Verordnung der Bundesregierung
Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren
(Strafakteneinsichtsverordnung - StrafAktEinV)

A. Problem und Ziel

§ 32 Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) sieht vor, dass Akten bei Gerichten und Strafverfolgungsbehörden elektronisch geführt werden können. Ab dem 1. Januar 2026 sind nach § 32 Absatz 1 Satz 1 StPO in der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung die Akten elektronisch zu führen (vergleiche Artikel 2 Nummer 1 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017, BGBl. I S. 2208).

Einsicht in die elektronischen Akten soll künftig gemäß § 32f Absatz 1 Satz 1 StPO grundsätzlich durch Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf gewährt werden. Unter den in Absatz 1 Satz 2 bis 4 genannten Voraussetzungen kann Einsicht in die elektronische Akte auch in Diensträumen gewährt werden oder ein Aktenausdruck oder Datenträger mit dem Inhalt der Akte übermittelt werden. Dabei ist es im Interesse der Akteneinsichtsberechtigten, dass sich der Abruf der Akte möglichst unkompliziert gestaltet und die Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden. Erstrebenswert ist vor diesem Hintergrund eine bundesweit einheitliche Regelung für das Strafverfahren.

Nach § 32 Absatz 1 Satz 2 StPO bestimmen die Bundesregierung und die Landesregierungen jeweils für Ihren Bereich durch Rechtsverordnungen den Zeitpunkt, von dem an die Akten elektronisch geführt werden. In diesen Pilotierungsverordnungen kann die Einführung der elektronischen Aktenführung auf einzelne Gerichte oder Strafverfolgungsbehörden oder auf allgemein bestimmte Verfahren beschränkt werden. In den übrigen - örtlichen oder sachlichen - Bereichen, für welche die elektronische Aktenführung noch nicht ausdrücklich im Verordnungswege eingeführt ist, verbleibt es bei der herkömmlichen Aktenführung. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung wird daher ein rechtlicher Rahmen gesetzt, der durch die Erklärung der Landesregierungen oder der Bundesregierung in den Verordnungen zum Zeitpunkt des Beginns der Pilotierung - unter erneuter Konsultation aller Beteiligten - ausgefüllt wird und zur praktischen Anwendung gelangt.

B. Lösung

Die Bundesregierung macht von der Ermächtigung nach § 32f Absatz 6 Satz 1 StPO Gebrauch und erlässt mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung, in der die Standards für die Einsicht in elektronische Strafakten festgelegt werden. Dabei werden

Regelungen vorgesehen, welche die Einrichtung eines gemeinsamen Akteneinsichtsportals von Bund und Ländern ermöglichen. So kann sichergestellt werden, dass Akteneinsichtsberechtigte im Strafverfahren die Akten bundesweit unter einer zentralen Internetadresse und unter einheitlichen technischen Rahmenbedingungen abrufen können. Zudem werden weitere technische Standards, etwa für die zulässigen physischen Datenträger, festgelegt.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Verordnung der Bundesregierung
Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren (Strafakteneinsichtsverordnung - StrafAktEinV)

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 3. Dezember 2019 Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren (Strafakteneinsichtsverordnung - StrafAktEinV) mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren (Strafakteneinsichtsverordnung - StrafAktEinV)

Vom ...

Auf Grund des § 32f Absatz 6 Satz 1 der Strafprozessordnung, der durch Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzes vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) eingefügt worden ist, verordnet die Bundesregierung:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung ist anzuwenden auf die Einsicht in elektronisch geführte Strafverfahrensakten der Staatsanwaltschaften, der Gerichte und der Finanzbehörden in Ermittlungsverfahren nach § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung und § 14a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.

(2) Diese Verordnung gilt entsprechend für die Einsicht in elektronisch geführte

§ 2 Bereitstellen des Inhalts zum Abruf

(1) Für die Einsicht in elektronische Akten wird ihr Inhalt, soweit Einsicht gewährt werden soll, in Form des Repräsentats zum Abruf bereitgestellt. Auf dem Repräsentat ist der Name der Person, der Akteneinsicht gewährt wird, dauerhaft erkennbar anzubringen. Dem Repräsentat soll ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz beigefügt werden, der den nach § 7 Nummer 1 bekanntgemachten Definitions- oder Schemadateien entspricht.

(2) Die Bereitstellung erfolgt für 30 Tage. Die Person, der Akteneinsicht gewährt wird, ist auf die Bereitstellung, das Datum des Stands der elektronischen Akte sowie auf das Datum, an dem die Bereitstellung endet, hinzuweisen.

(3) Der Abruf ist über das Internet möglich. Die Internetseite wird in geeigneter Weise bekanntgemacht. Der Abruf darf nur erfolgen, wenn sich die Person, der Akteneinsicht gewährt wird, hinreichend sicher authentisiert hat. Der abzurufende Inhalt ist nach dem Stand der Technik verschlüsselt zu übertragen. Er soll auf dem System der Person, der Akteneinsicht gewährt wird, gespeichert werden können.

(4) Bei der Einrichtung der Internetseite für ein Akteneinsichtsportal sollen die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Sinne der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Mai 2019 (BGBl. I S. 738) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung beachtet werden.

