Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat
Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen

Der Bundesrat hat in seiner 890. Sitzung am 25. November 2011 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen zu verlangen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe gg - neu - (§ 2 Absatz 2 Nummer 7 TKG)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist nach Doppelbuchstabe ff folgender Doppelbuchstabe gg anzufügen:

'gg) Der Nummer 7 werden folgende Wörter angefügt:

"insbesondere der Gewährleistung der erforderlichen Übertragungsqualität (Planungsleitsatz),"'

Begründung:

Störungsfreiheit ist nicht allein als Optimierungsgebot, sondern als bindender, abwägungsfester Planungsleitsatz in das TKG einzufügen. Da ein solcher Planungsleitsatz bislang fehlt, besteht die Gefahr, dass die Gewährleistung von "Störungsfreiheit" lediglich als ein Belang neben mehreren anderen angesehen wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe e (§ 2 Absatz 6 Satz 3 - neu - TKG)

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe e ist wie folgt zu fassen:

'e) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6 und folgender Satz wird angefügt:

"Die Bundesnetzagentur trägt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dazu bei, dass die Umsetzung der in Länderkompetenz liegenden Maßnahmen zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie der Pluralismus der Medien sichergestellt wird."'

Begründung:

Der bisher in § 2 TKG - neu - aufgenommene Zielkatalog lässt die Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 Satz 4 der Rahmenrichtlinie (RRL) vermissen und muss daher ergänzt werden. Damit wird ein politisches Ziel der RRL aufgegriffen, für das sich Rat und Europäisches Parlament besonders stark eingesetzt hatten.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe h Doppelbuchstabe bb (§ 3 Nummer 9 Satz 2 TKG), Nummer 50 (§ 53 Absatz 2 Satz 3 - neu - TKG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Als Folge der im Gesetz vorgesehenen Streichung bzw. Neufassung unterläge die Frequenznutzung "in und längs von Leitern" nur noch dem Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG), wodurch die rechtliche Stellung des Kabelfernsehens bei Störungen durch andere Frequenznutzungen geschwächt werden könnte. Daher lehnt der Bundesrat die vorgesehene Streichung des Regelungsgegenstandes "elektromagnetische Wellen in und längs von Leitern" aus dem TKG ab.

4. Zu Artikel 1 Nummer 42 (§ 45n Absatz 1, Absatz 7 Satz 2)

In Artikel 1 Nummer 42 ist § 45n wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 45n TKG nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden dürfen (vgl. BR-Drucksache 129/11(B) HTML PDF , Ziffer 20). In § 45n TKG werden wesentliche Regulierungsbefugnisse auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie übertragen, welches entsprechend den europäischen Vorgaben weitreichende Befugnisse zum Erlass von Rechtsverordnungen an die Bundesnetzagentur subdelegieren kann. Die parlamentarische Kontrolle soll nach dem Gesetz dadurch sichergestellt werden, dass die Rechtsverordnungen jeweils der Zustimmung des Bundestages bedürfen. Da es gemäß Artikel 87f Absatz 1 des Grundgesetzes aber auch der Zustimmung des Bundesrates zum vorliegenden Gesetz bedarf, sollten folgerichtig auch die auf Grundlage von § 45n TKG erlassenen Rechtverordnungen nur mit Zustimmung des Bundesrates ergehen dürfen. Hier sollte das gleiche Verfahren gelten wie bei dem Erlass von Rechtsverordnungen zur Netzneutralität gemäß § 41a TKG, die ebenfalls nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden können.

5. Zu Artikel 1 Nummer 48 ( § 48 Absatz 3 TKG)

Der Bundesrat hält eine Änderung von § 48 Absatz 3 TKG-neu dahingehend für erforderlich, dass die bestehenden Probleme, die sich aus einem stark segmentierten Markt verschlüsselter Rundfunk- und Medienangebote ergeben, gelöst und offene Märkte und ein funktionierender Wettbewerb auch in Bezug auf IP-basierte Rundfunkdienste hinreichend gefördert werden können.

