Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. September 2008 zur Gleichstellung von Frauen und Männern - 2008 (2008/2047(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 117789 - vom 19. September 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 3. September 2008 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 158/08(B) HTML PDF

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern ein Grundprinzip der Europäischen Union ist, das vom Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt ist; in der Erwägung, dass es trotz beträchtlicher Fortschritte in diesem Bereich immer noch zahlreiche Fälle von Ungleichbehandlung von Frauen und Männern gibt,

B. in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen ein beträchtliches Hindernis für die Gleichstellung von Frauen und Männern und eine der gängigsten Menschenrechtsverletzungen ist, die keine geografischen, wirtschaftlichen oder sozialen Grenzen kennt; in der Erwägung, dass die Zahl der Frauen, die Gewalt zum Opfer fallen, alarmierend hoch ist,

C. in der Erwägung, dass der Begriff "Gewalt gegen Frauen" als jede gegen Frauen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete Gewalthandlung zu verstehen ist, durch die Frauen körperlicher, sexueller oder psychologischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder zugefügt werden kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der willkürlichen Freiheitsberaubung, gleichviel ob im öffentlichen oder im privaten Bereich,

D. in der Erwägung, dass Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung eine unannehmbare Verletzung der Menschenrechte ist und eine moderne Form der Sklaverei darstellt, die eng mit anderen Kriminalitätsformen verbunden ist und die alle Bemühungen um Erreichung der Gleichstellung von Frauen und Männern untergräbt,

E. in der Erwägung, dass die Förderung einer von Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt gekennzeichneten unternehmerischen Politik sich nicht in erster Linie am Bedarf von Unternehmen oder öffentlichen Verwaltungen orientieren darf, sondern dass eine Politik der Flexibilität vor allem die Zeit als Ausgangspunkt nehmen muss, die Frauen und Männer brauchen, um ihre Verantwortung in der Familie ernst nehmen zu können,

F. in der Erwägung, dass die Europäische Beschäftigungsstrategie nunmehr weder besondere Gender-Leitlinien noch den Pfeiler der Chancengleichheit enthält,

G. in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Diskrepanzen im Bereich der Beschäftigung auf das Fortbestehen qualitativer wie auch quantitativer Disparitäten zwischen Frauen und Männern hindeuten,

H. in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle seit 2003 auf dem Niveau von 15 % konstant geblieben ist und sich seit 2000 lediglich um einen Prozentpunkt verringert hat,

I. in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der Verteilung auf Sektoren und Berufe nicht weniger werden und in manchen Ländern sogar zunehmen,

J. in der Erwägung, dass die Beteiligung von Frauen an Entscheidungsvorgängen ein entscheidender Indikator für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist; in der Erwägung, dass der Managerinnenanteil in Firmen und Hochschulen immer noch gering ist und die Zahl der Politikerinnen oder Forscherinnen nur sehr langsam größer wird,

K. in der Erwägung, dass die Stereotype, die im Bereich der Möglichkeiten der Bildungs- und Berufswahlmöglichkeiten für Frauen fortbestehen, zur Zementierung von Ungleichbehandlung beitragen,

L. in der Erwägung, dass die Lissabon-Ziele betreffend Wachstum und die Förderung der sozialen Marktwirtschaft nur durch vollständige Nutzung des erheblichen Potenzials von Frauen im Arbeitsmarkt erreicht werden können,

M. in der Erwägung, dass insbesondere bei Frauen die Gefahr "erzwungener" Teilzeitbeschäftigung besteht, eine Entscheidung, die ihnen häufig aufgrund des Fehlens erschwinglicher Kinderbetreuungsmöglichkeiten aufgenötigt wird,

N. in der Erwägung, dass eine Reihe von Herausforderungen und Schwierigkeiten Frauen in höherem Maße betreffen als Männer, insbesondere im Hinblick auf die Beschäftigungsqualität, die Lage "mithelfender" Ehefrauen in bestimmten Bereichen wie Landwirtschaft oder Fischerei und in kleinen Familienbetrieben, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und Mutterschutz sowie die Tatsache, dass Frauen einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind,

