Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels hinsichtlich der Drogendefinition - COM (2013) 618 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 544/01 = AE-Nr. 0 1213 0,
Drucksache 781/03 (PDF) = AE-Nr. 033502 und
Drucksache 667/11 (PDF) = AE-Nr. 110865

Brüssel, den 17.9.2013 COM (2013) 618 final 2013/0304 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer

Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels hinsichtlich der Drogendefinition

{SWD(2013) 319 final}
{SWD(2013) 320 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

1.1. Hintergrund

Illegaler Drogenhandel und Drogenmissbrauch stellen in der EU eine ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit des Einzelnen wie der Gesellschaft dar. Sie beeinträchtigen das soziale und wirtschaftliche Gefüge sowie die Lebensqualität des Einzelnen und die Sicherheit der Mitgliedstaaten. Der Konsum von Suchtstoffen wie Kokain, Ecstacy und Cannabis, die im Rahmen der VN-Drogenkonventionen1 kontrolliert werden ("kontrollierte Drogen"), scheint sich zwar in den letzten Jahren 2 - wenn auch auf hohem Niveau - stabilisiert zu haben, doch gelangen in rascher Folge neue Substanzen auf den Markt, deren Kontrolle die Staaten vor große Herausforderungen stellt.

Neue psychoaktive Substanzen, die die Wirkung kontrollierter Drogen imitieren und oft als legale Alternativen vermarktet werden, da sie keinen vergleichbaren Kontrollmaßnahmen unterliegen, sind in zunehmendem Umfang in der Union erhältlich, zumal es auch in der Industrie zahlreiche Verwendungszwecke für sie gibt. Zwischen 1997 und 2012 wurden von den Mitgliedstaaten rund 290 Substanzen gemeldet; 2012 waren es mehr als eine neue Substanz pro Woche. Die Anzahl der gemeldeten Substanzen hat sich zwischen 2009 und 2012 von 24 auf 73 verdreifacht.

Immer mehr Menschen, vor allem junge Leute, konsumieren diese neuen psychoaktiven Substanzen. Diese Substanzen können genauso wie kontrollierte Drogen die Gesundheit und Sicherheit des Einzelnen gefährden und eine Belastung für die Gesellschaft darstellen. Die potenziellen Gefahren neuer psychoaktiver Substanzen haben die nationalen Behörden zu diversen restriktiven Maßnahmen veranlasst. Nationale restriktive Maßnahmen haben jedoch nur eine beschränkte Wirkung, da diese Substanzen im Binnenmarkt frei zirkulieren können; rund 80 % der gemeldeten Substanzen traten in mehr als einem Mitgliedstaat auf.

In ihrer Mitteilung "Eine entschlossenere europäische Reaktion auf das Drogenproblem"3 vom Oktober 2011 stufte die Kommission neue psychoaktive Substanzen als Problem ein, das ein entschiedenes Vorgehen auf EU-Ebene erfordert.

Der Beschluss 2005/387/JI des Rates vom 10. Mai 2005 4 sieht ein Verfahren für den Umgang der mit neuen psychoaktiven Substanzen einhergehenden Risiken vor, das es ermöglicht, diese Substanzen unionsweit Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen zu unterwerfen. Um den in immer rascherer Folge auftretenden neuen psychoaktiven Substanzen und ihrer rasanten Verbreitung in der Union nachhaltiger begegnen zu können, hat die Kommission im Wege der [Verordnung (EU) Nr. .../... über neue psychoaktive Substanzen] strengere Vorschriften vorgeschlagen.

Neue psychoaktive Substanzen, von denen für den Einzelnen und die Gesellschaft hohe gesundheitliche, soziale und sicherheitsrelevante Risiken ausgehen, müssen strafrechtlich erfasst werden, um - wie bei kontrollierten Drogen - ihre Verfügbarkeit wirksam zu beschränken und um dem Handel mit diesen Substanzen sowie der Beteiligung krimineller Organisationen an ihrer Produktion oder ihrem Vertrieb einen Riegel vorzuschieben.

