Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts

A. Problem und Ziel

Mit dem Entwurf sollen in erster Linie Vorschriften des Internationalen Zivilverfahrensrechts geändert, präzisiert oder ergänzt werden. Darüber hinaus soll eine Lücke im Internationalen Privatrecht geschlossen werden.

Im Internationalen Zivilverfahrensrecht (einschließlich der Rechtshilfe und des Internationalen Familienverfahrensrechts) hat sich in mehrfacher Hinsicht Klarstellungs- und Änderungsbedarf ergeben. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Art. Im Einzelnen werden Anstöße aus der Rechtsprechung und Rechtspraxis aufgegriffen. Darüber hinaus hat die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Rechtsunsicherheiten für die Rechtspraxis geführt. Ein weiterer Vorschlag soll insbesondere im Hinblick auf den Rechtshilfeverkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zu einer Ergänzung der bestehenden Rechtshilfemöglichkeiten führen.

Zudem dient der Entwurf der Anpassung zivilprozessualer Vorschriften an die Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.07.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist. Zugleich soll es den Ländern durch eine Ermächtigungsklausel ermöglicht werden, die Angelegenheiten in den benannten Verfahren bei spezialisierten Gerichten zu konzentrieren.

Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) fehlt bislang eine Vorschrift zur gewillkürten Stellvertretung. Das anwendbare Recht beruht insoweit auf Richterrecht und muss in jedem Einzelfall eruiert werden. Der Entwurf will diese Gesetzeslücke schließen.

B. Lösung

Im Einzelnen

werden folgende Änderungen vorgeschlagen:

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Zusätzlicher Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger ist nicht zu erwarten. Die Vorschläge betreffen geringfügige Änderungen des gerichtlichen Verfahrens mit grenzüberschreitenden Bezügen und der Bestimmung des anwendbaren Rechts. Sie sollen mehr Rechtsklarheit schaffen sowie zu Verfahrenspraktikabilität beitragen. Sie entlasten somit Bürgerinnen und Bürger bzw. ihre Bevollmächtigten in allerdings nicht quantifizierbarer Höhe. Die Anzahl der Fälle, in denen diese Erleichterungen und Klarstellungen zur Anwendung kommen, lässt sich nicht abschätzen. Statistiken oder Datensammlungen dazu werden nicht geführt.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Vorschläge des Entwurfs, die in erster Linie der Rechtsklarheit und Verfahrenspraktikabilität dienen, entlasten die Wirtschaft ebenso wie diejenigen Regelungen, mit denen Lücken im geltenden Recht geschlossen werden. In welcher Höhe diese Entlastungen eintreten, lässt sich aber nicht bemessen, da die Anzahl der Fälle nicht vorhersehbar ist und die spezifische Entlastung zudem von der konkreten Fallgestaltung abhängt.

Auch die Zulassung der Dokumentenvorlage durch die Änderung von § 14 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ wird nicht zu einer Mehrbelastung führen. Diese Änderung berührt nicht die Anzahl der Gerichtsverfahren, die in den USA gegen deutsche Unternehmen geführt werden und in denen sie bisher schon nach US-amerikanischem Recht zur Vorlage angehalten werden. Deutsche Unternehmen werden vielmehr durch diese Änderung eher entlastet, weil sie möglicherweise weniger Dokumente herausgeben müssen. Die Anwendung des HBÜ ermöglicht ihnen nämlich auch, dem Herausgabeverlangen im deutschen Recht verankerte Gegenrechte entgegen zu halten und die Anzahl der herauszugebenden Dokumente zu reduzieren. Im Übrigen hängt die Belastung generell davon ab, in welchem Umfang vor allem US-amerikanische Gerichte von der neu eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen werden. Derzeit werden deutsche Unternehmen durch eine noch umfangreichere Verpflichtung auf Herausgabe von Dokumenten nach US-amerikanischem Prozessrecht belastet, der sie sich nicht entziehen können, ohne erhebliche Prozessnachteile in den USA zu haben. Diese Belastung entfällt mit einer Inanspruchnahme über das HBÜ. Für kleine und mittlere Unternehmen dürften Belastungen insoweit ohnehin nicht eintreten, da sie auf dem US-amerikanischen Markt in der Regel nicht geschäftlich tätig sind und deshalb dort auch nicht mit einer gerichtlichen Inanspruchnahme rechnen müssen. Die übrigen Vorschläge wirken sich auf kleine und mittlere Unternehmen entlastend aus.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch die Änderung des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ könnte sich eine nicht bezifferbare Mehrbelastung der Verwaltungen der Länder ergeben, die in die Erledigung von Rechtshilfeersuchen eingebunden sind. Diese hängt wiederum von der praktischen Nutzung der Möglichkeit der Dokumentenvorlage durch US-amerikanische Gerichte ab. Ausgehend von den insgesamt aus den USA eingehenden Rechtshilfeersuchen dürfte bundesweit jedoch nicht mit mehr als zehn Ersuchen pro Jahr, die auf eine Dokumentenherausgabe abzielen, zu rechnen sein. Die dadurch eventuell erhöhte Belastung wird außerdem durch die Ermächtigung der Länder reduziert, die Erledigung von Rechtshilfeersuchen bei bestimmten Gerichten zu konzentrieren. Hier könnte sich Sachverstand bilden, der eine routinemäßige Erledigung solcher Ersuchen fördert. Schließlich würde eine mögliche Mehrbelastung durch die sonstigen Änderungsvorschläge, die in mehrfacher Hinsicht zu einer Rechtsvereinfachung führen, ausgeglichen.

Die Erweiterung der Befugnisse des BfJ zum automatisierten Abruf von Meldedaten wird für die Verwaltung zu einer geschätzten Entlastung von ca. 120 000 Euro führen. Die Entlastung beruht auf dem Übergang von manuell zu bearbeitenden Einzelanträgen in automatisierte Abrufverfahren mit deutlich geringeren Personalkosten.

F. Weitere Kosten

Zuletzt könnte die Einführung eines erweiterten Rechtsbehelfs bei Nichtzustellung des Europäischen Zahlungsbefehls die Verwaltungen der Länder mehr belasten, weil die Gerichte ein erhöhtes Fallaufkommen haben. Die Belastung dürfte aber gering anzusetzen sein, da eine spezielle Fallkonstellation angesprochen wird, die nur in wenigen Fällen vorkommt. Genau beziffern lässt sich die Fallzahl nicht. Es dürften aber nicht mehr als 30 Fälle jährlich sein (5 Prozent aller Einsprüche gegen Europäische Zahlungsbefehle im Jahr 2012). Diese Belastung kann rechtlich nicht vermieden werden, weil die Gesetzesänderung den Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH Rechnung trägt. Durch die damit verbundene ergänzende Regelung zur Aufhebung von Europäischen Zahlungsbefehlen werden außerdem an anderer Stelle Belastungen reduziert, weil das zuständige Mahngericht bisher das vom Antragsteller nicht weiter betriebene europäische Mahnverfahren weiter beobachten musste und nicht aufheben konnte. Das entfällt durch die Neuregelung zukünftig.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 4. November 2016
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates Frau Ministerpräsidentin

Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 16.12.16

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 5. Juli 2016 (BGBl. I S. 1578) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. § 183 wird wie folgt geändert:

3. In § 184 Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe " § 183" durch die Wörter " § 183 Absatz 2 bis 5" ersetzt.

4. In § 192 Absatz 1 werden nach dem Wort "erfolgen" die Wörter "unbeschadet der Zustellung im Ausland nach § 183" eingefügt.

5. § 274 Absatz 3 Satz 2 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:

"Ist die Zustellung im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Einlassungsfrist einen Monat. Der Vorsitzende kann auch eine längere Frist bestimmen."

6. § 276 Absatz 1 Satz 3 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:

"Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen."

7. § 339 Absatz 2 wird durch die folgenden Absätze 2 und 3 ersetzt:

8. In § 363 Absatz 2 wird das Wort "Bundeskonsul" durch das Wort "Konsularbeamten" ersetzt.

9. § 688 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Müsste der Mahnbescheid im Ausland zugestellt werden, so findet das Mahnverfahren nur insoweit statt, als das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 2015 (BGBl. I S. 2146) und das Auslandsunterhaltsgesetz vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2018) geändert worden ist, dies vorsehen oder die Zustellung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erfolgen soll."

10. In § 688 Absatz 4 Satz 1 werden nach dem Wort "Mahnverfahrens" die Wörter "(ABl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1; L 46 vom 21.2.2008, S. 52; L 333 vom 11.12.2008, S. 17), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist," eingefügt.

11. In § 794 Absatz 1 Nummer 8 werden nach dem Wort "Forderungen" die Wörter "(ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist," eingefügt.

12. § 1067 wird wie folgt geändert:

13. § 1068 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Sofern die ausländische Übermittlungsstelle keine besondere, im deutschen Recht vorgesehene Form der Zustellung wünscht, kann ein Schriftstück, dessen Zustellung eine deutsche Empfangsstelle im Rahmen von Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 zu bewirken oder zu veranlassen hat, ebenfalls durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden."

