Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: EU-Justizbarometer 2017

C(2017) 6450 final

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Europäische Kommission
Brüssel, den 5.10.2017 C(2017) 6450 final

Frau Malu DREYER
Präsidentin des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin Deutschland

Sehr geehrte Frau Bundesratspräsidentin,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum EU-Justizbarometer 2017 {COM (2017) 167 final).

Das EU-Justizbarometer ist ein Informationsinstrument, das dazu beiträgt, die Rechtsstaatlichkeit zu fördern, indem es die Mitgliedstaaten bei Bedarf dabei unterstützt, die Wirksamkeit ihres Justizsystems zu verbessern. Gegenwärtig führt eine Reihe von Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Anpassung oder Reform ihres Justizsystems durch, und das EU-Justizbarometer hilft ihnen dabei, voneinander zu lernen.

Die Kommission begrüßt das anhaltende Interesse des Bundesrates am EU-Justizbarometer und würdigt seine ausführliche Stellungnahme. Die detaillierte Arbeit des Bundesrates stellt einen wichtigen Beitrag zum offenen Dialog mit den Mitgliedstaaten darüber dar, wie die Europäische Union dazu beitragen kann, die nationalen Justizsysteme zu verbessern, was eines der Ziele des EU-Justizbarometers ist.

Die Kommission wird die spezifischen Anmerkungen berücksichtigen, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme vorgebracht hat, und ihr Konzept bei künftigen Justizbarometern weiter verbessern. Sie nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat ihre Auffassung teilt, dass eine leistungsfähige Justiz eine wichtige Grundvoraussetzung für Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit darstellt. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission an ihr Engagement für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, die zu den Grundwerten gehört, auf denen die Union beruht.

Die Kommission weist auch darauf hin, dass der mit dem EU-Justizbarometer vermittelte vergleichende Überblick durch die vertieften länderspezifischen Bewertungen ergänzt wird, die im Rahmen des Europäischen Semesters im bilateralen Dialog mit den nationalen Behörden durchgeführt werden.

Diese länderspezifischen Bewertungen eröffnen die Möglichkeit, die Besonderheiten einer Rechtsordnung und den Kontext des betreffenden Mitgliedstaats zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der fachlicheren Anmerkungen aus der Stellungnahme verweist die Kommission den Bundesrat auf den beigefügten Anhang.

Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat geäußerten Bedenken mit diesen Ausführungen ausgeräumt werden konnten, und sieht der Fortsetzung des Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen
Frans Timmermanns Vera Jourovä
Erster Vizepräsident Mitglied der Kommission Anhang

Die Kommission hat alle in der Stellungnahme des Bundesrates dargelegten Bedenken sorgfältig geprüft und merkt dazu Folgendes an:

Hinsichtlich der bemängelten Komplexität der Schaubilder 56, 57, 59 und 60 möchte die Kommission anmerken, dass diese Schaubilder einen Überblick über die strukturellen Garantien im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der Justiz geben sollen. Die Schaubilder 56 und 57 ergänzen die Schaubilder 59 und 60, die bereits in früheren Ausgaben des EU-Justizbarometers enthalten waren. Bei der Gestaltung wurde darauf geachtet, dass die Schaubilder nach wie vor leicht verständlich sind, aber gleichzeitig auch komplexe Sachverhalte umfassend darstellen können. Die Kommission wird auf der Grundlage der Bemerkungen des Bundesrates prüfen, inwieweit die Schaubilder noch verständlicher gestaltet werden können.

Was die Bedenken des Bundesrates bezüglich eines möglichen Mangels an belastbarem Datenmaterial anbelangt, insbesondere im Zusannnenhang mit spezifischen Rechtsgebieten, möchte die Kommission betonen, dass die Daten für diese spezifischen Bereiche die Anzahl der tatsächlichen Fälle widerspiegeln (dies gilt auch für die Daten des Schaubilds zum vorläufigen Rechtsschutz) und daher einen soliden Überblick darüber geben, wie das nationale Justizsystem in diesen Bereichen in der Praxis funktioniert. Auf den Umstand, dass eine geringe Anzahl von Fällen in einem Jahr sich auf den Gesamtdurchschnitt auswirken kann, wird in den Fußnoten verwiesen (siehe Fußnoten zu den Schaubildern 13, 14, 15 und 16).

Der Bundesrat stellt fest, dass sich die wirksame Verfolgung von Geldwäschestraftaten mittelbar positiv auf ein investitions-, unternehmens- und bürgerfreundliches Umfeld auswirken kann. Er ist zudem der Ansicht, dass die Kommission mit Hilfe des neu aufgenommenen Schaubilds zur Geldwäsche einen Vergleich der Justizsysteme auf allgemeiner Grundlage vornehmen will. Die Kommission möchte den Bundesrat darauf hinweisen, dass das EU-Justizbarometer nicht dazu dient, einen allgemeinen Vergleich der Justizsysteme anzustellen. Gegenstand von Schaubild 19 ist die durchschnittliche Dauer der erstinstanzlichen Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Geldwäschestraftaten. Die wirksame Strafverfolgung in diesem Bereich des Unionsrechts ist - wie der Bundesrat allgemein anerkennt - nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität, sondern stärkt auch die Solidität, Integrität und Stabilität des Finanzsektors, das Vertrauen in das Finanzsystem und den fairen Wettbewerb im Binnenmarkt. Was die Bedenken des Bundesrats hinsichtlich der Datenlücke angeht, stimmt die Kommission zu, dass nach wie vor bestimmte Daten fehlen, einschließlich Daten für Deutschland. Da die Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche die Mitgliedstaaten verpflichtet, einschlägige Daten aus diesem Bereich bereitzustellen, ist die Kommission zuversichtlich, dass sie diese Datenlücke künftig weiter schließen kann.