Der Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 5 sieht ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen den illegalen Drogenhandel vor. Um zu vermeiden, dass es zu Problemen bei der Zusammenarbeit zwischen den Justiz- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten kommt, nur weil die betreffenden Handlungen nicht zugleich nach dem Recht des ersuchenden und nach dem des ersuchten Staates strafbar sind, enthält der Rahmenbeschluss gemeinsame Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und über Strafen. Diese Vorschriften gelten jedoch nicht für neue psychoaktive Substanzen, sondern nur für Substanzen, die in den Übereinkommen der Vereinten Nationen erfasst sind, sowie für synthetische Drogen, die gemäß der Gemeinsamen Maßnahme 97/396/JI vom 16. Juni 1997 6 einer Kontrolle unterliegen.

Für die schädlichsten der neuen psychoaktiven Substanzen sollten dieselben Strafrechtsbestimmungen gelten wie für Substanzen, die in den VN-Übereinkommen erfasst sind. Dies würde zur Vereinheitlichung und klareren Regelung der für Drogen geltenden Bestimmungen des Unionsrechts beitragen.

Hierzu muss der Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI auf neue psychoaktive Substanzen erweitert werden, die einer Kontrolle nach Maßgabe des Ratsbeschlusses 2005/387/JI oder einer dauerhaften Marktbeschränkung nach der [Verordnung (EU) Nr. .../... über neue psychoaktive Substanzen] unterliegen.

Im Arbeitsprogramm der Kommission für 2012 war ein Legislativvorschlag zum illegalen Drogenhandel vorgesehen.

1.2. Begründung und Zielsetzung des Vorschlags

Mit diesem Vorschlag wird der Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI auf neue psychoaktive Substanzen mit hohem Risikopotenzial erweitert.

Er steht in Verbindung mit dem Vorschlag für eine [Verordnung (EU) Nr. .../... über neue psychoaktive Substanzen]. Beide Vorschläge sind miteinander verknüpft, damit neue psychoaktive Substanzen, von denen ein hohes Risiko für die Gesundheit, die Gesellschaft und die Sicherheit ausgeht und die deshalb einer dauerhaften Marktbeschränkung nach Maßgabe dieser Verordnung unterliegen, auch den Strafrechtsvorschriften des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI betreffend den illegalen Drogenhandel unterworfen werden.

2. Ergebnisse der Konsultationen und der Folgenabschätzung

2.1. Anhörung von Interessengruppen

In die Vorarbeiten zu diesem Vorschlag sind die Erkenntnisse aus umfassenden Anhörungen von Interessenträgern und Sachverständigen sowie aus einer öffentlichen Internet-Konsultation eingeflossen.

Die Kommission hat alle Mitgliedstaaten im Rahmen der Bewertung des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI und des Ratsbeschlusses 2005/387/JI konsultiert. Zudem befragte sie im Zusammenhang mit externen Studien zum illegalen Drogenhandel und zu neuen psychoaktiven Substanzen zahlreiche Interessenträger, Sachverständige und Vertreter der Praxis, darunter auch die EU-Agenturen, die an der Anwendung dieser Rechtsinstrumente mitwirken.

Darüber hinaus veranstaltete die Kommission am 10. November 2011 und 29. Februar 2012 zwei Sachverständigensitzungen zum Drogenhandel sowie zwei Sitzungen am 15. Dezember 2011 und 1. März 2012 zu neuen psychoaktiven Substanzen. In diesen Sitzungen betonten die Vertreter aus Praxis und Lehre, wie wichtig der Beitrag des Strafrechts zur Bekämpfung des Drogenhandels und zur Eindämmung der Verbreitung schädlicher neuer psychoaktiver Substanzen ist. Gleichzeitig wiesen sie darauf hin, dass die Vorschriften für neue psychoaktive Substanzen im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip dem unterschiedlichen Gefährdungsgrad der einzelnen Substanzen Rechnung tragen sollten.

2011 wurde unter jungen Leuten (zwischen 15 und 24 Jahren) eine Eurobarometer-Umfrage zur Haltung Jugendlicher zu Drogen ("Youth attitudes on drugs") durchgeführt. Annähernd die Hälfte der Befragten (47 %) war der Meinung, dass nur Substanzen, mit denen nachweislich eine Gesundheitsgefährdung verbunden ist, beschränkt werden sollten, während 34 % auf dem Standpunkt standen, dass alle Substanzen, die die Wirkung kontrollierter Drogen imitieren, beschränkt werden sollten.

