Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung
(Steuer-Auskunftsverordnung - StAuskV)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-Auskunftsverordnung - StAuskV)

Bundeskanzleramt Berlin, den 18. Oktober 2007
Staatssekretär

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Finanzen zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans Bernhard Beus

Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-Auskunftsverordnung - StAuskV)

Vom ...

Auf Grund des § 89 Abs. 2 Satz 4 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866, 2003 I S. 61), der zuletzt durch Artikel 10 Nr. 9 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:

§ 1 Form und Inhalt des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

§ 2 Bindung einer verbindlichen Auskunft

§ 3 Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Gerade im Steuerbereich begegnen Bürgern und Unternehmern häufig komplizierte und unübersichtliche Sachverhalte, deren Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung schwer zu beurteilen sind. Dies führt zu Unsicherheiten bei der Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten und den daraus resultierenden steuerlichen Konsequenzen. Um derartige steuerliche Probleme bereits von vornherein zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, in bestimmten Fällen eine verbindliche Auskunft über die künftige Besteuerung zu beantragen. Die verbindliche Auskunft soll den Steuerpflichtigen ermöglichen, steuerliche Konsequenzen bereits vor der Verwirklichung von Gestaltungsmöglichkeiten abzuschätzen. Hierbei muss es sich um genau bestimmte aber noch nicht verwirklichte Sachverhalte handeln. An einer solchen Auskunft muss im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse bestehen.

Bisher konnten die Finanzämter nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch außerhalb der Regelungen der §§ 204 ff. AO und des § 42e EStG verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten Sachverhalten erteilen wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Die Bindungswirkung derartiger Auskünfte beruhte auf dem Grundsatz von Treu und Glauben. Einzelheiten waren durch das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 29. Dezember 2003 - IV A 4 - S 0430 - 7/03 - (BStBl I S. 742) geregelt.

Mit dem durch Artikel 18 Nr. 1 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098) eingefügten § 89 Abs. 2 AO wurde die Befugnis der Finanzämter, im Einzelfall verbindliche Auskünfte zu erteilen, ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Wie bisher handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde; ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft besteht nicht. Die Bindungswirkung beruht nunmehr aber nicht mehr auf dem Grundsatz von Treu und Glauben, sondern ergibt sich aus § 89 Abs. 2 AO. Daher handelt es sich bei der verbindlichen Auskunft nunmehr um einen Verwaltungsakt, auf den die einschlägigen verfahrensrechtlichen Regelungen der Abgabenordnung anzuwenden sind, insbesondere die Regelungen zur Bekanntgabe (§ 122 AO) sowie zur Korrektur (§§ 129 - 131 AO).

Grundsätzlich ist nur die Finanzbehörde zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft befugt, die im Falle der Verwirklichung des fraglichen Sachverhalts örtlich zuständig sein würde (§ 89 Abs. 2 Satz 2 AO). Bei Antragstellern, für deren Besteuerung im Zeitpunkt der Antragstellung noch kein Finanzamt nach den §§ 18 bis 21 AO zuständig ist, kann nach § 89 Abs. 2 Satz 3 AO nur das Bundeszentralamt für Steuern verbindliche Auskünfte erteilen.

Die Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern ist auch für das später zuständige Finanzamt verbindlich. Nähere Einzelheiten zur Bestimmung der Zuständigkeit regelt das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2007 - IV A 4 - S 0224/07/0003 - (BStBl I S. 470).

Nach § 89 Abs. 2 Satz 4 AO ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmung zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft sowie zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. Die Verordnung orientiert sich weitgehend an den §§ 205 - 207 AO sowie den Regelungen des BMF-Schreibens vom 29. Dezember 2003 - IV A 4 - S 0430 - 7/03 - (BStBl I S. 742), das sich in der Praxis bewährt hatte.

Die Rechtsverordnung beschränkt sich dabei allerdings auf solche Regelungen, die Rechte und Pflichten der Antragsteller betreffen. Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung sollen zusätzliche Anweisungen für die Finanzbehörden getroffen werden, unter anderem zur Schriftform der Auskunftserteilung und zur Ausübung des Ermessens.

B. Besonderer Teil

Zu § 1:

Die verbindliche Auskunft soll Bürgern und Unternehmen ermöglichen, steuerliche Konsequenzen bereits vor der Verwirklichung von Gestaltungsmöglichkeiten abzuschätzen.

Hierbei muss es sich - wie bisher - um genau bestimmte aber noch nicht verwirklichte Sachverhalte handeln. An einer solchen Auskunft muss im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen auch ein besonderes Interesse bestehen. Denn allgemeine Rechtsberatung in Steuerangelegenheiten bleibt weiterhin originäre Aufgabe der Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe. Hauptaufgabe der Finanzbehörden ist es, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben (vgl. § 85 AO).

Zu Absatz 1:

Absatz 1 der Vorschrift schreibt im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft die Schriftform vor. Darüber hinaus werden die Angaben aufgezählt, die ein Antrag enthalten muss, damit die zuständige Finanzbehörde über den Antrag sachgerecht und zeitnah entscheiden kann. Dies entspricht der bisherigen bewährten Praxis.

Der Antragsteller soll nach § 89 Abs. 4 Satz 2 AO zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Angaben den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände im Auskunftsantrag darlegen. Dies bedarf daher keiner Erwähnung in der Rechtsverordnung.

Zu Absatz 2:

Absatz 2 enthält Regelungen für Sachverhalte, die mehreren Personen steuerlich zuzurechnen sind (vgl. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO). In diesem Fall kann die verbindliche Auskunft nur von allen Beteiligten gemeinsam beantragt werden. Die Beteiligten sollen sich zur Vereinfachung des Verfahrens durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, der ermächtigt ist für sie alle Verwaltungsakte und Mitteilungen in Empfang zu nehmen.