14. § 1069 wird wie folgt geändert:

15. § 1070 wird wie folgt gefasst:

" § 1070 Zustellung nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen

Wenn die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 im Verhältnis zu Dänemark auf Grund des Artikels 2 Absatz 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen anwendbar ist, gelten die Vorschriften der §§ 1067 bis 1069 entsprechend."

16. Dem § 1090 Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:

"Für den Fall, dass der Antragsteller nicht innerhalb der ihm hierfür nach Satz 2 gesetzten Frist das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht benennt, ist der Europäische Zahlungsbefehl aufzuheben. Hierdurch endet das Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006."

17. Nach § 1092 wird folgender § 1092a eingefügt:

" § 1092a Rechtsbehelf bei Nichtzustellung oder bei nicht ordnungsgemäßer Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls

18. In § 1095 Absatz 1 Satz 1 werden vor dem Wort "beantragt" die Wörter "oder dessen Aufhebung nach § 1092a" eingefügt.

19. In § 1100 Absatz 1 Satz 2 wird nach der Angabe "Abs. 3" die Angabe "Satz 1" eingefügt.

20. § 1101 wird wie folgt geändert:

21. In § 1104 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 wird jeweils nach der Angabe "Abs. 1" die Angabe "und 2" eingefügt.

22. Nach § 1104 wird folgender § 1104a eingefügt:

" § 1104a Gemeinsame Gerichte

Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte und einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte die Angelegenheiten in europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zuzuweisen, wenn dies der sachlichen Förderung der Verfahren dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen."

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz

In § 16a Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1914) geändert worden ist, werden vor dem Wort "wahr" ein Komma und die Wörter "die durch die Entscheidung 568/2009/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 35) geändert worden ist," eingefügt.

Artikel 3
Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen

Das Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 22. Dezember 1977 (BGBl. I S. 3105), das zuletzt durch Artikel 162 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 8 werden die folgenden Sätze angefügt:

"Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnung einem anderen Amtsgericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Amtsgericht für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. Die Zuweisung kann auch nur für einzelne Arten der Beweisaufnahme erfolgen, insbesondere für die in Artikel 23 des Übereinkommens genannten Verfahren. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen."

2. § 14 wird wie folgt gefasst:

" § 14 Rechtshilfeersuchen, die ein Verfahren nach Artikel 23 des Übereinkommens zum Gegenstand haben, werden nur erledigt, wenn aus ihnen ersichtlich ist, dass

Artikel 4
Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes

§ 7 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 8. Juli 2014 (BGBl. I S. 890) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:

(2) Soweit zur Ermittlung des Aufenthalts des Kindes oder zur Feststellung eines früheren oder des gegenwärtigen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes erforderlich, darf die Zentrale Behörde im automatisierten Abrufverfahren nach § 38 des Bundesmeldegesetzes über die in § 38 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes aufgeführten Daten hinaus folgende Daten abrufen:

2. Die bisherigen Absätze 2 bis 4 werden die Absätze 3 bis 5.

Artikel 5
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch

Artikel 55 des Gesetzes vom 8. Juli 2016 (BGBl. I S. 1594) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 8 wird wie folgt gefasst:

"Artikel 8
Gewillkürte Stellvertretung

Artikel 19 Absatz 2 erste Alternative der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 ist nicht anzuwenden, wenn der nach dieser Vorschrift maßgebende Ort für den Dritten nicht erkennbar ist."

2. Dem Artikel 229 wird folgender § ... [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung] angefügt:

" § ... [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung]
Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts vom ... [einsetzen: Datum der Ausfertigung]

Ist vor Inkrafttreten von Artikel 8 am ... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 7 Absatz 1 dieses Gesetzes] eine Vollmacht erteilt oder eine Erklärung im Namen einer anderen Person gegenüber einem Dritten abgegeben oder für einen anderen entgegengenommen worden, bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar."

Artikel 6
Folgeänderungen

1. In § 20 Absatz 1 Nummer 1 wird die Angabe " § 339 Absatz 2 der Zivilprozessordnung" durch die Wörter " § 339 Absatz 2 und 3 der Zivilprozessordnung" ersetzt.

2. In § 36b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 wird die Angabe " § 339 Absatz 2 der Zivilprozessordnung" durch die Wörter " § 339 Absatz 2 und 3 der Zivilprozessordnung" ersetzt.

Artikel 7
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Mit dem Entwurf sollen einige Vorschriften des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts geändert, präzisiert oder ergänzt werden. Entsprechende Anstöße aus der Rechtsprechung und Rechtspraxis sind rechtlich geprüft und, soweit erforderlich, umgesetzt worden.

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Es werden einige Änderungen der Zivilprozessordnung (ZPO), des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 22. Dezember 1977 (BGBl. I S. 3105), das durch Artikel 162 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist (Ausführungsgesetz zum HZÜ/HBÜ), des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (IntFamRVG) und, des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) vorgeschlagen.

Teilweise enthalten die Vorschläge eine notwendige Anpassung des Gesetzeswortlauts an Rechtsänderungen in anderen Bereichen. Andere Vorschläge präzisieren und ergänzen Rechtsnormen, um ihre Anwendung zu erleichtern und Rechtsklarheit über den Anwendungsbereich zu schaffen. Die Änderungen der §§ 183, 184 ZPO und die Einfügung von § 1092a ZPO in der Entwurfsfassung (ZPO-E) gehen auf Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zurück.

Zudem dient der Entwurf der Anpassung zivilprozessualer Vorschriften an die Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.07.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist. Zugleich soll es den Ländern durch eine Ermächtigungsklausel ermöglicht werden, die Angelegenheiten in den benannten Verfahren bei spezialisierten Gerichten zu konzentrieren.

Die Änderungen im Ausführungsgesetz zum HZÜ/HBÜ beruhen auf dem national wie international geäußerten Wunsch, den Rechtshilfeverkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) weiter zu erleichtern.

Im EGBGB ist das Kollisionsrecht der gewillkürten Stellvertretung bislang nicht kodifiziert. Diese Regelungslücke soll geschlossen werden, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und die Rechtsanwendung zu vereinfachen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Im Bereich der ZPO sollen die Vorschriften über die Auslandszustellung (§§ 183, 184 ZPO) präziser gefasst und besser handhabbar gemacht werden. Weitere Änderungen der ZPO betreffen die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79), die durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 1) geändert worden ist. Schließlich wird aufgrund einer Entscheidung des EuGH ein besonderer Rechtsbehelf im Bereich der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1; L 46 vom 21.2.2008, S. 52; L 333 vom 11.12.2008, S. 17), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, eingeführt.

Zudem werden die Vorschriften der §§ 794, 1100, 1101 und 1104 ZPO redaktionell an die Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 angepasst und in § 1104a ZPO eine Konzentrationsermächtigung für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen für die Länder geschaffen.

Die Erledigung von Beweisaufnahmeersuchen nach dem Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (BGBl. 1977 II, S. 1472) (HBÜ), die auf eine "pretrial discovery of documents" (Dokumentenherausgabe) gerichtet sind, soll durch eine Änderung des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ zukünftig grundsätzlich möglich sein. Allerdings wird die Erledigung solcher Ersuchen an strenge Regeln geknüpft. Eine Ausforschung deutscher Parteien wird ausdrücklich verhindert. Mit der Regelung sollen vor allem US-amerikanische Gerichte dazu angehalten werden, zukünftig bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen verstärkt den Weg über das HBÜ zu beschreiten und nicht ihr nationales Recht extraterritorial und mit Nachteilen für deutsche Prozessbeteiligte anzuwenden.

Durch eine Änderung in § 7 IntFamRVG werden die Befugnisse des Bundesamts für Justiz (BfJ) zum Abruf von Meldedaten erweitert. Einige bislang nur im manuellen Abrufverfahren nach § 34 BMG abrufbare Meldedaten werden zukünftig dem automatisierten Datenabruf nach § 38 BMG unterstellt.

Die im Bereich des EGBGB vorgeschlagene Vorschrift über die kollisionsrechtliche Behandlung der gewillkürten Stellvertretung betrifft allein die Stellvertretung aufgrund einer Vollmacht. Sowohl die gesetzliche als auch die organschaftliche Stellvertretung folgen eigenen Regeln, die durch das Gesetzesvorhaben nicht berührt werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruht auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Regelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und mit völkerrechtlichen Verträgen vereinbar, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Der Entwurf dient insgesamt ausdrücklich der Rechts- und Verwaltungsvereinfachung.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Regelungen sind insbesondere unter den Gesichtspunkten der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der sozialen Verantwortung dauerhaft tragfähig. Das Gesetz entfaltet keine Wirkungen, die im Widerspruch zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung stehen.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

4. Erfüllungsaufwand

Zusätzlicher Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger ist nicht zu erwarten. Die Vorschläge betreffen geringfügige Änderungen des gerichtlichen Verfahrens mit grenzüberschreitenden Bezügen und der Bestimmung des anwendbaren Rechts. Sie sollen mehr Rechtsklarheit schaffen sowie zu Verfahrenspraktikabilität beitragen. Sie entlasten somit Bürgerinnen und Bürger bzw. ihre Bevollmächtigten in nicht quantifizierbarer Höhe. Statistische Erhebungen dazu sind nicht ersichtlich.

