Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank: Jahreswachstumsbericht 2017 COM (2016) 725 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl. Drucksache 581/15 (PDF) = AE-Nr. 150826

Europäische Kommission
Brüssel, den 16.11.2016
COM (2016) 725 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen WIRTSCHFATS-UND Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische INVESTITIONSBANK: Jahreswachstumsbericht 2017

Einleitung

Im Jahreswachstumsbericht 2017 werden die dringendsten wirtschafts- und sozialpolitischen Prioritäten, auf die sich die Europäische Union und die Mitgliedstaaten in den kommenden Monaten konzentrieren müssen, dargelegt. In seiner Rede zur Lage der Union am 14. September 2016 betonte der Präsident, dass Europa die wirtschaftliche Erholung weiter vorantreiben und verstärkt in die Jugend und die Arbeitsuchenden sowie in Startup-Unternehmen und KMU investieren muss. Die Absichtserklärung, die am selben Tag vom Präsidenten und dem Ersten Vizepräsidenten unterzeichnet und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments und dem Ratsvorsitz übermittelt wurde, verwies deutlich darauf, dass die Wirtschaft in einer Weise wiederbelebt werden muss, die allen und speziell den schwächeren Teilen der Gesellschaft zugutekommt und die die Fairness und soziale Dimension des Binnenmarktes stärkt. Es werden dort mehrere Maßnahmen genannt, mit denen das oberste Ziel der Kommission - die Förderung von Arbeitsplätzen, Wachstum und Investitionen in der Union - umgesetzt werden kann.1 Auch im "Bratislava-Fahrplan", den die Staats- und Regierungschefs von 27 Mitgliedstaaten am 16. September 2016 gebilligt haben, wurden die Gewährleistung einer aussichtsreichen wirtschaftlichen Zukunft für alle Bürger, die Bewahrung unserer Lebensweise und die Verbesserung der Chancen für junge Menschen als prioritäre Ziele hervorgehoben.

Die in diesem Jahreswachstumsbericht enthaltenen politischen Leitlinien werden durch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik im Euro- Währungsgebiet2, eine Mitteilung über einen positiven fiskalischen Kurs für das EuroWährungsgebiet3 sowie gründliche Analysen des Wirtschaftsumfelds4 und der Arbeitsmarkt- und sozialen Bedingungen ergänzt.5 Der Bericht stützt sich auf die wirtschaftspolitische Strategie des magischen Dreiecks "Investitionen - Strukturreformen - verantwortungsvolle Haushaltspolitik", das diese Kommission seit dem Beginn ihrer Amtszeit im Rahmen ihrer übergeordneten "Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel" verfolgt. Er trägt außerdem den Debatten Rechnung, die im Europäischen Parlament, im Rat und in den übrigen EU-Organen im Anschluss an die Rede zur Lage der Union geführt wurden, und berücksichtigt die von den Sozialpartnern im Rahmen der eingerichteten Dialoge zum Ausdruck gebrachten Standpunkte.

Es gibt in der EU trotz der zunehmenden Ungewissheit in der Welt eine Reihe von positiven Entwicklungen, an denen die Widerstandsfähigkeit und die Erholung der europäischen Wirtschaft deutlich werden. Sämtliche Mitgliedstaaten sind wieder auf Wachstumskurs. Die Investitionstätigkeit nimmt wieder zu. Seit 2013 wurden 8 Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Die Beschäftigungsquote ist ebenfalls gestiegen. Wenn der derzeitige Trend anhält, lässt sich das in der Strategie Europa 2020 festgelegte Beschäftigungsziel von 75 % erreichen. Dass sich die Erwerbsquoten trotz der Krise im Laufe der Jahre positiv entwickelt haben, ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass sich die Leistungsfähigkeit der Arbeitsmärkte infolge struktureller Verbesserungen erhöht hat. Das durchschnittliche öffentliche Defizit, das im Euro-Währungsgebiet vor einigen Jahren noch über 6 % betrug, liegt in diesem Jahr bei unter 2 % und wird noch weiter zurückgehen. Die gesamtstaatlichen Schuldenstände haben sich stabilisiert und dürften künftig sinken.

Diese Fortschritte sind aber auf keinen Fall ausreichend, denn die Erholung bleibt fragil. Das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die Investitionstätigkeit werden nach wie vor durch die Altlasten der Krisenjahre sowie von strukturellen Problemen gebremst, die auf die Zeit vor der Krise zurückgehen. Trotz der jüngsten Verbesserungen ist die Arbeitslosigkeit in vielen Teilen Europas noch immer viel zu hoch, und in vielen Mitgliedstaaten verursachen die langen Perioden hoher Arbeitslosigkeit beträchtliche soziale Kosten. Außerdem bleiben die Wachstumsraten des BIP und der Produktivität unter ihrem Potenzial und die Investitionen haben ihr Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht. Schließlich bestehen noch immer erhebliche Ungleichgewichte und umfassende Risiken innerhalb des Euro-Währungsgebiets und in der EU insgesamt, da die Bemühungen um Konvergenz zwischen den und innerhalb der Mitgliedstaaten vielfach zum Stillstand gekommen sind.

Kasten 1: Zentrale wirtschaftliche und soziale Entwicklungen im Zeitraum 2014-2016

Seit dem Amtsantritt dieser Kommission sind eine Reihe positiver Entwicklungen zu verzeichnen:

Diese Fortschritte sind aber auf keinen Fall ausreichend:

Des Weiteren ist mit der Globalisierung, den demografischen und den technologischen Entwicklungen ein grundlegender Wandel im Gange, und es muss dafür gesorgt werden, dass dieser Wandel für alle Bürger positiv verläuft. Diese Entwicklungen können und dürfen nicht aufgehalten werden, könnten aber ergänzende Bemühungen erfordern, die insbesondere sicherstellen, dass die Vorteile der Globalisierung und der technologischen Neuerungen, wie der Digitalisierung, gerecht unter den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verteilt werden und vor allem junge Menschen nicht außen vor bleiben. Im Interesse der Gleichheit, Gerechtigkeit und Inklusion muss auf allen Ebenen ein Bewusstsein hinsichtlich der Auswirkungen politischer Maßnahmen und Reformen auf die Einkommensverteilung geschaffen werden.

Wie das Europäische Parlament betonte6, lässt sich der tatsächliche Erfolg der wirtschaftspolitischen Koordinierung im Rahmen des Europäischen Semesters nur an der Umsetzung der in den länderspezifischen Empfehlungen beschriebenen wichtigen Reformen messen. Zwar hatte das Europäische Semester bisher zur Folge, dass die Mitgliedstaaten bedeutende Reformen in Gang setzten, doch ist die Umsetzung in einigen Bereichen insgesamt noch enttäuschend und von Land zu Land unterschiedlich. Infolge der Straffung des Europäischen Semesters sind die Empfehlungen nun besser auf die wichtigsten Herausforderungen der einzelnen Mitgliedstaaten ausgerichtet. Außerdem wurden in den verschiedenen Ratsformationen Benchmarking und Peer-Reviews verstärkt. Die Umsetzung gemeinsam vereinbarter Prioritäten bleibt eine Priorität.

Die EU sollte, wie in den Prioritäten des Arbeitsprogramms der Kommission7 vorgesehen, durch bessere Rechtsetzung und politische Leitlinien geeignete Rahmenbedingungen schaffen, doch ist es an den Mitgliedstaaten, die erforderlichen politischen Maßnahmen entsprechend umzusetzen. Die EU hat konkrete Vorschläge vorgelegt, wie die wirtschaftliche Erholung gefördert und die Widerstandsfähigkeit gegen künftige Schocks gestärkt werden können. So hat der Rat im September eine Empfehlung zur Einrichtung nationaler Ausschüsse für Produktivität angenommen, in der er die Mitgliedstaaten auffordert, ein umfassendes Konzept für die Wettbewerbsfähigkeit zu entwickeln, das auf die Steigerung von Produktivität und Wachstum ausgerichtet ist. Um das Wachstumspotenzial zu steigern und den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu festigen, sind zügigere Fortschritte bei der Annahme von Reformen im Einklang mit den an die einzelnen Mitgliedstaaten gerichteten länderspezifischen Empfehlungen sowie deren geeignete zeitliche Staffelung und Umsetzung erforderlich. Die Mitgliedstaaten sollten bei der Einführung dieser Reformen deren kurz- und mittelfristige Auswirkungen wie Verteilungseffekte und Folgekosten im Auge behalten.

