden, als auch mit den daraus resultierenden genetischen Daten, also den aus einer genetischen Untersuchung oder genetischen Analyse oder vorgeburtlichen Risikoabklärung gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften. Genetische Untersuchungen bei Verstorbenen sowie bei toten Föten und Embryonen einschließlich des Umgangs mit den genetischen Proben und genetischen Daten werden vom Gesetz nicht erfasst; insoweit gelten Landesrecht bzw. datenschutzrechtliche Bestimmungen. Die Durchführung von Abstammungsuntersuchungen bei Verstorbenen erfolgt im Rahmen der jeweiligen familiengerichtlichen Verfahren.

Zu Absatz 2:

Es werden die einzelnen Rechtsgebiete aufgeführt, die aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.

Zu Nummer 1:

Nicht erfasst werden genetische Untersuchungen und Analysen und der Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken. Bei der genetischen Forschung geht es um die allgemeine Erforschung von Ursachenfaktoren menschlicher Eigenschaften. Sie zielt nicht auf konkrete Maßnahmen gegenüber einzelnen Personen. Der Bereich der genetischen Forschung richtet sich nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, soweit personenbezogene Daten erhoben und verwendet werden, nach dem Bundesdatenschutzgesetz sowie den bereichsspezifischen Datenschutzbestimmungen der Länder.

Zu Nummer 2:

Es werden die einzelnen Rechtsgebiete aufgeführt, die aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind.

Zu Buchstabe a:

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind genetische Untersuchungen und Analysen sowie der Umgang mit genetischen Daten und genetischen Proben auf Grund von Vorschriften über das Strafverfahren und damit auch der Vorschriften des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes.

Ebenso bleiben vom Anwendungsbereich ausgenommen genetische Untersuchungen und Analysen sowie der Umgang mit genetischen Daten und genetischen Proben auf Grund von Vorschriften der Polizeigesetze des Bundes und der Länder sowie über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und aufgrund des Bundeskriminalamtgesetzes; insoweit bestehen bereits spezialgesetzliche Regelungen.

Zu Buchstabe b:

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind ferner genetische Untersuchungen und Analysen, die aufgrund von Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen vorgenommen werden. Auch der Umgang mit genetischen Daten und genetischen Proben wird vom Anwendungsbereich des Gesetzes nicht erfasst, soweit die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen Anwendung finden, gleichgültig auf welcher Grundlage die genetischen Daten erhoben und die genetischen Proben gewonnen worden sind. Dies ist insbesondere von Bedeutung im Zusammenhang mit gesetzlichen Meldepflichten für bestimmte Krankheiten und Nachweise bestimmter Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz. Ferner bleiben sämtliche Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen unberührt.

Zu § 3 - Begriffsbestimmungen:

Zu Nummer 1:

Mit der Begriffsbestimmung werden die genetischen Untersuchungen erfasst, die entweder der sicheren Feststellung menschlicher genetischer Eigenschaften mittels genetischer Analyse (Nr. 1 Buchstabe a) oder einer vorgeburtlichen Risikoabklärung (Nr. 1 Buchstabe b) dienen.

Die genetische Untersuchung zielt dabei auf genetische Eigenschaften ab, die ererbt oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworben, also bei der betroffenen Person in der Embryonalentwicklung neu entstanden sind (siehe Nr. 4). Auch die Klärung der Abstammung beruht auf der Feststellung genetischer Eigenschaften und stellt daher eine genetische Untersuchung im Sinne dieser Begriffsbestimmung dar. Eine genetische Untersuchung ist immer auf einen bestimmten Untersuchungszweck gerichtet und schließt neben der genetischen Analyse oder der vorgeburtlichen Risikoabklärung immer auch die Beurteilung dieser Ergebnisse ein. Die Feststellung genetischer Eigenschaften mittels genetischer Analyse erfolgt durch unterschiedliche Untersuchungsmethoden, die in der Nummer 2 auf labortechnische Untersuchungen eingeschränkt werden. Damit wird letztlich auf Phänotyp-Untersuchungen verzichtet. Das eigentliche Missbrauchspotential bei der Gendiagnostik besteht darin dass es mittlerweile mittels labortechnischer Untersuchungen immer einfacher wird aus der kleinsten Probe genetische Daten zu ermitteln, dass diese Proben auch ohne das Wissen der betroffenen Person gewonnen werden (Haare, Speichel, Kaugummi o.a.) und weitergegeben werden können. Dieses Gefährdungspotenzial ist bei nachgeburtlichen Phänotyp-Untersuchungen nicht gegeben. Die vorgeburtliche Risikoabklärung auch mittels bildgebender Verfahren (vorgeburtliche Phänotyp-Untersuchungen) folgt einer anderen Systematik und hat den Schutz des Ungeborenen zum Ziel.

Zu Nummer 2:

Genetische Analysen, mit denen genetische Eigenschaften der Untersuchten festgestellt werden können, können anhand der unter Buchstaben a bis c genannten labortechnischen Analysemethoden vorgenommen werden.

Zu Buchstabe a:

Mit der zytogenetischen Analyse oder auch Chromosomenanalyse werden lichtmikroskopisch Abweichungen in Anzahl und Struktur der 46 menschlichen Chromosomen festgestellt. Auch die molekularzytogenetische Untersuchung z.B. mittels Fluoreszenzinsitu- Hybridisierung (FISH), mit der das Fehlen kleinerer Stücke und andere Strukturveränderungen der Chromosomen festgestellt werden, ist von der zytogenetischen Analyse erfasst.

Zu Buchstabe b:

Bei der Analyse des zu untersuchenden Gens und des Genoms auf molekularer Ebene unterscheidet das Gesetz die Untersuchung der Ribonukleinsäure (RNA), einem Zwischenprodukt bei der Übertragung des genetischen Codes in ein Protein, und die Untersuchung der Desoxyribonukleinsäure (DNA). Durch Untersuchungen an DNA können Veränderungen an dieser (Mutationen) erkannt werden. Techniken, die hierbei zur Anwendung kommen, sind neben der DNA-Sequenzierung beispielsweise die Polymerasekettenreaktion (PCR), Hybridisierungen oder Mikrosatelliten-Analysen. Zu den Analysen der molekularen Struktur von DNA oder RNA gehören ebenfalls Analysen zur Bestimmung epigenetischer Veränderungen, beispielsweise des Methylierungszustandes der DNA.

Aber nicht jede Veränderung muss krankheitsrelevant sein. Bei den so genannten Polymorphismen handelt es sich um mehr oder weniger häufig in der Bevölkerung vorkommende Varianten eines Gens, die in der Regel nicht mit einer Erkrankung oder gesundheitlichen Störung einhergehen. Gelegentlich werden allerdings Verknüpfungen (Assoziationen) zwischen diesen variablen Merkmalen und Krankheiten beobachtet. In anderen Fällen werden Polymorphismen für die genetischen Untersuchungen zur Klärung der Abstammung genutzt.

Zu Buchstabe c:

Auch die Analyse der Genprodukte von DNA und RNA, der Proteine, wird vom Gesetz erfasst.

Bei diesen Analysen kann es sich um Strukturanalysen, Aktivitäts- und funktionelle Proteinuntersuchungen und andere biochemische und proteinchemische Analysen handeln, sofern diese geeignet sind, das Vorliegen genetischer Eigenschaften im Sinne von Nummer 1 in Verbindung mit Nummern 7 und 8 tatsächlich festzustellen. Auch die Tandemmassenspektrometrie, mit der Gen- und Stoffwechselprodukte nachgewiesen werden, gehört zu den Analysen der Genprodukte.

Zu Nummer 3:

Die vorgeburtliche Risikoabklärung kann sowohl durch eine Laboruntersuchung (z.B. Triple-Test) als auch durch Untersuchung des Embryos oder Fötus mittels bildgebender Verfahren (z.B. Ultraschallbestimmung der Nackenfalte) vorgenommen werden. Ziel dieser Art der genetischen Untersuchung ist es, lediglich die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung beim ungeborenen Kind, z.B. Chromosomenstörungen, abzuklären.

Zu Nummer 4:

Genetische Eigenschaften sind nur die ererbten oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbenen, also bei der betroffenen Person während der Embryonalentwicklung neu entstandenen Erbinformationen des Menschen. Das Gesetz erfasst daher keine genetischen Untersuchungen auf im Lebenslauf erworbene genetische Veränderungen. Dies erlangt insbesondere im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatzmonitoring Bedeutung. Somatische genetische Veränderungen, d.h. Veränderungen, die nur in einem Teil der Körperzellen und in der Regel nicht in den Keimzellen vorkommen, sind vom Gendiagnostikgesetz nicht erfasst, da der Regelungsbedarf des GenDG von der Besonderheit genetischer Daten ausgeht. Diese haben u.a. eine Vorhersagekraft auch über das getestete Individuum hinaus und sind zeitlich unbegrenzt (d.h. ein Leben lang) gültig. Diese Eigenschaften treffen für somatische genetische Veränderungen nicht zu. Für Untersuchungen auf somatische genetische Veränderungen gilt selbstverständlich das allgemeine Arztrecht, für den Schutz der dabei gewonnenen medizinischen Daten gelten § 203 des Strafgesetzbuchs und das Bundesdatenschutzgesetz sowie ggf. bereichsspezifische Datenschutzbestimmungen der Länder, wie sie sich z.B. in den Krankenhausgesetzen der Länder finden.

Nicht erfasst werden auch solche Erbinformationen, die nicht menschlichen Ursprungs sind (z.B. HIV). Hierbei handelt es sich um die Folgen von Infektion und Übertragung von Retroviren (z.B. HIV), die eine Integration der viralen Erbinformation in die DNA des Infizierten einschließt.

Die Integration des Virus führt aber nicht dazu, dass es sich dann um eine menschliche Erbinformation handelt.

Zu Nummer 5:

Zur besseren Lesbarkeit des Gesetzes wird in Nummer 5 festgelegt, wer verantwortliche ärztliche Person im Rahmen des Gesetzes ist. Dabei knüpft die Verantwortlichkeit an die Vornahme der genetischen Untersuchung an.

Zu Nummer 6:

Nummer 6 definiert die genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken als diagnostische oder prädiktive genetische Untersuchungen. Diese Definitionen wiederum stellen ausschließlich auf Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen ab, weshalb genetische Untersuchungen mit einer anderen Zweckbestimmung, z.B. Untersuchungen im Hinblick auf die Eignung als Organspender (z.B. HLA-Typisierungen), nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst sind.

Zu Nummer 7:

Nummer 7 definiert die diagnostische genetische Untersuchung.

Zu Buchstabe a:

Die Konstellation in Buchstabe a erfasst die Fälle, in denen durch die genetische Untersuchung festgestellt werden soll, ob bestimmte genetische Eigenschaften für eine bereits bestehende Erkrankung oder gesundheitlichen Störung ursächlich oder mitursächlich sind. Dies soll durch die Bestimmung von genetischen Veränderungen geklärt werden. Bei diesen genetischen Veränderungen kann es sich um solche handeln, die für eine genetisch bedingte Erkrankung oder gesundheitliche Störung verantwortlich sind. Es kann jedoch auch um genetische Veranlagungen gehen, also um Risikofaktoren, Prädispositionen oder Überempfindlichkeiten, die bereits manifestierte Erkrankungen oder gesundheitlichen Störungen ausgelöst oder jedenfalls neben anderen Faktoren mit ausgelöst haben.

Zu Buchstabe b:

Unabhängig davon, ob eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung bereits besteht, wird die Feststellung genetischer Eigenschaften, die zusammen mit äußeren Faktoren oder Fremdstoffen zu einer solchen Erkrankung oder gesundheitliche Störung führen können, ebenfalls zu den diagnostischen Untersuchungen gezählt. Erfasst werden damit einerseits Untersuchungen z.B. auf den Acetyliererstatus, wie sie in der Arbeitsmedizin angewandt werden und andererseits Untersuchungen auf Risikofaktoren, Prädispositionen oder Überempfindlichkeiten für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen, die erst durch Einwirkung äußerer Faktoren manifest werden. Das heißt immer dann, wenn eine Exposition gegenüber Fremdstoffen oder äußeren Faktoren (z.B. Allergenen), die bekannterweise bei entsprechender genetischer Disposition zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führen, untersucht wird handelt es sich um eine diagnostische genetische Untersuchung. Da mit diesen genetischen Eigenschaften in der Regel nur geringe prädiktive Werte verbunden sind, wäre eine Zuordnung zu den prädiktiven genetischen Untersuchungen nicht angemessen.

Zu Buchstabe c:

Die diagnostische genetische Untersuchung kann als so genannte pharmakogenetische Untersuchung auch dem Ziel dienen, das Vorliegen genetischer Eigenschaften festzustellen, die die Wirkung von Arzneimitteln ganz oder teilweise beeinflussen können, um bei den betroffenen Personen auf diese Weise eine Optimierung der Arzneimitteltherapie zu ermöglichen.

Zu Buchstabe d:

Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung kann das Ziel im Gegensatz zu Buchstabe a auch darin bestehen festzustellen, ob eine genetische Eigenschaft vorliegt, die ursächlich oder mitursächlich dafür ist, dass eine mögliche Erkrankung oder gesundheitliche Störung nicht auftritt; z.B. bei Resistenz gegen das HI-Virus.

Zu Nummer 8:

Ziel der prädiktiven genetischen Untersuchung ist es, genetische Veränderungen (Mutationen) zu identifizieren, die in späteren Lebensstadien mit erhöhter oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Krankheit führen (z.B. familiärer Brustkrebs, Chorea Huntington). Eine prädiktive genetische Untersuchung dient daher der Feststellung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die zukünftig für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung bei der betroffenen Person oder einer von ihr abstammenden Person - so im Fall der bloßen Anlageträgerschaft - ursächlich oder mitursächlich sein können, ohne dass dabei äußere Faktoren im Sinne von Nummer 7 Buchstabe b maßgeblich zum Ausbruch dieser Erkrankung beitragen, wie z.B. bei multifaktoriellen Erkrankungen.

Zu prädiktiven Zwecken eingesetzte genetische Untersuchungen lassen sich wiederum unterscheiden in prädiktivdeterministische und prädiktivprobabilistische.

Prädiktivdeterministische Untersuchungen erfassen Genveränderungen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im späteren Leben zur Entwicklung eines Krankheitsbildes führen. Als beispielhafter Fall kann hier die Chorea Huntington genannt werden, die in der Regel im mittleren Erwachsenenalter ausbricht.

Prädiktivprobabilistische Untersuchungen identifizieren genetische Veränderungen, die eine weitaus geringere Durchschlagskraft (Penetranz) haben. Auf der Grundlage solcher Untersuchungen sind bestenfalls Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des späteren Auftretens einer Krankheit möglich, aber keinesfalls sichere individuelle Prognosen.

Zu Nummer 9:

Reihenuntersuchungen bzw. Screenings sind Suchtests zur Erfassung eines klinisch symptomlosen Krankheitsstadiums. Nach der international gültigen Definition von Screening (s.

US Commission on Chronic Illness) versteht man unter einem Screening das Testen auf Erkrankungen oder ihre Prädisposition in einer definierten Population zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Individuum klinisch noch gesund fühlt, mit dem Zweck, durch frühzeitiges Erkennen und Behandeln Morbidität und Mortalität zu verringern. Für genetische Reihenuntersuchungen heißt das - und so wurde genetisches Screening von der Europäischen Gesellschaft für Humangenetik (ESHG) definiert - dass jeder Test, der systematisch durchgeführt wird um eine erbliche Erkrankung, deren Disposition oder Anlageträger für solche Erkrankungen frühzeitig zu entdecken oder auszuschließen, eine genetische Reihenuntersuchung ist. Nach dieser Definition ist beispielsweise das bereits etablierte Neugeborenen-Screening, mit dem auf Genprodukte-Ebene auf behandelbare Stoffwechselerkrankungen wie Phenylketonurie und andere untersucht wird, eine genetische Reihenuntersuchung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 9. Genetische Reihenuntersuchungen nach der o.g. Definition der ESHG sind auch solche Untersuchungen, mit denen bei Gruppen oder Populationen mit durchschnittlichem oder leicht erhöhtem Krankheitsrisiko nach Anlageträgern für rezessive Erkrankungen (z.B. ß-Thalassämie, zystische Fibrose) oder Risikopersonen mit Krankheitsveranlagungen (z.B. Fettstoffwechselstörungen, Thromboseneigung oder Eisenspeicherkrankheit) gesucht wird. Ein Screening im Hinblick auf Anlageträger für rezessive Erkrankungen (z.B. ß-Thalassämie, zystische Fibrose), d.h. sog. Heterozygotentests - wie diese in einigen Ländern durchgeführt werden -, soll nach § 16 in Deutschland jedoch nicht zulässig sein.

Zu Nummer 10:

Genetische Probe im Sinne des Gesetzes kann jedes menschliche biologische Material sein.

In erster Linie kommen jedoch Blut oder andere zellhaltige Körperflüssigkeiten sowie Haut, Haare oder Gewebeproben in Betracht. Abzustellen ist in dem Zusammenhang auf ihren Verwendungszweck. Es geht um Substanzen, die bereits für eine genetische Analyse verwendet worden sind, gerade verwendet werden oder für eine solche Verwendung vorgesehen sind. Dabei kann es sich zum einen um eigens zu diesen Zwecken gewonnenes, aber zum anderen auch um genetisches Material handeln, das zunächst zu ganz anderen Untersuchungszwecken oder ohne bestimmten Verwendungszweck gewonnen wurde und erst im Nachhinein zur Verwendung für eine genetische Analyse dienen soll.