Die Wirtschaft wird wie die Bürgerinnen und Bürger aus den vorgenannten Gründen überwiegend entlastet. Eine erhöhte, nicht quantifizierbare Belastung für Unternehmen, die im US-Geschäft tätig sind, wird sich auch aus der Änderung von § 14 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ nicht ergeben, mit dem deutsche Unternehmen einer eingeschränkten Dokumentenherausgabe in US-amerikanischen Zivilverfahren ausgesetzt werden. Diese Änderung berührt nicht die Anzahl der Gerichtsverfahren, die in den USA gegen deutsche Unternehmen ohnehin eingeleitet oder geführt werden und in denen die Unternehmen bisher schon nach US-amerikanischem Recht zur Vorlage angehalten werden. Deutsche Unternehmen werden vielmehr durch diese Änderung eher entlastet, weil sie möglicherweise weniger Dokumente herausgeben müssen. Die Anwendung des HBÜ ermöglicht ihnen nämlich auch, dem Herausgabeverlangen im deutschen Recht verankerte Gegenrechte entgegen zu halten und die Dokumentenherausgabe zu reduzieren. Im Übrigen hängt die Belastung generell davon ab, in welchem Umfang vor allem US-amerikanische Gerichte von der neu eingeräumten Möglichkeit überhaupt Gebrauch machen werden. Derzeit gilt für deutsche Unternehmen eine noch umfangreichere Verpflichtung auf Herausgabe von Dokumenten nach US-amerikanischem Prozessrecht, der sie sich nicht entziehen können, ohne erhebliche Prozessnachteile in den USA hinzunehmen.

Durch die Änderung des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ könnte sich eine nicht bezifferbare Mehrbelastung der Verwaltungen der Länder ergeben. Bisher können die Verwaltungen die Erledigung solcher Ersuchen ablehnen. Die Mehrbelastung hängt von der praktischen Nutzung der durch die Rechtsänderung eingeräumten Möglichkeit durch US-amerikanische Gerichte ab. Es dürfte sich jedoch nur um eine geringe Anzahl von Ersuchen handeln. Unter der bisherigen Rechtslage verzeichnet die Jahresstatistik des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) für das Jahr 2015 bundesweit acht aus den USA eingehende Rechtshilfeersuchen. Im Vorjahr 2014 waren es elf Ersuchen. Ausgehend davon dürfte unter der neuen Rechtslage bundesweit nicht mit mehr als zehn zusätzlichen Ersuchen pro Jahr, die auf eine Dokumentenherausgabe abzielen, zu rechnen sein. Eine eventuelle Mehrbelastung würde außerdem durch die Ermächtigung der Länder reduziert, die Erledigung von Rechtshilfeersuchen bei bestimmten Gerichten zu konzentrieren und damit eine routinemäßige Erledigung zu fördern. Schließlich wird die mögliche Mehrbelastung durch die sonstigen Änderungsvorschläge, die in mehrfacher Hinsicht zu einer Rechtsvereinfachung im Verfahren führen können, ausgeglichen.

Im Hinblick auf die Erweiterung der Befugnisse des BfJ ist für die Verwaltung mit einer laufenden Entlastung zu rechnen, da die Ausweitung des automatisierten Datenabrufs zu einem entsprechenden Rückgang der individuell zu bearbeitenden Einzelanträge auf Datenübermittlung führt. Die Entlastung lässt sich wie folgt konkretisieren:

Das BfJ hat im Jahre 2015 in 204 eingehenden Verfahren als Zentrale Behörde im Sinne des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (BGBl. 1990 II S. 207, HKÜ) die betreffenden Meldedaten von Meldeämtern angefordert. Der Arbeitsaufwand für die Erstellung und Übermittlung manueller Anträge per Telefax wird auf ca. 30 Minuten pro Antrag geschätzt. Weiterer Arbeitsaufwand in Höhe von etwa 15 Minuten entsteht in allen Fällen dadurch, dass die jeweiligen Vorgänge stets zwischen Antragstellung und Eingang der Antwort bei der Geschäftsstelle im BfJ zu den Akten gegeben und anschließend wieder vorgelegt werden müssen. In vielen Fällen muss das BfJ ferner Erinnerungsnachrichten an die Meldebehörden per Telefax übermitteln und verakten. Dies erfordert einen zusätzlichen Arbeitsaufwand von 15 Minuten.

Demgegenüber können im Falle eines automatisierten Datenabrufs als Nutzer registrierte öffentliche Stellen über ein Online-Portal Anfragen stellen und erhalten automatisch und ohne zeitliche Verzögerung vom System generierte Auskünfte als Antwort. Da das BfJ das automatisierte Verfahren derzeit noch nicht anwendet, liegen keine Erfahrungswerte zum Zeitaufwand für die Eingabe im Online-Portal vor. Gegenüber einem manuellen Antrag per Telefax wird die zeitliche Entlastung durch den Übergang zum automatisierten Verfahren jedoch insgesamt auf 40 Minuten geschätzt (Zeitersparnis bei Antragstellung sowie Wegfall des Erfordernisses einer Wiedervorlage von Akten). Legt man den Tarif eines Mitarbeiters im gehobenen Dienst auf Bundesebene von 35,70 Euro pro Stunde zugrunde, ergibt sich daraus eine Verringerung von Personalkosten in Höhe von 23,80 Euro pro Fall. Legt man die obengenannte Fallzahl von 204 Verfahren nach dem HKÜ in 2015 zugrunde, so ergibt sich aus dem Übergang vom manuellen ins automatisierte Verfahren eine jährliche Entlastung von 4 855,20 Euro beim BfJ.

Für die Meldeämter erfordert die Beantwortung manueller Anträge auf Auskunft von Meldedaten einen Arbeitsaufwand von bis zu zwei Tagen (Zusammenstellung, Aufbereitung, Zusammenfassung der Daten). Legt man den Tarif eines Mitarbeiters im gehobenen Dienst auf Landesebene von 35,10 Euro pro Stunde zugrunde, ergibt sich daraus Personalaufwand in Höhe von 561,60 Euro pro Fall. Im Falle eines automatisierten Datenabrufs fallen weder Personal- noch Portokosten an. Legt man die obengenannte Fallzahl von 204 Verfahren in 2015 zugrunde, so ergibt sich aus dem Übergang vom manuellen ins automatisierte Verfahren eine jährliche Entlastung von 114 566,40 Euro bei den Meldeämtern.

5. Weitere Kosten

Ferner könnte die Einführung eines erweiterten Rechtsbehelfs bei Nichtzustellung des Europäischen Zahlungsbefehls die Verwaltungen der Länder geringfügig mehr belasten. Diese Belastungen können jedoch rechtlich nicht vermieden werden, weil in diesem Bereich nach Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH Rechtsklarheit auf nationaler Ebene herzustellen ist.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Die Regelungen werden keine Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher haben. Sie sind inhaltlich geschlechtsneutral und betreffen Männer und Frauen in gleicher Weise. Auch demographische Auswirkungen sind nicht ersichtlich.

VII. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung ist nicht vorgesehen, weil mit dem Vorhaben keine größeren Rechtsänderungen verfolgt werden. Aus demselben Grund kann auch eine Evaluierung entfallen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung der Inhaltsübersicht.

Zu Nummer 2 (§ 183 ZPO-E)

Zu Buchstabe a

Mit Urteil vom 19. Dezember 2012 (Rs. C-325/11, EU:C:2012:824 - Alder) hat der EuGH entschieden, dass die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen innerhalb ihres Anwendungsbereichs abschließend durch die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 geregelt wird. Der Vorrang dieses Rechtsaktes der Europäischen Union sollte aus Gründen der Rechtsklarheit und der besseren Praktikabilität in deklaratorischer Weise in § 183 ZPO-E, der die Zustellung im Ausland regelt, klargestellt werden. Anders als bislang (vgl. § 183 Absatz 5 ZPO) sollte dieser Hinweis gleich zu Beginn der Vorschrift des § 183 ZPO-E stehen, damit der Rechtsanwender unmittelbar auf die dort genannten Rechtsakte der Europäischen Union aufmerksam wird. Zur Benennung der vorrangig anzuwendenden Rechtsakte der Europäischen Union bietet sich - in Anlehnung an die Regelung in Artikel 3 EGBGB - die Einführung eines Katalogs an, der je nach Bedarf (etwa bei Verabschiedung des zurzeit verhandelten "Parallelabkommens" zwischen der Europäischen Union und den sogenannten Lugano-Vertragsstaaten (Schweiz, Island, Norwegen) über die grenzüberschreitende Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken in Zivil- oder Handelssachen) erweitert werden kann.