Kasten 2: Aktionsschwerpunkte für die EU

Auf Ebene der Europäischen Union hat sich diese Kommission verpflichtet,

Die Prioritäten der Kommission für das nächste Jahr sind in ihrem Arbeitsprogramm für 2017 zusammengefasst.

Alle geld-, fiskal- und strukturpolitischen Instrumente müssen einzeln und gemeinsam eingesetzt werden, um die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wachstum, Investitionen und die Finanzstabilität zu unterstützen. Im derzeitigen, von schwacher Inflation, geringem Wachstum und niedrigen Zinssätzen geprägten Umfeld und angesichts des diese begünstigenden geldpolitischen Kurses sind zur Sicherung der wirtschaftlichen Erholung Maßnahmen in anderen Politikbereichen erforderlich. Angesichts der großen Verunsicherung weltweit ist es von entscheidender Bedeutung, dass mittels eines angemessenen Policy-Mix alle internen Wachstumsmotoren aktiviert werden.

Vor diesem Hintergrund fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen gemäß dem magischen Dreieck der Wirtschaftspolitik in den folgenden drei Bereichen zu intensivieren und hierbei den Fokus auf soziale Gerechtigkeit und stärker inklusives Wachstum zu legen:

1. Investitionsförderung

1.1 Verbesserung der Funktionsweise des Finanzsektors

Damit Unternehmen wachsen und innovativ arbeiten können, benötigen sie Zugang zu Finanzmitteln. In einigen Mitgliedstaaten ist der Anteil der KMU, für die der Zugang zu Finanzmitteln die größte Schwierigkeit darstellt, nach wie vor hoch (30 % in Griechenland, 25 % in Zypern). Das Finanzierungsproblem betrifft außerdem besonders kleine Unternehmen (12 % der Kleinstunternehmen), relativ junge Unternehmen (13 % der vor zwei bis fünf Jahren gegründeten Unternehmen) und junge wachstumsstarke Unternehmen (14 % der Unternehmen mit einer Jahreswachstumsrate von 20 % oder mehr - sogenannte "Gazellen")8. Da sich KMU in erster Linie über den Bankensektor finanzieren, stellt der Zugang zu Krediten für sie nach wie vor ein Problem dar; dies gilt insbesondere für Länder, deren Bankensysteme derzeit restrukturiert werden. Um den insbesondere für wachstumsstarke Unternehmen wichtigen regulatorischen Rahmen für Risikokapital auszubauen und zu reformieren und um die Kreditvergabe an die Wirtschaft auf den Finanzmärkten anzukurbeln, schlug die Kommission Änderungen der Verordnungen über den Europäischen Risikokapitalfonds und den Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum vor, die einen weiteren Schritt in Richtung auf die Kapitalmarktunion darstellen.

Die Kapitalmarktunion soll allen Unternehmen EU-weit gleichberechtigten Zugang zu Finanzmitteln bieten und durch einheitliche Ausgangsbedingungen Investitionen und Innovation begünstigen. Die Finanzierungsbedingungen und -modelle unterscheiden sich ganz erheblich von einem Mitgliedstaat zum anderen; dies bewirkt Verzerrungen für den Finanzsektor, der seine Hauptaufgabe, nämlich effizient zwischen Kapital und Investitionsmöglichkeiten zu vermitteln, nicht optimal erfüllen kann. In einer echten Kapitalmarktunion werden mit Aktien- und Anleihemärkten alternative Finanzierungsquellen zur Verfügung stehen, die einerseits das Bankensystem ergänzen und andererseits eine ordnungsgemäße Risikobewertung und Kapitalzuweisung im Finanzsystem erleichtern. Denn das Kapital sollte in Bereiche mit höherem Produktivitätswachstum, in hochproduktive Tätigkeiten und in Innovationen fließen. Stärker integrierte Kapitalmärkte würden durch private Risikoteilung zudem einen Puffer gegen Wirtschaftsschocks bieten. Dabei genügt es nicht, die rasche Verabschiedung der bereits von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sicherzustellen, sondern es sind weitere Änderungen am Rechtsrahmen für Investitionen von Banken und Versicherungen in Infrastruktur sowie kleine und mittlere Unternehmen erforderlich, um die Finanzierung der Wirtschaft steigern zu können. Darüber hinaus bestehen Schwächen in den nationalen Insolvenzregelungen, die zu uneinheitlichen Kapitalbeschaffungsbedingungen in den Mitgliedstaaten führen. In Kürze wird die Kommission einen Vorschlag über vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren, die Möglichkeit einer "zweiten Chance" und Maßnahmen zur Verbesserung von Insolvenzverfahren vorlegen.

Um Investitionen zu steigern und die Finanzierung der europäischen Wirtschaft zu erleichtern, müssen die Mitgliedstaaten außerdem die im Bankensektor verbleibenden Schwachstellen beheben. Der hohe Stand an notleidenden Krediten ist in einer Reihe von Mitgliedstaaten nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem. Notleidende Kredite und operative Schwächen in Verbindung mit einem wachstumsschwachen Niedrigzinsumfeld belasten die Rentabilität der Banken, was wiederum ihre Fähigkeit einschränkt, neues Kapital für eine weitere Kreditvergabe zu erwirtschaften oder zu beschaffen, und somit auch ihre Fähigkeit, die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, müssen die Banken von dieser Last befreit werden, ohne die öffentlichen Finanzen in Mitleidenschaft zu ziehen. Wirksame außergerichtliche Streitbeilegungs- und Insolvenzverfahren, wie vorinsolvenzliche Sanierung, sind hierfür unabdingbar, und die beschlossenen Reformen müssen vollumfänglich umgesetzt werden. Es sollte in allen Mitgliedstaaten ermöglicht und darauf hingewirkt werden, dass spezialisierte Nichtbanken im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften notleidende Kredite bedienen oder aufkaufen.

Die Banken sollten aufgefordert werden, ihre operative Effizienz weiter zu verbessern. Die zyklischen und strukturellen Faktoren - darunter der neue Regelungsrahmen und das Niedrigzinsumfeld - haben die Rentabilität der Banken belastet. Um die Geschäftsmodelle der Banken an ihr neues Geschäftsumfeld anzupassen, sind weitere Anstrengungen erforderlich, beispielsweise der weitere Abbau von Kapazitätsüberhängen und eine stärkere Konsolidierung der Branche. Über die noch nicht abgeschlossenen Rechtsetzungsmaßnahmen sollte rasch Einvernehmen erzielt werden, um für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu sorgen und die Finanzierung der Realwirtschaft nicht unnötig zu behindern. Weitere auf internationaler Ebene geplante Initiativen dürfen nicht dazu führen, dass sich die Eigenkapitalanforderungen insgesamt deutlich erhöhen.

Die Vollendung der Bankenunion sollte nun zügig vorangebracht werden. Dies erfordert Verbesserungen bei der Risikominderung und Risikoteilung. Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Trotzdem standen die Bank-Aktienkurse im Jahr 2016 wiederholt unter akutem Stress, was unter anderem auf Entwicklungen auf den internationalen Märkten, beispielsweise Turbulenzen in China, oder auf das Ergebnis des Referendums im Vereinigten Königreich zurückzuführen ist. Es ist unbedingt erforderlich, den Bankensektor zu schützen und das Vertrauen in ihn weiter zu stärken. Mit der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und den EU-Beihilfevorschriften besteht ein Rahmen, der es ermöglicht, die Finanzstabilität zu stützen und gleichzeitig die Interessen der Steuerzahler zu schützen. Die Arbeiten an einer gemeinsamen Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds sollten beschleunigt werden. Die Diskussionen über ein Europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS) sollten fortgesetzt werden, um so rasch wie möglich eine Einigung der gesetzgebenden Organe herbeizuführen, und auch der Annahme der erwarteten Vorschläge zur Risikominderung sollte Vorrang eingeräumt werden.