Zu Nummer 11:

Als genetische Daten werden alle durch genetische Untersuchungen oder Analysen gewonnenen Informationen über genetische Eigenschaften verstanden. Genetische Daten werden damit insgesamt erfasst und nach Maßgabe des Gesetzes geschützt.

Zu Nummer 12:

Beschäftigte im Sinne des Gesetzes sind alle in der Vorschrift im Einzelnen aufgezählten Personen. Erfasst werden neben allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst auch Personen, denen aufgrund des SGB IX eine arbeitnehmerähnliche Stellung zukommt, insbesondere die in Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten und Rehabilitanden sowie Personen, die Dienst im Rahmen eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres leisten. Auch Bewerber und Bewerberinnen um ein Beschäftigungsverhältnis sowie solche Personen, deren Beschäftigungsverhältnis bereits beendet ist, werden erfasst.

Zu Nummer 13:

Als Arbeitgeber werden in diesem Gesetz die natürlichen oder juristischen Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften bezeichnet, die Personen nach Nummer 12 beschäftigen.

Die Begriffsbestimmung berücksichtigt die Besonderheiten des Heimarbeitsverhältnisses sowie die Situation von Beschäftigten, die zur Arbeitsleistung an einen anderen Arbeitgeber überlassen werden, indem der entleihende Arbeitgeber neben dem die Beschäftigten überlassenden Arbeitgeber auch Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes ist.

Zu § 4 - Benachteiligungsverbot:

Zu Absatz 1

Jeder Form von Benachteiligung wegen des Vorliegens oder Nichtvorliegens genetischer Eigenschaften sowie wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen Untersuchung oder Analyse ist entgegenzutreten. Im Hinblick auf seine besondere Bedeutung im Bereich der Genetik soll dieser Grundsatz mit § 4 besonders herausgestellt werden.

Die Aussagekraft genetischer Untersuchungen kann leicht überschätzt werden. Die Feststellung genetischer Eigenschaften erlaubt häufig nur eine typisierende Zuordnung bestimmter weiterer Eigenschaften, etwa einer bestimmten Erkrankung oder eines bestimmten Erkrankungsrisikos.

Insbesondere bei prädiktiven genetischen Untersuchungen gründen Aussagen über das Ergebnis wesentlich auf Wahrscheinlichkeiten. Es handelt sich um prognostische Aussagen, die bis zur tatsächlichen Manifestation der festgestellten Eigenschaft weder bestätigt noch widerlegt werden können. Die Wahrscheinlichkeitsaussage für den konkreten Fall hängt aber insbesondere bei multifaktoriellen Erkrankungen von einer Vielzahl individueller Faktoren endogener und exogener Art ab. Insofern darf der Mensch auch im Hinblick auf seine gesundheitliche Situation nicht auf das bloße genetische Substrat reduziert werden.

Die Vorschrift enthält in Satz 1 den Grundsatz, der durch weitere Vorschriften des Gesetzes konkretisiert wird. Damit wird das Benachteiligungsverbot bekräftigt, das auch auf internationaler Ebene verankert ist, etwa in Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit den Menschenrechten und Grundfreiheiten nach dieser Konvention, sowie in Artikel 11 des Übereinkommens des Europarates über Menschenrechte und Biomedizin .

Genetische Eigenschaften lassen oft auch Rückschlüsse auf die genetischen Eigenschaften von Verwandten zu. Daher werden auch Benachteiligungen, die an festgestellte genetische Eigenschaften Verwandter anknüpfen, erfasst. Dabei stellt das Gesetz nicht auf die rechtliche Verwandtschaft (§ 1589), sondern vielmehr auf die leibliche Abstammung ab. Dies wird durch die Formulierung "genetisch verwandt" zum Ausdruck gebracht. Das Gesetz will auch verhindern, dass die höchstpersönliche Entscheidung, ob eine genetische Untersuchung vorgenommen wird oder nicht, für die betroffene Person mit negativen Konsequenzen verbunden ist. Das Benachteiligungsverbot bedeutet jedoch nicht, dass es aus sachlich gerechtfertigten Gründen nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung kommen darf.

Die Vorschrift richtet sich an staatliche Organe ebenso wie an Private. Sie wird konkretisiert durch eine Reihe weiterer Vorschriften des Gesetzes, die einer Benachteiligung aus den genannten Gründen entgegenwirken. Das allgemeine Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 wird durch das Gesetz für die Bereiche, in denen eine Benachteiligung praktische Bedeutung gewinnt besonders ausgeformt. Damit werden konkrete Ver- und Gebote normiert, deren Verletzung Rechtsfolgen aufgrund allgemeiner Bestimmungen (z.B. § 134 BGB) oder spezieller Regelungen dieses Gesetzes nach sich ziehen kann. So verbietet § 18 für den Bereich des Privatversicherungsrechts weitgehend die Verwendung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen.

§ 21 konkretisiert das allgemeine Benachteiligungsverbot für den Bereich der Beschäftigungsverhältnisse und bestimmt in Absatz 2 als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen dieses spezielle Benachteiligungsverbot, dass die Vorschriften der §§ 15 und 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über Entschädigung, Schadensersatz und Beweislast entsprechende Anwendung finden.

Zu Absatz 2

Die Regelung stellt klar, dass andere Benachteiligungsverbote (z.B. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) oder andere Gleichbehandlungsgebote (z.B. der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz) durch die Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt werden. Das soll auch für die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz enthaltenen Regelungen zur Verhinderung von Benachteiligungen wegen bestimmter Merkmale oder Eigenschaften gelten, die, wie z.B. das Geschlecht, durch genetische Eigenschaften der betroffenen Personen bedingt sind oder, wie z.B. eine Behinderung, bedingt sein können. Daneben bleiben auch öffentlichrechtliche Schutzvorschriften für bestimmte Personengruppen unberührt, wie z.B. die Mutterschutzvorschriften.

Zu § 5 - Qualitätssicherung genetischer Analysen:

Für Einrichtungen, die genetische Analysen im Rahmen von genetischen Untersuchungen vornehmen werden in dieser Vorschrift Qualitätsanforderungen festgelegt. Die besonders dynamische wissenschaftliche Entwicklung in der genetischen Diagnostik - insbesondere bezüglich multifaktoriell bedingter Eigenschaften und prädiktiver Aussagen - gebietet eine Regelungsform, die der raschen Entwicklung des Stands der Wissenschaft Rechnung trägt und sämtliche Einrichtungen, die genetische Analysen vornehmen, erfasst. Auf Grund der Besonderheit der genetischer Daten und der Bedeutung der Analyseverfahren für die Aussagekraft der gewonnenen genetischen Daten ist eine Akkreditierungspflicht für diesen Bereich geboten. Als Qualitätsnachweis gilt die Akkreditierung durch eine hierfür allgemein anerkannte Stelle. Dies ist die nationale Akkreditierungsstelle im Sinne der EG-Verordnung Nr. 3614/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anforderungen an Akkreditierung und Marktüberwachung bei der Vermarktung von Produkten vom 23. Juni 2008.

Akkreditiert werden Einrichtungen. Werden die genetischen Analysen von der verantwortlichen ärztlichen Person oder durch von dieser beauftragte Personen vorgenommen, darf dies nur in einer akkreditierten Einrichtung erfolgen. Diese Personen können selbst Inhaber dieser Einrichtungen sein.

Zutreffende Norm für die Akkreditierung von Einrichtungen, die genetische Untersuchungen durchführen ist die DIN EN ISO 15189:2007 "Medizinische Laboratorien - Besondere Anforderungen an die Qualität und Kompetenz" und für die Akkreditierung in der Abstammungsbegutachtung und Forensik die DIN EN ISO/IEC 17025 "Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien" in ihrer jeweils gültigen Fassung.

Nach Satz 1 darf eine genetische Analyse nur durch dafür akkreditierte Einrichtungen durchgeführt werden. Durch die Akkreditierung wird ein einheitlich hoher Qualitätsstandard gewährleistet.

Dies folgt auch aus den Guidelines der OECD zur Qualitätssicherung der humangenetischen Diagnostik (OECD Guidelines for Quality Assurance in Molecular Genetic Testing, 2007), in denen die Akkreditierung als die effektivste Form der Qualitätssicherung hervorgehoben wird.

Die Akkreditierung von Untersuchungseinrichtungen als Qualitätssicherungsverfahren ist bereits heute ein etabliertes Verfahren, das sich in vielen gesundheitsrelevanten Bereichen (z.B. bei Trinkwasseruntersuchungen) bewährt hat. Akkreditierung ist die Bestätigung durch eine dritte Stelle (Akkreditierungsstelle), dass eine Stelle die Kompetenz besitzt, bestimmte Tätigkeiten durchzuführen. Im Rahmen der Akkreditierung wird sowohl das Qualitätsmanagementsystem (Prozessqualität, Strukturqualität, Verbesserungsmaßnahmen, u.a.) als auch die Kompetenz (Ergebnisqualität) geprüft und dabei auch externe Qualitätssicherungsmaßnahmen mit in die Begutachtung einbezogen. Die Akkreditierung erfolgt auf der Grundlage bereits bestehender DIN-Normen sowie der allgemeinen Anforderungen der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen vom 23. November 2007 (Deutsches Ärzteblatt vom 15. Februar 2008). Zusätzlich basiert die Akkreditierung auf von den jeweiligen Fachgesellschaften erarbeiteten fachspezifischen Anforderungen (z.B. in Form von speziellen Checklisten), mit denen die allgemein gültigen Standards in die genetische Diagnostik und Abstammungsbegutachtung einfließen. Im Rahmen der Akkreditierung wird auch die Qualifikation des Fachpersonals sowie deren Teilnahme an regelmäßigen Weiterbildungen geprüft.

Ergänzend dazu wird der allgemein anerkannte Stand der Wissenschaft und Technik zu den spezifischen Anforderungen an die Qualität der Durchführung genetischer Analysen insbesondere an die Eignung und Zuverlässigkeit der Analysemethoden, die Verlässlichkeit der Analyseergebnisse und den Befundbericht zukünftig in Richtlinien nach § 23 Abs. 2 Nr. 4 durch die Gendiagnostik-Kommission festgelegt. Dadurch wird der wissenschaftlichen Dynamik in diesem Bereich hinreichend Rechung getragen.

Der Ablauf eines Akkreditierungsverfahrens unterteilt sich in Antragstellung, Begutachtung, Akkreditierung und Überwachung. Die Begutachtung erfolgt durch ein Begutachterteam, das aus einem Leitenden Begutachter und einem fachspezifischen Begutachter besteht. Nach einer Dokumentenprüfung und Begehung des Laboratoriums vor Ort wird, nach Prüfung des Begutachtungsberichts und Entscheidung durch den Akkreditierungsausschuss, die Akkreditierungsurkunde ausgestellt.

In Satz 2 Nummern 1 bis 4 werden die unverzichtbaren Voraussetzungen für genetische Analysen aufgeführt:

Nach Satz 3 erfolgt die Akkreditierung für das jeweilige Untersuchungsgebiet (z.B. Humangenetik) und spezifisch für die zur Akkreditierung beantragten Analysearten (auf die verwendete Technik bezogen) und Analyseverfahren (indikationsbezogen). Auf diese Weise wird die Gesamt-Kompetenz eines Labors für die Durchführung genetischer Analysen geprüft. Innerhalb der angegebenen und akkreditierten Analysearten kann das Laboratorium Analyseverfahren modifizieren oder einführen. So ist beispielsweise auch eine qualitätsgesicherte genetische Analyse für seltene Erkrankungen gewährleistet, sofern diese in einem akkreditierten Labor erfolgt.

Nach Satz 4 ist die Akkreditierung auf fünf Jahre begrenzt. Dadurch wird gewährleistet, dass ein Laboratorium die Kompetenz zur Durchführung der jeweiligen humangenetischen Analysen nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik hat. Zur Qualitätssteigerung umfasst die Akkreditierung Plausibilitätsprüfungen, Überprüfung der Qualität der Ergebnisse und zusätzlich die Überwachung der Interpretationsleistung der Befundberichte.

Die Akkreditierung erfasst sowohl quantitative als auch qualitative Befundberichte.

Ein Verzeichnis der Akkreditierungsstelle weist alle akkreditierten Laboratorien aus. Innerhalb des Akkreditierungszeitraums erfolgen zusätzliche Überwachungsmaßnahmen bis hin zur Re-Akkreditierung. So führt die Akkreditierung zu einer kontinuierlichen Steigerung der Qualität von genetischen Analysen Eine darüber hinausgehende Kontrolle durch staatliche Einrichtungen ist nicht erforderlich.

Die durch die Vorschrift verpflichtend vorgesehene Akkreditierung genetischer Labore bedarf einer Vorbereitungsphase, die im Einzelfall umfangreiche Anpassungen an den Akkreditierungsstandard erforderlich machen. Insoweit wird in § 27 eine Übergangsfrist von achtzehn Monaten vorgesehen.

Zu § 6 - Abgabe genetischer Untersuchungsmittel:

§ 6 enthält eine Verordnungsermächtigung für eine Vertriebswegregelung für genetische Untersuchungsmittel.

Mit einer solchen Rechtsverordnung werden weder produktbezogene Anforderungen an genetische Untersuchungsmittel statuiert noch die Vermarktung der genetischen Untersuchungsmittel geregelt. Es können lediglich Bestimmungen erlassen werden, an welchen Personenkreis bestimmte genetische Untersuchungsmittel zur Endanwendung für genetische Untersuchungen nach Maßgabe dieses Gesetzes zu medizinischen Zwecken oder zur Klärung der Abstammung abgegeben werden dürfen. Die produktbezogenen Anforderungen für genetische Untersuchungsmittel sind, soweit sie als Medizinprodukte einzustufen sind im Medizinprodukterecht EU-rechtlich harmonisiert geregelt; eine nationale Sonderregelung, etwa für Genchips zur Vornahme genetischer Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, ist deshalb nicht möglich.

Derzeit wird kein Regelungsbedarf gesehen, die Vermarktung genetischer Untersuchungsmittel zu beschränken. Da genetische Untersuchungen unter Verwendung genetischer Untersuchungsmittel - insbesondere auch die mit Hilfe von so genannten Genchips durchgeführten - nicht ohne aufwändige Aufbereitung der genetischen Probe und nur unter Hinzuziehung verschiedener Apparaturen und damit nicht für den Laien auswertbar sind, besteht derzeit kein gesetzlicher Handlungsbedarf. Für den Fall, dass sich künftig Bedarf für eine Vertriebswegregelung ergeben sollte, sieht das Gesetz vor, dass das Bundesministerium für Gesundheit eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erlässt, mit der bestimmt werden kann, dass in der Rechtsverordnung zu bezeichnende genetische Untersuchungsmittel, die nach ihrer individuellen Zweckbestimmung dazu dienen, genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken und zur Klärung der Abstammung vorzunehmen, zur Endanwendung bei Menschen, nur an nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigte Personen und Einrichtungen abgegeben werden dürfen. Davon nicht betroffen ist der Vertrieb des Herstellers an etwaige Zwischenhändler. Denn selbst wenn zukünftig "lesbare Selbsttests" entwickelt werden sollten, bestünde kein Bedarf für eine Vertriebswegregelung außer für die Abgabe an Endanwender.

Zu Abschnitt 2 - Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken:

Zu § 7 - Arztvorbehalt:

Das Gesetz sieht in § 7 einen umfassenden Arztvorbehalt vor, der für alle genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken gilt. Durch den Arztvorbehalt wird sichergestellt, dass genetische Untersuchungen nur durch dazu qualifizierte Personen vorgenommen werden und dass die Untersuchung einschließlich der Aufklärung und genetischen Beratung sowie der Befundmitteilung angemessen und kompetent durchgeführt wird. Gerade im Hinblick auf prädiktive genetische Untersuchungen kommt der genetischen Beratung und deren Qualität ganz wesentliche Bedeutung zu. Der Arztvorbehalt stellt zwar einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit derer dar, die, ohne Ärztin oder Arzt zu sein, genetische Untersuchungen durchführen wollen. Diese Beschränkung ist jedoch durch den mit dem Arztvorbehalt bezweckten Schutz der ebenfalls grundrechtlich geschützten Rechtsgüter der Gesundheit und der informationellen Selbstbestimmung gerechtfertigt. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Bevölkerung wird so die Entstehung eines "freien Marktes" für genetische Untersuchungen, auf dem Diagnoseleistungen nach rein kommerziellen Gesichtspunkten angeboten werden weitgehend ausgeschlossen.

Zu Absatz 1:

Nach Satz 1 darf eine diagnostische genetische Untersuchung von jeder Ärztin oder jedem Arzt vorgenommen werden. Prädiktive genetische Untersuchungen bedürfen einer besonderen Qualifikation. Die notwendige Qualifikation ist bei Fachärztinnen oder Fachärzte für Humangenetik oder Ärztinnen oder Ärzte, die sich im Rahmen des Erwerbs einer Facharzt-, Schwerpunkt-, oder Zusatzbezeichnung für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, gegeben. Danach darf jede Ärztin oder jeder Arzt, zu deren beziehungsweise dessen Ausbildungsinhalten nach der jeweiligen für sie beziehungsweise ihn geltenden Weiterbildungsordnung Kenntnisse über erbliche Krankheiten gehören, eine prädiktive genetische Untersuchung in dem jeweiligen Fachgebiet durchführen. Dies ist beispielsweise bei pränatalen genetischen Untersuchungen für Gynäkologen von Bedeutung, als anderes Beispiel dient die Pädiatrie.

Den Ärztinnen und Ärzten nach Satz 1 gleichgestellt sind nach Satz 2 Ärztinnen und Ärzte aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben sofern sie im Besitz eines gleichwertigen Ausbildungsnachweises sind und den Beruf in Deutschland ausüben dürfen.

