Unterrichtung durch die Bundesregierung
Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt KOM (2007) 551 endg.; Ratsdok. 13278/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 01. Oktober 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 27. September 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 28. September 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 058/96 = AE-Nr. 960289,
Drucksache 747/98 = AE-Nr. 982760
Drucksache 509/06 (PDF) = AE-Nr. 061401 und AE-Nr. 061361

Grünbuch
Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt

1. Einleitung

In der Europäischen Union leben über 60 % der Bürger in Städten1. Fast 85 % des Bruttoinlandsprodukts der EU werden dort erwirtschaftet. Unsere Städte sind der Motor der europäischen Wirtschaft. Sie ziehen Investitionen und Arbeitsplätze an und sind für ein reibungsloses Funktionieren der Wirtschaft unersetzlich.

Städte sind der Lebensraum der überwältigenden Mehrheit unserer Mitbürger, denen eine so hohe Lebensqualität wie möglich geboten werden sollte. Daher ist es heute angebracht, die Frage der Mobilität in der Stadt gemeinsam zu überdenken.

Europas Städte unterscheiden sich alle voneinander. Aber sie stehen vor ähnlichen Herausforderungen und suchen gemeinsame Lösungen.

In ganz Europa beobachten wir in den Stadtzentren eine Zunahme des Verkehrs mit den bekannten negativen Folgen, wie chronische Verkehrsstaus, Verspätungen und Umweltverschmutzung. Die europäische Wirtschaft verliert aufgrund dessen alljährlich fast 100 Mrd. €, also rund 1 % des BIP der EU.

Luftverschmutzung und Lärmemissionen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Auf den Nahverkehr entfallen 40 % der CO₂-Emissionen und 70 % der Emissionen sonstiger Schadstoffe im Straßenverkehr.

Die Zahl der Verkehrsunfälle in den Städten nimmt ebenfalls jedes Jahr zu: ein Drittel der tödlichen Unfälle ereignet sich mittlerweile in Stadtgebieten; meist trifft es die schwächsten Verkehrsteilnehmer - Fußgänger und Fahrradfahrer.

Auch wenn diese Probleme örtlich begrenzt sind, sind ihre Auswirkungen doch europaweit zu spüren: Klimawandel/Klimaerwärmung, zunehmende gesundheitliche Probleme, Engpässe in der Logistikkette usw.

Die Kommunen können diese Probleme nicht alleine, d.h. ohne Zusammenarbeit und Koordinierung auf europäischer Ebene, lösen. Wir sollten uns gemeinsam auf allen Ebenen, sei es lokal, regional, national oder europaweit, Gedanken über diese gewaltige Herausforderung der Mobilität in der Stadt machen. Die Europäische Union ist es sich schuldig, in dieser Frage eine treibende Kraft zu sein.

Europa hat die Möglichkeiten zur Reflexion, zur Unterbreitung von Vorschlägen und zur Mobilisierung bei der Formulierung einer Politik, die dann auf örtlicher Ebene entschieden und umgesetzt wird.

Die Europäische Kommission hat im Jahr 2006 anlässlich der Vorlage der Halbzeitergebnisse des Verkehrsweißbuchs2 ihre Absicht bekundet, ein Grünbuch zum Nahverkehr vorzulegen.

In den vergangenen Monaten hat die Kommission eine umfassende öffentliche Anhörung durchgeführt. Zwei Konferenzen und vier Workshops haben die Hauptbeteiligten zusammengebracht. Im Internet wurde eine Anhörung gestartet. Der Kommission gingen zahlreiche Beiträge zu3. Auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat sich zu dem Thema geäußert4.

Ergebnis dieses Anhörungsprozesses sind die gedanklichen Linien dieses Grünbuchs. Bestätigt hat die Anhörung insbesondere die ausgeprägten Erwartungen der Beteiligten hinsichtlich der Formulierung einer wirklichen europäischen Politik für die Mobilität in der Stadt. Mit diesem Grünbuch möchte die Kommission eine umfassende öffentliche Debatte darüber in Gang setzen, wie diese europäische Politik aussehen sollte.

Die Mobilität in der Stadt überdenken bedeutet, die Nutzung aller Verkehrsträger zu optimieren und die Komodalität zwischen den Verkehrsmitteln des kollektiven Verkehrs5 (Zug, Straßenbahn, U-Bahn, Bus, Taxi) und zwischen den verschiedenen Arten des Individualverkehrs (PKW, Motorrad, Fahrrad, Fußwege) zu organisieren. Es bedeutet auch, gemeinsame Ziele des wirtschaftlichen Wohlergehens, der Respektierung des Rechts auf Mobilität bei der Lenkung des Verkehrsbedarfs, der Lebensqualität und des Umweltschutzes zu erreichen. Auszugleichen sind zudem die Interessen des Güterverkehrs und des Personenverkehrs, unabhängig davon, welcher Verkehrsträger genutzt wird.

Eine europäische Strategie für die Mobilität in der Stadt, die den Erwartungen unserer Mitbürger entspricht.

Die Mobilität in der Stadt ist als wichtiges Element zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung anerkannt und hat maßgebliche Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung in der EU. Die Kommission hat daher beschlossen, ein Grünbuch zur Mobilität in der Stadt vorzulegen, um zu prüfen, ob und wie sie einen Mehrwert für bereits laufende Maßnahmen auf lokaler Ebene schaffen kann. Die EU-Politik hat sich in den vergangenen Jahren bereits in verschiedenen Bereichen mit Fragen des Nahverkehrs befasst. Gesetzesinitiativen wurden ausgearbeitet, zuweilen in recht fragmentierter Weise.

Die von der Kommission im Hinblick auf die Ausarbeitung des Grünbuchs durchgeführten Anhörungen haben Informationen ergeben, die zur Formulierung politischer Optionen und von 25 offenen Fragen zu diesen Optionen geführt haben. Mit diesem Grünbuch leitet die Kommission eine weitere Anhörung ein, die bis zum 15. März 2008 laufen wird, um im Frühherbst 2008 einen Aktionsplan vorlegen zu können, in dem eine Reihe konkreter Maßnahmen und Initiativen für eine bessere und nachhaltige Mobilität in der Stadt ermittelt werden. Im Aktionsplan wird für jede vorgeschlagene Aktion ein Termin für die Umsetzung angegeben und es werden die Zuständigkeiten der verschiedenen Beteiligten abgegrenzt.

Der Kommission kommt dabei die Aufgabe zu, die Gespräche mit den betroffenen Beteiligten zu organisieren, um anschließend eine mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbare Gesamtstrategie vorschlagen zu können. Zielgruppe des neuen Anhörungsprozesses werden unter anderem gesellschaftliche Gruppen wie Stadtbewohner, Nahverkehrsnutzer (öffentlicher Verkehr und Individualverkehr), Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Unternehmen des kollektiven Verkehrs, wirtschaftliche Gruppen wie Unternehmen auf lokaler Ebene, einschließlich KMU, die Nahverkehrsbranche, die Automobilbranche, sowie nationale, regionale und lokale Behörden, Vertreter der betroffenen Gruppen und Verbände in den einschlägigen Bereichen sein.

Diese Strategie wird auf den früheren und den künftigen Anhörungen aufbauen und sich auf die von der Kommission im Nahverkehr seit 1995 und mit ihrem Grünbuch und ihrer Mitteilung zum "Bürgernetz"6 gemachten Erfahrungen stützen. Die zahlreichen aus Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gezogenen Lehren werden ebenfalls genutzt.

Eine zentrale Idee kehrt jedoch immer wieder: Die Mobilitätspolitik für die Stadt muss, wenn sie Wirkung entfalten soll, einen möglichst integrierten Ansatz verfolgen, bei dem für das jeweilige Problem optimal geeignete Lösungen kombiniert werden, d.h. technische Innovation, Entwicklung umweltfreundlicher, sicherer und intelligent gesteuerter Verkehrssysteme, wirtschaftliche Anreize und Änderung von Rechtsvorschriften.

Bei dieser Gesamtstrategie werden alle einschlägigen Initiativen berücksichtigt, die im Rahmen der gemeinschaftlichen Politik verfolgt werden, wobei ein ständiges Anliegen ist, einen konkreten Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie zu liefern.

