Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung eisenbahnrechtlicher Vorschriften an die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

851. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2008

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Agrarausschuss (A), der Verkehrsausschuss (Vk) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Der Bundesrat begrüßt die geplante Einführung umfassender Fahrgastrechte für Verbraucher, die teilweise für Nahverkehrskunden noch über die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 hinausgehen. Er ist jedoch der Auffassung, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Belange der Fahrgäste noch nicht hinreichend berücksichtigt.

Begründung

Die geplante Einführung umfassender Fahrgastrechte für Verbraucher, die teilweise noch über die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 hinausgehen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Gesetzentwurf die Belange der Fahrgäste hinreichend berücksichtigt. Zunächst wäre zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes, welches sich auf den Schienenpersonenverkehr beschränkt, ausreichend ist.

Der Gesetzentwurf beschränkt sich in Anlehnung an die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14) auf Regelungen für den Eisenbahnverkehr.

Die Haftung der Verkehrsbetreiber anderer Beförderungsmittel (insbesondere Bus, Straßenbahn) ist damit ausgenommen.

Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sollten entsprechende Regelungen aber auch außerhalb des Eisenbahnverkehrs ergehen.

Die derzeit aus Sicht der Fahrgäste zu beklagende unzulängliche Rechtslage ist unabhängig von einem konkreten Beförderungsmittel in allen Bereichen des öffentlichen Personenfern- und Personennahverkehrs festzustellen.

Eine Erstreckung von Entschädigungs- und Selbstvornahmeansprüchen auch auf andere Verkehrsmittel würde im Übrigen eine echte Haftung für Verspätungen in einer aus unterschiedlichen Verkehrsmitteln bestehenden "Reisekette" gewährleisten. Dies würde sich in besonderem Maße positiv auf Fahrten im ländlichen Raum auswirken, bei denen bestimmte Zielorte nur in einer Kombination aus einer Beförderung mit der Eisenbahn und Bussen erreicht werden können.

Eine gesetzliche Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, die Fahrgäste bei Betriebsstörungen angemessen zu informieren, ist aufgrund der derzeit im alltäglichen Personenbeförderungsverkehr festzustellenden Defizite in besonderem

Maß für alle Beförderungsbereiche geboten.

Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 bietet für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, weitreichende Ausnahmeregelungen zu erlassen. Für die Fahrgäste wäre es daher wünschenswert, den Anwendungsbereich der geplanten Regelungen auf den gesamten öffentlichen Personenverkehr, inklusive den Bus- und Schiffsverkehr, auszudehnen.

Eine über die Europäische Verordnung hinausgehende spürbare Verbesserung der Fahrgastrechte kann somit nur im Wege eines vollständigen, auf den gesamten Personenverkehr bezogenen Regelungswerks erzielt werden.

[Damit wäre eine gesetzliche Verortung der geplanten Fahrgastrechte im Allgemeinen Eisenbahngesetz und der Eisenbahn-Verkehrsordnung nicht mehr sinnvoll. Es sollte daher geprüft werden, ob die geplanten Fahrgastrechte nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden sollten.]

Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes neben dem Schienenpersonennahverkehr auf weitere Verkehrsmittel ausgedehnt werden kann.

Begründung

Es sollte geprüft werden, ob die in § 17 Abs. 3 EVO-E vorgesehenen Haftungsausschlüsse gestrichen werden können. Bei einer Interessenabwägung erscheint es angemessen, die Verkehrsträger grundsätzlich verschuldensunabhängig haften zu lassen. Eine eindeutige, verschuldensunabhängige Haftungsregelung könnte auch eine Vielzahl potenzieller Streitfälle zwischen Fahrgästen und Verkehrsunternehmen vermeiden. Sollte man ein Verschuldenskriterium beibehalten so sollte zumindest die Beweislast hierfür dem Unternehmen auferlegt werden.

8. Zum Gesetzentwurf allgemein Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob eine Bagatellgrenze von vier Euro notwendig ist.

