Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes

A. Problem und Ziel

Die Richtlinie (EU) Nr. 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (Änderungsrichtlinie), ist am 13. März 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden (ABl. L 68 vom 13. März 2015, S. 1).

Die Bundesregierung schlägt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen Regelungsrahmen vor, um die durch die Änderungsrichtlinie eröffnete Möglichkeit von Anbaubeschränkungen oder -untersagungen für gentechnisch veränderte Organismen - im Wege der freiwilligen Richtlinienumsetzung - in Deutschland zu nutzen.

Darüber hinaus hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre im Bereich des Gentechnikrechts fachlich und redaktionell notwendiger Änderungsbedarf ergeben.

B. Lösung

Änderung des Gentechnikgesetzes, insbesondere Einfügung der §§ 16f bis 16j.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Für Bund, Länder und Kommunen entstehen keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht geringfügiger Erfüllungsaufwand.

Die Belastung in Höhe von insgesamt maximal 40.000 Euro wird im Sinne des "One in, one out"-Konzepts über den Entwurf einer Dritten Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts kompensiert, bei der eine Entlastung beim Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in Höhe von 42.841.541,16 Euro realisiert wurde.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung wird auf höchstens 20.520 Euro geschätzt. Daneben kann weiterer Erfüllungsaufwand entstehen, der jedoch insgesamt als geringfügig eingeschätzt wird. Etwaiger Mehrbedarf des Bundes an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan ausgeglichen werden.

F. Weitere Kosten

Für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, entstehen keine weiteren Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, und auf die sozialen Sicherungssysteme sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 4. November 2016
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, weil ohne ein beschleunigtes Verfahren die Gefahr besteht, dass die parlamentarischen Beratungen zu dem Gesetzentwurf, der ein gesellschaftlich sehr sensibles Thema betrifft, nicht mehr in dieser Wahlperiode abgeschlossen werden können.

Federführend ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 16.12.16
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gentechnikgesetzes

Das Gentechnikgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 13 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. § 2 wird wie folgt geändert:

3. § 4 wird wie folgt geändert:

4. In § 5 Satz 1 werden nach den Wörtern "zur Gentechnik" die Wörter "und zur synthetischen Biologie" eingefügt.

5. § 6 Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

(4) Wer gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt, hat dafür zu sorgen, dass eine Projektleitung sowie Beauftragte oder Ausschüsse für Biologische Sicherheit bestellt sind."

6. § 9 wird wie folgt geändert:

7. In § 12 Absatz 6 werden nach dem Wort "kann" die Wörter "den Betrieb einer angezeigten oder angemeldeten gentechnischen Anlage sowie" eingefügt.

8. § 16a Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt geändert:

9. In § 16d Absatz 2 Satz 4 werden nach den Wörtern "der Richtlinie 2002/55/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut (ABl. EG (Nr. ) L 193 S. 33)," die Wörter "zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 (ABl. EU (Nr. ) L 268 S. 1)" durch die Wörter "die zuletzt durch die Durchführungsrichtlinie 2013/45/EU (ABl. L 213 vom 8.8.2013, S. 20) geändert worden ist" ersetzt.

10. Nach § 16e werden folgende §§ 16f bis 16j eingefügt:

" § 16f Aufforderung zum Ausschluss des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen in bestimmten Gebieten; Verfahren

§ 16g Verordnungsermächtigungen

§ 16h Verfahren für den Erlass der Rechtsverordnung; Geltungsdauer

§ 16i Aufhebung von Anbauausschlüssen sowie von Anbaubeschränkungen und Anbauverboten

§ 16j Ausnahmen

11. § 21 wird wie folgt geändert:

12. In § 22 Absatz 2 werden nach den Wörtern "für die ein" die Wörter "Anzeigeverfahren oder" eingefügt und werden die Wörter "anmelde- oder genehmigungspflichtig" durch die Wörter "anzeige-, anmelde- oder genehmigungspflichtig" ersetzt.

13. In § 25 Absatz 2 werden nach den Wörtern "und die erforderlichen" die Wörter "Unterlagen und" eingefügt und wird nach dem Wort "Verfügbarkeit" das Wort "unentgeltlich" eingefügt.

14. § 26 wird wie folgt geändert:

15. § 27 wird wie folgt geändert:

16. In § 28b Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter "im Benehmen mit den lebens- und futtermittelrechtlichen Vorschriften" durch die Wörter "im Benehmen mit den lebensmittel-, futtermittel- und gentechnikrechtlich" ersetzt.

17. § 38 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

18. § 41a wird wie folgt gefasst:

" § 41a Besondere Übergangsregelung zu Verordnungsermächtigungen bei Anbaubeschränkungen und -verboten

" § 16g Absatz 1 gilt entsprechend, wenn das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wieder in den geografischen Geltungsbereich einer Zustimmung oder Zulassung aufgenommen wurde, von dem es nach dem Verfahren des § 16f ausgeschlossen worden ist, es sei denn, die Wiederaufnahme erfolgte gemäß dem Verfahren des § 16i Absatz 1 und 2."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung, Gegenstand und wesentliche Regelungen

Die Richtlinie (EU) Nr. 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (Änderungsrichtlinie), ist am 13. März 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden (ABl. L 68 vom 13. März 2015, S. 1). Mit Ausnahme von Maßnahmen nach Artikel 26a der Änderungsrichtlinie zur Verhinderung des unbeabsichtigten Vorhandenseins von gentechnisch veränderten Organismen in Grenzgebieten (Koexistenzregeln in Grenzgebieten) sind die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie nicht verpflichtet. Die Bundesregierung schlägt mit dem vorliegenden Entwurf eines Änderungsgesetzes einen Regelungsrahmen vor, um nach Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie die durch sie eröffnete Möglichkeit von Anbaubeschränkungen oder -verboten für gentechnisch veränderte Organismen in Deutschland nutzen zu können.

Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus fachliche und redaktionelle Änderungen im Bereich des Verwaltungsvollzugs, die vor allem auf Anregungen der Länder zurückgehen.

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Gleichstellungspolitische Aspekte sind nicht betroffen.

II. Gesetzgebungskompetenz

Dem Bund steht gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nummer 26 (2. Alternative) Grundgesetz (Untersuchung und künstliche Veränderung von Erbinformationen) in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu. Der Kompetenztitel ist weit zu verstehen. Er deckt auch die Gentechnik in Bezug auf Tiere und Pflanzen ab und begründet eine umfassende Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur Regelung des Rechts der Gentechnik. Erfasst sind von diesem Kompetenztitel auch Vorschriften, die die Verwendung von und den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen regeln (Vgl. BVerfGE 128, 1 [33/34]). Die Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 26 (2. Alternative) Grundgesetz gilt insoweit auch für die vorgeschlagene Aufgabenerweiterung der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), als synthetische Nukleinsäuren in Organismen oder Mikroorganismen eingebracht werden. Nukleinsäuren sind Makromoleküle. Ihr bekanntester Typ ist Desoxyribonukleinsäure (DNS bzw. DNA), die Träger der Erbinformation ist. Nukleinsäuren können auch synthetisch, d.h. im Labor, hergestellt werden. Soweit synthetische Nukleinsäuren anderweitig, z.B. chemisch oder minimalorganismisch, eingesetzt werden, ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz jedenfalls unter Zugrundelegung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung kraft Sachzusammenhangs mit dem hier genannten Kompetenztitel.