§ 3 Einsichtnahme in Diensträumen

Bei der Einsichtnahme in die elektronische Akte in Diensträumen ist sicherzustellen, dass der Akteninhalt nicht von unbefugten Personen wahrgenommen und nicht verändert werden kann.

§ 4 Ausdruck

Das Ausdrucken einer elektronischen Akte zum Zwecke der Akteneinsicht erfolgt durch das Ausdrucken des Repräsentats.

§ 5 Datenträger

(1) Das Speichern des Inhalts einer elektronischen Akte auf einem physischen Datenträger zum Zwecke der Akteneinsicht erfolgt durch das Speichern ihres Repräsentats auf einem nach § 7 Nummer 2 zulässigen physischen Datenträger.

(2) Die Daten sind nach dem Stand der Technik zu verschlüsseln. Das für die Entschlüsselung erforderliche Kennwort darf nicht zusammen mit dem Datenträger übermittelt werden.

§ 6 Belehrung

Die Person, der Akteneinsicht gewährt wird, ist darüber zu belehren, dass

§ 7 Bekanntmachung

(1) Die Bundesregierung macht folgende technische Anforderungen im Bundesanzeiger und auf der Internetseite www.justiz.de bekannt:

(2) Die technischen Anforderungen können mit einer Mindestgültigkeitsdauer und einem Ablaufdatum versehen werden.

§ 8 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Nach § 32 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung können die Akten elektronisch geführt werden. Ab dem 1. Januar 2026 wird § 32 Absatz 1 StPO die elektronische Aktenführung verbindlich vorschreiben.

§ 32f Absatz 1 Satz 1 StPO sieht vor, dass Einsicht in die elektronische Akte grundsätzlich durch Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf gewährt wird. Unter den in den Sätzen 2 bis 4 der Vorschrift genannten Voraussetzungen kann Einsicht in die elektronische Akte jedoch auch in Diensträumen gewährt werden oder ein Aktenausdruck oder Datenträger mit dem Inhalt der Akte übermittelt werden. Dabei ist es im Interesse der Akteneinsichtsberechtigten, dass sich der Abruf der Strafakte möglichst unkompliziert gestaltet und die Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden. Erstrebenswert ist vor diesem Hintergrund eine bundeseinheitliche Regelung, welche die Einrichtung eines gemeinsamen und bundeseinheitlichen Akteneinsichtsportals von Bund und Ländern in Strafsachen ermöglicht. So kann sichergestellt werden, dass Akteneinsichtsberechtigte in Strafverfahren die Akten bundesweit unter einer zentralen Adresse und unter einheitlichen technischen Rahmenbedingungen abrufen können. Zudem ist es erforderlich, weitere technische Standards, etwa für die zulässigen physischen Datenträger, festzulegen.

Nach § 110c Satz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) und § 120 Absatz 1 Satz 2 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) sollen die in der Verordnung nach § 32f Absatz 6 StPO gesetzten Standards im Bußgeldverfahren und im Strafvollzug entsprechend gelten. Für die Einsicht in Bußgeldakten bei den Gerichten bzw. Staatsanwaltschaften kann das bundeseinheitliche Akteneinsichtsportal ebenfalls genutzt werden. Ein gemeinsames Akteneinsichtsportal für sämtliche Akten aller Bußgeldbehörden in Bund und Ländern erscheint aufgrund der Vielzahl der - zudem sehr unterschiedlich strukturierten - Bußgeldbehörden hingegen nicht ohne weiteres realisierbar. Die in dieser Verordnung allgemein geregelten Maßstäbe für die Bereitstellung der Akten zum Abruf über ein Portal sind jedoch im Bußgeldverfahren entsprechend anwendbar. Für die Gerichtsakten in Verfahren nach § 109 StVollzG ist die Nutzung des gemeinsamen Akteneinsichtsportals aufgrund des Anschlusses der Gerichte und Staatsanwaltschaften wiederum möglich.

II. Wesentlicher Inhalt

Bund und Länder sind sich einig darüber, dass ein möglichst einfacher Zugang des Akteneinsichtsberechtigten zur Strafakte über ein bundesweit einheitliches Akteneinsichtsportal gewährt werden kann. Der Entwurf sieht daher vor, dass eine zentrale Webadresse bekanntzumachen ist, unter welcher ein solches Akteneinsichtsportal für alle Akteneinsichtsberechtigten einfach erreichbar ist. Ferner wird das Format festgelegt, in welchem die Akte bereitzustellen ist, damit auch hier gewährleistet ist, dass es jeder akteneinsichtsberechtigten Privatperson mit allgemein verfügbarer durchschnittlicher technischer Ausstattung möglich ist, Zugang zum Inhalt der Akte über das Akteneinsichtsportal zu erhalten. Technische Details, die einer raschen technischen Entwicklung unterworfen sind, wie etwa die Version eines zulässigen Formats der Akteneinsicht oder auch zulässiger physischer Datenträger sollen dabei in einer Bekanntmachung geregelt werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Regelungskompetenz

Die Kompetenz der Bundesregierung zum Erlass der Verordnung ergibt sich aus § 32f Absatz 6 Satz 1 StPO.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, unter anderem mit den Zielen aus Artikel 3 Buchstabe f, den Artikeln 9, 13 Absatz 1 und Artikel 21 Buchstabe b des Übereinkommens vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1419), vereinbar.