O. in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquoten in ländlichen Gebieten sowohl bei Männern als auch bei Frauen niedriger sind und viele Frauen darüber hinaus niemals auf dem offiziellen Arbeitsmarkt tätig werden und daher weder arbeitslos gemeldet sind noch in Arbeitslosenstatistiken erscheinen, was zu besonderen finanziellen und rechtlichen Problemen in Bezug auf das Recht auf Mutterschaftsurlaub und Krankheitszeiten, den Erwerb von Rentenansprüchen und den Zugang zur sozialen Sicherheit sowie zu Problemen im Scheidungsfalle führt; in der Erwägung, dass ländliche Gebiete durch den Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für hoch Qualifizierte stark benachteiligt werden,

P. in der Erwägung, dass die Lage bestimmter Gruppen von Frauen, die sich oft einer Häufung mehrerer Schwierigkeiten und Risiken sowie doppelter Diskriminierung ausgesetzt sehen - insbesondere behinderte Frauen, Frauen mit betreuungsbedürftigen Familienmitgliedern, ältere Frauen, Frauen aus Minderheits- und Einwanderergruppen sowie inhaftierte Frauen - , Anzeichen für eine Verschlechterung aufweist,

Q. in der Erwägung, dass bei allen anderen Dimensionen der Arbeitsplatzqualität, z.B. bei der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, bei den Arbeitsorganisationsformen, die die Kompetenzen nicht voll ausschöpfen, oder im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz weiterhin Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bestehen; in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote für Frauen mit betreuungsbedürftigen Kindern lediglich bei 62,4 % liegt, bei Männern hingegen bei 91,4 %; in der Erwägung, dass die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt immer noch weitgehend von einem hohen, wachsenden Anteil von Teilzeitarbeitskräften gekennzeichnet ist - im Jahre 2007 belief sich dieser EU-27-weit auf 31,4 % für Frauen, während der Männeranteil nur 7,8 % betrug - und 76,5% aller Teilzeitarbeitenden Frauen sind; in der Erwägung, dass Frauen auch häufiger mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt werden (15,1 %, d. h. 1 Prozentpunkt mehr als bei Männern); in der Erwägung, dass Frauen (4,5 %) nach wie vor deutlich häufiger von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind als Männer (3,5 %),

R. in der Erwägung, dass die Gefahr zu verarmen für Frauen größer ist als für Männer, vor allem jenseits der 65-Jahre-Grenze (21 %, d. h. 5 Prozentpunkte mehr als bei Männern),

S. in der Erwägung, dass die Vereinbarung des Berufs-, Familien- und Privatlebens für Frauen wie Männer ein ungelöstes Problem darstellt,

T. in der Erwägung, dass die Sozialpartner bei der Festlegung und tatsächlichen Umsetzung von Maßnahmen für die Gleichstellung von Männern und Frauen auf europäischer, nationaler, regionaler, sektoraler und Unternehmensebene eine wichtige Rolle spielen,

U. in der Erwägung, dass die Teilung von Verantwortung in Familie und Haushalt zwischen Frauen und Männern, insbesondere durch die Aufwertung der Nutzung von Eltern- und Vaterschaftsurlaub, eine unabdingbare Voraussetzung für Förderung und Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern darstellt; und in der Erwägung, dass die Nichteinbeziehung des Mutterschafts- und Erziehungsurlaubs in die Berechnung der Gesamtarbeitszeit diskriminierend ist und Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt,

V. in der Erwägung, dass der Zugang zu Dienstleistungen für die Betreuung von Kindern, älteren Menschen und anderen betreuungsbedürftigen Familienmitgliedern wesentlich für eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, an der Bildung und an der Ausbildung ist,

W. in der Erwägung, dass in den Strukturfondsverordnungen festgeschrieben ist, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission dafür Sorge tragen, die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts in den verschiedenen Phasen der Implementierung der Fonds zu fördern,