Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt KOM (2009) 467 endg.; Ratsdok. 13286/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 16. September 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 11. September 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 11. September 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 088/03 (PDF) = AE-Nr. 030396,
Drucksache 450/03 (PDF) = AE-Nr. 032281,
Drucksache 600/05 (PDF) = AE-Nr. 052086 und
Drucksache 537/08 (PDF) = AE-Nr. 080581

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss
Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt

1. Rechte des geistigen Eigentums durchsetzen: eine Langfristige Verpflichtung wird in die Tat umgesetzt

Rechte des geistigen Eigentums sind in der heutigen Wissensgesellschaft unverzichtbares Geschäftskapital, denn sie fördern Innovation und Kreativität, indem sie sicherstellen, dass diese sich lohnen. Rechte des geistigen Eigentums spielen eine zunehmend wichtige Rolle und fördern das Wirtschaftswachstum, indem sie Erfinder, Designer und Künstler schützen und ihnen die Möglichkeit geben, vom kommerziellen Wert ihrer Werke zu profitieren. So entsteht ein lebenswichtiger Kreislauf aus Geschäftsentwicklung, Wissen und weiterer Innovation. Hinzu kommt, dass insbesondere Marken für den Verbraucher von Vorteil sind, da sie häufig für gute Qualität und die Gewissheit stehen, dass die erworbenen Produkte und Dienstleistungen legal, sicher und zuverlässig sind.

Die EU beheimatet einige der größten und erfolgreichsten Unternehmen der Welt, die Rechte des geistigen Eigentums zu ihrem wertvollsten Vermögen zählen. Genauso wichtig sind Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt jedoch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die hiermit ihr immaterielles Vermögen schützen und Zugang zu unverzichtbarem Start- und Risikokapital erhalten. Die Europäische Union muss auch in Zukunft dafür sorgen, dass diese Rahmenbedingungen erhalten bleiben, indem sie eine Rechtskultur pflegt, die Rechte des geistigen Eigentums durch hohe Standards schützt und unabdingbaren europäischen Talenten Chancen eröffnet.

Der wachsende Wert von Rechten des geistigen Eigentums ist ein Erfolgsindikator. Er zieht aber auch Fälscher und Produktpiraten an, die oft über reichliche Finanzmittel verfügen und mittlerweile wie gut organisierte und fachkompetente Unternehmer in industriellem Maßstab arbeiten. Sie nutzen Fortschritte in Technologie und Handel aus und machen sich moderne Geschäftsmodelle zu eigen, um Produktion, Distribution und Vertrieb illegaler Waren über Grenzen und Kontinente hinweg zu kontrollieren. Das Internet ist eines der Hilfsmittel, mit dem der Markt für nachgeahmte Produkte - der Innovation im Keim erstickt und Arbeitsplätze bedroht - weltweit gesteuert wird.

In Europa fügt die Marken- und Produktpiraterie1 der Wirtschaft enormen Schaden zu und könnte in Zukunft angesichts der jüngsten Wirtschaftskrise und des immer breiteren Angebots an nachgeahmten Produkten zu einem noch größeren Problem werden als heute. Während Luxusartikel, Mode, Musik- und Filmprodukte schon immer Zielscheibe von Marken- und Produktpiraterie waren, ist heute eine größere Vielfalt von Massenkonsumgütern betroffen, z.B. Lebensmittel, Kosmetik- und Hygieneprodukte, Auto-Ersatzteile, Spielzeug sowie diverse technische Ausrüstungen und Elektrogeräte.2 Daraus erwachsen Risiken für Gesundheit und Sicherheit der EU-Bürger. Wachsende Sorge3 bereitet insbesondere die Zunahme nachgeahmter Arzneimittel4. Die Kommission hat innerhalb des Binnenmarkts einen Rechtsrahmen geschaffen, der die entsprechenden Instrumente vorsieht, um Rechte des geistigen Eigentums fair, wirksam und verhältnismäßig durchzusetzen. Die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums5 ist ein Eckpfeiler dieses Rechtsrahmens. Mit ihr wurden die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die zivilrechtliche Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums harmonisiert, und ein Vorschlag für strafrechtliche Maßnahmen6 wird derzeit im Rat erörtert.

