Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts

848. Sitzung des Bundesrates am 10. Oktober 2008

A.

Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 2a - neu - (§ 1356a - neu - BGB),

Artikel 1 Nr. 9 (§ 1385 Nr. 4 BGB), Artikel 7 Nr. 01 - neu - (§ 2 Satz 3 - neu - LPartG)

Begründung

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verfolgt das begrüßenswerte Ziel, den güterrechtlichen Auskunftsanspruch der Ehegatten nach ihrer Trennung zu erweitern und effektiver zu gestalten. Darüber hinaus ist es erstrebenswert, die Auskunftsrechte der Ehegatten auch während ihres Zusammenlebens zu stärken.

Es stellt ein Gebot moderner, gleichberechtigter ehelicher Partnerschaft dar, dass der eine Ehepartner über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des anderen zumindest im Wesentlichen unterrichtet ist. Ein Auskunftsanspruch trägt ferner dazu bei, die gleichmäßige Teilhabe der Ehegatten an dem Vermögen zu gewährleisten, das sie während der Ehezeit erwirtschaften.

Durch einen neuen § 1356a BGB soll ein von der Geltendmachung des Familienunterhalts losgelöster Auskunftsanspruch als Teil des allgemeinen Ehewirkungsrechts geschaffen werden. Nach geltendem Recht besteht lediglich eine durch die Rechtsprechung aus § 1353 Abs. 1 BGB hergeleitete Verpflichtung zur Auskunftserteilung "in groben Zügen" (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 -, FamRZ 1976, 516 = FamRZ 1978, 677;

Urteil vom 29. Januar 1986 - IVb ZR 11/85 -, FamRZ 1986, 558;

Urteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 -, NJW 2000, 3199).

Erforderlich ist die Schaffung eines neuen, eigenständigen Auskunftsanspruchs.

Einerseits wäre eine bloße Verweisung auf § 1605 BGB nicht sachgerecht, weil sie nur soweit reichen würde, wie die Auskunft zur Bemessung eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Andererseits erscheint auch ein umfassender Auskunftsanspruch nicht notwendig. Geholfen werden soll den Ehepartnern, insbesondere Frauen, die keinerlei Vorstellung von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihres Ehepartners haben. Dazu genügt es, wenn die Auskunft dem anderen Ehegatten einen Überblick über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse verschafft. § 1356a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB-E sieht deshalb eine Einschränkung vor, um eine unangemessene Belastung des auskunftspflichtigen Ehegatten zu vermeiden.

§ 1356a Abs. 1 Satz 2 BGB-E stellt klar, dass die §§ 260 und 261 BGB auf den Auskunftsanspruch nach Satz 1 anzuwenden sind und ordnet darüber hinaus die entsprechende Anwendung von § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB an. Die Verweisung auf § 260 Abs. 1 BGB hat zur Folge, dass die Auskunft nicht nur hinsichtlich des Vermögens, sondern auch hinsichtlich der Einkünfte durch Vorlage eines schriftlichen Verzeichnisses zu erfolgen hat.

Bei der entsprechenden Anwendung der vorgenannten Vorschriften ist aber stets zu berücksichtigen, dass es zur Erfüllung der Auskunftspflicht genügt, dem Ehegatten einen Überblick über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des anderen Ehegatten zu verschaffen. Dies bedeutet, dass unter Umständen geringe Anforderungen an die Gliederung und Aufschlüsselung des Verzeichnisses zu stellen sind. Ferner können bei der entsprechenden Anwendung des § 260 BGB die im Unterhaltsrecht entwickelten Grundsätze nicht ohne Weiteres und in vollem Umfang auf den Anspruch nach § 1356a BGB-E übertragen werden. Dies gilt ebenso für die sich aus § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebende Pflicht zur Vorlage von Belegen. Der beschränkte und vom Unterhaltsrecht abweichende Zweck der Auskunftspflicht ist bei der entsprechenden Anwendung stets zu beachten.

§ 1356a Abs. 1 Satz 3 BGB-E regelt schließlich, dass der Auskunftsanspruch nicht übertragbar ist. Nach seinem Sinn und Zweck kann und darf der Anspruch nur dem anderen Ehegatten zu Gute kommen, nicht aber außerhalb der Ehe stehenden Personen, insbesondere Gläubigern. Es ließe sich zwar durchaus vertreten dass der Anspruch ohnehin höchstpersönlicher Natur ist mit der Folge, dass er nach § 399 BGB nicht abtretbar und damit nach § 851 Abs. 1 ZPO auch nicht pfändbar wäre. Eine Klarstellung erscheint aber angebracht.

§ 1356a Abs. 2 BGB-E schließt den Auskunftsanspruch aus, sobald die Ehegatten getrennt leben. Ab diesem Zeitpunkt reichen zum einen die bereits geltenden Regelungen aus (insbesondere der Auskunftsanspruch aus § 1361 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 1605 BGB). Zum anderen trägt ab der Trennung das Ziel der Neuregelung nicht mehr, zu einer gleichberechtigten Partnerschaft beizutragen.

§ 1356a Abs. 3 BGB-E regelt die Frage, in welchen zeitlichen Abständen Auskunft zu erteilen ist. Er bestimmt, dass die Auskunft grundsätzlich nur nach Ablauf von zwei Jahren seit Erteilung der letzten Auskunft verlangt werden kann. Dies schützt den auskunftspflichtigen Ehegatten und dient der Begrenzung des Anspruchs auf das erforderliche Maß. Etwas anderes gilt nur, wenn glaubhaft gemacht wird, dass sich die Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Ehegatten grundlegend geändert haben. In Anlehnung an § 1605 Abs. 2 BGB erscheint dies angemessen, um den Rechtsschutz des Auskunftsbegehrenden nicht unzulässig zu verkürzen. Das Erfordernis einer Glaubhaftmachung vermeidet gleichzeitig eine unzumutbare Mehrbelastung des Auskunftspflichtigen.

§ 1356a Abs. 4 BGB-E stellt klar, dass bereits bestehende Auskunftspflichten nicht beseitigt oder ersetzt werden. Dies gilt etwa für die in bestimmten Konstellationen nach der Rechtsprechung bestehende Pflicht zu ungefragter Auskunft.

§ 1386 Abs. 3 BGB (bzw. künftig § 1385 Nr. 4 BGB-E) gibt einem im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten das Recht, auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns zu klagen, wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

Ausreichend ist dabei eine Unterrichtung in groben Zügen, so dass sich der andere Ehegatte ein ungefähres Bild von der Vermögenslage machen kann (vgl. Staudinger/Thiele, Bearbeitung 2000, § 1386 BGB Rnr. 23). Dies gilt jedoch nicht wenn die Unterrichtung mit "ausreichendem Grund" verweigert wird.

§ 1386 Abs. 3 BGB stellt einen der Fälle dar, in denen der Gesetzgeber es für einen Ehegatten als unzumutbar erachtet, am Güterstand der Zugewinngemeinschaft festzuhalten (vgl. Staudinger/Thiele, Bearbeitung 2000, § 1386 BGB Rnr. 2). Auch bei beharrlicher Verletzung der Pflichten aus § 1356a BGB-E besteht Anlass zu der Befürchtung, dass der Ehegatte den anderen nicht (voll) an seinem Zugewinn beteiligen oder zumindest dessen Berechnung erschweren will. Damit ist es in dieser Situation ebenfalls unzumutbar, den anderen Ehegatten am Güterstand der Zugewinngemeinschaft festzuhalten. § 1385 Nr. 4 BGB-E ist deshalb entsprechend zu ergänzen.

Der bisher in § 1386 Abs. 3 BGB (künftig: § 1385 Nr. 4 BGB-E) geregelte Tatbestand wird dadurch nicht ersetzt, sondern nur ergänzt. Dies beruht insbesondere darauf dass die in § 1356a BGB-E begründete Auskunftspflicht nach der Trennung nicht mehr besteht (vgl. § 1356a Abs. 2 BGB-E). Der bisher in § 1386 Abs. 3 BGB geregelte Tatbestand erfasst aber auch den Fall getrennt lebender Ehegatten.

Streitigkeiten um die Auskunftspflicht nach § 1356a BGB-E sind ebenso wie Ansprüche auf Herstellung des ehelichen Lebens nach § 1353 BGB als sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG - aus der Ehe herrührende Ansprüche - einzuordnen. Folgeänderungen in FamFG und GVG sind deshalb nicht erforderlich.

Durch die Änderung von § 2 LPartG wird § 1356a BGB-E für entsprechend anwendbar erklärt und damit zwischen Lebenspartnern dieselbe Auskunftspflicht wie zwischen Ehegatten geschaffen.

2. Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 1378 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB)

In Artikel 1 Nr. 7 ist § 1378 Abs. 2 wie folgt zu ändern:

Begründung

Die derzeitige Fassung des Gesetzentwurfs beinhaltet in § 1378 Abs. 2 BGB eine Schutznorm für den wirtschaftlich stärkeren Partner oder die wirtschaftlich stärkere Partnerin mit geringem bis mäßigem positivem Vermögen nach einer Scheidung.

Die statistisch betrachtet in der Mehrzahl männlichen Ausgleichspflichtigen bedürfen jedoch keines zusätzlichen Schutzes über die Kappung beim insgesamt positiv vorhandenen Vermögen hinaus. Werden Schulden im Hinblick auf die Schaffung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage für beide Partner vor der Ehe von nur einem der beiden Partner aufgenommen, so obliegt es dessen eigenverantwortlicher Entscheidung, dies auch entsprechend rechtlich auszugestalten.

Die Rechtsprechung berücksichtigt bei der Bemessung des Anfangsvermögens schon jetzt voreheliche Verbindlichkeiten der Ehegatten untereinander.

Hierdurch kann auch berücksichtigt werden, dass ein Partner im Außenverhältnis alleine im Innenverhältnis jedoch auch auf Rechnung des anderen vorehelichen Partners einen Kredit aufnimmt.

Die mit einem willkürlich gewählten Einzelfallbeispiel begründete Regelung des § 1378 BGB-E führt in anderen Konstellationen zu unbilligen Härten. In Fällen, in denen beide Partner vor der Ehe verschuldet sind, kann sich ergeben, dass der wirtschaftlich schwächere Partner bzw. die wirtschaftlich schwächere Partnerin entgegen dem Halbteilungsgrundsatz nur zu einem Viertel oder gar weniger am Erwirtschafteten partizipiert. Während der bzw. die Ausgleichspflichtige - wie schon nach geltender Rechtslage - noch positives Vermögen behalten darf, bleibt der bzw. die Ausgleichsberechtigte auch nach der Ehe verschuldet.

Beispielsrechnung Anfangsvermögen (AV) Zuwachs Endvermögen (EV) Zugewinn Ausgleich A an B Vermögen nach Ausgleich
wirtschaftlich A -20000 A 30000 A 10000 A 30000 A 10000 A 0
B -20000 B 10000 B -10000 B 10000 B B 0
geltendes Recht A (-20000) 0 A 30000 A 10000 A 10000 A 5000 A 5000
B (-20000) 0 B 10000 B 0 B 0 B B -5000
bei Berücksichtigung eines negativen AV:
Kappung auf 100% des EV A -20000 A 30000 A 10000 A 30000 A 10000 A 0
B -20000 B 10000 B -10000 B 10000 B B 0
Kappung auf 50% des EV A -20000 A 30000 A 10000 A 30000 A 5000 A 5000
B -20000 B 10000 B -10000 B 10000 B B -5000

Damit wird das Ziel der Reform, eine Berücksichtigung des Beitrages zum Abbau der Schulden des anderen Partners, konterkariert.

Die Änderung von Satz 2 stellt eine zwingende Folgeänderung dar, damit illoyale Vermögensminderungen nicht zu einer weitergehenden Begrenzung des Ausgleichsanspruches führen. Gleichzeitig ist dabei klarzustellen, dass sich nicht die Begrenzung, sondern der Ausgleichsanspruch selbst hierdurch erhöht.

3. Zu Artikel 1 Nr. 12 ( § 1568a Abs. 3 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sicherzustellen, dass im Fall der Wohnungszuweisung gemäß § 1568a Abs. 3 BGB-E die aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche des Vermieters auch weiterhin durch richterliche Anordnung gesichert werden können.

Begründung

§ 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV ermöglicht es dem Richter, im Rahmen der Zuweisung einer Mietwohnung an einen Ehegatten Anordnungen zu treffen, die geeignet sind, die aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche des Vermieters zu sichern.

§ 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV dient dabei der - auch verfassungsrechtlich gebotenen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20. September 1960, NJW 1961, S. 317 ff.) - Absicherung des Vermieters, indem für die aus der Sozialbindung des Artikels 14 Abs. 2 GG resultierende Beschränkung des Eigentumsrechts ein verhältnismäßiger Ausgleich geschaffen wird. Zugleich entfaltet § 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV eine Schutzfunktion für den in der Wohnung verbleibenden Ehegatten, der durch die zusätzlichen Sicherheiten vor einer vorzeitigen Kündigung des Mietverhältnisses bewahrt wird.

Dementsprechend war im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 1. November 2007 (vgl. Fußnote 1 zu § 1568a BGB-E) noch vorgesehen, § 209 Abs. 1 FamFG durch eine § 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV entsprechende Regelung zu ergänzen. In der Begründung war hierzu ausgeführt (vgl. S. 41), dass für die bislang in § 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV enthaltene Regelung unverändert ein Bedürfnis bestehe, weil sie einem der Ehegatten die Ehewohnung sichere.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine Übernahme dieser Regelung in das BGB oder das FamFG jedoch nicht mehr vor. Dies wird lediglich damit begründet dass für diese richterliche Anordnung in einem auf Anspruchsgrundlagen umgestellten System kein Platz mehr bestehe. Außerdem bestehe aus mietrechtlicher Sicht kein Bedürfnis für eine Nachhaftung, da der Vermieter bei Zahlungsrückständen das Mietverhältnis kündigen könne.

Diese Annahmen im Gesetzentwurf der Bundesregierung greifen jedoch deutlich zu kurz. Entgegen der dortigen Begründung besteht - auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen - ein Bedürfnis für Schutzanordnungen zugunsten des Vermieters unverändert fort:

Die Grundsätze der Wohnungszuweisung nach § 1568a Abs. 1 BGB-E werden regelmäßig dazu führen, dass die Wohnung dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten zugewiesen wird. Denn dieser dürfte im Regelfall auf die Nutzung der Wohnung in weitaus stärkerem Maße angewiesen sein als der wirtschaftlich stärkere Ehegatte (vgl. Götz/Brudermüller, Die gemeinsame Wohnung, Rnr. 340).

Da § 5 Abs. 1 Satz 1 HausratsV ebenso wie § 1568a Abs. 1 BGB-E eine Wohnungszuweisung gerade auch gegen den Willen des Vermieters ermöglicht, ging die Rechtsprechung in der gebotenen verfassungskonformen Auslegung von § 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV davon aus, dass das Gericht zur Vornahme von Sicherungsanordnungen zugunsten des Vermieters sogar verpflichtet sei, wenn durch den Wechsel in der Person des Mieters die Belange des Vermieters beeinträchtigt werden können (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 27. Juni 2001 - 10 UF 278/00 -, FamRZ 2002, 340; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Dezember 1997 - 2 UF 052/97 -, NJW 1998, 2148). Dem lag die Überlegung zugrunde dass der Vermieter durch die Wohnungszuweisung übergangslos mit einem häufig wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Mieter konfrontiert wird und damit ein höheres Zahlungsausfallrisiko zu tragen hat. Die bloße Verweisung auf die Möglichkeit eines Räumungsprozesses trägt den berechtigten Interessen des Vermieters nicht hinreichend Rechnung, zumal etwaige Zahlungsausfälle vom Zeitpunkt des zur Kündigung berechtigenden Zahlungsverzuges bis zur tatsächlichen Räumung nach rechtskräftigem Abschluss eines gerichtlichen Räumungsverfahrens - einschließlich aller denkbaren Vollstreckungsschutzanträge - zu einer beträchtlichen Summe anwachsen können.

Hinzu kommt, dass der Verweis auf die mietrechtliche Kündigungsmöglichkeit das Ziel des § 1568a Abs. 1 BGB-E, nämlich den Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten und der gemeinsamen Kinder, vollständig untergräbt.

Denn auch wenn dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten, der zumeist die Kinder betreut und sich zeitgleich in der Zeit nach der Scheidung beruflich neu orientieren muss, ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten zusteht, so muss dieser erst tituliert und vollstreckt werden, bevor das Geld an den Vermieter weitergeleitet werden kann. In dieser Zeit droht jedoch nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB bereits die außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges mit anschließender Räumung.

Im Vergleich zur bisherigen Situation, die die Anordnung von Sicherungen zugunsten des Vermieters zwingend vorsah, stellt sich der Gesetzentwurf insoweit im Ergebnis als Entlastung des wirtschaftlich stärkeren Ehegatten dar.

Dieser wird ohne Weiteres aus seiner mietvertraglichen Haftung entlassen, demgegenüber dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten und etwaigen Kindern in der Übergangszeit nach der Scheidung das Risiko eines Wohnungsverlustes aufgebürdet wird.

4. Zu Artikel 1 Nr. 12 (§ 1568a Abs. 3 Satz 3 - neu - BGB)

Dem Artikel 1 Nr. 12 § 1568a Abs. 3 ist folgender Satz anzufügen:

Begründung

Durch § 1568a BGB-E sollen die bislang in der Hausratsverordnung enthaltenen Vorschriften zur Zuweisung der Ehewohnung (§§ 3 ff. HausratsV) in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt werden. Mit § 1568a Abs. 1 BGB-E wird eine Anspruchsgrundlage für die Überlassung der Ehewohnung geschaffen. In § 1568a Abs. 3 BGB-E wird für Mietwohnungen geregelt, dass der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, anstelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis eintritt oder ein von beiden gemeinsam eingegangenes Mietverhältnis allein fortsetzt. Als Zeitpunkt des Eintritts in das Mietverhältnis nennt § 1568a Abs. 3 Satz 1 BGB-E den Zugang der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder die Rechtskraft der Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren. Mit diesem Zeitpunkt würde damit auch der die Ehewohnung verlassende Ehegatte aus dem Mietverhältnis ausscheiden und dem Vermieter somit nicht mehr als Schuldner der weiteren Verpflichtungen aus dem Mietvertrag zur Verfügung stehen. Gemäß § 1568a Abs. 3 Satz 2 BGB-E soll der Vermieter allerdings das Recht haben, entsprechend § 563 Abs. 4 BGB innerhalb eines Monats nach Kenntnis von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.

§ 1568a Abs. 3 BGB-E verzichtet dabei auf eine dem § 5 Abs. 1 Satz 2 HausratsV ("Der Richter kann den Ehegatten gegenüber Anordnungen treffen, die geeignet sind, die aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche des Vermieters zu sichern.") entsprechende Regelung zum Schutz des Vermieters.

Die Entwurfsbegründung verweist darauf, dass aus mietrechtlicher Sicht für eine Nachhaftung kein Bedürfnis bestehe, da der Vermieter bei Zahlungsrückständen das Mietverhältnis kündigen könne.

Diese Möglichkeit zur Kündigung wegen Zahlungsrückstandes wird nicht für ausreichend erachtet, um die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters hinreichend zu wahren, insbesondere da er lediglich Drittbetroffener der Ehescheidung ist. Vielmehr ist auch bei Neufassung der Vorschriften sicherzustellen, dass der Vermieter wegen der Verpflichtungen aus dem Mietvertrag auch auf den aus dem Mietverhältnis ausscheidenden Ehegatten als Schuldner zugreifen kann. Nach Mitteilung der gerichtlichen Praxis verbleibt in aller Regel der wirtschaftlich schwächere Elternteil mit den Kindern in der Ehewohnung. Dem Vermieter wird durch § 1568a Abs. 3 BGB-E zugemutet, das Wohnungsmietverhältnis mit diesem Elternteil alleine fortzuführen, ohne dass wie bisher die richterliche Möglichkeit besteht, durch Anordnung gegenüber dem Ehegatten die Sicherheit der Mietzahlungen zu stärken. Dadurch entsteht zuungunsten des Vermieters eine Rechtsschutzlücke gegenüber der bisherigen Rechtslage. Diese wird auch nicht durch das entsprechend anwendbare Sonderkündigungsrecht des § 563 Abs. 4 BGB geschlossen, auch wenn die Zahlungsunfähigkeit des neuen alleinigen Mieters von der herrschenden Meinung als wichtiger Kündigungsgrund im Sinne dieser Vorschrift angesehen wird. Auch bei einer rechtzeitigen Kündigung kann der Vermieter nach der beabsichtigten Neuregelung für den in der gesetzlichen Kündigungsfrist auflaufenden Mietzins nicht auf die Mithaftung des aus dem Mietverhältnis ausgeschiedenen Ehegatten zurückgreifen.

Diese Haftungslücke soll die Ergänzung des § 1568a Abs. 3 BGB-E um den vorgeschlagenen Satz 3 schließen. Da das Sonderkündigungsrecht des § 563 Abs. 4 BGB innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung auszuüben ist wird die Frage der fortbestehenden Mithaftung des ausscheidenden Ehegatten schnell geklärt, und die Mithaftung ist auf den Zeitraum bis zum Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist beschränkt.

5. Zu Artikel 1 Nr. 12 ( § 1568a Abs. 5 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sicherzustellen, dass für den Fall der Wohnungszuweisung gemäß § 1568a Abs. 2 BGB-E ohne gleichzeitige Begründung eines Mietverhältnisses nach § 1568a Abs. 5 BGB-E dem dinglich Berechtigten ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegen den dinglich nicht Berechtigten eingeräumt wird.

Begründung

Nach § 1568a Abs. 2 BGB-E hat ein Ehegatte, der nicht dinglich Berechtigter des Grundstücks ist, auf dem sich die Ehewohnung befindet, unter gewissen Voraussetzungen einen Überlassungsanspruch gegen den dinglich Berechtigten.

Weiter kann der dinglich nicht berechtigte Ehegatte nach § 1568a Abs. 5 BGB-E vom dinglich Berechtigten die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen. Die Entwurfsbegründung geht davon aus, dass ein derartiger Mietvertrag im Regelfall zu schließen sein wird.

Allerdings sind nach dem Gesetzentwurf weder die Ansprüche der Absätze 2 und 5 miteinander verknüpft noch wird dem dinglich Berechtigten ein korrespondierender Anspruch gegen den dinglich nicht Berechtigten auf Begründung eines Mietverhältnisses eingeräumt. Der Gesetzentwurf stellt es dem dinglich nicht Berechtigten daher frei, ob dieser den ihm zustehenden Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses nach § 1568a Abs. 5 BGB-E geltend macht oder nicht.

Macht der dinglich nicht Berechtigte lediglich seinen Anspruch aus § 1568a Abs. 2 BGB-E geltend, ohne zugleich die Begründung eines Mietverhältnisses zu verlangen, hat der dinglich Berechtigte einen - verfassungsrechtlich zwingend gebotenen (vgl. Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 3 HausratsV, Rnr. 10) - Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Die Rechtsgrundlage dieses Anspruchs war bereits im geltenden Recht höchst umstritten (entweder § 987 Abs. 1, § 990 Abs. 1, § 100 BGB oder § 3 HausratsV analog bzw. bei Miteigentum § 745 Abs. 2 BGB oder §§ 2, 3 HausratsV analog; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 202/03 -, FamRZ 2006, 930).

Der Gesetzentwurf sollte die Gelegenheit nutzen, für diesen Nutzungsentschädigungsanspruch, der im Übrigen dem Mietrecht nicht fremd wäre (vgl. § 546a BGB), eine eindeutige Anspruchsgrundlage zu schaffen. Hierbei sollte eine familienrechtliche Lösung gewählt werden, damit auch auf diesen Anspruch die Verfahrensregeln der §§ 200 ff. FamFG Anwendung finden können.

6. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob nach der beabsichtigten Neufassung des § 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB die Interessen des Mündels und des Betreuten noch hinreichend geschützt sind.

Begründung

Das Anliegen, die vormundschaftsrechtlichen Genehmigungspflichten an den modernen Zahlungsverkehr anzupassen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch bringt der Wegfall des Genehmigungserfordernisses erhebliche Missbrauchsgefahren mit sich. Von daher stellt sich die Frage, ob die jährliche Rechnungslegung nach § 1840 BGB ausreichend ist, um die Belange des Mündels und des Betreuten hinreichend zu schützen.

7. Zu Artikel 7a - neu - (§ 6 Abs. 2 Satz 4 - neu - BtBG)

Nach Artikel 7 ist folgender Artikel 7a einzufügen:

"Artikel 7a
Änderung des Betreuungsbehördengesetzes

Dem § 6 Abs. 2 des Betreuungsbehördengesetzes vom 12. September 1990 (BGBl. I S. 2002, 2025), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

Begründung

Nach geltendem Recht ist die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde befugt Unterschriftsbeglaubigungen auf Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen vorzunehmen (§ 6 Abs. 2 BtBG). Die Vorschrift wurde durch das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 21. April 2005 (BGBl. I S. 1073) eingefügt. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf sollte ein eigenständiger Tatbestand für eine öffentliche Beglaubigung geschaffen werden, der den Regeln des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgeht und einen Rückgriff auf diese verhindert. Es sollte aber ausdrücklich ein Beglaubigungstatbestand geschaffen werden, der mit den Rechtswirkungen einer öffentlichen Beglaubigung ausgestattet ist (vgl. BT-Drs. 015/2494, S. 44).

In der Literatur gibt es jedoch Stimmen, die diese Gleichstellung bezweifeln (so z.B. Renner, in: Rpfleger 2007, 367 ff.). Begründet wird dies beispielsweise mit dem formalen Argument, dass der ebenfalls durch das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz geänderte § 11 Abs. 7 des Melderechtsrahmengesetzes von einer Vollmacht spricht, die "öffentlich oder nach § 6 Abs. 2 des Betreuungsbehördengesetzes durch die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde beglaubigt" sein muss. Daraus wird hergeleitet, der Gesetzgeber habe eine Differenzierung hinsichtlich dieser beiden Beglaubigungsformen vorgenommen.

In der Praxis ist daher erhebliche Rechtsunsicherheit insbesondere darüber entstanden, ob eine nach § 6 Abs. 2 BtBG beglaubigte Vorsorgevollmacht auch als Eintragungsgrundlage im Grundbuchverfahren ausreichend ist. Manche Grundbuchämter weisen eine Beglaubigung nach § 6 Abs. 2 BtBG als unzureichend zurück. Demgegenüber gibt es in der Literatur gewichtige Stimmen, die die Beglaubigung nach § 6 Abs. 2 BtBG als ausreichend im Rahmen von § 29 GBO ansehen (so z.B. Spanl, in: Rpfleger 2007, 372 ff.).

Rechtssicherheit ist bei der Abfassung und Ausgestaltung von Vorsorgevollmachten besonders wichtig, da Umgestaltungen nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht mehr möglich sind. Vertraut ein Bürger bei der Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde auf die Tauglichkeit der Vorsorgevollmacht auch im Grundstücksverkehr und lehnt das Grundbuchamt später die Vorsorgevollmacht ab bleibt zumeist nur der Ausweg einer Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht.

Es besteht daher gesetzgeberischer Klarstellungsbedarf. Die Betreuungsbehörden weisen momentan im eigenen Interesse auf die bestehende Rechtsunsicherheit hin. Dies führt dazu, dass viele Bürger von einer Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde Abstand nehmen. Die vorgeschlagene Änderung kann diesen kontraproduktiven Effekt künftig beseitigen.

B.