Die Europäische Union muss helfen, Veränderungen zustande zu bringen, ohne von oben herab Lösungen aufzuzwingen, die der Vielfalt der Gegebenheiten vor Ort unter Umständen nicht gerecht werden.

Der europäische Mehrwert kann unterschiedliche Gestalt annehmen: Förderung des Austauschs vorbildlicher Praktiken auf allen Ebenen (lokal, regional oder national); Flankierung der Ausarbeitung gemeinsamer Normen und Harmonisierung von Normen, falls nötig; Angebot finanzieller Unterstützung für diejenigen, die es am nötigsten haben; Förderung von Forschungsarbeiten, deren Anwendungen eine Verbesserung von Sicherheit und Umweltschutz ermöglichen; Vereinfachung der Rechtsvorschriften und, in bestimmten Fällen, Aufhebung geltender oder Einführung neuer Rechtsvorschriften.

Eine auf europäischer Ebene festgelegte Strategie kann nur dann ein Erfolg werden, wenn auf lokaler Ebene entschlossen gehandelt wird. Konkrete Maßnahmen werden von lokalen Behörden übernommen und durchgeführt werden.

Schaffung einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt.

Die Herausforderung, der sich die Städte vor dem Hintergrund des Strebens nach einer nachhaltigen Entwicklung stellen müssen, ist immens: Die wirtschaftliche Entwicklung und die Zugänglichkeit der Städte einerseits muss mit der Verbesserung der Lebensqualität und dem Umweltschutz andererseits in Einklang gebracht werden.

Angesichts dieser Fragen und ihrer vielseitigen Auswirkungen bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung, um die Suche nach innovativen und ehrgeizigen Lösungen für den Nahverkehr zu stimulieren, damit unsere Städte sauberer und besser erreichbar werden und der Verkehr in ihnen frei fließen kann.

Zusammen müssen wir die Mittel finden, um zu einer besseren Mobilität in der Stadt und im Umland, zu einer nachhaltigen Mobilität zum Nutzen aller europäischen Bürger zu gelangen, die es aber auch den Wirtschaftsbeteiligten ermöglicht, ihren Platz in unseren Städten zu finden.

2. Die Herausforderung annehmen

Die Mobilität in der Stadt sollte es ermöglichen, die wirtschaftliche Entwicklung der Städte, die Lebensqualität ihrer Einwohner und den Schutz der Umwelt zu gewährleisten. Dabei stehen die europäischen Städte vor fünf Herausforderungen, die im Rahmen eines integrierten Ansatzes angegangen werden müssen.

2.1. Hin zu einem flüssigen Verkehr in der Stadt

Problembeschreibung:

Staus in den Städten sind eines der Hauptprobleme, auf die in der Anhörung hingewiesen wurde. Sie haben negative wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche und ökologische Auswirkungen und beeinträchtigen die natürliche und die bebaute Umwelt. Häufig treten Staus auf städtischen Ringstraßen auf und verringern die Kapazität des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Ein flüssiges Verkehrssystem würde Pünktlichkeit im Personen- und Güterverkehr ermöglichen und diese negativen Auswirkungen begrenzen. Auf örtlicher Ebene ist es eine große Herausforderung, die negativen Auswirkungen von Staus zu verringern und dabei zu gewährleisten, dass sich städtische Gebiete weiterhin wirtschaftlich gut entwickeln. Die Anstrengungen von Städten, die Vorreiter beim Kampf gegen den Verkehrsstau sind, müssen anerkannt werden.

Optionen:

Erfahrungen der Beteiligten zeigen, dass es keine Patentlösung für die Verringerung von Staus gibt. Alternativen zur Benutzung des privaten PKW, wie Gehen, Radfahren, kollektiver Verkehr oder die Benutzung von Motorrad und Motorroller, sollten attraktiver und sicherer gemacht werden. Die Bürger sollten in der Lage sein, ihre Fahrten dank effizienter Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger zu optimieren. Die Kommunen sollten die Komodalität fördern und Flächen, die nach Maßnahmen zur Staubekämpfung frei werden, einer neuen Nutzung zuweisen. Intelligente und anpassbare Verkehrsmanagementsysteme haben ihre Wirksamkeit bei der Staubekämpfung ebenfalls unter Beweis gestellt.

Gehen und Radfahren fördern...

Um die Attraktivität und Sicherheit des Gehens und Radfahrens zu verbessern, sollten die Kommunen und regionalen Körperschaften sicherstellen, dass diese Fortbewegungsarten vollständig in die Entwicklung und Beobachtung der Politik zur Mobilität in der Stadt integriert werden. Größeres Augenmerk sollte dem Ausbau einer angemessenen Infrastruktur gewidmet werden. Es gibt innovative Möglichkeiten, die umfassende Einbeziehung von Familien, Kindern und Jugendlichen in die Entwicklung der Politik zu gewährleisten.

Initiativen in Städten, Unternehmen und Schulen können das Gehen und Radfahren fördern, beispielsweise durch Verkehrsspiele, Überprüfungen der Straßenverkehrssicherheit oder Schulungspakete. Ein Vorschlag der Beteiligten lautet, dass größere Städte die Möglichkeit in Erwägung ziehen könnten, eine Person zu ernennen, die speziell für die Fußgänger- und Radfahrpolitik zuständig ist.

... Optimierung der privaten PKW-Nutzung

Eine weniger vom Auto abhängige Lebensweise kann durch neue Lösungen wie das Car-Sharing gefördert werden. Eine nachhaltigere Nutzung des Privatautos könnte - zum Beispiel durch Carpooling - erreicht werden, wodurch weniger Autos unterwegs wären, dafür aber mit mehr Insassen. Weitere Optionen umfassen auch die "virtuelle Mobilität": Telearbeit, Teleshopping usw.

Wie bei der Anhörung vorgebracht wurde, bedarf es auch einer angemessenen Parkraumpolitik, um die PKW-Nutzung in den Stadtzentren zu verringern. Die Bereitstellung von mehr Parkplätzen kann langfristig zu mehr Autoverkehr führen, besonders dann, wenn das Parken kostenlos ist. Parkgebühren können als wirtschaftliches Instrument genutzt werden. Differenzierte Gebühren könnten erwogen werden, um die beschränkte Verfügbarkeit öffentlicher Flächen widerzuspiegeln und Anreize zu schaffen (z.B. kostenloses Parken am Stadtrand und hohe Parkgebühren im Stadtzentrum).

Attraktive Park&Ride-Einrichtungen können einen Anreiz für die Kombination des Individualverkehrs mit dem kollektiven Verkehr bieten. Die nahtlose Verknüpfung mit effizienten, hochwertigen Angeboten des öffentlichen Verkehrs hat es auf diese Weise dank integrierter Verkehrssysteme vermocht, innerstädtische Flächen vom Verkehr zu befreien, wie beispielsweise in München.

In bestimmten Fällen kann neue Infrastruktur notwendig sein, als erster Schritt sollte aber geprüft werden, wie die vorhandene Infrastruktur besser genutzt werden kann. Gebühren für den Autoverkehr in der Stadt, wie in London und Stockholm, haben positive Auswirkungen auf den Verkehrsfluss gezeitigt. Intelligente Verkehrssysteme ermöglichen eine optimierte Fahrtenplanung, ein besseres Verkehrsmanagement und eine einfachere Nachfragesteuerung. Die flexible und vielfache Nutzung der Infrastruktur wie in Barcelona (flexible Busspuren, flexible Ladezonen/Parkplätze) kann zu einer Entlastung der Straßenverkehrsflächen führen.

Das Mobilitätsmanagement ergänzt herkömmliche Infrastrukturmaßnahmen, indem das Fahrverhalten bereits vor Antritt der Fahrt beeinflusst und das Augenmerk der Verkehrsnutzer auf nachhaltigere Optionen gelenkt wird. Beispielweise könnten Bauträger angeregt werden, als Teil des Planungsgenehmigungsverfahrens einen standortspezifischen Mobilitätsplan auszuarbeiten. Die Idee einer "Mobilitätsfolgenabschätzung" für große Infrastrukturvorhaben wurde ebenfalls von den Beteiligten vorgeschlagen.