1.2 Verbesserung der Wirksamkeit der EU-Mittel im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa

Die Investitionsoffensive für Europa hat sich als wertvolles Instrument erwiesen, um konkrete Ergebnisse zu erzielen und eine nachhaltige Steigerung der Investitionstätigkeit in den Mitgliedstaaten anzuschieben. Durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) wurden in etwas mehr als einem Jahr in 27 Mitgliedstaaten fast 138 Mrd. EUR mobilisiert. Im selben Zeitraum profitierten bereits mehr als 300 000 KMU vom EFSI.9 Mit ihren verschiedenen Elementen (Finanzierungsinstrumente, technische Hilfe und Maßnahmen zur Verbesserung des Unternehmensumfelds) bewirkt die Investitionsoffensive für Europa in zahlreichen Sektoren echte Veränderungen, denn durch die Unterstützung innovativer Projekte trägt sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zu wirtschaftlichem Wachstum vor Ort und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bei. Diese Projekte sind für die Zukunft der europäischen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung und konzentrieren sich auf zentrale Bereiche, wie die Unterstützung von KMU, Innovation und FuE, erneuerbare Energien, Energieeffizienz, digitale und Verkehrsinfrastruktur.

Die Investitionsoffensive kommt künftig in noch mehr Mitgliedstaaten noch mehr Projekten zugute. Die Kommission hat vorgeschlagen, den EFSI zu verlängern (Vorschlag für einen "EFSI 2.0"), seine Mittelausstattung zu verdoppeln (630 Mrd. EUR bis 2022) und dabei gleichzeitig die sektorale und geografische Abdeckung zu verbessern. Es ist wichtig, dass dieser Vorschlag zügig angenommen wird.10

Die geografische Abdeckung des verlängerten EFSI soll weiter verbessert werden, indem zusätzliche und einfachere Möglichkeiten für die Bündelung einer EFSI-Förderung mit den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) geschaffen werden und europaweit eine gezieltere technische Hilfe angeboten wird. Im neuen Programmplanungszeitraum der ESI-Fonds, mit denen von 2014 bis 2020 in den Mitgliedstaaten Investitionen in Höhe von 454 Mrd. EUR gefördert werden sollen, wird stärker auf die wirksame und effiziente Verwendung von EU-Mitteln abgestellt, da in den Programmen genau anzugeben ist, welche Ergebnisse angestrebt werden und wie diese quantifiziert werden können. Des Weiteren sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die rechtlichen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, damit die geförderten Sektoren diese Ziele tatsächlich erreichen können. Die Kommission hat vorgeschlagen, die Möglichkeiten zur Kombination von EFSI-Mitteln mit ESI-Fondsmitteln und Mitteln der Fazilität "Connecting Europe" künftig noch zu erweitern.

Durch einen effizienteren Einsatz von Energie und Ressourcen und geringere Vorleistungskosten erhöhen nachhaltige Investitionen die Produktivität in allen Wirtschaftsbereichen, und sie verursachen geringere externe Kosten und Belastungen. Insbesondere durch die Unterstützung des Übergangs zu einer emissionsarmen Kreislaufwirtschaft werden neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor, beispielsweise innovative, Wartungs- und Reparaturdienstleistungen, sowie im Bereich der Entwicklung und Herstellung neuer, nachhaltigerer Produkte entstehen. Bereiche, in denen der Ansatz der Kreislaufwirtschaft und die effizientere Nutzung der Ressourcen möglicherweise erhebliche makroökonomische Bedeutung entwickeln werden, sind ein umweltorientiertes öffentliches Auftragswesen, Investitionen in Abfall- und Wasserinfrastrukturen, in eine nachhaltige Bauwirtschaft, in wichtige Rohstoffe, Biokraftstoffe und Biochemikalien sowie in Energie- und Klimaschutzprojekte.

Investitionen in Humankapital und soziale Infrastruktur sind ebenso wichtig. Der Ausbau des Angebots an Langzeitpflegeleistungen und erschwinglichen und flexiblen Kinderbetreuungsmöglichkeiten ist besonders wichtig, um Menschen und insbesondere Frauen bei ihren Betreuungspflichten gegenüber älteren Menschen und Kindern unter die Arme zu greifen. Ferner muss dauerhaft in Bildung und lebenslanges Lernen investiert werden, um die Beschäftigungsfähigkeit der Bevölkerung zu verbessern und um übermäßigen Diskrepanzen zwischen den Löhnen und Arbeitsbedingungen von hoch qualifizierten und von gering qualifizierten Arbeitskräften vorzubeugen.

Den Mitgliedstaaten werden klarere Leitlinien zu den Vorschriften für die öffentliche Rechnungslegung (ESVG 2010) zur Verfügung gestellt, insbesondere für den Bereich öffentlichprivater Partnerschaften. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank hat Eurostat einen Leitfaden für die statistische Erfassung von öffentlichprivaten Partnerschaften (ÖPP) entwickelt, der sich vor allem an private Interessenträger richtet. Der Leitfaden wurde am 29. September 2016 veröffentlicht11 und soll durch eine Informationskampagne ergänzt werden. Zudem überwacht die Kommission die Auswirkungen der Auslegung der Vorschriften für die öffentliche Rechnungslegung auf die Gründung von ÖPP in verschiedenen Sektoren genau und wird, sofern angemessen, weitere Maßnahmen ergreifen.

1.3 Beseitigung von Investitionshindernissen

Die EU und die Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zur Beseitigung von Investitionshindernissen getroffen, doch es muss mehr getan werden. Während die Kommission auf EU-Ebene weiter an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen arbeiten und unter anderem den Binnenmarkt vertiefen wird, sollten die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen verstärken, um die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bestehenden Investitionshindernisse zu beseitigen.

Nachhaltige Investitionen erfordern ein solides und berechenbares Unternehmensumfeld. Die Kommission hat bereits Initiativen vorgelegt, die die Finanzierung der Realwirtschaft erleichtern sollen, beispielsweise die Senkung der Eigenkapitalanforderungen für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bei Infrastrukturinvestitionen und die Annahme praktischer Leitlinien für die Anwendung der Beihilfevorschriften bei der öffentlichen Finanzierung von Infrastrukturvorhaben.12 Darüber hinaus umfassen die Arbeiten im Zusammenhang mit der Energieunion, der Kapitalmarktunion, der Strategie für den Binnenmarkt, der Strategie für den digitalen Binnenmarkt, dem Paket zur Kreislaufwirtschaft und den internationalen Handels- und Investitionsübereinkommen gezielte Maßnahmen, die bei einer vollständigen Umsetzung dazu beitragen werden, Hemmnisse zu beseitigen, Innovationen zu fördern und die Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Im Rahmen der Energieunion wäre beispielsweise ein Steuerungsprozess angebracht, der die nationalen Energie- und Klimavorhaben bis 2030 und danach berücksichtigt und die Zukunft für Unternehmen, Anleger und die Gesellschaft insgesamt berechenbarer macht. Außerdem sollte in bestimmten Bereichen, wie etwa der Energieeffizienz, vorab größere Gewissheit in Bezug auf die öffentliche Rechnungslegung bestehen. Mit der unionsweiten Einführung der 5G-Technik (fünfte Generation drahtloser Kommunikationssysteme) bis 2025 können zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Darüber hinaus wird der kürzlich neu aufgelegte Vorschlag für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage13 dazu beitragen, die EU für Investitionen attraktiver zu machen, da den Unternehmen vorhersehbare Regeln, faire Wettbewerbsbedingungen und geringere Befolgungskosten geboten werden. Er wird für Europa außerdem innovationsfördernd wirken, indem er dafür sorgt, dass Investitionen in Forschung und Entwicklung steuerlich abzugsfähig sind, und indem er die Benachteiligung der Eigenkapitalfinanzierung im Vergleich zur Fremdkapitalfinanzierung bei der Unternehmensbesteuerung angeht.

