Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 26. September 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 07.11.08

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Umsatzsteuergesetzes

§ 4 Nr. 11b des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

Artikel 2
Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes

In § 5 Abs. 1 des Finanzverwaltungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 2006 (BGBl. I S. 846, 1202), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 5. März 2008 (BGBl. I S. 282), wird am Ende der Nummer 34 der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgende Nummer 35 angefügt:

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Das der Deutsche Post AG nach § 51 Postgesetz (PostG) eingeräumte ausschließliche Recht, bestimmte Postdienstleistungen zu erbringen (gesetzliche Exklusivlizenz) und die damit verbundene Verpflichtung zur Erbringung von Universaldienstleistungen (§ 52 PostG) sind zum 31. Dezember 2007 ausgelaufen. Der derzeit ausschließlich die - unmittelbar dem Postwesen dienenden - Umsätze der Deutsche Post AG von der Umsatzsteuer befreiende § 4 Nr. 11b Umsatzsteuergesetz soll deshalb an die Entwicklung der Liberalisierung auf dem Postmarkt angepasst werden.

Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich für die Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Artikel 1) aus Artikel 105 Abs. 2 1. Alternative i. V. mit Artikel 106 Abs. 3 GG und für die Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes (Artikel 2) aus Artikel 108 Abs. 4 GG.

Gleichstellungspolitische Relevanzprüfung

Im Zuge der gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (allgemeigg_ges.htmO) vorzunehmenden Relevanzprüfung sind unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen zuwiderlaufen.

Sonstige Kosten

Über die gesondert ausgewiesenen Bürokratiekosten hinaus führt der Gesetzentwurf nicht zu zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft, einschließlich der mittelständischen Unternehmen. Die Ausdehnung der Umsatzsteuerbefreiung kann sich ggf. geringfügig kostenmindernd auf das Verbraucherpreisniveau bei Privatkunden auswirken. Unbeabsichtigte Nebenwirkungen im Sinne von § 44 Abs. 1 GGO sind nicht bekannt.

Finanzielle Auswirkungen

Die Änderung der Umsatzsteuerbefreiung für Postdienstleistungen enthält zwei gegenläufige Elemente, die auch hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte gegenläufig wirken.

Zum einen wird die bisherige Steuerbefreiung mit persönlichem Anwendungsbereich nur für die Deutsche Post AG für alle Anbieter geöffnet. Hierdurch entstehen tendenziell Umsatzsteuermindereinnahmen, da die übrigen Anbieter bislang ihre Postdienstleistungen umsatzsteuerpflichtig erbracht haben, künftig bei Vorliegen der Voraussetzungen aber steuerfreie Leistungen ausführen. Die Mindereinnahmen werden reduziert durch den Wegfall des Vorsteuerabzugs sowohl bei den übrigen Postanbietern als auch deren zum Vorsteuerabzug berechtigten Kunden, soweit die Vorsteuerbeträge auf die künftig steuerfreien Leistungen entfallen.

Zum anderen wird der sachliche Anwendungsbereich der Steuerbefreiung dahingehend eingeschränkt, dass im Unterschied zum bislang geltenden Recht nicht mehr alle Universaldienstleistungen, die die Deutsche Post AG erbringt, umsatzsteuerfrei behandelt werden.

Hieraus resultieren Steuermehreinnahmen, die wiederum reduziert werden durch eine Ausweitung des Vorsteuerabzugsrechts der Deutsche Post AG sowie ihrer zum Vorsteuerabzug berechtigten Kunden.

Derzeit ist nicht absehbar, wie viele der übrigen Anbieter von Postdienstleistungen die Voraussetzungen zur Erlangung der Umsatzsteuerfreiheit erfüllen werden. Hinsichtlich des gesamten Marktes für Postdienstleistungen ist über den Finanzplanungszeitraum die Markt- und Preisentwicklung, insbesondere der Umfang der elektronischen Substitution von herkömmlichen Postdienstleistungen nicht absehbar. Eine exakte Prognose der finanziellen Auswirkungen ist daher nicht möglich.

Bürokratiekosten

Bei Ermittlung der Bürokratiekosten wurde davon ausgegangen, dass letztlich nur drei Unternehmen bundesweit flächendeckend die Leistungen anbieten und damit die notwendige Bescheinigung erhalten können.

lfd. Nr. VorschriftInformationspflichtBürokratiekosten in EUR fürFallzahlPeriodizitätHerkunft in %
BürgerUnternehmen Verwaltung(Unternehmen)(Unternehmen)ABC
1 § 4 Nr. 11b UStG i.V.m.
§ 6 Postgesetz und
§§ 2 bis 4 und 6 PUDLV
Zusammenstellung der notwendigen Informationen für eine Bescheinigung von einem nach § 6 Postgesetz lizenzierten Unternehmer, der die Gesamtheit der Post-Universaldienstleistungen im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend anbietet und Vorhalten der Bescheinigung 8.450 31,0001000
2 § 4 Nr. 11b UStG i.V.m.
§ 5 Abs. 1 Nr. 35 FVG
Erteilung der notwendigen Bescheinigung für die lizensierten Unternehmen 00100
Summe (gerundet)8.450internationalEU-Ebenenational

Hinweis:

Die Darstellung mit einem Punkt bedeutet lediglich, dass eine Quantifizierung mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist, z.B. weil keine Daten vorhanden sind. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass die Informationspflichten nicht zu bürokratischen Be-/Entlastungen führen. Bei Bürgern und Verwaltung werden derzeit nur Punkte angegeben.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (§ 4 Nr. 11b Umsatzsteuergesetz)

Nach geltendem § 4 Nr. 11b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sind die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG von der Umsatzsteuer befreit.

Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG) vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325) mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in das nationale Umsatzsteuergesetz eingefügt. Sie beruht auf Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie (seit 1. Januar 2007: Artikel 132 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 - Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL). Danach sind die von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachten Dienstleistungen und dazugehörende Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme von Personenbeförderungs- und Telekommunikationsdienstleistungen von der (Umsatz-)Steuer zu befreien.

Der Gesetzgeber ging seinerzeit davon aus, dass der öffentliche Charakter der Deutsche Post AG trotz der Umstrukturierung der Deutschen Bundespost von einem Monopolunternehmen in drei private Unternehmen noch nicht vollständig aufgegeben ist und dass die Steuerbefreiung für die unmittelbar dem Kernbereich der Postdienstleistungen zuzuordnenden Umsätze zumindest solange bestehen bleiben soll, "als wesentliche Marktsegmente den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost ausschließlich vorbehalten bleiben, diese Unternehmen besondere Infrastrukturlasten zu tragen haben und durch hoheitliche Maßnahmen wie durch Allein- oder Mehrheitsbesitz des Bundes die Einhaltung staatlicher Vorgaben gesichert bleibt" (vgl. BR-Drs. 115/94 zu Artikel 11 Abs. 42 PostG).

Die bislang allein für die Leistungen der Deutsche Post AG geltende Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11b UStG soll an die Entwicklung der Liberalisierung auf dem Postmarkt angepasst werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch nach Auffassung der Europäischen Kommission der Begriff der öffentlichen Posteinrichtung in Artikel 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL nur solche Einrichtungen umfasst, die dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten verfolgen, wobei das Gemeinwohl mit dem Konzept des Universaldienstes gemäß der Richtlinie 97/67/EG (1. Post-Richtlinie) verbunden ist. Danach müssen die Mitgliedstaaten einerseits sicherstellen, dass den Nutzern ein Universaldienst zur Verfügung steht, der ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen einer bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen für alle Nutzer bietet. Andererseits können - auch nach Auffassung der Europäischen Kommission - nicht alle Postdienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit werden, sondern nur solche Leistungen, die dem Gemeinwohl dienen. Erfüllen Postdienstleistungen diese Voraussetzung, müssen sie befreit werden.

Unter Leistungen, die dem Gemeinwohl dienen, sind solche Postdienstleistungen zu verstehen, mit denen - durch einen oder mehrere Unternehmer - eine Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt wird. Der Umfang dieses Leistungsspektrums ergibt sich aus den geltenden ordnungsrechtlichen Vorschriften des EU-Postrechts. Diese allgemein unabdingbaren Postdienstleistungen benennt derzeit Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie 097/67/EG. Hierbei handelt es sich um

Nicht mehr umsatzsteuerbefreit sind:

Die zu erfüllenden Qualitätsmerkmale enthält Artikel 3 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 97/67/EG (umgesetzt in deutsches Recht durch §§ 2 bis 4 PUDLV) und der erschwingliche Preis wird in Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/67/EG (umgesetzt in deutsches Recht durch § 6 PUDLV) normiert. Die Umsatzsteuerbefreiung knüpft an diese postrechtlichen Voraussetzungen, die gewährleisten, dass die Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt wird, unmittelbar an.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung wird durch das Bundeszentralamt für Steuern festgestellt.

Die Umsatzsteuerbefreiung soll es ermöglichen, dass Unternehmer, die im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend Post-Universaldienstleistungen anbieten, den Preis für diese Leistungen trotz höherer Kosten vermindern können, so dass er für die Nutzer erschwinglich bleibt.

Unbeachtlich ist,

Die Steuerbefreiung schließt systemgerecht den Abzug der für Vorleistungen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer aus (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Werden durch die Änderung bisher steuerpflichtige Umsätze zu steuerfreien Umsätzen, ist ggf. der Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen.

Zu Artikel 2 ( § 5 Abs. 1 Finanzverwaltungsgesetz)

Der neue § 5 Abs. 1 Nr. 35 FVG weist die Zuständigkeit für die Ausstellung der Bescheinigung, mit der bestätigt wird, dass ein Unternehmer die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11b UStG erfüllt (vgl. vorstehenden Artikel 1), dem Bundeszentralamt für Steuern zu.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des vorliegenden Änderungsgesetzes. Danach tritt das Gesetz am 1. Januar 2010 in Kraft. Die Neuregelung ist also auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 ausgeführt werden. Damit soll es den betroffenen Unternehmern und der Finanzverwaltung ermöglicht werden, sich in ausreichender Zeit auf die Neuregelung einstellen zu können.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 388:
Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.a. Entwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Entwurf werden zwei Informationspflichten für Unternehmen und eine Informationspflicht für die Verwaltung eingeführt. Das Ressort hat dargelegt, dass dadurch Bürokratiekosten in Höhe von rund 8.450 Euro verursacht werden.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Catenhusen Prof. Dr. Färber
stellv. Vorsitzender Berichterstatterin