Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Bundesministerium für Arbeit und Soziales Berlin, den 5. März 2008
Parlamentarischer Staatssekretär

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

der Bundesrat hat in seiner 824. Sitzung am 7. Juli 2006 den Beschluss gefasst, dem vom Deutschen Bundestag am 1. Juni 2006 verabschiedeten

zuzustimmen.* In der begleitend gefassten Entschließung weist der Bundesrat darauf hin, dass weiterer grundlegender Reformbedarf bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende bestehe und fordert die Bundesregierung daher auf, bei der künftigen Weiterentwicklung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die in der Entschließung genannten Punkte zu berücksichtigen.

Die Bundesregierung sah zum Zeitpunkt der Entschließung entgegen der Ausführungen des Bundesrates keinen weitergehenden grundlegenden Reformbedarf in der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Mit dem SGB II - Fortentwicklungsgesetz wurden die aus der ersten Phase der Umsetzung des SGB II gewonnenen Erkenntnisse aufgegriffen und die notwendigen Anpassungen insbesondere im Leistungsrecht sowie zur Steigerung der Effizienz vorgenommen. Rückwirkend betrachtet hat sich gezeigt, dass dies wirksam zum Rückgang der Zahl der Leistungsempfänger beigetragen hat. Gleichwohl übersende ich in der Anlage die Stellungnahme der Bundesregierung zu den einzelnen Punkten der Entschließung des Bundesrates zum SGB II - Fortentwicklungsgesetz.

Ergänzend weise ich darauf hin, dass mit der zwischenzeitlich erfolgten Umsetzung einzelner Ergebnisse der Arbeitsgruppe Arbeitsmarkt unter Leitung des Bundesministers für Arbeit und Soziales die Bedingungen für eine erfolgreiche Eingliederungsarbeit der SGB II - Leistungsträger weiter verbessert wurden.


Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner

Anlage
Stellungnahme der Bundesregierung auf die Entschließung des Bundesrates vom 7. Juli 2006 - BR-Drs. 404/06(B) HTML PDF

Zu Punkt 1:

Eine weitergehende Überprüfung des Leistungsrechtes, um durch leistungsrechtliche Änderungen die Zahl der Hilfebedürftigen zu reduzieren - wie vom Bundesrat gefordert - wird von der Bundesregierung nicht befürwortet.

Die Entschließung des Bundesrates wurde vor dem Hintergrund einer gestiegenen Zahl von Leistungsbeziehern nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) formuliert. Seit Jahresmitte 2006 - mit einem zwischenzeitlich leichten Anstieg Anfang 2007 - ist jedoch eine Reduzierung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften zu verzeichnen. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei u. a. um Auswirkungen des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sowie des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt. Zu den geforderten weiteren Anpassungen des Leistungsrechts verweist die Bundesregierung auf die neu gefasste Arbeitslosengeld II / Sozialgeld - Verordnung, die zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Mit der Neufassung werden u. a. die Regelungen zur Bestimmung der Hilfebedürftigkeit von selbständig Tätigen weiterentwickelt.

Zu Punkt 2:

Die Betonung sowohl des Nachrangs als auch des Charakters der kurzfristigen Überbrückung von Notlagen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist gesetzlich normiert und gehört zu den Grundlagen jeder rechtmäßigen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II. Für die Bundesregierung ist es eine der grundlegenden Handlungsmaximen für die aktuelle Umsetzung, aber auch die Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, dass diese als vorübergehende Hilfe konzipiert ist. Dem entspricht die im Verhältnis zur früheren Sozialhilfe weitgehende Pauschalisierung der Leistung. Mit der Umsetzung der von der Arbeitsgruppe Arbeitsmarkt erarbeiteten Lösungsvorschläge im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (wie z.B. der Einführung eines Beschäftigungszuschusses nach § 16a SGB II) werden die Aktivitäten zur Integration in den Arbeitsmarkt verstärkt.

Zu Punkt 3:

Die Bundesregierung sieht nicht die Tendenz einer ausufernden Verwaltung. Gerade mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Regelungen zur Verbesserung der Verwaltungspraxis beschlossen. Die damit verbundenen Effizienzsteigerungen führen zu erheblichen Entlastungen der betroffenen öffentlichen Haushalte.

Gesetzliche Anpassungen im Bereich der Meldeaufforderungen werden geprüft.

Für weitere Klarstellungen bei den Regelungen zur Absenkung und zum Wegfall des Arbeitslosengeldes II sieht die Bundesregierung derzeit keinen Bedarf.

Zu Punkt 4:

Viele zugelassene kommunale Träger nutzen für ihre Vermittlungsarbeit auch ohne eine gesetzliche Regelung Stellenangebote, die in der Online-Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlicht werden. Darüber hinaus gibt es Stellenangebote, die ausschließlich im internen Vermittlungs- und Beratungsinformationssystems (VerBIS) der BA veröffentlicht sind. Diese Stellenangebote können von den zugelassenen kommunalen Trägern nur eingesehen werden, wenn sie eine Kooperationsvereinbarung mit der BA abgeschlossen haben. Mit diesem Kooperationsmodell erhalten die zugelassenen kommunalen Träger grundsätzlich dieselben Zugriffsmöglichkeiten wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agenturen für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaften.

Die BA hat allen zugelassenen kommunalen Trägern den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zum gegenseitigen Austausch von Stellenangeboten angeboten. Die notwendigen organisatorischen Vereinbarungen zur Umsetzung des Kooperationsmodells werden in Verhandlungen mit den zugelassenen kommunalen Trägern auf regionaler Ebene durch die Geschäftsführer der Agenturen für Arbeit getroffen. Mit Stand Januar 2008 wurde in sechs Fällen eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, in weiteren 20 ist dies geplant. 30 zugelassene kommunale Träger haben kein Interesse an einer Kooperationsvereinbarung.

Von den zugelassenen kommunalen Trägern ohne abgeschlossene Kooperationsvereinbarung haben 57 der BA mitgeteilt, dass sie keine gerichtliche Auseinandersetzung anstreben, vier haben sich hierzu nicht geäußert. In drei Fällen sind Klageverfahren anhängig. Die BA bemüht sich weiterhin um eine außergerichtliche Lösung, bisher jedoch ohne Erfolg.

Nach § 51b Absatz 1 Nr. 4 SGB II sind die zugelassenen kommunalen Träger zwar gesetzlich angehalten, die bei ihnen mit einem Auftrag zur Vermittlung gemeldeten Stellenangebote an die BA zu übermitteln. Die vom Bundesrat vermutete Schlechterstellung der zugelassenen kommunalen Träger ist jedoch nicht gegeben, da es sich hierbei um eine Meldung zum Zwecke der Statistik handelt. Die BA verwendet die gemeldeten Stellendaten nicht, um die bei ihr gemeldeten Arbeitsuchenden darauf zu vermitteln, hierzu ist sie vielmehr auf den in den Kooperationsvereinbarungen verabredeten gegenseitigen Stellenaustausch angewiesen. Auf diese Weise hat die BA bis einschließlich Januar 2008 insgesamt fünf Stellenangebote von den zugelassenen kommunalen Trägern erhalten.

Zu Punkt 5:

Die Forderung des Bundesrates, die Statistik für das SGB II nicht durch den gesetzlichen Leistungsträger, die BA, sondern als Bundesstatistik durch das Statistische Bundesamt zu führen, orientiert sich an den Verhältnissen des früheren Bundessozialhilfegesetzes, als die Leistungen vollständig von den Kommunen getragen wurden. Eine Bundesstatistik würde dazu führen, dass die Statistischen Ämter der Länder dem Statistischen Bundesamt die Daten zur Umsetzung des SGB II zur Verfügung stellen, obgleich sie gar nicht bei ihnen, sondern bei der BA, anfallen.

Die Forderung nach einer Bundesstatistik ist abzulehnen, denn die Vorstellungen des Bundesrats widersprechen diametral der Tatsache, dass die Leistungen nunmehr hauptsächlich vom Bund finanziert werden und die Daten in den von der BA genutzten Systemen anfallen.

