Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates "Personalgestellung und Abordnung - Herausnahme der öffentlich rechtlichen Gebietskörperschaften aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung"

Der Bundesrat hat in seiner 917. Sitzung am 29. November 2013 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates "Personalgestellung und Abordnung - Herausnahme der öffentlich rechtlichen Gebietskörperschaften aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung"

I

Der Bundesrat stellt fest:

Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I Seite 642) (AÜG-ÄndG) wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) erheblich erweitert, so dass sich die Frage der Anwendbarkeit des AÜG nunmehr auch bei Personalgestellungen und Abordnungen an einen anderen Arbeitgeber in einer Vielzahl von Fällen stellt.

Bund, Länder, Kommunen und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts arbeiten mit den tarifvertraglich vorgesehenen Mitteln der Personalgestellung und der Abordnung. Bei der Personalgestellung werden - unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses - die Aufgaben der Beschäftigten auf Dauer zu einem Dritten verlagert und die Arbeitsleistung ist durch die Beschäftigten bei diesem Dritten zu erbringen. Durch die Personalgestellung kann dabei im Interesse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Fortgeltung der bestehenden arbeits- und tarifrechtlichen Regelungen erreicht werden. Abordnung ist die vom Arbeitgeber veranlasste vorübergehende Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers. Auch bei der Abordnung wird das bestehende Arbeitsverhältnis fortgesetzt.

Bis zur Änderung des AÜG durch das AÜG-ÄndG ergaben sich hieraus keine Schwierigkeiten. Weder die Personalgestellung noch die Abordnung unterfielen mangels Gewerbsmäßigkeit der Überlassung dem Anwendungsbereich des AÜG.

Durch das AÜG-ÄndG ist die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung - abgesehen von den in § 1 Absatz 3 AÜG geregelten Ausnahmen - nur noch dann erlaubnisfrei, wenn sie nicht im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Arbeitgebers erfolgt. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 19. November 2008 (Leiharbeitsrichtlinie) ist in Anlehnung an das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsrecht entwickelte Verständnis weit auszulegen. Daher wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass auch Personalgestellung und Abordnung eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie darstellen.

In der Folge geht etwa die Bundesagentur für Arbeit (BA) von der Erlaubnispflichtigkeit von Personalgestellung und Abordnung aus. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung würde qua Gesetz ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet, wenn eine Erlaubnis bei Personalgestellung oder Abordnung nicht vorliegt.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Beschluss vom 17. April 2013, 4 TaBV 7/12) geht noch einen Schritt weiter, wenn es die stets auf Dauer angelegte Personalgestellung für grundsätzlich unvereinbar mit den Vorgaben des AÜG erklärt. Gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 AÜG darf die zulässige Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend erfolgen. Die Rechtsfolgen einer nicht vorübergehenden und deshalb unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sind aber bisher gesetzlich nicht explizit geregelt.

Aufgrund der unklaren Rechtslage sehen sich öffentlichrechtliche Arbeitgeber vermehrt dazu gezwungen, Anträge auf Erlaubnis einer Arbeitnehmerüberlassung bei Personalgestellungen und Abordnungen zu stellen. In der Konsequenz führt dies in der Praxis besonders auf kommunaler Ebene zu erheblichen fiskalischen und bürokratischen Mehrbelastungen - und dies, obwohl das seitens der Erlaubnisbehörde zu prüfende Kriterium der Zuverlässigkeit des Verleihers bei öffentlichrechtlichen Arbeitgebern nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen ist. Die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, die zunächst nur befristet gewährt wird, muss gebührenpflichtig mehrfach beantragt werden. Dies führt nach aktuellem Stand bei einer dreimaligen jeweils auf ein Jahr befristeten und einer erst danach zu erreichenden unbefristeten Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu einem bürokratischen Mehraufwand, der nicht mit dem Ziel des Bürokratieabbaus zu vereinbaren ist. Es entstehen Kosten von bis zu 4 250 Euro, welche die bereits angespannte Haushaltslage der meisten Kommunen weiter belasten. Dies ist ein Hemmblock sowohl für die so notwendige interkommunale als auch für die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Land und anderen öffentlichrechtlichen Einrichtungen.

Zudem sollen mit dem AÜG-ÄndG Beschäftigte vor Missbrauch durch Leiharbeit, Auslagerung von Stammarbeitsplätzen und vor niedrigeren Löhnen (Kostensenkung) bewahrt werden. Bei Personalgestellung und Abordnung bedarf es jedoch dieses Schutzes nicht, da die bisherigen Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bezahlung, weitergelten und auch die sonstigen typischen Risiken der Arbeitnehmerüberlassung, zum Beispiel hohe Arbeitsplatzunsicherheit und ständig wechselnde Einsatzorte, nicht gegeben sind. Personalgestellung und Abordnung ermöglichen es den Beschäftigten vielmehr, die öffentliche Hand als Arbeitgeber zu behalten; vor betriebsbedingten Kündigungen werden sie auf diese Weise gerade geschützt. Auch in tariflicher Hinsicht führen Personalgestellung und Abordnung nicht zu einer Schlechterstellung der Betroffenen. Entweder besteht die tarifliche Bindung sowohl beim abgebenden als auch beim aufnehmenden Rechtssubjekt oder der bisherige Status des Beschäftigten wird beibehalten.

Zudem erfordert auch die Leiharbeitsrichtlinie nicht zwingend die Erfassung der Konstellationen Personalgestellung und Abordnung. Die Leiharbeitsrichtlinie definiert in Artikel 3 Absatz 1b) "Leiharbeitsunternehmen" als natürliche oder juristische Personen, die nach einzelstaatlichem Recht mit Leiharbeitnehmern und Leiharbeitnehmerinnen Arbeitsverträge schließen oder Beschäftigungsverhältnisse eingehen, um sie entleihenden Unternehmen zu überlassen, damit sie dort unter deren Aufsicht und Leitung vorübergehend arbeiten. Die Leiharbeitsrichtlinie erfasst damit nur Fälle der sogenannten unechten Leiharbeit (das heißt Einstellung zum Zwecke der Arbeitnehmerüberlassung). Das AÜG sieht demgegenüber einen derartigen Kausalbezug zwischen Einstellung und Überlassung nicht vor, sodass vom Anwendungsbereich des AÜG nach Auffassung der Bundesregierung sowohl die unechte als auch die echte Leiharbeit umfasst wären. Für den Bereich der öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaften, welche keine Arbeitsverträge eingehen zum Zwecke der Überlassung im Wege der Personalgestellung und Abordnung an Dritte, besteht für diese Verschärfung aufgrund der vorstehend genannten Argumente kein sachlicher Grund.

II

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf,