Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie COM (2012) 729 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 742/12 (PDF) = AE-Nr. 120957,
Drucksache 756/12 (PDF) = AE-Nr. 121002,
Drucksache 758/12 (PDF) = AE-Nr. 121000

Brüssel, den 5.12.2012
COM (2012) 729 final
2012/0351 (NLE)

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie

{SWD(2012) 409 final}

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags

Die hohe und weiter steigende Jugendarbeitslosigkeit hat dramatische Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und für die jungen Menschen selbst.

Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen in der gesamten EU ist mit 22,7 % (3. Quartal 2012) sehr hoch - doppelt so hoch wie die Quote bei den Erwachsenen1, und eine Trendwende ist nicht abzusehen. Etwa 5,5 Millionen junge Menschen sind arbeitslos, und mehr als 7,5 Millionen junge Menschen unter 25 Jahren sind derzeit weder in Arbeit noch in Ausbildung ("NEET": Not in Employment, Education or Training).

Über die unmittelbaren Auswirkungen der Krise hinaus kosten Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit aber schon bei niedrigeren Quoten viel Geld und schaden der Gesellschaft. In der Gegenwart verursachen sie Kosten aufgrund ausgezahlter Leistungen und durch Einkommens- und Steuerverluste; aber auch in der Zukunft haben sie negative finanzielle Auswirkungen, da sie "bleibende Schäden" hinterlassen, d.h. einen langfristigen negativen Einfluss auf das künftige Lohnniveau, das Risiko, künftig arbeitslos zu werden, sowie Risiken in Bezug auf den Gesundheitszustand, das Wohlergehen und die Rücklagen für das Alter. Europa kann es sich nicht leisten, sein Talent und seine Zukunft zu verschwenden.

Bereits vor der Krise war man sich bewusst, dass etwas getan werden muss, um jungen Menschen den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu erleichtern. Im Zusammenhang mit den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen (2005-2008) war sich der Rat 2005 einig, dass die Politik dafür zu sorgen habe, dass "jedem Arbeitslosen ( ... ) ein Neuanfang ermöglicht [wird], und zwar binnen sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit im Fall von Jugendlichen". 2008 senkte der Rat diese Zeitspanne für jugendliche Schulabgänger auf vier Monate.

Da bis 2010 eine solche Maßnahme in der gesamten EU noch immer nicht umgesetzt worden war, setzten sich das Europäische Parlament und das Europäische Jugendforum entschieden für die Einführung von Jugendgarantien auf EU-Ebene ein.

Im Rahmen der Strategie "Europa 2020" und deren Leitinitiative "Jugend in Bewegung" forderte die Kommission insbesondere die Mitgliedstaaten auf, im Zuge einer "Jugendgarantie" zu gewährleisten, dass alle jungen Menschen innerhalb von vier Monaten nach Verlassen der Schule eine Anstellung haben, eine Ausbildung absolvieren oder in Aktivierungsmaßnahmen eingebunden sind.

2011 und 2012 ergingen immer wieder entsprechende Aufrufe, u.a. vom Europäischen Rat, vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Jugendforum, ohne dass jedoch etwas Konkretes unternommen wurde.

In ihrem Beschäftigungspaket kündigte die Kommission im April 2012 an, dass sie bis Ende des Jahres einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu Jugendgarantien vorlegen würde.

Am 29. Juni 2012 forderte der Europäische Rat die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen zu verstärken, "und zwar mit dem Ziel, dass jungen Menschen innerhalb von wenigen Monaten nach dem Verlassen der Schule eine Arbeitsstelle guter Qualität angeboten wird oder sie eine weiterführende Ausbildung, einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz erhalten". Dem Europäischen Rat zufolge könnten diese Maßnahmen über den Europäischen Sozialfonds (ESF) unterstützt werden, und die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit von Beihilfen aus diesem Fonds für befristete Einstellungen nutzen.