Die EU-Zollverordnung7 ist ein weiterer wichtiger Bestandteil des Rechtsrahmens. Sie erlaubt die Beschlagnahme von Waren, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen könnten. Die Kommission befragt Mitgliedstaaten und Beteiligte derzeit im Rahmen einer Konsultation, wie die Verordnung noch verbessert werden kann.

Nachdem die grundlegenden Rechtsvorschriften also vorhanden sind, schlägt die Kommission gemäß der Entschließung des Rates "Wettbewerbsfähigkeit" vom 25. September 2008 über einen europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie nun vor, den Rechtsrahmen durch nichtlegislative Maßnahmen zu ergänzen.

In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Unterstützung erhalten. Eine im Auftrag der Kommission durchgeführte Erhebung von 2007 bestätigt, dass Verletzungen von Rechten an geistigem Unternehmen europäischen KMU, die oftmals nicht über die nötigen personellen und finanziellen Mittel verfügen, um die Täter gerichtlich zu verfolgen, große Probleme bereiten.8 Die Kommission hat sich daher darauf konzentriert, die Unterstützung in diesem Bereich auszubauen, was auch der Tatsache Rechnung trägt, dass Rechte des geistigen Eigentums und Wissensmanagement in der 2005 erneuerten Lissabon-Strategie einen hohen Stellenwert einnehmen. Im April 2009 legte die von der Kommission eingesetzte beratende Expertengruppe ihren Schlussbericht mit Empfehlungen dazu vor, welche Unterstützung KMU erhalten müssten.9 Entsprechend den Ergebnissen dieses Berichts führt die Kommission verschiedene Projekte in diesem Bereich fort, um KMU zu helfen, Rechte des geistigen Eigentums in ihre Innovationsstrategien und Geschäftspläne einzubinden.

Auf globaler Ebene hat die Kommission eine langfristige Strategie für die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums in Drittländern entwickelt.10 Im Rahmen dieser Strategie wurde eine Liste der "prioritären Länder" aufgestellt, die regelmäßig aktualisiert wird.11 Weitere maßgebliche Initiativen betreffen Verhandlungen über ein Handelsabkommen zur Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie (ACTA) sowie einen Aktionsplan EU-China über eine verstärkte Zollzusammenarbeit zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums. Außerdem hat die Kommission ein KMU-Helpdesk für Fragen des geistigen Eigentums in China eingerichtet. Hier werden den KMU die nötigen Mittel an die Hand gegeben, ihre Rechte des geistigen Eigentums geltend zu machen und die damit verbundenen Risiken zu handhaben.

Unverzichtbar ist außerdem, dass Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor weiter ausgebaut werden. Im Mai 2008 wurde unter Beteiligung von Abgeordneten des Europäischen Parlaments eine hochrangige Konferenz zum Thema Marken- und Produktpiraterie veranstaltet, um eine nachhaltige EU-Strategie für einen stärker partizipativen Ansatz auf den Weg zu bringen.12 Darauf folgten die Mitteilung der Kommission "Eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte"13 und die Entschließung des Rates "Wettbewerbsfähigkeit" über einen "europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie"14. In den Schlussfolgerungen des Rates wurde bekräftigt, dass die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt verbessert werden muss und dazu die Rechtsvorschriften durch nichtlegislative Maßnahmen ergänzt werden müssen. Außerdem forderte der Rat die Kommission auf, sich weiterhin fest auf Grenzkontrollen zu konzentrieren und einen Plan für die zollbehördliche Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie für den Zeitraum 2009 bis 2012 vorzulegen. Dieser Plan wurde inzwischen von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten aufgestellt.15

2. Herausforderungen erkennen und Risiken eindämmen: Eu-Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie

Die grundlegenden Fakten über den weitreichenden Schaden, der durch Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums entsteht, sind hinreichend dokumentiert. Schwieriger ist es jedoch, umfassende Informationen zusammenzustellen, die bei der Prioritätensetzung und gezielteren Durchsetzung helfen und so eine bessere Zusammenarbeit und eine evidenzgestützte Politik ermöglichen könnten.