VI. Regelungsfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die Verordnung fördert und vereinfacht durch Festlegung bundesweit einheitlicher und allgemeingültiger Standards für die Akteneinsicht die Digitalisierung des Strafverfahrens. Dabei werden verlässliche Parameter bestimmt, die privaten Akteneinsichtsberechtigten einen einfachen Zugang zum Akteninhalt verschaffen und auf die sich professionelle und institutionalisierte Akteneinsichtsberechtigte bei ihrer eigenen IT-Planung einstellen können.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Die Festlegung der Standards für die Akteneinsicht ist Teil der Einführung der elektronischen Akte im Strafverfahren in Bund und Ländern. Dies ermöglicht die Rationalisierung von Arbeitsabläufen, die gleichzeitige Verfügbarkeit einer Akte für mehrere Stellen und fördert die Barrierefreiheit. Sie fördert zudem den einfachen Zugang zum Akteninhalt, führt zu einem reduzierten Papierverbrauch und trägt somit zur Ressourcenschonung bei.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind nicht ersichtlich.

4. Erfüllungsaufwand

Durch diese Verordnung entsteht kein neuer Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Der Erfüllungsaufwand für die Umsetzung der Einsicht in elektronische Akten resultiert bereits aus dem der Verordnung zugrundeliegenden Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208). Im Gesetzgebungsverfahren zu diesem Gesetz wurde für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften des Bundes und der Länder eine Hochrechnung auf das Basisjahr 2020 vorgenommen und der Aufwand in Bund und Ländern auf einmalig 320 Millionen Euro und jährlich 58 Millionen Euro beziffert. Die damalige Schätzung bezog sich auf alle Gerichtszweige, ohne dass eine isolierte Abschätzung nur für die Strafjustiz möglich gewesen wäre.

Für den Bund haben die Behörden des Geschäftsbereichs ihre Planungen inzwischen konkretisiert, so dass sich der Aufwand auch konkret für die Strafjustiz näher beziffern lässt. Sowohl der Bundesgerichtshof (BGH) als auch der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) streben den Regelbetrieb mit der elektronischen Strafakte ab dem 1. Januar 2024 an, also zwei Jahre früher als gesetzlich vorgeschrieben. Die veranschlagten Kosten betreffen diesen Einführungszeitraum und umfassen daher sowohl die einmaligen als auch die jährlichen Kosten.

Bei der Behörde des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) wird von den folgenden Kosten ausgegangen:

HaushaltsjahrBetrag in T€Bemerkung
2019200
20201 105Bereitstellen der technischen Infrastruktur und Beginn Testbetrieb in Revisionsabteilung
2021800Ergänzung technische Infrastruktur an Pilotarbeitsplätzen und Beginn Pilotbetrieb in der Revisionsabteilung
2022700Beginn Konzeption e-Strafakte für Ermittlungsabteilungen,
Beginn Konzeption VS-E-Strafakte
20231 100Testbetrieb Ermittlungsabteilungen. Ersatz- und Erweiterungsbeschaffungen der technischen Infrastruktur und weitere Konzeption VS-E-Strafakte
20248 800Pilotbetrieb Ermittlungsabteilungen, Umsetzung Konzeption VS-E-Strafakte
2025500Restarbeite n
2026800Regelbetrieb E-Strafakte,
Ersatz- und Erweiterungsbeschaffun gen
Summe14 005

Nach den Planungen für das IT-Rahmenkonzept 2021 beim Bundesgerichtshof werden die Kosten dort bis zum Jahr 2025 wie folgt eingeschätzt:

HH-JahrJahr 2020
Soll
Jahr 2021
Soll
Jahr 2022
Soll
Jahr 2023
Soll
Jahr 2024
Soll
511-016 T€8 T€8 T€6 T€6 T€
532-010 T€75 T€75 T€44 T€40 T€
539-991 T€1 T€1 T€1 T€1 T€
812-020 T€127 T€130 T€50 T€150 T€
Summe(HH-wirksame Mittel)7 T€211 T€214 T€101 T€197 T€

Bei 18 Senaten insgesamt und 13 Zivil- und fünf Strafsenaten ist anzunehmen, dass etwa ein Drittel der genannten Kosten jeweils auf die Strafakte entfällt.

Insgesamt ergeben sich daher für den Bund in den Jahren 2020 bis 2024 Kosten in Höhe von ca. 13 854 000 Euro für die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen.

Die Länder verfolgen die Umsetzung der elektronischen Akte in der gesamten Justiz über drei Verbünde, denen sich jeweils verschiedene Bundesländer und auch der Bund angeschlossen haben. Diese Verbünde sind e2A ("ergonomischelektronische" Aktenführung; Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen-Anhalt), eIP ("elektronisches Integrationsportal"; Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern) und VIS-Justiz (Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Thüringen, Sachsen und der Bund). Die infolge der Anpassung der Softwareentwicklung für die elektronische Akte auf die Besonderheiten im Strafverfahren entstehenden Mehrkosten können nicht konkret beziffert werden.

