Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Förderung der umfassenden Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft KOM (2007) 498 endg.; Ratsdok. 12772/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 17. September 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 10. September 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 11. September 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 1066/01 = AE-Nr. 013931,
Drucksache 471/05 (PDF) = AE-Nr. 051520 und AE-Nr. 061436

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Förderung der umfassenden Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft

1. Hintergrund

Junge Menschen zu befähigen und ihnen günstige Voraussetzungen zu schaffen, damit sie ihre Fähigkeiten entwickeln, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und sich aktiv an der Gesellschaft beteiligen können - das ist wesentlich für die solide wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Europäischen Union, insbesondere im Zusammenhang von Globalisierung, wissensbasierter Wirtschaft und einer alternden Gesellschaft, in der es von herausragender Bedeutung ist, dass jeder junge Mensch die Möglichkeit erhält, das Potential, über das er oder sie verfügt, auszuschöpfen.

Während die Rahmenbedingungen für junge Menschen in Europa heute positiv sind - Freiheit und Sicherheit, Wohlstand, gestiegene Lebenserwartung - nimmt die Besorgnis zu, dass viele von ihnen nicht am Wohlstand teilhaben können. Ein hohes Maß an Kinderarmut, schlechte Gesundheit, Schulabbruch und Arbeitslosigkeit zu vieler junger Menschen machen deutlich, dass Europa die Investitionen in seine Jugend1 überprüfen und früher beginnen und dabei auch die wichtige Rolle der Familie2 in Betracht ziehen muss. Die soziale Ausgrenzung junger Menschen hat hohe soziale und wirtschaftliche Kosten und muss vermieden werden.

Die Herausforderungen, vor denen junge Menschen heute stehen, sind komplex und vielfältig. Es gibt mehr Möglichkeiten, zu lernen und sich zu beteiligen, aber die Wege sind weniger klar vorgegeben. Wachstum und Wohlstand in Europa zu erhalten und gleichzeitig sozialen Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung zu fördern hängen vom vollen Beitrag und der Beteiligung aller jungen Menschen ab, umso mehr, als deren Zahl im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung abnimmt. Junge Menschen werden die steigenden Kosten einer alternden Bevölkerung zu tragen haben, und dies erfordert eine generationenübergreifende Antwort3.

Es ist daher mehr und mehr notwendig, eine übergreifende Jugendstrategie zu schaffen, die auf der Zusammenarbeit zwischen Politik und Interessengruppen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene basiert. Die Mitgliedstaaten spielen bei der Umsetzung der Jugendpolitik die Hauptrolle. In dieser Hinsicht haben sie sich bereits im Europäischen Jungendpakt dazu verpflichtet, jungen Menschen innerhalb der Lissabon-Strategie besondere Aufmerksamkeit zu widmen4. Die EU kann durch finanzielle Förderung und politische Koordinierung eine unterstützende Rolle spielen. Seit dem Weißbuch zur Jugend5 wurde mit Unterstützung des Europäischen Parlaments und anderer Institutionen schrittweise ein jugendpolitischer Rahmen aufgebaut. Eine engere Koordinierung zwischen diesem Rahmen und anderen für die Jugend relevanten Politikbereichen, zusammen mit einem stärkeren Schwerpunkt auf Jugend in diesen Politikbereichen, würde helfen, den Herausforderungen, vor denen junge Menschen heutzutage stehen, wirkungsvoller zu begegnen. Dies ist der Zweck der vorliegenden Mitteilung.

Darüberhinaus würde die Förderung der umfassenden Teilhabe junger Menschen an der Gesellschaft durch eine enge Partnerschaft zwischen der EU und jungen Menschen gestärkt. Es wird daher vorgeschlagen, dies in Form einer Verpflichtung der EU und der Mitgliedstaaten umzusetzen, bessere Möglichkeiten für junge Menschen zu schaffen, und in einer Verpflichtung der jungen Menschen selbst, eine aktive Rolle zu spielen.