Zu Absatz 2:

Die genetische Analyse genetischer Proben ist nach dieser Vorschrift nur im Rahmen genetischer Untersuchungen zulässig. Das darin enthaltene Verbot, genetische Analysen außerhalb dieses Rahmens, d. h. ohne die anschließend vorgesehene Interpretation des Befundes im Hinblick auf den Untersuchungszweck, vorzunehmen, dient dem Schutz der betroffenen Patientinnen und Patienten.

Die Vornahme genetischer Analysen im Rahmen genetischer Untersuchungen zu medizinischen Zwecken darf grundsätzlich nur durch die verantwortliche ärztliche Person oder durch von dieser beauftragte Personen oder Einrichtungen erfolgen. Die Beauftragung anderer Personen oder Einrichtungen ändert nichts an der Verantwortlichkeit der die Beauftragung veranlassenden ärztlichen Person. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung des Analyseergebnisses und die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses an die betroffene Person. Im Falle der Beauftragung anderer Personen oder Einrichtungen hat die verantwortliche ärztliche Person die genetische Probe zu pseudonymisieren, es sei denn, die beauftragte Person oder Einrichtung rechnet ihre Leistungen selbst unmittelbar mit der betroffenen Person oder mit einem Kostenträger ab. Die in § 5 festgelegten Qualitätsanforderungen hinsichtlich der Durchführung der genetischen Analyse gelten für jeden, der die Analyse durchführen will unabhängig davon, ob es sich dabei um die verantwortliche ärztliche Person oder eine von dieser beauftragten Person oder Einrichtung handelt.

Zu Absatz 3:

Durch diese Vorschrift wird gewährleistet, dass auch die genetische Beratung unter Arztvorbehalt steht und nur durch insoweit qualifizierte Ärztinnen und Ärzte durchgeführt wird. Dadurch wird der Bedeutung, die der genetischen Beratung zugemessen wird, Rechnung getragen.

Die genetische Beratung muss nicht zwingend von der verantwortlichen ärztlichen Person selbst durchgeführt werden. Sie kann auch durch eine andere für eine genetische Beratung qualifizierte ärztliche Person erfolgen. Im Gegensatz zur Delegation der genetischen Analyse wird hier jedoch eine eigene rechtliche Beziehung zum Patienten begründet, die selbständig neben das Behandlungsverhältnis des Patienten zur verantwortlichen ärztlichen Person tritt. Die ärztliche Person, die die genetische Beratung durchführt, wird dadurch jedoch nicht auch zur verantwortlichen ärztlichen Person.

Die genetische Beratung ist eine anerkannte Leistung, die überwiegend von Fachärzten für Humangenetik und Medizinern (in der Regel Gynäkologen und Pädiater) mit Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik erbracht wird.

Die Qualifikation für die genetische Beratung soll jedoch nicht allein auf einer Qualifikation nach der Weiterbildungsordnung der Ärztinnen und Ärzte beruhen. Vielmehr wird durch die Ausweitung des Angebots von genetischer Beratung nach diesem Gesetz diese zu ausgewählten Indikationen und Krankheitsbildern auch von jeder anderen Ärztin oder jedem anderen Arzt mit einer besonderen Qualifizierung für genetische Beratung durchgeführt werden müssen. Diese speziellen Fragestellungen sowie die dafür erforderlichen Anforderungen soll die Gendiagnostik-Kommission in Richtlinien festlegen. Dabei kann die Kommission jederzeit auf Änderungen oder aktuelle Entwicklungen zeitnah und flexibel reagieren.

Zu § 8 - Einwilligung:

Eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken einschließlich der Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person vorgenommen werden.

Zu Absatz 1:

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes gibt jeder Person die Freiheit, über die Erhebung und Verbreitung eigener persönlicher Daten selbst zu entscheiden. Dementsprechend bedarf auch die Vornahme einer genetischen Untersuchung der vorherigen Einwilligung der betroffenen Person. Die Einwilligung muss sich auf die im Zusammenhang mit der genetischen Untersuchung nach Aufklärung getroffenen Entscheidungen beziehen. Das Schriftformerfordernis dient sowohl dem Betroffenen zum Schutz vor übereilten Entscheidungen als auch der verantwortlichen ärztlichen Person zum Schutz vor Beweisschwierigkeiten.

Entsprechend dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat die betroffene Person selbst sowohl über die Vornahme als auch über den Umfang einer genetischen Untersuchung zu medizinischen Zwecken zu entscheiden. Die Entscheidung der betroffenen Person erstreckt sich auch darauf, welche der mit dem vorgesehenen genetischen Untersuchungsmittel erzielbaren Informationen über genetische Eigenschaften sowie ob und gegebenenfalls welche bei der Aufklärung benannten möglichen unerwarteten Untersuchungsergebnisse in die genetische Untersuchung einbezogen werden sollen.

Im Rahmen der Einwilligung hat die betroffene Person auch zu entscheiden, ob und inwieweit ihr das Ergebnis der genetischen Untersuchung zur Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist. Es besteht nur die Wahl zwischen Kenntnisnahme der Ergebnisse oder aber Vernichtung der Ergebnisse ohne Möglichkeit der Kenntnisnahme. Dies bringt zum Ausdruck, dass es nicht möglich ist, die Befunde erst zur Kenntnis zu nehmen und dann vernichten zu lassen mit der Folge, dass sie nicht Bestandteil der Behandlungsunterlagen wären. Einmal mitgeteilte Untersuchungsergebnisse werden im Hinblick auf das jeweilige Arzt-Patienten-Verhältnis als existent betrachtet. Dies kann in vielerlei Zusammenhängen Bedeutung gewinnen, z.B. bei dem Abschluss einer Lebensversicherung. Auch insoweit hat die betroffene Person die Entscheidungsfreiheit, das Untersuchungsergebnis insgesamt zur Kenntnis zu nehmen oder vernichten zu lassen oder nur Teile des Untersuchungsergebnisses zur Kenntnis zu nehmen und die anderen Teile vernichten zu lassen. Die Entscheidungsoption der Vernichtung kann sich dabei nur auf die Feststellungen beziehen, die in den für die jeweilige Person erstellten Unterlagen enthalten sind. Wird also z.B. eine genetische Untersuchung des Bruders der bereits untersuchten ratsuchenden Person vorgenommen, kann auch die Vernichtung der Ergebnisse nur in den jeweils eigenen Unterlagen verlangt werden, die dann unverzüglich zu erfolgen hat.

Satz 3 legt fest, dass ein Nachweis der Einwilligung auch den Personen und Einrichtungen vorliegen muss, die im Auftrag der verantwortlichen ärztlichen Person die genetische Analyse vornehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass an genetischen Proben keine von der betroffenen Person ungewollten Analysen vorgenommen werden.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 regelt den Widerruf der Einwilligung, der aus den gleichen Gründen wie die Einwilligung schriftlich zu erfolgen hat. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die mit einem Widerruf verbundenen Rechtsfolgen unbedingt erforderlich. Es wird klargestellt, dass die Einwilligung jederzeit und zwar mit Wirkung für die Zukunft, widerrufen werden kann. Das bedeutet, dass eine noch nicht begonnene Untersuchung zu unterbleiben hat und eine bereits begonnene unverzüglich abzubrechen ist. Dies ist eine zwingende Ausprägung des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Satz 2 legt entsprechend der Regelung in Absatz 1 Satz 3 fest, dass ein Nachweis des Widerrufs auch den Personen und Einrichtungen vorliegen muss, die im Auftrag der verantwortlichen ärztlichen Person die genetische Analyse vornehmen.

Zu § 9 - Aufklärung:

Zu Absatz 1:

Nach Satz 1 hat die verantwortliche ärztliche Person vor Einholung der Einwilligung die betroffene Person aufzuklären. Die Aufklärung der betroffenen Person vor genetischen Untersuchungen ist Voraussetzung für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und eine wirksame Einwilligung der betroffenen Person in die genetische Untersuchung. Dies schließt nicht aus, dass die betroffene Person im Einzelfall auf die Aufklärung oder Teile davon verzichten kann dies entspricht dem allgemein anerkannten Recht auf Aufklärungsverzicht.

Satz 2 legt fest, dass der betroffenen Person nach der Aufklärung noch eine angemessene Bedenkzeit bis zur Entscheidung über die Einwilligung einzuräumen ist. Welche Bedenkzeit im Einzelfall angemessen ist, hängt von der Art und Bedeutung der unter Umständen zu erwartenden Diagnose und den Auswirkungen auf die von der Untersuchung betroffenen Person und deren Familie ab.

Zu Absatz 2:

Der Aufklärung vor genetischen Untersuchungen wird große Bedeutung beigemessen. Daher werden wesentliche Aufklärungsinhalte im Einzelnen aufgeführt.

Zu Nummer 1:

Es ist zunächst über Zweck, Art, Umfang und Aussagekraft der genetischen Untersuchung einschließlich der mit dem Untersuchungsmittel, das für die genetische Untersuchung verwendet werden soll, im Rahmen des Untersuchungszwecks erzielbare Ergebnisse aufzuklären.

Die Aufklärung über die Aussagekraft beinhaltet auch die Aufklärung über die Zuverlässigkeit der vorgesehenen Analysemethode für den Untersuchungszweck sowie über die Verlässlichkeit des Analyseergebnisses. Die Aufklärung über die mit dem vorgesehenen genetischen Untersuchungsmittel erzielbaren Ergebnisse beschränkt sich auf den Untersuchungszweck, d. h. die mit der Untersuchung abzuklärenden genetischen Eigenschaften. Soweit das vorgesehene genetische Untersuchungsmittel, z.B. ein Multichip, bei der genetischen Analyse weitere als die mit der genetischen Untersuchung abzuklärenden genetischen Eigenschaften zur Verfügung stellt, ist die betroffene Person sowohl darüber vollständig aufzuklären als auch auf die Vernichtung der Überschussinformationen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 hinzuweisen.

Damit wird der betroffenen Person zugleich die Möglichkeit eröffnet, darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die mit einem solchen genetischen Untersuchungsmittel erzielbaren Informationen über genetische Eigenschaften in die Untersuchung einbezogen werden sollen. Die Ärztin oder der Arzt hat den Patienten auch über die Bedeutung der untersuchten genetischen Eigenschaften für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung aufzuklären einschließlich etwaiger diagnostischer, prophylaktischer oder therapeutischer Möglichkeiten. Darüber hinaus kann es angezeigt sein, über die Möglichkeit eines unerwarteten Untersuchungsergebnisses zu informieren. Dies kommt dann zum Tragen, wenn es nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik möglich ist, dass bei der Abklärung der mit der vorgesehenen genetischen Untersuchung abzuklärenden genetischen Eigenschaften bestimmte unerwartete genetische Eigenschaften festgestellt werden, die nicht vom Untersuchungszweck umfasst sind, wie z.B. andere genetische Eigenschaften der betroffenen Person oder der Ausschluss einer Vaterschaft als Nebenbefund der genetischen Untersuchung.

Zu Nummer 2:

Die Aufklärung erstreckt sich auch auf mögliche gesundheitliche Risiken, die mit der Kenntnis des Ergebnisses der genetischen Untersuchung selbst, aber auch mit der Gewinnung der dafür erforderlichen genetischen Probe verbunden sind. Dies gilt auch für die Risiken für den Embryo oder Fötus bei einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung.

Zu Nummer 3:

Auch die vorgesehene Verwendung sowohl der genetischen Probe als auch der Ergebnisse der genetischen Untersuchung oder Analyse, also der genetischen Daten, ist Gegenstand der Aufklärung. Vor dem Hintergrund humangenetischer Forschung kann in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit einer weiteren Verwendung dieser Proben oder Daten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung in die Aufklärung einbezogen werden.

Zu Nummer 4:

Im Rahmen jeder Aufklärung ist darauf hinzuweisen, dass die betroffene Person die erteilte Einwilligung in die genetische Untersuchung jederzeit nach § 8 Abs. 2 für die Zukunft widerrufen kann.

Zu Nummer 5:

Ausdrücklicher Aufklärungsinhalt ist auch, dass die betroffene Person über ihr Recht auf Nichtwissen in Kenntnis gesetzt wird, d. h. dass sie jederzeit jede weitere Information ablehnen und insoweit die Vernichtung dieser ihr nicht bekannten Informationen verlangen kann.

Die nähere Bestimmung der Anforderungen an den Inhalt der Aufklärung erfolgt durch Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission nach § 23 Abs. 2 Nr. 3.

Zu Nummer 6:

Wer an einer genetischen Reihenuntersuchung teilnimmt, ist vorab über das Ergebnis der Bewertung der Untersuchung durch die Gendiagnostik-Kommission nach § 16 Abs. 2 zu unterrichten.

Zu Absatz 3:

Absatz 3 enthält die Verpflichtung der verantwortlichen ärztlichen Person zur Dokumentation des Inhaltes der Aufklärung vor der genetischen Untersuchung.

Zu § 10 - Genetische Beratung:

§ 10 regelt Anforderungen an die genetische Beratung, die in Absatz 3 konkretisiert werden.

Es ist eine Abstufung der Beratungspflichten der Ärztin und des Arztes entsprechend den unterschiedlichen Beratungsanforderungen bei diagnostischen und prädiktiven genetischen Untersuchungen vorgesehen. So soll bei diagnostischen genetischen Untersuchungen die Beratung nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses angeboten werden, während bei prädiktiven genetischen Untersuchungen sowie bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen nach § 15 Abs. 2 ein verpflichtendes Angebot zur Beratung sowohl vor der Durchführung der jeweiligen Untersuchung als auch nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses gefordert wird. Anders als die Aufklärung ist die Beratung selbst eine ärztliche Leistung und daher im rechtlichen Sinne keine ergänzende Aufklärung. Die Beratung geht über die für die Aufklärung erforderliche Vermittlung von Informationen über die vorgesehene Untersuchungsmethode, die möglichen Untersuchungsergebnisse und ihre medizinische Bedeutung hinaus. Anders als bei der Aufklärung, die, um zu einer rechtswirksamen Einwilligung in die genetische Untersuchung zu führen, inhaltlicher Überprüfung standhalten muss, genügt hinsichtlich der genetischen Beratung, dass eine solche gemäß den Vorschriften des § 10 erfolgt ist bzw. angeboten wurde. Die Anforderungen an den Inhalt der genetischen Beratung werden durch Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 konkretisiert.

Zu Absatz 1:

Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung soll die verantwortliche ärztliche Person nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses der betroffenen Person eine genetische Beratung durch eine dafür qualifizierte Ärztin oder einen dafür qualifizierten Arzt anbieten. Es besteht eine grundsätzliche Verpflichtung, ein Beratungsangebot nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu machen. Das bedeutet, dass im Regelfall jeder untersuchten Person, nachdem bei ihr genetische Eigenschaften festgestellt wurden, das Angebot einer genetischen Beratung gemacht wird, in der sie sich umfassend über alle Implikationen dieser genetischen Eigenschaften informieren kann. Im Einzelfall kann von dem Beratungsangebot durch die verantwortliche ärztliche Person abgesehen werden, wenn eine Beratung über die reine Mitteilung des Analyseergebnisses im Hinblick auf Implikationen für die betroffene Person nicht erforderlich erscheint. Eine Beratung ist aber in jedem Fall anzubieten, wenn mit der genetischen Untersuchung eine nicht behandelbare Erkrankung oder gesundheitliche Störung festgestellt wird. Daher ist nach Satz 2 in diesen Fällen das Beratungsangebot obligatorisch.

Das Angebot der genetischen Beratung kann das Aufklärungsgespräch über das Analyseergebnis durch den verantwortlichen Arzt nicht ersetzen.

Zu Absatz 2:

Nach Satz 1 ist bei prädiktiven genetischen Untersuchungen die genetische Beratung durch einen dafür qualifizierten Arzt oder eine dafür qualifizierte Ärztin sowohl vor der genetischen Untersuchung als auch nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses obligatorisch. Es handelt sich also um eine Beratungspflicht. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn die betroffene Person im Einzelfall schriftlich auf die Beratung verzichtet. Ebenso wie dies beim Aufklärungsverzicht der Fall ist, wird dies jedoch die Ausnahme sein.

Satz 2 legt fest, dass der betroffenen Person nach der Beratung eine angemessene Bedenkzeit bis zur Vornahme der genetischen Untersuchung einzuräumen ist. Der Abstand wird umso größer sein, je schwerwiegender ein unter Umständen zu erwartender Befund für die betroffene Person ist. Dies gilt in besonderem Maße für auf nicht behandelbare Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen gerichtete prädiktive genetische Untersuchungen.

Zu Absatz 3:

Absatz 3 konkretisiert die wesentlichen Anforderungen an die genetische Beratung. Die Beratung geht über die für die Aufklärung notwendige Vermittlung von Informationen über die Eigenschaften der angewandten Untersuchungsmethode, die möglichen Untersuchungsergebnisse und ihre medizinische und psychische Bedeutung hinaus.

Die Konkretisierungen sollen gewährleisten, dass die von der genetischen Untersuchung betroffene Person in die Lage versetzt wird, eine informierte Entscheidung zu treffen und insbesondere ihr Recht auf Nichtwissen zu wahren.

Satz 1 umschreibt zwei allgemeine Grundsätze zur Durchführung der genetischen Beratung.

Hervorgehoben wird neben der Allgemeinverständlichkeit und Wertneutralität auch das Postulat einer nichtdirektiven Beratung, also einer Beratung, die Informationen vermittelt, ohne jedoch die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Beratung soll dem Patienten den erforderlichen Hintergrund hinsichtlich der jeweiligen genetischen Eigenschaften vermitteln aber auch Aufschluss geben über aus der Untersuchung zu ziehende Folgerungen.