Eine bundesgesetzliche Regelung ist auch im Sinne des Artikels 72 Absatz 2 Grundgesetz zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Das Gentechnikgesetz (GenTG) regelt bereits seit 1990 in Umsetzung europarechtlicher Vorschriften bundeseinheitlich die inhaltlichen Anforderungen, die Genehmigungsverfahren und die diesbezüglichen Sanktionen, die für gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen, für die (experimentelle) Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen und für das Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, gelten. Eine Regelung durch die Länder ohne bundesrechtlichen Rahmen, in dem insbesondere die Anforderungen an Anbaubeschränkungen und -verbote festgelegt werden, würde zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen für die rechtliche und wirtschaftliche Einheit des Bundes führen.

III. Gesetzesfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Das Gesetzesvorhaben ist vereinbar mit einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Konkrete Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung können allerdings erst die Anbaubeschränkungen und - verbote für GVO haben, die auf der Grundlage des Gesetzentwurfs erlassen werden können. Das gilt zum Beispiel für die Managementregel 8 zur Ausrichtung einer umweltverträglichen Landwirtschaft sowie auch mittelbar für den Nachhaltigkeitsindikator 5 betreffend Artenvielfalt sowie die Nachhaltigkeitsindikatoren 12 a und b betreffend Landwirtschaft der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die für eine Beschränkung oder ein Verbot herangezogenen zwingenden Gründe gemäß § 16g Absatz 3 nicht im Widerspruch zu der nach den unionsrechtlichen Vorgaben zur Erteilung der Zustimmung oder Zulassung durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung stehen dürfen.

Auswirkungen des Gesetzes auf die Generationengerechtigkeit, den sozialen Zusammenhalt und die internationale Verantwortung und - abgesehen von den vorstehenden Ausführungen - auf die Lebensqualität sind nicht zu erkennen.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Kosten für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind nicht zu erwarten.

3. Erfüllungsaufwand

Mit Stand vom 30. September 2016ist in der EU nur eine gentechnisch veränderte Maislinie zum Anbau zugelassen, für die der Anbau im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen ist (siehe Durchführungsbeschluss (EU) Nr. 2016/321 der Kommission vom 3. März 2016 zur Anpassung des geografischen Geltungsbereichs der Zulassung zum Anbau von genetisch verändertem Mais (Zea mays L.) der Sorte MON 810 (MON-ØØ81Ø-6)). Für fünf gentechnisch veränderte Maislinien sind derzeit Anbauzulassungen beantragt, die insektenresistent, herbizidtolerant oder zugleich insektenresistent und herbizidtolerant sind. Zum Anbau dieser fünf gentechnisch veränderten Maislinien hat die Europäische Kommission festgestellt, dass zwischen den jeweiligen Antragstellern und der Bundesrepublik Deutschland eine Einigung erzielt wurde, dass der geografische Geltungsbereich der Genehmigung bzw. Anmeldungen oder Anträge so angepasst wird, dass das Hoheitsgebiet sämtlicher Länder und damit auch das gesamte deutsche Hoheitsgebiet vom Anbau ausgeschlossen ist. Ein Erfüllungsaufwand wird demnach insoweit nicht mehr entstehen. Ob weitere Anbauzulassungen für gentechnisch veränderte Organismen beantragt werden und um wie viele Zulassungen es sich hierbei handeln könnte, ist derzeit nicht absehbar. Ob und in welchem Umfang für weitere Anbauzulassungen Erfüllungsaufwand entsteht, ist daher nicht hinreichend abschätzbar. Der EU-Gesetzgeber geht davon aus, dass in den meisten Fällen der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen schon in der 1. Phase ausgeschlossen wird (Erwägungsgrund 13 der Änderungsrichtlinie). Diese Prognose hat sich in der Praxis bestätigt. Bei allen 19 EU-Mitgliedsstaaten, die innerhalb der Übergangsfrist nach Artikel 26c Richtlinie 2001/18/EG bis 3. Oktober 2015 die Antragsteller dazu aufgefordert haben, den geografischen Geltungsbereich der Genehmigung bzw. Anmeldungen oder Anträge so anzupassen, dass ihr Hoheitsgebiet oder Teile ihres Hoheitsgebiets vom Anbau ausgeschlossen sind, wurde mit den Antragstellern eine Einigung dahingehend erzielt, dass den Aufforderungen vollständig stattgegeben wurde. Der Erlass von Rechtsverordnungen im Rahmen der 2. Phase dürfte sich deshalb künftig auf sehr wenige Fälle beschränken. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Berechnung des Erfüllungsaufwands für die Verwaltung des Bundes und der Länder nur beispielhaft für einen Anbauzulassungsantrag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die dargestellten Kosten teilweise alternativ zu verstehen sind. Wurde beispielsweise die 1. Phase ausgeübt oder hat die Bundesregierung in der 2. Phase eine Rechtsverordnung für das gesamte Bundesgebiet erlassen, so entfallen sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem Erlass von Landesverordnungen.

a. Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

b. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht geringfügiger Erfüllungsaufwand.

Dieser kann zum einen durch die Anordnung von Auflagen oder Bedingungen für den Betrieb gentechnischer Anlagen der Sicherheitsstufen 1 und 2 zusätzlicher Erfüllungsaufwand entstehen. Die Kosten hängen insoweit von der Art der angeordneten Maßnahmen ab. Voraussichtlich ist der Erfüllungsaufwand gering, da nur sehr wenige Fälle betroffen sein dürften. Durch die unentgeltliche Bereitstellung von Proben zu Überwachungszwecken entsteht der Wirtschaft ebenfalls Erfüllungsaufwand. Dessen Höhe variiert je nach Preis des betroffenen Produkts, ist insgesamt aufgrund der geringen Mengen jedoch als gering anzusehen. Für die Wirtschaft entsteht, soweit der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen im Einzelfall auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkt oder verboten wird, allenfalls nur ein sehr geringer Erfüllungsaufwand. Beim Erlass einer Anbaubeschränkung oder eines Anbauverbots haben sich die betroffenen Landwirte hierüber zu informieren, was mit einem geringfügigen, nicht messbaren zeitlichen Aufwand verbunden ist. Darüber hinaus kann sich Erfüllungsaufwand ergeben, falls Anbaubeschränkungen in Form von Bewirtschaftungsauflagen erlassen werden. Die Kosten hängen insoweit entscheidend von der Art der Bewirtschaftungsauflagen ab. Durch die erweiterte Mitteilungspflicht für das Standortregister beim Anbau zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen zu Forschungszwecken wird eine Informationspflicht ausgeweitet. Der Erfüllungsaufwand hierfür entsteht einmalig und ist als marginal anzusehen. Da Anbaubeschränkungen oder -verbote nicht Handel mit bzw. Transport und Lagerung von dem betreffenden gentechnischen Saatgut betreffen, weil sie den freien Warenverkehr von gentechnisch veränderten Organismen als Erzeugnis oder in Erzeugnissen nicht beeinträchtigen dürfen, entsteht im Übrigen kein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.

c. Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Erfüllungsaufwand für die Landesregierungen und andere Behörden in den Ländern

Der Erfüllungsaufwand für die Landesregierungen und andere Behörden in den Ländern wird auf insgesamt 9.792 Euro geschätzt. Daneben kann weiterer Erfüllungsaufwand entstehen, der jedoch insgesamt als geringfügig eingeschätzt wird. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde.

