Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. ... über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarktinformationssystems* - COM (2011) 883 final; Ratsdok. 18899/11

*Siehe Drucksache 834/11(B) HTML PDF

Brüssel, den 22.11.2012
C(2012) 8160 final

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zu ihrem Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ( KOM (2011) 883 endgültig) und bittet, die späte Antwort zu entschuldigen.

Ich hoffe, dass die beigefügten Erläuterungen der Kommission zur Klärung der in der Stellungnahme angesprochenen Fragen des Bundesrats beitragen und sehe der Fortsetzung unseres politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen
Mame Seftovid" Vizepräsident

Herrn Winfried KRETSCHMANN
Präsident des Bundesrats
Leipziger Straße 3-4
D-10117 Berlin

Europäischer Berufsausweis

Die Kommission merkt an, dass der Berufsausweis für interessierte Berufsgruppen gedacht ist und die Mitgliedstaaten in die Ausarbeitung der Durchführungsrechtsakte einbezogen werden.

Der Ausweis soll das Anerkennungsverfahren vereinfachen. Kürzere Fristen sind deshalb wichtig. Die Einbindung des Herkunftsmitgliedstaats und die systematische Anwendung des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI) dürften die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Anträge zügig bearbeitet werden können. Die Kommission betont, dass die Fristen für den Herkunfts- und den Aufnahmemitgliedstaat zusammen betrachtet werden müssen, um die praktische Wirksamkeit des Berufsausweises zu gewährleisten.

Die Arbeitsweise des IMI wird im Vorschlag nur so weit geregelt, wie dies für ein koordiniertes Funktionieren des Systems auf europäischer Ebene, auch in Bezug auf den Europäischen Berufsausweis, erforderlich ist. Die Kommission wird für die nötigen Anpassungen des IMI Sorge tragen. Mit einer IMI-Datei würden Kosten gesenkt, die Verfahren für eine spätere Niederlassung oder Dienstleistungserbringung verkürzt und sichergestellt, dass die Daten über den Berufsangehörigen den zuständigen Behörden stets aktuell zur Verfügung stehen. Nur die am Anerkennungsverfahren beteiligten zuständigen Behörden hätten Zugang zur IMI-Datei des Berufsangehörigen. Der Berufsangehörige hätte die Möglichkeit, die Löschung seiner personenbezogenen Daten aus Datenschutzerwägungen zu verlangen. Die von den Mitgliedstaaten erhobenen Gebühren müssen dem Vorschlag zufolge in einem angemessenen Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen, um zu vermeiden, dass Gebühren zu einem indirekten Hindernis für die Freizügigkeit werden.

Die Befugnis des Aufnahmemitgliedstaats zum Erlass eines Anerkennungsbescheids wird im Legislativvorschlag uneingeschränkt anerkannt. Auf das Konzept der stillschweigenden Genehmigung soll nur dann zurückgegriffen werden, wenn der Aufnahmemitgliedstaat in der vorgegebenen Frist überhaupt nicht tätig wird. Wenn der Herkunftsmitgliedstaat auf ein Auskunftsverlangen nicht reagiert, kann sich der Aufnahmemitgliedstaat immer noch direkt an den Berufsangehörigen wenden und/oder die Qualifikationen anerkennen, eine Ausgleichsmaßnahme auferlegen oder die Anerkennung verweigern. Die Sicherheit der Patienten ist in jedem Fall gewährleistet: zum einen durch den Herkunftsmitgliedstaat, der die Akte des Berufsangehörigen einer ersten Prüfung unterzieht, und zum anderen durch die Tatsache, dass die Anerkennung der Qualifikationen nicht automatisch den Zugang zu diesem Beruf eröffnet; hierzu bedarf es unter Umständen noch weiterer Schritte, wie etwa einer Prüfung der Sprachkenntnisse oder einer behördlichen Registrierung Überdies kann der Aufnahmemitgliedstaat dank der Einführung eines verlässlichen Vorwarnmechanismus nach Artikel 56a stets tätig werden, wenn Angehörige der Gesundheitsberufe, wie Ärzte, einen Antrag auf Anerkennung stellen, obwohl sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat nicht mehr zur Berufsausübung berechtigt sind.

Im Falle der vorübergehenden, gelegentlichen Dienstleistungserbringung ersetzt der Berufsausweis die derzeitige Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, eine jährliche Meldung zu verlangen. Die Kommission hat für den Berufsausweis eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren vorgeschlagen. Der Ausweis ist mit der IMI-Datei des Berufsangehörigen verknüpft, die regelmäßig aktualisiert wird und auf die die Mitgliedstaaten jederzeit zugreifen können. Der Aufnahmemitgliedstaat kann überdies während des von der Meldung erfassten Zeitraums vom Berufsangehörigen weitere Auskünfte anfordern. Der Kommissionsvorschlag schließt lediglich die Möglichkeit aus, eine neue Meldung anzufordern.

Notare

Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Beruf des Notars vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden sollte. Die Kommission gibt zu bedenken, dass der Vorschlag die Besonderheiten des Notarberufs sowie die einschlägige Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt und im Fall einer vorübergehenden, gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen den Zugang zur notariellen Tätigkeit deutlich einschränkt. Der Vorschlag erfordert keine Änderung der Struktur und Organisation des Notarberufs in den Mitgliedstaaten. Ein Verbot der Verwendung des Herkunftsmitgliedstaatssiegels in einem anderen Mitgliedstaat ließe sich bei einer grenzübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen nur schwer rechtfertigen, da zwischen den Mitgliedstaaten bereits Urkunden mit solchen Siegeln im Umlauf sind

Im Fall der Niederlassung als Notar sieht der Vorschlag vor, dass der Aufnahmemitgliedstaat für die Ausübung des Notarberufs einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung vorschreiben kann. Wenn der Berufsträger diese Ausgleichsmaßnahme erfolgreich absolviert, kann er an den nationalen Auswahlverfahren für die Besetzung einer Notarstelle teilnehmen. Eine kumulative Anwendung dieser Ausgleichsmaßnahmen wäre eindeutig unverhältnismäßig.

Partieller Zugang

Es sei daran erinnert, dass das Konzept des partiellen Zugangs vom EuGH entwickelt wurde und im Interesse der Rechtssicherheit sowohl für die Berufsangehörigen als auch für die Mitgliedstaaten in die Richtlinie aufgenommen werden sollte. Ein partieller Zugang käme als letztes Mittel in Betracht, wenn es keine angemessenen Ausgleichsmaßnahmen gibt. Voraussetzung für einen partiellen Zugang wäre, dass die betreffende Wirtschaftstätigkeit objektiv von anderen Tätigkeiten getrennt werden kann, die der entsprechende reglementierte Beruf im Aufnahmemitgliedstaat umfasst.'

Zudem wäre für den partiellen Zugang eine Einzelfallprüfung erforderlich und der Zugang könnte abgelehnt werden, wenn dies nach Dafürhalten des Aufnahmemitgliedstaats aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, etwa aus Gründen der öffentlichen Gesundheit oder der Rechtssicherheit (z.B. in Bezug auf Notare,) geboten ist. Die Berufstätigkeit würde überdies unter der Berufsbezeichnung des Herkunftsmitgliedstaats ausgeübt: Dies würde sicherstellen, dass es nicht zu Verwechslungen in Bezug auf den Status des Berufsangehörigen kommt (selbstverständlich darf der Berufsangehörige nur eine Tätigkeit ausüben, für die er im Herkunftsmitgliedstaat voll qualifiziert ist). Diese Lösung entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH.

Lebenslanges und informelles Lernen

Die Einbeziehung des lebenslangen und informellen Lernens in die allgemeine Regelung entspricht der allgemeinen Entwicklung der Berufe, wonach die Berufserfahrung und die während des Berufslebens erworbenen Kompetenzen bei der Anerkennung der Berufsqualifikation berücksichtigt werden müssen.

Berufe, die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren

Nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass bei Berufen, die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren, die Berufsqualifikationen vor der ersten Erbringung der Dienstleistung nachgeprüft werden. Heute ist es für Berufsangehörige schwierig, in Erfahrung zu bringen, ob ein Beruf in einem bestimmten Mitgliedstaat als gesundheits- oder sicherheitsrelevant eingestuft ist. In einigen Mitgliedstaaten erfolgt diese Feststellung zudem nur im Einzelfall, was die Rechtsunsicherheit für die Berufsangehörigen zusätzlich verstärkt. Zur Information der Berufsangehörigen und im Interesse einer größeren Rechtssicherheit ist es daher notwendig, eine Liste solcher Berufe öffentlich zugänglich zu machen.