2. Bessere und mehr Bildung für alle jungen Menschen

Bildung ist wichtig für den Eintritt junger Menschen in den Arbeitsmarkt und für die erfolgreiche Integration in die und Teilnahme an der Gesellschaft. Eine große Zahl Jugendlicher verlässt jedoch das Bildungssystem, ohne die Fähigkeiten für einen reibungslosen Eintritt in den Arbeitsmarkt zu besitzen.

Fast jeder sechste Jugendliche in Europa verlässt die Schule vorzeitig. Die Mitgliedstaaten wollen diesen Anteil bis 2010 auf durchschnittlich 10 % verringern, aber es ist nicht sicher, ob dieses Ziel erreicht werden kann. Einer von vier jungen Erwachsenen (Altersgruppe 25-29) hat keinen Bildungsabschluß auf dem Niveau der Sekundarstufe II erreicht. Erhebungen zufolge gibt es beträchtliche Lücken bei den Schreib-, Lese- und Rechenfertigkeiten der Schüler, was ein ernstes Hindernis für den Übergang in die berufliche Bildung oder die Hochschulbildung darstellt und die Betroffenen der Gefahr einer ungewissen Zukunft in der Gesellschaft und auf dem modernen Arbeitsmarkt aussetzt6.

Das unsystematische Bildungsangebot für Kleinkinder in Europa7 - ein Bereich, in dem nachweislich ein großes Potenzial steckt8 - ließe sich verbessern. Bei den Bemühungen muss es darum gehen, bereits bei sehr kleinen Kindern auf die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen9 abzustellen, beginnend mit Kindern in benachteiligten Gebieten, und Begleitmechanismen zu schaffen, die einen vorzeitigen Schulabbruch verhindern.

Die Bildungssysteme müssen eine effiziente und relevante Bildung unter dem Gesichtspunkt des Lebenszyklus vermitteln, das Potenzial des Einzelnen für Kreativität und Autonomie anregen, wobei verhindert werden sollte, dass am Arbeitsmarkt vorbei gelernt wird. Junge Menschen müssen auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt vorbereitet werden, aber auch in der Lage sein, ihre Bildung während des gesamten Lebens fortzusetzen, sowohl für ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung als auch zur Anpassung an ein sich wandelndes berufliches Umfeld. In diesem Zusammenhang sollte der Erwerb von Kommunikationsfähigkeiten in Fremdsprachen gefördert werden.

Dies sind die wesentlichen Herausforderungen - um so drängender in einer globalisierten und wissensbasierten Wirtschaft - auf die Bildungssysteme antworten müssen, wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Jugend gerecht werden sollen. Das Arbeitsprogramm allgemeine und berufliche Bildung 1010 bietet auf EU-Ebene einen Rahmen für die Modernisierung der Bildungs- und Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten. Eine stärkere Konzentration der Politik auf die Umsetzung bewährter Verfahren, die aus diesem Prozess hervorgehen, wäre nützlich. Durch die Steuerung von Investitionen in die Entwicklung der frühkindlichen Erziehung für alle und deren qualitative Verbesserung können die Mitgliedstaaten den frühzeitigen Schulabbruch und Benachteiligungen in der Bildung wirksamer angehen.

Die Kommission

3. Jugend und Beschäftigung: Eine Herausforderung für Europa

Das Potenzial unserer Jugend umfassend zu nutzen ist eine Grundvoraussetzung für die künftige wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Zusammenhalt in der EU. Die Arbeitsmärkte müssen rasch auf diese Herausforderungen antworten, um den jungen Menschen die vollständige Ausschöpfung ihres Potenzials zu ermöglichen.

