Empfehlungen der Ausschüsse 805. Sitzung des Bundesrates am 5. November 2004
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der präventiven Telekommunikation- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt
(NTPG)

A

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zur Eingangsformel

In der Eingangsformel sind nach dem Wort "hat" die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrates" einzufügen.

Begründung

Das beabsichtigte Gesetz wird der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. In Artikel 2 Nr. 7 § 23d Abs. 9 ZFdG-E ist eine Regelung des Verwaltungsverfahrens von Landesbehörden vorgesehen, indem dort detaillierte Verwendungsbestimmungen für die durch das Zollkriminalamt u.a. an Landespolizeibehörden (vgl. Artikel 2 Nr. 7 § 23d Abs. 1 ZFdG-E) übermittelten Daten getroffen werden. Dadurch sind zwar in der Regel nicht Verwaltungsverfahren betroffen, in denen die Länder Bundesgesetze im Sinne von Artikel 84 Abs. 1 GG als eigene Angelegenheit ausführen, sondern der landeseigene Vollzug von Landesgesetzen, nämlich den Polizeigesetzen. Regelungen, die die Ausführung von Landesgesetzen durch die Landesverwaltung betreffen, bedürfen indessen erst recht der Zustimmung des Bundesrates.

2. Zu Artikel 2 Nr. 7 (§ 23d Abs. 5 Nr. 2 ZFdG)

In Artikel 2 Nr. 7 § 23d Abs. 5 Nr. 2 ist die Angabe "Nr. 2 und 3" zu streichen.

Begründung

Der Gesetzentwurf sieht die Übermittlung personenbezogener Daten aus Überwachungsmaßnahmen des Zollkriminalamts an den Bundesnachrichtendienst nur beim Bekanntwerden von Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 (Gefahr der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland) und Nr. 3 (Gefahr der internationalen Verbreitung von Kriegwaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien in Fällen von erheblicher Bedeutung) vor. Bei Überwachungsmaßnahmen des Zollkriminalamts nach § 23a können aber auch Erkenntnisse über die Gefahr eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Art. 10-Gesetz), über die Gefahr der unbefugten Verbringung von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in die Bundesrepublik Deutschland (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Art. 10-Gesetz), über die Gefahr der Beeinträchtigung der Geldwertstabilität im Euro-Währungsraum durch im Ausland begangene Geldfälschungen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Art. 10-Gesetz) oder über die Gefahr der international organisierten Geldwäsche in Fällen von erheblicher Bedeutung (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 Art. 10-Gesetz) anfallen, so dass die Beschränkung auf Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und 3 des Art. 10-Gesetzes nicht gerechtfertigt ist. Der Gesetzentwurf selbst sieht in den Abs. 1, 2 und 4 des § 23d vor, Erkenntnisse aus den Bereichen Staatsschutz, Betäubungsmittelkriminalität, Geldfälschung und Geldwäsche an die Polizei, Strafverfolgungs- und Verfassungsschutzbehörden zu übermitteln. Dieses muss auch zur Aufklärung entsprechender Bestrebungen bei Auslandsbezug durch den Bundesnachrichtendienst möglich sein.

3. Zu Artikel 2 Nr. 7 (§ 23d Abs. 9 ZFdG)

In Artikel 2 Nr. 7 ist § 23d Abs. 9 wie folgt zu ändern:

Begründung

Die Regelungen des Artikel 2 Nr. 7 § 23d Abs. 9 NTPG sind nicht durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt. Sie greifen in unzulässiger Weise in die Organisationshoheit der Länder ein.

4. Zu Artikel 4 (Änderung der StPO)

Artikel 4 ist wie folgt zu fassen:

"Artikel 4 Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Begründung

Auch hinsichtlich der Telekommunikationsüberwachung zu Zwecken des Strafverfahrens ergibt sich Änderungsbedarf. Bereits seit längerem werden aus der Strafverfolgungspraxis Forderungen nach einer Erweiterung des Straftatenkatalogs in § 100a StPO insbesondere hinsichtlich schwerer Vermögensdelikte, Korruptionsdelikte sowie gravierender Formen von Sexualstraftaten erhoben.