In Satz 2 wird insbesondere klargestellt, dass über die medizinischen Aspekte hinaus auch die psychischen und sozialen Gesichtspunkte hinsichtlich der befürchteten oder - bei nachträglicher Beratung - auch der bestätigten Diagnose, aber auch der Abstandnahme von der Durchführung einer genetischen Untersuchung in einem persönlichen Gespräch, bei dem die betroffene Person Gelegenheit zu Rückfragen hat, eingehend zu erörtern sind. Weiter ist die betroffene Person über Möglichkeiten der Unterstützung und Hilfe bei der Bewältigung der körperlichen wie seelischen Belastungen durch die genetische Untersuchung und ihr Ergebnis zu informieren.

Nach Satz 3 kann die beratende Person weitere sachverständige Personen hinzuziehen, soweit die betroffene Person dem zugestimmt hat. Dies kann unter Umständen bedeuten, dass nach ärztlichem Ermessen auch andere sachverständige - ärztliche wie nichtärztliche -Personen hinzugezogen werden können, die beispielsweise an einer späteren Therapie des Krankheitsbildes beteiligt sind.

Wenn aufgrund der vermuteten oder bereits diagnostizierten Erkrankung oder gesundheitlichen Störung anzunehmen ist, dass auch genetisch Verwandte der genetisch untersuchten Person betroffen sind und es Therapie- oder Vorbeugemaßnahmen gibt, so hat die die genetische Beratung durchführende ärztliche Person der betroffenen Person zu empfehlen, dass sie diesen Verwandten eine genetische Beratung empfiehlt. Auf diese Weise wird sowohl das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Person als auch der potentiell betroffenen Verwandten gewahrt.

Nach Satz 5 gilt diese Regelung entsprechend für den erhobenen Befund bei einem Embryo oder Fötus. Dabei ist der besonderen Situation der Schwangeren in diesen seltenen Fällen angemessen Rechnung zu tragen und auch eine mögliche psychische Belastung der Schwangeren zu berücksichtigen; dabei kann es angezeigt sein, die Empfehlung erst nach Beendigung der Schwangerschaft zu geben.

Zu Absatz 4

Die in Absatz 4 geregelte Dokumentationspflicht soll die Einhaltung der Beratungsvorschriften von der verantwortlichen ärztlichen Person oder von dem beratenden Arzt gewährleisten.

Zu § 11 - Mitteilung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen:

Zu Absatz 1:

Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen dürfen zur Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich nur der betroffenen Person selbst mitgeteilt werden.

Die Mitteilung darf nur durch die verantwortliche ärztliche Person oder die Ärztin oder den Arzt, die oder der die genetische Beratung durchgeführt hat, gemacht werden. Damit wird gewährleistet dass der betroffenen Person der Befund von kompetenter Seite überbracht wird. Das Ergebnis einer genetischen Untersuchung besteht in dem Ergebnis der genetischen Analyse einschließlich deren Interpretation unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten.

Zu Absatz 2:

Eine mit der Vornahme der Analyse der genetischen Probe nach § 7 Abs. 2 beauftragte Person oder Einrichtung darf das Ergebnis der genetischen Analyse nur derjenigen ärztlichen Person mitteilen, die sie mit der Analyse beauftragt hat. Diese Bestimmung dient dem Datenschutz und stellt sicher, dass die betroffene Person auch nur im Rahmen ihres Arzt-Patienten-Verhältnisses mit einem Befund konfrontiert wird. Anders als Absatz 1 erfasst Absatz 2 nur das Ergebnis der genetischen Analyse.

Zu Absatz 3:

Das Ergebnis der genetischen Analyse darf ebenso wie das Ergebnis der genetischen Untersuchung insgesamt nur durch die verantwortliche ärztliche Person und nur mit ausdrücklicher und schriftlich erklärter Einwilligung der betroffenen Person Dritten mitgeteilt werden. Diese Bestimmung dient der Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Person.

Zu Absatz 4:

Die Vorschrift stellt klar, dass das Untersuchungsergebnis der betroffenen Person nicht mitgeteilt werden darf, wenn sie sich dafür entschieden hat, das Untersuchungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern vernichten zu lassen, oder wenn sie ihre Einwilligung widerrufen hat.

Zu § 12 - Aufbewahrung und Vernichtung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen:

Zu Absatz 1:

Die gesetzliche Aufbewahrungspflicht in Satz 1 für die Ergebnisse genetischer Untersuchungen, sofern diese nicht nach dem Willen der betroffenen Person zu vernichten sind, entspricht der allgemeinen Aufbewahrungspflicht für ärztliche Unterlagen nach der (Muster-) Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte.

Nach Satz 2 Nr. 1 hat die verantwortliche ärztliche Person die Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach Satz 1 unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu vernichten. Satz 2 Nr. 2 legt fest, dass in all den Fällen, in denen die betroffene Person sich dafür entschieden hat, das Untersuchungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern vernichten zu lassen, das Untersuchungsergebnis von der verantwortlichen ärztlichen Person unverzüglich zu vernichten ist. Die Vernichtung erfolgt nur in den die jeweilige Person betreffenden Behandlungsunterlagen. Wurde also beispielsweise im Rahmen einer genetischen Untersuchung im Hinblick auf die Familienplanung außer dem betroffenen Paar ein weiteres Familienmitglied untersucht und entscheidet sich dieses Familienmitglied dafür dass der Befund dem Paar, nicht jedoch ihm selbst zur Kenntnis zu geben ist so ist der Befund nur in seinen Unterlagen zu vernichten, nicht aber in den Behandlungsunterlagen über das ratsuchende Paar. Entsprechendes gilt, falls der Befund noch nicht in die Unterlagen aufgenommen wurde. Satz 3 stellt sicher, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht durch eine vorzeitige Vernichtung ihrer personenbezogenen Daten beeinträchtigt werden. Soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung vorliegen, hat die verantwortliche ärztliche Person dies der nach § 7 Abs. 2 beauftragten Person oder Einrichtung mitzuteilen. Nach Satz 4 hat die verantwortliche ärztliche Person das Ergebnis ebenfalls zu vernichten wenn die betroffene Person ihre Einwilligung widerrufen hat, es sei denn, das Untersuchungsergebnis ist der betroffenen Person bereits mitgeteilt worden.

Die Vorschriften des Bundes und der Länder zum Schutz personenbezogener Daten, soweit sie für genetische Untersuchungen gelten, finden Anwendung.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 sieht die entsprechende Anwendung des Absatzes 1 für die Aufbewahrung, Vernichtung oder Sperrung der Ergebnisse genetischer Analysen vor, die durch nach § 7 Abs. 2 beauftragte Personen oder Einrichtungen vorgenommen werden. Eine zehnjährige Aufbewahrung auch für die beauftragten Personen und Einrichtungen ist aufgrund der umfangreichen Dokumentation der durchgeführten Analysen, die über den an den verantwortlichen Arzt gerichteten Befundbericht hinaus geht, erforderlich. Dies ist auch aus haftungsrechtlichen Überlegungen geboten. Gleichermaßen folgt aus dieser Regelung, dass das Ergebnis der genetischen Analyse zu vernichten ist, soweit die betroffene Person entschieden hat, dass ihr das Ergebnis nicht mitgeteilt werden soll, oder diese Person ihre ursprünglich erteilte Einwilligung widerrufen hat. Aus diesem Grund ist es auch von besonderer Bedeutung, dass den beauftragten Personen oder Einrichtungen ein Nachweis der Einwilligung oder des Widerrufs der betroffenen Person nach § 8 Abs. 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 vorliegt.

Zu § 13 -Verwendung und Vernichtung genetischer Proben:

Das Gesetz enthält eine gesonderte Bestimmung für die Verwendung und Vernichtung genetischer Proben einschließlich der erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz vor unbefugtem Zugriff auf die genetischen Proben, vor deren unbefugter Weitergabe an andere sowie vor einer unzulässigen Verwendung der genetischen Proben und deren unzulässiger Vernichtung. Der Begriff der "Verwendung" umfasst auch die "Aufbewahrung".

Zu Absatz 1:

Satz 1 dient dem Schutz der betroffenen Person vor einer Verwendung der genetischen Probe außerhalb ihrer bei Gewinnung der genetischen Probe festgelegten Zweckbestimmung.

Nach Satz 2 ist die genetische Probe nach der Durchführung der vorgesehenen genetischen Analyse von der verantwortlichen ärztlichen Person oder der beauftragten Person oder Einrichtung zu vernichten. Gleiches gilt bei einem Widerruf der Einwilligung nach § 8 Abs. 2.

Dadurch soll die unbefugte Weiterverwendung der genetischen Probe ausgeschlossen werden.

Zu Absatz 2:

Satz 1 lässt zum Schutz der Person, von der die genetische Probe stammt, eine Verwendung der genetischen Probe zu anderen Zwecken nur zu, wenn dies nach anderen gesetzlichen Vorschriften zulässig ist oder diese Person zuvor darüber unterrichtet wurde und darin ausdrücklich und schriftlich eingewilligt hat. Damit wird die Möglichkeit offen gehalten, dass die für genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken erhobenen Proben auch zu Forschungszwecken oder für Zwecke der Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (z.B. nach §§ 25 und 26 dieses Gesetzes) verwendet werden können, soweit dies nach den entsprechenden Vorschriften zulässig ist. Eine Verwendung zu anderen Zwecken liegt insbesondere auch dann vor, wenn eine bereits vorhandene genetische Probe für eine andere genetische Untersuchung oder Analyse verwendet werden soll.

Zu Absatz 3:

Absatz 3 dient der umfassenden Sicherung der genetischen Proben. Es sind die jeweils erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um eine unzulässige Verwendung der genetischen Proben zu verhindern. Damit sind sowohl unbefugte Zugriffe auf die genetischen Proben als auch die unbefugte Weitergabe an andere erfasst.

Zu § 14 - Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen:

Eine möglichst frühe Diagnose eröffnet bei einer Reihe genetisch bedingter Krankheiten oder genetisch bedingter gesundheitlicher Störungen therapeutische Maßnahmen. Daher dürfen genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken bei nicht einwilligungsfähigen Personen nicht generell verboten werden, sondern müssen auch bei ihnen unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen zulässig sein. Die Frage, ob eine Person einwilligungsfähig ist, beurteilt sich - wie auch sonst im Rahmen von Behandlungsverhältnissen - weder abstraktgenerell noch anhand einer festen Altersgrenze, sondern nach der Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit der Person in die konkret beabsichtigte genetische Untersuchung.

Zu Absatz 1:

Zu Nummer 1:

Die Vorschrift lässt eine diagnostische oder prädiktive genetische Untersuchung einschließlich der Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe bei einer nicht einwilligungsfähigen Person nur zu, wenn sie im Hinblick auf eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung Präventionsmöglichkeiten oder therapeutische Interventionsmöglichkeiten eröffnet oder die Behandlung mit einem Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung durch die genetischen Eigenschaften beeinflusst wird. In beiden Konstellationen muss die genetische Untersuchung mit einem unmittelbaren Nutzen für die betroffene Person verbunden sein und die genetische Untersuchung nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik erforderlich sein.

Zu Nummer 2:

Weitere Voraussetzung ist, dass die genetische Untersuchung der nicht einwilligungsfähigen Person zuvor so weit wie möglich verständlich gemacht wurde und diese die Untersuchung oder die Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe nicht ausdrücklich oder durch entsprechendes Verhalten abgelehnt hat oder bei der Vornahme - etwa der Entnahme der genetischen Probe - ablehnt. Dabei ist auf den natürlichen Willen der Person abzustellen.

Zu Nummer 3:

Die Untersuchung darf darüber hinaus für die nicht einwilligungsfähige Person nur mit möglichst wenig Risiken und Belastungen verbunden sein. Diese Forderung entspricht dem allgemein anerkannten Schutzstandard bei nicht Einwilligungsfähigen, wonach Eingriffe nur mit geringen Risiken und Belastungen verbunden sein dürfen.

Zu Nummer 4:

Schließlich muss die Vertretungsperson gemäß § 9 aufgeklärt worden sein und gemäß § 8 in die Untersuchung eingewilligt haben. Weitere Voraussetzung ist, dass die Vorschriften des § 10 über die genetische Beratung eingehalten worden sind.

Vertretungsperson einer minderjährigen nicht einwilligungsfähigen Person bei der Entscheidung über eine Einwilligung in die Vornahme der genetischen Untersuchung ist ihr gesetzlicher Vertreter, bei einer volljährigen nicht einwilligungsfähigen Person ihr gesetzlicher oder wirksam bevollmächtigter Vertreter. Die Vertretung minderjähriger nicht einwilligungsfähiger Personen richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Danach wird ein minderjähriges Kind durch seine sorgeberechtigten Eltern ( § 1629 BGB) oder gegebenenfalls durch einen Vormund (§ 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder Pfleger (§ 1915 Abs. 1, § 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB) vertreten. Diese haben die Entscheidung darüber, ob sie die Einwilligung erteilen, am Kindeswohl auszurichten (§ 1627 BGB). Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern über die Abgabe der Einwilligung für das Kind nicht einigen, kann jeder Elternteil beim Familiengericht beantragen, ihm insoweit die Alleinentscheidungsbefugnis zu übertragen (§ 1628 BGB). Besteht hinsichtlich der Vornahme einer genetischen Untersuchung zwischen den Eltern und dem Kind ein erheblicher Interessengegensatz, kann das Familiengericht den Eltern unter den Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 1796 BGB die Vertretungsmacht für die Entscheidung über die Einwilligung des Kindes entziehen und auf einen Ergänzungspfleger übertragen (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ist für die von einer genetischen Untersuchung betroffene nicht einwilligungsfähige volljährige Person ein Betreuer bestellt worden, kann dieser bei entsprechendem Aufgabenkreis als gesetzlicher Vertreter ( § 1902 BGB) einwilligen. Er hat sich bei seiner Entscheidung an Wohl und Wünschen des Betreuten zu orientieren (§ 1901 Abs. 2 und 3 BGB). Auch ein gewillkürter Vertreter, insbesondere ein Vorsorgebevollmächtigter, kann für die von ihm vertretene volljährige Person einwilligen, wenn die Bevollmächtigung auch diesen Fall erfasst. Für diesen Vertreter sind die Abreden im Innenverhältnis maßgebend.

Zu Absatz 2:

Von dem Erfordernis des unmittelbaren Nutzens der genetischen Untersuchung zu medizinischen Zwecken für die nicht einwilligungsfähige Person macht Absatz 2 eine Ausnahme.

Diese Ausnahmeregelung ist entsprechend der akzeptierten und angewandten Praxis unter dem Gesichtspunkt des Nutzens für einen Familienangehörigen für Familien von Bedeutung, in denen eine genetische Erkrankung bekannt ist und im Rahmen der Familienplanung das genetische Risiko weiterer Erkrankungen oder gesundheitlicher Störungen bei potenziellen Nachkommen abgeschätzt werden soll. Die Untersuchung insbesondere eines nicht einwilligungsfähigen Kindes - unter Umständen auch einer bereits volljährigen nicht einwilligungsfähigen Person - kann hier in seltenen Fällen unabdingbar sein, um eine Aussage über den Überträgerstatus oder die Erkrankungswahrscheinlichkeit eines Familienangehörigen treffen zu können. Ein Beispiel dafür ist die genetisch bedingte Erkrankung Muskeldystrophie Typ Duchenne. Diese Muskelerkrankung wird geschlechtsgebunden (x-chromosomal rezessiv) vererbt. In der Regel sind für die Erkrankung Deletionen unterschiedlicher Größe, also das Fehlen von DNA-Sequenzen, verantwortlich. Ist ein Sohn der Familie bereits betroffen, lässt sich bei ihm auf dessen X-Chromosom der direkte Nachweis der krankheitsverursachenden Mutation führen. Bei der Mutter kann dieser Nachweis nicht so einfach geführt werden, sie zwei X-Chromosomen trägt und die Mutation auf dem einen X-Chromosom durch das andere kompensiert ("überdeckt") wird. Erst die Einbeziehung weiterer Familienmitglieder, z.B. eines gesunden Bruders des betroffenen Sohnes, in die genetische Untersuchung kann Klarheit darüber bringen, ob die Mutter Anlageträgerin für die Muskelerkrankung ist oder ob es sich bei der Erkrankung des betroffenen Sohnes nicht um eine ererbte, sondern um eine Spontanmutation handelt.

Voraussetzung für die Zulässigkeit der genetischen Untersuchung nach Absatz 2 ist, dass eine Diagnose der genetischen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung in der Familie nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik nur durch die genetische Mituntersuchung der nicht einwilligungsfähigen Person möglich ist (Nr. 1), dass die genetische Untersuchung der nicht einwilligungsfähigen Person zuvor so weit wie möglich verständlich gemacht wurde und diese die Untersuchung oder die Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe nicht ausdrücklich oder durch entsprechendes Verhalten ablehnt und die Vertreterin oder der Vertreter der nicht einwilligungsfähigen Person gemäß § 9 aufgeklärt worden ist und in die Untersuchung eingewilligt hat sowie die Vorschriften des § 10 über die genetische Beratung eingehalten worden sind (Nr. 2).

Weitere Voraussetzungen zum Schutz der nicht einwilligungsfähigen Person ist, dass sie durch die Untersuchung und die Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe voraussichtlich nicht oder nur geringfügig und nicht über die mit der Untersuchung und einer etwaigen Probengewinnung normalerweise verbundenen Risiken hinaus gesundheitlich beeinträchtigt wird (Nr. 3) und dass sie durch die Kenntnis vom Untersuchungsergebnis voraussichtlich weder physisch noch psychisch belastet wird (Nr. 4). Die diesbezüglichen Risiken sind in die Aufklärung und die genetische Beratung der Vertreterin oder des Vertreters der nicht einwilligungsfähigen Person einzubeziehen und zuvor mit der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft gebotenen Sorgfalt prognostisch abzuklären.