3.1. Arbeitslose Jugendliche: eine ungenutzte Ressource12

Jugendarbeitslosigkeit (Altersgruppe 15-24) bereitet Europa große Sorgen: der Anteil liegt bei 17,4 %13. Dies stellt eine Vergeudung von Humankapital dar. In den letzten 25 Jahren gelang es trotz eines allgemeinen Anstiegs im Bildungsniveau nicht nachhaltig, die Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren. Im aktuellen wirtschaftlichen Aufschwung, mit geschätzten 7 Millionen Menschen, die im Lissabon-Zyklus 2005-2008 wieder Arbeit finden, verläuft die Arbeitsmarktentwicklung für junge Menschen nach wie vor ungünstiger. Jugendliche sind mehr als doppelt so stark von Arbeitslosigkeit bedroht wie Erwachsene im Haupterwerbsalter. Arbeitslosigkeit junger Erwachsener geht oft über in Langzeitarbeitslosigkeit (mehr als 50 % der Arbeitslosen in der Altersgruppe 25-29) oder völliges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt. Junge Frauen sind bei den Nichterwerbstätigen und Arbeitslosen überrepräsentiert, und der Abstand zu den Männern nimmt mit dem Alter zu.

Jugendarbeitslosigkeit wurde lange als zeitlich begrenztes Phänomen beim Übergang vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt gesehen. Die Ursachen der Probleme in der Beschäftigungssituation Jugendlicher und die damit verbundenen Risiken müssen jedoch im sich wandelnden demographischen und wirtschaftlichen Kontext neu überdacht werden. Qualifikation und Bildung (oder ein Mangel daran) erklären viel, aber Schwierigkeiten beim Übergang sowie die Segmentierung des Arbeitsmarkts sind auch Teil des Problems. Regionale Disparitäten in einigen Mitgliedstaaten verstärken solche Probleme noch.

Als Konsequenz der Bildungsmängel gelangen mehr als ein Viertel aller Jugendlichen ohne ausreichende Qualifikation an die Schwelle zum Arbeitsmarkt (siehe Kapitel 2). Die Hälfte aller neuen Arbeitsplätze in der EU erfordert heute ein hohes Qualifikationsniveau, die andere Hälfte zumeist ein mittleres Niveau. Es überrascht daher kaum, dass die Arbeitslosenquote bei geringqualifizierten Jugendlichen deutlich höher ist als bei Gleichaltrigen mit höherem Bildungsniveau. Veränderungen in der Nachfrage nach Arbeitskräften haben die Benachteiligung geringqualifizierter Jugendlicher noch verstärkt. Wissens- und dienstleistungsbasierte Volkswirtschaften schaffen zwar nach wie vor Arbeitsplätze, die keine hohe formale Qualifikation erfordern, aber sie setzen eine größere Palette an Fertigkeiten und Kompetenzen als in der Vergangenheit voraus. In einigen Ländern haben selbst Jugendliche mit hohem Bildungsniveau Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, bedingt durch makroökonomische Faktoren oder Arbeitsmarktstrukturen, die dem Eintritt in den Arbeitsmarkt entgegenstehen, und durch eine Diskrepanz zwischen den Qualifikationen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes.

Ein hohes Maß an Nichterwerbstätigkeit bei Jugendlichen (abgesehen von der Teilnahme an allgemeiner und beruflicher Bildung) ist ein weiteres Phänomen einer gescheiterten Arbeitsmarktintegration und fällt typischerweise zusammen mit generell hoher Arbeitslosigkeit. Nichterwerbstätigkeit wirkt sich negativ auf die Bereitschaft und wirtschaftliche Fähigkeit junger Erwachsener aus, eine Familie zu gründen. Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit der Eltern sind bedeutsame Risikofaktoren im Hinblick auf Kinderarmut (siehe Kapitel 4).

3.2. Verbesserung des Übergangs junger Menschen in den Arbeitsmarkt: Flexicurity

Der Eintritt in den Arbeitsmarkt ist oft ein schrittweiser Prozess, der jedoch leicht problematisch wird, wenn beschäftigungsfreie Zeiten nicht mit einer sinnvollen Tätigkeit gefüllt werden; dies beeinträchtigt die Beschäftigungsfähigkeit des Betroffenen. In vielen Mitgliedstaaten ist jeder dritte Jugendliche ein Jahr nach dem Verlassen des Bildungssystems noch nicht erwerbstätig.