Weitere wichtige Wachstumsmotoren sind Investitionen in Wissen, Innovation, Bildung sowie Informations- und Kommunikationstechnologien. In mehreren Mitgliedstaaten erklärt sich der deutliche Rückgang der Investitionen in Maschinen und Anlagen zum Teil mit der rückläufigen Produktivität nach der Krise. Gleichzeitig werden umfangreichere Investitionen in immaterielle Vermögenswerte, wie FuE, IKT und Bildung, erforderlich sein, um die Gesamtfaktorproduktivität zu steigern und Investoren anzuziehen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Kapital so wirkungsvoll wie möglich genutzt wird. In der Vergangenheit hat die Gesamtfaktorproduktivität, die unter anderem Faktoren wie Innovation und einen effizienteren Ressourceneinsatz umfasst, in der EU weniger wachstums- und produktivitätsfördernd gewirkt als in den Vereinigten Staaten. Die Ursachen für diese schwächeren Ergebnisse sind in den strukturellen Problemen der europäischen Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Arbeitsmärkte zu sehen. Für die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum ist ein verbessertes Zusammenwirken von Hochschulforschung und unternehmensinterner Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen von zentraler Bedeutung. Desgleichen wäre die Einrichtung nationaler Plattformen zur Digitalisierung der Wirtschaft vorteilhaft, um die für diesen Bereich vorgesehenen EU-Mittel besser mobilisieren zu können und so beträchtliche Investitionen zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken.

Zur Beseitigung der im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten Investitionshemmnisse müssen die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Umsetzung notwendiger Reformen verstärken. Zwar haben einige Mitgliedstaaten und insbesondere stark von der Krise betroffene Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets entsprechende Maßnahmen ergriffen, doch sind die Fortschritte bei der Beseitigung von Investitionshindernissen insgesamt uneinheitlich und reichen nicht aus. Dies betrifft Bereiche wie das Insolvenzrecht, das öffentliche Auftragswesen, die Effizienz und Transparenz der öffentlichen Verwaltung sowie sektorspezifische Vorschriften und die Funktionsweise der Arbeits- und Produktmärkte. Insbesondere eine effiziente und transparente öffentliche Verwaltung und eine gut funktionierende Justiz sind Grundvoraussetzungen für Wirtschaftswachstum und hochwertige Leistungen für Unternehmen und Bürger. In einigen Mitgliedstaaten bestehen zusätzliche Investitionshemmnisse in Form einer hohen Besteuerung, eines hochkomplexen Steuersystems, von Korruption, einer schwachen Forschungs- und Innovationslandschaft oder eines erschwerten Zugangs zu Finanzmitteln, insbesondere für KMU. Diese in den länderspezifischen Empfehlungen angemahnten Reformen sind notwendig, um die Investitionstätigkeit in den Mitgliedstaaten den nationalen Besonderheiten entsprechend aufrechtzuerhalten und zu steigern.

1.4 Globale Märkte und Investitionen eröffnen Chancen für europäische Unternehmen

Exporte in Drittländer gewinnen als Beschäftigungsquelle für Europäer zunehmend an Bedeutung. Dank der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen gründen sich inzwischen über 30 Millionen Arbeitsplätze - zwei Drittel mehr als vor 15 Jahren - auf Ausfuhren in Länder außerhalb der Union. Damit hängt fast jeder siebte Arbeitsplatz in Europa vom Export ab. Diese Arbeitsplätze erfordern hoch qualifizierte Arbeitskräfte und sind überdurchschnittlich bezahlt. Sie verteilen sich auf alle EU-Mitgliedstaaten und stehen entweder direkt oder indirekt mit Ausfuhren aus der Union in Verbindung. So hängen etwa in Polen 200 000, in Italien 140 000 und im Vereinigten Königreich 130 000 Arbeitsplätze mit deutschen Ausfuhren in Nicht-EU-Länder zusammen. Die französischen Ausfuhren in Länder außerhalb der Union bilden die Grundlage für 150 000 Arbeitsplätze in Deutschland, 50 000 in Spanien und 30 000 in Belgien. Vom Handel profitieren somit weit größere Kreise als häufig angenommen wird, und nicht zuletzt auch die europäischen Verbraucher. Vor dem Hintergrund erster Anzeichen für eine Trendumkehr im internationalen Handel ist es notwendig, handelsoffen zu bleiben und den europäischen Unternehmen, insbesondere

Dienstleistungsbetrieben und KMU, eine stärkere Einbindung in globale Wertschöpfungsketten zu erleichtern.

Die EU hat die Möglichkeit, die Handels- und Investitionspolitik zum Vorteil ihrer Unternehmen, Verbraucher und Arbeitnehmer auf dieses Ziel auszurichten. Die EU ist weltweit der größte Exporteur und Importeur von Waren und Dienstleistungen insgesamt. Sie ist dadurch für etwa 80 Länder der wichtigste und für weitere 40 der zweitwichtigste Handelspartner. Die EU sollte diese Stärke so nutzen, dass sowohl die europäischen Bürger als auch die Menschen in anderen Teilen der Welt, insbesondere in den ärmsten Ländern der Erde, davon profitieren.

Die Ratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens eröffnet den europäischen Unternehmen zusätzliche Chancen. Für europäische, auf CO₂- und emissionsarme Technologien spezialisierte Unternehmen bildet das Abkommen einen sicheren strategischen und Investitionsrahmen, der nicht nur für Europa, sondern für die gesamte übrige Welt anwendbar ist. Die EU und ihre Mitgliedstaaten leisten den größten Beitrag zur öffentlichen Klimaschutzfinanzierung in Entwicklungsländern. Gemeinsam stellen sie rund ein Drittel der öffentlichen Mittel für Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels zur Verfügung und haben nahezu die Hälfte der Gesamtmittel für den globalen Klimaschutzfonds zugesagt. Im

Zeitraum 2014-2020 sollen mindestens 20 % der Haushaltsmittel der EU für mit dem Klimaschutz verbundene Maßnahmen verwendet werden. Die EU finanziert die Globale Allianz gegen den Klimawandel (Global Climate Change Alliance), eine der weltweit größten Klimaschutz-Initiativen. Um die ärmsten und am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen noch intensiver zu unterstützen, hat die EU für den Zeitraum 2014-2020 eine neue Phase der Allianz eingeleitet, in deren Rahmen Mittel im Umfang von rund 350 Mio. EUR gebunden werden sollen. Damit sollen die am wenigsten entwickelten Länder und kleinen Inselentwicklungsländer bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels unterstützt werden. Im vergangenen Jahr haben die EU und ihre Mitgliedstaaten 17,6 Mrd. EUR aufgebracht, um Entwicklungsländer bei der Bewältigung des Klimawandels zu unterstützen. Diese Maßnahmen zeigen, dass die EU entschlossen ist, ihren Beitrag zu dem von den Industrieländern vereinbarten Ziel zu leisten, nämlich den Entwicklungsländern bis 2020 insgesamt 100 Mrd. USD aus verschiedenen Quellen zur Verfügung zu stellen.

Die Europäische Union muss für europäische und internationale Anleger attraktiver werden. Der Anteil der EU am Gesamtbetrag der ausländischen Direktinvestitionen ist von rund 50 % vor der Krise auf 20 % im Jahr 2014 zurückgegangen. Die ausländischen Direktinvestitionen sind zwar von globalen Entwicklungen und weitgehend EU-fremden Ereignissen abhängig, für Zuflüsse spielen aber auch verschiedene länderspezifische Standortfaktoren, unternehmensspezifische und sektorspezifische Faktoren eine Rolle, die für das Investitionsklima maßgeblich sind und die die politischen Entscheidungsträger auf kurze und mittlere Sicht unmittelbar beeinflussen können.