Begründung

Die niedrige Erstattungsquote von 25 Prozent führt in Kombination mit der Bagatellgrenze dazu, dass erst ab Fahrscheinpreisen von 16 Euro eine Erstattung vorgeschrieben wäre. Diese Regelung würde daher zu keiner wesentlichen Verbesserung von Kundenrechten im Nah- und Regionalverkehr führen. Aus Erfahrungen, die im schleswigholsteinischen Schienenpersonennahverkehr mit entsprechenden Regelungen seit mehreren Jahren gesammelt wurden, sind Bagatellgrenzen gar nicht notwendig, da sie von den Kunden selbst gezogen werden.

9. Zum Gesetzentwurf allgemein Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern in Fernzügen deutlich ausgeweitet werden können.

Begründung

Der Bundesrat stellt fest, dass die Nachfrage zur Mitnahme von Fahrrädern im Eisenbahnverkehr zunimmt. Die Kombination dieser beiden umweltfreundlichen Verkehrsmittel muss gefördert werden.

Der Bundesrat nimmt gleichzeitig bedauernd zur Kenntnis, dass die Deutsche Bahn AG (DB AG) entgegen den Anforderungen des Marktes die Kapazitäten zur Fahrradmitnahme in ihren Fernzügen sukzessive einschränkt.

Der Grund für die Abnahme der Fahrradmitnahmemöglichkeiten im Fernverkehr liegt in der sukzessiven Umstellung der Fernverbindungen der DB AG von lokbespannten Zügen auf ICE-Züge. In den ICE-Zügen sieht die DB AG jedoch die Fahrradmitnahme nicht vor.

Die DB AG nennt als Gründe gegen die Fahrradmitnahme in ICE-Zügen:

Dieser Position ist entgegen zu halten, dass mit einer Beschränkung auf eine begrenzte Anzahl von reservierungspflichtigen Fahrrad-Stellplätzen pro ICE-Zug der Verlust von Sitzplätzen und die Verspätungsanfälligkeit minimiert werden. Da heute die Fahrradmitnahme nur in einigen Fernzügen möglich ist, ist dies oft mit mehreren Umsteigevorgängen verbunden. Hierdurch wird die Verspätungsanfälligkeit eher erhöht.

In den französischen Hochgeschwindigkeitszügen TGV ist die Fahrradmitnahme zugelassen. Dies sollte daher auch in den deutschen ICE-Zügen möglich sein.

Eine verbesserte Fahrradmitnahme in Fernzügen führt auch zu einer Entlastung der von den Ländern bestellten Regionalverkehrszüge, deren originäre Aufgabe nicht in der Bedienung von Fernverkehrsrelationen besteht.

Ziel sollte daher sein, dass die DB AG

10. Zu Artikel 1

Der Bundesrat bittet, den Gesetzentwurf im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens dahingehend zu ändern, dass Fahrgästen insbesondere im Fernverkehr bereits für eine Verspätung ab 30 Minuten eine Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises und für eine Verspätung ab 60 Minuten eine Erstattung von 50 Prozent des Fahrpreises gewährt wird.

Begründung

Bereits ab einer Verspätung von 30 Minuten entstehen für den Fahrgast wirtschaftliche und persönliche Nachteile, die sich mit zunehmender Verspätung deutlich erhöhen. Insofern ist eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises ab einer Verspätung von 30 Minuten und eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises ab einer Verspätung von 60 Minuten angemessen.

Andere EU-Mitgliedstaaten, wie etwa Frankreich, Spanien, Schweden oder Finnland, verfügen bereits über eine entsprechende Regelung und werden diese auch beibehalten. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Bundesrepublik hinter diesem Schutzstandard zurückstehen soll.

Die seitens der Deutschen Bahn AG im Falle einer solchen Regelung geltend gemachten Mehrkosten sind nicht belastbar dargelegt.

11. Zu Artikel 1 (§ 1 Satz 1 Fahrgastrechteverordnung-Anwendungsgesetz)

In Artikel 1 § 1 Satz 1 ist das Wort "innerstaatlichen" zu streichen.

Begründung

Die Fahrgastrechte der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 müssen bei allen Verspätungen und Zugausfällen gelten, die sich im Inland bei innerstaatlichen Verbindungen ereignen. Aus Sicht des Verbrauchers darf es dabei keine Rolle spielen ob der endgültige Zielort des verspäteten Zuges möglicherweise im Ausland liegt. Nicht sachgerecht wäre es beispielsweise, einem Fahrgast, der von Nürnberg nach München reist, einen Anspruch auf Entschädigung zu verwehren, wenn der verspätete Zug zur Weiterfahrt nach Wien bestimmt ist.

Durch den Zusatz "innerstaatlich" in § 1 Satz 1 könnte jedoch der Eindruck entstehen dass internationale Verbindungen ausgenommen sind, auch wenn sich die Verspätung oder der Zugausfall im Inland ereignet. Daher ist der Zusatz zu streichen.

12. Zu Artikel 2 Nr. 3 Buchstabe c ( § 5a Abs. 8 AEG)

Artikel 2 Nr. 3 Buchstabe c § 5a Abs. 8 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Es sollte eine bundesweit einheitliche Zuständigkeit beim Eisenbahn-Bundesamt geschaffen werden, um Klarheit für die betroffenen Bürger und eine einheitliche Beurteilung zu gewährleisten. Es bestehen weder ein sachlicher Zusammenhang mit den übrigen Aufgaben der - technischen - Eisenbahnaufsicht noch im Zusammenhang mit der Umsetzung der Verordnung in diesem Punkt relevante regionale Besonderheiten, die eine Aufsplitterung der Zuständigkeit rechtfertigen würden.

Die Zuständigkeit sollte daher unabhängig von der allgemeinen Zuständigkeitsverteilung des § 5 AEG geregelt werden. Dies gilt umso mehr, als es hier nicht um eine einzelfallbezogene Streitbeilegung geht, sondern um die Feststellung von Verstößen gegen die Verordnungen. Anderenfalls müsste ein regelmäßiger Austausch zwischen den Behörden über die getroffenen Entscheidungen und eine interne Abstimmung organisiert werden, was zusätzlichen Aufwand generieren würde.

13. Zu Artikel 2 Nr. 4 Buchstabe a (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, Satz 2 AEG)

Artikel 2 Nr. 4 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Die Streichung in § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AEG-E hat zur Folge, dass über die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 hinausgehende Regelungen auch für den Fernverkehr getroffen werden dürfen. Die Verordnung regelt lediglich pauschale Mindestentschädigungen und steht darüber hinausgehenden nationalen Regelungen damit nicht entgegen. Diese sollen einheitlich für Fern- und Nahverkehr gelten.

Schon aus dem Wortlaut von Artikel 17 der Verordnung ("Mindestentschädigung") ergibt sich, dass weiter gehende nationale Regelungen zulässig sind.

Aus den englischen ("minimum compensation") und französischen ("indemnisations minimales") Sprachfassungen ergibt sich nichts anderes. Gleiches gilt unter anderem auch für Informationen, wie sich aus Artikel 8 der Verordnung ergibt ("erteilen ... dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in ... genannten Informationen"). Die Mitgliedstaaten dürfen also im Bereich des Schienenpersonenfernverkehrs zu Gunsten des Fahrgastes auch strengere Regelungen erlassen.

Für den Bereich des Schienenpersonennahverkehrs ergibt sich die Zulässigkeit - auch zum Nachteil der Reisenden - abweichender Regelungen aus Artikel 2 Abs. 5 der Verordnung.