Trotz der wiederholten Verpflichtung der Mitgliedstaaten erhält die große Mehrheit der 4,6 Millionen arbeitslosen Jugendlichen in der EU nicht die Chance zu einem Neuanfang innerhalb von sechs Monaten. Bildungs- und Arbeitsmarkteinrichtungen sollten ihre Bemühungen verstärken, allen jungen Menschen maßgeschneiderte Betreuung und Beratung im Hinblick auf einen geeigneten Bildungsweg mit dem Ziel einer arbeitsmarktrelevanten Qualifikation zu bieten14 und dadurch die Diskrepanz zwischen den Bildungsergebnissen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes zu reduzieren. Junge Menschen sollten durch eine maßgeschneiderte Stellenvermittlung - einschließlich Beschäftigungschancen im Ausland - stärker unterstützt werden. Die EU wird die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Förderung der Mobilität (etwa durch die EURES-Initiative "Dein erster Arbeitsplatz im Ausland") verstärkt unterstützen.

Frühzeitig Kontakte zwischen Bildungseinrichtungen und Arbeitsmarkt herzustellen ist wesentlich, um junge Menschen mit der Arbeitswelt vertraut zu machen. Praktika, sofern sie mit dem Ausbildungs- oder Studienplan verknüpft sind, sind ein wichtiges Instrument in dieser Hinsicht. Allerdings sollten Praktika mit geringem oder ohne Entgelt und begrenztem Weiterbildungswert vermieden werden. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Praktika angemessen definiert werden.

Junge Menschen brauchen geeignete Beschäftigungschancen, aber da sie zuvor nur wenig oder keine Gelegenheit gehabt haben, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, leiden sie stark darunter, nicht eingestellt zu werden. Besonders beeinträchtigt sie der Dualismus des Arbeitsmarkts. Sie können in Arbeitsverhältnissen mit ungünstigen Bedingungen oder Aussichten gefangen sein: so haben vier von zehn derzeit nur ein befristetes Arbeitsverhältnis, etwa ein Viertel eine Teilzeitbeschäftigung und noch mehr eine niedrig entlohnte Arbeit. Derartige Arbeitsverhältnisse können als Zwischenstufe dienen und den jungen Menschen nachweisbare Arbeitserfahrungen ermöglichen, für einige jedoch können sie in einen Zyklus dauerhafter minderwertiger Beschäftigung münden15.

Obwohl die Mitgliedstaaten große Anstrengungen unternehmen, die Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, zeigen die Evaluierungen der aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Jugendliche, dass noch Spielraum für Verbesserungen besteht16. Die Mitgliedstaaten sollten die Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit systematischer und umfassender in der Lissabon-Strategie angehen, einschliesslich des Europäischen Jugendpakts. In der Lissabon-Runde 2006/2007 wurde eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, die für Probleme bei der Jugendbeschäftigung von Bedeutung sind.

Die gemeinsamen Grundsätze für Flexicurity sind Teil eines Rahmens, um den Hauptursachen der Jugendarbeitslosigkeit und dem Gefühl der Unsicherheit zu entgegnen17. Dabei geht es gleichzeitig um Sicherheit und Flexibilität. Im kommenden Lissabon-Zyklus, der 2008 beginnt, sollten die Mitgliedstaaten, vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Herausforderungen und unter aktiver Beteiligung der Sozialpartner, Flexicurity-Strategien erarbeiten, die die vier Komponenten (flexible und verlässliche vertragliche Regelungen, wirksame Systeme des lebenslangen Lernens, aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, moderne Systeme der sozialen Sicherheit) umfassen. Eingriffe der Politik und beschäftigungspolitische Maßnahmen sollten überprüft und an die nationalen Bedingungen und Präferenzen angepasst werden. Die Mitgliedstaaten sollten den Europäischen Sozialfonds nutzen, um jungen Menschen Möglichkeiten des Übergangs von der Bildung in das Erwerbsleben zu bieten, insbesondere dann, wenn die Systeme der beruflichen Bildung weniger entwickelt sind, und sie sollten in der Strukturpolitik stärkeres Gewicht auf die Jugend legen, um die regionalen Disparitäten zu überwinden.