Begründung:

Bislang wurden IPTV-Angebote durch wiederholt verlängerte Entscheidungen der Bundesnetzagentur befristet von Interoperabilitätsanforderungen des § 48 Absatz 3 TKG freigestellt. Vor dem Hintergrund der erreichten Konsolidierung und Kundenreichweite von IPTV-Angeboten sowie auf Grund der laufenden Standardisierungsbemühungen erscheint es problematisch, IPTV-Angebote künftig unbefristet von Interoperabilitätsvorgaben auszunehmen.

6. Zu Artikel 1 Nummer 50 ( § 53 Absatz 1 TKG)

In Artikel 1 Nummer 50 ist § 53 Absatz 1 wie folgt zu fassen:

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Frequenzzuweisungen für die Bundesrepublik Deutschland sowie weitere Festlegungen, insbesondere zur Sicherstellung der Störungsfreiheit des Rundfunks, in einer Frequenzverordnung festzulegen. Die Frequenzverordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. In die Vorbereitung sind die von Frequenzzuweisungen betroffenen Kreise einzubeziehen."

Begründung:

Dadurch, dass künftig sämtliche Veränderungen der Verordnung zu Frequenzzuweisungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, sollen berechtige Interessen der Länder bezüglich des Rundfunks sichergestellt werden.

7. Zu Artikel 1 Nummer 51 (§ 54 Absatz 4 - neu - TKG)

In Artikel 1 Nummer 51 ist § 54 folgender Absatz 4 anzufügen:

(4) Vor Beginn des Verfahrens nach Absatz 1 ist unter Beteiligung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie das Einvernehmen mit den betroffenen obersten Bundes- und Landesbehörden herzustellen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Interessen der öffentlichen Sicherheit gewahrt werden und dem Rundfunk die auf der Grundlage der rundfunkrechtlichen Festlegungen zustehenden Kapazitäten für die Übertragung von Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder im Rahmen der Verordnung zur Frequenzzuweisung dem Rundfunk zugewiesenen Frequenzen zur Verfügung stehen."

Begründung:

Der Text übernimmt die bisher in § 5 Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung enthaltenen Regelungen zu den Mitwirkungsrechten der Länder. Allerdings wird nunmehr statt der Benehmensherstellung die Einvernehmensherstellung gefordert. Da die bisherige Benehmensherstellung der verfassungsrechtlichen Stellung der Länder bei der Rundfunkregulierung nicht gerecht wird, ist es erforderlich, diese durch eine Regelung zur Herstellung des Einvernehmens zu ersetzen. Das erforderliche Einvernehmen bezieht sich wie die bisherige Benehmensregelung auf die Sicherung der Belange des Rundfunks und darf auch nur zur Sicherung dieser in Länderzuständigkeit liegenden Belange verweigert werden. Dies ist verfassungsrechtlich unproblematisch, da das so genannte Verbot der Mischverwaltung auf der Ebene der materiellrechtlichen Gesetzgebung (Rechtsverordnungen) ebenso wenig wie auf der Ebene von Verwaltungsvorschriften zum Tragen kommt. Im Übrigen ist für die Spezialmaterie der Frequenzplanung und -verwaltung ohnehin eine Durchbrechung dieses Grundsatzes anzunehmen. Andernfalls würde seine strikte Beachtung zu einer Verkürzung von Kompetenzen führen, die den Ländern kraft Verfassungsrecht zustehen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 52 Buchstabe b (§ 55 Absatz 1 Satz 5 TKG)

In Artikel 1 Nummer 52 Buchstabe b sind in § 55 Absatz 1 Satz 5 die Wörter "diese Nutzung keine wesentlichen zeitlichen und räumlichen Nutzungsbeeinträchtigungen erwarten lässt" durch die Wörter "durch diese Nutzung keine erheblichen Nutzungsbeeinträchtigungen zu erwarten sind" zu ersetzen.

Begründung:

Die bisher geltende Fassung des § 55 Absatz 1 Satz 5 TKG ermöglicht die Nutzung bereits anderen zugeteilter Frequenzen zum Zweck der Mobilfunkunterdrückung in Justizvollzugsanstalten unter der Voraussetzung, dass hierdurch keine "erheblichen Störungen" der Frequenznutzungen zu erwarten sind. Mit Artikel 1 Nummer 52 Buchstabe b des Gesetzesbeschlusses wird die Nutzung künftig nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass keine "wesentlichen zeitlichen und räumlichen Nutzungsbeeinträchtigungen" zu erwarten sind. Außerdem sollen bei der Nutzung Rahmenbedingungen beachtet werden, die von der Bundesnetzagentur im Benehmen mit den Bedarfsträgern und Rechteinhabern festgelegt werden. Die Beachtung solcher Rahmenbedingungen ist den Nutzern zwar bereits nach geltendem Recht vorgegeben (§ 55 Absatz 1 Satz 5 TKG). Bei deren Festlegung hat sich die Bundesnetzagentur allerdings bislang nur mit den Bedarfsträgern ins Benehmen zu setzen.