Zu Absatz 3:

In Absatz 3 wird zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der nicht einwilligungsfähigen Person der Umfang der genetischen Untersuchung auf die zur Klärung nach Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 Nr. 1 erforderlichen Untersuchungen an der genetischen Probe und die dafür erforderlichen Feststellungen über genetische Eigenschaften beschränkt.

Mit der Verweisung in Satz 3 auf § 1627 (Kindeswohl) und § 1901 Abs. 2 und 3 BGB (Betreutenwohl) wird ausdrücklich klargestellt, dass auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 die Vertretungsperson der nicht einwilligungsfähigen Person bei ihrer Entscheidung über die Einwilligung zivilrechtlich an deren Wohl gebunden ist. Bei der Beurteilung des Wohls der nicht einwilligungsfähigen Person hat die Vertretungsperson sowohl die subjektive Sicht des Kindes oder der volljährigen Person als auch objektiv normative Gesichtspunkte (z.B. Zukunftsperspektiven) zu berücksichtigen. Der Bindung an das Kindes- oder Betreutenwohl kann die genetische Untersuchung zugunsten eines Familienangehörigen daher entsprechen, wenn sie gegenwärtig oder in Zukunft dem seelischen Wohl des Kindes oder Betreuten dient.

Zu § 15 - Vorgeburtliche genetische Untersuchungen:

Zu Absatz 1:

In Satz 1 wird die vorgeburtliche genetische Untersuchung auf medizinische Zwecke beschränkt.

Genetische Untersuchungen, mit denen das Vorliegen genetischer Eigenschaften des Embryos oder Fötus, die ohne Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung des Embryos oder Fötus sind, geklärt werden soll, sind unzulässig. Zulässig ist eine vorgeburtliche genetische Untersuchung eines Embryos oder Fötus während der Schwangerschaft nur dann, wenn die Untersuchung darauf gerichtet ist, genetische Eigenschaften festzustellen die die Gesundheit des Embryos oder Fötus vor oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder darauf, im Hinblick auf eine vorgesehene medikamentöse Behandlung des Embryos oder Fötus festzustellen, ob die Wirkung eines Arzneimittels durch genetische Eigenschaften beeinflusst wird, also zur Ermöglichung einer optimalen medikamentösen Therapie.

Unabhängig davon, ob genetische Eigenschaften für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen ursächlich oder mitursächlich sind, gibt es genetische Eigenschaften für sogenannte Normalmerkmale, die den Fötus oder Embryo gesundheitlich beeinträchtigen können. Hier ist in erster Linie die Rhesus-Unverträglichkeit zu nennen, bei der eine genetische Eigenschaft untersucht wird die die Gesundheit des Fötus durch das Zusammenwirken mit den genetischen Eigenschaften der Mutter beeinträchtigen. In Fällen der Rhesus-Unverträglichkeit besteht schon pränatal die Notwendigkeit einer Therapie.

In bestimmten Fällen kann auch die Geschlechtsbestimmung des Fötus oder Embryos für die Gesundheit desselben von Bedeutung sein. So ist z.B. bei pränataler Feststellung eines Adrenogenitalen Syndroms (AGS) die Geschlechtsbestimmung des Fötus unerlässlich, da zur Milderung der Symptome bei Mädchen (Vermännlichung des äußeren Genitale) eine Cortisonbehandlung der Schwangeren erfolgen muss.

Zu den vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen zählen alle invasiven Untersuchungsmethoden wie Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese), Untersuchung an Chorionzotten oder an fetalem Nabelschnurblut. Aber auch Untersuchungen, die nur eine Wahrscheinlichkeitsangabe zulassen ob bei dem Embryo oder Fötus bestimmte genetische Eigenschaften vorliegen gehören zu den vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen (pränatale Risikoabklärung).

Dazu gehören der sog. Triple-Test oder die Ultraschallbestimmung der Nackenfalte, mit denen die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines kindlichen Down-Syndroms abgeleitet werden soll.

Eine Ausnahme davon, dass vorgeburtliche genetische Untersuchungen nur zur Klärung genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Krankheit oder gesundheitliche Störung des Embryos oder des Fötus vorgenommen werden dürfen, bildet nach Satz 2 die anlässlich einer solchen Untersuchung oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung, z.B. im Rahmen der Schwangerenvorsorge, gewonnene Erkenntnis über das Geschlecht des Embryos oder des Fötus. Die Mitteilung des Geschlechts darf jedoch entsprechend der gegenwärtigen Praxis nicht vor Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgen.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 macht die genetische Beratung - abweichend von den allgemeinen Vorschriften des § 10 - auch für eine diagnostische vorgeburtliche genetische Untersuchung verpflichtend.

Auch insoweit gilt jedoch, dass entsprechend den Vorschriften des § 10 die Schwangere im Einzelfall von einer Beratung Abstand nehmen kann.

Im Rahmen der ärztlichen Schwangerschaftsvorsorge erfordert die Möglichkeit der vorgeburtlichen Diagnostik eine Auseinandersetzung der Schwangeren mit unterschiedlichen Handlungsoptionen, so dass ein Beratungsangebot hilfreich ist, das über die genetische Aufklärung und Beratung hinausgeht und die Schwangere in der eigenen Urteilsbildung und Entscheidungsfindung unterstützt. Daher hat die Ärztin oder der Arzt die Schwangere auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer unabhängigen qualifizierten Beratung nach § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hinzuweisen. Dieser umfasst u.a. die Beratung sowie zu Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft als auch zu Hilfen für behinderte Menschen und ihre Familien, die vor und nach der Geburt eines in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheit geschädigten Kindes zur Verfügung stehen.

Damit wird den besonderen Anforderungen an die genetische Beratung für den Schutz des Ungeborenen und der Schwangeren im Hinblick auf mögliche Ergebnisse der vorgeburtlichen genetischen Untersuchung Rechnung getragen.

Zu Absatz 3:

Die Vorschriften dienen dem Schutz der nicht einwilligungsfähigen Schwangeren.

Die genetische Untersuchung darf nach Satz 1 nur vorgenommen werden, wenn sie zuvor der Schwangeren - wie auch sonst im Falle genetischer Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen - in einer ihr gemäßen Weise so weit wie möglich verständlich gemacht wurde und sie die Untersuchung oder die Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe des Embryos oder Fötus nicht ausdrücklich oder durch entsprechendes Verhalten ablehnt. Weitere Voraussetzung ist, dass die Untersuchung für die Schwangere mit möglichst wenigen Risiken und Belastungen verbunden ist. Die diesbezüglichen Risiken sind in die Aufklärung und die genetische Beratung der Vertreterin oder des Vertreters der Schwangeren einzubeziehen und zuvor mit der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft gebotenen Sorgfalt prognostisch abzuklären.

Schließlich muss die Vertreterin oder der Vertreter nach Satz 2 vor der genetischen Untersuchung gemäß § 9 aufgeklärt worden sein, gemäß § 8 in die Untersuchung eingewilligt haben und - in gleicher Weise wie eine einwilligungsfähige Schwangere nach den Vorschriften des Absatzes 2 - genetisch beraten worden sein. Die Vertretungsperson ist bei der Entscheidung über die Einwilligung an das Wohl der nicht einwilligungsfähigen Schwangeren gebunden.

Zu § 16 - Genetische Reihenuntersuchungen:

Genetische Reihenuntersuchungen (§ 3 Nr. 9) sind bereits fester Bestandteil der Krankheitsfrüherkennung.

So gehört das Neugeborenen-Screening, mit dem auf Genprodukte-Ebene auf behandelbare Stoffwechselerkrankungen wie Phenylketonurie und andere untersucht wird zu den genetischen Reihenuntersuchungen. Grundsätzlich sollen Reihenuntersuchungen nur zugelassen sein, um in Gruppen oder Populationen mit durchschnittlichem oder leicht erhöhtem Krankheitsrisiko nach Risikopersonen für Krankheitsveranlagungen (z.B. Fettstoffwechselstörungen) zu suchen und den identifizierten Risikopersonen Möglichkeiten einer Frühbehandlung oder Prävention zu eröffnen. Ein Screening im Hinblick auf Anlageträger für rezessive Erkrankungen (z.B. ß-Thalassämie, zystische Fibrose) - wie dieses in einigen Ländern durchgeführt wird - ist nach dieser Vorschrift nicht zulässig. Eine genetische Untersuchung auf Anlageträgerschaft ist jedoch als genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken möglich.

Zu Absatz 1:

In der Regel liegt bei einer genetischen Untersuchung eine individuelle Motivation und Indikation zur Durchführung einer genetischen Untersuchung vor. Bei einer genetischen Reihenuntersuchung ist dagegen meist nur ein erhöhtes Erkrankungsrisiko der Untersuchungsgruppe gegeben. Da in diesem Fall das öffentliche Interesse an der Reihenuntersuchung über das individuelle Interesse der untersuchten Personen gestellt wird, ist diese Untersuchung nur zulässig wenn der Ausbruch der mit der Untersuchung zu diagnostizierenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung bei den untersuchten Personen, falls sie die betreffenden genetischen Eigenschaften haben, nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik vermeidbar oder die Krankheit oder gesundheitliche Störung zumindest behandelbar ist d. h. die Untersuchung für die untersuchten Personen mit einem Nutzen verbunden ist. Ausgeschlossen sind damit auch Heterozygotenscreenings, also genetische Reihenuntersuchungen auf Anlageträgerschaften, die sich bei den Untersuchten selbst gesundheitlich nicht auswirken.

Zu Absatz 2:

Da bei genetischen Reihenuntersuchungen das öffentliche Interesse an der Untersuchung über das individuelle Interesse der untersuchten Personen gestellt wird und damit besondere Risiken wie die Gefahr einer Druckausübung auf Teilnahme oder einer Stigmatisierung von Personen, die sich der Teilnahme verweigert haben, verbunden sind, ist es geboten, eine solche Untersuchung einer vorherigen Prüfung und Bewertung zu unterwerfen. Dies gilt aber nur für solche genetischen Reihenuntersuchungen, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes eingeführt und damit erst dann begonnen werden. Zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bereits durchgeführte Reihenuntersuchungen wie z.B. das Neugeborenen-Screening bleiben davon unberührt. Das Gesetz überträgt in Absatz 2 die Aufgabe der Prüfung und Bewertung der beabsichtigten genetischen Reihenuntersuchung der Gendiagnostik-Kommission. Deren Votum ist rechtlich nicht bindend, sondern hat empfehlenden Charakter.

Zu Abschnitt 3 - Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung:

Zu § 17 - Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung

Um eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung eines Kindes durchzuführen, genügt heute eine geringe Menge einer DNA-haltigen Körpersubstanz, etwa eine Speichelprobe oder Haare. Die technischen Möglichkeiten werden zunehmend auch von privaten Laboren genutzt, die kostengünstig - vielfach über das Internet - genetische Untersuchungen zur Klärung der Vaterschaft anbieten. Für die Untersuchung reichen den Laboren in den meisten Fällen Proben von zwei Personen, nämlich des Kindes und des mutmaßlichen Vaters aus um im Wege eines Vergleichs der DNA-Merkmale das Abstammungsverhältnis zu klären. Bei fehlender mütterlicher Genprobe (sogenannter "Defizienzfall") besteht jedoch ein nicht unerheblicher Unsicherheitsfaktor, so dass Untersuchungen auf Grundlage von drei Proben, nämlich des Vaters, des Kindes und der Mutter, sicherere Untersuchungsergebnisse liefern.

Auftraggeber dieser Labore sind zumeist Männer, die an ihrer Vaterschaft zweifeln. Seltener werden die Untersuchungen von Frauen in Auftrag gegeben, die sich wegen mehrerer Sexualpartner Klarheit über den Vater des Kindes verschaffen wollen.

Die für eine genetische Abstammungsuntersuchung erforderlichen Proben lassen sich leicht von den betroffenen Personen unbemerkt beschaffen. Dies birgt die Gefahr, dass die Untersuchung des genetischen Datenmaterials ohne Kenntnis und ohne Einverständnis der betroffenen Personen durchgeführt wird. Es sollen daher klare Regelungen zum Schutz ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geschaffen werden.

In aufenthalts- und passrechtlichen Verfahren werden im Einzelfall Ergebnisse von freiwilligen genetischen Abstammungsuntersuchungen als Nachweis von Verwandtschaftsverhältnissen beigebracht. Dieser Bereich soll in den Regelungen ebenfalls berücksichtigt werden.

Zu Absatz 1:

Abstammungsuntersuchungen dürfen nur vorgenommen werden, sofern die Personen, deren genetische Probe untersucht werden soll, zuvor in die Untersuchung und die Gewinnung der dafür erforderlichen Probe eingewilligt haben. Damit sollen insbesondere ohne Wissen der betroffenen Personen vorgenommene Abstammungsuntersuchungen verhindert werden. Für die Einwilligung gilt § 8 entsprechend. Auf die dortige Begründung wird insoweit verwiesen.

Das Erfordernis der Schriftform nach § 8 soll den Betroffenen die Relevanz der Entscheidung vor Augen führen und gewährleistet zudem im Streitfall einen sicheren Nachweis der Einwilligung.

Vor der Einwilligung müssen die betreffenden Personen über die Untersuchung aufgeklärt worden sein und zwar von der für die Vornahme der Untersuchung verantwortlichen Person (Absatz 4). Wegen der entsprechenden Anwendung von § 9 Abs. 2 Nr. 1. erster Halbsatz, Nr. 2 bis 5 und Abs. 3 wird auf die diesbezügliche Begründung Bezug genommen.

Die Sätze 3 und 4 beschränken zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen den Umfang der genetischen Untersuchung auf die zur Klärung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen an der genetischen Probe und die dafür erforderlichen Feststellungen über genetische Eigenschaften. Satz 4 stellt klar, dass auch solche Feststellungen, die nicht zu der Abstammungsuntersuchung gehören, aber ohne weiteres im Rahmen der zur Klärung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen getroffen werden könnten, nicht getroffen werden dürfen.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 bestimmt, dass die Regelungen von Absatz 1 auch für die Personen gelten, die eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung vornehmen lassen, also für den Auftraggeber einer solchen Untersuchung.

Zu Absatz 3:

Ist die Person, deren genetische Probe untersucht werden soll, nicht einwilligungsfähig, so gelten die in Absatz 3 aufgeführten besonderen Bestimmungen: Die genetische Untersuchung muss der nicht einwilligungsfähigen Person zuvor soweit wie möglich verständlich gemacht worden sein und diese darf die Untersuchung oder die dafür erforderliche Gewinnung der genetischen Probe nicht ausdrücklich oder durch entsprechendes Verhalten ablehnen (Satz 1 Nr. 1). Zudem muss der Vertreter der nicht einwilligungsfähigen Person über die Untersuchung aufgeklärt worden sein und in die Untersuchung und die Gewinnung der dafür geeigneten genetischen Probe eingewilligt haben (Satz 1 Nr. 2). Hinsichtlich der Vertretung gelten die Regelungen wie zu § 14 Abs. 1 Nr. 4 ausgeführt. Ein Vertretungsfall wird insbesondere dann häufig gegeben sein, wenn die Abstammung eines minderjährigen Kindes geklärt werden soll. Sie kann aber auch dann Anwendung finden, wenn ein Elternteil nicht einwilligungsfähig ist. Zum Schutz der nicht einwilligungsfähigen Person ist weiter Voraussetzung, dass sie allenfalls geringfügig und nicht über die mit der Untersuchung und der Gewinnung einer dafür geeigneten genetischen Probe in der Regel verbundenen Risiken hinaus gesundheitlich beeinträchtigt wird (Satz 1 Nr. 3).

Für die Aufklärung gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 sowie Absatz 2. Die Vertretungsperson ist bei der Entscheidung über die Einwilligung an das Wohl der nicht einwilligungsfähigen Person gebunden.

Zu Absatz 4:

Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung darf nur durch Ärztinnen oder Ärzte oder durch auf dem Gebiet der Abstammungsbegutachtung erfahrene nichtärztliche Sachverständige mit abgeschlossener naturwissenschaftlicher Hochschulausbildung vorgenommen werden. Die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 über gleichwertige Ausbildungsnachweise und des § 7 Abs. 2 über die Möglichkeit der Delegation der genetischen Analyse finden entsprechende Anwendung. Auf die dortige Begründung wird Bezug genommen.

Zu Absatz 5:

Zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen findet eine Reihe weiterer Vorschriften, die für genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken gelten, auf genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung entsprechende Anwendung. So gelten die Vorschriften über die Mitteilung des Ergebnisses genetischer Untersuchungen und Analysen (§ 11 Abs. 2 bis 4) sowie über die Verwendung und Vernichtung genetischer Proben (§ 13) entsprechend. Auf die Einzelbegründung zu den entsprechend geltenden Vorschriften wird verwiesen. Hinsichtlich der Aufbewahrung für Abstammungsuntersuchungen wird im Hinblick auf die entsprechende Regelung in den Richtlinien der Bundesärztekammer abweichend von § 12 eine Frist von 30 Jahren festgelegt. Dies dient dem generationsübergreifenden Nachweis der Abstammung auch nach dem Tod einer beteiligten Person.

Für den Fall, dass nach der Gewinnung der für die Abstammungsuntersuchung erforderlichen Probe eine der betroffenen Personen stirbt, bedeutet dies nicht automatisch, dass diese Probe dann unverzüglich zu vernichten ist. Da der Zweck der Untersuchung auf die Feststellung der Abstammung gerichtet ist, endet der Untersuchungszweck auch erst mit Vorliegen des konkreten Ergebnisses.