Dem Anliegen des Bundesrats, dass die Kommunen "ihre" Daten der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten und die BA berechtigt ist, den Ländern über ihre statistischen Ämter die für die Sozialberichterstattung notwendigen Daten und Tabellen zur Verfügung zu stellen, wurde im Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprochen. Die Umsetzung der gesetzlichen Regelung wurde in einem sog. "Expertenrat" der BA, dem Länder und statistische Ämter angehören, erörtert.

Die Arbeitsgemeinschaften können nun "ihre" Daten in Form des mittlerweile flächendeckend bereitgestellten "Operativen Datensatzes für ARGEn" erhalten. Arbeitsgemeinschaften und Agenturen mit getrennter Aufgabenwahrnehmung haben außerdem dezentralen Zugriff auf das SGB II Controllingportal, das vertiefte und differenzierte Analysen zu den SGB II Controllingkennzahlen ermöglicht und konkrete Steuerungshebel identifizieren lässt.

Statistische Stellen der Länder und Kommunen können einen pseudonymisierten Einzeldatensatz erhalten, der ihnen gezielte Auswertungen ermöglicht. Darüber hinaus wird derzeit ein Zugriff auf vieldimensionale Datenwürfel der Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende erprobt, der statistischen Stellen von Ländern und Kommunen zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten bieten wird.

Vor dem Hintergrund, dass die Kommunen mit der Einführung des SGB II dauerhaft um 2,5 Mrd. Euro entlastet werden sollen - eine Zusage, zu der die Bundesregierung steht - ist es notwendig, auf eine zentral geführte, unmittelbar auf den Verwaltungsprozessen bei der BA aufbauende Datenbasis zurückgreifen zu können.

Zu Punkt 6:

Die Arbeitsgemeinschaften arbeiten derzeit mit einer zentralen Software zur Berechnung der Leistungen nach dem SGB II. Die gesetzliche Regelung in § 50 Abs. 2 SGB II legt dies nicht neu fest, sondern schafft eine notwendige Klarstellung der datenschutzrechtlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.

Zu Punkt 7:

Es wird auf die Stellungnahme zu Punkt 5 verwiesen.

Zu Punkt 8:

Nach Inkrafttreten des SGB II bestand Uneinigkeit in der Frage, ob die kommunale Trägerschaft nach § 6b SGB II auch die Rehabilitationsträgerschaft der BA umfasst. Im Interesse der behinderten Menschen wurde die BA im Mai 2005 gebeten, die Rehabilitationsträgerschaft auch für den Personenkreis des SGB II bis zu einer gesetzlichen Regelung wahrzunehmen. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurde dieser Statusquo gesetzlich festgeschrieben. Unstreitig zwischen allen Beteiligten war, dass die Verpflichtung der Arbeitsgemeinschaften und der zugelassenen kommunalen Träger zur Erbringung der Teilhabeleistungen für behinderte Menschen nach § 16 Abs. 1 SGB II von dieser Regelung unberührt bleibt.

Der Wunsch des Bundesrats, die Leistungsverpflichtung der zugelassenen kommunalen Träger zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen nach § 16 Abs. 1 SGB II abzuschaffen, würde die arbeitsmarkt- und behindertenpolitische Zuständigkeit für die behinderten Menschen isoliert auf die BA zurückverlagern. In Folge würden die Erbringung passiver und aktiver Leistungen auseinanderfallen und neue Schnittstellen entstehen. Die explizit erhobene Forderung auf Verlagerung der Teilhabeförderung aus der Zuständigkeit allein der zugelassenen kommunalen Träger bedeutet eine nicht hinzunehmende Ungleichbehandlung von zugelassenen kommunalen Trägern und Arbeitsgemeinschaften. Im Ergebnis kann nicht akzeptiert werden, dass die Länder sich den Aufgaben zur beruflichen Integration behinderter Menschen im Kontext des SGB II entziehen wollen.