Nach Ersetzung des Begriffs der "erheblichen Störungen" durch "wesentlichen zeitlichen und räumlichen Nutzungsbeeinträchtigungen" wäre die Bestimmung - auch unter Berücksichtigung der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. BR-Drucksache 129/11 (PDF) , S. 124:

"Die Störung muss so gering wie möglich gehalten werden") - so zu verstehen, dass Mobilfunkblocker, die ein dauerhaftes Störsignal aussenden, unzulässig sind.

Damit stellt die beschlossene - gegenüber dem Regierungsentwurf unverändert gebliebene - Regelung aber entgegen ihrer Begründung (a. a. O.) keine bloße "Klarstellung", sondern eine erhebliche Änderung des Gesetzestextes dar.

Es trifft auch nicht zu, dass - wie die Entwurfsbegründung ebenfalls zumindest nahelegt (a. a. O.) - bereits die derzeit geltenden (vorläufigen) Rahmenbedingungen gemäß § 55 Absatz 1 Satz 5 TKG für die Nutzung von Mobilfunkblockern in Justizvollzugsanstalten, Stand 16. Dezember 2008, die nun im Gesetzesbeschluss vorgesehene Regelung abbilden. Denn in den (vorläufigen) Rahmenbedingungen wird gerade nicht auf "wesentliche zeitliche und räumliche Nutzungsbeeinträchtigungen" abgestellt, sondern -wie in § 55 Absatz 1 Satz 5 TKG bisheriger Fassung- auf erhebliche Störungen (vgl. Nummer 4.3 der vorläufigen Rahmenbedingungen).

Die Entwicklung und der Einsatz von Mobilfunkblockern mit dauerhaftem Störsignal sind für die Belange des Justizvollzuges von praktischer Relevanz, weil diese Technik mit dauerhaft störenden Sendern erhebliche Chancen für eine vollzugstaugliche und unter Umständen auch deutlich kostengünstigere Blockung des Mobilfunkverkehrs bietet.

9. Zu Artikel 1 Nummer 52 Buchstabe b (§ 55 Absatz 1 Satz 5 TKG), Buchstabe e Doppelbuchstabe bb (§ 55 Absatz 5 Satz 3 TKG), Nummer 54 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa0 - neu - (§ 57 Absatz 1 Satz 1 TKG), Doppelbuchstabe aa1 - neu - (§ 57 Absatz 1 Satz 6 TKG), Nummer 55 (§ 58 Absatz 2 Satz 3 TKG), Nummer 57 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc - neu - (§ 60 Absatz 2 Satz 3 TKG), Buchstabe d - neu - ( § 60 Absatz 4 TKG), Nummer 60 Buchstabe a (§ 63 Absatz 1 Satz 4 TKG), Buchstabe b (§ 63 Absatz 2 Satz 2 TKG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die bestehenden und künftig vorgesehenen rundfunkbezogenen Regelungen des TKG zur Benehmensherstellung mit den Ländern werden der verfassungsrechtlichen Stellung der Länder bei der Rundfunkregulierung nicht gerecht. Es ist deshalb erforderlich, sämtliche rundfunkbezogenen Regelungen zur Benehmensherstellung mit den zuständigen Landesbehörden durch eine Regelung zur Herstellung des Einvernehmens zu ersetzen. Das erforderliche Einvernehmen bezieht sich wie die bisherige Benehmensregelung auf die Sicherung der Belange des Rundfunks und darf auch nur zur Sicherung dieser in Länderzuständigkeit liegenden Belange verweigert werden. Dies ist verfassungsrechtlich unproblematisch, da das so genannte Verbot der Mischverwaltung auf der Ebene der materiellrechtlichen Gesetzgebung (Rechtsverordnungen) ebenso wenig wie auf der Ebene von Verwaltungsvorschriften zum Tragen kommt. Im Übrigen ist für die Spezialmaterie der Frequenzplanung und -verwaltung ohnehin eine Durchbrechung dieses Grundsatzes anzunehmen. Andernfalls würde seine strikte Beachtung zu einer Verkürzung von Kompetenzen führen, die den Ländern kraft Verfassungsrecht zustehen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 54 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 57 Absatz 1 Satz 7 bis 9 TKG)