Güterverkehr ...

Die Frachtlogistik hat auch eine städtische Dimension7. Aus Sicht der Beteiligten muss die Politik zur Mobilität in der Stadt sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr abdecken. Die Verteilung in der Stadt erfordert effiziente Schnittstellen zwischen dem Fernverkehr und der Verteilung über kurze Strecken am Zielort. Kleinere, effiziente und saubere Fahrzeuge könnten für den lokalen Verteilerverkehr eingesetzt werden. Negative Auswirkungen des Transit-Güterfernverkehrs in städtischen Bereichen sollten durch Planung und technische Maßnahmen verringert werden.

Die Dienstleistungswirtschaft führt zu neuem Bedarf an Straßenverkehrsflächen. 40 % aller Fahrzeuge außer PKW stehen mit Dienstleistungen in Zusammenhang (Umzugswagen, Wartungsfahrzeuge, Lieferdienste usw.). Kurierdienste setzen häufig Motorräder oder Mopeds ein. Eine konsolidierte Anlieferung in Stadtgebieten und Zonen mit Zugangsbeschränkungen ist möglich, erfordert aber eine effiziente Routenplanung, um Leerfahrten oder unnötige Fahrten und Parkvorgänge zu vermeiden. Bei der Entwicklung solcher Lösungen müssen alle Beteiligten eingebunden werden.

Die Güterverteilung in der Stadt könnte besser in die lokale Politik und das institutionelle Umfeld integriert werden. Der öffentliche Personenverkehr wird in der Regel von einem dafür zuständigen Verwaltungsgremium beaufsichtigt, während die Güterverteilung üblicherweise Aufgabe des Privatsektors ist. Die Kommunen sollten die Stadtlogistik insgesamt als einheitliches Logistiksystem für Personen- und Güterverkehr behandeln.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

2.2. Hin zu grüneren Städten

Problembeschreibung:

Die größten Umweltprobleme in Städten hängen damit zusammen, dass die Kraftstoffe für den Verkehr im Wesentlichen aus Öl gewonnen werden, dessen Verbrennung CO₂, Luftschadstoffe und Lärm erzeugt.

Der Verkehr ist einer der Sektoren, die hinsichtlich des CO₂-Ausstoßes am schwersten in den Griff zu bekommen sind. Trotz Fortschritten bei der Fahrzeugtechnologie sind die Städte wegen des Verkehrswachstums und des stockenden Verkehrsflusses eine Quelle hoher und zunehmender CO₂-Emissionen, die zum Klimawandel beitragen. Der Klimawandel verursacht dramatische Veränderungen des weltweiten Ökosystems und es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um die Auswirkungen auf ein handhabbares Maß zu begrenzen. Der Europäische Rat hat als Ziel festgelegt, die Treibhausgas-Emissionen in der EU bis 2020 um 20 % zu verringern8. Dazu sind Beiträge in allen Sektoren notwendig.

Der CO₂-Ausstoß neuer PKW, die in der EU verkauft werden, ist zwischen 1995 und 2004 um 12,4 % zurückgegangen, nachdem die Europäische Kommission und die Automobilbranche eine entsprechende freiwillige Vereinbarung geschlossen hatten. Um der EU die Erreichung ihres Ziels von 120 g CO₂/km bis 2012 zu ermöglichen, hat die Kommission in einer Mitteilung vom Februar 20079 eine umfassende neue Strategie skizziert. Ein Rechtsrahmen sollte einen Emissionsgrenzwert von 130 g CO₂/km durch motortechnische Verbesserungen gewährleisten und eine weitere Verringerung um 10 g CO₂/km durch andere technische Verbesserungen und den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen. Der Schadstoffausstoß des Verkehrs konnte auch durch eine schrittweise Verschärfung der EURO-Emissionsnormen mit Erfolg gesenkt werden. Als Folge der EU-Rechtsvorschriften, mit denen kontinuierlich geringere Grenzwerte für Neufahrzeuge festgesetzt wurden, konnte in den vergangenen 15 Jahren seit Annahme der ersten EURO-Norm trotz eines zunehmenden Verkehrsvolumens insgesamt eine Verringerung der Stickoxid- und Partikelemissionen um 30-40 % erreicht werden.

Trotz dieser Verbesserungen ist der Zustand der Umwelt noch immer nicht zufriedenstellend: Kommunen haben ernste Probleme bei der Einhaltung der Anforderungen an die Luftqualität, etwa bei den Grenzwerten für Partikel und Stickoxide in der Umgebungsluft. Dies wirkt sich abträglich auf die öffentliche Gesundheit aus.

Lärmbekämpfungsmaßnahmen wurden durch eine europäische Richtlinie zur Lärmkartierung erleichtert. Auf der Grundlage von Informationen, die nach der Lärmrichtlinie10 gesammelt wurden, sind die Kommunen jetzt in der Lage, Lärmschutzpläne aufzustellen und konkrete Maßnahmen durchzuführen. Lärmschutzpläne können von einem Informationsaustausch auf EU-Ebene profitieren. Laut den Beteiligten könnte die Lärmbekämpfung an der Quelle durch eine Verschärfung der EU-Normen für Lärmemissionen von Straßen- und Schienenfahrzeugen und von Reifen profitieren. U-Bahnsysteme tragen ebenfalls zur Lärmverringerung in den Städten bei.

Der Ausbau, die Sanierung und Verbesserung eines umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehrs durch beispielsweise Oberleitungsbusse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen sowie sonstige Vorhaben für einen nachhaltigen Nahverkehr sollten durch die EU weiterhin gefördert und unterstützt werden.

Optionen:

Neue Technologien ...

Von der Branche vorangetrieben und als Reaktion auf europäische Emissionsgrenzwerte wird die Technik des herkömmlichen Verbrennungsmotors umweltfreundlicher. Katalysatoren und Partikelfilter werden künftig erhebliche Fortschritte bei der Verringerung der Schadstoffemissionen bringen. Von der EU kofinanzierte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten konzentrieren sich auf saubere und energieeffiziente Fahrzeugtechnologien und alternative Kraftstoffe, wie Biokraftstoffe, Wasserstoff und Brennstoffzellenantriebe11.

Die Umweltfreundlichkeit der vorhandenen Fahrzeugflotte könnte noch weiter gesteigert werden, indem harmonisierte Mindestumweltstandards für den Fahrzeugbetrieb festgelegt werden. Eine schrittweise Verschärfung dieser Normen im Laufe der Zeit könnte zu einem kontinuierlichen Prozess der Nachrüstung oder Außerdienststellung älterer, die Umwelt stark verschmutzender Fahrzeuge führen. Ein solcher genereller Ansatz könnte dazu beitragen, die Nutzung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge im Nahverkehr zu erhöhen und längerfristig einen Flickenteppich unterschiedlicher Niedrigemissionszonen zu vermeiden.

Die weitere Förderung der breiten Markteinführung neuer Technologien könnte durch wirtschaftliche Instrumente erreicht werden, etwa durch Anreize für Kauf und Betrieb sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge durch die Kommunen, und durch regulatorische Instrumente, wie Beschränkungen für starke Verschmutzer und vorrangigen Zugang zu sensiblen Gebieten für Fahrzeuge mit niedrigen Emissionen, solange diese Beschränkungen und Privilegien nicht gegen die Binnenmarktregeln verstoßen.

Es bestehen Möglichkeiten, den Austausch vorbildlicher Praktiken im Bereich des umweltfreundlichen Nahverkehrs über Europas Grenzen hinaus zu fördern und von dem Wissen und der Erfahrung zu profitieren, die in EU-Initiativen wie CIVITAS12 gewonnen wurden, wo Drittländer bei bestimmten Projekten die Möglichkeit haben, von den Erfahrungen europäischer Städte mit integrierten Konzepten für die Mobilität in der Stadt zu profitieren. Europa hat mit Blick auf die langfristige Energieverfügbarkeit und die Energiepreise ein strategisches Interesse daran, auch andernorts einen Beitrag zu einem Wachstum mit geringer Energieintensivität zu leisten. Ein solcher internationaler Dialog kann auch dazu beitragen, Exportchancen für die europäische Industrie zu eröffnen.