5. Weitere Kosten

Sonstige Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Regelungsfolgen

Weitere Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie gleichstellungspolitische oder demographische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

VII. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung der Verordnung ist nicht geboten, da die Ermächtigungsgrundlage unbefristet gilt. Das die Ermächtigungsgrundlage enthaltene Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) wird drei Jahre nach dem vollständigen In-Kraft-Treten evaluiert werden. Eine eigenständige Evaluierung der Verordnung ist nicht angezeigt. Unabhängig von der Evaluierung werden die Inhalte der Verordnungen nach den §§ 32 ff. StPO fortlaufend im Rahmen der geplanten Pilotierungen und künftiger technischer Entwicklungen auf etwaige Anpassungserfordernisse überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 (Anwendungsbereich)

Die Verordnung gilt nach Absatz 1 bundeseinheitlich für die Einsicht in elektronische Strafverfahrensakten von Staatsanwaltschaften und Gerichten des Bundes und der Länder sowie der Finanzbehörden in Verfahren nach § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung (AO) oder § 14a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG). Sie findet somit keine Anwendung auf strafrechtliche Ermittlungsvorgänge übriger Ermittlungsbehörden, etwa der Polizei, Steuer- oder Zollfahndungsbehörden. Dementsprechend finden die Regelungen dieser Verordnung auch keine Anwendung, wenn sich eine von der Staatsanwaltschaft oder Finanzbehörde in einem Verfahren nach § 386 Absatz 2 AO oder § 14a SchwarzArbG bereits angelegte Akte bei einer nichtaktenführenden Ermittlungsbehörde (Polizei, Steueroder Zollfahndungsbehörde) befindet. In Absatz 2 wird klargestellt, dass die Verordnung im Bußgeldverfahren und in gerichtlichen Verfahren nach dem StVollzG entsprechende Anwendung findet, wie es § 110c Satz 1 OWiG und § 120 Absatz 1 Satz 2 StVollzG vorsehen.

Die Verordnung regelt lediglich die Art und Weise der Akteneinsicht in elektronische Akten, über das "ob" und den Umfang der Akteneinsichtsberechtigung wird hingegen keine Aussage getroffen. Dies richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, insbesondere § 147 StPO und den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Achten Buchs der StPO. Die Vornahme von Schwärzungen bleibt daher ebenso zulässig wie die Gewährung von Einsicht in einzelne Teile der Akten.

Zu § 2 (Bereitstellen des Inhalts zum Abruf)

Zu Absatz 1

Die Bezugnahme in Satz 1 auf das Repräsentat, wie es in den Rechtsverordnungen zur Führung der elektronischen Akte nach § 32 Absatz 1 Satz 1 StPO im Bund und in den Ländern näher ausgeführt ist, als Format, in dem die Akte bereitzustellen ist, stellt sicher, dass alle über das bundesweit einheitliche Akteneinsichtsportal bereitgestellten Akten in diesem Format abrufbar sind. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass Nutzer des Akteneinsichtsportals die Akte in einem einheitlichen Format erhalten, ganz gleich, in welchem Land die Akte geführt wird. Sowohl für den privaten wie auch für den professionellen Akteneinsichtsberechtigten soll so garantiert werden, dass er nur einen Standard an technischen Voraussetzungen beachten muss, um Akten über das Portal bzw. über ein Festspeichermedium einzusehen.

Bereitgestellt werden soll das sogenannte Repräsentat im Sinne der entsprechenden Vorschriften der Rechtsverordnungen zur Führung der elektronischen Akte nach § 32 Absatz 1 Satz 1 StPO im Bund und in den Ländern. Nach diesen Regelungen, die der Gewährleistung der Grundsätze der Aktenklarheit, Aktenwahrheit und Aktenvollständigkeit dienen, sollen grundsätzlich alle in der elektronischen Akte zu speichernden Inhalte auch im Repräsentat bildlich wahrnehmbar sein. Jedes E-Akten-System muss daher unabhängig von der internen Darstellung der Akte über die jeweilige Software in der Lage sein, jederzeit ("auf Knopfdruck") ein Repräsentat herstellen zu können, das für die Kommunikation mit nichtjustizaktenführenden Stellen genutzt werden kann. Das aus den verschiedenen PDF-Dokumenten bestehende Repräsentat der jeweiligen Akte muss aus der Akte jederzeit generierbar sein, nicht zwingend aber zusätzlich als Datengesamtheit oder Gesamt-PDF in der Akte gespeichert werden.