Es besteht keine Notwendigkeit, umfassend behindertenspezifisch ausgebildetes Fachpersonal bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorzuhalten. Die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und die Erstellung eines Eingliederungsvorschlags erfolgt durch die BA als Rehabilitationsträger. Die Leistungs- und Integrationsverantwortung der zugelassenen kommunalen Träger bzw. Arbeitsgemeinschaften führen auch nicht zu doppelten Zuständigkeiten für die Teilhabeleistungen. Bei gegebener Zuständigkeit der BA für die Integration von jungen Berufswählern nach dem SGB III erbringt sie auch für behinderte Jugendliche die passiven und aktiven Leistungen zur Berufsausbildung und Berufsvorbereitung aus einer Hand. Bei erwachsenen behinderten Menschen sind die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende umfassend für die Erbringung der passiven wie aktiven Leistungen zur beruflichen Integration zuständig.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 5 SGB II sind die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende insbesondere darauf auszurichten, dass behindertenspezifische Nachteile überwunden werden. Die Forderung nach einer vollständigen Verlagerung allein der Zuständigkeit von zugelassenen kommunalen Trägern für die Erbringung von Teilhabeleistungen in den Rechtskreis des SGB III ist mit diesem Ziel nicht vereinbar. Im Interesse einer raschen beruflichen Eingliederung behinderter hilfebedürftiger Menschen ist es angebracht, dass die Länder ihre behindertenpolitische Verantwortung wahrnehmen und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einer möglichst engen Zusammenarbeit mit der BA als Rehabilitationsträger unterstützen.

Zu Punkt 9:

Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung des Bundesrates. Unabhängig davon, welcher Leistungsträger für die Ausbildungsvermittlung zuständig ist, wird stets eine Schnittstelle bestehen, weil Orientierung, Beratung, Vermittlung und - soweit erforderlich - Förderung sowie Gewährung des Arbeitslosengeldes II einen sachlichen Zusammenhang bilden. Eine Schnittstelle wäre nur vermeidbar, wenn ein Träger für alle Aufgaben der beruflichen Eingliederung Jugendlicher und der Gewährung des Arbeitslosengeldes II ausschließlich zuständig wäre. Dies könnte bei Weiterverfolgung des Vorschlages des Bundesrates nur durch eine Zusammenführung der Leistungen aus dem SGB III und SGB II bei der BA verwirklicht werden.

Das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung sowohl für die Agenturen für Arbeit als auch (über § 6b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) für die zugelassenen kommunalen Träger als Pflichtleistung in den Leistungskatalog des SGB II aufgenommen. Damit wurde die Zuständigkeit sowohl für die Ausbildungs- als auch für die Arbeitsvermittlung für alle Träger einheitlich geregelt. Da erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung gegen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben, sind sie nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB III von der Vermittlung durch den Träger der Arbeitsförderung ausgeschlossen.

Mit dieser Regelung wird berücksichtigt, dass der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über den günstigen Betreuungsschlüssel verfügt, der eine intensive und umfassende Betreuung durch den persönlichen Ansprechpartner ermöglicht. Nur so kann der Leistungsgrundsatz des § 3 Abs. 2 SGB II (unverzügliche Vermittlung junger erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in Ausbildung, Arbeit oder Arbeitsgelegenheit) in der Praxis realisiert werden. Auf der Basis einer fachgerechten Dokumentation des Orientierungs- bzw. Beratungsprozesses durch den Berufsberater bei der Agentur für Arbeit besteht für jeden Vermittler, persönlichen Ansprechpartner oder Fallmanager die Möglichkeit, die Vermittlung durchzuführen.

Mit der Möglichkeit für die Grundsicherungsträger, die Ausbildungsvermittlung durch die Agenturen für Arbeit wahrnehmen zu lassen (§ 16 Abs. 1b SGB II), wurde eine flexible Reglung verabschiedet, die entsprechend den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort, genügend Spielraum zur Erbringung der Ausbildungsvermittlung lässt. Diese Möglichkeit haben bis Ende Dezember 2007 202 Arbeitsgemeinschaften (57,4 %) genutzt.