Die finanziellen und zeitlichen Belastungen für die Verwaltung der Länder können im Wesentlichen durch folgende Maßnahmen entstehen:

Der Erfüllungsaufwand zur Abfassung von begründeten Erklärungen der zuständigen obersten Landesbehörden, ob das Hoheitsgebiet des jeweiligen Landes vom Anbau ausgeschlossen werden soll, und deren Weiterleitung an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (§ 16f Absätze 1 und 4) ist sehr gering. Hierfür werden 8 Personenstunden (rd. 288 Euro) je Erklärung veranschlagt. Für ganz Deutschland gerechnet betragen die Kosten insoweit demnach höchstens 4.608 Euro (= 16 x 288 Euro).

Für die Unterrichtung der Europäischen Kommission über den Entwurf und später den Erlass einer Rechtsverordnung gegebenenfalls über das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (§ 16h Absatz 2 und 7) sowie über deren eventuelle Aufhebung (§ 16i Absatz 3) jeweils 3 Personenstunden (rd. 108 €), insgesamt also höchstens 5.184 (3 x 16 x 108 Euro). Der diesbezügliche Verwaltungsaufwand ist also als sehr geringfügig einzustufen.

Der Aufwand für die Abfassung einer Rechtsverordnung nach § 16g Absatz 5 wird auf 100 Personenstunden (rd. 3.600 Euro), bei einem Entwurf pro Land insgesamt also höchstens 57.600 Euro (= 16 x 3.600 Euro) veranschlagt und damit als geringfügig eingestuft. Da es sich bei dem Erlass von Rechtsverordnungen allerdings um unmittelbares Regierungshandeln handelt, zählen diese Kosten nicht zum Erfüllungsaufwand.

Erlässt die Bundesregierung eine Rechtsverordnung nach § 16g Absatz 1, so kann den Ländern darüber hinaus Erfüllungsaufwand durch die Bereitstellung belastbarer Daten entstehen, die zur Begründung der Anbaubeschränkungen- oder Verbote des Bundes erforderlich sind (§ 16h Absatz 1). Die Höhe dieses Aufwands hängt stark von der Art der Maßnahmen und der Begründung ab und kann daher nicht vorab beziffert werden.

Die finanziellen und zeitlichen Belastungen für die Überwachung sind sehr gering, im Einzelnen aber nicht hinreichend abschätzbar. Dies beruht zum einen darauf, dass der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen im bestehenden, öffentlich zugänglichen Standortregister vollständig erfasst wird (§ 16a des Gentechnikgesetzes) und insofern Anbaubeschränkungen auch mit geringem finanziellem und zeitlichem Aufwand überwacht werden können. Die Überwachung von Anbauverboten und -beschränkungen kann im Rahmen der bereits existierenden Kontrollen von landwirtschaftlichen Betrieben miterledigt werden. Ferner wird davon ausgegangen, dass Verstöße gegen Anbaubeschränkungen und -verbote kaum vorkommen, weil Verstöße geahndet werden und auch erhebliche wirtschaftliche Risiken für die Landwirte zur Folge haben können.

Für amtliche Labore wird für bestimmte Fälle im Zusammenhang mit Unfällen in gentechnischen Anlagen eine Genehmigungspflicht in eine Mitteilungspflicht umgewandelt, so dass der Verwaltungsaufwand insoweit sinkt; da von sehr geringen Fallzahlen auszugehen ist, ist die Differenz als geringfügig einzuschätzen.

Erfüllungsaufwand für die Bundesregierung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die zuständige Bundesoberbehörde

Der Erfüllungsaufwand für die Bundesregierung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die zuständige Bundesoberbehörde wird insgesamt auf höchstens 10.728 Euro geschätzt. Der Betrag errechnet sich im Einzelnen wie folgt.

Die finanzielle und zeitliche Belastung für die Weiterleitung des Bewertungsberichts bzw. der Stellungnahme durch die zuständige Bundesoberbehörde (§ 16f Absatz 3) ist sehr geringfügig. Für die Weiterleitung eines Antrages wird ein Erfüllungsaufwand von 3 Personenstunden (rd. 108 Euro) veranschlagt.

Der Erfüllungsaufwand zur Abfassung eines Aufforderungsschreibens an den Anmelder oder Antragssteller, den geografischen Geltungsbereich seiner beantragten Zustimmung oder Zulassung so zu ändern, dass das deutsche Hoheitsgebiet vollständig vom Anbau ausgeschlossen ist (§ 16f Absatz 1), sowie die Koordination der begründeten Erklärungen der Länder, ist sehr gering. Hierfür werden 8 Personenstunden (rd. 288 Euro) für ein Aufforderungsschreiben veranschlagt. Für ganz Deutschland gerechnet betragen die Kosten bei einem Aufforderungsschreiben insoweit demnach höchstens 288 Euro (= 1 x 288 Euro), soweit nicht wegen der Besonderheit eines Falles ein erhöhter Erfüllungsaufwand entsteht, der jedoch vorab nicht beziffert werden kann. Inwieweit das Herstellen des Einvernehmens unter den betroffenen Bundesministerien zu weiterem Erfüllungsaufwand führt, wird vom Einzelfall abhängen und kann daher ebenfalls nicht vorab beziffert werden.

Erlässt die Bundesregierung eine Rechtsverordnung nach § 16g Absatz 1, so entstehen hierdurch Kosten von rund 3.600 Euro (100 Personenstunden); diese zählen jedoch als Kosten unmittelbaren Regierungshandelns nicht zum Erfüllungsaufwand. Für die Unterrichtung der Europäischen Kommission über den Entwurf und später den Erlass der Rechtsverordnung (§ 16h Absatz 2 und 7) sowie über deren eventuelle Aufhebung (§ 16i Absatz 3) werden jeweils 3 Personenstunden (rd. 108 €), insgesamt also maximal (3 x 108 Euro =) 324 Euro angesetzt.