... gestützt durch eine umweltbewusste Beschaffung

Wie von der Kommission bereits erwogen13 und von den Beteiligten bei der Anhörung vorgeschlagen, könnte die Markteinführung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge durch eine umweltbewusste öffentliche Beschaffungspolitik gestützt werden.

Ein möglicher Ansatz könnte auf der Internalisierung externer Kosten aufbauen, indem die über die gesamte Lebensdauer mit dem Betrieb der Fahrzeuge anfallenden Kosten für Energieverbrauch, CO₂-Emissionen und Schadstoffemissionen zusätzlich zum Fahrzeugpreis als Vergabekriterien herangezogen werden. Die Berücksichtigung der über die Lebensdauer anfallenden Kosten bei der Beschaffungsentscheidung würde das Bewusstsein für die Betriebskosten schärfen. Dies würde den saubersten und energieeffizientesten Fahrzeugen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und gleichzeitig die Gesamtkosten minimieren. Der öffentliche Sektor könnte damit ein Beispiel für "nachhaltiges Wirtschaften" geben, das von den anderen Marktakteuren aufgegriffen werden könnte. Zusätzlich könnte neuen EURO-Normen im öffentlichen Beschaffungswesen Vorrang eingeräumt werden. Die frühzeitige Nutzung saubererer Fahrzeuge könnte auch die Luftqualität in den Städten verbessern. Die Kommission beabsichtigt, bis Ende 2007 einen einschlägigen Richtlinienvorschlag vorzulegen.

... und eine gemeinsame umweltbewusste Beschaffung

Einige Kommunen haben die Umweltfreundlichkeit ihrer Nahverkehrsflotten und Taxis erhöht, indem sie sauberere Fahrzeuge beschafft und privaten Betreibern wirtschaftliche Anreize geboten haben. Auch die öffentliche Finanzunterstützung für neue Infrastruktur zur Verteilung alternativer Kraftstoffe war in mehreren Städten maßgebend. Die gemeinsame Beschaffung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge durch Kommunen könnte die Schaffung eines Markts für neue Technologien beschleunigen und deren Wirtschaftlichkeit gewährleisten. Die Kommission unterstützt im Rahmen von Pilotprojekten bereits die Entwicklung gemeinsamer, umweltbewusster Beschaffungsverfahren öffentlicher Stellen in der EU14. Auf der Grundlage dieser Projekte könnte die Kommission eine umfassendere Anwendung solcher Maßnahmen vorsehen.

... und neue Arten zu fahren

Ein umweltbewusstes Fahren, bei dem der Energieverbrauch durch ein geändertes Fahrverhalten verringert wird, sollte ermutigt werden, insbesondere in den Fahrschulen und bei der Ausbildung von Berufskraftfahrern. Auch elektronische Systeme zur Fahrerunterstützung könnten dazu beitragen, das Fahrverhalten zu verbessern. Verbesserte Infrastrukturen und Verkehrsmanagementsysteme sowie "intelligentere" Autos werden ebenfalls einen wichtigen Beitrag zu leisten haben.

Verkehrsbeschränkungen?

In einigen Fällen wurden örtliche Verkehrsbeschränkungen und Stadtmautgebühren eingeführt. Diese Einzelmaßnahmen sind wegen der Wirkungen, die sie bereits erzielt haben, zu begrüßen. Laut einigen Beteiligten besteht jedoch das Risiko, einen Flickenteppich von Stadtgebieten mit neuen "Grenzlinien" quer durch Europa zu schaffen. So beschränken manche Kommunen die Zufahrt ins Stadtzentrum auf der Grundlage der EURO-Normen, andere legen andere Kriterien zugrunde.

Zahlreiche Beteiligte fordern Leitlinien und die Ausarbeitung harmonisierter Regeln für "grüne Zonen in der Stadt" (Fußgängerzonen, Zugangsbeschränkungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Stadtmautgebühren usw.) auf EU-Ebene, um eine breiten Einsatz solcher Mittel zu ermöglichen, ohne unverhältnismäßige Hindernisse für die Mobilität von Menschen und Gütern zu errichten. Außerdem würden durch die Harmonisierung und Interoperabilität ähnlicher Technologien Kosten gesenkt. Die Frage eines europäischen Registers aller Fahrzeuge und der grenzübergreifenden Durchsetzung in mehreren Städten könnte auf EU-Ebene weiter geprüft werden, wie von einigen Beteiligten vorgeschlagen.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

2.3. Hin zu einem intelligenteren Nahverkehr

Problembeschreibung:

Die europäischen Städte sind mit einer konstanten Zunahme des Güter- und Personenverkehrsflusses konfrontiert. Der Ausbau der Infrastruktur, die zur Bewältigung dieses Verkehrswachstums nötig ist, stößt jedoch an Grenzen, die mit dem Mangel an Flächen und mit Umwelteinschränkungen verbunden sind. Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten hervorgehoben, dass Anwendungen für Intelligente Verkehrssysteme (IVS) derzeit noch zu wenig genutzt werden, um die Mobilität in der Stadt effizient zu verwalten, oder ohne ausreichende Berücksichtigung der Interoperabilität entwickelt werden.

Optionen:

Die Verkehrs- und Reisedatenverarbeitung kann Fahrgästen, Fahrern, Flottenbetreibern und Netzmanagern Informationen an die Hand geben, Unterstützung leisten und den Verkehr dynamisch steuern helfen. Es gibt bereits eine Reihe von Anwendungen für den Straßen-, Schienen- und Binnenschiffsverkehr. In den kommenden Jahren werden diese Anwendungen durch das Satellitensystem GALILEO, das eine genauere Positionsbestimmung ermöglicht, noch leistungsfähiger werden.

Intelligente Gebührensysteme Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass intelligente Gebührensysteme eine wirksame Methode zur Nachfragesteuerung darstellen. Im kollektiven Verkehr wird der Einsatz von IVS eine bessere Betriebsführung und neue Dienste möglich machen (Flottenverwaltung, Reiseinformationssysteme, Fahrscheinausstellung usw.). Damit Daten zwischen diesen Anwendungen ausgetauscht werden können, müssen Datenaustauschprotokolle eingerichtet sein. Die Beteiligten haben hervorgehoben, daß Standards interoperabel und offen für Innovationen sein sollten; intelligente Bezahlsysteme sollten Smart-Cards verwenden, die interoperabel benutzt werden können für verschiedene Verkehrsträger, verschiedene Funktionen (wie verkehrsbezogene Zahlungen, Zahlungen für sonstige Dienstleistungen, Parken und Kundenkartenfunktionen), verschiedene geografische Gebiete und längerfristig auch grenzübergreifend. Möglichkeiten der Tarifdifferenzierung nach Zeit oder Zielgruppe (z.B. Haupt-/Nebenverkehrszeiten) könnten Teil des Systems sein.

Bessere Informationen für eine bessere Mobilität Einer der kritischen Erfolgsfaktoren für die Mobilität in städtischen Netzen ist, dass die Fahrgäste in der Lage sind, sich gut informiert für ein Verkehrsmittel und den Fahrtzeitpunkt zu entscheiden. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit von Informationen für die Fahrtenplanung, die benutzerfreundlich, angemessen und interoperabel sind und verkehrsträgerübergreifend zur Verfügung stehen.

Die Beteiligten haben darauf hingewiesen, dass IVS eine dynamische Verwaltung der vorhandenen Infrastruktur ermöglichen. Zusätzliche Kapazitäten von mehr als 20-30 % lassen sich durch die effiziente Nutzung von Straßenflächen gewinnen. Dies ist besonders wichtig, da es in der Regel wenig Spielraum für die Bereitstellung zusätzlicher Straßenverkehrsflächen in Städten gibt. Die aktive Verwaltung der städtischen Verkehrsinfrastruktur kann sich auch positiv auf Sicherheit und Umwelt auswirken. Ein besonderes Einsatzgebiet von IVS könnte die Gewährleistung nahtloser Verbindungen zwischen Netzen an der Schnittstelle von Nah- und Fernverkehr sein.