Soweit eine Umwandlung in das Format PDF technisch nicht möglich ist, ist ein Hinweis in das Repräsentat aufzunehmen. An die Stelle elektronischer Medien wie Video- oder Audiodateien, sofern sie nicht ohnehin Beweismittel und damit nicht Aktenbestandteil sind, treten Ersatzbelege oder Vermerke. Dasselbe gilt für den Inhalt von Datenbankabfragen oder Prüfungen, deren Ergebnisse ebenfalls in Form von Ergebnisvermerken repräsentiert werden können. An die Stelle von Signaturdateien treten ebenfalls Vermerke. Nicht im Repräsentat angezeigt werden müssen ausschließlich für die Datenverarbeitung notwendige Metadaten, wie beispielsweise Strukturdatensätze der elektronischen Dokumente oder Definitions- und Schemadateien. Die einzelnen Seiten des Repräsentats müssen so nummeriert werden, dass sie eindeutig zitierbar sind. Das Repräsentat muss druckbar, kopierbar und so weit wie technisch möglich durchsuchbar sein. Dabei ist die Akte nur in dem Umfang zur Einsicht bereitzuhalten, in dem Akteneinsicht bewilligt wurde. Satz 2 wiederholt die Anforderung in § 32f Absatz 4 Satz 2 StPO, wonach der Name der Person, der Akteneinsicht gewährt wird, durch technische Maßnahmen nach dem Stand der Technik dauerhaft erkennbar gemacht werden soll. Dies kann in Form der Anbringung eines Wasserzeichens auf den einzelnen Seiten der jeweiligen PDF-Dokumente erfolgen.

Für die Bereitstellung im gemeinsamen Akteneinsichtsportal des Bundes und der Länder soll dem Repräsentat nach Satz 3 ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz beigefügt werden, der die automatisierte Erfassung und Weiterverarbeitung im Rahmen des Portals gewährleistet. Die Regelung ist § 2 Absatz 2 der Strafaktenübermittlungsverordnung (§ 32 Absatz 3 StPO) vergleichbar, welche die Anforderungen an die Begleit-XML-Datei bei der Übermittlung von elektronischen Akten zwischen Staatsanwaltschaften, Finanzbehörden in Ermittlungsverfahren nach § 386 Absatz 2 AO oder § 14a SchwarzArbG und Gerichten festlegt.

Dieser strukturierte maschinenlesbare Datensatz ist der elektronischen Akte grundsätzlich beizufügen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die ausnahmsweise ein Absehen von der Beifügung rechtfertigen. Die Bundesregierung gibt nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 die Definitions- oder Schemadateien für strukturierte maschinenlesbare Datensätze, derer sich die Beteiligten bedienen sollen, bekannt.

Im Bußgeldverfahren gilt die Regelung entsprechend. Für die Einsicht in Bußgeldakten der Gerichte und Staatsanwaltschaften gelten daher insoweit keine Besonderheiten. Auch für Verwaltungsbehörden, die Bußgeldakten im Sinne des § 2 Absatz 1 bis 3 der Bundesbußgeldaktenführungsverordnung, also dem Strafverfahren vergleichbar strukturierte elektronische Akten führen, gelten keine Besonderheiten. Soweit als Bußgeldbehörden tätige Verwaltungsbehörden indes Akten nach § 2 Absatz 4 der Bundesbußgeldaktenführungsverordnung führen, die unter Umständen nicht über die Funktion der Erstellung des Repräsentats verfügen, ist eine Bereitstellung zum Abruf in der in Absatz 1 genannten Form nicht möglich. An die Stelle des Repräsentats treten dann elektronische Dokumente im Sinne der Dokumentenerstellungs- und -übermittlungsverordnung (DokErstÜbV), also Dokumente im Format PDF , die in diesen Fällen der Aktenführung etwa auch nach § 2 Absatz 3 der Bußgeldaktenübermittlungsverordnung die zu übermittelnde Akte ersetzen. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung, Absatz 1 Satz 3 mit der Maßgabe, dass den elektronischen Dokumenten eine entsprechende Begleitdatei beigefügt werden soll.

Für Verfahren nach dem StVollzG gilt die Regelung ebenfalls entsprechend; erfasst sind ausschließlich elektronisch geführte Gerichtsakten (vergleiche § 110a Absatz 1 Satz 1, 120 Absatz 1 Satz 2 StVollzG).

Zu Absatz 2

Die elektronische Akte wird nach Satz 1 für 30 Tage im Akteneinsichtsportal zum Abruf bereitgestellt. Dabei ist die Person, der die Akteneinsicht gewährt wird, in geeigneter Weise auf die Bereitstellung der Akte, das Datum des Stands der elektronischen Akte sowie auf das Datum, an dem die Bereitstellung endet, hinzuweisen. Absatz 2 ist unabhängig von der Art und Weise der Aktenführung bei Verwaltungsbehörden (vergleiche § 2 Absatz 4 der Bundesbußgeldaktenführungsverordnung) im Bußgeldverfahren entsprechend anwendbar.

Die Bereitstellungsdauer ist unabhängig von im Verfahren etwa gesetzten Fristen und hat für diese keine Konsequenzen. Können gesetzte Fristen nicht eingehalten werden, weil der Aktenabruf aus technischen oder sonstigen Gründen scheitert, ist nach den allgemeinen Vorschriften zu verfahren und gegebenenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift regelt Einzelheiten zur vorgesehenen bundesweiten Portallösung für die Akteneinsicht in Strafverfahren. Der Zugriff auf die Akten soll nach Satz 1 webbasiert erfolgen;

die Internetseite, auf der die elektronischen Akten bereitgestellt werden, wird von der Bundesregierung in geeigneter Weise bekanntgemacht. Geeignet ist insoweit etwa eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger und auf der Internetseite www.justiz.de.