Es handelt sich dabei um Straftaten, die dem im Forschungsbericht des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zur "Rechtswirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen" geprägten Begriff der "Transaktionskriminalität" unterfallen und deren Aufklärung häufig das Eindringen in entsprechende Organisations- und Kommunikationsstrukturen durch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen erforderlich macht.

Die Überwachung der Telekommunikation hat mit der Expansion des Telekommunikationsmarktes als Ermittlungsinstrument im modernen Strafverfahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Dem Forschungsbericht des Max-Planck-Instituts lässt sich als eine der zentralen Aussagen entnehmen, dass die Überwachung des Fernmeldeverkehrs "als ein wichtiges und unabdingbares Ermittlungsinstrument einzuschätzen" ist, das in bestimmten Bereichen - in der Untersuchung als "Transaktionskriminalität" bezeichnet - nachvollziehbare und grundlegende Erfolge erzielt. Die Überwachung der Telekommunikation finde insoweit zielgerichtet und umsichtig Verwendung. Zwar würden die Gesprächsaufzeichnungen häufig nicht als unmittelbares Beweismittel, sondern als mittelbarer Ansatz für weitere zielführende Sekundärermittlungen genutzt.

Der Erkenntniswert sei aber gleichwohl hoch; häufig würden Erkenntnisse erlangt ohne die ein Fortgang des Ermittlungsverfahrens nicht möglich wäre.

Die Untersuchung belegt, dass die gerichtliche und staatsanwaltschaftliche Praxis trotz der in absoluten Zahlen festzustellenden Zunahme der Anordnungen hinreichend sensibel und verantwortungsbewusst mit der Befugnis zum Eingriff in das Fernmeldegeheimnis umgeht. Im internationalen Vergleich bewegt sich die Strafverfolgungspraxis der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Anzahl der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen allenfalls in einem Mittelfeld. Die steigenden Anordnungszahlen sind vor dem Hintergrund eines vor allem im mobilen Fernsprechverkehr explosionsartig anwachsenden Marktes und eines sich grundlegend wandelnden Kommunikationsverhaltens der Bevölkerung zu sehen. Der Forschungsbericht weist nach, dass die Relation von überwachten und angemeldeten Telekommunikationsanschlüssen tatsächlich einen Rückgang der Überwachungsdichte belegt. Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, dass die Zunahme der Überwachungsmaßnahmen im Wesentlichen die Entwicklung des Telekommunikationsmarktes und des Konsumverhaltens der Bevölkerung nachzeichnet.

Zu Nummer 1 ( § 100a StPO)

Die vorgeschlagenen Erweiterungen zu dem Deliktskatalog des § 100a StPO werden von der Strafverfolgungspraxis bereits seit längerer Zeit gefordert und sind verschiedentlich Gegenstand von Initiativen im Deutschen Bundestag und im Bundesrat gewesen (vgl. BT-Drs. 14/162, 014/1125, 014/5938, 014/6709, 014/6834, BR-Drs. 275/02 , 326/02 , 360/02 sowie 564/03(Beschluss) PDF ).

Zu Buchstabe a

Der Gesetzgeber hat in § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a StPO (in der Fassung des Fünfunddreißigsten Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (35. StrÄndG) vom 22. Dezember 2003, BGBl. I S. 2838) anerkannt dass auch Straftaten nach § 152b StGB der professionellen bzw. Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, und deswegen bei einem entsprechenden Verdacht die akustische Wohnraumüberwachung zugelassen. Es erscheint nicht hinnehmbar, dass bei solchen Taten die Überwachung der Telekommunikation als gegenüber der Wohnraumüberwachung weniger einschneidender Grundrechtseingriff nicht zugelassen ist.

Ebenfalls dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnen ist die nach § 152a Abs. 3 StGB qualifizierte Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln, die eine gewerbs- oder bandenmäßige Begehung voraussetzt. Auch insoweit scheint es angemessen, eine Überwachung der Telekommunikation bei einem entsprechenden Tatverdacht zu ermöglichen.