Zu Absatz 6:

Die Regelung enthält eine Ausnahme von dem Verbot pränataler genetischer Abstammungsuntersuchungen für den Fall, dass nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 179 StGB begangen worden ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht. Angesichts der psychischen Belastungssituation der Schwangeren im Hinblick auf den möglicherweise zu erwartenden Befund sowie der zu erwartenden gesundheitlichen Auswirkungen auf die Schwangere sowie der physischen Auswirkungen auf den Embryo oder Fötus im Falle einer Entscheidung der Schwangeren, die Schwangerschaft abzubrechen, stellt die Vorschrift diese pränatale genetische Abstammungsuntersuchung wegen des im Vordergrund stehenden Gesundheitsbezuges unter Arztvorbehalt.

Zu Absatz 7:

Nach dem mit dem Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 441) neu eingefügten § 1598a des Bürgerlichen Gesetzbuchs haben Vater, Mutter und Kind gegeneinander einen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung (Absatz 1). Wird die Einwilligung nicht erteilt, wird sie auf Antrag eines Klärungsberechtigten grundsätzlich vom Familiengericht ersetzt (Absatz 2).

Wenn und solange die Klärung der Abstammung für das minderjährige Kind eine erhebliche Kindeswohlbeeinträchtigung begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten unzumutbar wäre, setzt das Gericht das Verfahren aus (Absatz 3).

In den Fällen, in denen das Familiengericht die Einwilligung einer oder mehrerer Personen in eine genetische Abstammungsuntersuchung nach § 1598a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ersetzt hat, steht die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung der nach Absatz 1, 2 und Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 erforderlichen Einwilligung gleich. Eine Aufklärung über die Untersuchung hat aber auch in diesem Falle zu erfolgen.

Ist mit der gerichtlichen Entscheidung die Einwilligung einer nicht einwilligungsfähigen Person ersetzt worden, so ist eine etwaige Ablehnung der nicht einwilligungsfähigen Person unbeachtlich.

Gleichwohl muss die Untersuchung der Person soweit wie möglich verständlich gemacht worden sein (Absatz 3 Satz 1 Nr. 1, 1. Halbsatz). Auch Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 findet in den Fällen einer gerichtlichen Ersetzung der Einwilligung Anwendung.

Satz 3 stellt klar, dass die Regelungen des § 17 die Vorschriften über die Feststellung der Abstammung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens unberührt lassen.

Zu Absatz 8 :

Absatz 8 enthält besondere Regelungen für genetische Abstammungsuntersuchungen im Zusammenhang mit im Ausland bei den Auslandsvertretungen gestellten Pass- und Visumanträgen sowie den inländischen aufenthaltsrechtlichen Verfahren zum Familiennachzug und für den Staatsangehörigkeitsnachweis kraft Abstammung im Rahmen der Identifizierung bei Pass- und Personalausweis-Antragsverfahren. In Passverfahren ist der Passbewerber gemäß § 6 Abs. 2 PassG verpflichtet, die zur Feststellung seiner Person und seiner Eigenschaft als Deutscher erforderlichen Nachweise zu erbringen. Gleiches gilt heute nach den Landesgesetzen zur Ausführung des Personalausweisgesetzes und künftig voraussichtlich gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 und 3 des Entwurfs eines Personalausweisgesetzes (des Bundes). Im Visumverfahren zum Familiennachzug bzw. in Fällen, in denen der Antragsteller sich bereits im Inland befindet, ist der Antragsteller nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verpflichtet, am Verfahren mitzuwirken die seinen Antrag stützenden Umstände geltend zu machen und geeignete Nachweise beizubringen.

Sofern in bestimmten Herkunftsländern der rechtlich notwendige Nachweis der Abstammung aufgrund eines nicht verlässlichen bzw. nicht bestehenden Personenstands- und Urkundswesen erschwert bzw. unmöglich ist und im Einzelfall begründete Zweifel an der Identität, Abstammung und Familienzugehörigkeit nicht anders ausgeräumt werden können, besteht für die Antragsteller die ihnen freigestellte Möglichkeit, ein genetisches Abstammungsgutachten in Auftrag zu geben, um die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Passes bzw. der Erteilung eines Visums zum Familiennachzug dennoch in zuverlässiger Art nachzuweisen.

Die Untersuchung, welche regelmäßig anhand eines Mundschleimhautabstrichs erfolgt, liegt im Interesse der Antragsteller. Der Speicheltest birgt keine gesundheitlichen Risiken.

Die genetischen Proben der Pass- und Visumantragsteller werden dabei im Ausland genommen.

Sofern den Auslandsvertretungen vor Ort Vertrauensärzte zur Verfügung stehen, führen diese die Probenentnahme durch und klären die Betroffenen auf. Im Übrigen erfolgen die Abnahme der Proben und die Aufklärung im Pass- und im Visumverfahren durch die Auslandsvertretung.

Die Abstammungsuntersuchung wird ausschließlich in Deutschland vorgenommen.

Absatz 8 nimmt unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Verfahrens nach dem Pass- und dem Personalausweisgesetz und des Verfahrens der Auslandsvertretungen und der Ausländerbehörden zum Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz einzelne Regelungen des § 17, soweit dies erforderlich ist, aus oder trifft insoweit besondere Regelungen.

Satz 1 Nr. 1 schließt das Recht, das Untersuchungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen oder dessen Vernichtung zu verlangen, aus, da dem Antragsteller im Rahmen der genannten Verfahren notwendigerweise das Untersuchungsergebnis zur Kenntnis gebracht und entsprechend den einschlägigen Vorschriften aufbewahrt werden muss.

Satz 1 Nr. 2 modifiziert den Inhalt der Aufklärung. Zum einen wird die Verpflichtung zur Aufklärung über mögliche gesundheitliche Risiken ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass die genetische Untersuchung an einem Mundschleimhautabstrich keine gesundheitlichen Risiken birgt. Zum anderen ist über die Möglichkeit, das Untersuchungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen oder dessen Vernichtung zu verlangen, nicht aufzuklären, da gemäß Satz 1 Nr. 1 diese Möglichkeit ausgeschlossen ist. Erhalten bleibt die Aufklärungspflicht über die Umstände, die für die Entscheidung über die Erteilung der Einwilligung bedeutsam sind (vorgesehene Verwendung des Schleimhautabstrichs, Zweck der genetischen Untersuchung, vorgesehene Verwendung des Untersuchungsergebnisses). Die für die Aufklärung verantwortliche Person hat in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 3 die Aufklärung zu dokumentieren.

Nummer 3 erklärt die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für nicht anwendbar. Nach den allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätzen ist demnach das Ergebnis der Untersuchung zu vernichten wenn es nicht mehr gebraucht wird, somit nach der abschließenden Entscheidung im Pass-, personenausweisrechtlichen bzw. aufenthaltsrechtlichen Verfahren entsprechend den bestehenden Aufbewahrungsfristen.

Gemäß Satz 2 ist der Umfang der Aufklärung und der Einwilligung des Vertreters der nicht einwilligungsfähigen Person entsprechend Satz 1 Nr. 1 und 2 ausgestaltet.

Gemäß Satz 3 besteht für die Aufklärung im Verfahren vor einer Auslandsvertretung kein zwingender Arztvorbehalt. Insoweit wird die besondere Situation berücksichtigt, dass an bestimmten Auslandsvertretungen - aufgrund örtlicher Gegebenheiten - nicht stets ein Vertrauensarzt bestimmt werden kann. Die im Interesse des Antragstellers eröffnete Möglichkeit, den Abstammungsnachweis durch ein genetisches Abstammungsgutachten zu erbringen, soll jedoch auch in diesem Fall gegeben sein.

Gemäß Satz 4 können bei Verdacht auf eine Straftat trotz Widerrufs durch den Betroffenen die Daten zum Zwecke der Strafverfolgung übermittelt werden; die Vorschriften über die Vernichtung sind in diesem Fall nicht anzuwenden. Um zu gewährleisten, dass die Auslandsvertretung und die Ausländerbehörde zeitgleich Kenntnis vom Untersuchungsergebnis erhalten, muss die bereits gängige Mitteilungspraxis - gleichzeitige Mitteilung an den Betroffenen und die Auslandsvertretung/Ausländerbehörde - zum Gegenstand der Einwilligung gemacht werden.

Nur so kann ausgeschlossen werden, dass der Versuch, sich oder anderen durch unrichtige Angaben einen Aufenthaltstitel zu verschaffen (Straftat gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG), unerkannt bleibt.

Zu Abschnitt 4 - Genetische Untersuchungen im Versicherungsbereich:

Zu § 18 - Genetische Untersuchungen und Analysen im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages:

§ 18 beschränkt das Recht eines Versicherers, im Rahmen einer Risikoprüfung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrages Daten zu erheben , die durch genetische Untersuchungen oder Analysen gewonnen worden sind. Um das Persönlichkeitsrecht der zu versichernden Person umfassend zu schützen, gilt die Einschränkung für alle Versicherungszweige, obwohl sie in erster Linie Bedeutung für solche Versicherungsverträge hat, die regelmäßig nach Durchführung einer Gesundheitsprüfung abgeschlossen werden. Die Regelung gilt für den Abschluss eines Vertrags, also nicht für die gesetzliche Versicherung, die nicht durch Abschluss eines Vertrages zustande kommt.

Zu Absatz 1:

Nach Satz 1 Nr. 1 darf ein Versicherer weder vor noch nach Abschluss eines Versicherungsvertrages verlangen dass sich der Versicherungsnehmer einer genetischen Untersuchung unterzieht. Nach Nummer 2 darf er auch Ergebnisse oder Daten bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen weder verlangen noch entgegennehmen oder verwenden. Das gleiche gilt für genetische Analysen und Analyseergebnisse. Die Regelung soll gewährleisten, dass der Zugang zu den privaten Kranken- und Lebensversicherungen nicht im Hinblick auf genetische Eigenschaften erschwert oder verweigert wird. Betroffene Personen sollen so hoch sensible Daten wie die Ergebnisse aus einem Gentest nicht offenbaren müssen. Erst recht sollen sie nicht gezwungen werden können, einen Gentest vorzunehmen. Das Verbot, nach Abschluss eines Vertrages Ergebnisse entgegenzunehmen, verhindert die Umgehung der Regelung. Anderenfalls könnte zwar bei Abschluss eines Vertrages ein Gentest unberücksichtigt bleiben gewisse Zeit nach Abschluss eines Vertrages aber das günstige Ergebnis vorgelegt werden mit der Forderung, die Prämie nunmehr zu senken. Dies soll verhindert werden da ansonsten ein Druck entstünde, sich doch testen zu lassen. Die Regelung verbietet nach ihrem Sinn und Zweck auch die Frage danach, ob ein bestimmter Gentest vorgenommen worden ist, denn allein schon die Tatsache, dass jemand einen bestimmten Test hat vornehmen lassen, könnte im Rahmen der Risikoprüfung Bedeutung haben und zur Ablehnung eines Vertragsabschlusses führen. Dies würde die Regelung aushebeln, ist also unzulässig.

Der bloße Eingang in der Poststelle eines Versicherungsunternehmens ist hingegen noch keine Entgegennahme im Sinne der Vorschrift.

Für die Lebensversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherung, die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Pflegerentenversicherung gilt das in Satz 1 Nr. 2 beschriebene Verbot bezüglich der Offenbarung, des Verlangens oder Annehmens von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen nicht, wenn eine Leistung von einmalig mehr als 300 000 € oder eine Jahresrente von mehr als 30 000 € vereinbart wird (maßgeblich ist insoweit die im Vertrag vereinbarte Ablaufsumme; auf eine Dynamisierung kommt es nicht an und kann es nicht ankommen; nur die vereinbarte Ablaufsumme steht bei Vertragsabschluss fest). Die Bestimmung soll die Ausnutzung eines Wissensvorsprungs im eigenen wirtschaftlichen Interesse zu Lasten der Solidargemeinschaft verhindern. Nur in diesen in Satz 2 eindeutig normierten Ausnahmen ist es dem Versicherer erlaubt, Ergebnisse im Zusammenhang mit genetischen Untersuchungen oder Analysen zu verwenden. Daraus ergibt sich auch, dass diese Ergebnisse nicht für andere Zwecke verwendet werden dürfen. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem in Satz 1 verankerten Verbot.

Die festgelegten Beträge orientieren sich grundsätzlich in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Nationalen Ethikrates (Prädikative Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen, Berlin 2007) an der 2004 abgegebenen freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung der Mitgliedsunternehmen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., in der diese auf die Durchführung prädiktiver genetischer Tests zu Dispositionen für zukünftige Krankheiten verzichtet haben. Mit der im Hinblick auf den Zeitablauf gebotenen - maßvollen - Anhebung der in der oben genannten freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung enthaltenen Versicherungssumme von 250 000 Euro auf 300 000 Euro wird ein angemessener Ausgleich zwischen dem Recht des Versicherungsnehmers auf informationelle Selbstbestimmung und dem Interesse des Versicherers, ein Informationsgleichgewicht zum Versicherungsbewerber herzustellen, geschaffen.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 regelt, dass der Versicherungsnehmer über bestehende Erkrankungen und über Vorerkrankungen Auskunft geben muss, und zwar unabhängig davon, wie diese Erkrankungen diagnostiziert worden sind. Auch wenn ein diagnostischer Gentest im Rahmen der Diagnose eingesetzt worden ist, muss über Erkrankungen Auskunft gegeben werden; soweit nämlich bereits Erkrankungen bestehen oder bestanden haben, ist das Recht auf Nichtwissen, um dessen Wahrung es geht, nicht berührt. Dies ist der wesentliche Unterschied zur Vornahme eines prädiktiven Gentests, der dem Betroffenen unabhängig von einer konkreten Erkrankung den "Blick in die Zukunft" ermöglicht. Es bleibt insoweit bei der durch das Versicherungsvertragsgesetz festgelegten Auskunftspflicht. Daraus folgt, dass über alle gefahrerheblichen Umstände - jedenfalls auf Nachfrage - Auskunft gegeben werden muss; dies können auch gesundheitliche Beeinträchtigungen sein, die im Rahmen der Risikoprüfung bei Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages oder eines Lebensversicherungsvertrages Bedeutung haben können.

Zu Abschnitt 5 - Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben:

Zu § 19 - Genetische Untersuchungen und Analysen vor und nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses:

§ 19 regelt genetische Untersuchungen im Beschäftigungsverhältnis, d. h. im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten.

Zu Nummer 1:

Nummer 1 enthält das an den Arbeitgeber gerichtete Verbot, von Beschäftigten vor der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses oder im laufenden Beschäftigungsverhältnis genetische Untersuchungen oder genetische Analysen zu verlangen. Von der Regelung erfasst werden sämtliche genetischen Untersuchungen im Sinne des Gesetzes sowie auch isoliert vorgenommene also nicht in eine genetische Untersuchung eingebundene genetische Analysen.

Im Arbeitsleben wird der Abschluss eines Arbeitsvertrages wie auch ein Tätigkeitswechsel in einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis häufig vom Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung abhängig gemacht. Der Arbeitgeber hat nach geltendem Recht ein objektiv berechtigtes und schutzwürdiges Interesse, die aktuelle Eignung der Beschäftigten für den zu besetzenden Arbeitsplatz oder die zu leistende Arbeit festzustellen (BAG vom 7. Juni 1984 - 2 AZR 270/83 -, NZA 1984, 57). Er kann daher von Beschäftigten auch eine ärztliche Untersuchung verlangen wenn sie zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für die vorgesehene Tätigkeit erforderlich ist, und diese Untersuchung mit ausdrücklicher Einwilligung des Beschäftigten durch einen fachkundigen Arzt nach Aufklärung über Art und Umfang durchführen lassen. Mit den fortschreitenden Möglichkeiten genetischer Untersuchungen könnten Arbeitgeber es als nützlich ansehen, bei Untersuchungen, von denen sie die Einstellung oder Versetzung abhängig machen, ihre bisherigen Erkenntnismöglichkeiten über den Gesundheitszustand der Beschäftigten durch den Einsatz genetischer Untersuchungen zu erweitern. Damit verbunden ist die Gefahr, dass Beschäftigte allein aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften oder Veranlagungen nicht eingestellt oder versetzt und somit sozial ausgegrenzt werden.

Durch genetische Untersuchungen, die auf der Grundlage einer molekulargenetischen oder zytogenetischen Analyse oder einer Analyse auf der Genproduktebene durchgeführt werden, können nicht nur genetische Eigenschaften oder Veranlagungen (Risikofaktoren, Prädispositionen oder Überempfindlichkeiten) für bereits bestehende, sondern auch für erst künftig eintretende Erkrankungen und gesundheitliche Störungen festgestellt werden. Die Untersuchungen ermöglichen dabei keine verbindliche Prognose, ob, wann und unter welchen Umständen sich die festgestellte Disposition für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung auswirken wird. Eine solche Disposition kann sich möglicherweise erst in vielen Jahren oder auch nicht mehr in diesem Beschäftigungsverhältnis auswirken. Sie kann allein oder nur im Zusammenwirken mit zahlreichen anderen Faktoren, insbesondere von Umweltfaktoren auch außerhalb des Arbeitsplatzes, oder vielleicht auch nie eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung verursachen. Genetische Untersuchungen sind daher grundsätzlich keine Basis für eine sachgerechte Personalauswahl. Darüber hinaus können durch genetische Untersuchungen Veranlagungen ermittelt werden, die keinen Bezug zur konkreten Tätigkeit oder zum konkreten Arbeitsplatz haben. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten verbietet jedoch die Erhebung eines umfassenden Persönlichkeits- oder Gesundheitsprofils. Die Beschäftigten haben daher ein berechtigtes Interesse, ihre genetischen Eigenschaften und Veranlagungen ihrem künftigen Arbeitgeber nicht zu offenbaren, damit sich ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz nicht verringern.