Voraussetzung für den Abruf der Akte ist nach Satz 3 eine hinreichend sichere Authentifizierung der Person, der Akteneinsicht gewährt werden soll. Professionelle Verfahrensbeteiligte wie Rechtsanwälte und Behörden können sich über die bereits eingerichteten besonderen elektronischen Postfächer authentisieren, bei deren Zuweisung eine SAFE-ID vergeben wurde. Da hinter den besonderen elektronischen Postfächern jeweils ein Identifizierungsverfahren steht, kann die Justiz bei Verwendung der Identitäten dieser Postfächer davon ausgehen, dass auch wirklich die jeweilige Person bzw. Organisation dahintersteht.

Für Bürgerinnen und Bürger bestehen derzeit noch keine besonderen Postfächer. Für die "normalen" EGVP-Postfachinhaber, die aktuell im SAFE-Verzeichnis in der sogenannten buerger-Rolle eingetragen sind, wurde kein besonderes Identifizierungsverfahren durchgeführt. Mit der Einführung eines Authentifizierungsverfahrens im EGVP auch für die Bürgerpostfächer würde dieser Unterschied jedoch künftig aufgehoben, so dass dann jede SAFE-ID, für die ein Postfach im EGVP angelegt ist, einer bestimmten Person sicher zugeordnet werden kann. Die vorhandenen Strukturen können indes auch derzeit schon für die Akteneinsicht im Rahmen des Akteneinsichtsportals genutzt werden. Eine temporäre SAFE-ID für die Authentifizierung kann nämlich auch dann zugeteilt werden, wenn gar kein EGVP-Postfach vorhanden ist. Die Authentisierung am Portal erfolgt dann über die jeweils hinterlegte SAFE-ID mittels Benutzername und Kennwort.

Satz 4 stellt klar, dass der Abruf dem Stand der Technik entsprechend zu verschlüsseln ist. Nach Satz 5 soll der bereitgestellte Inhalt einer elektronischen Akte nicht nur über das Akteneinsichtsportal eingesehen, sondern auch auf dem System der abrufenden Person gespeichert werden können.

Absatz 3 ist unabhängig von der Art und Weise der Aktenführung bei Verwaltungsbehörden (vergleiche § 2 Absatz 4 der Bundesbußgeldaktenführungsverordnung) im Bußgeldverfahren entsprechend anzuwenden. Für die Einsicht in Bußgeldakten der Gerichte und Staatsanwaltschaften kann das gemeinsame Akteneinsichtsportal des Bundes und der Länder genutzt werden; für die Einsicht in die Akten bei den Verwaltungsbehörden kommen auch andere Portallösungen in Betracht. Die jeweilige Verwaltungsbehörde hat nach Absatz 3 Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass die Internetseite in geeigneter Weise bekannt gemacht wird.

Für die Einsicht in Gerichtsakten in Verfahren nach § 109 StVollzG kann ebenfalls das bundeseinheitliche Akteneinsichtsportal, an das alle Gerichte und Staatsanwaltschaften angeschlossen werden sollen, genutzt werden.

Zu Absatz 4

Die Webportale, über welche künftig die Akten zum Zwecke der Akteneinsicht abgerufen werden sollen, sind soweit wie technisch möglich barrierefrei zu erstellen. Dies soll durch den Verweis auf die Anforderungen der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung sichergestellt werden.

Zu § 3 (Einsichtnahme in Diensträumen)

Die Vorschrift konkretisiert die Anforderungen für den Fall des § 32f Absatz 1 Satz 2 StPO, in dem auf besonderen Antrag oder bei Entgegenstehen gewichtiger Gründe gegen die Akteneinsicht durch Abruf Einsicht in die elektronischen Akten auch durch Einsichtnahme in den Diensträumen der jeweiligen Behörde oder des Gerichts, das die Akten führt, gewährt werden kann. In diesen Fällen ist sicherzustellen, dass die Akte nicht von unbefugten

Personen wahrgenommen werden kann. Ferner muss gewährleistet sein, dass die Akte durch die Einsicht nehmende Person nicht verändert wird. Dies ist, soweit möglich, technisch sicherzustellen, etwa durch einen "Lesemodus" in den Aktenführungssystemen.

Zu § 4 (Ausdruck)

Gemäß § 32f Absatz 1 Satz 3 Alternative 1 StPO kann bei berechtigtem Interesse auf besonders zu begründenden Antrag oder bei Entgegenstehen gewichtiger Gründe gegen die Akteneinsicht durch Abruf auch ein Aktenausdruck an den Akteneinsichtsberechtigten übermittelt werden. Die Vorschrift stellt klar, dass in diesen Fällen das Repräsentat im Sinne von § 2 Absatz 2 der Bundesstrafaktenführungsverordnung ausgedruckt werden soll; nur dieses ist auch Gegenstand der Einsichtnahme bei der Bereitstellung des Akteninhalts zum Abruf nach § 2 Absatz 1 dieser Verordnung.