Die finanzielle und zeitliche Belastung für die Veröffentlichung des der Kommission übermittelten Entwurfes der Rechtverordnung im Bundesanzeiger durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gemäß § 16h Absatz 5 ist sehr geringfügig. Für einen Entwurf der Bundesregierung wird ein Erfüllungsaufwand von 10 Personenstunden (rd. 360 Euro) veranschlagt, bei einem Entwurf pro Land insgesamt höchstens 5.760 Euro (= 16 x 360 Euro). Für die finanzielle und zeitliche Belastung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wegen eines möglichen Ersuchens an die zuständige Behörde oder an die Europäische Kommission, das deutsche Hoheitsgebiet hinsichtlich der sechs im deutschen Hoheitsgebiet vom Anbau ausgeschlossenen Maislinien, ganz oder teilweise wieder in den geografischen Geltungsbereich einer Zustimmung oder Zulassung aufzunehmen (§ 16i Absatz 1), werden 2 Personenstunden (rd. 72 Euro) je Ersuchen veranschlagt, insgesamt demnach höchstens 432 Euro (= 6 x 72 Euro). Für die finanzielle und zeitliche Belastung im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft infolge der Weiterleitung der Unterrichtung der Europäischen Kommission über den Entwurf und später den Erlass der Rechtsverordnungen (§ 16h Absatz 2 und 7) eines Landes sowie über deren eventuelle die Aufhebung (§ 16i Absatz 3) werden jeweils 2 Personenstunden (rd. 72 Euro) veranschlagt. Unterstellt man eine Rechtsverordnung pro Land wären dies also höchstens 3.456 Euro (= 3 x 16 x 72 Euro). Der diesbezügliche Erfüllungsaufwand ist also als geringfügig einzustufen, selbst wenn mehrere Rechtsverordnungen unterstellt würden, auch weil sich diese aller Voraussicht nach auf mehrere Jahre verteilen dürften.

Etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 10 ausgeglichen werden.

3. Weitere Kosten

Für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, und auf die sozialen Sicherungssysteme sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Gentechnikgesetzes)

Zu Nummer 1

Es handelt sich um eine Folgeänderung der Einfügung von §§ 16f bis 16j und der Neufassung der Überschrift zu § 27 sowie der Einfügung der Überschrift zu § 41a.

Zu Nummer 2 (§ 2)

Zu Buchstabe a

Seit dem Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 186) enthält das Gentechnikgesetz auch Regelungen zum Umgang mit zum Inverkehrbringen zugelassener gentechnisch veränderter Organismen und Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten (s. insbesondere § 3 Nummer. 6a, § 16a bis § 16d GenTG). Der Umgang mit zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen, wie z.B. die Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut und damit der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, ist aber von der gegenwärtigen Definition des Anwendungsbereiches des Gentechnikgesetzes in § 2 Absatz 1 nicht erfasst. Insofern soll aus Gründen der Kohärenz des Gesetzes der "Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen", der in § 3 Nummer 6a des Gentechnikgesetzes legal definiert ist, klarstellend in den Anwendungsbereich aufgenommen werden.

Zu den Buchstaben b und c

Es werden redaktionelle Änderungen vorgenommen, die der Umsetzung der Richtlinie 2009/41/EG dienen. Diese Richtlinie 2009/41/EG fasst die Richtlinie 90/219/EWG einschließlich der nachfolgenden Änderungen zu einer konsolidierten Fassung zusammen, ohne inhaltliche Änderungen vorzunehmen.

Zu Nummer 3 (§ 4)

Zu Buchstabe a

Verfahren der synthetischen Biologie werden auch in Forschungs- und Anwendungsgebieten verwendet, die als eine Weiterentwicklung herkömmlicher gentechnischer und biotechnologischer Verfahren und der damit verfolgten Ziele verstanden werden können. Darunter fallen z.B. innovative Ansätze der sog. Xenobiologie (u.a. nicht natürlich vorkommende Nukleinsäuren bzw. Aminosäuren), Minimal- bzw. Protozellen (nicht lebende Vesikel) oder künstliche Zellen.

Zu den gesetzlich festgelegten Aufgaben der ZKBS gehört auch, die Bundesregierung und die Länder in sicherheitsrelevanten Fragen zur Gentechnik zu beraten. Durch die Rechtsänderung wird eine Zuständigkeit der ZKBS für die Beratung bezüglich synthetischer Biologie jetzt ausdrücklich herausgestellt (s. Nummer 4). Als Folge dieser Änderung wird bei der Zusammensetzung der ZKBS nunmehr für den Bereich der synthetischen Biologie ein Sachverständiger vorgesehen. Damit wird auch einem Vorschlag der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina Rechnung getragen, die ZKBS zu beauftragen, ein wissenschaftliches Monitoring der synthetischen Biologie durchzuführen, um die aktuellen Entwicklungen sachverständig und kritisch zu begleiten.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um eine nachträgliche, rein redaktionelle Anpassung an die Abschaffung der Ausschüsse der ZKBS durch das Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes, zur Änderung des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes und zur Änderung der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung vom 1. April 2008.

Zu Nummer 4 (§ 5)

Es wird auf die Begründung zu Nummer 3 Buchstabe a verwiesen.

Zu Nummer 5 (§ 6 Absatz 4)

Die Vorschrift wird als Dauerverpflichtung neu gefasst, um eine Bewehrung als Ordnungswidrigkeit zu ermöglichen.

Zu Nummer 6 (§ 9)

Die neue Formulierung in Absatz 6 dient der Klarstellung, dass die genannten weiteren gentechnischen Arbeiten unmittelbar kraft Gesetzes von der Anzeigepflicht nach Absatz 2 ausgenommen sind. Der neue Absatz 7 soll es den Überwachungsbehörden ermöglichen, schneller auf sicherheitsrelevante Ereignisse zu reagieren. Die Vorschrift kommt dann zum Tragen, wenn ein amtliches Überwachungslabor - ohne selbst eigene neue gentechnisch veränderte Organismen der Risikogruppe 3 oder 4 einzusetzen - bei der Untersuchung einer Probe aus einer verunfallten gentechnischen Anlage mit Arbeiten der Sicherheitsstufe 3 oder 4 tatsächlich gentechnisch veränderte Organismen der Risikogruppen 3 oder 4 entdecken sollte. Angesichts des Zeitdrucks, der in solchen seltenen Unfallsituationen entstehen kann, soll ausnahmsweise auf die eigentlich nach § 9 Absatz 3 erforderliche Genehmigung verzichtet werden, um sicherzustellen, dass auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse so schnell wie möglich die erforderlichen Maßnahmen nach Artikel 14 bis 16 der Richtlinie 2009/41/EG getroffen werden können. Die Änderung steht im Einklang mit der Richtlinie 2009/41/EG.