2.2. Folgenabschätzung

In einer Folgenabschätzung zu neuen psychoaktiven Substanzen bewertete die Kommission die Auswirkungen dieses Vorschlags zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass schädliche neue psychoaktive Substanzen (mit schwerwiegenden gesundheitlichen, sozialen und sicherheitsrelevanten Risiken) wie im Falle des Ratsbeschlusses 2005/387/JI strafrechtlich erfasst werden sollten. Die Strafvorschriften betreffend den illegalen Drogenhandel sollten daher auch für diese Substanzen gelten. Dies entspricht der bevorzugten Option, die einen abgestuften Katalog an restriktiven Maßnahmen im Verhältnis zum Grad der Gefährdung vorsieht, die von neuen psychoaktiven Substanzen ausgeht. Der legale Handel im Binnenmarkt wird durch solche Maßnahmen nicht behindert.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

3.1. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel 83 Absatz 1 AEUV, demzufolge das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftatbeständen und Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels festlegen können.

3.2. Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und Achtung der Grundrechte

Die EU ist besser als die Mitgliedstaaten in der Lage, die Verfügbarkeit schädlicher neuer psychoaktiver Substanzen für Verbraucher im Binnenmarkt zu beschränken und gleichzeitig sicherzustellen, dass der legale Handel nicht behindert wird.

Die Mitgliedstaaten können den in rascher Folge auf den Markt gebrachten Substanzen und deren Verbreitung nicht wirksam und nachhaltig Einhalt gebieten. Ein unabgestimmtes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene und die Vervielfachung unterschiedlicher nationaler Regelungen für neue psychoaktive Substanzen kann ein Ausweichen schädlicher Substanzen auf andere Mitgliedstaaten bewirken und die Zusammenarbeit zwischen den Justiz- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten erschweren.

Der Vorschlag ist verhältnismäßig und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung seiner Ziele erforderlich ist, da strafrechtlich nur jene neuen psychoaktiven Substanzen erfasst werden, die auf EU-Ebene besonders besorgniserregend sind.

Der Vorschlag wirkt sich indirekt auf bestimmte Grundrechte und Prinzipien aus, die in der EU-Grundrechtecharta verankert sind, da er den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI erweitert, der die nachstehenden Grundrechte und Prinzipien berührt: das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Artikel 6), das Recht auf Eigentum (Artikel 17), das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47), die Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte (Artikel 48) und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen (Artikel 49). Diese Rechte und Freiheiten können eingeschränkt werden, allerdings nur in den Grenzen und unter den Bedingungen des Artikels 52 Absatz 1 der Charta.

3.3. Wahl des Instruments

Eine Richtlinie ist gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV das geeignete Instrument für eine Mindestharmonisierung auf EU-Ebene im Bereich des illegalen Drogenhandels und lässt den Mitgliedstaaten Spielraum bei der Umsetzung der Grundsätze, Regeln und Ausnahmen auf nationaler Ebene.

3.4. Übermittlung erläuternder Dokumente anlässlich der Notifizierung von Umsetzungsmaßnahmen

Die Mitgliedstaaten sind gehalten, der Kommission ihre nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie mitzuteilen.

Die Übermittlung erläuternder Dokumente (einschließlich Entsprechungstabellen) bei der Notifizierung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen ist aufgrund des beschränkten Umfangs des Änderungsvorschlags nicht erforderlich. Die Übermittlung zusätzlicher erläuternder Dokumente würde die zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden unnötig belasten.

3.5. WICHTIGSTE Bestimmungen

Artikel 1

Dieser Artikel enthält die Änderungen des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI in Bezug auf die Drogendefinition, die strafrechtliche Erfassung neuer psychoaktiver Substanzen, von denen schwerwiegende gesundheitliche, soziale und sicherheitsrelevante Risiken ausgehen, und die Bewertung der Umsetzung und der Wirkungen des Rahmenbeschlusses durch die Kommission.)

Artikel 2

Dieser Artikel legt die Frist für die Umsetzung der Richtlinienbestimmungen in einzelstaatliches Recht fest.

Artikel 3 und 4

Diese Artikel regeln den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie und den Adressatenkreis.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer

Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels hinsichtlich der Drogendefinition das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 83 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1

Der Rahmenbeschluss 2004/757/JI wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Umsetzung

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens [12 Monate nach Inkrafttreten] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am [selben Tag wie die Verordnung (EU) Nr. .../... über neue psychoaktive Substanzen] in Kraft.

Artikel 4
Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am [ ... ]

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang
Liste der Substanzen im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b