3.3. Förderung des Unternehmertums

Europa braucht mehr Unternehmer. Nur 15 % der Erwerbstätigen in der EU sind Arbeitgeber oder Selbständige, bei jungen Menschen sogar nur 4,2 %18. Andererseits sagen mehr als die Hälfte der jungen Menschen, dass sie an einer selbständigen Tätigkeit interessiert wären19. Die Förderung einer unternehmerischen Einstellung durch allgemeine und berufliche Bildung ist entscheidend, dies wird als eine Schlüsselkompetenz gesehen. Der Europäische Jugendpakt und neuere Initiativen der Kommission20 betonen ebenfalls die Notwendigkeit, dass in Lernprozessen so früh wie möglich die Entwicklung der partizipatorischen Kompetenz und des unternehmerischen Selbstvertrauens und Wissens junger Menschen gefördert werden muss.

Es müssen günstige Rahmenbedingungen für junge Unternehmer geschaffen werden, indem man Informationen und finanzielle Anreize bietet und unnötige rechtliche und administrative Lasten beseitigt. Auch müssen spezifische Hindernisse angegangen werden, denen junge Frauen nach wie vor begegnen, wenn sie ein Unternehmen gründen und betreiben wollen. Die Kommission bereitet ein Pilotprojekt zur Förderung der Mobilität junger Unternehmer vor.

Die Kommission

4. Das Potential Aller umfassend nutzen

Die Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft wird beeinträchtigt durch Armut, soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Gesundheitsprobleme. Europa hat aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen ein großes Interesse daran, dass kein Kind und kein Jugendlicher ausgeschlossen wird.

4.1. Soziale Eingliederung

Kinderarmut, von der 19 % aller Kinder und Jugendlicher im Alter unter 18 Jahren betroffen sind, ist ein sehr beunruhigendes Faktum21. Kindliches Wohlergehen, so hat sich gezeigt, hat einen grossen Einfluss auf den späteren Bildungs- und Berufsweg. Länder mit hohem Armutsrisiko für Kinder und Jugendliche haben in der Regel auch eine höhere Arbeitslosigkeit. Die Weitergabe der Armut von einer Generation zur nächsten zu durchbrechen ist eine zentrale Herausforderung; die Politik sollte dabei die Bedürfnisse von Kindern und Eltern umfassend berücksichtigen. Die Vorschulerziehung und die Erziehung von Kindern in benachteiligten Gebieten sollten stärker betont werden.

In einer Reihe von Ländern ist die soziale Eingliederung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder aus benachteiligten Minderheiten (insbesondere Roma) bisher noch nicht gelungen. Auch wegen des oft niedrigen sozioökonomischen Status ihrer Eltern machen diese jungen Menschen einen großen Teil der benachteiligten Jugendlichen aus, verlassen sehr viel öfter vorzeitig die Schule und besitzen häufig geringere Lesefähigkeiten. Das Risiko der Nichterwerbstätigkeit ist für junge Menschen aus ethnischen Minderheiten in einigen Ländern um ein Drittel höher als für die Mehrheit der Jugendlichen.

Soziale Eingliederung und Chancengleichheit sind auch für junge Menschen mit Behinderungen ein Schlüsselaspekt. Von entscheidender Bedeutung ist hier, die Hemmnisse zu beseitigen, die ihrer Teilnahme an allgemeiner und beruflicher Bildung und ihrem Engagement in Bürgerfragen, Politik und Gemeinschaftsleben entgegenstehen. Für alle Jugendlichen mit eingeschränkten Fähigkeiten sind aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Steigerung ihrer Teilnahme an der Berufsbildung entscheidend für die Verbesserung ihrer Chancen auf eine umfassende Teilnahme an der Gesellschaft.