Zu Nummer 7 (§ 12)

§ 12 Absatz 6 sieht eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für Bedingungen, Befristungen und Auflagen bei angezeigten und angemeldeten gentechnischen Arbeiten, nicht jedoch bei dem Betrieb angezeigter oder angemeldeter gentechnischer Anlagen vor. Die Rechtsgrundlage soll daher so ergänzt werden, dass auch angezeigte oder angemeldete gentechnische Anlagen von ihr erfasst werden. Dies ermöglicht im Einzelfall auch mildere Mittel im Vergleich zur vollständigen Untersagung der in der gentechnischen Anlage durchgeführten gentechnischen Arbeiten nach § 12 Absatz 7.

Zu Nummer 8 (§ 16a)

Um die Überwachung der Ausnahme für den Anbau zu Forschungszwecken durch die zuständigen Länderbehörden besser gewährleisten zu können, sollen die Vorschriften zum Standortregister im Gentechnikgesetz dahingehend ergänzt werden, dass in der Mitteilung an die zuständige Bundesoberbehörde über den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen gemäß § 16a Absatz 3 auch angegeben werden muss, dass der Anbau zu Forschungszwecken erfolgt und wie lange der Anbau andauern soll, wenn von der Ausnahme nach § 16j Absatz 2 Gebrauch gemacht wird.

Zu Nummer 9 (§ 16d)

Es handelt sich um eine redaktionelle Klarstellung aufgrund einer Aktualisierung zur Richtlinie 2002/55/EG.

Zu Nummer 10 (§§ 16f bis 16j)

Die §§ 16f bis 16j setzen Artikel 26b der Änderungsrichtlinie um.

In der Europäischen Union besteht nach der Richtlinie 2001/18/EG1 und der Verordnung (EG) Nr. 1829/20032 ein rechtlicher Rahmen für die EU-weite Zulassung genetisch veränderter Organismen. Die Richtlinie 2001/18/EG gilt für die Freisetzung und das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 findet speziell Anwendung bei gentechnisch veränderten Organismen, die zur menschlichen oder tierischen Ernährung bestimmt sind. Dieser Rechtsrahmen findet in vollem Umfang auch auf gentechnisch veränderte Organismen Anwendung, die als Saatgut oder sonstiges Pflanzenvermehrungsmaterial zu Anbauzwecken in der Union verwendet werden sollen.

Im Rahmen des 6. Erwägungsgrundes der Änderungsrichtlinie wird vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen in der Europäischen Union nunmehr auch festgestellt, dass es sich beim Anbau von gentechnisch veränderten Organismen um ein Thema "mit ausgeprägter nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung handelt, weil es mit der Bodennutzung, den örtlichen landwirtschaftlichen Strukturen und dem Schutz oder der Erhaltung von Lebensräumen, Ökosystemen und Landschaften verknüpft ist."

Angesichts dieser Ausgangslage hält es der Unionsgesetzgeber für angemessen, den Mitgliedstaaten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip mehr Flexibilität bei der Entscheidung darüber zu gewähren, ob sie gentechnisch veränderte Organismen in ihrem Hoheitsgebiet anbauen möchten. Hierdurch dürfte nach Einschätzung des Unionsgesetzgebers das Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen verbessert und gleichzeitig auch die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher, Landwirte und Wirtschaftsteilnehmer gewahrt werden, während mehr Klarheit für alle Beteiligten hinsichtlich des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen in der Union geschaffen wird. Die Änderungsrichtlinie soll daher nach dem 8. Erwägungsgrund das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erleichtern.

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen soll die Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen unter den in der Änderungsrichtlinie genannten Voraussetzungen beschränken oder untersagen zu können, im nationalen Recht verankert werden, damit in Deutschland von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht werden kann. Insoweit wird der Koexistenzzweck in § 1 Nr. 2 GenTG eingeschränkt. Im Übrigen bleibt der Koexistenzzweck unberührt, das gilt insbesondere für die Möglichkeit, Anbaubeschränkungen zu erlassen, und für die Beförderung und Lagerung des von einem Anbauverbot erfassten gentechnisch veränderten Saatgutes.

Die Möglichkeit der Anbaubeschränkungen und -verbote gilt entsprechend den Vorgaben der Änderungsrichtlinie nicht für experimentelle Freisetzungen nach §§ 14 ff. Gentechnikgesetz.

Die §§ 16f bis 16j finden entsprechend den Vorgaben der Artikel 26b und 26c der Änderungsrichtlinie auch auf Zulassungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 Anwendung.

Zu § 16f

§ 16f setzt die Möglichkeit zur Aufforderung an den Anmelder oder Antragsteller in der so genannten 1. Phase um. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, dann soll der Anmelder oder Antragsteller aufgefordert werden, den geografischen Geltungsbereich seiner beantragten Zustimmung oder Zulassung so zu ändern, dass das gesamte Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vollständig vom Anbau ausgeschlossen ist.

Nach den Absätzen 1 bis 4 werden dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als zuständiger oberster Bundesbehörde bestimmte Aufgaben zugewiesen. Diese Behörde soll den Anmelder oder Antragsteller dazu auffordern, das gesamte Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vom Anbau auszunehmen, wenn die Mehrheit der zuständigen obersten Landesbehörden ihr schriftlich oder elektronisch summarisch begründete Erklärungen aufgrund zwingender Gründe übermittelt hat, dass das Hoheitsgebiet des jeweiligen Landes vollständig vom Anbau ausgenommen werden soll. Gibt es keine Mehrheit der Länder, soll auch kein Aufforderungsschreiben versandt werden. Die Berechnung der Mehrheit erfolgt nach den für die Berechnung der absoluten Mehrheit im Bundesrat geltenden Regeln. Eine Aufforderung in der 1. Phase kann nach der Konzeption der Änderungsrichtlinie bereits mit Beginn des Anmelde- bzw. Antragsverfahrens erfolgen. Die weiterzuleitende Zusammenfassung der Anträge ist nach Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/13/EU sowie nach Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe l der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 vorgegeben. Eine 45-Tagefrist, nach der eine Aufforderung nicht mehr möglich ist, läuft nach den Vorgaben der Änderungsrichtlinie ab Weiterleitung des Bewertungsberichts nach der Richtlinie 2001/18/EG bzw. nach Erhalt der Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003. In der Praxis der EFSA wird die Veröffentlichung der Stellungnahme vorangekündigt und anschließend mit deren Veröffentlichung allgemein zugänglich ins Internet eingestellt. Somit entspricht in der Praxis der Veröffentlichungstermin dem Eingangstermin.

Absatz 5 betrifft ebenso wie Absatz 2 Satz 2 die Fallgestaltung, in der ein Antrag auf Inverkehrbringen oder auf Verlängerung einer Inverkehrbringensgenehmigung nach der Richtlinie 2001/18/EG in Deutschland gestellt wurde und somit das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als zuständige Bundesoberbehörde gemäß § 16 Absatz 3 Gentechnikgesetz über den Antrag entscheidet.

Die Aufforderung in der 1. Phase stellt eine hoheitliche Maßnahme dar, die gegenüber dem Antragsteller belastende Wirkung hat, da er sich erklären muss, wenn er seinen Antrag bzw. seine Anmeldung uneingeschränkt aufrechterhalten möchte. Andernfalls wird sein Zulassungsanspruch im Umfang der Aufforderung gekürzt. Die Aufforderung ist daher anhand der wesentlichen ihr zugrunde liegenden Gesichtspunkte zu begründen.