Die in Nummer 1 enthaltene Vorschrift schließt aus, dass Beschäftigte wegen festgestellter genetischer Eigenschaften oder Veranlagungen nicht eingestellt oder versetzt werden.

Zu Nummer 2:

Nummer 2 bestimmt, dass der Arbeitgeber von Beschäftigten auch die Ergebnisse von genetischen Untersuchungen, die zu anderen Zwecken bereits vorgenommen wurden, weder verlangen noch entgegennehmen oder z.B. für Personalentscheidungen verwenden darf. Das gilt auch dann, wenn einzelne Beschäftigte dem Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren Informationen über ihre genetische Veranlagung freiwillig zur Verfügung stellen oder sie mit der Nutzung von Daten aus anderen bereits vorgenommenen genetischen Untersuchungen durch den Arbeitgeber einverstanden sind. Dadurch soll der Gefahr entgegengewirkt werden, dass sich die Arbeitsmarktchancen der Beschäftigten durch Bekanntwerden ihrer genetischen Eigenschaften verringern.

Die Regelung lässt im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen bisher übliche und nach allgemeinen Voraussetzungen zulässige ärztliche Untersuchungen (vgl. Begründung zu Nummer 1) unberührt. Dazu zählen Untersuchungen auf der Phänotypebene zur Feststellung einer Rot-Grün-Farbblindheit oder Farbschwäche mit Hilfe des Farbtafeltests nach Ishihara, die z.B. notwendig sind, um im Einstellungsverfahren die körperliche Eignung des Bewerbers für die Tätigkeit eines Elektrikers oder Berufskraftfahrers festzustellen.

Zu § 20 - Genetische Untersuchungen und Analysen zum Arbeitsschutz:

Die Vorschrift regelt genetische Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen.

Zu Absatz 1:

Absatz 1 bestimmt, dass im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen keine genetischen Untersuchungen oder Analysen vorgenommen werden dürfen. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind ein notwendiges Instrument zur Früherkennung arbeitsbedingter Erkrankungen und zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.

Ihr Hauptzweck ist die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten hinsichtlich der mit ihrer Arbeit verbundenen individuellen Gesundheitsrisiken. Eingebettet in das geltende System arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen können auch genetische Untersuchungen grundsätzlich dazu beitragen, einen wirksamen Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Erkrankungen zur Verfügung zu stellen. Andererseits ist zu besorgen, dass genetische Untersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge zweckentfremdet auch dazu genutzt werden könnten, gegen bestimmte Expositionen besonders unempfindliche Beschäftigte zu Lasten "anfälliger" Beschäftigter einzusetzen. Kenntnisse des Arbeitgebers über genetische Eigenschaften der Beschäftigten könnten ferner dazu führen, vorrangig notwendige technische Maßnahmen zur Reduzierung bestehender Arbeitsplatzbelastungen zugunsten der Beschäftigung besonders "resistenter" Arbeitnehmer zurückzustellen. Um den Einsatz genetischer Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen im Interesse der Beschäftigten berechenbarer zu machen, schließt Absatz 1 genetische Untersuchungen deshalb grundsätzlich aus. Davon unberührt bleiben bestimmte genetische Untersuchungen im Sinne dieses Gesetzes, die bereits heute gängige arbeitsmedizinische Praxis sind (vgl. Absatz 2).

Zu Absatz 2

In Abweichung von dem in Absatz 1 festgelegten gesetzlichen Verbot trägt Absatz 2 dem im Arbeitsschutz berechtigten Gesichtspunkt Rechnung, dass ein vollständiger Verzicht auf genetische Untersuchungen den Beschäftigten ein wirksames Instrument des persönlichen Gesundheitsschutzes vorenthalten würde. Genetische Eigenschaften und daraus resultierende erhöhte Anfälligkeiten gegenüber spezifischen gesundheitsgefährdenden Einwirkungen am Arbeitsplatz sind Teil der Wechselwirkungen zwischen Mensch und Arbeit, an deren frühzeitiger Aufdeckung in der Regel ein hohes eigenes Interesse der Beschäftigten bestehen wird.

In der Arbeitsmedizin etablierte traditionelle Diagnoseverfahren der Genproduktanalyse zur Aufdeckung arbeitsplatzrelevanter genetisch bedingter individueller Überempfindlichkeiten sollen deshalb zum Wohle der Beschäftigten weiterhin zulässig sein. So führt eine Exposition mit aromatischen Aminen in der chemischen Industrie bei Beschäftigten mit einem unterdurchschnittlichen Status an Acetyltransferase-2 ("Langsame Acetylierer") zu einem erhöhten Risiko, an einem Harnblasenkrebs zu erkranken. Ein ererbter Mangel an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (Favismus) kann eine hämolytische Wirkung (Zerfall der roten Blutkörperchen) auslösen. Ferner tragen etwa Beschäftigte mit einem genetisch bedingten Mangel an Alpha-1-Antitrypsin ein signifikant erhöhtes Risiko einer Lungenerkrankung bei einer Staubexposition. Die genannten genetischen Eigenschaften können für die Beschäftigten in diesen Fällen schwerwiegende Folgen haben, die den Einsatz genetischer Untersuchungen und Analysen rechtfertigen.

Absatz 2 regelt nur die grundsätzliche (methodische) Zulässigkeit der genannten genetischen Untersuchungen. Die Frage, an welche Voraussetzungen solche Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen geknüpft sind und welche Rechtsfolgen damit verbunden sind, bleibt den konkreten Arbeitsschutzvorschriften vorbehalten. Die Vornahme einer genetischen Untersuchung innerhalb einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung ist stets von der Einwilligung des Beschäftigten in den Einsatz dieses konkreten Diagnoseinstruments als einen Baustein des diagnostischen Instrumentariums abhängig. Die vom untersuchenden Arzt erhobenen Befunde oder gestellten Diagnosen verbleiben dabei entsprechend den Grundsätzen der ärztlichen Schweigepflicht ( § 203 StGB) im Innenverhältnis zwischen Arzt und untersuchter Person. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind hauptsächlich auf die Aufklärung und Beratung von Beschäftigten über gesundheitliche Risiken bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten gerichtet und können damit auch zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit beitragen. Sie dienen weder der Selektion, noch ersetzen sie technische und organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen. Die objektiven Maßnahmen des Arbeitsschutzes haben stets Vorrang.

Zu Absatz 3:

Absatz 3 lässt in Abweichung von Absatz 1 und 2 diagnostische zytogenetische und molekulargenetische Untersuchungen zu, fordert dazu aber eine Rechtsverordnung der Bundesregierung.

In der arbeitsmedizinischen Wissenschaft zeichnen sich bisher noch keine konkreten Anwendungsfelder für chromosomenbezogene zytogenetische oder molekulargenetische oder unmittelbare DNA/RNA Untersuchungsmethoden ab. Die Vorschrift überträgt deshalb unter Festlegung der unabdingbar notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen die Bezeichnung der konkreten zukünftig in Betracht kommenden Untersuchungsanlässe auch mit Blick auf die Berücksichtigung bestimmter Sachgebietsspezifika (z.B. im Bereich der Gefahr- oder der Biostoffe) auf die Ebene einer bei Bedarf von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassenden Rechtsverordnung. Dies ermöglicht entsprechend dem Fortschritt der medizinischen Wissenschaft eine schrittweise rechtsetzende Vorgehensweise.

Zu Nummer 1:

Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 knüpft die Durchführung diagnostischer genetischer Untersuchungen auf der Ebene des Chromosoms und auf der DNA/RNA-Ebene an die Voraussetzung, dass die Untersuchung ausschließlich dem Ziel dient, genetische Eigenschaften zu ermitteln, die unmittelbar arbeitsplatzrelevante Informationen über individuell bestehende Krankheiten oder über ein entsprechendes individuelles Gesundheitsrisiko bei Beschäftigung an einem bestimmten gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatz erwarten lassen.

Zu Nummer 2 :

Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 ist Ausdruck des Übermaßverbots und stellt den notwendigen rechtlichen Zusammenhang zwischen dem individuellen Präventionsinteresse und anderen berechtigten Belangen des Beschäftigtenschutzes her. Danach muss, genau wie in Absatz 2 beschrieben, das Präventionsinteresse auch durch den Einsatz einer zytogenetischen oder molekulargenetischen Untersuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsplatz und zur Schwere der dadurch drohenden Gesundheitsschädigung stehen.

Zu Nummer 3:

Mit der Bestimmung wird ein Auswahlmaßstab bei mehreren zur Ermittlung einer genetischen Eigenschaft zur Verfügung stehenden und in gleicher Weise geeigneten genetischen Untersuchungsmethoden gesetzlich festgeschrieben. Danach kann eine DNA/RNA- oder chromosomengestützte genetische Untersuchung nur dann in Betracht kommen, wenn sie gegenüber herkömmlichen Untersuchungsmethoden die Gesundheit des Beschäftigten in geringerem Maße beeinträchtigt.

Bei genetischen Untersuchungen, die nach Maßgabe einer künftig zu erlassenden Rechtsverordnung zulässig sind, gelten die gleichen Bestimmungen wie für die in Absatz 2 beschriebenen Diagnoseverfahren mittels Genproduktanalyse.

Zu Absatz 4:

Die Vorschrift dient der Klarstellung, dass für genetische Untersuchungen, die im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden, die Regelungen über genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken Anwendung finden.

Zu § 21 - Arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot:

Die Vorschrift ergänzt das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 4 für das Arbeitsleben.

Zu Absatz 1:

Absatz 1 enthält ein grundsätzliches Benachteiligungsverbot. Arbeitgeber dürfen Beschäftigte nicht wegen ihrer genetischen Eigenschaften oder wegen der Eigenschaften genetisch verwandter Personen (z.B. Eltern) bei Vereinbarungen oder Maßnahmen im Beschäftigungsverhältnis wie Einstellung und Beförderung benachteiligen. Das gilt unabhängig davon, ob dem Arbeitgeber die genetischen Eigenschaften mit Einwilligung der Beschäftigten bekannt geworden sind. Das Benachteiligungsverbot schützt Beschäftigte außerdem, wenn sie es ablehnen auf Veranlassung des Arbeitgebers an einer genetischen Untersuchung oder genetischen Analyse teilzunehmen. Schließlich darf der Arbeitgeber Beschäftigte auch dann nicht benachteiligen, wenn sie sich weigern, die Ergebnisse bereits durchgeführter genetischer Untersuchungen und Analysen zu offenbaren. Das Benachteiligungsverbot ergänzt die Regelungen der §§ 19 und 20 und schützt damit die Freiheit der Beschäftigten, sich für oder gegen die Vornahme einer genetischen Untersuchung zu entscheiden.

Zu Absatz 2:

Verstößt der Arbeitgeber gegen die ihm nach Absatz 1 obliegenden Pflichten, so hat er den Betroffenen eine angemessene Entschädigung in entsprechender Anwendung der arbeitsrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu leisten.

Zu § 22 - Öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse:

Nach dieser Vorschrift gelten die arbeitsrechtlichen Regelungen des Gesetzes entsprechend für öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse des Bundes.

Zu Abschnitt 6 - Allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft und Technik:

Zu § 23 - Richtlinien:

Zu Absatz 1:

Die Vorschrift regelt die Einrichtung einer interdisziplinär zusammengesetzten unabhängigen Gendiagnostik-Kommission beim Robert Koch-Institut (RKI) mit den in Absatz 2 bestimmten Aufgaben zur Erstellung von Richtlinien in Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes. Auf Grund der erheblichen Bedeutung der Richtlinien für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung in Deutschland ist es geboten, diese Kommission gesetzlich zu verankern. Die Formulierung "Beim" Robert Koch-Institut macht deutlich, dass es sich nicht um eine Kommission des RKI, sondern um eine unabhängige Kommission handelt. Folglich sind die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Kommission unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Die Kommission gibt sich nach Satz 3 eine Geschäftsordnung, in der das Nähere zum Verfahren der Kommission festgelegt werden soll. In der Geschäftsordnung soll ferner das Verfahren der Heranziehung externer Sachverständiger geregelt werden, was insbesondere wegen der umfangreichen Aufgaben der Kommission von besonderer Bedeutung ist.

Zu Absatz 2:

Mit der Regelung in Absatz 2 wird der Gendiagnostik-Kommission die Aufgabe zugewiesen, Richtlinien in Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik für die im Einzelnen - nicht abschließend - aufgeführten Bereiche zu erstellen.

Zu Nummer 1:

Die Vorschrift regelt den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik in Bezug auf die grundlegende Beurteilung der Bedeutung genetischer Eigenschaften für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen oder für die Wirkung eines Arzneimittels. Dabei wird der Gendiagnostik-Kommission durch Buchstabe a die allgemeine Aufgabe zugewiesen, die Bedeutung genetischer Eigenschaften für Erkrankungen und gesundheitliche Störungen zu bewerten und dies in Richtlinien festzulegen. Durch Buchstabe b erhält die Gendiagnostik-Kommission die weitere Aufgabe, in Richtlinien die Beuteilung genetischer Eigenschaften hinsichtlich ihrer Bedeutung im Hinblick auf die Wirkung eines Arzneimittels bei einer Behandlung festzulegen. In den Buchstaben c bis e werden die besonderen Anforderungen für genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen nach § 14, bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen nach § 15 sowie im Arbeitsschutz nach § 20 aufgeführt.

Zu Nummer 2:

Die Vorschrift beinhaltet die Festlegung des allgemein anerkannten Standes der Wissenschaft und Technik in Bezug auf die Anforderungen an die Qualifikation der in § 7 Abs. 1 genannten Ärztinnen und Ärzte zur genetischen Beratung nach § 7 Abs. 3 und an die Qualifikation der nichtärztlichen Sachverständigen zur Vornahme von Abstammungsuntersuchungen.

Zu Nummer 3:

Nach dieser Vorschrift hat die Gendiagnostik-Kommission den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik in Bezug auf die Inhalte der Aufklärung und der genetischen Beratung festzulegen. Dies gilt für alle Vorschriften des Gesetzes, in denen Aufklärung und genetische Beratung vorgesehen sind.

Zu Nummer 4:

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik hinsichtlich der Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen, insbesondere im Hinblick auf die Eignung und Zuverlässigkeit der Analysemethoden, die Verlässlichkeit der Analyseergebnisse und den Befundbericht, aber auch die erforderlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung einschließlich Art, Umfang und Häufigkeit externer Qualitätssicherungsmaßnahmen. Die Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission wird Grundlage für die in § 5 festgeschriebene Qualitätssicherung für genetische Analysen sein.

Zu Nummer 5:

Auch im Hinblick auf die Durchführung der vorgeburtlichen Risikoabklärung muss der insoweit allgemein anerkannte Stand der Wissenschaft und Technik beachtet werden, den die Gendiagnostik-Kommission in ihren Richtlinien festlegen wird.

Zu Nummer 6:

Nach dieser Vorschrift soll die Gendiagnostik-Kommission die Anforderungen an die Durchführung genetischer Reihenuntersuchungen festlegen.

Dies gilt insbesondere sowohl im Hinblick auf eine Bezeichnung der Krankheiten, die in die Untersuchungsprogramme aufgenommen werden sollen, als auch hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Untersuchung, der Untersuchungsmethoden und der Behandlungs- und Organisationsstrukturen.

Zu Absatz 3:

Absatz 3 schreibt aus Gründen der Transparenz und Zugänglichkeit die Veröffentlichung der Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission durch das RKI vor. Die Stellungnahmen nach § 16 Abs. 2 sind durch das RKI zu veröffentlichen.

Zu Absatz 4:

Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass kontinuierlich die Entwicklungen im Bereich der genetischen Diagnostik beobachtet und bewertet werden. Damit wird auch sichergestellt, dass Tendenzen rechtzeitig erkannt werden, die ein gesetzgeberisches Handeln erfordern.

Zu Absatz 5:

Diese Vorschrift soll klarstellen, dass die Gendiagnostik-Kommission auf Anfrage gutachtlich zu Einzelanfragen der Auslegung und Anwendung ihrer Richtlinien Stellung nehmen kann

Zu § 24 - Gebühren und Auslagen:

Zu Absatz 1:

Absatz 1 ordnet bei Stellungnahmen der Gendiagnostik-Kommission, die im Einzelfall im Vollzug dieses Gesetzes ergehen, für die Gebührenbemessung das Kostendeckungsprinzip an. Damit sind nach § 3 Satz 2 des Verwaltungskostengesetzes die Gebühren so zu bemessen, dass das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigt. Gebührenpflichtige Amtshandlungen sind die Stellungnahmen der Gendiagnostik-Kommission nach § 16 Abs. 2 und § 23 Abs. 5. Die Erstellung von Richtlinien durch die Gendiagnostik-Kommission nach § 23 Abs. 2 sowie die Veröffentlichung dieser Richtlinien nach § 23 Abs. 3 fallen nicht unter diese Amtshandlungen. Für die in Absatz 1 bezeichneten Amtshandlungen können neben den Gebühren auch Auslagen verlangt werden.

Zu Absatz 2:

Die Vorschrift enthält die Ermächtigung zur Regelung der Gebühren und Auslagen nach Absatz 1. Danach ist dem Verordnungsgeber die nähere Bestimmung der gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren in Form fester Sätze oder in Form von Rahmensätzen übertragen.

Der Verordnungsgeber ist zudem ermächtigt, Gebühren- und Auslagenbefreiungen zuzulassen sowie die Erstattung von Auslagen auch abweichend vom Verwaltungskostengesetz zu regeln.