4.2. Geschlechtsspezifische Ungleichgewichte

Bei jungen Frauen ist die Arbeitslosenquote höher als bei Männern, und sie sind häufiger in gering qualifizierten Arbeitsverhältnissen, Teilzeitbeschäftigung und befristeten Tätigkeiten zu finden. Obwohl sie in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte in der Bildung gemacht haben, wird ihr Potenzial auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor nur zu einem Teil realisiert, und Unterschiede in der Bezahlung bestehen weiterhin und nehmen mit zunehmendem Alter zu. Geschlechtsspezifische Stereotypen spielen hier eine große Rolle, da Frauen und Männer traditionellen Bildungs- und Berufsbildungswegen folgen, wodurch Frauen oft in Berufe gelangen, die weniger geschätzt und entlohnt werden. Frauen sind sehr viel weniger in technischen Berufen zu finden, obwohl hier ein Arbeitskräftemangel herrscht. Junge Männer hingegen sind bei den Schulabbrechern stärker vertreten.

4.3. Bessere Gesundheit

Eine gute Gesundheit ist Voraussetzung für die Schaffung von Humankapital und eine umfassende Beteiligung an der Gesellschaft. Gesundheitsproblemen im späteren Leben kann man vielfach schon frühzeitig vorbeugen. Aber eine relativ hohe und zunehmende Zahl junger Menschen hat bereits mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen: so ist eines von fünf Kindern übergewichtig oder fettleibig, etwa 10 % der Todesfälle bei jungen Frauen und 25 % bei jungen Männern hängen mit Alkohol zusammen. Der Gesundheitsstatus junger Menschen wird stark beeinflusst von Familie, Schule und sozialem Umfeld. Geringerer sozioökonomischer Status und niedrigeres Bildungsniveau gehen einher mit einem Mehr an psychischen und physischen Gesundheitsproblemen, Drogenmissbrauch und Schwangerschaften bei Minderjährigen.

Junge Menschen sind vorrangige Zielgruppe der EU-Politik im Bereich Gesundheit und Prävention (etwa in Bezug auf Alkohol, Drogenmissbrauch, Tabak, Verbrauchergesundheit, Ernährung und Fettleibigkeit, HIV/AIDS und demnächst auch psychische Gesundheit). Notwendig ist eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die soziale Dimension der Gesundheit zu berücksichtigen und maßgeschneiderte Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit junger Menschen zu schaffen. Die Kommission hebt auch hervor, wie wichtig die Förderung von gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung bei jungen Menschen ist, um ihren Gesundheitsstatus zu verbessern22.

Die Kommission

5. Aktive junge Bürger

Seit der Veröffentlichung des Weißbuchs Jugend arbeiten Kommission und Mitgliedstaaten an Maßnahmen zur Förderung der sozialen Kompetenzen junger Menschen und ihrem aktiven Engagement in der Gesellschaft23. Damit jugendpolitische Maßnahmen erfolgreich sein können, muss bei ihrer Ausarbeitung der ständige Dialog mit den jungen Menschen gepflegt werden.

5.1. Beteiligung junger Menschen

Die Beteiligung junger Menschen an demokratischen Einrichtungen und am fortlaufenden Dialog mit der Politik ist entscheidend für das Funktionieren unserer Demokratie und die Nachhaltigkeit politischer Maßnahmen, die sich auf das Leben der Jugendlichen auswirken.

Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten unlängst auf24, ihre Bemühungen zur Steigerung der Beteiligung Jugendlicher zu verstärken und eine kohärente Strategie zur Information junger Menschen zu formulieren. Die Kommission hat auch einen echten Dialog mit jungen Menschen auf den Weg gebracht, der von der lokalen bis zur europäischen Ebene strukturiert ist, aber noch umfassend verwirklicht werden muss. Der Europäische Jugendgipfel "Your Europe" im März 2007 in Rom, die Europäischen Jugendwochen und regelmässige Jugendevents der Präsidentschaften sind positive Schritte hin zu einem derartigen strukturierten Dialog mit jungen Menschen.

Die Einbeziehung in kulturelle Aktivitäten kann junge Menschen zudem in die Lage versetzen, ihre kreative Energie zum Ausdruck zu bringen, und zur aktiven Bürgerschaft beizutragen. Außerdem können kulturelle Aktivitäten die Integration fördern und den Dialog zwischen Generationen und Kulturen erleichtern, indem Kontakte zwischen Einzelnen hergestellt werden und die Überwindung nationaler Trennung unterstützt wird. Dies ist ein Kernaspekt des Europäischen Jahres des Interkulturellen Dialogs 2008, das sich stark auf Jugendliche konzentrieren wird. Es ist auch eine der zentralen Botschaften in der Mitteilung der Kommission über Kultur25.