2. Fortsetzung der Strukturreformen

2.1. Schaffung von Arbeitsplätzen und Verbesserung der Kompetenzen

Die Mitgliedstaaten müssen verstärkt in die Schaffung von Rahmenbedingungen investieren, um die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen, mehr hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und eine wirksame Ausbildung und Weiterqualifizierung zu gewährleisten. Gut funktionierende, flexible Arbeitsmärkte müssen Möglichkeiten zur Verbesserung der Kompetenzen und Einkommensunterstützungssysteme für Übergangszeiten beim Berufswechsel bieten. Gleichzeitig müssen auf soliden Sozialstandards fußende Wohlfahrtssysteme bestehen. Die Mitgliedstaaten, die vor der Krise umfassende Arbeitsmarkt- und Sozialschutzreformen durchgeführt hatten, sind während des wirtschaftlichen Abschwungs besser in der Lage gewesen, die Beschäftigung zu stützen und soziale Gerechtigkeit zu wahren. Diese Reformen beinhalten flexible und verlässliche vertragliche Vereinbarungen, die Arbeitsmarktübergänge begünstigen und einen zweigeteilten Arbeitsmarkt verhindern, umfassende Strategien für lebenslanges Lernen, wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und moderne Sozialschutzsysteme. Andere Mitgliedstaaten haben während der Krise in diese Richtung gehende Reformen eingeleitet, die bei der aktuellen Erholung zu einer erhöhten Erwerbsintensität beitragen.

In vielen Mitgliedstaaten schrumpfen weiterhin die Erwerbsbevölkerung und die Zahl der Erwerbstätigen, vor allem aufgrund von niedrigen Geburtenraten, Überalterung, Abwanderung und gesundheitsbedingtem Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Segmentierung des Arbeitsmarktes und deren Auswirkungen auf das Produktivitätswachstum müssen in diesem Zusammenhang angegangen werden, um negative Auswirkungen auf die Binnennachfrage und das Produktivitätswachstum zu verringern. Zudem ist Chancengleichheit für die soziale Gerechtigkeit von entscheidender Bedeutung. Die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, die Beseitigung des ungerechtfertigten geschlechtsspezifischen Lohngefälles, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben von Männern und Frauen, die weiteren Fortschritte bei der Inklusion benachteiligter Gruppen und die Bekämpfung der Diskriminierung von Personen mit Migrationshintergrund sind Beispiele dafür, wie Wachstum und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen. Vor diesem Hintergrund müssen die Mitgliedstaaten den Zugang zu hochwertigen

Dienstleistungen und Sachleistungen, wie Kinderbetreuung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege sowie Bildung und Ausbildung sicherstellen. Durch hochwertige

Dienstleistungen und Sachleistungen kann die Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, erhöht und die soziale Inklusion verbessert werden. Auch Maßnahmen im Bereich des Wohnungswesens sind wichtig, da durch gezielte Zuschüsse oder Programme für den sozialen Wohnungsbau auf nationaler Ebene Hindernisse, die der geografischen Mobilität im Wege stehen, beseitigt werden können.

In einigen Mitgliedstaaten müssen für den Zustrom an Migranten und Flüchtlingen geeignete Strukturen geschaffen werden, die über die Deckung des unmittelbaren kurzfristigen Bedarfs hinausgehen. Die wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Auswirkungen sind nicht von der Hand zu weisen, jedoch können diese aus makroökonomischer Sicht bewältigt und eingedämmt werden. Die strategische Herausforderung besteht darin, zunächst für eine reibungslose Aufnahme in den jeweiligen Gesellschaften zu sorgen, aber dabei bereits die längerfristigen Herausforderungen in Bezug auf arbeitsmarkt- und bildungspolitische Maßnahmen, Institutionen und Sozialsysteme im Auge zu behalten. Die Fähigkeit zur Anpassung der politischen Maßnahmen, zur Schaffung von Anreizen und zum Aufbau von Kompetenzen, die die Eingliederung in den Arbeitsmarkt fördern, wird unmittelbare Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen haben. So haben mehrere Mitgliedstaaten Strategien entwickelt, mit denen die Eingliederung von Migranten, die über Erfahrungen und unternehmerische Fähigkeiten verfügen, gefördert wird. Diese Mitgliedstaaten haben die Migranten dabei unterstützt, ihre Fähigkeiten und Erfahrungen an die örtlichen Marktbedingungen anzupassen14.

Trotz der in jüngster Zeit erzielten Fortschritte müssen die Mitgliedstaaten weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ergreifen. Neun Millionen junge Menschen haben bislang die EU-Jugendgarantie, ein Konzept zur Erleichterung des Übergangs von der Schule ins Berufsleben, zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen und zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung, in Anspruch genommen. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch die Ausweitung der Jugendgarantie weiterverfolgen und ihre Wirksamkeit verbessern, um die am stärksten betroffenen Regionen und jungen Menschen zu erreichen. Die Kommission wird alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente mobilisieren; zudem hat sie zusätzliche Mittel für die Finanzierung der Jugendgarantie vorgeschlagen und wird in Kürze eine neue Initiative für die Jugend vorstellen. Darüber hinaus haben nahezu vier Millionen Studenten bereits am Erasmus-Programm teilgenommen. Durchschnittlich bekommt einer von drei Erasmus-Empfängern sogar von den Unternehmen, in denen er ein Praktikum absolviert hat, einen Arbeitsplatz angeboten.

Die Mitgliedstaaten müssen den Schwerpunkt auf die Verbesserung der Arbeitsmarktrelevanz von Kompetenzen legen, da Prognosen auf einen künftigen Mangel an Arbeitnehmern mit Berufsabschluss hindeuten. Für zu viele junge Menschen stellt die berufliche Erstausbildung nur die zweite Wahl dar, und nur wenigen Arbeitnehmern wird die Möglichkeit zur Weiterbildung geboten. Die Modernisierung der beruflichen Bildung, einschließlich der Förderung flexibler Lernwege, wird den Menschen dabei helfen, im Laufe ihres Lebens geeignete übertragbare Kompetenzen zu entwickeln. Dies erfordert enge Partnerschaften mit der Wirtschaft, den Hochschulen und der Forschung. Die aktive Einbindung der Sozialpartner kann zur Entwicklung von betrieblichen Berufsausbildungen in neuen Bereichen führen, die verschiedene Kompetenzniveaus abdecken und zur Beseitigung von Kompetenzdefiziten beitragen dürften. Auf EU-Ebene zielt die Überarbeitung der Richtlinie über die "Blaue Karte" auf die Harmonisierung und Klärung des Rechtsrahmens zur Anziehung hoch qualifizierter Drittstaatsangehöriger ab, während die Kompetenzgarantie die Notwendigkeit unterstreicht, die besonderen Bedürfnisse von Drittstaatsangehörigen zu ermitteln.

Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung müssen modernisiert werden, um die Menschen mit besseren Kompetenzen auszustatten, angefangen bei grundlegenden Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen bis hin zu unternehmerischen und IKT-Kompetenzen. Die Indikatoren in Bezug auf die Bildungsabschlüsse haben sich auch 2015 weiter verbessert; der Anteil der vorzeitigen Schulabgänger ist in den meisten Mitgliedstaaten zurückgegangen und erreichte 11 %. Allerdings ist bei Roma-Schülern und Schülern mit Migrationshintergrund, insbesondere bei im Ausland geborenen Schülern, der Anteil der vorzeitigen Schulabgänger höher. Die Quote der Tertiärabschlüsse hat ebenfalls kontinuierlich und signifikant zugenommen und betrug im Jahr 2015 38,7 %, wobei 17 Mitgliedstaaten bereits über dem in der Strategie Europa 2020 festgelegten Kernziel von 40 % liegen. Gemessen an internationalen Standards erreichen immer noch zu viele Europäerinnen und Europäer ein lediglich geringes Niveau in Bezug auf grundlegende Kompetenzen und IKT-Kompetenzen. In einer sich rasch wandelnden Weltwirtschaft stellt dies einen Wettbewerbsnachteil für Europa dar. Die Förderung von Kompetenzen ist von wesentlicher Bedeutung, um die Konvergenz zu erhöhen und die Nachhaltigkeit des europäischen Sozialmodells zu sichern, wobei gleichzeitig bessere unternehmerische und Innovationsfähigkeiten unterstützt werden sollen. Mit der Neuen europäischen Agenda für Kompetenzen15 wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Unterstützung von Erwachsenen gelegt, die die Sekundarstufe II nicht erreicht haben, indem sie die Möglichkeit erhalten, ihr Kompetenzniveau zu ermitteln, neue Ausbildungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen und die so erworbenen Kompetenzen zu validieren.

Ein wirksamer sozialer Dialog ist für eine gut funktionierende soziale Marktwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Leistungsstärkere Mitgliedstaaten verfügen tendenziell über einen stärker verankerten sozialen Dialog.