Die Effizienz der Güterverteilung in der Stadt kann ebenfalls mit Hilfe von IVS gesteigert werden, besonders durch eine bessere Zeitsteuerung des Betriebs, höhere Ladefaktoren und eine wirtschaftlichere Fahrzeugnutzung. Erforderlich sind dafür integrierte Systeme, die die intelligente Routenplanung kombinieren mit Systemen zur Fahrerunterstützung, intelligenten Fahrzeugen und der Interaktion mit Infrastruktureinrichtungen.

Kommunen und Beteiligte des Privatsektors sollten in die Umsetzung und den Betrieb dieser Anwendungen und Dienste schon ab einem frühen Stadium voll einbezogen sein. Zu den Beteiligten gehören Technologieanbieter, Verkehrs- und Infrastrukturbetreiber, die Industrie, Dienstleistungsanbieter, Hersteller digitaler Karten, Stellen mit Aufsichts- und Exekutivaufgaben und Infrastrukturnutzer.

Die Beteiligten haben vorgeschlagen, die Kommission solle eine größere Verbreitung vorbildlicher Praktiken im Bereich der IVS unterstützen. Insbesondere wurde die Schaffung eines Rahmens für die IVS-Einführung in Städten in der EU vorgeschlagen, um Fragen der Interoperabilität und des Austauschs von Daten und Informationen zu lösen.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

2.4. Hin zu einem zugänglichen Nahverkehr

Problembeschreibung:

Die Zugänglichkeit betrifft in erster Linie Personen mit eingeschränkter Mobilität, Behinderte, ältere Menschen, Familien mit kleinen Kindern oder Kinder selbst: Sie müssen komfortabel Zugang zur städtischen Verkehrsinfrastruktur erhalten.

Zugänglichkeit bezieht sich auch auf die Qualität des Zugangs, den Menschen und Unternehmen zum Mobilitätssystem der Stadt, d.h. zur Infrastruktur und zu den angebotenen Diensten, haben.

Die städtische Infrastruktur, einschließlich Straßen, Radwege usw., aber auch Züge, Busse und öffentliche Plätze, Parkplätze, Bushaltestellen, Stationsgebäude usw. sollten von hoher Qualität sein. Effiziente Verbindungen innerhalb der Stadt, zwischen Stadt und Umland, zwischen städtischen Netzen und Fernverkehr und zu den transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-V) sind ebenfalls von hoher Bedeutung. Eine gute Anbindung von Flughäfen, Bahnhöfen und Häfen und von intermodalen Güterverkehrsterminals ist besonders wichtig, um die verschiedenen Verkehrsträger miteinander zu verknüpfen.

Die Bürger erwarten darüber hinaus, dass der öffentliche Verkehr ihren Bedürfnissen hinsichtlich Qualität, Effizienz und Verfügbarkeit entspricht. Um attraktiv zu sein, muss der öffentliche Verkehr nicht nur zugänglich sein, sondern sich auch durch einen dichten Takt, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Komfort auszeichnen. Wie die Erfahrung zeigt, ist ein Hindernis für den Umstieg vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr häufig die schlechte Servicequalität, sowie Langsamkeit und Unzuverlässigkeit des öffentlichen Verkehrs15.

Laut den Beteiligten wird der Komodalität und dem Mangel an integrierten Lösungen für den kollektiven Verkehr nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet (z.B. S-Bahn-Systeme, Zug/Straßenbahn-Systeme und gut platzierte Park&Ride-Einrichtungen an Endhaltestellen des öffentlichen Verkehrs an den Stadträndern). Für die Güterverteilung werden oft Zentren oder Umschlagstellen in Vororten benötigt.

Optionen:

Ein öffentlicher Verkehr, der den Bedürfnissen der Bürger entspricht ...

Bei der Halbzeitüberprüfung des Verkehrsweißbuchs wurde die Notwendigkeit grundlegender Fahrgastrechte bei allen Verkehrsträgern betont, wobei besonders Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität im Mittelpunkt standen. Die Beteiligten haben empfohlen, die Kommission solle die Idee einer Europäischen Charta der Rechte und Pflichten von Fahrgästen im öffentlichen Verkehr lancieren.

Sie haben darauf hingewiesen, dass die Bürger vom kollektiven Verkehr erwarten, dass er ihre grundlegenden Bedürfnisse hinsichtlich Mobilität und Zugänglichkeit erfüllt. Die Gesellschaft ist im Wandel begriffen, wird älter und erwartet intelligentere Mobilitätslösungen. Effizienz ist von zentraler Bedeutung: Wenn die Fahrtdauer nicht mit der bei PKW-Benutzung vergleichbar ist, kann sich der kollektive Verkehr im Wettbewerb nicht behaupten.

Die Bürger erwarten auch flexiblere Verkehrslösungen für die Mobilität sowohl von Gütern als auch Personen. Vielerorts haben Taxiunternehmen bereits begonnen, sich auf neue Märkte vorzutasten. Auch könnten kleinere Fahrzeuge für bedarfsabhängige Dienste eingesetzt werden.

Die gesellschaftlichen Aspekte der Mobilität in der Stadt stellen eine Herausforderung dar. Der Nahverkehr muss erschwinglich sein, auch für Menschen mit geringem Einkommen. Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität und ältere Menschen erwarten mehr und höherwertige Mobilität. Die persönliche Mobilität ist der Schlüssel zur Unabhängigkeit.

... aufbauend auf einem geeigneten EU-Rechtsrahmen

Die beiden Richtlinien für öffentliche Aufträge16 gelten uneingeschränkt für öffentliche Dienstleistungsaufträge wie den Bus- und Straßenbahnverkehr. Die neue Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße17 wird eine größere Transparenz gewährleisten und den Kommunen und Betreibern dabei helfen, Qualität und Effizienz zu steigern.

Die neue Verordnung erlaubt es den zuständigen Stellen, gemeinwirtschaftliche Anforderungen festzulegen, um Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Bereich des Personenlandverkehrs zu gewährleisten. Sie ermöglicht es diesen Stellen auch, Sozialtarife aufzuerlegen. Umfasst die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen einen finanziellen Ausgleich und/oder die Gewährung eines ausschließlichen Rechts, muss ein Vertrag zwischen der Vergabestelle und dem nach einer Ausschreibung ausgewählten Betreiber geschlossen werden.

Sowohl nach den Richtlinien als auch der neuen Verordnung steht es den zuständigen Stellen frei, die Verkehrsdienste entweder selbst durchzuführen oder sie auszuschreiben. Sie können Auswahlkriterien hinsichtlich der Kapazität der Anbieter sowie Vergabekriterien bezüglich der Dienstequalität einführen.

... und mittels innovativer Lösungen und geeigneter Fähigkeiten

Eine der Empfehlungen als Ergebnis der Anhörung war, dass die Europäische Kommission als Alternative zu teureren Straßenbahn- und U-Bahnlinien weniger kostspielige Lösungen für den kollektiven Verkehr, z.B. Schnellbusdienste, fördern sollte. Schnellbussysteme bieten rasche und in dichtem Takt verkehrende Busdienste auf speziellen Busspuren und in der Regel mit U-Bahnähnlichen Haltestellen. Innovative vorbildliche Praktiken, die bereits entwickelt wurden, könnten gefördert werden. Ein spezieller Bereich wäre die Nutzung (umweltfreundlicher) Taxis im kollektiven Verkehr und für bedarfsabhängige Dienste mit Hilfe von IVS. Auch die Notwendigkeit, Leitlinien zu intermodalen Terminals für den kollektiven Verkehr auszuarbeiten, kam bei der Anhörung zur Sprache.

Eine gute Zugänglichkeit erfordert auch, dass Geschäfte, Unternehmen und Zonen, in denen wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeführt werden, einschließlich Güterterminals und Häfen, gut an städtische Verkehrsnetze angebunden sind, um sie für Gütertransportunternehmen, Dienstleister, Beschäftigte und Kunden leicht erreichbar zu machen. Dies ist besonders wichtig, wenn Zonen mit eingeschränktem Zugang eingerichtet werden.

Der Nahverkehr muss hochqualifiziertes Personal anziehen und halten. Schulungsprogramme, z.B. zur umweltfreundlichen Fahrweise, wie bei der Anhörung vorgeschlagen, können die Fähigkeiten der Beschäftigten im kollektiven Verkehr oder Güterverkehr verbessern und die CO₂-Emissionen und die Umweltverschmutzung verringern.