Nach einem OECD-Bericht16 von 2006 besteht eine der größten Herausforderungen für Regierungen und Unternehmen darin, zuverlässige und aktuelle Informationen über den Umfang von Marken- und Produktpiraterie sowie deren volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen, unter anderem auf die Beschäftigung in Europa, zu bekommen. Obwohl Ausmaß und Größenordnung des Problems von verschiedenen Branchen analysiert wurden, sind die Daten doch nicht vergleichbar, da ihnen unterschiedliche Methoden und Quellen zugrunde liegen.

Daneben existieren vielfältige Informationen bei nationalen Vollzugsbehörden, den für geistiges Eigentum zuständigen Ämtern auf europäischer und nationaler Ebene sowie den entsprechenden Wirtschaftsverbänden. Diese Daten sind oft schwer miteinander vergleichbar. Eine der solidesten Informationsquellen ist eine Veröffentlichung der Kommission, die sich auf die jährlichen Zollbeschlagnahmen an den EU-Außengrenzen stützt.17 Die Beschlagnahmen durch den Zoll bilden die Realität jedoch nur zum Teil ab, da sie nur Waren erfassen, die in die EU eingeführt oder aus der EU ausgeführt werden. Um die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Marken- und Produktpiraterie in vollem Umfang zu erkennen und um zu verstehen, warum manche Produkte, Branchen und Regionen in der EU stärker gefährdet sind als andere, muss die Wissensbasis insgesamt erweitert werden. Umfassende und vergleichbare Daten werden auch die Einigung auf Prioritäten und Programme, auf Ziele für die Rechtsdurchsetzung und auf gezieltere Kampagnen zur Verbrauchersensibilisierung erleichtern.

Um dies zu erreichen, hat sich der Rat "Wettbewerbsfähigkeit" für die Einrichtung einer europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie als wichtigstes EU-Instrument ausgesprochen, das "eine regelmäßige Evaluierung des Ausmaßes von Nachahmung und Piraterie sowie eine eingehendere Untersuchung dieser Phänomene anhand von Daten ermöglichen (soll), die der öffentliche und der private Sektor zu übermitteln wünschen"18.

2.1. Die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums durch umfassenden Austausch von Informationen und bewährten Praktiken unterstützen

Die Kommission richtet derzeit eine Beobachtungsstelle ein, die Informationen und Daten über alle Arten von Verstößen gegen Rechte des geistigen Eigentums zentral erfassen, überwachen und darüber Bericht erstatten soll. Die Beobachtungsstelle sollte jedoch noch erheblich umfassendere Aufgaben übernehmen und zu der Plattform werden, über die Vertreter der nationalen Behörden und Beteiligte Gedanken und bewährte Praktiken austauschen, gemeinsame Vollzugsstrategien entwickeln und Empfehlungen für politische Entscheidungsträger formulieren könnten.

Damit die Beobachtungsstelle zu einer europaweiten Wissensquelle und zentralen Plattform für die an der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums beteiligten Akteure und Behörden werden kann, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und privatem Sektor erforderlich. Ziel ist es daher, Vertreter des öffentlichen und des privaten Sektors aus der gesamten EU zu beteiligen und sie gemeinsam mit den Verbrauchern an ein umfassenderes Problemverständnis heranzuführen. Dies wird die Entwicklung praktischer Lösungen, gezielterer Sensibilisierungskampagnen und eines koordinierteren Vorgehens erleichtern. Ein wichtiger Beitrag wäre die alljährliche Veröffentlichung eines Berichts, den die Kommission vorlegen und der im Einzelnen über zentrale Arbeitsbereiche informieren würde.

Die Beobachtungsstelle wird insbesondere

2.2. Die Beobachtungsstelle zur Plattform für beteiligte Akteure und Mitgliedstaaten machen

Nach der Entschließung des Rates sollte die Beobachtungsstelle auf den bestehenden Strukturen der Kommission aufbauen, die unkompliziert und flexibel sein und bei Bedarf auf externen Sachverstand zurückgreifen sollten. Die Kommission wird also die zentralen Verwaltungsressourcen stellen. An der Arbeit der Beobachtungsstelle und der Verwirklichung ihrer Ziele werden die Vertreter der Mitgliedstaaten und die Akteure jedoch gleichermaßen beteiligt sein.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, einen Vertreter zu benennen, und die Beteiligung der Akteure muss ein breites Spektrum europäischer und nationaler Gremien widerspiegeln, die jene Branchen vertreten, die am stärksten von Marken- und Produktpiraterie betroffen sind und bei deren Bekämpfung über die meiste Erfahrung verfügen. Auch die europäischen Verbraucher müssen angemessen repräsentiert sein und aufgefordert werden, eine aktive Rolle zu übernehmen. Auf diese Weise könnte die Beobachtungsstelle den Verbrauchern helfen, zu aktiven und verantwortlichen Partnern zu werden. Besondere Aufmerksamkeit muss darüber hinaus der Vertretung von KMU geschenkt werden.

3. Die Verwaltungszusammenarbeit Europaweit fördern

Die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den verschiedenen Vollzugsbehörden muss verbessert werden, um sicherzustellen, dass Rechte des geistigen Eigentums im gesamten Binnenmarkt konsequent und effizient durchgesetzt werden. Da die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums internationalen Charakter hat, ist die Verbesserung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit im Binnenmarkt nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern eine klare Notwendigkeit, und auch wenn die Verwaltungszusammenarbeit im Zoll schon gut funktioniert, lässt sie in anderen Bereichen doch noch eindeutig zu wünschen übrig und muss ausgebaut werden.19

Die engere Verwaltungszusammenarbeit bei der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums sollte auch im breiteren Kontext einer Partnerschaft zwischen Kommission und Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung des Binnenmarkts ohne Grenzen gesehen werden.20 Hierzu ist ein effizientes Netz von Kontaktstellen in der EU unerlässlich, damit Informationen über verdächtige Produkte, Produktionsstätten, Distributionskanäle und zentrale Vertriebspunkte rasch ausgetauscht werden können. Dadurch werden Synergieeffekte erzielt, die wiederum dazu beitragen werden, dass nationale Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden können und Amtshilfe geleistet werden kann.

Auch innerhalb der Mitgliedstaaten müssen die Stellen, die an der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums beteiligt sind, besser zusammenarbeiten. Damit der Informationsaustausch effizienter wird, müssen die nationalen Behörden regelmäßig in Kontakt zueinander und zu den einschlägigen privatwirtschaftlichen Einrichtungen stehen. Daher werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, nationale Koordinatoren zu benennen, die den klaren Auftrag erhalten, die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zwischen den jeweiligen nationalen Vollzugsbehörden zu koordinieren. Diese nationalen Koordinatoren sollten über ein zentrales System direkt miteinander verbunden sein und für die Wirtschaft als zentrale Kontaktstelle fungieren, die Verbindungen mit den Beteiligten pflegt und die grenzübergreifende Zusammenarbeit erleichtert.

Als nationale Wissenszentralen für Rechte des geistigen Eigentums haben die nationalen Ämter für geistiges Eigentum einen wichtigen Beitrag zu leisten. Sie könnten eine nützliche Rolle dabei spielen, Plattformen und Strategien für koordinierte Ansätze und für die Verbreitung von bewährten Praktiken aufzubauen. Dies könnte um neue Aufgaben wie Sensibilisierung, gezielte Unterstützung für KMU und Koordinierung ergänzt werden. Andere internationale Organisationen für Rechte des geistigen Eigentums, wie das Europäische Patentamt, könnten ebenfalls Sachverstand und bewährte Praktiken weitergeben. Im Hinblick auf Marken, Muster und Modelle könnte außerdem die Zusammenarbeit zwischen dem HABM und den nationalen Ämtern ausgebaut werden, damit sie sich künftig auch auf die EU-weite Zusammenarbeit und die Umsetzung von Programmen und Aktionen erstreckt.

3.1. Nationale Strukturen und Systeme transparenter machen

Die nationalen Strukturen müssen transparenter werden, damit die betroffenen Akteure, insbesondere KMU, grenzübergreifend unterstützt werden können. Nach einer umfassenden Konsultationsrunde, an der sich alle Mitgliedstaaten mit Informationsbeiträgen beteiligt haben, analysiert die Kommission nun die Strukturen, die die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums eingerichtet haben. Dies wird in einen Bericht münden, in dem die bestehenden Rahmenwerke und Strategien skizziert und Indikatoren für bewährte Praktiken dargelegt werden. Der Bericht soll den Akteuren und Mitgliedstaaten bei Sitzungen im Rahmen der Beobachtungsstelle in der zweiten Jahreshälfte 2009 vorgestellt werden.