Der Erfolg des sozialen Dialogs hängt von einer Reihe von Faktoren ab, unter anderem von der Bereitschaft und der Fähigkeit der einzelnen Partner, sich für gemeinsame Lösungen einzusetzen, zum Beispiel in Bezug auf die Lohnfestsetzung16. Die Einbeziehung der Sozialpartner auf EU- und nationaler Ebene trägt entscheidend dazu bei, ausgewogene Lösungen bei der umfassenden und vorausschauenden Ausgestaltung und Umsetzung der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu finden.

Die Mitgliedstaaten sollten zusammen mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Vorgehensweisen sicherstellen, dass ihre Lohnfestsetzungssysteme sowohl im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen als auch auf die Erhöhung der Reallöhne Wirkung zeigen und sich so besser an im Laufe der Zeit eintretende Produktivitätsänderungen anpassen. In einer Reihe von Mitgliedstaaten bildet die Lohnentwicklung die Entwicklung der Produktivität nicht hinreichend ab. Dies kann entweder zu einer Aushöhlung der Wettbewerbsfähigkeit oder, im Fall von zu geringen Lohnentwicklungen, zu einer schwächeren Gesamtnachfrage und weniger Wachstum führen. Außerdem kann dies Produktivitätssteigerungen, Forschung, Entwicklung und Innovation sowie Investitionen in das Humankapital zur Verbesserung von Qualifikationen im Wege stehen. Zudem könnten dadurch Anreize für eine Umverteilung von Ressourcen hin zu Sektoren mit höherer Wertschöpfung verzerrt und somit weitere strukturelle Veränderungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Volkswirtschaften behindert werden. Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass die unterschiedlichen Kompetenzen und Wirtschaftsleistungen der verschiedenen Regionen, Sektoren und Unternehmen berücksichtigt werden. Bei der Festlegung von Mindestlöhnen sollten die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner die Auswirkungen auf die trotz Erwerbstätigkeit bestehende Armut, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit in Erwägung ziehen.

2.2. Sozialpolitik als produktiver Faktor - Modernisierung des Wohlfahrtsstaates

Die Mitgliedstaaten müssen ihre Sozialschutzsysteme umgestalten, um Erwerbsbeteiligungsanreize zu verbessern und für eine angemessene Beschäftigungssicherheit und einen angemessenen Einkommensersatz zu sorgen. Der Anteil der Menschen in der EU, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist im Jahr 2015 weiter gesunken, bleibt aber weiterhin sehr hoch17. Auch wenn die EU noch immer weit von ihrem in der Strategie Europa 2020 festgelegten Ziel entfernt ist, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Personen bis zum Jahr 2020 um 20 Millionen zu verringern, nähert sich die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen erneut dem Niveau des Jahres 2008, dem Bezugsjahr für die Festlegung des Ziels der Strategie Europa 2020, an. Die Ausgaben für den Sozialschutz machen einen Großteil der öffentlichen Ausgaben der Mitgliedstaaten aus, und sind auch für den Ausgabenanstieg in den vergangenen Jahren mitverantwortlich, jedoch besteht Raum für eine gezieltere Mittelverwendung.

Steuer- und Sozialleistungssysteme sollten eine angemessene soziale Unterstützung und Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bieten. Die Verbesserung der Angemessenheit und Reichweite von Systemen zur Einkommensstützung (Arbeitslosenleistungen, Sozialleistungen, einschließlich Mindesteinkommen; Renten) ist von entscheidender Bedeutung für die Vermeidung von sozialer Ausgrenzung und kann, im Falle der Arbeitslosenleistungen, sowohl die makroökonomische Stabilität als auch die Arbeitsmarktbindung verbessern und gleichzeitig die Prekarität verringern. Arbeitslosenleistungen sollten hinsichtlich der Bezugsdauer, der Bezugsberechtigung und der Höhe ausreichend sein und allen Arbeitnehmern ungeachtet des Vertragsverhältnisses offenstehen, aber gleichzeitig Arbeitsanreize bieten und Aktivierungsauflagen in Bezug auf die Arbeitsuche und die Teilnahme an aktiven Maßnahmen enthalten. Darüber hinaus sollte ein angemessenes Mindesteinkommen für Personen gewährleistet werden, die nicht über ausreichende Mittel zur Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards verfügen. Bei Personen im erwerbsfähigen Alter sollten diese Leistungen an Auflagen zur Teilnahme an aktiven Unterstützungsmaßnahmen zwecks (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt geknüpft sein und somit zur Tragfähigkeit dieser Unterstützungssysteme beitragen. In einigen Fällen könnte dies die Einrichtung von zentralen Anlaufstellen sowohl für Kurz- als auch für Langzeitarbeitslose erfordern. Reformen der Steuer- und Sozialleistungssysteme, die darauf abzielen, dass bessere Arbeitsanreize geschaffen werden und Arbeit sich lohnt, sollten ebenfalls gefördert werden. Steuersysteme können auch zur Beseitigung von Einkommensunterschieden und zur Armutsbekämpfung beitragen.

Die nationalen Rentensysteme sollten der steigenden Lebenserwartung besser Rechnung tragen. Um der steigenden Lebenserwartung Rechnung zu tragen, sollten die Rentensysteme in Abstimmung mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen Frauen und Männer ermutigen und in die Lage versetzen, bis in ein höheres Alter erwerbstätig zu bleiben, und Vorruhestandsregelungen auf diejenigen Personen beschränken, die tatsächlich nicht in der Lage sind, länger zu arbeiten. Dabei sind angemessene Kompetenzen, Möglichkeiten für lebenslanges Lernen und ein positives Arbeitsumfeld, einschließlich flexibler Aufgabenverteilung und flexibler Arbeitszeitregelungen, wichtige Faktoren für ein längeres und erfüllteres Arbeitsleben. Um die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für Erwerbstätige zu verbessern und das geschlechtsspezifische Rentengefälle zu verringern, könnten die Rentensysteme unter Berücksichtigung der Haushaltslage und künftiger Auswirkungen auf die Ausgaben Betreuungszeiten anrechnen. Eine weite Verbreitung der zusätzlichen Altersversorgung kann eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Altersversorgung spielen, insbesondere dann, wenn die Ansprüche auf ein angemessene gesetzliche Rente nicht gesichert sind, und sollte in geeigneter Weise, je nach nationalen Gegebenheiten, propagiert werden.

Im Gesundheitswesen sollten Vorsorgemaßnahmen, aber auch Heilungs- und Rehabilitationsmaßnahmen, die sozialen Sicherungsnetze und die aktiven Inklusionsstrategien unterstützen und stärken. Die Mitgliedstaaten müssen daher die Reform ihrer Gesundheitssysteme fortsetzen, um den uneingeschränkten Zugang zu einer kostenwirksamen öffentlichen Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Sowohl aus sozialer als auch wirtschaftlicher Sicht ist es wichtig, die Bevölkerung vor Armut und sozialer Ausgrenzung aufgrund von Krankheit und der damit verbundenen Ausgaben zu schützen. Dies gilt auch für die Aktivierung von Menschen mit Behinderungen. Trotz der auf EU-Ebene ergriffenen Maßnahmen ist die mangelnde Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor die größte Herausforderung für Menschen mit Behinderungen. Aus diesem Grund sollten die Bemühungen dahingehend verstärkt werden, dass anstelle der Behinderungen die Fähigkeiten im Fokus stehen.