Daher ist auch nicht ersichtlich, warum die in Artikel 3 des Gesetzentwurfs vorgesehene geringfügige Ausweitung der Fahrgastrechte gegenüber der Verordnung (EG) 1371/2007 auf den Nahverkehr beschränkt bleiben sollte, zumal in der Praxis von den Regelungen des Entwurfs fast ausschließlich diejenigen Fälle erfasst würden, die nicht dem "typischen" Nahverkehr im Sinne des § 2 Abs. 5 AEG und auch der gemeinschaftsrechtlichen Definition entsprechen.

Fahrgastrechte sollten unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung für die gesamte Reisekette gelten. Nur so lassen sich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten und Wertungswidersprüche vermeiden.

14. Zu Artikel 3 Nr. 2 (§ 1 Satz 3 EVO) Nr. 5 (§ 14 Abs. 2 EVO)

Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Mit der Regelung in Artikel 8 Abs. 2 der Verordnung(EG) Nr. 1371/2007 über die Information der Fahrgäste und der Modifizierung durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung erhält der Reisende zwar eine Informationsflut beim Fahrkartenkauf, es besteht aber ein wesentliches Informationsdefizit in schwierigen Situationen, etwa bei erheblichen Verspätungen. Darin liegt ein gravierender Wertungswiderspruch, der behoben werden muss. Dies soll durch die Aufnahme eines neuen Gegenstands der Informationspflicht sowie die Einführung einer Ausnahmeregelung für den Bereich des Schienenpersonennahverkehrs geschehen.

Der Beförderer muss ausdrücklich verpflichtet werden, bei Zugausfall wahrheitsgemäße Angaben über ergriffene Ersatzmaßnahmen und mögliche Ausweichverkehrsmittel zu treffen. Nur so ist es dem Fahrgast möglich, sachgerechte Dispositionen zu treffen.

Diese zusätzlichen Informationsbedürfnisse bestehen sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr. Es wird daher vorgeschlagen, die betreffenden Regelungen der Verordnung allgemein auf den Fern- und Nahverkehr anzuwenden, anstatt für den Nahverkehr gerade (wie im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen) die Information über Ersatzmaßnahmen und Ausweichverbindungen im Verspätungsfall auszuschließen.

Den Besonderheiten des Nahverkehrs sollte durch eine Ausnahmeregelung Rechnung getragen werden, die auch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Informationen etwa über Sicherheit oder Verspätungen allgemein betreffen können. So ist beispielsweise in einer S-Bahn im Stadtzentrum eine umfassende Information zwischen zwei Haltepunkten weder möglich noch sinnvoll.

15. Zu Artikel 3 Nr. 2 (§ 1 Satz 3 EVO)

In Artikel 3 Nr. 2 § 1 Satz 3 ist die Angabe "Artikel 18 Abs. 2 Buchstabe a," zu streichen.

Begründung

Ein Ausschluss der in Artikel 18 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung(EG) Nr. 1371/2007 geregelten Pflicht, Erfrischungen anzubieten, für den Bereich des Schienenpersonennahverkehrs ist nicht erforderlich. Nach Artikel 18 Abs. 2 der Verordnung(EG) Nr. 1371/2007 greift die Pflicht ohnehin nur ein, "sofern sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder vernünftigerweise lieferbar sind".

Damit ist der Schienenpersonennahverkehr jedenfalls während der Fahrt in der Regel ohnehin nicht erfasst. Wenn Getränke hingegen "vernünftigerweise" lieferbar sind dann sollte auch der von einer langen Verspätung im Schienenpersonennahverkehr betroffene Fahrgast einen Anspruch haben.

Die Entwurfsbegründung trifft zudem nur für die Versorgung im Zug zu - am Bahnhof (wenn es kein reiner Nahverkehrsbahnhof ist) lässt sich die unterschiedliche Behandlung von Nah- und Fernverkehrskunden nicht rechtfertigen.

16. Zu Artikel 3 Nr. 3 (§ 5 Satz 2 EVO)

Artikel 3 Nr. 3 § 5 Satz 2 ist zu streichen.