Europa ist weltweit ein bedeutendes touristisches Ziel, und viele Touristen besuchen Städte. Der Tourismus kann zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Beschäftigung beitragen. Laut den Beteiligten sind Touristen eine spezielle Gruppe von Verkehrsnutzern mit eigenen Anforderungen, sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch des Nutzungsverhaltens, was die städtischen Verkehrssysteme einer besonderen Belastung aussetzen kann. Dies sollte bedacht werden, wenn es um die Zugänglichkeit innerhalb des Stadtgebietes geht sowie um den Zugang zu diesem Gebiet von außerhalb.

... mit ausgeglichener Koordinierung der Flächennutzung und einem integrierten Ansatz für die Mobilität in der Stadt

Die am stärksten betroffenen Beteiligten und insbesondere die Vertreter der Städte, die Netzen für den Erfahrungsaustausch angehören, haben das Problem städtischer Ballungsräume geschildert, die sich der Herausforderung stellen müssen, das gesamte städtische Einzugsgebiet besser zugänglich zu machen. Der Trend zur Stadtrandbesiedlung und Umlandzersiedlung führt zu räumlich voneinander getrennten Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte. Die sich daraus ergebende Trennung von Wohnort, Arbeitsstätte und Freizeiteinrichtungen führt zu einer Steigerung der Verkehrsnachfrage18. Die geringere Bevölkerungsdichte in Randgebieten erschwert es, Lösungen für den kollektiven Verkehr mit einer ausreichenden Qualität anzubieten und eine maßgebliche Zahl von Nutzern anzuziehen. Die Gesundheitsversorgung älterer Menschen kann leiden, wenn die Verkehrslösungen nicht stimmen (zusätzlich zur sozialen Isolierung). Maßgeschneiderte Lösungen wie bedarfsabhängige Verkehrsdienste oder Dienste, die die normalerweise vom Stadtzentrum ausgehenden Linien untereinander verknüpfen, könnten Vorortgebiete besser bedienen.

Laut den Beteiligten könnte die Koordinierung zwischen Behörden dazu beitragen, die Herausforderungen an die Mobilität in der Stadt zu meistern. Die Mobilität in der Stadt könnte auch von der Integration verschiedener Politikbereiche wie Stadtplanung, Wirtschaftsentwicklung und Soziales, Verkehr usw. profitieren.

Mobilitätspläne, die das Umland von Ballungsgebieten berücksichtigen und sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr in der Stadt und im Umland einbeziehen, bilden ebenfalls eine gute Grundlage für die effiziente Planung der Mobilität in der Stadt. Die Beteiligten haben hervorgehoben, dass geeignete Organisationsstrukturen geschaffen werden müssen, um die Ausarbeitung und Durchführung dieser Pläne zu erleichtern.

In der Thematischen Strategie für die städtische Umwelt19 wurde eine Reihe von Umweltproblemen genannt, die durch die Entwicklung und Umsetzung von Plänen für einen nachhaltigen städtischen Nahverkehr verbessert werden könnten20. Die Europäische Kommission hat sich in ihrer Strategie verpflichtet, Leitlinien zur Erstellung solcher Pläne auszuarbeiten. Angesichts der Veröffentlichung dieses Grünbuchs und der breit angelegten Gespräche über den Nahverkehr sollte die Gelegenheit ergriffen werden, um im Rahmen des Aktionsplans für Mobilität in der Stadt die Frage der Folgemaßnahmen zu den Plänen für den nachhaltigen städtischen Nahverkehr anzugehen.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

2.5. Hin zu einem sicheren Nahverkehr

Problembeschreibung:

Alle EU-Bürger sollten in Städten sicher leben und sich dort sicher bewegen können. Ihr persönliches Risiko als Fußgänger, Radfahrer oder Fahrer eines PKW oder LKW sollte minimal sein. Dies setzt eine gute Infrastrukturkonzeption, besonders an Kreuzungen, voraus. Den Bürgern wird zunehmend bewusst, dass verantwortliches Verhalten zum Schutz des eigenen Lebens und des Lebens anderer gefordert ist.

Im Jahr 2005 kamen in der EU 41 600 Menschen bei Straßenverkehrsunfällen ums Leben21. Dies ist weit entfernt von dem gemeinsamen Ziel, die Zahl der Verkehrstoten bis 2010 auf 25 000 zu senken22. Rund zwei Drittel der Unfälle und ein Drittel der Unfalltoten sind in Stadtgebieten zu beklagen, betroffen sind dabei die schwächsten Straßenverkehrsteilnehmer. Das Risiko, bei einem Verkehrsunfall getötet zu werden, ist für Radfahrer und Fußgänger sechsmal so hoch wie für Autoinsassen. Häufig sind die Unfallopfer Frauen, Kinder und ältere Menschen.

Die zuweilen empfundene Unsicherheit von Fahrgästen in öffentlichen Verkehrsmitteln hindert manche sozialen Gruppen an der Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Dies gilt nicht nur für die Verkehrsmittel, Terminals und Haltestellen selbst, sondern auch für den Fußweg von und zu den Haltestellen. Dies kann zu einer unnötigen PKW-Nutzung oder unter Umständen zu Zurückgezogenheit führen.

Optionen:

Die europäische Politik für Straßenverkehrssicherheit betrifft die Aspekte Verhalten, Fahrzeuge und Infrastruktur.

Sichereres Verhalten ...

Die Beteiligten haben vorgeschlagen, dass die Kommission zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit vorbildliche Praktiken weiter fördern und sich in einem intensiveren und stärker strukturierten Dialog mit lokalen und regionalen Beteiligten und mit den Mitgliedstaaten engagieren könnte, insbesondere zum Thema neuer Technologien - speziell IVS - zur Erhöhung der Sicherheit.

Um den Bürgern ihr Verkehrsverhalten stärker bewusst zu machen, haben Aufklärungs- und Informationskampagnen hohe Priorität. Beispiele hierfür wären Kampagnen zur Straßenverkehrssicherheit und spezielle Initiativen zur Schulung Jugendlicher; ferner könnte einer der nächsten Europäischen Tage der Straßenverkehrssicherheit den Städten gewidmet werden. Die Beteiligten haben auch angeregt, ein sicheres Verhalten der Radfahrer zu stärken, z.B. durch Förderung der Benutzung von Fahrradhelmen in ganz Europa oder die Förderung von Forschungstätigkeiten für ein ergonomischeres Design der Helme. Die strenge Durchsetzung der Verkehrsregeln ist auch bei Motorrad-, Roller- und Fahrradfahrern vorrangig. Die Beteiligten haben vorgeschlagen, dass die EU Maßnahmen zur allgemeinen Verbreitung des Einsatzes von Geräten zur Durchsetzung der Regeln für alle Verkehrsteilnehmer in den Städten unterstützt.

... sicherere Infrastrukturen

Aus Sicht der Beteiligten hängt die Verbesserung der gefühlten Sicherheit von einer Reihe von Maßnahmen in der städtischen Umwelt ab. Eine hochwertige Infrastruktur, wozu auch gute Bürgersteige und Radwege gehören, kann dabei einen Unterschied ausmachen. Auch mehr Sichtbarkeit, beispielsweise dank besserer Beleuchtung, und mehr Polizei auf den Straßen können dazu beitragen, das Sicherheitsgefühl zu stärken. IVS-Lösungen können ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie angemessene Informationen schnell bereitstellen und ein sicherheitsbezogenes Verkehrsmanagement ermöglichen. Die Beteiligten haben vorgeschlagen, dass die EU auch Empfehlungen für die Einbeziehung von Sicherheitsnormen für den Nahverkehr in die Konzeption der städtischen Infrastruktur formulieren könnte.

Ein besonderes Thema ist die Sicherheit vor Terroranschlägen im Nahverkehr. Die Kommission wird in Kürze eine Mitteilung zu diesem Thema prüfen.

Sicherere Fahrzeuge ...