Zu Punkt 10:

Durch die Neufassung von § 7 Abs. 4 SGB II, wonach nunmehr Leistungen nach dem SGB II für die Dauer der Unterbringung in einer stationären Einrichtung generell ausgeschlossen sind, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Betroffenen während des Aufenthalts in der Regel nicht in Arbeit eingegliedert werden können. Bestehen im Einzelfall Zweifel über die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen wird durch den allgemeinen Leistungsausschluss zugleich ein unter Umständen schwieriges und langwieriges Feststellungsverfahren vermieden. Von Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 8 SGB II ist dagegen in jedem Fall auszugehen, wenn der Untergebrachte für mindestens 15 Stunden wöchentlich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einer Erwerbstätigkeit nachgeht; die Gewährung von Leistungen, insbesondere Eingliederungsleistungen, der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist dann sachgerecht.

Soweit befürchtet wird, einer von § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II erfassten Person könnte während des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung, insbesondere gegen Ende der Unterbringung, wegen des Ausschlusses von SGB II - Leistungen keinerlei Unterstützung bei der beruflichen Integration gewährt werden, ist darauf hinzuweisen, dass in diesem Fall Eingliederungsleistungen nach dem SGB III, insbesondere die Beratungs- und Vermittlungsleistungen der Agenturen für Arbeit, in Anspruch genommen werden können.

Im Hinblick auf die Kritik an der zu treffenden Prognoseentscheidung für den Fall eines Krankenhausaufenthalts gem. § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II ist herauszustellen, dass mit der Neuregelung zuvor bestehende Unklarheiten über die Zuständigkeit der Leistungsträger (Grundsicherung für Arbeitsuchende oder Sozialhilfe) ausgeräumt wurden. Die jetzige Fassung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II trägt daher zur Rechtssicherheit bei.

Zu Punkt 11:

Der Auffassung des Bundesrates wird seitens der Bundesregierung zugestimmt. Bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik muss die Förderung der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt im Vordergrund stehen und demzufolge kann die Förderung von öffentlich geförderter Beschäftigung - hierunter fallen auch Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (von der Bundesregierung als Zusatzjobs bezeichnet) - nur die letzte Alternative zur Überwindung von Arbeitslosigkeit darstellen und ist insbesondere nachrangig gegenüber Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung, Qualifizierung und anderen Instrumenten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Zusatzjobs in erster Linie nicht der direkten Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt, sondern der (Wieder-) Herstellung, dem Erhalt und der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dienen. Zusatzjobs bilden die erste Stufe einer Eingliederungsleiter, der weitere Schritte wie z.B. eine Berufsausbildung, eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme oder ein Eingliederungszuschuss, soweit notwendig, folgen sollen. Die Bundesregierung sieht daher den Erfolg eines Zusatzjobs nicht nur in einer sich an den Zusatzjob anschließenden Eingliederung in den regulären Arbeitsmarkt, sondern auch bereits in der Erzielung von Integrationsfortschritten, z.B. in der (Wieder-) Herstellung der Beschäftigungsfähigkeit.

Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung der Arbeitsgelegenheiten, insbesondere die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II sehr aufmerksam und geht bekanntgewordenen Vorwürfen von Wettbewerbsverzerrungen nach. Zur Umsetzung der Zusatzjobs, die mit rund 94 % den größten Anteil an den Arbeitsgelegenheiten darstellen, hat die Bundesagentur für Arbeit in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Anfang 2005 eine Arbeitshilfe mit Empfehlungscharakter für die ARGE/Agentur für Arbeit erarbeitet.