Begründung

Dabei blieben aber die Anschaffungskosten für die BahnCard außer Betracht. Schließlich soll die Regelung des § 17 Abs. 1 Nr. 1 EVO-E gerade auch bei Fahrkarten mit Zugbindung (z.B. die verschiedenen Sparangebote der DBAG) die Wahl eines anderen Zuges ermöglichen. Anderenfalls liefe die Regelung in den meisten Fällen leer, da Inhaber einer Fahrkarte ohne Zugbindung ohnehin regelmäßig die Wahl zwischen verschiedenen Zügen haben werden.}

19. Zu Artikel 3 Nr. 4 (§ 8 Abs. 3 Satz 2 - neu - EVO)

Artikel 3 Nr. 4 § 8 Abs. 3 ist folgender Satz anzufügen:

Begründung

Über die im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltenen Änderungen des § 8 EVO hinaus ist dem Absatz 3 der Vorschrift ein Satz 2 anzufügen. Andernfalls könnte § 8 Abs. 3 EVO-E zahlreiche Rechtsstreitigkeiten über die Frage, ob die Betriebsstörung erheblich war, hervorrufen.

Dieser Gefahr kann vorgebeugt werden, wenn die Vorschrift eine Ergänzung erhält in welchen Fällen insbesondere eine Betriebsstörung als erheblich anzusehen ist. Gerade der in der Begründung des Entwurfs erwähnte Fall, dass ein möglicher Ausweichzug keine ausreichenden Kapazitäten für die Mitnahme hat ist ein gutes Beispiel für eine solche "Insbesondere-Regelung".

20. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EVO)

In Artikel 3 Nr. 6 § 17 Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter "Besitzt der Reisende einen Fahrausweis, der ausschließlich für den öffentlichen Personennahverkehr gilt so hat er," durch die Wörter "Der Reisende hat," und die Wörter "eines Eisenbahnverkehrsunternehmens" durch die Wörter "oder einer Informationspflichtverletzung des Beförderers" zu ersetzen.

Begründung

Die vorgeschlagene Regelung erweitert den Anwendungsbereich der - ohnehin äußerst geringfügigen - zusätzlichen Ansprüche der Reisenden auf den Fernverkehr, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Eine Differenzierung ist weder europarechtlich geboten, noch praxisgerecht. Dem Reisenden könnte schwerlich vermittelt werden, warum er im Fernverkehr geringere Ansprüche haben sollte, als in dem regelmäßig preiswerteren Nahverkehrszug. Die Grenzen sind zudem in Flächenländern oft fließend. Teilweise werden dieselben Strecken sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr bedient. [In Bayern betrifft das beispielsweise die Relation München - Nürnberg.] Ferner werden sehr weite Verbindungen ausschließlich im Nahverkehr bedient[, wie beispielsweise München - Passau]. Mit der geplanten Teilprivatisierung der DB Mobility & Logistics AG ist damit zu rechnen, dass sich der Fernverkehr weiter zurückzieht.

Sollten auch hier Verbindungen durch Nahverkehr ersetzt werden, verschärft sich das Problem.

Das in § 17 Abs. 1 Nr. 1 EVO-E vorgesehene Recht des Reisenden, in einen anderen Zug umzusteigen, stellt erst dann eine echte Verbesserung dar, wenn die gesamte Reisekette und sowohl Nah- als auch Fernverkehrszüge erfasst sind da nur so überhaupt ein nennenswerter Anwendungsbereich verbleibt.

Die Ergänzung um die Informationspflichtverletzung soll klarstellen, dass mit der Neufassung von § 17 EVO insoweit keine Schlechterstellung eintritt (bisher kein Anspruchsausschluss für Informationspflichtverletzungen, sondern nur bei Ausfall und Verspätung). Als Folgeänderung wäre in der Überschrift des § 17 EVO-E und in Artikel 3 Nr. 1 Buchstabe b Angabe zu § 17 das Wort "Schienenpersonennahverkehr" durch das Wort "Schienenpersonenverkehr" zu ersetzen.

21. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 EVO)

Artikel 3 Nr. 6 § 17 Abs. 1 Nr. 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Entscheidend ist nicht die Geltung eines Tarifs. Eine echte Besserstellung des Kunden setzt voraus, dass er jeden auf der fraglichen Strecke verkehrenden Zug nutzen kann. Das könnte beispielsweise auch ein außerhalb des DB-Tarifs fahrender Konkurrent sein. Die Frage der Abrechnung zwischen den einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen ist nicht Gegenstand des vorliegenden Entwurfs, so dass auch nicht auf mögliche tarifliche Vereinbarungen abgestellt werden sollte.

Die Regelung soll sowohl ein "Upgrade" etwa vom RE in den ICE ermöglichen, als - insbesondere bei Fahrscheinen mit Zugbindung - auch ein "Downgrade".

Die Streichung des Hinweises auf die Reservierungspflicht ist geboten, da die Einführung einer Reservierungspflicht im Belieben der Verkehrsunternehmen steht und diese den Anspruch dadurch aushebeln könnten. Derzeit gibt es soweit ersichtlich eine Reservierungspflicht bei innerdeutschen Verbindungen lediglich in Nachtzügen. Auch hier erscheint eine Mitnahmepflicht im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten aber nicht als unangemessen, zumal jedenfalls zur Nachtzeit andernfalls Ansprüche aus der Verordnung auf Ersatz der Übernachtungskosten oder aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 EVO-E auf Ersatz von Taxikosten bestünden. Vor einer Mitnahmepflicht über die Kapazitätsgrenze hinaus werden die Unternehmen bereits durch § 10 Nr. 2 AEG geschützt.

22. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 2 - neu - EVO)

Artikel 3 Nr. 6 § 17 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ist durch folgende Sätze zu ersetzen:

Begründung

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Beschränkung des Rechts zur Benutzung eines anderen Zuges auf Züge "desselben Tarifs" ist nicht praxisgerecht. Der Verbraucher muss bei erheblichen Verspätungen des gewählten Zuges die Möglichkeit erhalten, so schnell wie möglich den Zielort zu erreichen, um die Folgen der nicht vertragsgemäßen Leistung so gering wie möglich zu halten.

Welcher Tarif für den Alternativzug zur Anwendung kommt, darf dabei keine Rolle spielen, zumal der Fahrgast im Regelfall auch nicht erkennen kann, welcher Tarif für den einzelnen Zug zur Anwendung kommt.

Das Recht zur Benutzung eines anderen Zuges kommt nur dann vollständig zur Geltung, wenn der Fahrgast für die Benutzung des anderen Zuges keinen zusätzlichen Fahrausweis erwerben muss. Müsste der Fahrgast für den anderen Zug beispielsweise im Falle einer Zugbindung zunächst einen neuen Fahrausweis erwerben oder für die Benutzung eines höherwertigen Zuges ein zusätzliches Entgelt entrichten, würde nicht nur er, sondern auch das Eisenbahnverkehrsunternehmen mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand für die Rückerstattung belastet. Schlimmstenfalls müsste der Fahrgast sogar auf die Inanspruchnahme seines Rechts aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 EVO-E verzichten, wenn er nicht ausreichend Zahlungsmittel mit sich führt.

Daher wird in dem neu eingefügten Satz 2 geregelt, dass für die Benutzung des anderen Zuges ein zusätzlicher Fahrausweis im Falle einer konzernrechtlichen Verbundenheit oder Tarifgemeinschaft der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht erforderlich ist. Die damit möglicherweise verbundenen Eingriffe in die nach Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie sind aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt. Die in Satz 2 vorgesehene Regelung entspricht im Übrigen der aktuellen Praxis der DB AG. Die DB AG gewährt ihren Fahrgästen bei den derzeitigen Verspätungen infolge der Revision von ICE-Zügen das Recht zur Benutzung anderer Züge unabhängig von einer etwaigen Zugbindung.

23. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 EVO)

Artikel 3 Nr. 6 § 17 Abs. 1 Nr. 2 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Sinn der Regelung ist gerade, dass der nachts "gestrandete" Fahrgast die Möglichkeit haben soll, auf ein anderes Verkehrsmittel - insbesondere ein Taxi -auszuweichen. Dieser Fall tritt immer dann ein, wenn die Ankunftszeit in diese Nachtzeit fiele, während nicht entscheidend sein kann, ob die fahrplanmäßige Abfahrt vor 23.00 Uhr stattfinden sollte.

Der Einschub "oder zu seinem eigentlichen" dient dazu, die Intention der Regelung sachgerechter umzusetzen. Die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 EVO-E vorgesehene Möglichkeit der Wahl eines anderen Verkehrsmittels (insbesondere auch Taxis) sollte neben einer Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort eine solche zum eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) des Fahrgastes gelten.

Sinn der geplanten Regelung kann nicht sein, den Fahrgast nachts am Zielbahnhof abzuliefern wo regelmäßig die für den letzten Abschnitt vorgesehenen Beförderungsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Der nachts "gestrandete" Passagier wird vermutlich eher zu seinem eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) fahren wollen. Dem Aufwendungsersatzanspruch ist in jedem Fall durch § 17 Abs. 2 EVO-E eine betragsmäßige Grenze gesetzt.

Außerdem lässt die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung für die letzte fahrplanmäßige Verbindung nach 20.00 Uhr offen, unter welchen Bedingungen dem Fahrgast ein Erreichen des Zielortes bis 1.00 Uhr des Folgetages zumutbar ist. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung ließe möglicherweise auch die Auslegung zu, dass es dem Fahrgast zuzumuten wäre, den Zielort bis 1.00 Uhr zu Fuß zu erreichen.

Dies kann jedoch nicht gewollt sein. Um eine verbraucher- und praxisgerechte Regelung zu schaffen, ist daher die Anspruchsvoraussetzung einer 60-minütigen Verzögerung auch auf den Fall des letzten fahrplanmäßig nach 20.00 Uhr verkehrenden Zuges zu übertragen. Für den Fahrgast ist gerade bei der letzten fahrplanmäßigen Verbindung die Unsicherheit am größten, ob er seinen Zielort überhaupt noch mit dem ursprünglich gewählten Verkehrsmittel erreichen wird. Daher ist ihm ein Zuwarten über einen Zeitraum von 60 Minuten hinaus nicht zuzumuten.

24. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 EVO)

Artikel 3 Nr. 6 § 17 Abs. 1 Nr. 2 ist wie folgt zu fassen:

Begründung

Sinn der Regelung ist gerade, dass der nachts "gestrandete" Fahrgast die Möglichkeit haben soll, auf ein anderes Verkehrsmittel - insbesondere ein Taxi -auszuweichen. Dieser Fall tritt immer dann ein, wenn die Ankunftszeit in diese Nachtzeit fiele, während nicht entscheidend sein kann, ob die fahrplanmäßige Abfahrt vor 23.00 Uhr stattfinden sollte.

Der Einschub "oder zu seinem eigentlichen" dient dazu, die Intention der Regelung sachgerechter umzusetzen. Die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 EVO-E vorgesehene Möglichkeit der Wahl eines anderen Verkehrsmittels (insbesondere auch Taxis) sollte neben einer Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort eine solche zum eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) des Fahrgastes umfassen.

Sinn der geplanten Regelung kann nicht sein, den Fahrgast nachts am Zielbahnhof abzuliefern wo regelmäßig die für den letzten Abschnitt vorgesehenen Beförderungsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Der nachts "gestrandete" Passagier wird vermutlich eher zu seinem eigentlichen Zielort (Wohnung, Hotel oder ähnliches) fahren wollen. Dem Aufwendungsersatzanspruch ist in jedem Fall durch § 17 Abs. 2 EVO-E eine betragsmäßige Grenze gesetzt.