Der Verweis auch auf Absatz 4 der Vorschrift stellt klar, dass den völkerrechtlichen Vereinbarungen hinsichtlich der Zustellung an entsandte Beschäftigte und die in ihrer Privatwohnung lebenden Angehörigen auch im Bereich der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 Rechnung getragen werden soll.

Zu Buchstabe b und c

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Buchstabe d

§ 183 Absatz 4 ZPO-E (bisher § 183 Absatz 3 ZPO) regelt speziell die Zustellung an entsandte Beschäftige deutscher Auslandsvertretungen und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen. Dieser Personenkreis wird dadurch hervorgehoben, dass er nach Maßgabe der Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (BGBl. 1964 II S. 958) (WÜD) und über konsularische Beziehungen vom 23. April 1963 (BGBl. 1969 II S. 1587) (WÜK) Schutz vor hoheitlichen Akten des Gaststaates erhält.

Zu diesen hoheitlichen Akten gehört nach deutscher Auffassung auch die Zustellung von Schriftstücken. Durch die Formulierung "entsandte Beschäftige einer deutschen Auslandsvertretung" wird nunmehr klargestellt, dass diese Form der Zustellung (abweichend von § 183 Absatz 3 ZPO:

"An einen Deutschen") auch möglich ist, wenn der Zustellungsempfänger nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Zu Buchstabe e und f

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Nummer 3 (§ 184 ZPO-E)

In dem bereits erwähnten "Alder-Urteil" des EuGH wird klargestellt, dass im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 kein Raum für ein fiktives Zustellungsverfahren nach nationalem Recht besteht. Damit steht fest, dass die Anwendung des § 184 ZPO und das in dieser Vorschrift vorgesehene Erfordernis der Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 gegen Unionsrecht verstoßen würde. Von einer Unanwendbarkeit der Vorschrift im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 ist der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - Az. VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 und vom 11. Mai 2011 - Az. VIII ZR 114/10, NJW 2011, 2218) bereits im Vorfeld der Entscheidung des EuGH ausgegangen. Trotzdem soll aus Gründen der Transparenz und Erkennbarkeit für den Rechtsanwender im Gesetz selbst klargestellt werden, dass § 184 ZPO-E nur für Zustellungen nach § 183 Absatz 2 bis 5 ZPO gilt.

Zu Nummer 4 (§ 192 ZPO-E)

Bei der Ergänzung in § 192 Absatz 1 ZPO-E handelt es sich um eine gesetzliche Klarstellung zur Auslandszustellung im Parteibetrieb. Zwar findet § 183 ZPO infolge der Verweisung in § 191 ZPO grundsätzlich auch bei einer Parteizustellung Anwendung. Allerdings enthält § 191 ZPO eine Einschränkung zu Gunsten der nachfolgenden Regelungen, so dass insbesondere in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Unsicherheit besteht, ob nicht wegen § 192 Absatz 1 ZPO die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher zu veranlassen ist. Die Gesetzesänderung dient der Klarstellung, dass in solchen Fällen das Gericht und nicht der Gerichtsvollzieher zur Anordnung der Auslandszustellung befugt ist.

Zu Nummer 5 (§ 274 ZPO-E)

§ 274 Absatz 3 Satz 2 und 3 ZPO-E führen für den Fall, dass eine Ladung der Parteien im Ausland vorzunehmen ist, eine Einlassungsfrist von einem Monat ein, für die zudem eine Verlängerungsmöglichkeit besteht. Eine spezielle Mindest-Einlassungsfrist für die Fälle der Auslandszustellung ist bislang nicht vorgesehen, so dass lediglich gesichert ist, dass die vom Vorsitzenden bestimmte Frist nicht unter der allgemeinen in § 274 Absatz 3 Satz 1 ZPO vorgesehenen Einlassungsfrist von zwei Wochen liegen kann. Es wird nicht verkannt, dass durch die Einführung der Mindestfrist eine Besserstellung einer im Ausland ansässigen Partei eintritt. Diese ist jedoch durch längere Postlaufzeiten gerechtfertigt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass gerade zu kurze Verfahrensfristen am Anfang des Rechtsstreits spätere Vollstreckungshindernisse nach sich ziehen können (z.B. nach Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).

Zu Nummer 6 (§ 276 ZPO-E)

§ 276 Absatz 1 Satz 3 und 4 ZPO-E führen für den Fall, dass eine Klage im Ausland zugestellt werden muss, eine Mindestfrist von einem Monat ein, für die zudem eine Verlängerungsmöglichkeit besteht. Eine spezielle Mindest-Erwiderungsfrist für die Fälle der Auslandszustellung ist in der Zivilprozessordnung bislang nicht vorgesehen, sodass lediglich gesichert ist, dass die vom Vorsitzenden bestimmte Frist nicht unter der allgemeinen in § 276 Absatz 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Erwiderungsfrist von zwei Wochen liegen kann. Es wird nicht verkannt, dass dadurch eine Besserstellung eines im Ausland ansässigen Beklagten eintritt. Diese ist jedoch durch längere Postlaufzeiten gerechtfertigt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass gerade zu kurze Verfahrensfristen am Anfang des Rechtsstreits spätere Vollstreckungshindernisse nach sich ziehen können (z.B. nach Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b Verordnung (EU) Nr. 1215/2012).

Zu Nummer 7 (§ 339 ZPO-E)

§ 339 Absatz 2 ZPO-E führt für den Fall, dass ein Versäumnisurteil im Ausland zugestellt werden muss, eine Mindest-Einspruchsfrist von einem Monat ein, für die zudem eine Verlängerungsmöglichkeit besteht. Eine spezielle Mindest-Einspruchsfrist für die Fälle der Auslandszustellung ist in der Zivilprozessordnung bislang nicht vorgesehen, sodass lediglich gesichert ist, dass die vom Gericht bestimmte Frist nicht unter der in § 339 Absatz 1 ZPO vorgesehenen allgemeinen Einspruchsfrist von zwei Wochen liegen kann. Durch die Mindest-Einspruchsfrist von einem Monat soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Schuldner vom Ausland auf das Versäumnisurteil reagieren muss. Über den Verweis in § 700 Absatz 1 ZPO gilt die Frist auch für die Einspruchsfrist gegen einen im Ausland zuzustellenden Vollstreckungsbescheid.

§ 32 Absatz 3 Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz sieht bereits jetzt für das Mahnverfahren mit Auslandsberührung vor, dass sich die Widerspruchsfrist (§ 692 Absatz 1 Nummer 3 ZPO) auf einen Monat verlängert, wenn der Mahnbescheid im Ausland zugestellt werden muss (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 010/5711, S. 30).

Zu Nummer 8 (§ 363 ZPO-E)

Die Ersetzung des Wortes "Bundeskonsul" durch das Wort "Konsularbeamten" trägt dem Umstand Rechnung, dass es Bundeskonsuln bereits seit dem Inkrafttreten des Konsulargesetzes vom 11. September 1974 (BGBl. I S. 2317), das durch Artikel 4 Absatz 39 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist, nicht mehr gibt.

Zu Nummer 9 (§ 688 ZPO-E)

Die Änderung des Verweises in § 688 Absatz 3 ZPO-E auf das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass dieses zwischenzeitlich (mehrfach) neu bekannt gemacht worden ist. Erstreckt wird die Verweisung auf das Auslandsunterhaltsgesetz, das in § 75 das Auslandsmahnverfahren zulässt. Um Unklarheiten zu vermeiden, ist die Zustellung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union gesondert aufgenommen.

Zu Nummer 11 (§ 794 ZPO-E)

Die redaktionelle Änderung ergänzt die Bezeichnung der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 um den Hinweis auf die Änderungsverordnung (EG) Nr. 2015/2421.

Zu Nummer 12 (§ 1067 ZPO-E)

Durch den neu eingefügten § 1067 Absatz 1 ZPO-E wird klargestellt, dass vor einer Zustellung nach Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 zu überprüfen ist, ob die zuständige deutsche Auslandsvertretung nach dem Recht des Empfangsstaates zur Erledigung des Zustellungsersuchens befugt ist oder ihre Zustellungsbefugnis insoweit durch eine Erklärung des Empfangsstaates gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 eingeschränkt ist, wenn der Empfänger eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücks nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Zu Nummer 13 (§ 1068 ZPO-E)

Mit der Änderung der Formulierung des § 1068 Absatz 2 ZPO-E soll klargestellt werden, dass die Bewirkung oder Veranlassung der Zustellung eines Schriftstücks durch eine deutsche Empfangsstelle - wie von Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vorgesehen - vorrangig in der von der Übermittlungsstelle des Ursprungsstaates gewünschten Form zu erfolgen hat. Mit der Änderung soll mithin das Verhältnis zwischen Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 und § 1068 Absatz 2 ZPO klargestellt werden, das in der Literatur als unklar kritisiert worden ist (vgl. etwa MünchKommZPO/Rauscher, 4. Aufl. (2013), § 1068 Rn. 3, 18).