3.2. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit durch modernen Informationsaustausch fördern

Ein besserer Austausch von aktuellen Informationen ist für eine engere grenzübergreifende Zusammenarbeit unverzichtbar. Der Rat "Wettbewerbsfähigkeit" hat die Kommission in seiner Entschließung aufgefordert, unter Nutzung nationaler Kontaktstellen und moderner Instrumente für den Informationsaustausch ein Netz für den schnellen Austausch von Informationen einzurichten.

Um dies zu erreichen, muss ein breites Spektrum von nationalen Einrichtungen, darunter die verschiedenen Vollzugsbehörden und nationalen Ämter für geistiges Eigentum, auf ein elektronisches Kommunikationsnetz zurückgreifen können, über das Informationen über Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums ausgetauscht werden können. Dieses Netz muss Folgendes bieten:

Ausgehend von den Erfahrungen mit anderen Binnenmarktsystemen wie dem Binnenmarkt-Informationssystem IM121 und dem Informationssystem für die Marktüberwachung ICSMS22 untersucht die Kommission zurzeit, wie ein modernes System aussehen müsste, um dem Nutzerbedarf als Schnittstelle für den Austausch wesentlicher Informationen optimal zu entsprechen, und wie es auf bestehenden Systemen, beispielsweise dem IMI, aufbauen könnte.

4. Bündnisse schmieden: Freiwillige Vereinbarungen zwischen den Akteuren erleichtern

4.1. Auf Gemeinsamkeiten zwischen den Akteuren konzentrieren

Die Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie kommt nicht nur den Rechteinhabern zugute, sondern ist auch im Sinne anderer Akteure, wie Importeure, Fair-Trade-Organisationen und Einzelhandel einschließlich E-Commerce-Plattformen.

Durch Marken- und Produktpiraterie wird das Vertrauen in den Handel von Waren und Dienstleistungen, insbesondere über das Internet und über Ländergrenzen hinweg, schwer beschädigt. Den Unternehmen können dadurch Geschäftsmöglichkeiten entgehen. Die Verbraucher können wegen Markenpiraterie davor zurückschrecken, neue Vertriebswege oder günstige Angebote binnenmarktweit zu nutzen.

Die zahlreichen gefälschten Produkte, die Gesundheit und Sicherheit der EU-Bürger gefährden könnten, wie nachgeahmte Medikamente, Lebensmittel, Kosmetik- und Hygieneprodukte, technische Ausrüstungen und Elektrogeräte sowie Auto-Ersatzteile, machen überdies deutlich, dass es im gemeinsamen Interesse aller Betroffenen liegt, bei der Bekämpfung dieses wachsenden Problems an einem Strang zu ziehen.

Daher sollten Rechteinhaber und andere Beteiligte aufgefordert werden, das Potenzial kooperativer Ansätze zu nutzen und ihre Kräfte stärker zu bündeln, um Marken- und Produktpiraterie zugunsten aller zu bekämpfen, wobei auch mögliche Alternativen zur gerichtlichen Streitbeilegung genutzt werden sollten.

4.2. Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums durch einen Dialog zwischen den Akteuren bekämpfen

Durch Konzentration auf das gemeinsame Interesse sollte es möglich sein, freiwillige Vereinbarungen zwischen den Akteuren zu fördern und auf diese Weise praktische Lösungen zu finden. Freiwillige Vereinbarungen zur Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie an Ort und Stelle können den Akteuren die nötige Flexibilität geben, um rasch auf neue technologische Entwicklungen zu reagieren. Außerdem haben es die Akteure bei diesem Ansatz selbst in der Hand, optimale Maßnahmen und insbesondere technische Lösungen auszuarbeiten. Freiwillige Vereinbarungen lassen sich auch leichter über die Europäische Union hinaus ausdehnen und können so weltweit zur Grundlage für bewährte Praktiken im Kampf gegen Marken- und Produktpiraterie werden.