5.2. Freiwillige Aktivitäten

Freiwillige Aktivitäten bieten eine wertvolle Möglichkeit zum nichtformalen Lernen, das junge Menschen in die Lage versetzt, Fertigkeiten zu erwerben, und ihnen den Übergang von der Bildung ins Erwerbsleben zu erleichtern. Über freiwilliges Engagement entwickeln junge Menschen Werte wie gegenseitiges Verständnis, Dialogfähigkeit und Solidarität. Es muss jedoch betont werden, dass freiwillige Aktivitäten kein Ersatz für eine bezahlte Erwerbstätigkeit sind.

Junge Europäer beurteilen die Programme zur Förderung freiwilligen Engagements positiv; 74 % glauben, dass solche Programme eine gute Möglichkeit sind, ihre Beteiligung an der Gesellschaft zu steigern. Das EU-Programm Jugend in Aktion26 bildet den Rahmen für den Europäischen Freiwilligendienst.

Die Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung der gemeinsamen Ziele für freiwillige Aktivitäten, die im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode (OKM) festgelegt wurden27, zeigen, dass der Austausch bewährter Verfahren, Maßnahmen zum gegenseitigen Lernen und entsprechende Bewertungsinstrumente bei der Entwicklung dieser Aktivitäten einen Zusatznutzen bringen28.

Hindernisse wie Visaprobleme und fehlender Versicherungsschutz sollten beseitigt werden, der Sozialversicherungsschutz - einschließlich Leistungen bei Arbeitslosigkeit - muss verbessert werden. Die übergreifende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden und ein geeigneter Rechtsrahmen sind erforderlich29. Die Anerkennung von Qualifikationen, die junge Menschen durch freiwillige Aktivitäten erwerben, trägt zur Erleichterung des Übergangs von der Bildung ins Arbeitsleben bei. Es gibt gute Praktiken, aber ein kohärenter Ansatz ist erforderlich, der auf der aktuellen Debatte auf EU-Ebene basiert30.

5.3. Junge Menschen und die EU: Intensivere Partnerschaft

Institutionen und Politik spielen eine wesentliche Rolle bei der Ausweitung der Möglichkeiten für junge Menschen zur Beteiligung an der Gesellschaft, aber auch die Jugendlichen selbst müssen sich ihrer Verantwortung für Bildung, Gesundheit, Integration ins Berufsleben und Engagement in der Gesellschaft bewusst sein.

Jugendorganisationen sind hier ein Schlüsselelement. Die Rolle des Europäischen Jugendforums ist wichtig für die Einbeziehung solcher Organisationen, insbesondere der nationalen und lokalen Jugendräte, aber auch benachteiligter junger Menschen, in den strukturierten Dialog mit der Politik.

Die Entwicklung der Europäischen Union macht ein intensives Engagement unabdingbar. In einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage haben sich junge Menschen positiv zur EU geäußert, und darauf muss aufgebaut werden31.

Die Kommission schlägt vor, die bestehende Partnerschaft zwischen EU-Institutionen und Jugendvertretern in einer Erklärung zu bekräftigen, die die Bedeutung eines strukturierten Dialogs mit jungen Menschen auf allen Ebenen und Gebieten, die Gegenstand dieser Mitteilung sind, betont. Die entsprechende Agenda sollte mit den jungen Menschen gemeinsam festgelegt werden. Der Dialog sollte relevante Interessenvertreter und Jugendorganisationen einbeziehen. Er sollte auch benachteiligte Jugendliche und Jugendliche, die kein Mitglied einer Organisation sind, berücksichtigen.

Andere Bereiche, die für junge Menschen interessant sind, etwa nachhaltige Entwicklung, die Zukunft der EU oder Entwicklungszusammenarbeit, könnten im Rahmen dieser Partnerschaft ebenfalls behandelt werden.