Allgemeine Regelung

Der Bundesrat kritisiert die geplanten Änderungen der Qualifikationsniveaus im Rahmen der allgemeinen Regelung Ziel der Änderungsvorschläge ist es, die Ausschlusswirkung der derzeitigen Vorschriften zu reduzieren und die Mobilität der Berufsangehörigen zu verbessern. Negative Auswirkungen auf die Qualität der Dienstleistungen sind hiervon nicht zu erwarten, da den Berufsangehörigen nach wie vor Ausgleichsmaßnahmen auferlegt werden können, wenn wesentliche Unterschiede im Qualifikationsniveau festgestellt werden. In der Entscheidung, mit der Ausgleichsmaßnahmen angeordnet werden, ist auszuführen, warum diese wesentlichen Unterschiede im Qualifikationsniveau einer Berufsausübung im Aufnahmemitgliedstaat entgegenstehen.

Unterschiede in der Ausbildung bedeuten nicht unbedingt, dass ein Berufsangehöriger nicht in der Lage ist, seinen Beruf entsprechend den Normen des Berufsstands auszuüben. Die Begründung der Ausgleichsmaßnahme sollte für alle Berufe verbindlich sein, da dies eine Garantie dafür ist, dass die Qualifikationen korrekt bewertet wurden. Angesichts der Schwierigkeiten für manche Berufsangehörige, Zugang zu einer Eignungsprüfung zu erhalten, sollten diese in regelmäßigen Abständen stattfinden. Ferner sei darauf hingewiesen, dass der Vorschlag weder die Richtlinien über den Rechtsanwaltsberuf betr iffl noch die Befugnis der Mitgliedstaaten beschneidet, auf der Grundlage von Artikel 14 Absatz 3 Ausgleichsmaßnahmen ihrer Wahl vorzuschreiben.

Apotheker

Der Bundesrat bedauert die Streichung von Artikel 21 Absatz 4. Diese Bestimmung erlaubt den Mitgliedstaaten derzeit, von der automatischen Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen abzuweichen (z.B. wenn ein Apotheker beabsichtigt, eine neue Apotheke zu eröffnen). Ohne diese Bestimmung könnten sich Apotheker aus Mitgliedstaaten, in denen Gebietsbeschränkungen gelten, in Deutschland niederlassen.

Diese Ausnahmeregelung impliziert eine Diskriminierung von Ausländern. Nur sehr wenige Mitgliedstaaten machen von dieser Regelung noch Gebrauch. Immer mehr Mitgliedstaaten verzichten darauf - so unlängst das Vereinigte Königreich im Dezember 2011. Auch hat es das EuGH in einem Urteil vom Juni 2010 als vertretbar angesehen, dass nur Apotheker Inhaber von Apotheken sein dürfen, und Gebietsbeschränkungen zugelassen,2 nicht aber eine diskriminierende Behandlung.

Mindestausbildungsanforderungen

Der Bundesrat geht auch auf die Mindestanforderungen an die Grundausbildung ein. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission darauf hinweisen, dass die Rechtsgrundlage des Vorschlags eine Mindestharmonisierung der Ausbildungsanforderungen zulässt, auch wenn das Bildungswesen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.

Die Qualität der ärztlichen Grundausbildung wird durch den Vorschlag nicht gemindert. Das Kriterium der 5500 Unterrichtsstunden wird beibehalten. Der Vorschlag ermöglicht es lediglich, diese Unterrichtsstunden innerhalb von fünf statt sechs Jahren zu absolvieren. Die Möglichkeit für die Kommission, die Kompetenzen festzulegen, über die Ärzte verfügen sollten, dient lediglich dazu, eine Liste der Mindestkenntnisse und allgemeinen Kompetenzen für diese Berufsgruppe aufzustellen, die Voraussetzung für eine automatische Anerkennung sind Die Mitgliedstaaten können jedoch über diese Anforderungen hinausgehen.

Was die Ausbildung von Krankenschwestern/Krankenpflegern anbelangt, so zielt der Vorschlag keineswegs auf eine erzwungene Akademisierung dieses Berufs ab, zumal die Mitgliedstaaten nach wie vor die Möglichkeit haben, Krankenpflegepersonal in berufsbildenden Schulen oder anderen gleichwertigen Einrichtungen auszubilden. Angestrebt wird lediglich eine Verbesserung der Qualifikation des Krankenpflegepersonals im Einklang mit internationalen Standards, der Weiterentwicklung des Berufsstands in den vergangenen 30 Jahren und der Realität in fast allen Mitgliedstaaten: Für den Zugang zur Krankenpflegeausbildung wird daher eine zwölfjährige allgemeine Schulbildung verlangt, wie dies bereits in 25 Mitgliedstaaten der Fall ist. Die "allgemeine Schulbildung" im Sinne der vorgeschlagenen Richtlinie schließt die Verweildauer in einem Kindergarten aus.

Der Vorschlag sieht eine Regelung für die erworbenen Rechte der Kräfte des Krankenpflegepersonals vor, die bei Inkrafttreten der neuen Richtlinie nur eine zehnjährige allgemeine Schulausbildung vorweisen können. Mit der Anhebung der Eingangsvoraussetzung für die Krankenpflegeausbildung könnten zwar bestimmte Kosten für die nationalen Gesundheitssysteme steigen, in anderen Bereichen wären dadurch jedoch erhebliche Kosteneinsparungen möglich. Der Vorschlag gilt nicht für den Altenpflegeberuf Die Kommission ist der Auffassung, dass die geplante Fusion dieser beiden Berufsgruppen die automatische Anerkennung des Krankenpflegepersonals für die allgemeine Pflege gefährden könnte. Es wäre auch im Rahmen der bestehenden Regelungen wünschenswert, wenn die beiden Berufe voneinander getrennt blieben.

Die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der Architektenausbildung entsprechen den einschlägigen internationalen Standards und bezwecken die Einführung eines obligatorischen bezahlten Praktikums. Der Vorschlag bietet den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die konkrete Organisation der Ausbildung. Das bezahlte Praktikum muss allerdings dem Vorschlag zufolge mit der Rechtsprechung im Fall Morgen besser im Einklang stehen und gewährleisten, dass junge Fachkräfte unter der Aufsicht eines etablierten Architekten Aufgaben mit einem gewissen Maß an Verantwortung ausführen.

Gemeinsame Ausbildungsgrundsätze

Der Vorschlag sieht ein neues Konzept für gemeinsame Ausbildungsrahmen vor. Es beruht auf einem anderen Ansatz als die anderen Anerkennungsverfahren in der Richtlinie und stellt weniger auf den Inhalt und die Dauer der Ausbildung als auf den Ausbildungserfolg und die Kompetenzen des Berufsangehörigen ab. Deshalb ist auch eine Anbindung des Ausbildungsrahmens an die Niveaustufen des europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) möglich, was die Vergleichbarkeit und Transparenz der Ausbildung gewährleistet.

Die Festlegung eines gemeinsamen Spektrums von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen für einen bestimmten Beruf nimmt den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, ausgehend von ihrem nationalen Bildungssystem zusätzliche Kompetenzen oder Fertigkeiten zu verlangen oder eine Mindestausbildungsdauer vorzusehen. Die Mitgliedstaaten könnten darüber hinaus eine Ausnahmeregelung beantragen, wenn die Einführung des gemeinsamen Ausbildungsrahmens eine Änderung grundlegender Prinzipien ihres Bildungssystems erfordern würde.

Der gemeinsame Ausbildungsrahmen wäre verbindlich, aber die Mitgliedstaaten könnten eine Ausnahmeregelung beantragen. Dem Vorschlag zufolge muss ein Beruf in mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten reglementiert sein, um in einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen aufgenommen zu werden. Dieses quantitative Kriterium würde einer signifikanten Zahl von Berufen die Entwicklung eines solchen Instruments ermöglichen. Wie in Erwägungsgrund 24 des Vorschlags ausgeführt, wird die Kommission umfassende Konsultationen auch auf Ebene der Mitgliedstaaten und unter Sachverständigen durchführen, bevor sie einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen im Wege eines delegierten Rechtsakts vorschlägt.

Sprachkenntnisse

Der Bundesrat hält die Bestimmungen zur Feststellung der Sprachkenntnisse für problematisch. Die Kommission gibt zu bedenken, dass bereits die geltende Richtlinie von den Berufsangehörigen angemessene Sprachkenntnisse für die berufliche Tätigkeit verlangt, die sie konkret ausüben wollen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH gestattet sie den Mitgliedstaaten auch, das Vorhandensein solcher Fähigkeiten im Falle ernster Zweifel zu überprüfen.

Die Kommission ist davon überzeugt, dass die Arbeitgeber am besten beurteilen können, ob die Sprachkenntnisse für die konkrete berufliche Tätigkeit ausreichen (Anwendung des Verhältnismäßigk,eitsprinzips). Im Falle von Angehörigen der Gesundheitsberufe könnten die zuständigen Behörden die Sprachkenntnisse systematisch überprüfen (wozu nicht unbedingt eine Sprachprüfung erforderlich ist), wenn die Träger des Gesundheitswesens dies für notwendig erachten und die zuständigen Behörden hierzu auffordern.