Zu Nummer 14 (§ 1069 ZPO-E)

Bislang war die Erledigung eingehender Zustellungsersuchen nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 lediglich dem Amtsgericht als solchem zugewiesen. Mit der Ergänzung in § 1069 Absatz 2 ZPO-E wird klargestellt, dass § 29 Nummer 1 des Rechtspflegergesetzes (RPflG) Anwendung findet, wonach die der Geschäftsstelle des Amtsgerichts gesetzlich zugewiesene Ausführung ausländischer Zustellungsanträge dem Rechtspfleger übertragen wird. Damit wird die funktionelle Zuständigkeit derjenigen für die Ausführung ausländischer Zustellungsanträge im vertraglichen Rechtshilfeverkehr angeglichen.

Zu Nummer 15 (§ 1070 ZPO-E)

Durch den neu eingefügten § 1070 ZPO-E soll klargestellt werden, dass die Vorschriften der §§ 1067 bis 1069 ZPO-E auch dann als Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 anzuwenden sind, wenn diese Verordnung über Artikel 2 Absatz 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55) zur Anwendung gelangt.

Zu Nummer 16 (§ 1090 ZPO-E)

Anders als nach dem nationalen Mahnverfahrensrecht muss der Antragsteller in einem Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 gemäß § 1090 Absatz 1 Satz 1 ZPO erst nach Einlegung eines wirksamen Einspruchs gegen den Europäischen Zahlungsbefehl durch den Antragsgegner angeben, welches Gericht für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständig ist. Gemäß § 1090 Absatz 1 Satz 2 ZPO setzt das Gericht, bei dem das Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 anhängig ist, dem Antragssteller hierfür eine nach den Umständen angemessene Frist. Um zu vermeiden, dass das Verfahren weiterhin beim Mahnverfahrensgericht rechtshängig bleibt, weil der Antragsteller nicht innerhalb der ihm hierfür gemäß § 1090 Absatz 1 Satz 2 ZPO gesetzten Frist ein Gericht benennt, soll in § 1090 Absatz 1 Satz 4 und 5 ZPO-E vorgesehen werden, dass der Europäische Zahlungsbefehl in diesem Fall aufzuheben ist und das Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 endet. Dieses Vorgehen ist nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zulässig, weil der Antragsteller mit seiner Reaktion ausdrücklich anzeigt, dass er das Mahnverfahren nicht weiterführen will.

Zu Nummer 17 (§ 1092a ZPO-E)

Mit Entscheidung vom 4. September 2014 (Rs. C-119/13 und C-120/13, EU:C:2014: 2144 - eco cosmetics & Raiffeisenbank St. Georgen) hat der EuGH entschieden, dass eine Vollstreckbarerklärung eines Europäischen Zahlungsbefehls nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 als ungültig anzusehen ist, wenn dem Antragsgegner der Europäische Zahlungsbefehl nicht oder nicht in einer Weise zugestellt worden ist, die den Anforderungen der Artikel 13 bis 15 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 genügt. Dazu gehört auch der Fall, dass dem Antragsgegner das Formblatt F, mit dem er Einspruch einlegen kann, nicht zugestellt worden ist. Nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 ist dieses Formblatt zusammen mit dem Europäischen Zahlungsbefehl zuzustellen. Gleichzeitig hat der EuGH entschieden, dass die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 keine Regelung enthält, die dem Antragsgegner eines Europäischen Zahlungsbefehls für diesen Fall einen Rechtsbehelf einräumt. Rechtsschutz ist mithin über Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 nach den nationalen (Prozess-)Rechtsordnungen zu gewähren. In den der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 dienenden §§ 1087 bis 1096 ZPO ist bislang kein Rechtsbehelf für den entschiedenen Fall vorgesehen, so dass auf die allgemeinen Rechtsbehelfe der Zivilprozessordnung zurückgegriffen werden müsste. Das für die Bearbeitung von Europäischen Zahlungsbefehlen im Zivilprozess gemäß § 1087 ZPO allein zuständige Amtsgericht Wedding ist bisher davon ausgegangen, dass dem Antragsgegner in diesem Fall Rechtsschutz gemäß § 732 ZPO analog zu gewähren ist. Gegebenenfalls käme auch eine (analoge) Anwendung von § 321a ZPO in Betracht.

Aus Gründen der Rechtsklarheit und insbesondere um sicherzustellen, dass Antragsgegner eines Europäischen Zahlungsbefehls im Ausland ohne großen Aufwand unmittelbar erkennen können, welchen Rechtsbehelf sie in der zuvor beschriebenen Konstellation einlegen können, soll durch den hier vorgeschlagenen § 1092a ZPO-E ein eigenständiger Rechtsbehelf eingeführt werden. Dieser Rechtsbehelf ist dem in § 1092 ZPO durchgeführten Rechtsbehelf nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 nachgebildet. Um Missbrauch zu vermeiden, ist eine Frist eingeführt worden, innerhalb derer er eingelegt werden muss. Informationen über die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 einschließlich der zu ihrer Durchführung in den Mitgliedstaaten erlassenen nationalen Vorschriften können auf einfache Weise dem Europäischen Justizportal entnommen werden.

Wenn der Rechtsbehelf Erfolg hat, soll der Europäische Zahlungsbefehl wie im Fall von Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 für nichtig erklärt werden.

Zu Nummer 18 (§ 1095 ZPO-E)

Die Änderung des § 1095 Absatz 1 Satz 1 ZPO-E stellt klar, dass die Regelung des § 707 ZPO, die die Möglichkeit der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung regelt, auch für den Fall entsprechend anzuwenden ist, dass gegen einen für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehl ein Rechtsbehelf nach § 1092a Absatz 1 ZPO eingelegt worden ist.

Um den Europäischen Zahlungsbefehl selbst zu beseitigen, soll er für nichtig erklärt werden, wenn der Rechtsbehelf Erfolg hat.

Zu Nummer 19 (§ 1100)

Die Änderung in § 1100 Absatz 1 Satz 2 ZPO ist redaktioneller Natur und stellt klar, dass nur § 128a Absatz 3 Satz 1 ZPO

Anwendung findet. Aus Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ergibt sich unmittelbar, dass gegen eine Entscheidung des Gerichts über Anträge auf Durchführung einer Verhandlung mit Mitteln der Fernkommunikationstechnologie oder auf persönliche Anwesenheit nach Artikel 8 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ohne Anfechtung des Urteils selbst kein Rechtsmittel zulässig ist.

Zu Nummer 20 (§ 1101 ZPO)

Zu Buchstabe a (§ 1101 Absatz 1 Satz 1 ZPO)

Die redaktionelle Änderung des § 1101 Absatz 1 ZPO ("Abs. 2 bis 4") passt die Vorschrift der geänderten Struktur des Artikels 9 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 über die Beweisaufnahme an, der zukünftig statt drei Absätzen vier Absätze aufweisen wird.

Zu Buchstabe b (§ 1101 Absatz 2 Satz 2 ZPO)

Die Änderung in § 1101 Absatz 2 Satz 2 ZPO ist redaktioneller Natur und stellt klar, dass nur § 128a Absatz 3 Satz 1 ZPO

Anwendung findet. Auf die Ausführungen zu Artikel 1 Nummer 3 zur Unanfechtbarkeit von Entscheidungen nach Artikel 8 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 wird verwiesen.

Zu Nummer 21 (§ 1104 ZPO)

Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 regelt das Verfahren zur Überprüfung des in einem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteils, wenn der Beklagte ohne sein Verschulden gehindert war, rechtzeitig auf die Klage zu erwidern oder ein zulässiges Rechtsmittel einzulegen. Die in § 1104 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 ZPO vorgesehene Ergänzung jeweils um die Angabe "Absatz 2" ist erforderlich, um der mit Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 eingeführten Frist für den Antrag auf Überprüfung des Urteils von 30 Tagen Rechnung zu tragen.

Zu Nummer 22 (§ 1104a ZPO)

Die Regelung greift einen Vorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen auf und ermöglicht es den Ländern, Angelegenheiten in Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 bei von ihnen zu bestimmenden Gerichten durch Rechtsverordnung zu konzentrieren.

§ 1104a ZPO ermächtigt die Länder, in Angelegenheiten wegen europäischer Verfahren für geringfügige Forderungen durch Rechtsverordnung ein Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte für zuständig zu erklären. Hierdurch wird es den Ländern ermöglicht, die genannten Angelegenheiten an Gerichten zu bündeln, die bereits die technischen Voraussetzungen aufweisen, welche zur Durchführung mündlicher Verhandlungen mit Mitteln der Fernkommunikationstechnologie nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 und entsprechender Anhörungen von Personen im Rahmen von Beweisaufnahmen nach Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 erforderlich sind. Die Regelung ist damit geeignet, das Ziel des Europäischen Verordnungsgebers zu fördern, zügig Zugangshürden zu reduzieren und so die Attraktivität des Verfahrens zu steigern.