2.3 Vertiefung des Binnenmarkts und Vergrößerung der nationalen Märkte

Die Mitgliedstaaten sollten die auf EU-Ebene verfügbaren Instrumente in vollem Umfang nutzen, um das gesamte Potenzial, das Investitionen und Produktivität in Europa bieten, freizusetzen. Der Produktivitätszuwachs hat sich in den vergangenen Jahren verlangsamt, wovon jedoch nicht alle Unternehmen in gleichem Maße betroffen sind. In vielen Fällen verzeichneten die weniger produktiven Unternehmen einen negativen Produktivitätszuwachs. Die Mitgliedstaaten müssen Reformen und Maßnahmen einleiten, die die Verbreitung neuer Technologien erleichtern, um sicherzustellen, dass eine Vielzahl an Unternehmen von den Vorteilen dieser Technologien profitieren. Vor allem für Dienstleister, die in ganz Europa tätig werden wollen, wird die Umsetzung der Binnenmarktstrategie neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und bestehende regulatorische und administrative Hindernisse beseitigen. Derzeit wird an konkreten Vorschlägen im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Binnenmarktvorschriften sowie mit Maßnahmen im Bereich der Unternehmensdienstleistungen (insbesondere deren grenzüberschreitende Erbringung), der Umstrukturierungen und Insolvenzen von Unternehmen und der Schaffung eines einfachen, modernen und betrugssicheren Mehrwertsteuersystems gearbeitet. Die Strategie für den digitalen Binnenmarkt wird die Rechtssicherheit im digitalen Sektor verbessern. Eine bessere

Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften würde für gleiche Ausgangsbedingungen im gesamten Binnenmarkt sorgen, mehr Vertrauen schaffen und dazu beitragen, das gesamte Potenzial des digitalen Binnenmarkts zu nutzen. Die Kommission berät zudem über einen einheitlichen EU-Genehmigungsrahmen, der unmittelbar für Großprojekte von grenzübergreifender Dimension oder wichtige Investitionsplattformen mit nationaler Kofinanzierung gelten würde.

Das öffentliche Auftragswesen ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit, da es strukturelle Veränderungen anstoßen kann. Jedes Jahr wenden Behörden in der EU etwa 14 % des BIP für die öffentliche Auftragsvergabe auf, d.h. jährlich werden EU-weit mehr als 1,9 Billionen EUR für die Auftragsvergabe ausgegeben18. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie Energie, Verkehr, Verteidigung, Informationstechnologie oder die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, in denen der öffentliche Sektor eine wichtige Nachfragequelle darstellt. Moderne Systeme des öffentlichen Auftragswesens erfordern öffentliche Auftraggeber, die die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Arbeit überblicken können, die Rechenschaft ablegen und deren Integrität nicht in Frage steht. Zudem müssen die Institutionen in der Lage sein, zwischen Einrichtungen auf verschiedenen Ebenen zu koordinieren, um Größenvorteile zu erzielen, Beschwerden von Unternehmen zu bearbeiten und öffentliche Aufträge zu prüfen. Ferner müssen Verfahren vorhanden sein, die Korruption und Absprachen zwischen Anbietern verhindern und es ermöglichen, konsequent gegen unlautere Auftragsvergabe vorzugehen. Darüber hinaus müssen einige Mitgliedstaaten, in denen staatliche Unternehmen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft ausüben, für geeignete Steuerungsstrukturen sorgen, um möglichst wirkungsvoll zur wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen.

In vielen Mitgliedstaaten geht der Strukturwandel mit einem Kapital- und Arbeitskräftetransfer von herkömmlichen hin zu neuen Tätigkeiten, oft im Dienstleistungssektor, einher. Die Arbeitsproduktivität in diesem Sektor ist in der EU geringer und verzeichnet einen langsameren Anstieg als in anderen Industrieländern, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Die Steigerung der Produktivität in diesem Wachstumssektor ist zwingend erforderlich, um hochwertige Arbeitsplätze und hohe Löhne sicherzustellen. Leider schränken die noch unvollständige Integration des Binnenmarkts für Dienstleistungen und die verbleibenden Hindernisse beim Zugang zu einigen Segmenten dieser Märkte die Ausweitung des Handels innerhalb der EU und die Ausweitung der Märkte für diese

Dienstleistungen ein. Ein größerer Wettbewerb auf stärker integrierten

Dienstleistungsmärkten würde auch den Verbrauchern und den nachgeschalteten Herstellern zugutekommen, da Aufschläge in einem wettbewerbsorientierteren Umfeld tendenziell sinken und die Qualität der Produkte und Dienstleistungen verbessert werden kann. Jedoch müssen die Arbeitnehmer über die geeigneten Kompetenzen und über die Fähigkeit verfügen, sich an Veränderungen anzupassen, wobei zur Erleichterung dieses Prozesses eine aktive Rolle der Behörden erforderlich sein kann. Probleme bei der Anwendung der gegenseitigen Anerkennung und, in einigen Fällen, nationale Kennzeichnungsvorschriften gefährden die Integrität des Binnenmarktes. Eine Reihe unverhältnismäßiger Hindernisse im Bereich der reglementierten Berufe steht der Ausschöpfung des vollen Potenzials des Binnenmarkts weiterhin im Wege. Im Falle von Unternehmensdienstleistungen, freiberuflichen

Dienstleistungen und dem Einzelhandel hat eine Abschaffung dieser Hindernisse große wirtschaftliche Auswirkungen.

Die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an neue Geschäftsmodelle ist für die wirtschaftliche Dynamik besonders wichtig, darf aber nicht zu Lasten der Gerechtigkeit gehen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen neuen Formen der Geschäftstätigkeit im Rahmen der kollaborativen Wirtschaft aufgeschlossen gegenüber stehen. Gleichzeitig schafft jedoch ein EU-weit uneinheitlicher Umgang mit neuen Geschäftsmodellen Unsicherheit für traditionelle Marktteilnehmer, neue

Dienstleistungsanbieter und Verbraucher. Aus diesem Grund hat die Kommission Leitlinien dafür vorgelegt, wie die bestehenden Rechtsvorschriften der Union auf diesen dynamischen und sich rasch entwickelnden Sektor angewandt werden sollten19. Im Rahmen dieser Leitlinien sollten die Mitgliedstaaten die Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit bestehender Beschränkungen prüfen und absolute Verbote einer Tätigkeit nur als letztes Mittel in Betracht ziehen. Zudem sollten sie ein hohes Schutzniveau für Verbraucher gewährleisten und Privatpersonen, die nur gelegentlich

Dienstleistungen anbieten, keine unverhältnismäßigen Verpflichtungen auferlegen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten weiter daran arbeiten, die Anwendung von Steuervorschriften, Haftungsregelungen und des Arbeitsrecht auf die kollaborative Wirtschaft zu vereinfachen und klarer zu gestalten. Kollaborative Plattformen können durch die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden bei der Erfassung der Wirtschaftstätigkeit wesentlich zur Vereinfachung der Steuererhebung beitragen. Insgesamt sollen diese Initiativen dazu beitragen, stärkere Rahmenbedingungen für Innovationen, für die Verringerung der bestehenden Marktfragmentierung und letztendlich für die Schaffung von Arbeitsplätzen festzulegen.

Die Mitgliedstaaten müssen moderne Steuersysteme schaffen, die Wachstum und Gerechtigkeit zwischen den Unternehmen fördern. Verschiedene Initiativen der EU werden eine neue Ebene der Zusammenarbeit im Steuerbereich, insbesondere bei der Bekämpfung des Steuermissbrauchs, schaffen, angefangen bei der Verbesserung der Transparenz von Steuervorbescheiden und steuerlich relevanten Informationen multinationaler Unternehmen, über die Gewährleistung gemeinsamer

Missbrauchsbekämpfungsmaßnahmen gegen einige der häufigsten Formen der Steuervermeidung, bis hin zum Aktionsplan der Kommission im Bereich der Mehrwertsteuer. Angesichts des grenzübergreifenden Charakters der Steuerhinterziehung und -umgehung und der Integration der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten ist ein koordinierter Ansatz erforderlich, der nicht nur auf europäischen Initiativen beruht, sondern auch die Koordinierung nationaler Maßnahmen beinhaltet. Mit dem jüngsten Vorschlag der Kommission zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und zu Streitbeilegungsmechanismen in Doppelbesteuerungsangelegenheiten wird ein moderner, gerechter und wettbewerbsfähiger Steuerrahmen für die EU geschaffen. Es werden stärkere Anreize für wachstumsfreundliche Maßnahmen wie Investitionen in Forschung und Entwicklung und Finanzierungen durch Eigenkapital geschaffen und somit die allgemeinen Ziele der Wiederankurbelung von Wachstum, Beschäftigung und Investitionen gefördert. In vielen Mitgliedstaaten müssen Ineffizienzen bei der Steuererhebung beseitigt werden; einige haben bereits diesbezüglich Maßnahmen ergriffen. Die Mitgliedstaaten sollten diese Möglichkeiten nutzen, um die Besteuerung von Arbeit zu verringern. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten besonderes Augenmerk auf die durch ihre Steuerreformen hervorgerufenen Verteilungseffekte legen.

