Empfehlungen der Ausschüsse
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG KOM (2006) 232 endg.; Ratsdok. 13388/06

830. Sitzung des Bundesrates am 16. Februar 2007

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Agrarausschuss (A) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Zur Vorlage insgesamt und zu einzelnen Vorschriften

Begründung zu den Ziffern des A (nur gegenüber dem Plenum):

Der Bundesrat hat mit seinem Beschluss vom 15. Dezember 2006 den Bodenrahmenrichtlinien-Vorschlag der Kommission aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt, u.a. weil der Vorschlag eine "Überregulierung" darstellt, mit dem Subsidiaritätsgrundsatz nicht im Einklang steht, unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht, vom unbeweglichen Boden kaum grenzüberschreitende Wirkungen ausgehen und nationale Regelungen der bessere Ansatz sind (BR-Drucksache 696/06(B) HTML PDF vom 15. Dezember 2006). Mit dem vorliegenden Vorschlag wird betont, dass sich diese grundsätzliche Einschätzung des Bundesrates nicht geändert hat. Sie wird ferner noch eingehender begründet.

Artikel 3 des Richtlinienvorschlags ist nicht erforderlich und verursacht unnötige Bürokratie. In Deutschland sind genügend Instrumente vorhanden, mit denen die Bodenschutzbelange bei der Ausarbeitung von Maßnahmen in anderen Politikbereichen ausreichend berücksichtigt und mit anderen Belangen angemessen abgewogen werden.

Der Risikogebietsansatz in Kapitel II des Vorschlags ist mit zu viel zusätzlicher Bürokratie für die Verwaltung und betroffenen Wirtschaftsteilnehmer verbunden.

In der Folgenabschätzung und anderen Dokumenten der Kommission werden für den Bereich Land- und Forstwirtschaft hierzu beispielhaft unter anderem folgende Maßnahmen aufgeführt: Bewirtschaftungsauflagen für Ackerland, Umwandlung von Ackerland in Grünland oder Wald, Anlegen und Pflege von Terrassen oder Landschaftselementen, Beschränkung des Maschinengewichts, Auflagen zur Bereifung von Maschinen, Rückführung der Viehdichte, Kahlschlagverbote, Auflagen für eine naturnahe Waldwirtschaft. Diese müssten in den Risikogebieten rechtsverbindlich eingeführt und kontrolliert werden. Damit würde der zusätzliche Verwaltungsaufwand für die Risikogebiete den bestehenden Verwaltungsaufwand für Cross Compliance erheblich übersteigen, gleichzeitig würden jedoch die jeweiligen Schutzziele wegen mangelhafter Datengrundlage nicht erreicht. Angesichts der vorgesehenen großräumigen Abgrenzung der Risikogebiete wären die genannten Maßnahmen vielfach auch nicht verursachergerecht. Es wären ähnliche Diskussionen wie bei der Ausweisung und Verwaltung von FFH-Gebieten zu erwarten. Der Risikogebietsansatz steht damit im Widerspruch zu den Entbürokratisierungsbemühungen der EU und Bundesregierung. Die zusätzliche Bürokratie ist auch vor dem Hintergrund des Eigeninteresses der Landeigentümer am Erhalt ihrer Böden in einem guten Zustand nicht verhältnismäßig. Das gilt vor allem für die Land- und Forstwirtschaft, für die der Boden die wichtigste Produktionsgrundlage ist.

Auch sieht die Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umwelthaftungsrichtlinie) für Schädigungen des Bodens umfangreiche Bestimmungen zur Vermeidung und Sanierung vor. Nach der Umwelthaftungsrichtlinie haben die Verursacher die dadurch entstehenden Kosten unmittelbar zu tragen.

Kapitel III des Richtlinienvorschlags würde erhebliche Änderungen im deutschen Bodenschutzrecht erfordern und dies erheblich bürokratischer ausgestalten, ohne dass erkennbar wird, dass damit auch der Bodenschutz in Deutschland unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verbessert wird. Auch dieser Teil des Vorschlags wird daher abgelehnt.

Zur Rechtsgrundlage ist festzustellen, dass die neue Fassung des Artikels 175 Abs. 2 EGV nach dem Vertrag von Nizza gegenüber der alten Fassung nach dem Vertrag von Amsterdam zwei wesentliche Änderungen beinhaltet. Zum einen wurde geregelt, dass Einstimmigkeit im Rat nicht erst erforderlich ist, wenn die Maßnahme (z.B. Richtlinie) die Bodennutzung regelt, sondern es reicht nunmehr für die Einstimmigkeit aus, wenn die Maßnahme die Bodennutzung "berührt". Ausgenommen hiervon sind nur Maßnahmen zur Abfallbewirtschaftung, die die Bodennutzung berühren. Zum anderen wurde die Ausnahme, dass "allgemeine Maßnahmen", die die Bodennutzung regeln, dem Mitentscheidungsverfahren unterliegen, gestrichen. Das "Berühren" der Bodennutzung muss außerdem nicht "erheblich" sein. Ein erhebliches Berührtsein wird nur bei Maßnahmen gefordert, die die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung betreffen (Artikel 175 Abs. 2 Buchstabe c EGV). Mit den genannten Änderungen durch den Vertrag von Nizza erfolgte eine deutliche Ausweitung des Einstimmigkeitsprinzips. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass der Boden überwiegend im Privateigentum steht und vom Boden kaum grenzüberschreitende Wirkungen ausgehen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass durch den Richtlinienvorschlag die Bodennutzung erheblich berührt wird und daher im Rat Einstimmigkeit erforderlich ist.


*) Erster Beschluss des Bundesrates vom 15. Dezember 2006, BR-Drucksache 696/06(B) HTML PDF ; Wiederaufnahme der Beratungen gemäß § 45a Abs. 4 GO BR (jetzt: EU, A, U)