Zu den Buchstaben b bis d

Die Zulässigkeit der Telekommunikationsüberwachung zu Zwecken der Strafverfolgung soll grundsätzlich auf alle Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, alle Formen des schweren Menschenhandels sowie den Umgang mit kinderpornographischen Schriften nach § 184b Abs. 1 und 2 StGB erstreckt werden. Die in der geltenden Fassung des Katalogs insoweit vorgenommenen Differenzierungen werden der Bedeutung auch der bisher nicht erfassten Straftatbestände als typische Delikte der Organisierten Kriminalität nicht gerecht.

Zu Buchstabe e

Mit dem Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches wurde zwar eine Berichtigung des Deliktskatalogs im Hinblick auf die Neuverortung des Völkermordtatbestandes vorgenommen. Die weiteren Straftatbestände des VStGB blieben jedoch zunächst unberücksichtigt. Unbestritten handelt es sich bei den in den §§ 7 ff. VStGB enthaltenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen um schwerste Verbrechen. § 100a StPO bedarf daher insoweit schon mit Blick auf das Verwertungsverbot in § 100b Abs. 5 StPO dringend der Anpassung.

Zu Buchstabe f

Mit der Aufnahme besonders schwerer Fälle des Betruges, des Computerbetruges, des Subventionsbetruges und des Bankrotts soll dem Bedürfnis nach einer effektiveren Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität Rechnung getragen werden. Es handelt sich um Delikte, die typischerweise in organisierter Form mit entsprechenden Kommunikationsstrukturen begangen werden und daher regelmäßig nur unter Einsatz verdeckter Ermittlungsmethoden aufgeklärt werden können. Der Katalog soll nicht auf den Bereich von Vermögensdelikten mit Massencharakter erstreckt werden, vielmehr ist die Erweiterung durch die Bezugnahme auf gesetzliche Regelbeispiele auf besonders schwere Fälle zu limitieren.

Zu Buchstabe g

Auch bei der vorgeschlagenen Aufnahme der Korruptionsdelikte der §§ 331 bis 334 StGB handelt es sich um eine bereits seit längerer Zeit erhobene Forderung der Strafverfolgungspraxis, die auf eine Verbesserung der Aufklärungsmöglichkeiten bei einer für die Organisierte Kriminalität typischen Deliktsform zielt.

Zu Nummer 2 ( § 100b StPO)
Zu Buchstabe a

Die Änderung ist bereits Gegenstand des Regierungsentwurfs und wird vom Bundesrat unterstützt.

Zu Buchstabe b

Nach § 100b Abs. 6 Satz 1 StPO sind TÜ-Unterlagen "unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft" zu vernichten. Teilweise wird insoweit die Notwendigkeit einer physischen Anwesenheit des Staatsanwaltes beim Vernichtungsvorgang angenommen wodurch ohne Not personelle Ressourcen der Staatsanwaltschaft gebunden werden. Es ist daher angezeigt, eine klare gesetzliche Regelung dahin gehend zu treffen, dass auf eine persönliche Anwesenheit eines Vertreters der Staatsanwaltschaft beim Löschungs- bzw. Vernichtungsvorgang verzichtet werden kann. Dabei dürfte es sich um eine bloße Klarstellung handeln, denn dem derzeit geltenden § 100b Abs. 6 Satz 1 StPO lässt sich nicht eindeutig entnehmen dass die Vernichtung der Unterlagen in Gegenwart eines Staatsanwalts erfolgen muss. Weder die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 5/1880, S. 13) noch der Wortlaut von § 100b Abs. 6 Satz 1 StPO zwingen zu einer solchen Auslegung. Im Gegenteil spricht die Formulierung "unter Aufsicht" gerade dafür, dass nicht eine physische Gegenwart des Staatsanwalts, sondern eine übergeordnete Verantwortlichkeit und Steuerung des Vernichtungsvorgangs gemeint ist. Sinn und Zweck der Einbindung der Staatsanwaltschaft in den Vernichtungsvorgang gemäß § 100b Abs. 6 Satz 1 StPO ist es, dass die Staatsanwaltschaft den Umfang der Aussonderung bestimmt, damit nicht aus übergroßer Vorsicht zu wenig vernichtet wird, sowie, dass alles Beweiserhebliche erhalten bleibt (vgl. Schäfer, in: Loewe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 100b, Rnr. 9a). Dieser Normzweck wird durch eine physische Anwesenheit eines Staatsanwalts bei der Vernichtung der Unterlagen nicht gefördert, bei einer Abwesenheit des Staatsanwalts während der Vernichtung nicht beeinträchtigt.

Zu Nummer 3 ( § 100c StPO)

Bei der Verfolgung von Straftaten kann es notwendig werden, durch einen so genannten IMSI-Catcher den Standort eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes und/oder die Geräte- und Kartennummern zu ermitteln. Eine solche Maßnahme war schon vor Schaffung von § 100i StPO zulässig. Die Bundesregierung sah insoweit die §§ 100a ff., 161 StPO als Rechtsgrundlage an vgl. BT-Drs. 014/6885), die Rechtsprechung hat auch § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StPO angewendet (vgl. z.B. Beschluss des AG München vom 5. September 2001, Gz. ER II Gs 9039/01).

Ohne Not hat der Gesetzgeber im Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3018) mit § 100i StPO eine komplizierte und viel zu restriktive Regelung zum strafprozessualen Einsatz des IMSI-Catchers geschaffen, die sich in der Praxis nicht bewährt hat. Zur Vorbereitung einer Überwachung der Telekommunikation ist der Einsatz des sog. IMSI-Catchers nach geltendem Recht nur zulässig, wenn insbesondere die Voraussetzungen der Telefonüberwachung nach § 100a StPO vorliegen; zur vorläufigen Festnahme oder Ergreifung setzt der Einsatz des IMSI-Catchers nach geltendem Recht insbesondere eine Straftat von erheblicher Bedeutung voraus. Der Einsatz des sog. IMSI-Catchers wird zudem durch Subsidiaritätsklauseln, Verwendungsbeschränkungen und Löschungsverpflichtungen weiter begrenzt und unter einen Richtervorbehalt gestellt. Für alle diese Einschränkungen besteht kein Anlass. Der IMSI-Catcher ist als ein technisches Observationsmittel anzusehen. Maßnahmen nach § 100i StPO tangieren - jedenfalls nach Auffassung des Gesetzgebers - das Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 GG nicht, denn im Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3018), mit dem § 100i StPO geschaffen wurde, wird Artikel 10 GG nicht als einzuschränkendes Grundrecht zitiert.

Im Interesse der Inneren Sicherheit muss § 100i StPO deshalb durch eine praxistaugliche Regelung ersetzt werden, die den Anwendungsbereich des IMSI-Catchers nicht ohne Not beschränkt. Der Bundesrat hatte eine solche Regelung bereits in dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Vollstreckung freiheitsentziehender Sanktionen (BT-Drs. 014/9801) vorgeschlagen die hier wieder aufgegriffen wird. Danach wird der Einsatz des IMSI-Catchers in § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StPO geregelt, wegen des Sachzusammenhanges also bei den technischen Observationsmitteln, nicht aber bei den Maßnahmen der Überwachung der Telekommunikation.

Zu Nummer 4 (§ 100d Abs. 7 - neu - StPO)

Der Vorschlag eines neuen Absatzes 7 übernimmt die bisherige Regelung aus § 100i Abs. 4 Satz 4 StPO zu den Mitwirkungspflichten der Dienstleister im Bereich der Telekommunikation. Da die bisherige Anordnung nach § 100i Abs. 1 Nr. 2 StPO unter den geänderten § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StPO fallen soll, wird auf diese Vorschrift Bezug genommen.

Zu Nummer 5 ( § 100g StPO)
Zu Buchstabe a

In § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO-E ist klarzustellen, dass Auskünfte über Telekommunikationsverbindungsdaten unentgeltlich zu erteilen sind. Die Parallelregelungen in § 8 Abs. 8 BVerfSchG, § 10 Abs. 3 MADG und § 8 Abs. 3a BNDG(jeweils in der Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361) regeln, dass die Auskünfte unentgeltlich sind. Dies sollte auch für das Strafverfahren gelten.