Zu § 5 (Datenträger)

Die vierte Möglichkeit der Akteneinsichtnahme neben dem Abruf über das Akteneinsichtsportal (§ 2), der Einsichtnahme in den Diensträumen (§ 3) und dem Ausdruck der Akte (§ 4) ist die Übermittlung eines physischen Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akte. Dessen Übermittlung kann gemäß § 32f Absatz 1 Satz 3 Alternative 2 StPO bei berechtigtem Interesse auf besonders zu begründenden Antrag oder bei Entgegenstehen gewichtiger Gründe gegen die Akteneinsicht durch Abruf erfolgen. Die Regelung in § 5 der Verordnung stellt klar, dass auch insoweit Gegenstand der Speicherung auf dem physischen Datenträger das Repräsentat im Sinne von § 2 Absatz 2 der Aktenführungsverordnung des Bundes ist. Führen als Bußgeldbehörden tätige Verwaltungsbehörden die Akten nicht in der Form des § 2 Absatz 1 bis 3 der Bundesbußgeldaktenführungsverordnung, tritt an die Stelle des Repräsentats ein elektronisches Dokument im Format PDF im Sinne der Dokumentenerstellungs- und -übermittlungsverordnung (DokErstÜbV). Die das Repräsentat bzw. das elektronische Dokument enthaltende Datei auf dem Datenträger ist nach Absatz 2 dem Stand der Technik entsprechend zu verschlüsseln. Das für die Entschlüsselung erforderliche Kennwort soll nicht zusammen mit dem Datenträger, sondern mit gesonderter (elektronischer oder analoger) Post übermittelt werden. Nähere Einzelheiten zum physischen Datenträger sind in § 7 geregelt.

Zu § 6 (Belehrung)

Die Vorschrift regelt die Hinweise und Belehrungen an die Person, der Akteneinsicht nach den §§ 2 bis 5 dieser Verordnung gewährt wird. In den Nummern 1 und 2 sind die in § 32f Absatz 5 Satz 1 und 2 StPO geregelten Fälle aufgeführt. Der abgerufene Akteninhalt darf Dritten gegenüber grundsätzlich nicht zugänglich gemacht werden; gleiches gilt für im Rahmen der Akteneinsicht erlangte personenbezogene Daten, die nur zu den Zwecken verwendet werden dürfen, für die die Akteneinsicht gewährt wurde bzw. grundsätzlich gewährt werden dürfte. Nummer 3 regelt die Belehrung über die potentielle Strafbarkeit der Veröffentlichung von Aktenbestandteilen. Gemäß § 499 StPO sind Aktenkopien unverzüglich zu löschen, wenn sie nicht mehr erforderlich sind; die entsprechende Belehrung hierüber enthält Nummer 4. Gleiches gilt für die im Rahmen der Akteneinsicht bekannt gewordenen personenbezogenen Daten. Gemäß § 75 Absatz 2 BDSG gilt allgemein, dass der Verantwortliche personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen hat, wenn ihre Kenntnis für seine Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Daraus folgt, dass die Verarbeitung der in der Akte enthaltenen personenbezogenen Daten unzulässig wird, wenn der Zweck für ihre Speicherung weggefallen ist.

Zu § 7 (Bekanntmachung)

Die Vorschrift enthält ebenso wie die Verordnungen über die Dokumentenerstellung und - übermittlung sowie über die Aktenübermittlung eine Regelung, nach der die Anforderungen an die konkreten technischen Einzelheiten bekanntgemacht werden sollen.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 werden die technischen Einzelheiten, die einer fortwährenden Weiterentwicklung unterliegen und sich daher nicht für die Regelung im Wege der Verordnung eignen, abschließend aufgezählt und von der Bundesregierung im Bundesanzeiger und in dem gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder unter www.justiz.de bekanntgemacht. Die Veröffentlichung im Bundesanzeiger gewährleistet, dass die Bekanntmachungen dauerhaft archiviert werden und auch nach Änderungen der Bekanntmachungen verfügbar bleiben.

Die Bekanntmachungen werden gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 des Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetzes im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentlicht. Die zusätzliche Veröffentlichung im gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder soll einen möglichst weitreichenden Verbreitungsgrad der Bekanntmachungen gewährleisten und einen einfachen und kostenfreien Zugang für alle mit der Entwicklung entsprechender IT-Lösungen befasster Personen ermöglichen.

Die Versionen der zulässigen Dateiformate ändern sich bisweilen innerhalb kurzer Zeit. Wird eine neue Dateiversion eingeführt, kann diese zu Problemen bei der Datenverarbeitung und bei der Interoperabilität unterschiedlicher Aktenführungs- sowie Vorgangsbearbeitungssysteme führen. Um Rechtssicherheit über die zugelassenen Versionen zu schaffen, hat die Bundesregierung nach Absatz 1 Nummer 1 die Anforderungen an die Definitionsoder Schemadateien nach § 2 Absatz 1 Satz 3 bekanntzumachen. Absatz 1 Nummer 2 regelt die Bekanntmachung der zulässigen physischen Datenträger, die nach § 5 für die Übermittlung des Akteninhalts in den Fällen des § 32f Absatz 1 Satz 3 Alternative 2 StPO verwendet werden dürfen.