Sicherere Kraftfahrzeuge sind in Städten von besonderer Bedeutung, da sie sich dort die Straße mit Fußgängern, Radfahrern und Nahverkehrsfahrzeugen teilen. Technologien etwa zur Nachtsichtfähigkeit, Bremsverstärkung, Kollisionsvermeidung und Einschlafwarnung können die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer erhöhen. Die Mitteilungen der Europäischen Kommission zur eSicherheit23 und zur i2010-Initiative "Intelligentes Fahrzeug - IKT für intelligentere, sicherere und sauberere Fahrzeuge"24 zeigen wertvolle Lösungen auf, die im städtischen Umfeld Anwendung finden könnten. Der Personenverkehr könnte auch mit "City-Fahrzeugen" abgewickelt werden, wobei die Beteiligten zusätzlich angeregt haben, dass übergroße LKW und PKW nur beschränkten Zugang erhalten könnten.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

3. Schaffung einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt

3.1. Mehr Wissen ...

Bei den Anhörungen hat sich gezeigt, dass es zur Schaffung einer neuen "Kultur der Mobilität in der Stadt" in Europa nötig ist, Partnerschaften einzurichten. Neue Planungsmethoden und -instrumente können ebenfalls eine wichtige Rolle für diese neue Kultur der Mobilität in der Stadt spielen. Auch Erziehung, Schulung und Bewusstseinsbildung kommt große Bedeutung zu.

Die Kompetenz der Beschäftigten im Bereich der Mobilität in der Stadt muss ausgebaut werden. Laut den Beteiligten könnte die EU hier eine größere Rolle spielen, indem sie die Organisation von Mitarbeiterschulungen und Austauschmaßnahmen in systematischer Weise erleichtert.

Die Mobilität in der Stadt ist eine Frage, die bereits bei Netzwerkinitiativen der EU-Regionalpolitik wie URBACT und die Initiative "Regionen für wirtschaftlichen Wandel"25 angesprochen wurde. Die Europäische Kommission beabsichtigt, innerhalb dieser Initiativen neue Netzwerke mit Bezug zur Mobilität in der Stadt weiter zu stärken und zu unterstützen.

Wie bei den Anhörungen angeregt, könnte die Kommission ihre Arbeiten im Bereich der Politik für die Mobilität in der Stadt aktiv erläutern und dafür werben. Die Kommission könnte zusammen mit Beteiligten, die in diesem Bereich bereits tätig sind, eine europäische Kampagne zur Bewusstmachung ihrer Aktivitäten in Bezug auf die nachhaltige Mobilität in der Stadt organisieren. Dazu könnten gezielte Informations- und Bewusstseinsbildungskampagnen gehören, mit denen das Mobilitätsverhalten bestimmter Zielgruppen beeinflusst werden soll. Ein weiterer Vorschlag lautet, eine jährlich stattfindende europäische Konferenz zum Thema "fortschrittliche Lösungen für den Nahverkehr" ins Leben zu rufen. Diese Konferenz könnte unter der Leitung des CIVITAS-Forums organisiert werden.

3.2. ... und Erhebung von Daten

Die Anhörungen und bereits früher durchgeführten Datenerhebungen haben gezeigt, dass es auf EU-Ebene große Lücken in den Statistiken zur Mobilität in der Stadt gibt und es trotz einiger Initiativen im Rahmen der EU-Regionalpolitik an einheitlichen Definitionen mangelt. Diese Lücken sollten geschlossen werden, damit den Entscheidungsträgern und den Praktikern auf allen Ebenen die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen.

Die Beteiligten haben vorgeschlagen, dass die Europäische Kommission hier eine Aufgabe übernehmen könnte, indem sie auf der Grundlage ihrer Erfahrungen mit der Erfassung, Harmonisierung und Auswertung von Statistiken auf europäischer Ebene eine Beobachtungsstelle einrichtet. Diese Beobachtungsstelle könnte dazu beitragen, den politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit die notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen und das Wissen über die Mobilität in der Stadt zu verbessern, und gleichzeitig als Anbieter von Informationen über vorbildliche Praktiken dienen.

4. Finanzielle Mittel

Die erforderlichen Investitionen in die Infrastruktur und Knotenpunkte, Instandhaltung und Betrieb der Netze, Erneuerung und Wartung der Fahrzeuge, Sensibilisierung der Bevölkerung und Kommunikation schaffen einen vielfältigen umfangreichen Finanzierungsbedarf, der im Wesentlichen von den betroffenen lokalen Gebietskörperschaften gedeckt werden muss.

Laut einer aktuellen Studie26 sind mehr als 40 % der Straßenbahnen und S-Bahnen in den EU-15-Ländern und 67 % der Fahrzeuge in den neuen Mitgliedstaaten über 20 Jahre alt und müssten vor 2020 ersetzt werden.

Die erfolgreiche Finanzierung von Nahverkehrsprojekten erfordert eine Kombination von Haushalts-, Regulierungs- und Finanzinstrumenten, einschließlich spezifischer lokaler Steuern und Abgaben. Diese Frage ist langfristig zu sehen.

Finanzierungsinstrumente für Städte ...

Alle Beteiligten auf lokaler, regionaler, nationaler und EU-Ebene müssen einen Beitrag leisten. Auch die Nutzer sollten ihren Beitrag leisten und einen angemessenen Preis für kollektive Verkehrsdienste entrichten. Sie sind auch bereit, für einen hochwertigen Dienst zu zahlen. Die private Finanzierung, in der Regel in Form öffentlichprivater Partnerschaften, kann eine Rolle spielen, erfordert aber stabile rechtliche Rahmenbedingungen. Parkgebühren und Stadtmautgebühren könnten ebenfalls zur Finanzierung des Nahverkehrs beitragen, insbesondere wenn die Erträge zweckgebunden zur Finanzierung von Nahverkehrsmaßnahmen verwendet werden. Aus der Mautregelung in London ließen sich nützliche Lehren für die Verbesserung von Busdiensten ziehen.

Die Beteiligten haben vorgeschlagen, dass die EU prüfen solle, ob der Anwendungsbereich der "Eurovignetten-Richtlinie" durch Einführung einer städtischen Dimension ausgeweitet werden könne, so dass Straßengebühren für Fahrzeuge und Infrastrukturen aller Art erhoben werden könnten. Dies könnte auch mit der Ausarbeitung einer harmonisierten Methodik bis Mitte 2008 verknüpft werden, mit der die externen Kosten des Verkehrs berechnet werden sollen.

Laut Beteiligten könnten marktgestützte Mechanismen, wie die mögliche Nutzung des Emissionshandels (mit Gewährung von Emissionsrechten oder gleichwertigen Gutschriften an Kommunen, die in neue und umweltfreundlichere Infrastruktur investieren), weiter analysiert werden. Negative Auswirkungen auf das Funktionieren und die umweltbezogene Effektivität des Systems müssen jedoch vermieden werden.

Die Kommission berücksichtigt bei ihrer Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen sowohl den Umweltnutzen von Investitionen in einen umweltfreundlichen Verkehr als auch die Notwendigkeit einer Verlagerung des Verkehrs auf weniger umweltschädliche Verkehrsmittel. So sieht beispielsweise der Entwurf der Leitlinien für den Umweltschutz27 spezifische Ausnahmen vor, wenn Beihilfen für die Beschaffung neuer Fahrzeuge gewährt werden, um die Einhaltung von Gemeinschaftsnormen bereits vor deren obligatorischer Anwendung zu beschleunigen. Darüber hinaus werden im Kommissionsvorschlag für eine neue Gruppenfreistellungsverordnung28 ausdrücklich Investitionen in Verkehrsmittel und Verkehrsausrüstungen mit Ausnahme des Straßengüterverkehrs und des Luftverkehrs als unbedenklich zugelassen. Die Kommission erwägt derzeit die Herausgabe von Leitlinien für staatliche Beihilfen im Eisenbahnsektor, um die Transparenz und Rechtssicherheit in einem Wirtschaftszweig zu verbessern, der allmählich dem Wettbewerb geöffnet wird und für die Gewährleistung einer nachhaltigen Mobilität in Europa ausschlaggebend ist. Eine der Fragen, mit der sich die Kommission zu befassen hat, ist die Notwendigkeit der schnellen Ersetzung eines alternden Fuhrparks im Interesse der Zuverlässigkeit, Sicherheit und verbesserten Interoperabilität. In bestimmten Gebieten Europas ist diese Notwendigkeit besonders groß, so dass Regionalbeihilfen ein geeignetes Instrument zur Lösung dieses Problems sein könnten.