Die den Ländern ermöglichte Bündelung von Verfahren ist überdies geeignet, bei den Gerichten die Einrichtung spezialisierter Spruchkörper zu fördern, die sich auf dem Gebiet des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen durch die wiederholte Befassung mit dem durch die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 festgelegten Verfahren zügig Expertise aneignen. Dies kann zu einer Verbesserung der Qualität der Verfahrensführung und der Effizienzsteigerung und Verfahrensbeschleunigung beitragen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz)

Durch die Änderung des § 16a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die dort genannte "Entscheidung 2001/470/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 EG (Nr. ) L 174/25 ) zwischenzeitlich durch die "Entscheidung 568/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung 2001/470/EG des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. EU (Nr. ) L 168/25 )" geändert worden ist.

Zu Artikel 3 (Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen)

Zu Nummer 1 (§ 8 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ)

Durch den neu eingefügten § 8 Satz 2 wird den Ländern ermöglicht, die Zuständigkeit abweichend von § 8 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zum HZO/HBO durch Rechtsverordnung einem anderen Amtsgericht zuzuweisen. Durch diese im Bereich der Internationalen Rechtshilfe übliche Regelung soll den Ländern die Möglichkeit gegeben werden, ihre kleineren, mit grenzüberschreitenden Angelegenheiten nur selten befassten Amtsgerichte zu entlasten. Zudem kann durch die Zuständigkeitskonzentration eine besondere Sachkunde gefördert werden.

Zu Nummer 2 (§ 14 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ)

Artikel 23 HBO, sieht vor, dass jeder Vertragsstaat erklären kann, "dass er Rechtshilfeersuchen nicht erledigt, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in den Ländern des "Common Law" unter der Bezeichnung "pretrail discovery of documents" bekannt ist." Von dieser Möglichkeit hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht. Vor diesem Hintergrund sieht § 14 Absatz 1 des Ausführungsgesetzes zum HZO/HBO in seiner derzeitigen Fassung vor, dass "Rechtshilfeersuchen, die ein Verfahren nach Artikel 23 des Obereinkommens zum Gegenstand haben, [...] nicht erledigt" werden. Von der in § 14 Absatz 2 der vorgenannten Vorschrift vorgesehenen Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, die sowohl die Voraussetzungen als auch das anzuwendende Verfahren für die Erledigung von Ersuchen, die in den Anwendungsbereich des Artikels 23 HBO fallen, regeln sollte, wurde bisher kein Gebrauch gemacht. Ein Verordnungsentwurf, der im Jahr 1989 erarbeitet wurde, ist nach Diskussion mit den Ländern gescheitert.

Nachdem verschiedene deutsche Gerichte (zuerst OLG München, JZ 1981, 538, 540) auf Grund der zuvor dargestellten deutschen Rechtslage wiederholt die Erledigung von Rechtshilfeersuchen US-amerikanischer Gerichte, die auf die Durchführung einer "pretrail discovery of documents" im Sinne des Artikels 23 HBO gerichtet waren, abgelehnt hatten, begannen US-amerikanische Gerichte in Verfahren mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland, aber auch zu anderen Vertragsstaaten des HBO, die ebenfalls eine Erklärung nach Artikel 23 HBO abgegeben haben, ihr eigenes Zivilverfahrensrecht extraterritorial anzuwenden. Für diese Vorgehensweise, die inzwischen durch den Supreme Court der USA (Aérospatiale vs. U.S. District Court, 482 U. S. 522 (1987)) gebilligt worden ist, stützen sich US-amerikanische Gerichte (insbesondere) auf die Rules 26, 34 der Federal Rules of Civil Procedure (FRCP), die mit vergleichbarem Inhalt nach den maßgeblichen Zivilverfahrensrechten in den einzelnen Bundesstaaten gelten, nach denen Parteien oder Dritte Dokumente in einem Verfahren vor US-amerikanischen Gerichten auch dann vorzulegen haben, wenn sich diese im Ausland befinden. Die Berechtigung dafür entnehmen US-amerikanische Gerichte der zur Auslegung des HBO vorherrschenden Auffassung, dass dieses Obereinkommen nicht exklusiv auf die grenzüberschreitende Beweisaufnahme angewandt werden muss, sondern auch auf nationale Beweisvorschriften zurückgegriffen werden kann.

Für deutsche Parteien ist das Vorgehen nach den FRCP mit zahlreichen Nachteilen verbunden. Insbesondere genießen sie - anders als bei einem Rechtshilfeersuchen nach dem HBO - Schutz gegen ausufernde Ersuchen auf Dokumentenvorlage nur nach US-amerikanischen Recht. Wenn eine deutsche Partei die Vorlage von Dokumenten unter Berufung auf deutsches Recht (z.B. Datenschutzrecht, Geschäftsgeheimnisse) verweigert, drohen prozessuale Nachteile bis hin zum Prozessverlust.

Nach der zuvor genannten Entscheidung des Supreme Court der USA ist dieses Vorgehen der US-amerikanischen Gerichte im Lichte der internationalzivilverfahrensrechtlichen "comity" (Rücksichtnahme) allerdings vor allem dann zulässig, wenn ein Rechtshilfeersuchen nach dem HBÜ - wie wegen § 14 Absatz 1 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ in seiner bisherigen Fassung im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland der Fall - keine realistische Chance hat, ausgeführt zu werden. Hier soll durch die vorgeschlagene Änderung des § 14 Absatz 1 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ Abhilfe geleistet werden. In den übrigen Fällen hält der Supreme Court die Gerichte zu einer Abwägungsprüfung an. Die US-amerikanischen Gerichte sollen mit der Änderung dazu angehalten werden, bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen zukünftig regelmäßig diese Prüfung vorzunehmen und präferentiell den Weg über das HBÜ zu gehen, weil sie grundsätzlich mit einer effektiven und schnellen Erledigung ihrer Ersuchen rechnen können.

Der Weg der Dokumentenvorlage über das HBÜ hätte für deutsche Beklagte vor US-amerikanischen Gerichten mindestens drei Vorteile: Rechtshilfeersuchen müssen nach Artikel 3 HBÜ konkret genug sein, vor allem die Urkunden angeben, die geprüft werden sollen (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe g). Der Vorlagepflichtige könnte nach Artikel 11 HBÜ Gegenrechte sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates (USA) als auch nach dem Recht des ersuchten Staates (Bundesrepublik Deutschland) geltend machen. Bestimmte Rechtshilfeersuchen könnten nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b HBÜ abgelehnt werden (Verstoß gegen staatliche Hoheitsrechte oder die Sicherheit).

Dem Beispiel anderer Vertragsstaaten des HBÜ (z.B. Frankreich, Dänemark, Finnland, Niederlande, Schweden, Vereinigtes Königreich) folgend, soll flankierend die deutsche Erklärung zu Artikel 23 HBÜ dahingehend geändert werden, dass die Erledigung von "pretrail discovery of documents"-Ersuchen zukünftig unter den in § 14 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ genannten Voraussetzungen zugelassen wird. Dieser Weg der Einschränkung eines Vorbehalts ist völkerrechtlich zulässig und wurde mehrfach von Spezialkommissionen der Haager Konferenz zum HBÜ empfohlen (so etwa im Jahre 2003 und zuletzt im Jahre 2014). Er setzt voraus, dass die beabsichtigte Einschränkung der bisherigen deutschen Erklärung zu Artikel 23 HBÜ in einer Übersetzung in die englische Sprache über das Auswärtige Amt dem Depositar des HBÜ, der Regierung der Niederlande, notifiziert wird.

Die Rechtsänderung und die Einschränkung der deutschen Erklärung zu Artikel 23 HBÜ entsprechen auch Forderungen aus der Rechtspraxis und Rechtswissenschaft und erscheinen insbesondere vor dem Hintergrund der Änderung des § 142 ZPO im Jahre 2001 erwägenswert. Seither können deutsche Gerichte von Amts wegen von Parteien und sogar Dritten - die jedoch unter den Voraussetzungen des § 142 Absatz 2 ZPO die Herausgabe verweigern können - die Vorlage von Urkunden und anderen in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen verlangen, wenn eine Prozesspartei sich vorher auf diese bezogen hat.

Die Öffnung des deutschen Rechtshilferechts für eine begrenzte Dokumentenvorlage sollen den USA in geeigneter Form bekannt gemacht werden, damit sie ihre Gerichte auf Bundes- und Einzelstaatenebene informieren können. Die Erfahrungen mit dem Deutsch-US amerikanischen Notenwechsel über die freiwillige Zeugenbefragung haben gezeigt, dass die USA aufgeschlossen sind, zusätzliche Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Rechtshilfe aktiv zu kommunizieren.