Zu Absatz 2

Gemäß Absatz 2 kann eine Mindestgültigkeitsdauer festgelegt werden, innerhalb welcher die bekanntgemachten technischen Anforderungen mindestens Anwendung finden.

Zu § 8 (Inkrafttreten)

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Damit wird Bund und Ländern eine Pilotierung der elektronischen Aktenführung noch vor dem Termin zur verbindlichen elektronischen Aktenführung zum 1. Januar 2026 ermöglicht.

Drucksache 635/19 (PDF)

Anlage

Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG

Rechtsverordnungen zur Einführung der elektronischen Akte im Strafverfahren (NKR-Nr. 4866-4869, BMJV)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der oben genannten Regelungsvorhaben geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen
WirtschaftKeine Auswirkungen
Verwaltung (Bund)
Einmaliger Erfüllungsaufwandrund 13 Mio. Euro
Jährlicher Erfüllungsaufwandnoch nicht bezifferbar
EvaluierungDie Rechtsverordnungen werden spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten zusammen mit dem zu Grunde liegenden Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs evaluiert.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Erfüllungsaufwand für die Einführung der elektronischen Strafakte auf der Bundesebene nachvollziehbar dargestellt. Das Ressort ist damit der Erwartung nachgekommen, die der Nationale Normenkontrollrat (NKR) in seiner Stellungnahme zu dem zu Grunde liegenden Gesetz formuliert hatte.
Der NKR erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in den vorliegenden Regelungsentwürfen.

II. Im Einzelnen

Mit Wirkung vom 1. Januar 2026 sind in Deutschland Strafakten elektronisch zu führen. Die Grundlage hierfür wurde mit Gesetz vom 5. Juli 20171 geschaffen. Das Gesetz ermächtigt die Bundesregierung und die Landesregierungen, jeweils für ihren Bereich, die Rahmenbedingungen und Standards der elektronischen Aktenführung durch Rechtsverordnung festzulegen.

Mit den Regelungsvorhaben will das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) für seinen Geschäftsbereich von der Verordnungsermächtigung Gebrauch machen. Regelungsgegenstand sind die Rahmenbedingungen und Standards für - die elektronische Strafaktenführung selbst,

II.1 Erfüllungsaufwand

Zum Geschäftsbereich des BMJV und damit zum Anwendungsbereich der Regelungsentwürfe gehören der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof sowie der Bundesgerichtshof selbst. Die dort ausgelösten Kosten sind methodisch als Erfüllungsaufwand zu behandeln. Dies gilt auch insoweit, als sie beim Bundesgerichtshof anfallen. Denn die Gestaltung von und die Ausstattung mit Infrastruktur für die elektronische Strafaktenführung gehören nicht zum Kernbereich richterlicher Tätigkeit.

Bei der Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands hat das Ressort folgenden Umständen Rechnung getragen:

Das BMJV ist der Erwartung des NKR mit einer Abschätzung der Kosten nachgekommen, die beim Generalbundesanwalt und den fünf Strafsenaten des Bundesgerichtshofs für die Umstellung auf elektronische Aktenführung in den Jahren 2020 bis 2024 sukzessive anfallen und deshalb als einmaliger Aufwand zu behandeln sind:

Für den Generalbundesanwalt und dessen Geschäftsbereich hat das Ressort den Umstellungsaufwand gut nachvollziehbar auf rund 13 Mio. Euro geschätzt.

KalenderjahrBetrag in TEURBemerkung
2019200
20201.105Bereitstellen der technischen Infrastruktur
und Beginn Testbetrieb in Revisionsabteilung
2021800Ergänzung technische Infrastruktur an Pilotarbeitsplätzen und Beginn Pilotbetrieb in der Revisionsabteilung
2022700Beginn Konzeption e-Strafakte für Ermittlungsabteilungen,
Beginn Konzeption VS-E-Strafakte
20231.100Testbetrieb Ermittlungsabteilungen. Ersatz- und Erweiterungsbeschaffungen der technischen Infrastruktur und weitere Konzeption VS-E-Strafakte
20248.800Pilotbetrieb Ermittlungsabteilungen, Umsetzung Konzeption VS-E-Strafakte
12.705

Bei den 5 Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entsteht mit der Einführung der elektronischen Akte einmaliger Aufwand von rund 240.000 Euro.

Nachvollziehbar ist auch, dass sich jährlicher Erfüllungsaufwand (Belastung und/oder Entlastung) derzeit noch nicht darstellen lässt.

II.2 Evaluierung

Die Rechtsverordnungen werden spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten zusammen mit dem zu Grunde liegenden Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs evaluiert.

III. Ergebnis

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Erfüllungsaufwand für die Einführung der elektronischen Strafakte auf der Bundesebene nachvollziehbar dargestellt. Das Ressort ist damit der Erwartung nachgekommen, die der Nationale Normenkontrollrat (NKR) in seiner Stellungnahme zu dem zu Grunde liegenden Gesetz formuliert hatte.

Der NKR erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in den vorliegenden Regelungsentwürfen.

Dr. Ludewig Dr. Holtschneider
Vorsitzender Berichterstatter