Mit § 100g Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 StPO-E sollen nach dem Vorbild von § 16b WpHG in der Fassung von Artikel 2 Nr. 10 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010, 2316) Regelungen geschaffen werden, wonach die Unternehmen im Einzelfall verpflichtet werden können Telekommunikationsverbindungsdaten für Strafverfolgungszwecke aufzuzeichnen. Die - abgesehen von § 16b WpHG - bestehenden Regelungen des Telekommunikationsrechtes, die sich vor allem auf die Speicherung solcher Daten für kommerzielle Zwecke beziehen, reichen nicht aus. Es sollte nicht nur - wie in § 16b WpHG vorgesehen - zur Durchsetzung der Verbote der Insidergeschäfte und der Kurs- und Marktpreismanipulation möglich sein, von einem Unternehmen die Aufbewahrung von Verbindungsdaten über den Zeitpunkt der Abrechnung hinaus zu verlangen. Vielmehr müssen auch die Strafverfolgungsbehörden die Befugnis erhalten, im Einzelfall die Aufbewahrung von Telekommunikationsverbindungsdaten anordnen zu können.

Zu Buchstabe b

Der Vorschlag zu § 100g Abs. 3 Nr. 1 StPO-E greift ein Anliegen auf, das bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Nachfolgeregelung von § 12 FAG erörtert worden ist. Hintergrund ist das de lege lata bestehende Problem einer Regelungslücke insbesondere im Bereich der Sexualdelikte auf Grund fehlender Nutzungsmöglichkeit der Standortkennung von Mobiltelefonen zu Strafverfolgungszwecken. Durch das Absehen vom Erfordernis der Telekommunikationsverbindung in § 100g Abs. 3 Nr. 1 StPO-E soll erreicht werden, dass die Nutzung der Standortkennung zur Aufklärung aller Straftaten von erheblicher Bedeutung, also auch der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, ermöglicht wird. Insbesondere soll die Möglichkeit geschaffen werden, entflohene gefährliche Straftäter unverzüglich wieder zu ergreifen. Der Vorschlag knüpft systematisch an die allgemeinen Eingriffsvoraussetzungen des § 100g StPO an. Von einer Ermöglichung der inhaltlichen Überwachung von Telefongesprächen soll abgesehen und damit gleichzeitig der Grundrechtseingriff auf das erforderliche Maß begrenzt werden.

Zu Buchstabe c

Der Vorschlag zu § 100g Abs. 4 - neu - StPO-E dient der Klarstellung. Die Parallelregelungen in § 8 Abs. 8 BVerfSchG, § 10 Abs. 3 MADG und § 8 Abs. 3a BNDG (jeweils in der Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361) gelten jeweils nicht nur für den Bereich der Telekommunikation, sondern auch für den Bereich der Teledienste. Damit wird bundesrechtlich für einen außerstrafverfahrensrechtlichen Bereich eine detaillierte Regelung zur Auskunftserteilung in Bezug auf Teledienstenutzungsdaten geschaffen. Hierdurch könnte die Gefahr von Umkehrschlüssen entstehen wonach für Strafverfolgungszwecke derartige Auskünfte nicht möglich sein könnten. Zu Klarstellungszwecken erscheint daher ein Hinweis zweckmäßig dass Auskünfte in Bezug auf die Teledienste nach den allgemeinen strafprozessualen Regelungen (z.B. Zeugenvernehmung, Beschlagnahme, § 161 Abs. 1 StPO) möglich bleiben. Eine entsprechende Bestimmung ist auch in § 5 Satz 2 und § 6 Abs. 5 Satz 5 TDDSG enthalten.

Zu Nummer 6 ( § 100h StPO)

Hinsichtlich des Vorschlags einer Ergänzung von § 100h Abs. 1 Satz 1 StPO wird auf die Begründung des Entwurfs zu der entsprechenden Ergänzung von § 100b Abs. 2 Satz 2 StPO Bezug genommen. Auch bei der Anordnung der Auskunftserteilung über Verbindungsdaten der Telekommunikation ist eine Klarstellung erforderlich, dass die Gerätekennung (IMEI) eine hinreichende Bezeichnung darstellt.

In § 100h Abs. 1 Satz 2 StPO soll die Möglichkeit eines Auskunftsanspruchs zum Zwecke der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten aufgenommen werden, weil damit der Aufenthaltsort eines Beschuldigten über den Standort seines aktiv geschalteten Mobiltelefons innerhalb eines Umkreises von ca. 300 m ermittelt werden kann. Durch die Bezeichnung dieses Umkreises ist die Telekommunikation zugleich räumlich hinreichend bestimmt.

Zugleich soll die Einschränkung nach § 100h Abs. 2 StPO aufgehoben werden, da hierdurch die effektiven Ermittlungen erschwert werden. Die Parallelregelungen in § 8 Abs. 8 BVerfSchG, § 10 Abs. 3 MADG und § 8 Abs. 3a BNDG(jeweils in der Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361) sehen derartige Beschränkungen - zu Recht - nicht vor. Sie sind auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. Urteil des BVerfG vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96 und 1 BvR 348/99 - BVerfGE 107, 299). Das in § 100h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 StPO enthaltene Erhebungsverbot ist in der Praxis schon deshalb nicht handhabbar, weil bei der Erhebung von Verbindungsdaten kaum je entschieden werden kann, ob es um eine Auskunft geht, die von der Klausel "soweit das Zeugnisverweigerungsrecht reicht" erfasst wird. So kann man den bloßen Verbindungsdaten nicht entnehmen, ob dem Zeugnisverweigerungsberechtigten in dem Ferngespräch, dessen Inhalt ja gerade nicht ermittelt werden darf, etwas "anvertraut" wird. Es leuchtet im Übrigen nicht ein, wenn das Gesetz bei der Überwachung des Inhalts der Telekommunikation nach § 100a StPO die Regelung des § 148 StPO für ausreichend ansieht, bei der weniger eingreifenden Auskunft über Telekommunikationsverbindungen aber Erhebungs- und Verwertungsverbote vorsieht, die noch dazu unvertretbar weit sind. So verbietet § 100h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 StPO z.B. auch, dass die Auskunft zur Verhütung oder Verfolgung eines Mordes verwendet werden darf. Auch im Übrigen ist die Regelung gerade in der aktuellen Situation, in der es darum geht, effektiv gegen den islamistischen Terror vorzugehen, kontraproduktiv. So ist der Kreis der Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO zusteht, durchaus streitig. Teilweise wird dabei eine weite Auslegung vertreten vgl. z.B. Haas, NJW 1990, 3253 m.w.N.), nach der auch islamische Geistliche zum privilegierten Personenkreis gehören können. Es wäre unerträglich, wenn der Kampf gegen den internationalen Terrorismus dadurch behindert würde, dass die Strafverfolgungsbehörden Auskunft über die z.B. mit einem islamistischen Zentrum geführten Ferngespräche gar nicht oder erst nach einer zeitraubenden Diskussion mit dem entsprechenden Telekommunikationsunternehmen erhalten.

5. Zu Artikel 4a - neu - (Änderung des Gesetzes zur Änderung der StPO)

Nach Artikel 4 ist folgender Artikel 4a einzufügen:

"Artikel 4a Änderung des Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 20. Dezember 2001

Das Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 20. Dezember 2001 BGBl. I S. 3879), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Begründung

Durch die Artikel 2 und 4 des Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3879) wird die Geltungsdauer der mit diesem Gesetz eingeführten §§ 100g und 100h StPO bis 31. Dezember 2004 beschränkt. Ein sachlicher Grund für diese zeitliche Eingrenzung besteht nicht.

Insbesondere ist schon jetzt absehbar, dass ein Bedürfnis für eine Regelung, wie sie die §§ 100g und 100h StPO enthalten, auch über den 31. Dezember 2004 hinaus fortbesteht. Die Befristung birgt vielmehr die Gefahr in sich, dass bei der Verlängerung der Regelung die Rechte des Bundesrates erneut faktisch ausgehebelt werden, wie dies bereits bei Schaffung der Regelung der Fall war. Sollte es sich in der Zukunft ergeben, dass ein Bedürfnis für eine Änderung der §§ 100g und 100h StPO besteht, so kann diese jederzeit erfolgen.

Einer Befristung der Regelung bedarf es dafür nicht.