Die Überprüfung der Sprachkenntnisse sollte, wie aus dem Vorschlag hervorgeht, nach Abschluss des Anerkennungsverfahrens, aber vor Aufnahme der tatsächlichen Berufstätigkeit erfolgen. Die zeitliche Vorgabe soll zusammen mit dem Kriterium des ernsten Zweifels und der Tatsache, dass die Sprachprüfung für den Berufsangehörigen gebührenfrei sein soll, Protektionismus und unverhältnismäßige Anforderungen seitens der zuständigen Behörden verhindern. Würden die Sprachkenntnisse während des Anerkennungsverfahrens überprüft, wäre kein Bezug zu den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten gegeben. Eine solche Überprüfung würde dem Europäischen Berufsausweis zudem jede praktische Wirksamkeit nehmen.

Teilweise qualifizierte Berufsangehörige

Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf teilweise qualifizierte Berufsangehörige soll jungen Fachkräften, die noch ein bezahltes Praktikum zu absolvieren haben, die Freizügigkeit erleichtern und damit ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern. Der Vorschlag gibt lediglich den rechtlichen Rahmen vor: Die Qualifikationen der jungen Fachkräfte, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, müssen nach der allgemeinen Regelung geprüft werden.

Hat der Berufsangehörige das bezahlte Praktikum absolviert, muss auch der Herkunftsmitgliedstaat dieses Praktikum nach den Bestimmungen der allgemeinen Regelung anerkennen. Es ist daher möglich, der jungen Fachkraft Ausgleichsmaßnahmen aufzuerlegen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH sollte dieser Grundsatz auch für die Rechtsberufe gelten.

Vorwarnmechanismus

Der Vorwarnmechanismus für die Angehörigen der Gesundheitsberufe soll nur wenige Angaben enthalten: die Identität des Berufsangehörigen und die Tatsache, dass ihm die Ausübung seines Berufs vorübergehend oder endgültig untersagt wurde. Die Gründe hierfür sollen jedoch nicht mitgeteilt werden. Dieser weitreichende Vorwarnmechanismus ist eine Reaktion auf mehrfache Ersuchen sowohl des Europäischen Rates als auch mehrerer nationaler Gesundheitsminister, nachdem es zu ernsten Zwischenfällen gekommen ist.

Der Vorschlag steht im Einklang mit den Grundsätzen des Datenschutzes. Das einzige grenzübergreifende Element, das für die Auslösung des Warnmechanismus gegeben sein muss, besteht darin, dass die Berufsbezeichnung, über die der Berufsangehörige verfügt, für eine automatische Anerkennung auf der Grundlage harmonisierter Mindestanforderungen an die Berufsausbildung in Betracht kommen muss. Die Anwendung eines solchen Vorwarnmechanismus auf andere Berufe wie Lehrberufe erscheint nicht gerechtfertigt, da diese nicht automatisch anerkannt werden. Die Einrichtung eines europaweiten Registers wäre dagegen mit erheblich höheren Kosten verbunden. Der Vorwarnmechanismus erscheint daher zum Schutz der Bürger und Patienten in der EU besser geeignet.

Informations- und Beratungszentren

Die Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der Einheitlichen Ansprechpartner für Berufe, die nicht von der Richtlinie erfasst sind, dürfte vonseiten der Mitgliedstaaten nur begrenzte Investitionen erfordern.3 Die Artikel 57, 57a und 57b erfordern zudem nicht die Schaffung neuer Behörden, da vorhandene Stellen wie die nationalen Kontaktstellen die Aufgaben übernehmen könnten. Obwohl die elektronischen Verfahren noch nicht vollständig ausgereift sind, können sie - mit angemessenen Garantien - den Bürgern bereits Erleichterungen bringen und die Kosten für die öffentliche Verwaltung senken.

Transparenz

Die im Legislativvorschlag vorgesehene gegenseitige Evaluierung zielt nicht auf eine simple Verringerung der Anzahl der reglementierten Berufe ab, sondern soll die nationalen Rechtsvorschriften transparenter machen. Sowohl das Europäische Parlament4 als auch der Europäische Rats sind über den Vorschlag hinausgegangen und haben sich dafür ausgesprochen, die Anzahl der reglementierten Berufe zu verringern. Die mit der Evaluierung verbundenen Kosten würden durch eine einfachere und schnellere Mobilität der Fachkräfte ausgeglichen, die eine zeitnahe Besetzung vakanter Posten in den Aufnahmemitgliedstaaten ermöglicht.

Rechtsgrundlage

Der Legislativvorschlag betrifft die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Er greift in die Verwaltungszusammenarbeit nur so weit ein, wie dies für die Nutzung des IMI in diesem Bereich erforderlich ist. Eine Bezugnahme auf Artikel 197 AEUV ist nicht notwendig.