Der Bundesrat hält es für erforderlich sicherzustellen, dass die in § 57 Absatz 1 TKG-neu vorgesehene Wahlmöglichkeit eines Inhalteanbieters bezüglich des Sendernetzbetreibers nicht durch finanzielle Hürden erschwert wird. Zumindest ist die Frequenzgebührenverordnung dahingehend anzupassen, dass im Fall eines Wechsels des Netzbetreibers bei ansonsten unveränderten Parametern der Sendeanlage allenfalls eine stark ermäßigte Frequenzzuteilungsgebühr anfällt.

Begründung:

In seiner jetzigen Fassung birgt das Gesetz die Gefahr, dass ein vom Inhalteanbieter durch den Wechsel des Sendernetzbetreibers erzielter finanzieller Vorteil insbesondere durch Frequenzzuteilungsgebühren ganz oder teilweise aufgezehrt werden könnte. Dies entspricht nicht dem Ziel, den Wettbewerb im Sendernetzbetrieb zu fördern und Inhalteanbietern eine möglichst preisgünstige Verbreitungsmöglichkeit zu eröffnen. Daher ist eine Überprüfung angezeigt.

11. Zu Artikel 1 Nummer 58 ( § 61 TKG) allgemein

Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass mögliche weitere Erlöse aus der Versteigerung von Funkfrequenzen aus Frequenzbereichen, die bislang nicht dem Rundfunkdienst zugewiesen waren - nach der Entschädigung Berechtigter - zweckgebunden für den flächendeckenden Hochgeschwindigkeitsbreitbandausbau und hier insbesondere für die Schaffung passiver Infrastrukturen (Leerrohre) zur Verfügung gestellt werden.

Begründung:

Nach § 8 Bundeshaushaltsordnung ist es möglich, Einnahmen auf die Verwendung für bestimmte Zwecke zu beschränken. Da bereits die Herstellung einer flächendeckenden Breitbandgrundversorgung in Deutschland ohne die Gewährung öffentlicher Beihilfen ebenso wenig möglich war wie die ausreichende Entschädigung der Sekundärnutzer des Frequenzspektrums im Bereich 790 bis 862 MHz nach der Versteigerung der so genannten "Digitalen Dividende" ist es erforderlich, dass zukünftige Frequenzversteigerungserlöse einer entsprechenden Zweckbindung unterliegen (vgl. BR-Drucksache 129/11(B) HTML PDF Ziffer 35 Buchstabe c).

12. Zu Artikel 1 Nummer 58 Buchstabe d Doppelbuchstabe cc - neu - (§ 61 Absatz 3 Satz 2 Nummer 4 TKG), Buchstabe i - neu - (§ 61 Absatz 8 - neu - TKG)

Artikel 1 Nummer 58 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Frequenznutzungsbestimmungen auf Ebene der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur werden sowohl durch die Bundesnetzagentur als auch durch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung als vorläufig und auf Ebene der Frequenzzuteilung beliebig abänderbar angesehen. Das verhindert im Ergebnis, dass Drittbetroffene wie Rundfunkveranstalter oder Rundfunk-Sendernetzbetreiber hiergegen frühzeitig Rechtsschutz erlangen können. Die geforderte Änderung gewährleistet ein konfligierende Interessen ausgleichendes Verfahren und spricht den Nutzungsbestimmungen drittschützenden Charakter zu.

Zu Buchstabe b:

Nach Umwidmung von Rundfunkfrequenzen für rundfunkfremde Zwecke etwa anfallende Erlöse sind nach Abzug der umstellungsbedingten Kosten hälftig zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. Dadurch wird der wirtschaftliche Vorteil aus der Umwidmung adäquat zwischen Bund und Ländern verteilt.