Zu Absatz 3:

Antragsteller und Steuerpflichtiger (d.h. die Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalt verwirklichen soll) müssen nicht identisch sein.

Antragsteller und Steuerpflichtiger sind identisch, wenn der Steuerpflichtige bei Antragstellung bereits existiert. Eine dritte Person hat in diesen Fällen kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen, bereits existierenden Steuerpflichtigen. Zudem wäre das Steuergeheimnis nach § 30 AO zu beachten.

Existiert der Steuerpflichtige bei Antragstellung noch nicht, kann auch ein Dritter Antragsteller sein. Dies setzt aber voraus, dass zum einen der noch nicht existierende Steuerpflichtige ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung hätte, wenn er bereits existieren würde, zum anderen aber auch der Dritte ein eigenes berechtigtes Interesse darlegen kann. Berechtigter Antragsteller einer verbindlichen Auskunft über die künftige Besteuerung einer noch nicht existierenden Kapitalgesellschaft kann die Person oder die Personengruppe sein, die diese Kapitalgesellschaft gründen und dann zu mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt sein will. Entsprechendes gilt für Auskunftsanträge einer Vorgründungsgesellschaft.

Absatz 3 geht der Regelung in Absatz 2 als lex specialis vor; dies hat zur Folge, dass ein Auskunftsantrag für eine noch zu gründende Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft nicht von allen künftigen Gesellschaftern gemeinsam gestellt werden muss.

Nach Absatz 3 sind bei Antragstellung durch einen berechtigten Dritten die in Absatz 1 Nr. 1 und 3 vorgeschriebenen Angaben auch hinsichtlich des Steuerpflichtigen zu machen.

Zu § 2:

Zu Absatz 1:

Eine von der zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft entfaltet nur gegenüber demjenigen Bindungswirkung, dessen künftige Besteuerung Gegenstand der Auskunft ist. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge geht die Bindungswirkung entsprechend § 45 AO auf den Rechtsnachfolger über. Bei Einzelrechtsnachfolge erlischt die Bindungswirkung.

Darüber hinaus tritt die Bindungswirkung nach Satz 1 nur dann ein, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht.

Diese Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft gilt nur zu Gunsten des Steuerpflichtigen.

War die verbindliche Auskunft zu Ungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig oder ist sie durch spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage zu seinen Ungunsten rechtswidrig geworden tritt nach Satz 2 keine Bindungswirkung ein. In diesem Fall ist die Steuer nach Maßgabe der Gesetze zutreffend festzusetzen. Diese Regelung entspricht der Regelung in § 206 Abs. 2 AO für verbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung.

Zu Absatz 2:

Ändern sich die der verbindlichen Auskunft zu Grunde liegenden Rechtsnormen, entfällt die Bindungswirkung mit Wirkung ab Inkrafttreten der fraglichen Rechtsänderungen. Die Auskunft muss in diesem Fall also nicht aufgehoben werden. Im Ergebnis entspricht dies der Regelung in § 207 Abs. 1 AO für verbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung.

Zu Absatz 3:

Da die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO einen Verwaltungsakt darstellt, gelten alle für Verwaltungsakte relevanten Regelungen der Abgabenordnung unmittelbar. So richten sich die Bestimmtheit und Form der verbindlichen Auskunft nach § 119 AO, ihre Begründung nach § 121 AO, ihre Bekanntgabe nach § 122 AO, ihre Wirksamkeit nach § 124 AO und ihre Korrekturmöglichkeit nach §§ 129 - 131 AO.

Im Interesse der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung muss es möglich sein die Bindungswirkung rechtswidriger oder rechtswidrig gewordener verbindliche Auskünfte zeitlich zu begrenzen. Nach Absatz 3 kann die verbindliche Auskunft daher - über §§ 129 bis 131 AO hinaus - mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden.

Die Aufhebung oder Änderung steht im Ermessen der Finanzbehörde.

Eine Aufhebung oder Änderung mit Wirkung für die Zukunft, das heißt für noch nicht verwirklichte Sachverhalte, ist z.B. sachgerecht, wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder durch eine Verwaltungsanweisung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert hat. Diese Regelung entspricht der Regelung in § 207 Abs. 2 AO für verbindliche Zusagen auf Grund einer Außenprüfung.

Dem Vertrauensschutz wird dadurch Rechnung getragen, dass die Aufhebung oder Änderung nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen darf. War der Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt bereits im Wesentlichen verwirklicht, bleibt die Bindungswirkung bestehen, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht.

Zu § 3:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Rechtsverordnung. Da die Regelungen der Rechtsverordnung weitgehend den Regelungen in §§ 205 - 207 AO und dem BMF-Schreiben vom 29. Dezember 2003 - IV A 4 - S 0430 - 7/03 - (BStBl I S. 742) entsprechen, bedarf es keiner Übergangsregelung für vor dem Inkrafttreten gestellte Auskunftsanträge.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Entwurf einer Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenverordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit der Verordnung wird eine in der Abgabenordnung festgelegte Informationspflicht für die Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger konkretisiert. Bisher ist diese Konkretisierung durch ein BMF-Schreiben erfolgt. Dieses BMF-Schreiben wird nunmehr durch eine nahezu gleichlautende Rechtsverordnung ersetzt. Es entstehen daher keine neuen Bürokratiekosten für Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger. Die Vorschrift wird allerdings im Rahmen der Bestandsmessung nicht erfasst.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfungsauftrags grundsätzlich keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben. Da die Informationspflicht jedoch nicht in der Bestandsmessung enthalten ist, wird das Ressort gebeten, diese Informationspflicht beim Statistischen Bundesamt nachzumelden und die Kosten entsprechend ermitteln zu lassen.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Färber
Vorsitzender Berichterstatterin