Alle drei Jahre sollte ein EU-Jugendbericht unter Einbeziehung junger Menschen ausgearbeitet werden, der vorliegende Informationen und Berichte zu Entwicklungen im Themenbereich dieser Mitteilung zugrunde legt. Die Minister haben sich positiv zu diesem Vorschlag geäußert32.

Die Kommission

Zur Beteiligung

Zu den freiwilligen Aktivitäten

Thema intensivere Partnerschaft

6. Schlussfolgerungen

Die vorliegende Mitteilung ist ein wichtiger Schritt in einem politischen Prozess im Bereich Jugend, der 2001 mit dem Weissbuch Jugend begann. Vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft ruft sie zu einer Politik besserer, umfassenderer und früherer Investitionen in junge Menschen auf, um ihre Bildung, Beschäftigung, soziale Integration, Gesundheit und aktive Bürgerschaft in einem den gesamten Lebenszyklus berücksichtigenden Ansatz zu fördern. Die Investitionen sollten nicht allein finanzieller Natur sein. Die persönliche Beteiligung der relevanten Akteure, wie Politiker, Arbeits- und Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Jugendarbeiter, Wissenschaftler, Familien und Organisationen, die für und mit jungen Menschen arbeiten, ist erforderlich.

Die Mitteilung unterstreicht die Notwendigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit deutlich zu verringern und die Qualität von Arbeitsplätzen zu verbessern. Alle jungen Menschen und Europa als Ganzes brauchen die notwendigen Kenntnisse und Möglichkeiten, um produktiv für wirtschaftliches und soziales Wohlbefinden zu arbeiten. Der Schlüssel zur vollständigen Teilnahme junger Menschen ist der Zugang zu einem guten Arbeitsplatz, wofür wiederum eine qualitative gute und relevante Bildung erforderlich ist. Die Förderung der vollen Beteiligung junger Manager, Unternehmer und Arbeitnehmer ist ebenfalls ein Schlüsselbeitrag zum Aufbau innovativer, wissensbasierter und international wettbewerbsfähiger EU-Volkswirtschaften.

Zur vollständigen Beteiligung junger Menschen an der Gesellschaft kann eine transversale Jugendstrategie wirkungsvoll beitragen. Erforderlich ist eine engere bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Politikbereichen, die Auswirkungen auf die Jugend haben, und eine deutlichere Ausrichtung dieser Bereiche auf die Jugend. Die Mitgliedstaaten werden zu diesem Zweck ersucht, eine Reihe von Massnahmen zu ergreifen, um die Verbindungen zwischen bestehenden Prozessen, wie Lissabon-Strategie, Gesundheitsstrategien und die verschiedenen offenen Koordinierungsmethoden34, zu intensivieren, damit diese den jungen Menschen mehr und bessere Möglichkeiten bieten, und sich auf Massnahmen zu konzentrieren, die sich günstiger auf die berufliche Integration, gesellschaftliche Eingliederung sowie die aktive Bürgerschaft junger Menschen auswirken.

Die Kommission schlägt eine Reihe von neuen Initiativen vor, die Brücken zwischen den Bereichen Bildung und Beschäftigung schlagen und die aktive Bürgerschaft junger Menschen entwickeln. Sie umfassen eine Initiative für eine europäische Qualitätscharter für Praktika, eine Pilotinitiative "Dein erster Arbeitsplatz im Ausland", die in Vorbereitung befindliche neue Gesundheitsstrategie, eine Folgenabschätzung zu freiwilligen Aktivitäten Jugendlicher und eine Studie zum Zugang Jugendlicher zur Kultur. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, die transversale Zusammenarbeit durch einen EU-Bericht zur Jugend zu fördern, der alle drei Jahre vorgelegt werden soll.

Die vollständige Beteiligung junger Menschen an der Gesellschaft kann allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn jungen Menschen sich engagieren, als Partner auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Daher schlägt die Kommission vor, junge Menschen zu ermächtigen und die bestehende Partnerschaft zwischen den Europäischen Institutionen und der jungen Generation zu verstärken.

Technischer Anhang: Liste der Referenzdokumente (in chronologischer Reihenfolge)