Hinsichtlich der Frage, ob bestimmte einzelne Indikatoren zum Nachweis der Effizienz von Justizsystemen geeignet sind, möchte die Kommission daran erinnern, dass die Indikatoren zusammen betrachtet werden sollten, damit sich ein klares Bild ergibt. Die im Teil über die allgemeine Effizienz (§ 3.1.1.) des EU-Justizbarometers angewandte Methode wird auch für die Datensammlung der Kommission des Europarates für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) verwendet, an der sich Deutschland seit mehr als zehn Jahren beteiligt.

In Bezug auf die Übersichten über die Standards, insbesondere Schaubild 47, ist der Bundesrat der Auffassung, dass die vorgenommene Wahl der Standards den Rechtstraditionen in den Mitgliedstaaten und der Komplexität gerichtlicher Auseinandersetzungen nur unzureichend Rechnung trägt. Die Kommission möchte daran erinnern, dass dieses Schaubild nur dazu dienen soll, die Praxis der Mitgliedstaaten in diesem Bereich faktisch darzustellen. Die Datenlage hat ergeben, dass die meisten Mitgliedstaaten Standards für die Zeitplanung verwenden. Es ist jedoch Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, zu entscheiden, ob solche Standards verwendet werden. Wie für alle anderen Indikatoren des EU-Justizbarometers gilt auch für die in Schaubild 47 dargestellten Ergebnisse, dass diese nicht für sich allein, sondern im Zusammenhang mit anderen Indikatoren, die in das EU-Justizbarometer einfließen, betrachtet werden sollten. Für Mitgliedstaaten, die die Einführung von Standards in Erwägung ziehen, könnten diese Informationen bei ihren Überlegungen nützlich sein.

Im Zusammenhang mit Schaubild 30 weist der Bundesrat ferner auf die hohe Anzahl der berücksichtigten Indikatoren für die Förderung und Anreize für die alternative Streitbeilegung hin. Da mit diesem Schaubild die Anstrengungen der Mitgliedstaaten bei der Förderung freiwilliger Verfahren zur alternativen Streitbeilegung veranschaulicht werden sollen, müssen in dem Schaubild die unterschiedlichen von den Mitgliedstaaten angewandten Fördermethoden berücksichtigt werden. Die Kommission ist bereit, dieses Schaubild in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern noch aussagekräftiger zu gestalten.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es schwierig zu beurteilen ist, in welchem Maß die Verbesserung der Justizsysteme in den vergangenen fünf Jahren, d.h. seit Bestehen des EU-Justizbarometers, auf das EU-Justizbarometer zurückzuführen ist. Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass das EU-Justizbarometer Teil einer breiter angelegten Strategie ist, die die Mitgliedstaaten dazu ermutigen soll, die Wirksamkeit ihrer Justizsysteme zu verbessern. Die Strategie umfasst insbesondere auch das länderspezifische Monitoring, das jedes Jahr im Rahmen des Europäischen Semesters stattfindet, die länderspezifischen Empfehlungen, die der Rat vor diesem Hintergrund ausgibt, die Unterstützung von Justizreformen durch die EU-Struktur- und Investitionsfonds in 14 Mitgliedstaaten sowie den Austausch über bewährte Verfahren im Bereich der Justizreformen. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Instrumente die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen zur Durchführung der entsprechenden Justizreformen unterstützen und zu den im EU-Justizbarometer vorgestellten Fortschritten beigetragen haben.

Der Bundesrat empfiehlt der Kommission, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Darstellung objektiver, zuverlässiger und vergleichbarer Daten zu verbessern. Wie die Weiterentwicklung des EU-Justizbarometers zeigt, war die Kommission offen für Ideen aus den Mitgliedstaaten und anderer Interessenträger, wie die Daten besser präsentiert werden können.

Schließlich schlägt der Bundesrat vor, dass die Kommission ihre Ressourcen stärker" für die Überprüfung und Validierung der Daten einsetzen soll. Die Kommission erinnert den Bundesrat daran, dass sich das EU-Justizbarometer aus verschiedenen Datenquellen speist, die jeweils eigenen Qualitätssicherungs- und Validierungsverfahren unterliegen. Die meisten Daten werden von den zuständigen nationalen Behörden bereitgestellt und validiert, entweder von den Justizbehörden selbst (z.B. von den obersten Gerichtshöfen oder Räten für das Justizwesen) oder von den Justizministerien. Was die Bedenken des Bundesrates in Bezug auf das Fehlen rechtsvergleichender Definitionen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die zugrunde liegenden Definitionen zum großen Teil auf den von den einschlägigen Stellen, darunter die CEPEI, vereinbarten gemeinsamen Definitionen basieren. Die Kommission hat das Sekretariat der CEPEJ auf dieses wichtige Thema aufmerksam gemacht.