Im Jahreswachstumsbericht 20132 unterstrich die Kommission, dass die Mitgliedstaaten den jungen Menschen beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben helfen und Ausbildungsgarantien einführen sollten, in deren Rahmen jeder Jugendliche unter 25 Jahren binnen vier Monaten nach Schulabschluss oder Verlust des Arbeitsplatzes ein Angebot über einen Arbeitsplatz, eine Weiterbildung, eine Ausbildungsstelle oder eine Praktikantenstelle erhält. Es ist möglich, derartige Regelungen über den Europäischen Sozialfonds zu kofinanzieren.

Die Kommission legt einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vor, damit diese sicherstellen, dass jungen Menschen innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos werden oder die Schule verlassen, eine gute Arbeitsstelle bzw. Ausbildung oder ein hochwertiger Bildungsgang angeboten wird. In diesem Vorschlag wird beschrieben, wie ein Jugendgarantie-System aussehen sollte. Der Vorschlag enthält eine Reihe von Leitlinien, die auf sechs Achsen beruhen: Aufbau starker Partnerschaften mit allen Interessenträgern; frühzeitiges Eingreifen und frühzeitige Aktivierung, um zu verhindern, dass junge Menschen in die "NEET"-Gruppe geraten; Maßnahmen zur Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt; umfassender Einsatz der EU-Mittel für die Jugendgarantie-Systeme; Bewertung und ständige Verbesserung der Jugendgarantie-Systeme; zügige Einführung dieser Systeme. In dem Vorschlag wird ferner beschrieben, wie die Kommission die Mitgliedstaaten unterstützen wird: EU-Finanzierungsrahmen, Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten, Monitoring der Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters und Unterstützung von Informationskampagnen.

Dem Vorschlag liegt eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen bei, in der ausführlicher beschrieben ist, worum es sich bei einer Jugendgarantie handelt, welche Kosten und Nutzen solche Systeme haben und was gebraucht wird, um die Jugendgarantie zum Erfolg zu führen. Ferner werden in einem Anhang der Arbeitsunterlage Strategien beschrieben, die bereits in den 27 Mitgliedstaaten und Kroatien in Bezug auf Jugendbeschäftigung existieren. Diese Aufstellung spiegelt die unterschiedliche Ausgangslage der einzelnen Länder für die Einführung umfassender Jugendgarantie-Systeme wider.

2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise und der Folgenabschätzungen

Der dänische Ratsvorsitz hat anlässlich des informellen Treffens der für Beschäftigung und Soziales zuständigen Minister am 24.-25. April 2012 in Horsens einen Workshop zu der Frage organisiert, wie die Jugendgarantien einzulösen sind. Bei diesem Treffen wurde betont, dass die Politik der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Beschäftigungspolitik Hand in Hand zu gehen haben. Ferner sollten sich die Bemühungen auf Problemzielgruppen - d.h. junge Menschen ohne Qualifikationen/Bildungsabschlüsse - konzentrieren, und die Ansätze sollten an den jeweiligen nationalen Kontext und die besonderen Anliegen der einzelnen Staaten angepasst werden. Schließlich wurde unterstrichen, dass die öffentliche Hand junge

Menschen - insbesondere die am meisten gefährdeten - unterstützen müsse, dass aber gleichzeitig die jungen Menschen selbst handeln und ihre Pflichten und Verantwortung wahrnehmen müssten. Als mögliche Finanzierungsquelle wurde der Europäische Sozialfonds genannt, insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit notwendigen Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen.

Jedes Jahr geht ein Fragebogen an das Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, in dem diese über ihre Anpassungsfähigkeit in Krisenzeiten befragt werden. Die Fassung von 2012, die im Januar versandt wurde, enthielt zum ersten Mal einen Abschnitt zu Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Die Antworten auf diesen Fragebogen sind in die Arbeitsunterlage zu dem vorliegenden Vorschlag eingeflossen.

Bei dem Treffen der Leiter der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, das im Juni 2012 unter dänischem Vorsitz stattfand, wurden die Mitglieder dieses Netzes gebeten, über die seit Januar 2012 verzeichneten Entwicklungen insbesondere im Zusammenhang mit der Jugendarbeitslosigkeit zu berichten.

Als Folgemaßnahme zum Beschäftigungspaket wurden die Sozialpartner am 19.-20. Juni 2012 zur Möglichkeit einer Jugendgarantie-Initiative konsultiert.