Damit freiwillige Vereinbarungen getroffen und umgesetzt werden können, müssen die Akteure einen konstruktiven Dialog führen, der sich auf die konkreten Probleme sowie durchführbare und praxisnahe Lösungen konzentriert, die realistisch, ausgewogen und für alle Beteiligten fair sind. Jede freiwillige branchenübergreifende Lösung muss mit dem bestehenden Rechtsrahmen in Einklang stehen und darf weder die Grundrechte der EU-Bürger, wie das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, das Recht auf den Schutz der Privatsphäre und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten23, noch die Verhandlungen über Rechtsmaßnahmen auf EU-Ebene beeinträchtigen. Die Kommission bietet an, diesen Dialog zu konkreten Themen zwischen den beteiligten Akteuren zu erleichtern, indem sie die Betroffenen zu Zusammenkünften einlädt, Treffen organisiert, administrative und logistische Unterstützung leistet und erforderlichenfalls dafür sorgt, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Interessen, einschließlich der rechtmäßigen Ansprüche und Erwartungen der EU-Bürger, gewahrt bleibt. Die Kommission wird die Entwicklung und Funktionsweise von freiwilligen Vereinbarungen genauestens überwachen und bereit sein, auch andere Ansätze in Erwägung zu ziehen, falls sich dies später als erforderlich erweisen sollte.

4.3. Gegen den Internet-Handel mit gefälschten Waren vorgehen

Als erstes hat die Kommission beispielsweise einen Dialog der beteiligten Akteure über den Internet-Handel mit gefälschten Waren initiiert. Auch wenn das Internet nicht Ursache der Fälschungen ist, hat es sich doch zu einem wichtigen Werkzeug für den weltweiten Handel mit gefälschter Ware entwickelt. Durch seine globale Reichweite und Zugänglichkeit sowie die Möglichkeit, als Händler anonym zu bleiben und Angebote sekundenschnell abzugeben und zurückzuziehen, ist es zu einem der attraktivsten Kanäle für den Vertrieb gefälschter Waren geworden. Die enorme Zunahme der Fälschungen in Internet macht diesen Bereich zum prioritären Handlungsschwerpunkt. Außerdem scheinen freiwillige Vereinbarungen hier besonders erfolgversprechend, da die technologische Entwicklung rasch voranschreitet und daher praktische technologiegestützte Lösungen gefunden werden müssen.

Markeninhaber wie Internetfirmen haben dies erkannt und sich verpflichtet, in Zukunft gemeinsam dagegen vorzugehen. Daraufhin hat die Kommission einen strukturierten Dialog zwischen den Beteiligten organisiert, um das gegenseitige Verständnis zu erleichtern und Lösungen zu finden, die im Interesse aller Betroffenen liegen. Eine Reihe von Sitzungen hat bereits stattgefunden, bei denen spezifische Probleme des Internet-Handels mit gefälschten Waren erörtert wurden. Weitere Sitzungen sind noch vor Jahresende geplant, die in einem Memorandum of Understanding über die Unterbindung, Ermittlung und Entfernung von rechtswidrigen Angeboten (z.B. "Notice and Take-Down"-Vefahren) und Anbietern aus dem Internet münden könnten. Sollten freiwillige Vereinbarungen jedoch nicht zustande kommen, wird die Kommission legislative Lösungen, insbesondere im Rahmen der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums24, in Erwägung ziehen müssen.

5. Schlussfolgerungen

Da Rechte des geistigen Eigentums Anreize für Kreativität, Innovation und Handel schaffen, gehören sie zu den Eckpfeilern einer wettbewerbsfähigen, wohlstandschaffenden Wissensgesellschaft. Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums führen der Wirtschaft weitreichenden Schaden zu. Außerdem werden Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher inzwischen durch eine wachsende Zahl gefälschter Produkte gefährdet. Daher liegt es im Interesse aller Beteiligten samt der Verbraucher, über ein System zu verfügen, das diese Rechte rigoros, verhältnismäßig und fair durchzusetzen vermag.

Die Kommission will dies gewährleisten, indem der bestehende Rechtsrahmen durch nichtlegislative Maßnahmen ergänzt und so eine koordiniertere und gezieltere Durchsetzung im gesamten Binnenmarkt sichergestellt wird, insbesondere indem

Die Kommission ist überzeugt, dass diese Maßnahmen den Kampf gegen Marken- und Produktpiraterie im gemeinsamen Interesse der europäischen Bürger, Unternehmen und der Gesamtwirtschaft erheblich voranbringen werden.