Die inhaltliche Ausgestaltung von § 14 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ/HBÜ sowie der Einschränkung des Widerspruchs ist das Ergebnis einer Befragung der interessierten Kreise und der Länder. Es wird sichergestellt, dass keine bloßen "Ausforschungsersuchen" erledigt werden müssen. Die vorzulegenden Dokumente und ihre Bedeutung für das konkrete Verfahren müssen in den Ersuchen im Einzelnen bezeichnet werden, um den Prüfungsaufwand für die Verwaltungen der Länder gering zu halten. Insbesondere das pauschale Ersuchen um Vorlage ganzer Dokumentensammlungen muss nicht erledigt werden. Eine Herausgabepflicht besteht nur für die Parteien des Rechtsstreits, nicht auch für Dritte, und nur hinsichtlich der im Besitz der Parteien befindlichen Dokumente. Die Erledigung kann verweigert werden, wenn sie gegen den deutschen ordre public verstoßen würde.

Zu Artikel 4 (Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 7 Absatz 2 IntFamRVG-E)

Das BfJ ist u.a. Zentrale Behörde nach dem HKÜ. Dieses Übereinkommen dient der Rückführung von Kindern, die von einem Vertragsstaat des HKÜ in einen anderen Vertragsstaat des HKÜ entführt worden sind. Mitunter bestehen zwar Anhaltspunkte dafür, dass ein Kind nach Deutschland entführt worden ist; der genaue Aufenthalt des Kindes steht aber nicht fest. In diesen Fällen ist das BfJ zur Ermittlung des Aufenthalts des Kindes verpflichtet (Artikel 7 HKÜ).

Zur Erfüllung dieser Aufgabe kann das BfJ nach § 34 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) im Wege manueller Anträge und nach § 38 Absatz 1 BMG im automatisierten Verfahren bei den Meldebehörden Daten abfragen. Diese Möglichkeiten haben sich als unzureichend erwiesen.

Mit der Neuregelung in § 7 Absatz 2 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes in der Entwurfsfassung (IntFamRVG-E) sollen die Befugnisse des BfJ zum automatisierten Datenabruf im Hinblick auf bestimmte identitäts- und aufenthaltsrelevante Daten leicht ausgeweitet werden. Konkret betrifft dies die erforderlichen Informationen zu derzeitigen Staatsangehörigkeiten, früheren Anschriften sowie Ein- und Auszugsdaten der Betroffenen. Diese Daten sind erforderlich zur Lokalisierung und zur sicheren Identifizierung der Betroffenen sowie im Hinblick auf weitere Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen des jeweiligen Verfahrens, wie etwa der Einholung von Auskünften aus dem Ausländerzentralregister.

Zu Nummer 2 (§ 7 Absatz 3 bis 5 IntFamRVG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die durch die Einfügung des § 7 Absatz 2 IntFamRVG-E bedingt ist.

Zu Artikel 5 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)

Zu Nummer 1 (Artikel 8 EGBGB-E)

Auf der Grundlage eines Entwurfs des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht präzisiert die Vorschrift die bislang durch Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten und praktizierten ungeschriebenen Kollisionsnormen zur gewillkürten Stellvertretung. Dies vereinfacht die Rechtsanwendung und dient der Rechtssicherheit. Die vorgeschlagene Neuregelung bezieht sich allein auf die Voraussetzungen und Wirkungen der Stellvertretung aufgrund einer Vollmacht (gewillkürte Stellvertretung), wobei die Vollmacht in diesem Zusammenhang wie nach der Legaldefinition des § 166 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht zu verstehen ist.

Die Vorschrift lässt die im Bereich der gesetzlichen Vertretung und insbesondere der organschaftlichen Vertretung geltenden Anknüpfungen unberührt. Darüber hinaus bleibt es bei dem Grundsatz, dass Erteilung und Umfang einer Prozessvollmacht nach der lex fori zu beurteilen sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89 -, juris, Rn. 12), ohne dass dies in Artikel 8 EGBGB in der Entwurfsfassung (EGBGB-E) ausdrücklich erwähnt werden musste.

Ferner ist Artikel 8 EGBGB-E nicht anwendbar, soweit vorrangige völkerrechtliche Regelungen wie etwa Artikel 15 des Haager Übereinkommens über den internationalen Schutz von Erwachsenen vom 13. Januar 2000 (BGBl. 2007 II, S. 323) zur sogenannten Vorsorgevollmacht zum Zuge kommen (Artikel 3 Nummer 2 EGBGB).

Artikel 8 EGBGB-E sieht im Anschluss an die bislang herrschende Meinung grundsätzlich Sachnormverweisungen vor, da die gerade im internationalen Stellvertretungsrecht besonders bedeutsame Voraussehbarkeit des zur Anwendung berufenen Rechts ansonsten gefährdet wäre. Um bei Verfügungen über Grundstücke oder Grundstücksrechte Entscheidungseinklang mit dem Recht zu gewährleisten, das auf das Grundstück bzw. auf das Recht anwendbar ist, sieht Absatz 6 eine Ausnahme hiervon vor.

Der vorgeschlagenen Vorschrift liegt folgende Konzeption zugrunde:

Vorrangig ist eine gegebenenfalls getroffene Rechtswahl zu berücksichtigen (Absatz 1).

Fehlt es an einer Rechtswahl, so greift Artikel 8 EGBGB-E die Lösung der bisherigen Rechtsprechung auf. Sie knüpft in erster Linie an den Ort an, an dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht wird (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 26. April 1990 - VII ZR 218/89 -, juris, Rn. 14). Da der Gebrauchsort nicht selten Auslegungsprobleme nach sich ziehen kann, wird er in der vorgeschlagenen Vorschrift konkretisiert, soweit dies möglich ist, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Handelt der Bevollmächtigte in Ausübung seiner unternehmerischen Tätigkeit, knüpft Absatz 2 primär an dessen gewöhnlichen Aufenthalt an. Übt der Bevollmächtigte seine Vollmacht als Arbeitnehmer des Vollmachtgebers aus, ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend (Absatz 3).

Durch diese beiden Anknüpfungsregeln ist die anzuwendende Rechtsordnung im Allgemeinen einfacher festzustellen, als wenn in jedem Einzelfall der Gebrauchsort ermittelt werden müsste. Zudem ermöglichen es diese Vorschriften, auch für den mehrfachen Gebrauch erteilte Vollmachten einem einheitlichen Recht zu unterstellen.

Im Falle einer im privaten Bereich ausgeübten Dauervollmacht knüpft Absatz 4 in erster Linie an den Ort an, an dem der Bevollmächtigte von der Dauervollmacht gewöhnlich Gebrauch macht. Die damit einhergehende Verstetigung der Anknüpfung trägt - parallel zur Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt im unternehmerischen oder beruflichen Bereich nach den Absätzen 2 und 3 - dem Bedürfnis danach Rechnung, eine für den mehrfachen Gebrauch gedachte Vollmacht einheitlich einem Recht zu unterstellen.

Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt (Absätze 2 und 3) bzw. den gewöhnlichen Gebrauchsort (Absatz 4) steht jeweils unter dem Vorbehalt, dass diese Orte für den Dritten erkennbar sind. Ist dies nicht der Fall, gilt - wie auch im Übrigen - die Auffangklausel des Absatzes 5.

Absatz 5 knüpft in erster Linie an den Ort an, an dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht wurde. Diese Anknüpfung an den Gebrauchsort scheidet jedoch dann aus, wenn dieser Ort für den Dritten nicht erkennbar war. In diesem Fall ist das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Vollmachtgebers maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob dieser Ort für den Dritten erkennbar war.

Zu den einzelnen Absätzen der vorgeschlagenen Neuregelung ist Folgendes auszuführen:

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 Satz 1 ist auf die gewillkürte Stellvertretung das vom Vollmachtgeber einseitig gewählte Recht anzuwenden, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Zum einen ist in zeitlicher Hinsicht erforderlich, dass der Vollmachtgeber die Rechtswahl getroffen hat, bevor der Bevollmächtigte die Vollmacht ausgeübt hat. Zum anderen ist erforderlich, dass der Bevollmächtigte und der Dritte, dem gegenüber die Vollmacht ausgeübt wird, im Zeitpunkt der Ausübung der Vollmacht Kenntnis von der Rechtswahl haben. Unerheblich ist dabei, auf welche Weise sie diese Kenntnis erlangt haben. Eine Mitteilung des Vollmachtgebers an den Bevollmächtigten bzw. an den Dritten über die von ihm getroffene Rechtswahl, gegebenenfalls in Schrift- oder Textform, ist daher nicht zwingend erforderlich.

Nach Artikel 8 Absatz 1 Satz 2 EGBGB-E können der Vollmachtgeber, der Bevollmächtigte und der Dritte jederzeit eine Rechtswahl über das auf die Vollmacht anwendbare Recht im Wege einer dreiseitigen Vereinbarung einvernehmlich treffen. Die Vorschrift ist Ausdruck der Parteiautonomie der Parteien, die frei darüber bestimmen können, welches Recht auf die Vollmacht Anwendung finden soll. Eine Rechtswahl kann nicht nur nach, sondern auch vor Ausübung der Vollmacht vereinbart werden. Die Ausübung des einseitigen Bestimmungsrechts des Vollmachtgebers vor Ausübung der Vollmacht nach Satz 1 versperrt nicht die Möglichkeit, stattdessen eine Rechtswahl gemeinschaftlich vorzunehmen. In dem Zeitpunkt, in dem eine Rechtswahl nach Satz 2 zustande kommt, erlischt das einseitige Bestimmungsrecht.