Auf der Konferenz "Jobs für Europa" 3 am 6.-7. September 2012 in Brüssel, an der alle einschlägigen Akteure - darunter auch die Sozialpartner und Jugendorganisationen - teilnahmen, unterstützte die große Mehrheit der Redner die EU-weite Einführung einer Jugendgarantie, da ihrer Ansicht nach jungen Menschen der richtige Start ins Leben ermöglicht werden muss - ganz besonders in schwierigen Zeiten wie diesen.

Im September 2012 fanden Treffen mit Vertretern des Europäischen Jugendforums und branchenübergreifenden Sozialpartnerorganisationen statt.

Ferner wurde die Jugendgarantie-Initiative am 23. Oktober 2012 im Ausschuss für den sozialen Dialog erneut mit den Sozialpartnern erörtert.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

Rechtsgrundlage:

Für einen Vorschlag über die Jugendgarantie, dessen Schwerpunkt auf der Beschäftigung (Titel IX AEUV) liegt, bietet Artikel 292 AEUV eine geeignete Rechtsgrundlage für das Abgeben einer Empfehlung. Die Befugnis der Union in Bezug auf die Beschäftigungspolitik ist in Titel IX AEUV geregelt, der jedoch keine Rechtsgrundlage für die Annahme einer Empfehlung bietet. Gemäß Artikel 149 AEUV sind nur "Anreizmaßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und zur Unterstützung ihrer Beschäftigungsmaßnahmen durch Initiativen [vorgesehen], die darauf abzielen, den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zu entwickeln". Solche Maßnahmen sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Empfehlung.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit:

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind sehr besorgt über die derzeitige Arbeitsmarktlage für junge Menschen, die sich immer weiter verschlechtert. Das dramatische Niveau der Jugendarbeitslosigkeit betrifft ganz Europa:

Es verursacht hohe Kosten in der Gegenwart und in der Zukunft. Die Einsparungen, die mithilfe der Jugendgarantien erzielt werden können, gehen über die reinen Einsparungen der Systeme der sozialen Sicherheit hinaus. Werden Arbeitslosigkeit und der Verlust von Qualifikationen vermieden, so entsteht ein langfristiger Nutzen für die jungen Menschen und die Wirtschaft, da die Arbeitslosigkeit über den gesamten Lebenszyklus gesehen sinkt, das Lebenseinkommen (und damit die Steuereinnahmen und die Sozialversicherungsbeiträge) steigt und weniger soziale und gesundheitliche Probleme entstehen4.

Trotz politischer Aufrufe des Rates und des Europäischen Parlaments zur Einführung von Jugendgarantie-Systemen ist nichts unternommen worden, weswegen nun diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten angezeigt ist. Bisher haben nur einige wenige Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Einführung eines umfassenden Jugendgarantie-Systems ergriffen.

Durch EU-weite Leitlinien zu Instrumenten, die zu einem wirksamen Jugendgarantie-System beitragen können, werden die Mitglieder in die Lage versetzt, die Kohäsionsfonds - und insbesondere den Europäischen Sozialfonds - bestmöglich zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und der Nichterwerbstätigkeit einzusetzen.

Der Vorschlag berücksichtigt die unterschiedliche Ausgangslage in den einzelnen Mitgliedstaaten (oder auf regionaler oder lokaler Ebene), die zu Unterschieden bei der Gestaltung und weiteren Umsetzung des Systems führen können.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Entfällt.

5. FAKULTATIVE Angaben

Entfällt.

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, in Erwägung nachstehender Gründe:

EMPFIEHLT den Mitgliedstaaten,

Konzepte für den Aufbau von Partnerschaften

Frühzeitiges Eingreifen und frühzeitige Aktivierung

Maßnahmen zur Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt Verbesserung der Qualifikationen

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen

Einsatz der EU-Strukturfonds

Bewertung und ständige Verbesserung der Systeme

Umsetzung der Jugendgarantie-Systeme

NIMMT zur Kenntnis, DASS die Kommission

Finanzierung

Bewährte Verfahren

Monitoring

Sensibilisierung

Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Rates
Der Präsident