Die Bundesregierung hat aufgrund eigener Erkenntnisse und insbesondere der Ergebnisse des Bundesrechnungshof in enger Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit die bisherige Arbeitshilfe mit Empfehlungscharakter neu ausgerichtet. Die überarbeitete Arbeitshilfe, die den Arbeitsgemeinschaften und Agenturen für Arbeit zum 1. August 2007 zur Verfügung gestellt wurde, enthält nunmehr einen neuen Abschnitt mit fachlichen Hinweisen zur Rechtsauslegung und einen Empfehlungsteil. In den fachlichen Hinweisen zur Rechtsauslegung werden u. a. die Kriterien des öffentliches Interesses und der Zusätzlichkeit der Arbeiten in Zusatzjobs verbindlich definiert und die Wettbewerbsneutralität sowie die Vermeidung von Verdrängung regulärer Beschäftigung durch Zusatzjobs verbindlich geregelt.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass sowohl der zwischenzeitlich eingetretene Fortschritt in der qualitativen Bearbeitung der Zusatzjobs als auch die neue Ausrichtung der Arbeitshilfe mit den fachlichen Hinweisen zur Rechtsauslegung dazu führt, dass durch eine sorgfältige und verantwortungsbewusste Prüfung der für Zusatzjobs vorgegebenen Fördervoraussetzungen der Zusätzlichkeit und des Öffentlichen Interesses der zu fördernden Arbeiten durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Wettbewerbsverzerrungen weitgehend ausgeschlossen und die Verdrängung regulärer Arbeitsplätze vermieden werden kann.

Zu Punkt 12:

Die mit § 22 Abs. 7 SGB II gefundene Lösung ist geeignet, den Fällen zu begegnen, in denen den Auszubildenden bislang nicht nach den Standards der Sozialhilfe entsprechende Mittel zur Verfügung gestanden haben.

Seit Einführung der Regelung ist insbesondere auch nicht zu beobachten, dass die Kommunen durch diese Regelung über Gebühr belastet werden: Die Angemessenheit der Kosten wird von dem Kommunen beurteilt. Die als angemessen anerkannten Kosten müssen unter Beachtung der Selbsthilfemöglichkeiten ungedeckt sein. Hierzu gehört die Berücksichtigung von Kindergeld oder Zuverdienst, aber auch die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Wohngeldgesetz. Damit ist die Anwendung des § 22 Abs. 7 SGB II auf wenige Fälle beschränkt. Die Befürchtung des Bundesrates, es entstehe eine erhebliche finanzielle Zusatzbelastung der kommunalen Träger, war daher unbegründet.

Zudem wird die vom Deutschen Bundestag beschlossene Erhöhung der Ausbildungsförderung ab Herbst 2008 zu einer Reduzierung der Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II führen.

Zu Punkt 13:

Aufstocker beziehen ergänzend zum Arbeitslosengeld nach dem SGB III Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wenn das Arbeitslosengeld zur Bedarfsdeckung nicht ausreicht. Sie erhalten also ihre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Träger der Arbeitsförderung und die Träger der Grundsicherung. Durch den Träger der Arbeitsförderung werden ferner die Pflichtleistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem SGB III (wie z.B. Arbeits- und Ausbildungsvermittlung, Gründungszuschuss, Übergangsgeld und Kosten der Teilnahme an besonderen Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation) gewährt. Die Ermessensleistungen zur Eingliederung in Arbeit erhalten Aufstocker jedoch nach den Regelungen des SGB II. Daher können Aufstocker - anders als andere Bezieher von Arbeitslosengeld - auch die in § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II geregelten flankierenden Eingliederungsleistungen (z.B. Schuldner- und Suchtberatung) erhalten.

Die bestehende Regelung setzt die Betreuung der gesamten Bedarfsgemeinschaft aus einer Hand so weit wie möglich um. Insbesondere wird gewährleistet, dass die Eingliederungsleistungen für mehrere Erwerbsfähige innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft aufeinander abgestimmt werden können.

Die einheitliche Gewährung von Eingliederungsleistungen nach dem SGB II stellt weiterhin sicher, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger hinsichtlich der arbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht unterschiedlich behandelt werden.

Um die Zusammenarbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu verbessern, wurden Zusammenarbeits- und Informationsvorschriften in das SGB II und das SGB III neu eingefügt.

Zu Punkt 14:

Es wird auf die Stellungnahme der Bundesregierung zur BR-Drs. 892/05 (PDF) vom 11. September 2007 verwiesen.