Zu § 16g

§ 16g Absatz 1 bis 4 ermächtigt die Bundesregierung im Rahmen der so genannten 2. Phase nach Artikel 26b Absatz 3 der Änderungsrichtlinie, durch Rechtsverordnungen Anbaubeschränkungen und -verbote für gentechnisch veränderte Organismen bei Vorliegen zwingender Gründe im Sinne der gesetzlichen Voraussetzungen im gesamten Hoheitsgebiet festzulegen. Die Gründe können einzeln oder zusammen angeführt werden. Der Bundesregierung ist eine Festlegung nur für das Hoheitsgebiet einzelner Bundesländer nicht gestattet. Daher müssen diese Gründe das gesamte Bundesgebiet abdecken, d.h. es muss sich um fachliche Gesichtspunkte handeln, die gleich gelagert auftreten und nach einheitlichen Kriterien gehandhabt werden können. Ob dies im Einzelfall zu einem bundesweit flächendeckenden Verbot führt, hängt davon ab, inwieweit die jeweiligen Gründe in der Gesamtschau auf allen Flächen des Bundesgebietes zum Tragen kommen, die für den Anbau der betreffenden gentechnisch veränderten Pflanze in Frage kommen. Sie dürfen nach den Vorgaben der Änderungsrichtlinie auf keinen Fall in Widerspruch zu der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Zulassung des gentechnisch veränderten Organismus stehen.

Gemäß den Vorgaben der Änderungsrichtlinie und der so genannten Cassis de Dijon Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen diese Rechtsverordnungen nur ergehen, soweit sie im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union stehen und begründet, verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind und sich auf zwingende Gründe stützen. Dabei ist generell zu beachten, dass die Anbaubeschränkungen und -verbote nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Erreichung eines oder mehrerer zwingender Gründe sind, die den in Absatz 2 Satz 1 Buchstaben a bis e sowie Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Bereichen zuzuordnen sind und dass mit den Anbaubeschränkungen oder -verboten GVO-spezifische Nachteile beseitigt oder vermindert werden sollen. Dabei kommt dem Verordnungsgeber ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Zugleich sind die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Zusammenhang mit dem Welthandelsrecht, zu wahren.

Bestätigt der Antragsteller oder Anmelder in der 1. Phase die ursprüngliche Anmeldung bzw. den ursprünglichen Antrag lediglich teilweise, können nach § 16g Absatz 1 Satz 2 im Einklang mit Systematik und Zweck der Richtlinie (EU) Nr. 2015/412 in der 2. Phase für die Gebiete, die von der bestätigten Teilanmeldung bzw. dem bestätigten Teilantrag erfasst werden, Regelungen zu Anbaubeschränkungen und oder -verboten angewendet werden, soweit die Vorrausetzungen zum Erlass der Rechtsverordnung vorliegen.

Zu § 16g Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a

Vor dem Hintergrund des EU-weiten Zulassungsverfahrens für gentechnisch veränderte Organismen soll ein Mitgliedstaat nach dem 14. Erwägungsgrund der Änderungsrichtlinie nur solche Gründe im Zusammenhang mit umweltpolitischen Zielen anführen, die Auswirkungen betreffen, die sich von der Risikobewertung in Bezug auf die Gesundheit und die Umwelt, die im Zusammenhang mit den Zulassungsverfahren gemäß der Richtlinie 2001/18/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 vorgesehen ist, unterscheiden und diese Risikobewertung ergänzen. Dies sind nach dem genannten Erwägungsgrund Gründe wie die Beibehaltung und Entwicklung landwirtschaftlicher Verfahren, die besser geeignet sind, die Erzeugung mit der Nachhaltigkeit der Ökosysteme in Einklang zu bringen, oder die Erhaltung der örtlichen biologischen Vielfalt - einschließlich bestimmter Lebensräume und Ökosysteme - oder bestimmter Natur- und Landschaftselemente und bestimmter Ökosystemfunktionen und -leistungen.

Zu § 16g Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b

Im Rahmen der "zwingenden Gründe" im Bereich der Vermeidung belastender sozioökonomischer Auswirkungen sollten die sozioökonomischen Vor- und Nachteile jeder Kategorie von gentechnisch veränderten Organismen, deren Inverkehrbringen zugelassen worden ist, entsprechend dem 62. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/18/EG abgewogen werden, um den Interessen der Landwirte und Verbraucher gebührend Rechnung zu tragen. Sind unter Abwägung der Vor- und Nachteile belastende sozioökonomische Auswirkungen prognostizierbar, kann deren Vermeidung ein zwingender Grund für ein Verbot oder eine Beschränkung des Anbaus sein. Da es sich um Gründe sozioökonomischer Art handeln muss, können rein ökonomische Gründe eine Beschränkung oder ein Verbot nicht rechtfertigen. Die Ergebnisse des Berichts der Kommission über die sozioökonomischen Auswirkungen des Anbaus von GVO vom 15. April 2011, KOM (2011) 214 endg., und Informationen des European GMO

Socio-Economics Bureau (ESEB) können unter Umständen herangezogen werden, um Anbaubeschränkungen oder -verbote aufgrund belastender sozioökonomischer Gründe zu rechtfertigen.

Zu § 16g Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c

Zwingende Gründe zur Verhinderung des Vorhandenseins von gentechnisch veränderten Organismen in anderen Erzeugnissen können vorliegen, wenn Koexistenzmaßnahmen hohe Kosten verursachen, undurchführbar sind oder aufgrund spezieller geografischer Gegebenheiten, etwa auf kleinen Inseln oder in Berggebieten, nicht umgesetzt werden können, oder wenn verhindert werden muss, dass gentechnisch veränderte Organismen in andere Erzeugnisse - etwa spezifische oder besondere Produkte - gelangen (15. Erwägungsgrund der Änderungsrichtlinie). Um andere Erzeugnisse handelt es sich bei Saatgut, Lebensmitteln oder Futtermitteln, die ohne gentechnische Veränderung hergestellt werden (vgl. auch Artikel 2 Nummer 12 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003). Anbaubeschränkungen oder -verbote, die sich auf einen zwingenden Grund zur Verhinderung des Vorhandenseins gentechnisch veränderter Organismen in anderen Erzeugnissen stützen, kommen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erst in Betracht, wenn das mildere Mittel der Anwendung der Koexistenzregeln nach § 16b in Verbindung mit der hierauf beruhenden Rechtsverordnung nicht greift. Dabei muss auch eine Anpassung bzw. Erweiterung der Koexistenzregeln in Betracht gezogen werden.

Zu § 16g Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d

Als Gründe im Zusammenhang mit agrarpolitischen Zielen kann nach dem 15. Erwägungsgrund, Satz 6 der Änderungsrichtlinie unter anderem angeführt werden, dass die Vielfalt der landwirtschaftlichen Produktion geschützt und die Reinheit des Saatguts und des Pflanzenvermehrungsmaterials gewahrt werden müssen.

Zu § 16g Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe e

Nach der Konzeption der Änderungsrichtlinie ist die Aufzählung der Bereiche, aus denen sich zwingende Gründe für Anbaubeschränkungen oder -verbote herleiten lassen, in Artikel 26b Absatz 3 nicht abschließend. Im nationalen Recht wurde dies aus verfassungsrechtlichen Gründen durch eine abschließende Liste von Gründen für Anbaubeschränkungen oder verbote unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "die Beseitigung oder Verhütung von erheblichen Nachteilen für das Allgemeinwohl" umgesetzt. Die Beschränkung oder das Verbot des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen greift in die Berufsausübungsfreiheit insbesondere der Landwirte (Art. 12 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz) sowie in das Eigentumsrecht der Flächeneigentümer (Art. 14 Absatz 1 Grundgesetz) bzw. im Hinblick auf ausländische juristische Personen auch in die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Absatz 1 Grundgesetz ein. Der Eingriff in Grundrechte darf nur auf oder aufgrund gesetzlicher Grundlage erfolgen, d.h. dem Parlamentsvorbehalt ist hierbei zu genügen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber verpflichtet, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. BVerfGE 108, 282,311 f.; 101, 1, 34; 98, 218, 251). Ein "Blanketteingriff" durch vollkommen offene "zwingende Gründe" wäre hierfür nicht ausreichend. Das einschränkende Gesetz muss vielmehr hinreichend bestimmt sein, so dass Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennbar sind. Auch ist dem Bestimmtheitsgrundsatz der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gemäß Art. 80 Absatz 2 Grundgesetz zu genügen.

Zu § 16g Absatz 5

§ 16g Absatz 5 ermächtigt die Landesregierungen durch Rechtsverordnungen Anbaubeschränkungen und -verbote hinsichtlich der im Einzelnen vorgesehenen zwingenden Gründe zu treffen, wenn das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Phase 1 keine Aufforderung abgegeben hat oder eine Rechtsverordnung der Bundesregierung nach Absatz 1 nicht erlassen wurde.

Zu § 16g Absatz 5 Satz 2 Nummer 1

Zwingende Gründe aus dem Bereich "Stadt- und Raumordnung" eröffnen die Möglichkeit, bei der örtlichen und überörtlichen Planung, wie sie zum Beispiel im Baugesetzbuch und in den Landesplanungsgesetzen der Länder geregelt ist, auch Anbaubeschränkungen und verbote für gentechnisch veränderte Organismen unter Berücksichtigung der bauplanungsrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Abwägungsentscheidung zu flankieren. Bauplanung und Raumordnung erlauben jedoch keine bloße "Verhinderungsplanung" oder "Negativplanung", sondern setzen einen positiven Gestaltungswillen voraus. Mit den Instrumenten der Raumordnung können flächendeckende Anbauverbote für das Planungsgebiet nicht festgeschrieben werden; das bedeutet in Umsetzung des genannten positiven Gestaltungswillens, dass, wenn der Anbau auf bestimmten Flächen des Plangebietes verboten wird, im Gegenzug eine andere Fläche innerhalb des Planungsgebietes für den Anbau freizuhalten ist.

Zu § 16g Absatz 5 Satz 2 Nummer 2

Zwingende Gründe aus dem Bereich der "Bodennutzung" ermöglichen Anbaubeschränkungen oder -verbote im Rahmen der Vorgaben zur Nutzung des Bodens. Hierunter kann z.B. der Erhalt der Kulturlandschaft fallen.

Zu § 16g Absatz 5 Satz 2 Nummer 3

Zwingende Gründe aus dem Bereich der öffentlichen Ordnung sind Ländersache. Sie dürfen gemäß der Änderungsrichtlinie nicht einzeln angeführt werden.

Zu § 16h

Die Vorschrift regelt in Absatz 1 die Aufforderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft an die zuständigen obersten Landesbehörden, regionaltypische und sonstige Verbots- und Beschränkungsgründe zu übermitteln.

Ferner wird insbesondere das spezielle Notifizierungsverfahren in der 2. Phase nach Artikel 26b Absatz 4 der Änderungsrichtlinie umgesetzt. In diesem Zusammenhang führt der 17. Erwägungsgrund der Änderungsrichtlinie aus, dass es darüber hinaus nicht notwendig ist, die Anwendung der Richtlinie 98/34/EG vorzusehen.

Die Geltungsdauer der Rechtsverordnung gilt ab dem Tag des Inkrafttretens der Unionszulassung für das Inverkehrbringen des gentechnisch veränderten Saatguts und während des gesamten Gültigkeitszeitraums dieser Zulassung, also auch soweit sich diese Zulassung aufgrund eines Erneuerungsantrags verlängert.

Gegen das während des 75-Tage-Zeitraums im Einklang mit der Änderungsrichtlinie statuierte vorübergehende Verbot des Anbaus ist Rechtsschutz nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen insbesondere im Wege der vorbeugenden Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO grundsätzlich eröffnet.

Zu § 16i

Die Vorschrift setzt Artikel 26b Absätze 5 bis 7 der Änderungsrichtlinie um, die es ermöglichen, den im Rahmen der 1. Phase eingeschränkten geografischen Geltungsbereich einer Zulassung oder Zustimmung wieder zu erweitern oder Anbaubeschränkungen und -verbote, die in der 2. Phase erlassen wurden, wieder aufzuheben.

§ 16i sieht hierfür die nötigen Verfahren vor. Die Regelung in Absatz 1, wonach sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit den zuständigen obersten Landesbehörden in Benehmen setzt, wird damit begründet, dass auch die Länder beurteilen, ob zwingende Gründe, die eine Anbaubeschränkung oder ein Anbauverbot rechtfertigen, noch vorliegen.

Zu § 16j

Zu Absatz 1

Artikel 26b Absatz 8 der Änderungsrichtlinie bestimmt, dass erlassene Anbaubeschränkungen oder -verbote nicht den freien Verkehr von zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen als Erzeugnis oder in Erzeugnissen (z.B. gentechnisch verändertes Saatgut oder gentechnisch veränderte Lebens- oder Futtermittel) berühren dürfen. Die nach § 16j Absatz 1 vorgesehene Vorschrift setzt 1:1 diese Verpflichtung um und ist lediglich terminologisch angepasst. Die Gewährleistung der Binnenmarktfreiheit ist ein zentrales Ziel der Änderungsrichtlinie, was auch in den Erwägungsgründen 5, 6 und 22 der Änderungsrichtlinie deutlich wird.

