Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 - COM (2011) 615 final; Ratsdok. 15243/11

Siehe Drucksache 629/11(B) HTML PDF .

Brussels, 5.11.2012
C(2012) 7469 final

Herrn Horst Seehofer
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3 - 4
D-10117 Berlin

Sehr geehrter Herr Präsident,
vielen Dank für die Stellungnahme des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, für die der Gemeinsame Strategische Rahmen gilt, sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 (COM (2011) 615 final). Die Kommission bittet, die verspätete Antwort zu entschuldigen.

Der Bundesrat unterstützt den von der Kommission vorgeschlagenen Finanzrahmen für die Kohäsionspolitik und unterstreicht, dass der Europäische Sozialfonds für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts in Europa von substantieller Bedeutung ist. Vor diesem Hintergrund bedauert die Kommission, dass der Bundesrat die Festlegung von Quoten für den ESF ablehnt. Die Aufgaben des ESF in den Jahren 2014 bis 2020 erfordern eine verlässliche Finanzierung. Der ESF wird, wie auch der Bundesrat erkennt, für drei von fünf Kernziele der Strategie Europa 2020 eingesetzt. Daher hat die Kommission auch für jede Kategorie von Regionen für den ESF festgelegte Mindestquoten vorgeschlagen, die diese politischen Zusagen widerspiegeln und die Bedeutung des Fonds für die Union unterstreichen.

Die Kommission nimmt die Unterstützung des Bundesrates für eine Verbesserung der Abstimmung der kohäsionspolitischen Fonds untereinander durch den Gemeinsamen Strategischen Rahmen erfreut zur Kenntnis. Der Bundesrat spricht sich aber insbesondere gegen die alleinige Ausrichtung auf die Europa 2020 Strategie und die Annahme des gemeinsamen Strategischen Rahmens als delegierten Rechtsakt aus. Um die Diskussion über den Gemeinsamen Strategischen Rahmen zu erleichtern, hat die Kommission kürzlich eine Änderung der Verordnung vorgeschlagen, die Elemente des Gemeinsamen Strategischen Rahmens enthält. Dieses Dokument soll zur Klärung der im Bundesratsbeschluss enthaltenen Anmerkungen bzgl. des Inhalts und des rechtlichen Status des Gemeinsamen Strategischen Rahmens beitragen.

Die Kommission begrüßt die Aufgeschlossenheit des Bundesrates der Grundidee von Partnerschaftsvereinbarungen gegenüber. Der Bundesrat bemängelt jedoch insbesondere die Verknüpfung mit länderspezifischen Empfehlungen und den Nationalen Reformprogrammen, die mit dem Instrument verbundene Komplexität sowie einen Eingriff in föderale Strukturen des Mitgliedstaates. Partnerschaftsvereinbarungen sind aus unserer Sicht ein wichtiges Element der strategischen Steuerung, denn sie gewährleisten die Kohärenz und Koordination des Einsatzes der verschiedenen EU-Instrumente und geben einen Überblick über ihren Beitrag zur Europa 2020 Strategie in einem Mitgliedstaat insgesamt. Es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig, die Investitionen im Rahmen der Kohäsionspolitik mit dem europäischen Semester zu verknüpfen und nicht von wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Reformprozessen zu isolieren. Die konkrete Gestalt der Partnerschaftsvereinbarung wird die institutionellen Gegebenheiten eines jeden Mitgliedstaates widerspiegeln. Das innerstaatliche Kompetenzgefüge bleibt davon unberührt.

Die Kommission nimmt die Bedenken des Bundesrates bzgl. des Einsatzes von Konditionalitäten zur Kenntnis. Konditionalitäten sind ein wichtiges Element zur Sicherung der Effektivität des Mitteleinsatzes. Die Erfahrung zeigt, dass der Einsatz von EU-Mitteln aufgrund instabiler makroökonomischer Rahmenbedingungen teilweise nicht zu den erwarteten Ergebnissen geführt hat. In einem solchen Falle ist ein Mechanismus vonnöten, der es erlauben würde, im Dialog mit dem Mitgliedstaat Lösungen zu finden. Dies könnte im Einzelfall zu Sanktionen führen, aber nur als ultima ratio. Der Kommissionsvorschlag sieht auch einen systematischeren und transparenteren Gebrauch von Exante Konditionalitäten vor. Nur solche Exante Konditionalitäten, die einen direkten Bezug zur Effektivität der kohäsionspolitischen Investition haben, würden zur Anwendung kommen. Ein durch die Einführung von Konditionalitäten etwaig entstehender Mehraufwand wäre durch eine Verbesserung der Effektivität der getätigten Investitionen deutlich aufgewogen.

Der Bundesrat unterstützt das Ziel der Kommission, den Einsatz der Strukturfondsmittel möglichst zielgerecht und ergebnisorientiert zu gestalten, ist jedoch skeptisch gegenüber der Einführung einer leistungsgebunden Reserve und deren konkreter Umsetzung. Die Kommissionsvorschläge sehen einen Leistungsrahmen sowie eine Leistungsreserve vor, um Anreize für Leistung und Ergebnisorientierung zu schaffen. Die Kommission hat im Kontext der Verhandlungen mit dem Rat und dem Europäischen Parlament ein Dokument zur konkreten Durchführung der Leistungsüberprüfung und der Umsetzung der Leistungsreserve vorgelegt, das das Verfahren detailliert beschreibt.

Die Kommission begrüßt die Unterstützung des Bundesrates für eine Konzentration des Mitteleinsatzes auf klare Prioritäten. Der Bundesrat spricht sich jedoch gegen eine Vorgabe der Gewichtung der thematischen Ziele durch die Kommission aus und fordert mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Prioritätsachsen. Das vorgeschlagene System der thematischen Konzentration und der Prioritätengestaltung ist notwendig, um die Fokussierung auf die Ziele der Europa 2020 Strategie sicherzustellen und in den Programmen sichtbar zu machen. Die Vorgaben der thematischen Konzentration werden auf nationaler Ebene für jede Regionskategorie angewandt und erlauben somit auch die notwendige Flexibilität, um den richtigen Mix von Investitionen auf regionaler Ebene zu finden. Darüber hinaus bieten auch Instrumente wie z.B. die integrierte territoriale Investition die Möglichkeit der Umsetzung integrierter Strategien.

Die Kommission nimmt die detaillierten Ausführungen des Bundesrates zu Umsetzungsmodalitäten sowie die durchgängige Forderung nach Vereinfachung zur Kenntnis. Der Kommissionsvorschlag enthält eine Reihe von Elementen, die dem Ziel der Vereinfachung und dem Proportionalitätsgedanken Rechnung tragen. Der Kommissionsvorschlag sieht die Harmonisierung der Regeln der fünf Fonds, die unter den Gemeinsamen Strategischen Rahmen fallen, vor. Ebenso sind mehr Flexibilität in der Errichtung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme und eine stärkere Berücksichtigung von Proportionalitätsaspekten, wie das Finanzvolumen und das mit dem Mitteleinsatz verbundene Risiko, vorgesehen. Auch die vorgeschlagene Einführung einer "e-cohesion policy" sowie die Nutzung vereinfachter Kostenmodelle bergen in dieser Hinsicht großes Vereinfachungspotential. Es ist wichtig, dass wir Vereinfachung und Reduzierung von Verwaltungsaufwand als gemeinsame Aufgabe fair die europäische, nationale und regionale Ebene wahrnehmen.

Ich freue mich auf die Fortsetzung unseres Dialogs zur Gestaltung der zukünftigen Kohäsionspolitik