Zu Absatz 2

Absatz 2 regelt den Fall, dass der Bevollmächtigte in Ausübung seiner unternehmerischen Tätigkeit handelt. In Anlehnung an § 14 BGB umfasst diese Vorschrift die gewillkürte Stellvertretung im Rahmen jeder Art von selbständiger beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit. Hier stellt die Vorschrift vorrangig auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Bevollmächtigten ab.

Aus Gründen des Verkehrsschutzes wird die Anknüpfung von der Erkennbarkeit des maßgeblichen Anknüpfungspunktes für den Dritten abhängig gemacht. Konnte der Dritte den gewöhnlichen Aufenthalt des Bevollmächtigten nicht erkennen, gilt die Auffangregelung des Absatzes 5.

Zu Absatz 3

Diese Sonderregelung für den Fall eines beim Vollmachtgeber abhängig beschäftigten Bevollmächtigten ist ähnlich strukturiert wie Absatz 2, knüpft aber anders als dieser an den gewöhnlichen Aufenthalt des Vollmachtgebers an.

In der Fallkonstellation des Absatzes 3 ist davon auszugehen, dass die Vollmacht im Regelfall im Rahmen des Betriebs oder Wirkungskreises des Vollmachtgebers ausgeübt wird und der gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten für den Ort der gewöhnlichen Ausübung der Vollmacht kollisionsrechtlich nur von untergeordneter Bedeutung ist.

Wie in Absatz 2 greift auch im Rahmen des Absatzes 3 die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt nicht, wenn dieser für den Dritten nicht erkennbar war. Auch hier führt dies zur Anwendung der Auffangregelung des Absatzes 5.

Zu Absatz 4

Dieser Absatz betrifft im privaten Bereich ausgeübte Dauervollmachten. Hierbei handelt es sich nicht nur um unbefristet, sondern auch um befristet erteilte Vollmachten, sofern diese auf einen längeren Zeitraum angelegt sind.

Im Einzelnen

werden von dieser Regelung z.B. Fälle erfasst, in denen ein Ehegatte den anderen auf Dauer bevollmächtigt. Maßgeblich ist der Ort, an dem der Bevollmächtigte von der Dauervollmacht gewöhnlich Gebrauch macht. Dies ist der Ort, an dem der Bevollmächtigte regelmäßig Erklärungen abgibt oder empfängt. Auf den Ort, an dem seine Erklärungen Dritten zugehen, kommt es dagegen nicht an.

Der gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten wurde hier nicht als Anknüpfungspunkt gewählt, da dieser, gerade im privaten Bereich, nicht notwendigerweise mit dem Ort der gewöhnlichen Ausübung der Dauervollmacht korrespondiert, etwa in Fällen, in denen eine Dauervollmacht Familienangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland erteilt wird.

Ist der gewöhnliche Ausübungsort für den Dritten nicht erkennbar, greift die Auffangklausel des Absatzes 5 ein.

Zu Absatz 5

Absatz 5 enthält eine Auffangklausel für Konstellationen, die von den Absätzen 1 bis 4 nicht erfasst werden. Absatz 5 betrifft daher sowohl im privaten Bereich ausgeübte Vollmachten, die keine Dauervollmachten sind, als auch die Fälle, in denen sich das anwendbare Recht nicht nach den Absätzen 2 bis 4 bestimmt, da die nach diesen Absätzen primär maßgebenden Anknüpfungspunkte (gewöhnlicher Aufenthalt bzw. gewöhnlicher Gebrauchsort) für den Dritten nicht erkennbar waren.

Im Rahmen des Absatzes 5 beurteilt sich die gewillkürte Stellvertretung vorrangig nach dem Gebrauchsort. Wie schon im Rahmen von Absatz 4 ist dies der Ort, an dem der Bevollmächtigte die Erklärung abgibt oder empfängt. Unerheblich ist hingegen der Ort, an dem die Erklärung des Bevollmächtigten dem Dritten zugeht.

Satz 2 enthält eine Ausnahme von der Anknüpfung an den Gebrauchsort. Sofern der Dritte und der Bevollmächtigte wissen müssen, dass die Vollmacht nur in einem bestimmten Staat ausgeübt werden soll, sind die Sachvorschriften dieses Staates anzuwenden. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Dritte und der Bevollmächtigte die Anwendung des Rechts am tatsächlichen Gebrauchsort nicht entgegen einer ihnen bekannten Vorstellung des Vollmachtgebers über den Gebrauchsort herbeiführen können.

Ist der Gebrauchsort für den Dritten nicht erkennbar und liegt auch kein Fall des Satzes 2 vor, sind die Sachvorschriften des Staates, in dem der Vollmachtgeber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, anzuwenden (s. Satz 3). Dieser Ausnahmetatbestand trägt unter anderem dem Umstand Rechnung, dass bei Distanzgeschäften Erklärungen häufig mit Mitteln der Telekommunikation (z.B. Smartphone, Tablet oder Notebook) abgegeben werden. Der Ort der Abgabe einer Erklärung durch den Bevollmächtigten dürfte daher für den Dritten oft nicht sicher feststellbar sein. Die Anknüpfung an diesen Ort könnte dann für den Dritten zu einem unerwarteten Recht führen.

Es ist zwar nicht schlechthin auszuschließen, dass es Fälle gibt, in denen der gewöhnliche Aufenthalt des Vollmachtgebers für den Dritten nicht erkennbar ist. Hierbei handelt es sich aber zumindest um einen Anknüpfungspunkt, der im Regelfall leichter objektiv feststellbar sein dürfte, z.B. im Rahmen eines späteren Gerichtsverfahrens, als der Abgabeort einer Erklärung mittels Smartphone oder Computer. Es ist daher angemessen, als letzten subsidiären Anknüpfungspunkt auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Vollmachtgebers abzustellen, selbst wenn dieser Ort für den Dritten ebenfalls nicht erkennbar war.

Zu Absatz 6

Absatz 6 stellt klar, dass bei Verfügungen über Grundstücke bzw. Grundstücksrechte das nach Artikel 43 Absatz 1 und Artikel 46 EGBGB zu bestimmende Recht auch auf die gewillkürte Stellvertretung anzuwenden ist.

Artikel 46 könnte grundsätzlich in allen Fällen des Artikels 43, das heißt auch bei Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, Anwendung finden. Daher verweist Absatz 6 auch auf Artikel 46, wenngleich diese Vorschrift bei Grundstücken kaum jemals praktisch relevant werden dürfte.

Zu Absatz 7

Absatz 7 schließt die Anwendung des Artikels 8 EGBGB-E bei Börsengeschäften und Versteigerungen aus. Der hier verwandte Begriff "Börsengeschäfte" ist weit zu verstehen und beschränkt sich nicht auf Geschäfte an Börsen im Sinne des Börsengesetzes.

Zu Absatz 8

Absatz 8 Satz 1 verweist wegen der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen sowie von natürlichen Personen, die im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit handeln, auf Artikel 19 Absatz 1 und Absatz 2 Alternative 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.07.2008, S. 6; L 309 vom 24.11.2009, S. 87).

Satz 2 enthält allerdings die Besonderheit, dass auch dann, wenn eine Vollmacht im Rahmen des Betriebs einer Zweigniederlassung ausgeübt wird, diese Zweigniederlassung für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne dieser Vorschrift nicht maßgebend ist, wenn sie für den Dritten nicht erkennbar ist. In diesem Fall bleibt es beim Ort der Hauptverwaltung bzw. Hauptniederlassung.

Zu Nummer 2 (Artikel 229 EGBGB-E)

Die Vorschrift regelt den zeitlichen Anwendungsbereich des Artikels 8. Wurde eine rechtsgeschäftliche Vollmacht vor Inkrafttreten dieses Artikels erteilt, bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar, selbst wenn die Vollmacht erst danach ausgeübt wird.

Zu Artikel 6 (Folgeänderungen)

Zu Absatz 1

Es handelt sich um Folgeänderungen, die durch die § 339 Absatz 2 und 3 ZPO-E betreffenden Änderungen bedingt sind.

Zu Absatz 2 und 3

Es handelt sich um Folgeänderungen in anderen Stammgesetzen, die durch die Einfügung des § 7 Absatz 2 IntFamRVG-E bedingt sind.

Zu Artikel 7 (Inkrafttreten)

Die Neuregelungen sollen vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Die Änderungen nach Absatz 2 betreffend die Anpassungen der Vorschriften über das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen sollen zum 14. Juli 2017 in Kraft treten. Dieser Zeitpunkt entspricht dem in Artikel 3 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2421 festgelegten Datum des Inkrafttretens der Änderungen.