Zu Absatz 2

Sofern der Anbau nicht zugelassener gentechnisch veränderter Organismen zu Forschungszwecken als Freisetzung im Sinne von Teil B der Richtlinie 2001/18/EG erfolgen soll, ist er vom Geltungsbereich der Änderungsrichtlinie nicht erfasst, d.h. die Möglichkeit, Anbaubeschränkungen oder -verbote im Sinne der Änderungsrichtlinie zu erlassen, ist insoweit vom EU-Recht nicht eröffnet. Darüber hinaus wird bei der nationalen Umsetzung der Änderungsrichtlinie der Anbau gentechnisch veränderter Organismen zu Forschungszwecken ausgenommen, die auf Grundlage einer Inverkehrbringensgenehmigung erfolgen sollen. Damit kann der Anbau zu Forschungszwecken mit gentechnisch veränderten Pflanzen weiterhin durchgeführt werden.

Die Regelung leistet einen Beitrag zur Umsetzung des Beschlusses des Bundestages vom 20.05.2014, nach dem die Rahmenbedingungen für eine öffentliche, wirkungsvolle und unabhängige Forschung zu gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland weiterhin gewährleistet und die Kompetenz für eigene Chancen- und Risikobewertungen erhalten bleiben sollen (BT-Drucksache 18/1450).

Darüber hinaus trägt sie der besonderen Bedeutung der Forschungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz Rechnung.

Zu Nummer 11 (§ 21)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich um eine nachträgliche redaktionelle Anpassung an die Einführung des Anzeigeverfahrens durch das Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes, zur Änderung des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes und zur Änderung der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung vom April 2008.

Zu Buchstabe b

In Absatz 6 wird zudem klargestellt, dass die Mitteilung der Schriftform bedarf.

Zu Nummer 12 (§ 22)

Es handelt sich wiederum um eine nachträgliche redaktionelle Anpassung an die Einführung des Anzeigeverfahrens.

Zu Nummer 13 (§ 25)

Im Hinblick auf das Recht der Überwachungsbehörde, Unterlagen einzusehen und daraus Ablichtungen zu fertigen (§ 25 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3), soll in § 25 Absatz 2 klargestellt werden, dass der Betreiber neben Hilfsmitteln auch Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat.

Die Entnahme von Proben zum Zwecke der Überprüfung regelkonformer Produkte stößt, wie das Beispiel mit hochpreisigem Saatgut zeigt, derzeit auf Probleme. Die Probenauswahl durch die vollziehende Behörde kann jedoch nicht von dem Kriterium abhängig gemacht werden, dass für den Vollzug des Gentechnikrechts nicht genügend Finanzmittel zur Bezahlung von Proben zur Verfügung stehen. Die für die Überwachung erforderlichen Unterlagen und Hilfsmittel, einschließlich Kontrollproben, sollen daher im Rahmen ihrer Verfügbarkeit unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Zu Nummer 14 (§ 26)

Zu Buchstabe a

Die Rechtsgrundlage für Untersagungsverfügungen wird vor dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2011 (Verb. Rs. C-58/10 bis C-68/10) europarechtskonform um den Verweis auf die Schutzklausel nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 in Verbindung mit den Artikel 53 und 54 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ergänzt.

Zu Buchstabe b

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.02.2012 (Az. 7 C 8/11) ist das Ausbringen von Saatgut, das ohne Kenntnis des Landwirts mit nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Saatgut verunreinigt ist, als Freisetzung anzusehen. Gestützt auf § 26 Absatz 4 ist in solchen Fällen nicht nur der Anbau von Restbeständen des verunreinigten Saatguts zu untersagen, sondern auch die Folgen einer bereits erfolgten Aussaat zu beseitigen. Parallel zu der bislang schon vorgesehenen Regelung für das Inverkehrbringen soll mit der Gesetzesänderung auch für die genannten Fälle der Freisetzung die Anordnung entfallen, wenn der Landwirt das verunreinigte Saatgut bzw. die bereits gewachsenen Pflanzen etwa durch Unterpflügen oder Verwertung zerstört. Die Vorgabe, dass das Produkt nicht in Lebensmittel oder Futtermittel gelangen darf, gilt dann nicht, wenn die gentechnisch veränderte Pflanze zwar nicht zum Anbau, wohl aber nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 zum Inverkehrbringen als Lebensmittel oder Futtermittel zugelassen ist.

Darüber hinaus entfällt die Verpflichtung der zuständigen Behörde, unter bestimmten Voraussetzungen von einer Anordnung, das Inverkehrbringen zu untersagen, abzusehen. Der zuständigen Behörde wird stattdessen ein Ermessensspielraum eingeräumt. Der jeweilige Einzelfall erfordert eine Ermessensbandbreite für die vollziehende Behörde, da das Fehlen der Voraussetzungen zum Inverkehrbringen immer mit einem entsprechenden Informationsdefizit im Hinblick auf mögliche schädliche Auswirkungen verbunden ist, welches eine Folgenabschätzung der Maßnahmen erschweren kann.

Zu Nummer 15 (§ 27)

Es handelt sich wiederum um nachträgliche redaktionelle Anpassungen an die Einführung des Anzeigeverfahrens.

Zu Nummer 16 (§ 28b)

Die Beteiligung der gentechnikrechtlich zuständigen Behörden neben den nach lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörden entspricht bereits der aktuell geübten Praxis und soll deshalb auch ausdrücklich normiert werden.

Zu Nummer 17 (§ 38)

Zu Buchstabe a

In der Praxis ist es bereits vorgekommen, dass Projektleiter gegenüber der zuständigen Behörde zwar benannt, in Wirklichkeit jedoch nicht bestellt wurden. Aufgrund der umfassenden Verantwortlichkeiten des Projektleiters soll dieser Tatbestand als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden. Ein entsprechender Ordnungswidrigkeitstatbestand besteht bereits für die Nichtbestellung eines Beauftragten für die Biologische Sicherheit (§ 20 Nummer 8 Gentechnik-Sicherheitsverordnung).

Zu Buchstabe b

Die in § 25 nunmehr ausdrücklich vorgesehene Pflicht seitens des Betreibers und der dort genannten Personen, Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ist als Ordnungswidrigkeit sanktionsbewehrt.

Zu Buchstabe c

Der Verstoß gegen eine auf § 16g Absatz 1 oder 5 beruhende Rechtsverordnung kann in derselben sanktionsbewehrt werden.

Zu Nummer 18 (§ 41a)

Die Regelung stellt klar, dass von der 2. Phase auch dann Gebrauch gemacht werden soll, wenn das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wieder in den geografischen Geltungsbereich einer Zustimmung oder Zulassung aufgenommen worden ist (z.B. infolge eines Gerichtsurteils), von dem es nach dem Verfahren des § 16f ausgeschlossen wurde, es sei denn die Wiederaufnahme erfolgte gemäß § 16i. Die Nutzung der Vorschrift setzt aufgrund des Verweises auf § 16g Absatz 1 voraus, dass die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung vorliegen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Regelung bestimmt gemäß Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz das Datum des Inkrafttretens des Gesetzes. Die vorgesehenen Änderungen treten unmittelbar in Kraft.