Satz 2 stellt einerseits klar, dass auch eine Verspätung wegen Informationspflichtverletzung und das Recht nach Satz 1 auch im Falle einer Ankunft nach 5 Uhr am Folgetag erfasst wird, weil etwa der erste fahrplanmäßige Zug erst später abfährt. Andererseits wird mit dem Abstellen auf die Ankunftszeit nach 23 Uhr ein Gleichlauf mit Satz 1 hergestellt.

25. Zu Artikel 3 Nr. 10 (§ 37 Abs. 1 Satz 2 - neu - EVO)

Artikel 3 Nr. 10 § 37 Abs. 1 ist folgender Satz anzufügen:

Begründung

Durch den neuen § 37 Abs. 1 Satz 2 wird dem Fahrgast die Möglichkeit gegeben, ohne weitere Recherchen bei Problemen die Schlichtungsstelle in Anspruch zu nehmen. Damit wird Klarheit über das bestehende Schlichtungsangebot geschaffen.

Diese Hinweispflicht könnte zwar auch in § 14 EVO-E, in dem die übrigen Informationspflichten geregelt sind, aufgenommen werden, wegen des engen inhaltlichen Bezugs zur Schlichtungsstelle wurde jedoch § 37 EVO-E gewählt.

26. Zu Artikel 3 Nr. 10 (§ 37 Abs. 2 Satz 3 - neu - EVO)

Artikel 3 Nr. 10 § 37 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

Begründung

Die Regelung des neuen Absatzes 2 Satz 3 soll die Schaffung einer ausgewogenen Schlichtung unterstützen. Die gewünschte Beteiligung von Unternehmen und Verbraucherverbänden soll noch einmal ausdrücklich hervorgehoben werden.

Eine Schlichtung, in der nicht beide Seiten vertreten sind, verfehlt ihren Sinn. Eine paritätische Besetzung erhöht das Vertrauen der Fahrgäste in die Neutralität der Schlichtungsstelle und damit ihre Akzeptanz. Vor allem angesichts der Marktstruktur mit einem starken Monopolisten im Bahnbereich wird auf diese Weise dem Eindruck vorgebeugt, es könnte sich um eine ausgelagerte Beschwerdestelle des Unternehmens handeln. Die in Satz 1 genannte Empfehlung der Kommission empfiehlt für Kollegialentscheidungen im Schlichtungsverfahren ebenfalls eine entsprechende paritätische Vertretung von Verbrauchern und Gewerbetreibenden zur Gewährleistung einer ausreichenden Unabhängigkeit.

27. Zu Artikel 3 Nr. 10 (§ 37 EVO)

Der Bundesrat stellt fest, dass die Regelungen in § 37 EVO-E über die Schlichtungsstelle der Konkretisierung bedürfen. Es sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen dass die Schlichtungsstelle unabhängig und mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet ist und dass die Beschwerdebearbeitung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt.

Überbuchungen und Aspekten barrierefreien Reisens abschließend und unabhängig regelt.

31. Zu Artikel 3

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eine einfache Regelung für die Berechnung der Entschädigung bei Zeitfahrkarten vorzusehen.

Begründung

Um für den wichtigen Kundenkreis der Zeitfahrkarteninhaber eine echte Besserstellung zu erreichen, sollte eine Regelung zur Berechnung der Entschädigung bei Zeitfahrkarten aufgenommen werden.

Soweit Artikel 17 Abs. 1 Satz 5 der Verordnung(EG) Nr. 1371/2007 auch für Zeitfahrscheine gilt ist eine am Wert der konkreten Relation orientierte Regelung wohl unumgänglich. Um hier für Klarheit zu sorgen, sollte geprüft werden, wie dies in einfachen pauschalen Lösungen umgesetzt werden kann.