Zu Abschnitt 7 - Straf- und Bußgeldvorschriften:

Zu § 25 - Strafvorschriften:

Zu Absatz 1:

Die Regelung sieht eine Strafbewehrung bei Verstößen gegen bestimmte Vorschriften des Gesetzes vor.

Zu Nummer 1:

Nummer 1 bedroht denjenigen mit Strafe, der gegen die in den im Einzelnen aufgeführten Vorschriften verankerten Voraussetzungen verstößt. So wird derjenige bestraft, der entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 eine genetische Untersuchung oder Analyse ohne die erforderliche Einwilligung vornimmt. Damit soll insbesondere das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person geschützt werden. Bestraft wird auch derjenige, der die genetische Untersuchung vornimmt ohne dass der Vertreter der nicht einwilligungsfähigen Person aufgeklärt und beraten worden ist und in die Untersuchung eingewilligt hat (§ 14 Abs. 1 Nr. 4). Dies gilt auch, wenn eine genetische Untersuchung nach § 14 Abs. 2 vorgenommen wird. Ferner wird bestraft, wer eine vorgeburtliche genetische Untersuchung vornimmt, ohne dass die Schwangere aufgeklärt und beraten worden ist und in die Untersuchung eingewilligt hat. Durch diese Sanktionierungen soll sowohl das informationelle Selbstbestimmungsrecht der nicht einwilligungsfähigen Person als auch der Schwangeren geschützt werden.

Zu Nummer 2:

Zum Schutz der nicht einwilligungsfähigen Personen wird unter Strafe gestellt, wer entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 bei einer solchen Person eine genetische Untersuchung vornimmt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik nicht erforderlich ist, um bei der Person eine genetisch bedingte Erkrankung oder gesundheitliche Störung zu vermeiden oder zu behandeln oder dieser vorzubeugen, oder wenn die genetische Untersuchung nicht der Feststellung genetischer Eigenschaften dient, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen. Die Sanktionierung ist erforderlich, um den gebotenen hohen Schutzstandard für genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen zu gewährleisten.

Bestraft wird ferner, wer entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 eine genetische Untersuchung vorgeburtlich nicht zu medizinischen Zwecken vornimmt oder diese Untersuchung nicht darauf abzielt bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder wenn die genetische Untersuchung nicht der Feststellung genetischer Eigenschaften dient, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen. Dies ist erforderlich, um die vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen auf solche zu begrenzen, die in einem unmittelbaren gesundheitlichen Zusammenhang mit dem Embryo oder Fötus stehen.

Zu Nummer 3:

Mit dieser Sanktionierung soll sichergestellt werden, dass bei genetischen Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen sowie bei Abstammungsuntersuchungen keine weitergehenden Untersuchungen vorgenommen werden, als für den jeweiligen Untersuchungszweck erforderlich. Dies betrifft auch genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen nach § 14 Abs. 2, so dass solche Untersuchungen nur zu den ganz eng definierten Untersuchungszwecken vorgenommen werden dürfen. Insoweit wird auf die Begründung zu § 14 Abs. 2 verwiesen.

Zu Nummer 4:

Mit dieser Regelung werden die Versicherer oder Arbeitgeber bestraft, die genetische Daten oder Ergebnisse von Versicherten oder Beschäftigten entgegen den in §§ 18 bis 20 festgelegten Vorgaben verwenden. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Versicherten sowie der Beschäftigten verbietet die Erhebung eines umfassenden Persönlichkeits- oder Gesundheitsprofils auch im Versicherungswesen und im Arbeitsleben. Verstöße gegen die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben bedürfen einer strafrechtlichen Sanktionierung, weil sie von besonderer Bedeutung für die künftige Einhaltung des Verbots sind, Menschen allein wegen ihrer genetischen Eigenschaften zu benachteiligen. Die unzulässige Verwendung der Daten ist wegen ihres hohen Gefährdungspotentials strafrechtlich zu ahnden, während die sonstigen Tathandlungen in diesen Bereichen wegen ihres geringeren Missbrauchspotentials der

Bußgeldbewehrung unterliegen.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 trägt entsprechend § 203 Abs. 5 StGB dem besonderen Unrechtsgehalt einer Tathandlung Rechnung, mit der der Täter sich oder einen Anderen bereichern oder einen Anderen schädigen will.

Zu Absatz 3:

Die in den Absätzen 1 und 2 normierten Straftatbestände können nach Absatz 3 nur auf Antrag der Betroffenen verfolgt werden. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass in einem Strafverfahren die Informationen über die genetischen Eigenschaften der betroffenen Person nur dann verwendet werden dürfen, wenn die betroffene Person einer solchen Verwendung zustimmt was durch die Stellung eines Strafantrags zum Ausdruck kommt. Allein das öffentliche Interesse kann einer Verwendung dieser Informationen in einem Strafverfahren ohne Zustimmung der betroffenen Person nicht genügen.

Zu § 26 - Bußgeldvorschriften:

Zu Absatz 1:

Die genannten Zuwiderhandlungen bedürfen der Bußgeldbewehrung, um den einzelnen Schutzzwecken der sanktionierten Vorschriften angemessen Rechnung zu tragen.

Zu Nummer 1:

Die Bußgeldbewehrung bei Verstoß gegen den Arztvorbehalt nach § 7 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, dient dem gesundheitlichen Schutz der betroffenen Person sowie dem Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts. Ein Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 festgelegte Anforderung an die Durchführung einer genetischen Analyse dient der Qualitätssicherung der Analyseergebnisse und damit dem gesundheitlichen Schutz der betroffenen Person. Die Bußgeldbewehrung des § 17 Abs. 4 Satz 1 dient der Sicherstellung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse bei Abstammungsuntersuchungen. Die Sanktionierung des Verstoßes gegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 dient gemeinsam mit den in den Nummern 8 und 9 vorgesehenen Sanktionen und im Zusammenhang mit der Strafbewehrung in § 25 Abs. 1 Nr. 4 dem Schutz der Beschäftigten vor unzulässigen genetischen Untersuchungen im Arbeitsverhältnis und damit möglicherweise verbundenen Benachteiligungen.

Zu Nummer 2 bis 4:

Die hier vorgesehenen Sanktionierungen dienen dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung der betroffenen Person, die ein Recht darauf hat zu bestimmen, ob die von ihr erhobenen Daten oder Proben erhalten bleiben oder vernichtet werden sollen; dies erstreckt sich auch auf die Zweckbestimmung.

Zu Nummer 5:

Um zu vermeiden, dass mit der Durchführung genetischer Reihenuntersuchungen begonnen wird ohne dass zuvor die Gendiagnostik-Kommission das Anwendungskonzept bewertet hat, ist eine Sanktion erforderlich. Dies betrifft nicht bereits etablierte genetische Reihenuntersuchungen (vgl. Begründung zu § 16 Abs. 2).

Zu Nummer 6:

Die hier vorgesehene Bußgeldbewehrung ist ebenso wie die der Nummer 7 gegen so genannte "heimliche" genetische Abstammungsuntersuchungen gerichtet. Nummer 6 betrifft Personen, die eine genetische Abstammungsuntersuchung durchführen, ohne dass ihnen die schriftliche Einwilligung der Personen, deren Probe sie untersuchen, vorliegt.

Zu Nummer 7:

Die Regelung in Nummer 7 betrifft die Auftraggeber einer genetischen Abstammungsuntersuchung, die eine solche "heimlich" vornehmen lassen, also ohne dass eine schriftliche Einwilligung der Personen, deren Probe untersucht wird, vorliegt. Mit Blick auf die unterschiedlichen Bußgeldrahmen in Absatz 2 differenziert die Nummer 7 zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes, dessen Abstammung geklärt werden soll (Buchstabe a), und dem Kind, das seine Abstammung klären lassen will (Buchstabe b) einerseits und sonstigen Personen (Buchstabe c) andererseits. "Vater" im Sinne von Buchstabe a ist der rechtliche Vater im Sinne von § 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), also der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. Das besondere Klärungsinteresse, das den abgesenkten Bußgeldrahmen nach Absatz 2 rechtfertigt, ist bei ihm gegeben, nicht jedoch bei einem Mann, der gegenwärtig nicht in einer Pflichtenstellung zum Kind steht, sondern nur 87 Drucksache 633/08 (PDF) seine leibliche Vaterschaft für möglich hält. Letzterer ist daher "sonstige Person" im Sinne von Buchstabe c.

Ein von Deutschland aus handelnder Auftraggeber unterliegt der vorgesehenen Sanktionierung auch dann, wenn die heimliche Abstammungsuntersuchung im Ausland durchgeführt wird und nach den dortigen nationalen Regelungen keine Einwilligung der Personen, deren Probe untersucht wird, erforderlich ist.

Zu Nummer 8 und 9:

Die hier vorgesehenen Sanktionen dienen zusammen mit der Bußgeldbewehrung in Nummer 1 und der Strafbewehrung in Absatz 1 Nr. 4 dem umfassenden Schutz der Versicherten und der Beschäftigten.

Zu Nummer 10:

Die Regelung enthält die notwendige Ermächtigung für Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen die Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6.

Zu Absatz 2:

Die Höhe der in Absatz 2 genannten Geldbußen ist im Hinblick auf den Unrechtsgehalt und die Verletzung der jeweiligen Persönlichkeitsrechte geboten.

Für genetische Abstammungsuntersuchungen, die ohne die erforderlichen Einwilligungen in Auftrag gegeben werden (so genannte "heimliche Vaterschaftstests"), sieht Absatz 2 einen auf fünftausend Euro abgesenkten Bußgeldrahmen für den Vater und die Mutter des Kindes, dessen Abstammung geklärt werden soll, und das Kind, das seine Abstammung klären lassen will vor. Diese Personen haben ein besonderes Interesse an der Klärung, weil es um ihre tatsächliche und in der Folge häufig auch rechtliche Beziehung zu den jeweils anderen Familienmitgliedern geht. So steht dem rechtlichen Vater, der Mutter und dem Kind ein Anfechtungsrecht nach den §§ 1600 ff. BGB zu, damit sie Vater-Kind-Verhältnisse, die nicht der biologischen Abstammung entsprechen, beenden können. Mit der erfolgreichen Anfechtung enden auch die an das Vater-Kind-Verhältnis anknüpfenden Rechte und Pflichten, wie etwa das Recht und die Pflicht zur elterlichen Sorge, zum Umgang und zur Gewährung von Unterhalt.

Heimliche Abstammungsuntersuchungen, die von Vater, Mutter und Kind zur Klärung der Abstammung in Auftrag gegeben werden, haben daher einen geringeren Unwertgehalt als heimliche Abstammungsuntersuchungen, die von außen stehenden Dritten in Auftrag gegeben werden.

Zu Absatz 3:

Das Bedürfnis für eine Ahndung einer heimlichen Abstammungsuntersuchung, die von Vater, Mutter oder Kind zur Klärung der Abstammung in Auftrag gegeben wird, kann vollständig entfallen wenn dadurch das Familienleben nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt worden ist. Absatz 3 sieht daher für heimliche Abstammungsuntersuchungen, die Vater, Mutter oder Kind zur Klärung der Abstammung in Auftrag geben, vor, dass die Verwaltungsbehörde in der Regel von einer Ahndung absehen soll, wenn die Personen, deren genetische Probe zur Klärung der Abstammung untersucht wurde, der Untersuchung und der Gewinnung der dafür erforderlichen genetischen Probe nachträglich zugestimmt haben.

Die Regelung knüpft an das der Verwaltungsbehörde nach § 47 Abs. 1 OWiG zustehende Verfolgungsermessen an und konkretisiert es für den Fall, dass allein Rechte im Verhältnis der Familienmitglieder zueinander verletzt worden sind. Dabei handelt es sich etwa um Fälle, in denen der rechtliche Vater des Kindes mit seiner eigenen genetischen Probe und den heimlich gewonnenen Proben von Mutter und Kind eine genetische Abstammungsuntersuchung in Auftrag gibt. Stimmen in einem solchen Fall Mutter und Kind nachträglich der Untersuchung zu soll in der Regel zum Schutz der Familie von einer Sanktionierung abgesehen werden.

In derartigen Fällen haben sich die Familienmitglieder, in deren informationelles Selbstbestimmungsrecht eingegriffen worden ist, nachträglich mit diesem Eingriff einverstanden erklärt.

Wenn somit der enge Kreis der rechtlichen Familie den Eingriff nachträglich akzeptiert und nicht möchte, dass die Angelegenheit weiter Gegenstand eines Bußgeldverfahrens ist, soll im Interesse des Familienfriedens und zum Schutz der Familie regelmäßig von einer Ahndung abgesehen werden.

Da es sich um eine Regelung handelt, die im Rahmen der Ausübung des Verfolgungsermessens anzuwenden ist, muss die nachträgliche Zustimmung nicht zwingend den Anforderungen entsprechen die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch an ein Rechtsgeschäft zu stellen wären. So kann es ausreichen, dass die Mutter und das minderjährige Kind, von denen der Vater heimlich Proben genommen hat, die Untersuchung inzwischen akzeptieren und die Verhängung eines Bußgeldes gegen den Vater nicht wünschen. Ob das minderjährige Kind bereits einwilligungsfähig ist oder von der Mutter gesetzlich vertreten wurde, muss nicht zwingend geklärt werden. Der tatsächliche, gegen eine Ahndung der Ordnungswidrigkeit gerichtete Wille von Mutter und Kind, der die fehlende oder nur geringfügige Beeinträchtigung des Familienlebens belegt, reicht für ein Absehen von der Verfolgung aus.

Die Ausgestaltung der Regelung als Leitlinie für die Ausübung des Verfolgungsermessens gibt der Verwaltungsbehörde die notwendige Flexibilität, um besonderen Konstellationen Rechnung zu tragen und ggf. auch andere Aspekte angemessen zu berücksichtigen. So kann z.B. eine Ahndung der Ordnungswidrigkeit trotz nachträglicher Zustimmung der betroffenen Familienmitglieder geboten sein, wenn die Zustimmung nicht auf dem freien Willen der Familienmitglieder beruht oder der Familienfriede durch die heimliche Untersuchung weiterhin erheblich beeinträchtigt ist.

Zu Abschnitt 8 - Schlussvorschriften:

Zu § 27 - Inkrafttreten:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Zu Absatz 1:

Eine mindestens sechsmonatige Vorlaufzeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes ist erforderlich, um den Beteiligten ausreichend Zeit einzuräumen, sich auf die neuen verbindlichen Pflichten einzurichten.

Zu Absatz 2:

Für die in § 6 und § 20 Abs. 3 vorgesehenen Rechtsverordnungsermächtigungen ist ein Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung geboten. Sowohl die Regelung zur Einrichtung der Gendiagnostik-Kommission nach § 23 als auch die Regelung zu den Kosten und zur Verordnungsermächtigung nach § 24 müssen ebenfalls am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, damit die neu einzurichtende Kommission unverzüglich konstituiert werden und ihre Arbeit aufnehmen kann und die für die Bestimmung der gebührenpflichtigen Tatbestände notwendige Rechtsverordnung erlassen werden kann.

Zu Absatz 3:

In Absatz 3 werden die Vorschriften genannt, die einer längeren Vorlaufzeit bis zu deren Inkrafttreten benötigen. Dies gilt zunächst für die Regelung des § 5 zur Qualitätssicherung genetischer Analysen. Die durch die Vorschrift verpflichtend vorgesehene Akkreditierung genetischer Untersuchungslabore bedarf einer Vorbereitungsphase, da im Einzelfall umfangreiche Anpassungen an den Akkreditierungsstandard erforderlich sein könnten. Insoweit erscheint aber auch für solch umfangreichere Maßnahmen ein Zeitraum von einem Jahr nach Verkündung des Gesetzes als ausreichend.

Im Hinblick auf die Qualifikation zur genetischen Beratung nach § 7 Abs. 3 und der dazu vorgesehenen Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a ist auch für das Inkrafttreten dieser Anforderung eine eineinhalbjährige Übergangszeit vorzusehen.

Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit der gegenwärtigen Praxis, damit nicht unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Gesetzes genetische Untersuchungen - insbesondere im pränatalen Bereich - unterbleiben müssen, weil die für die genetische Beratung zuständigen Ärzte keinen Nachweis über ihre Qualifikation zur genetischen Beratung erbringen können.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 657:
Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o.g. auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Das Gesetz enthält sechs Informationspflichten für die Wirtschaft:

Das Gesetz enthält eine neue Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger:

Der Normenkontrollrat teilt die Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit, dass es sich bei den Aufklärungs- und Beratungspflichten der Ärzte gegenüber den genetisch zu untersuchenden Personen nicht um Informationspflichten im Sinne des Gesetzes zur Einrichtung eines Nationalen Normenkontrollrates handelt. Es gehört zu den Kernaufgaben des Arztes, seine Patienten aufzuklären und zu beraten. Im vorliegenden Fall ergeben sich aus Gesetzestext und ergänzend aus der Gesetzesbegründung, welche Inhalte die entsprechenden Gespräche der Ärzte mit den Betroffenen haben sollen. Es handelt sich hier nicht um eine formelhafte oder standardisierte Information des Betroffenen, wie sie beispielsweise der Beipackzettel eines Arzneimittels enthält. Stattdessen sieht das Gesetz vor, dass der Arzt mit dem Betroffen ein auf dessen individuelle Situation abgestimmtes Gespräch über die genetische Untersuchung führt. Damit sind im vorliegenden Fall Aufklärung und Beratung keine Informationspflichten sondern Teile der Arztgespräche.

Das Bundesministerium hat zudem plausibel dargelegt, warum es die Einführung der Informationspflichten für die Erreichung des Ziels des Gesetzes für notwendig erachtet.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter