Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention
(Präventionsgesetz - PrävG)

Der Bundesrat hat in seiner 930. Sitzung am 6. Februar 2015 zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung genommen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 ( § 1 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 1 ist in § 1 Satz 2 der Punkt am Ende zu streichen und es sind folgende Wörter anzufügen:

"sowie die Unterstützung gesundheitsförderlicher Bedingungen, um das Maß an Selbstbestimmung über die Gesundheit der Versicherten zu erhöhen."

Begründung:

Die Ergänzung des § 1 Satz 2 SGB V soll sicherstellen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung nicht nur eine individuelle Verantwortung für Gesundheit fördert, sondern auch die Förderung von Rahmenbedingungen für Gesundheit zur Aufgabe hat. Neben einer individuell ausgerichteten Stärkung von Gesundheitskompetenzen, muss gemäß gesundheitswissenschaftlichen Erkenntnissen auch der Aufbau von Strukturen für eine nachhaltige und wirkungsvolle Gesundheitsförderung und Prävention ausdrücklich betont werden.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 20 Absatz 2 Satz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 20 Absatz 2 Satz 1 nach dem Wort "intersektoraler" die Wörter "und interdisziplinärer" einzufügen.

Begründung:

Interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere in den Netzwerken Frühe Hilfen gemäß § 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz, trägt maßgeblich zur gesundheitlichen Prävention bei. Durch ein berufsübergreifendes Zusammenwirken, zum Beispiel im Kontext Früher Hilfen als präventive Maßnahme, können auch Krankheitsrisiken und Beeinträchtigungen für das Wohl und die Entwicklung eines Kindes frühzeitig wahrgenommen und reduziert werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 20 Absatz 3 Satz 1, Satz 2 und 3 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 20 Absatz 3 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Bei einer Änderung der nationalen Gesundheitsziele müsste das Präventionsgesetz ebenfalls geändert werden.

Zu Buchstabe b:

Prävention von Mangel- und Fehlernährung und die Übergewichts- und Adipositasprävention zählen nicht zu den nationalen Gesundheitszielen. Dem Thema Ernährung kommt in der Prävention und Gesundheitsförderung allerdings ein besonderer Stellenwert zu. Aktuellen Schätzungen zufolge entstehen in Deutschland jährlich Kosten in Höhe 100 Milliarden Euro für die Folgen ernährungsmitbedingter Krankheiten. In Deutschland sind 66 Prozent der Männer und 50,6 Prozent der Frauen übergewichtig oder adipös (Nationale Verzehrsstudie II) . Erwachsenen gelingt es nur in sehr seltenen Fällen, ihre Ernährung dauerhaft auf eine gesundheitsförderliche Kost umzustellen. In der Kindheit erlerntes Essverhalten wird in der Regel mit geringen Variationen ein Leben lang beibehalten. Deshalb ist es ausgesprochen wichtig, dass der Mensch bereits als Kind ein gesundheitsförderliches Essverhalten lernt (Verhaltensprävention) und dabei durch entsprechend gestaltete Lebenswelten unterstützt wird (Verhältnisprävention).

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 20 Absatz 5 Satz 1 und Satz 1a - neu - und Absatz 6 Satz 2, Satz 3 und Satz 4 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 20 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Ergänzung soll sicherstellen, dass Maßnahmen auch ohne ärztliche Empfehlung in Anspruch genommen werden können, um den Zugang zu Präventionsmaßnahmen zu erleichtern.

Zu Buchstabe b:

Die Ergänzung soll sicherstellen, dass die Krankenkassen einen Mindestbeitrag für Leistungen zur Gesundheitsförderung zur Verfügung stellen.

Der Betrag ist bedarfsgerecht anzuheben und ist entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 SGB IV anzupassen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 20 Absatz 6 Satz 5 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 4 ist dem § 20 Absatz 6 folgender Satz anzufügen:

"Erreicht eine Krankenkasse den in Satz 2 genannten Betrag für Leistungen nach § 20a in einem Jahr nicht, hat sie die nicht verausgabten Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung zu stellen."

Begründung:

Mit dieser Ergänzung soll sichergestellt werden, dass die Kassen die in § 20 Absatz 6 SGB V genannten Beträge für Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten üe 2 Euro für betriebliche Gesundheitsförderung und andere Settings) tatsächlich ausgeben. Man kann damit rechnen, dass Kassen Ausgaben zur individuellen Verhaltensprävention, insbesondere für Präventionskurse, gezielt zur Mitgliederhaltung und -gewinnung einsetzen. Demgegenüber ist Prävention in Lebenswelten kaum wettbewerbsrelevant und die Präventionsausgaben werden über den Gesundheitsfonds nicht ausgeglichen.

Eine Kasse handelt vor dem Hintergrund drohender Zusatzbeiträge rational, wenn sie die Mindestbeträge unterschreitet. Daher ist eine Regelung für den Umgang mit nichtverausgabten Mitteln im Gesetz unverzichtbar.

Für den Fall, dass die angezielten Ausgaben der Kassen für die betriebliche Gesundheitsförderung nicht erreicht werden, ist in Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe b (§ 20b Absatz 4 SGB V) eine Festlegung getroffen. Danach sollen nicht verbrauchte Mittel nach § 20b Absatz 1 SGB V an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeführt werden.

6. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 20a Absatz 2 erster Halbsatz SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 ist in § 20a Absatz 2 der erste Halbsatz wie folgt zu fassen:

"Die Krankenkasse erbringt Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten und setzt dafür mindestens die nach § 20 Absatz 6 Satz 2 vorgesehenen Mittel ein,"

Begründung:

Die Verbindlichkeit des Mitteleinsatzes für Prävention in Lebenswelten in der nach § 20 Absatz 6 Satz 2 SGB V festgelegten Höhe ist korrespondierend zur dort gewählten verbindlichen Formulierung auch in § 20a Absatz 2 SGB V festzulegen. Die Verantwortlichen für die Lebenswelt Wohnen sind insbesondere die Kommunen. Diese erbringen auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt Mittel, um die gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten zu stärken, beispielsweise finanzieren mehrere Kommunen anteilig Beratungsleistungen von Hebammen, die zu Familienhebammen fortgebildet sind, in Geburtskliniken.

7. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 20a Absatz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 sind in § 20a Absatz 2 die Wörter "mit einer angemessenen Eigenleistung" zu streichen.

Begründung:

Bei der Bezeichnung "angemessenen Eigenleistung" handelt es sich um einen unbestimmten Begriff, der dazu führen kann, dass Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und Prävention nicht stattfinden, weil eine - wie auch immer geartete - "Eigenleistung" als unzureichend bewertet wird; durch wen, wird ebenfalls nicht näher bestimmt. Damit steht die genannte Formulierung im Widerspruch zu Absicht und Ziel des Gesetzentwurfs, der Gesundheitsförderung und Prävention stärken will. Dass die Verantwortlichen in Institutionen bereit sein müssen, sich an Gesundheitsförderung und Prävention zu beteiligen und diese umzusetzen, wird als Voraussetzung eindeutig formuliert. Die genannte Formulierung ist daher als nicht zielführend zu streichen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 20a Absatz 3 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 ist § 20a Absatz 3 wie folgt zu fassen:

(3) Zur Unterstützung der Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in den Lebenswelten gemäß § 20 Absatz 4 Nummer 2 und 3 und zur Sicherstellung und Weiterentwicklung einer einheitlichen Qualität beauftragt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unter Berücksichtigung der nach § 20f Absatz 1 geschlossenen jeweiligen Rahmenvereinbarungen und im Einvernehmen mit den Ländern, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen ab dem Jahr 2016 die Krankenkassen bei der Konzepterarbeitung und Qualitätssicherung sowie bei der Dokumentation und Bewertung von Ergebnissen zu beraten und zu unterstützen. Die BZgA erhält einen Teil der Mittel für bundesweite Kampagnen zur Prävention. Über deren konkrete Verwendung schließt sie einen Kooperationsvertrag mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen ab.

Die BZgA verhandelt für die Leistungen nach Satz 1 und 2 mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine pauschale Vergütung, die höchstens 20 Prozent der Summe entspricht, den die Krankenkassen nach § 20 Absatz 6 Satz 2 für Leistungen zur Prävention in Lebenswelten aufzuwenden haben."

Begründung:

Die Sicherstellung von Zielorientierung und Qualität in der Gesundheitsförderung und Prävention und deren Evaluation über ein nationales Kompetenzzentrum muss gewährleistet werden. Dies ist Aufgabe der BZgA.

Eine direkte Intervention in den Lebenswelten durch die BZgA im Auftrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen kann zu Parallelstrukturen in den Ländern zu führen. Um dies zu verhindern, soll die BZgA die Krankenkassen bei der Konzepterarbeitung und Qualitäts- und Ergebnissicherung der Aktivitäten in Lebenswelten unterstützen.

Zudem stellt die Änderung sicher, dass die BZgA im Rahmen der angestrebten Landesvereinbarungen die vor Ort vereinbarten Präventionsmaßnahmen entsprechend den regionalen Bedürfnissen fördert. Ein Teil der für die BZgA vorgesehenen Mittel kann somit flexibel auf der Landesebene von den Kassen zusammen mit den Ländern eingesetzt werden.

9. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 20b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 SGB V) und Nummer 7 (§ 20c Absatz 1 Satz 2 SGB V)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die für Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden sind nicht - auch nicht bei den regionalen Aktivitäten - einbezogen worden. Der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) wird damit ein wesentlicher kompetenter Mitstreiter, der über konkrete Informationen der regionalen betrieblichen Gegebenheiten und Handlungserfordernisse verfügt, entzogen. Im Interesse einer ganzheitlichen und verhältnispräventiven Strategie der BGF sind die hier möglichen Potentiale und Synergien mit auszuschöpfen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 20d Absatz 1 und Absatz 3 Satz 3 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 ist § 20d wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Einbeziehung der Bundesagentur für Arbeit und der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist zu ergänzen. Insbesondere Langzeitarbeitslose gehören zu dem Adressatenkreis, der gemäß § 20 SGB V angesprochen und erreicht werden soll. Deshalb sollen alle Träger an den Aufgaben der Gesundheitsförderung und Prävention mitwirken, die Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch erbringen. Die Rahmenempfehlungen sind im Einvernehmen mit den anderen Akteuren zu schließen.

11. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 20d Absatz 3 Satz 4 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 20d Absatz 3 Satz 4 das Wort "sowie" durch ein Komma zu ersetzen und nach dem Wort "Landesjugendbehörden" die Wörter "sowie die für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörden" einzufügen.

Begründung:

In den Rahmenempfehlungen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität von Gesundheitsförderung und Prävention sowie der Zusammenarbeit bei der Erbringung von Leistungen zur Prävention in Lebenswelten und in Betrieben der zuständigen Träger und Stellen sollen insbesondere die Ziele der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie berücksichtigt werden. Daher ist neben der ohnehin vorgesehenen Beteiligung der Unfallversicherungsträger auch eine Beteiligung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörden zwingend erforderlich.

12. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 20f Absatz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 ist § 20f Absatz 1 wie folgt zu fassen:

(1) Zur Durchführung der Aufgaben nach § 20 Absatz 4 Nummer 2 und 3 sowie §§ 20a bis 20c und zur Sicherung der Zusammenarbeit mit den in den Ländern zuständigen Stellen einschließlich der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörden schließen die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen, auch für die Pflegekassen, gemeinsam und im Einvernehmen mit den in den Ländern zuständigen Stellen und den für Leistungen zur Prävention zuständigen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, der Agentur für Arbeit und den Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende gemeinsame Rahmenvereinbarungen auf Landesebene. Die Obersten Landesgesundheitsbehörden bestimmen die in den Ländern zuständigen Stellen."

Begründung:

Die Vorschrift verpflichtet die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die gemeinsam und im Einvernehmen mit den weiteren genannten Sozialversicherungsträgern sowie mit den von der Obersten Landesgesundheitsbehörde benannten Stellen, gemeinsame Rahmenvereinbarungen zu schließen. Die Ergänzung um die für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörden ist auch erforderlich, damit deutlich wird, dass in dem neuen § 20f Absatz 1 SGB V unter "in den Ländern zuständige Stellen" auch die jeweiligen obersten Arbeitsschutzbehörden zu subsumieren sind. Diese sind bei der Ausgestaltung der länderspezifischen Rahmenvereinbarungen entsprechend mit einzubeziehen. Auf diese Weise wird der in § 20 Absatz 3 SGB V hergestellte Bezug zur gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie auch auf Landesebene gewährleistet.

13. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 20f Absatz 2 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 20f Absatz 2 Satz 2 nach den Wörtern "Bundesagentur für Arbeit" die Wörter ", die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde" einzufügen.

Begründung:

Da das "Setting" Betrieb eine besondere Bedeutung für den Schutz der Gesundheit und die Vorbeugung gesundheitlicher Beeinträchtigungen hat, muss die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde ebenfalls im Prozess der Erarbeitung der Landesrahmenvereinbarungen zur Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie beteiligt werden.

14. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 24d Satz 1, Satz 3 und Satz 4 - neu - SGB V)

Artikel 1 Nummer 12 ist wie folgt zu fassen:

'12. § 24d wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Da viele gesundheitliche Schwierigkeiten (Wochenbett-Depressionen, Kinder mit Regulationsstörungen - vor allem "Schreibabies" -, Fragen der Ernährung des Kindes und so weiter) erst nach dem zweiten Monat auftreten, ist die Ausweitung der Hebammenleistungen erforderlich.

Erfahrungen zeigen zudem, dass die angebotenen abrechenbaren Besuche derzeit angesichts des engen Zeitfensters nicht in dem Umfang abgerufen werden können, wie dies zur gesundheitlichen Vorsorge sinnvoll wäre. Eine bei Bedarf mögliche zeitliche Verlängerung der Hebammenleistungen kann einen wichtigen Beitrag zur Prävention vor gesundheitlichen Schäden des Kindes leisten. Die Ausweitung zielt auf die Förderung des gesunden Aufwachsens des Kindes, sie erspart gesundheitliche Folgekosten und ist daher gesundheitspolitisch sinnvoll und geboten.

Die Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch ist für Hebammenleistungen daher zeitlich auf sechs Monate zu verlängern, ohne die Zahl der 36 abrechenbaren Besuche zu erhöhen (vgl. auch Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Mai 2011, BR-Drucksache 202/11(B) HTML PDF Ziffer 1 Buchstabe b).

Zu Buchstabe b und c:

Familienmedizinisch tätige Vertragsärztinnen und -ärzte sollen angeregt werden, präventiv im Kontext Früher Hilfen tätig zu werden. Insbesondere Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf sind auf eine gute Kooperation von Gesundheits- und Jugendhilfe angewiesen.

15. Zu Artikel 1 Nummer 15 (§ 26 Absatz 1 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 15 sind in § 26 Absatz 1 Satz 2 nach dem Wort "Kind" die Wörter ", insbesondere nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - und im Bereich der Frühen Hilfen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz" einzufügen.

Begründung:

Familienmedizinisch tätige Vertragsärztinnen und -ärzte sollen angeregt werden, präventiv im Kontext Früher Hilfen tätig zu werden. Insbesondere Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf sind auf eine gute Kooperation von Gesundheits- und Jugendhilfe angewiesen.

16. Zu Artikel 1 Nummer 15 (§ 26 SGB V)

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die mit dem Präventionsgesetz verfolgte Gesundheitsförderung und Prävention auch bei den Gesundheitsuntersuchungen vor Eintritt in das Arbeitsleben stärker Eingang finden muss.

§ 26 SGB V soll künftig "Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche" umfassen. Es wird damit nicht nur die Zielgruppe auf Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ausgeweitet, sondern auch die Zielsetzung bezüglich der allgemeinen Prävention und Gesundheitsförderung verfolgt. Dieser Ansatz wird ausdrücklich begrüßt.

Der Bundesrat hält es aber für erforderlich, dass auch die bestehenden Untersuchungen für Jugendliche im Zusammenhang mit dem Berufseinstieg auf ein vergleichbares Niveau angehoben werden. Jugendarbeitsschutzuntersuchungen müssen durch Ergänzung eines präventiven Ansatzes verbindlich aufgewertet werden.

Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, möglichst zeitnah im Rahmen eines künftigen Gesetzgebungsverfahrens, die Jugendarbeitsschutzuntersuchungen gemäß §§ 32 ff. Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) im Kontext zu den vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu treffenden Präventionsempfehlungen zu novellieren.

Der Bundesrat verbindet damit auch die Hoffnung, dass sich die Chancen, Jugendarbeitsschutzuntersuchungen und andere Gesundheitsuntersuchungen für Jugendliche aus Gründen der Effizienz zusammenführen zu können, deutlich verbessern.

Begründung:

Ziel muss es sein, auch die Jugendarbeitsschutzuntersuchungen gemäß §§ 32 ff. JArbSchG, die sich an alle Jugendliche wendet, die in das Berufsleben einsteigen (bis Vollendung des 18. Lebensjahres), durch einen präventiven Ansatz aufzuwerten.

Mit Blick auf die Handlungsempfehlungen im Ergebnis des Forschungsprojektes "Ärztliche Untersuchungen von jungen Menschen unter achtzehn Jahren im Hinblick auf ihre Gesundheit und Entwicklung im Arbeitsleben in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten", das 2010 im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von einem Projektverbund der Technischen Universität Dresden durchgeführt wurde, sind die Jugendarbeitsschutzuntersuchungen stärker in die allgemeine Prävention und Gesundheitsförderung auf der Basis von Gesundheitszielen zu integrieren. Konkret wurde unter anderem empfohlen:

Der Arztkontakt sollte im Rahmen der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen stärker zur allgemeinen Prävention und Gesundheitsförderung und damit zur Umsetzung nationaler Gesundheitsziele genutzt werden. Die Erstuntersuchung bietet die Chance, denjenigen Jugendlichen präventive Gesundheitsmaßnahmen und -beratung zukommen zu lassen, die frühzeitig die Schule beenden und ins Erwerbsleben eintreten. Gerade diese Jugendlichen werden im Rahmen anderer Präventionsmaßnahmen oft schwer erreicht.

Von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung des JArbSchG (2006 - 2011) wurde eine Unterarbeitsgruppe zu der Frage der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen eingesetzt, die sich ebenfalls dafür ausgesprochen hat, den Präventionsauftrag der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen zu stärken und die Qualifikation der Ärzte sowie die Qualität der Untersuchungen zu verbessern. Der Aspekt der ärztlichen Beratung sollte im Gesetz stärker zum Ausdruck kommen.

Das eröffnet auch der Ermächtigung für die Länder gemäß § 46 Absatz 2 JArbSchG, Jugendarbeitsschutzuntersuchungen und Untersuchungen für Jugendliche nach anderen Vorschriften zusammenführen zu können, neue Möglichkeiten.

Untersuchungen für Jugendliche unter Berücksichtigung ihres Entwicklungszustandes aus unterschiedlichen Anlässen müssen auch aus Gesichtspunkten der Effizienz aufeinander abgestimmt werden.

17. Zu Artikel 1 Nummer 16 (§ 65a Absatz 3 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 16 ist dem § 65a folgender Absatz 3 anzufügen:

(3) Die Krankenkassen unterstützen aktiv die Implementierung von betrieblichen Gesundheitsmanagementsystemen."

Begründung:

Arbeitgeber, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), benötigen aktive Unterstützung bei der Einrichtung von betrieblichen Gesundheitsmanagementsystemen. Mittel- und langfristige positive Effekte einer betrieblichen Gesundheitsmedizin sind nur bei entsprechender fachlicher Unterstützung zu erreichen. Bisher können nur Großbetriebe mit eigenen betriebsärztlichen Fachdiensten diese positiven Gesundheitsleistungen realisieren.

18. Zu Artikel 1 Nummer 16 (§ 65a SGB V)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit neben der betrieblichen Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt auch das weiterführende betriebliche Gesundheitsmanagement berücksichtigt werden kann.

Begründung:

Begrüßt wird, dass der Gesetzentwurf die Notwendigkeit der gesundheitlichen Prävention in Lebenswelten, so unter anderem der Arbeitswelt, aufgreift. Damit findet folgerichtig die seit Jahren weit verbreitete betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) mit ihrem hauptsächlich verhaltensbezogenen Ansatz eine angemessene Berücksichtigung. Präventive Maßnahmen können sich heute aber nicht mehr auf Einzelinitiativen (zum Beispiel Rückenschule, Stress-Bewältigungsseminare) beschränken, wenn sie erfolgreich sein sollen, sondern müssen den Betrieb als Gesamtsystem einbeziehen. Als nächsthöhere qualitative Stufe sollte das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) angemessene Berücksichtigung im künftigen Präventionsgesetz finden und begrifflich aufgenommen werden. 'Die betriebliche Gesundheitsförderung ist möglichst kontinuierlich zu einem betrieblichen Gesundheitsmanagement auszubauen, das mit Aktivitäten des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Eingliederungsmanagements verzahnt ist, um das Ziel eines "gesunden Betriebes" zu erreichen.' heißt es in einer Empfehlung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahre 2013. Das BGM als kontinuierlicher Prozess trägt der Entwicklung der Arbeitswelt Rechnung. Der damit verfolgte effiziente, systematische und transparente Ansatz verhilft auch zu einer langfristigen Kostenentlastung der sozialen Sicherungssysteme (siehe zum Beispiel Veröffentlichung vom April 2014, erstellt unter Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: "Gesunde Mitarbeiter gesundes Unternehmen: Eine Handlungshilfe für das Betriebliche Gesundheitsmanagement").

19. Zu Artikel 5 Nummer 2 (§ 45 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGB VIII)

Artikel 5 Nummer 2 ist zu streichen.

Begründung:

Der zuletzt durch das Bundeskinderschutzgesetz neu gefasste § 45 SGB VIII hat sich in der Praxis bewährt. Die Zielsetzung gesundheitlicher Vorsorge wird bereits durch den § 45 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGB VIII erfasst. Es besteht daher kein Bedarf für die Setzung neuer Betriebserlaubnisstandards. Außerdem erfasst auch der Förderauftrag nach §§ 22, 22a SGB VIII gesundheitsfördernde Aspekte. Die Ausgestaltung dieses Förderauftrages findet ihren Niederschlag in den Bildungs- und Erziehungsplänen der Länder. Ein Regelungsbedarf besteht somit auch daher nicht.

20. Zu Artikel 6 Nummer 1 (§ 5 Absatz 1 Satz 1 SGB XI)

In Artikel 6 Nummer 1 ist § 5 Absatz 1 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Durch die Änderung in § 5 Absatz 1 Satz 1 SGB XI wird die Beschränkung auf den stationären Bereich aufgehoben.

21. Zu Artikel 6 Nummer 1 (§ 5 Absatz 2 Satz 1 SGB XI)

In Artikel 6 Nummer 1 ist in § 5 Absatz 2 Satz 1 die Angabe "0,30" durch die Angabe "0,70" zu ersetzen.

Begründung:

Der Betrag wird von derzeit 0,30 Euro (21 Millionen Euro) pro Versicherten auf 0,70 Euro (49 Millionen Euro) angehoben.

22. Zu Artikel 6 Nummer 2 Buchstabe c - neu - (§ 18 Absatz 8 - neu - SGB XI)

Dem Artikel 6 Nummer 2 ist folgender Buchstabe c anzufügen:

Begründung:

Die Anfügung von § 18 Absatz 8 SGB XI ist notwendig, um einen verpflichtenden Beratungsbedarf festzuhalten und so Pflegebedürftigkeit nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest zu verzögern.

23. Zu Artikel 8 (§ 34 Absatz 10a IfSG)

In Artikel 8 ist § 34 Absatz 10a wie folgt zu fassen:

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Bundesregierung, dem Impfschutz von Kindern in Tageseinrichtungen ein besonderes Augenmerk zu schenken. Es hat sich gezeigt, dass die ärztliche Beratung der Sorgeberechtigten für einen altersgerechten Impfstatus von Kindern entscheidend ist. Die Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes wird insoweit befürwortet.

Der Vorschlag der Bundesregierung wird jedoch abgelehnt, soweit die Länder verpflichtet werden, das Nähere zum Nachweis der Inanspruchnahme einer ärztlichen Beratung zu regeln. Die entsprechenden Bestimmungen sind daher zu streichen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass es grundsätzlich

Keiner. zusätzlichen landesgesetzlichen Regelungen bedarf. Eine derartige Verpflichtung der Länder führt vielmehr zu unnötigem Verwaltungsaufwand und einer weiteren Zersplitterung des Infektionsschutzrechts. Im Hinblick auf das Ziel der Eliminierung von Masern und Röteln wäre zudem ein unnötiger Zeitverzug zu erwarten. Da die Früherkennungsuntersuchungen, die als Nachweis einer ärztlichen Impfberatung ebenfalls vorgelegt werden können, bundeseinheitlich festgelegt sind, sind auch keine landesspezifischen Besonderheiten erkennbar.

Mit dem Hinweis auf weitergehende landesrechtliche Regelungen wird den Ländern nach Ansicht des Bundesrates ausreichend Spielraum zum Vollzug der Vorschrift eingeräumt, zum Beispiel bezüglich der Art und Weise der Dokumentation. Der Bundesrat erkennt insoweit an, dass es Aufgabe der Länder sein wird, Vollzugshinweise und Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen. Dies kann dann jedoch auf einem niedrigeren Niveau als einem Landesgesetz geschehen.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gegebenenfalls eine solche Regelung für § 34 Absatz 10a IfSG vorzuschlagen, die nach ihrer Auffassung den notwendigen und bundeseinheitlichen Mindeststandard für den Nachweis bestimmt.

24. Zu Artikel 11a - neu - (§ 192 Absatz 1a - neu - VVG)

Nach Artikel 11 ist folgender Artikel 11a einzufügen:

'Artikel 11a
Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag

Nach § 192 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), zuletzt geändert durch ..., wird folgender Absatz 1a eingefügt:

Begründung:

Viele Volkskrankheiten entstehen im Laufe des Lebens aufgrund von Lebensstil und Lebensbedingungen. Mit Präventionsmaßnahmen können solche Entwicklungen verhindert oder zumindest verzögert werden. Dies betrifft nicht nur die gesetzlich Versicherten, sondern auch die Versicherten der Privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherung. Um möglichst alle von Präventionsmaßnahmen profitieren zu lassen, ist es deshalb erforderlich, dass auch die Private Kranken- und Pflegeversicherung Angebote der Primärprävention und Gesundheitsförderung anbieten.

Zum Gesetzentwurf insgesamt

Begründung:

Der Bundesrat befürwortet und unterstützt die Erarbeitung des Entwurfes eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz - PrävG). Alltägliche Gewohnheiten im Bereich der Ernährung und Bewegung sind Lebensstil prägende Verhaltensweisen, die die Gesundheit der Menschen unmittelbar beeinflussen. Es besteht gesellschaftlicher Konsens darüber, dass es wichtig ist, die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen möglichst früh und lange zu erhalten sowie ihre Lebensqualität zu fördern. Vor diesem Hintergrund besitzen Gesundheitsförderung und die Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen - von Karies und Bluthochdruck über Diabestes mellitus Typ II, Adipositas und orthopädischen Erkrankungen bis hin zu HerzKreislauf-Krankheiten und Krebsentitäten wie beispielsweise Dickdarmkrebs enormes gesundheitserhaltendes Potential, das hinsichtlich Bedeutung sowie Ausgestaltung und Finanzierung präventiver Maßnahmen in Lebenswelten wie Kita, Schule, Arbeitsort, Familie et cetera zu berücksichtigen ist.