3. Verantwortungsvolle Haushaltspolitik

Der Rückgang des durchschnittlichen Haushaltsdefizits im Euro-Währungsgebiet und die geringere Zahl der Länder, die sich in einem Defizitverfahren befinden, machen die in den vergangenen Jahren unternommenen Anstrengungen deutlich. Die Kommission hat gerade zu den Übersichten über die Haushaltsplanung der Mitgliedstaaten des EuroWährungsgebiets20 Stellung genommen. Das Gesamtbild verbirgt die großen Unterschiede, die zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In einer Reihe von Ländern, in denen die öffentliche Verschuldung hoch ist, bestehen nach wie vor Herausforderungen in Bezug auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, was diese Länder für negative Schocks anfällig machen kann. Einige andere Länder verfügen über haushaltspolitischen Spielraum. Aus wirtschaftlicher Sicht muss der fiskalische Kurs vor dem Hintergrund des doppelten Ziels, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern und gleichzeitig die notwendige Unterstützung für den wirtschaftlichen Aufschwung zu leisten, bewertet werden.21

Angesichts der Notwendigkeit, die derzeitige Erholung zu unterstützen, müssen zum gegenwärtigen Zeitpunkt - nicht zuletzt, um die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zu unterstützen - weitere Anstrengungen unternommen werden, um einen positiven fiskalischen Kurs im Euro-Währungsgebiet als Ganzes einzuschlagen.22 Dies wurde bereits in der Absichtserklärung des Präsidenten an das Europäische Parlament und den Rat angekündigt und spiegelt sich nun in der vorgeschlagenen Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets wider.23 Die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten sollte das Wachstum stützen und gleichzeitig eine langfristige Schuldentragfähigkeit sicherstellen. Die Mitgliedstaaten, bei denen haushaltspolitischer Spielraum besteht, sollten die vorhandenen Möglichkeiten zur Stabilisierung der Nachfrage nutzen. Mitgliedstaaten, die nicht über einen solchen Spielraum verfügen, sollten den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nachkommen und jede Gelegenheit nutzen, um Reformen voranzutreiben und die Qualität ihrer öffentlichen Finanzen zugunsten von Beschäftigung und Wachstum zu verbessern. Dabei müssen sie der Qualität und der Zusammensetzung des Haushalts (Einnahmen und Ausgaben) Vorrang einräumen, um maximale Wirkung für Wachstum zu erzielen. Ausgabenüberprüfungen gelten diesbezüglich weithin als hilfreiches Instrument. Dies würde zu einer besseren Verteilung der fiskalischen Kurse über die Länder hinweg führen und verhindern, dass kurzfristig eine makroökonomische Stabilisierung erreicht wird, aus der sich mittelfristig ein erhöhtes Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ergibt.

Die Kommission wird weiterhin den Vorschriften entsprechend von der im Stabilitäts- und Wachstumspakt24 vorgesehenen Flexibilität Gebrauch machen. Unter Anwendung der derzeitigen Methodologie wird die Kommission zudem die finanziellen Auswirkungen des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms und der besonderen Sicherheitserfordernisse berücksichtigen. Mehreren Ländern, die Strukturreformen vorgenommen und von Investitionsklauseln Gebrauch gemacht haben, wurde bereits ein hohes Maß an Flexibilität gewährt.

Durch die niedrigen Finanzierungskosten ist jetzt der ideale Zeitpunkt für die Mitgliedstaaten, öffentliche Investitionen vorzuziehen. In Verbindung mit einem allmählich zunehmenden nominalen Wachstum bietet dies auch eine Gelegenheit zur Senkung hoher Schuldenquoten. Erleichtert werden kann dies durch eine Senkung der nicht zukunftsorientierten Ausgaben und das Schließen von Steuerschlupflöchern. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet den angemessenen Rahmen, um für verschiedene Umstände finanzpolitische Orientierung zu geben. Haushaltspolitische Überwachungsinstrumente müssen in vollem Umfang genutzt werden, um Anreize für eine gute Politik zu bieten und die wirtschaftliche Erholung zu stützen.

In den meisten Mitgliedstaaten wurden die Rentensysteme reformiert, um ihre Tragfähigkeit, Effizienz und Angemessenheit zu verbessern, jedoch sind zur Konsolidierung dieser Reformen noch weitere Maßnahmen erforderlich.25 Daher sollten die in Kraft gesetzten Rentenreformen mit flankierenden Maßnahmen ergänzt werden, beispielsweise die Erhöhung des Ruhestandseinkommens durch Fortsetzung des Erwerbslebens, die Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung und die Förderung anderer ergänzender Formen von Renteneinkommen. Die Mitgliedstaaten sollten zudem Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandfähigkeit einführen, um sicherzustellen, dass die Tragfähigkeit des öffentlichen Rentensystems selbst bei widrigen Bedingungen aufrechterhalten werden kann.

Bedingt durch die Überalterung der Bevölkerung und die technologischen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege in den kommenden Jahrzehnten beträchtlich zunehmen werden. Um für tragfähige Gesundheitssysteme zu sorgen und ihren positiven Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung und zum wirtschaftlichen Wohlstand zu unterstützen, müssen weitere politische Maßnahmen ergriffen werden, durch die den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht wird, bis ins hohe Alter gesund zu bleiben und gleichzeitig die Gesundheitssysteme effizienter, zugänglicher und widerstandsfähiger gemacht werden.26

4. Nächste Schritte

Die Mitgliedstaaten sollten die Umsetzung der in den jeweiligen länderspezifischen Empfehlungen hervorgehobenen wichtigen Reformen beschleunigen. Gleichzeitig sollten sie die ihnen auf EU-Ebene gebotenen Möglichkeiten in vollem Umfang ausschöpfen. Bis die Reformen Wirkung zeigen, vergeht einige Zeit, doch je länger sich ihre Einführung verzögert, desto länger werden die Volkswirtschaften hinter ihrem Potenzial zurückbleiben. Die Mitgliedstaaten werden darin bestärkt, die auf EU-Ebene verfügbaren Instrumente wirksam zu nutzen, wie etwa die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen (sobald es von den Gesetzgebern angenommen ist) und die Investitionsoffensive für Europa. Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten, sofern erforderlich, zu unterstützen. Sie wird ihren konstruktiven Dialog mit dem Europäischen Parlament und dem Rat fortführen, um für rasche Fortschritte bei den vorrangigen Initiativen auf EU-Ebene zu sorgen.

Die Kommission wird zudem den Dialog mit den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die nationalen Programme und länderspezifischen Empfehlungen im kommenden Frühjahr intensivieren. Dieser Dialog sollte auf einem gemeinsamen Verständnis darüber fußen, wie die Reformen zeitlich gestaffelt und erfolgreich umgesetzt werden können, wobei die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen sowie Verteilungskosten und -nutzen zu berücksichtigen sind. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Länderberichte im Laufe des Winters wird die Kommission die Erörterungen mit den Mitgliedstaaten über eine Vielzahl von Kanälen fortsetzen, einschließlich gezielter Besuche auf politischer Ebene unter der Leitung des zuständigen Vizepräsidenten. Ferner werden die Mitgliedstaaten im Rahmen der zweiten Runde der bilateralen Gespräche sowie der nationalen Reformprogramme und Stabilitäts- und Konvergenzprogramme die Gelegenheit haben, der Kommission Rückmeldung zu ihren Analysen zu geben. Bei all diesen Gesprächen wird die Kommission besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der vom Rat angenommenen länderspezifischen Empfehlungen legen.

Im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der nationalen Programme fordert die Kommission eine starke Rolle der nationalen Parlamente und eine stärkere Einbindung der Sozialpartner. Eine integrative Ausarbeitung dieser Programme trägt zur Identifikation mit den Programmen und zu einer breiteren Unterstützung der Reformen bei, und die Kommission ist gern bereit, die Kontakte auf allen Ebenen zu erleichtern.