... die europäische Finanzunterstützung hat viele Facetten

Auf EU-Ebene stehen verschiedene Finanzierungsquellen zur Verfügung, beispielsweise die Strukturfonds, der Kohäsionsfonds und Darlehen der Europäischen Investitionsbank. Wie schon in der Vergangenheit wird die Kohäsionspolitik der EU in den förderfähigen Regionen im Zeitraum 2007-2013 eine bedeutende Finanzierungsquelle sein. In der vorhergehenden Periode 2000-2006 belief sich die Finanzierung für Verkehrsprojekte des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) auf rund 35 Mrd. €, wovon etwas mehr als 2 Mrd. € auf den Nahverkehr entfielen. Laut Programmplanung werden EFRE und Kohäsionsfonds im Zeitraum 2007-2013 nahezu 8 Mrd. EUR für den Nahverkehr bereitstellen. Weitere 9,5 Mrd. EUR werden für integrierte Projekte zur Sanierung von städtischen und ländlichen Gebieten zur Verfügung gestellt, die auch Investitionen in den Verkehr einschließen können.

Die Kohäsionsinstrumente stellen im laufenden Zeitraum 2007-2013 eine breitere und solidere Grundlage für die Kofinanzierung des Nahverkehrs und kollektiven Verkehrs bereit29. Die Bestimmungen des EFRE und des Kohäsionsfonds nehmen ausdrücklich Bezug auf den umweltfreundlichen Nahverkehr und öffentlichen Verkehr, zum ersten Mal aber auch auf integrierte Strategien für einen umweltfreundlichen Verkehr. Die Kommunen, besonders in den neuen Mitgliedstaaten, sollten diese Möglichkeiten nutzen, um ihre Nahverkehrssysteme zu verbessern.

Die meisten einzelstaatlichen strategischen Rahmenpläne der Mitgliedstaaten umfassen auch den nachhaltigen Nahverkehr als Aktionsbereich. Eine Kofinanzierung der EU mit den Kohäsionsinstrumenten ist für Investitionen in die Infrastruktur (z.B. Eisenbahn und Terminals) und in Fahrzeuge, wie umweltfreundliche Busse, Oberleitungsbusse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen, möglich. Dasselbe gilt für Maßnahmen wie die Nachrüstung oder Verbesserung anderer Komponenten, die Teil eines integrierten und benutzerfreundlichen städtischen Verkehrssystems sind (IVS, Fahrgastinformation, integrierte Fahrscheinausstellung, Verkehrsmanagement usw.). Der EFRE kann auch Maßnahmen finanzieren, die mit umweltfreundlichen und nachhaltigen Nahverkehrsprojekten zusammenhängen oder Unterstützung für bestimmte Bevölkerungsgruppen (ältere Menschen, Behinderte) beim Zugang zu normalen öffentlichen Verkehrsdiensten bieten. Er finanziert zunehmend Vorhaben in Zusammenhang mit intelligenten Verkehrssystemen.

Die Europäische Investitionsbank30 vergibt im jährlichen Schnitt Darlehen von rund 2,5 Mrd. EUR für städtische Verkehrsprojekte. Die Projekte umfassen die Errichtung, den Ausbau oder die Erneuerung von Infrastrukturen des kollektiven Verkehrs oder die Beschaffung von Fahrzeugen in größeren Ballungsräumen und mittelgroßen Städten in ganz Europa. Zusätzlich zu ihrer üblichen Darlehensvergabe hat sich die EIB mit der Kommission und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zusammengetan, um neue Finanzinstrumente und Initiativen zu entwickeln.

Das 7. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung (7. RP) fördert Tätigkeiten der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration zu den Bereichen Mobilität in der Stadt, Energieaspekte des Verkehrs, umweltfreundlicher Nahverkehr und nachhaltige Mobilität für alle Bürger.

Das 7. RP umfasst im Themenbereich "Verkehr" einen Tätigkeitsbereich "Gewährleistung einer nachhaltigen innerstädtischen Mobilität". Dies deckt technische Forschungsarbeiten, die Demonstration und politische Unterstützung im Bereich neuer Verkehrs- und Mobilitätskonzepte, innovativer Verfahren zur Nachfragesteuerung, hochwertiger öffentlicher Verkehrsdienste und innovativer Strategien für einen umweltfreundlichen Nahverkehr ab.

Andere Aktionen werden sich auf die Entwicklung hochinnovativer, schadstofffreier, intelligenter Verkehrs- und Mobilitätskonzepte, einschließlich deren Einführung, konzentrieren. Im 7. RP werden ferner im Themenbereich "IKT" Tätigkeiten gefördert, die mit Mobilität und Dienstleistungen im Zusammenhang stehen. Forschungsarbeiten zur Straßeninfrastruktur und zu intelligenten und umweltfreundlichen Fahrzeugen werden unabhängig vom geografischen Zusammenhang durchgeführt, doch können die Ergebnisse für den städtischen Rahmen nutzbar gemacht werden.

CIVITAS ist ein Demonstrations- und Forschungsprogramm der Kommission für einen umweltfreundlichen Nahverkehr. Die Initiative CIVITAS unterstützt Städte bei der Erprobung und Demonstration integrierter Bündel von sowohl politischen als auch technischen Maßnahmen, die auf ein nachhaltigeres, umweltfreundlicheres und energieeffizienteres Nahverkehrssystem abzielen. CIVITAS hat bislang Maßnahmen in 36 Städten mit 100 Mio. EUR an EU-Mitteln kofinanziert. CIVITAS-Plus wurde bereits im 7. RP eingeleitet.

Die Beteiligten haben betont, wie wichtig eine Fortsetzung der Initiative CIVITAS ist. Das CIVITAS-Konzept könnte den Weg für ein eigenes EU-Unterstützungsprogramm zur Finanzierung umweltfreundlicher Nahverkehrsaktivitäten außerhalb des Forschungsrahmens bereiten, wie von den Beteiligten angeregt wurde. Dieses Programm könnte sich auf Maßnahmen im größeren Maßstab konzentrieren und die Integration innovativer Maßnahmen in Städten und am Stadtrand in den Mittelpunkt stellen. Ideen für ein solches Programm könnten in Erwägung gezogen werden, sobald der Aktionsplan zur Mobilität in der Stadt angenommen wurde.

Das Programm Intelligente Energie Europa (IEE), das im Rahmen des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation31 finanziert wird, umfasst die Unterprogramme ALTENER und STEER. Diese unterstützen u.a. Initiativen im Zusammenhang mit neuen und erneuerbaren Energiequellen, mit der Förderung alternativer Kraftstoffe und mit der Förderung der Energieeffizienz im Verkehr.

Welche Rolle könnte die EU potenziell spielen?

5. Anhörungen

Die Kommission möchte die Ansichten der Beteiligten auch in ihre künftigen Arbeiten einbeziehen. Mit diesem Grünbuch startet die zweite intensive Anhörungsphase, die bis zum 15. März 2008 dauern wird. Alle interessierten Beteiligten sind eingeladen, zur Vision einer europäischen Politik für die Mobilität in der Stadt beizutragen und die 25 Fragen in diesem Dokument sowie die hier angesprochenen allgemeinen Fragen zu beantworten. Die geäußerten Ansichten können veröffentlicht werden, sofern nicht ausdrücklich Vertraulichkeit gewünscht wird.

Kommentare und Anregungen sind einzureichen

Wichtig ist, dass auf dieses Grünbuch schnell konkrete Maßnahmen folgen. Die Kommission ist der Auffassung, dass im Anschluss an die Anhörung ein konkreter Aktionsplan aufgestellt werden sollte. Dieser Aktionsplan wird im Frühherbst 2008 veröffentlicht. Er wird mögliche Maßnahmen auf Ebene der EU sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und auf Ebene der Wirtschaft und der Bürger umfassen. Für jede Maßnahme sollen in dem Plan die geeigneten Instrumente angegeben werden.